Ergebnisse der 142. Sitzung des Arbeitskreises „Steuerschätzungen“ vom 06. bis 08.05.2013 in Weimar

Nach der aktuellen Prognose der Steuerschätzer werden die Steuereinnahmen von Bund, Länder und Gemeinden von 600 Mrd. Euro im Jahr 2012 auf rund 705 Mrd. Euro im Jahr 2017 steigen.

Bund, Länder und Gemeinden können damit auch in den nächsten Jahren mit deutlich höheren Steuereinnahmen rechnen. Das ergab die 142. Sitzung des Arbeitskreises „Steuerschätzungen“, die vom 06. bis 08.05.2013 in Weimar stattgefunden hat.

Die Steuerschätzer haben ihre letzte Prognose vom Oktober 2012 insgesamt leicht nach unten korrigiert.

In dem Ergebnis spiegelt sich nicht zuletzt die gute Verfassung des Arbeitsmarktes mit einem historischen Höchststand an Beschäftigungsverhältnissen und steigenden Löhnen wider. Die deutschen Unternehmen sind international wettbewerbsfähig und erfolgreich, Deutschland genießt international hohes Vertrauen.

Die Veränderungen der Schätzergebnisse gegenüber dem Oktober 2012 fallen auf den einzelnen staatlichen Ebenen unterschiedlich aus. Während Bund (2013: – 1,8 Mrd. Euro) und Länder (2013: – 1,0 Mrd. Euro) gegenüber der letzten Steuerschätzung für das Jahr 2013 von Mindereinnahmen ausgehen müssen, bleiben die Einnahmen der Gemeinden auf dem Niveau der Schätzung vom Oktober 2012. Ursachen für die Abweichungen sind vor allem die zwischenzeitlich beschlossenen Steuerentlastungen und hier besonders die Erhöhung des Grundfreibetrags im Zuge des Gesetzes zum Abbau der kalten Progression, die in den Haushaltsplanungen des Bundes bereits berücksichtigt sind.

Eckwertebeschluss 2014 und Finanzplanung des Bundes

Für den Bund untermauern die Ergebnisse dieser Steuerschätzung die Ansätze im Eckwertebeschluss zum Bundeshaushalt 2014 und zum Finanzplan bis 2017 vom 13.03.2013. Damit ist sichergestellt, dass der Bund im Jahr 2014 erstmals seit Jahrzehnten einen strukturell ausgeglichenen Haushalt vorlegen wird. Die Ergebnisse der Steuerschätzung fließen nun in den Haushaltsentwurf 2014 bzw. in die neue Finanzplanung des Bundes ein. Das Bundeskabinett wird beides voraussichtlich am 26.06.2013 beschließen.

Der stabile Zuwachs der Steuereinnahmen in Verbindung mit einer Politik des moderaten Ausgabenwachstums stellt auch für die nächsten Jahre sicher, dass Deutschland die nationalen und europäischen Defizitregeln mit gutem Sicherheitsabstand einhalten wird.

Zusammenfassung der Schätzergebnisse

Verglichen mit der Steuerschätzung vom Oktober 2012 werden die Steuereinnahmen insgesamt im Jahr 2013 um – 2,8 Mrd. Euro bzw. – 0,5 % geringer ausfallen. Für den Bund ergeben sich dabei Mindereinnahmen von – 1,8 Mrd. Euro, die unter anderem auf die Anpassung des Grundfreibetrags an das gestiegene Existenzminimum zurückzuführen sind. Die Länder müssen ebenfalls von niedrigeren Steuereinnahmen ausgehen (- 1,0 Mrd. Euro). Die Einnahmeerwartung für die Gemeinden bleibt in etwa unverändert.

Auch in den Jahren 2014 bis 2017 wird das Steueraufkommen insgesamt betrachtet leicht unter dem Schätzergebnis vom Oktober 2012 liegen. Die Auswirkungen auf die einzelnen staatlichen Ebenen sind dabei unterschiedlich. Der Arbeitskreis „Steuerschätzungen“ hat seine Prognose für das Jahr 2014 um – 3,8 Mrd. Euro (Bund: – 1,8 Mrd. Euro), 2015 um – 2,3 Mrd. Euro (Bund: – 0,8 Mrd. Euro), 2016 um – 2,2 Mrd. Euro (Bund: + 3,5 Mrd. Euro) und 2017 um – 2,1 Mrd. Euro (Bund: + 1,3 Mrd. Euro) angepasst. Die zu erwartenden Mehreinnahmen des Bundes in den Jahren 2016 und 2017 gehen dabei auf niedrigere EU-Abführungen zurück.

Grundlagen der Steuerschätzung

Der Steuerschätzung wurden die gesamtwirtschaftlichen Eckwerte der Frühjahrsprojektion der Bundesregierung zugrunde gelegt. In ihrer Frühjahrsprojektion erwartet die Bundesregierung für dieses Jahr einen Anstieg des BIP um real 0,5%. Dabei wird davon ausgegangen, dass im 1. Quartal 2013 eine wirtschaftliche Stabilisierung eingetreten ist. Für den weiteren Jahresverlauf wird mit einer Stärkung der wirtschaftlichen Auftriebskräfte gerechnet.

Im Schätzzeitraum 2013 bis 2017 werden für das nominale Bruttoinlandsprodukt nunmehr Veränderungsraten von 2,2% (2013), 3,3% (2014), 3,0% (2015), 3,0% (2016) und 3,0% (2017) erwartet.

Die Schätzung geht vom geltenden Steuerrecht aus. Gegenüber der vorangegangenen Schätzung vom Oktober 2012 waren die finanziellen Auswirkungen der folgenden Gesetze zu berücksichtigen:

  • Gesetz zur Änderung des Versicherungsteuergesetzes und des Kraftfahrzeugsteuergesetzes vom 05.12.2012 (Verkehrsteueränderungsgesetz)
  • Gesetz zur Änderung des Energiesteuer- und des Stromsteuergesetzes sowie zur Änderung des Luftverkehrsteuergesetzes vom 05.12.2012
  • Gesetz zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung (Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz) vom 23.10.2012
  • Gesetz zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung vom 05.12.2012
  • Gesetz zur Festsetzung der Beitragssätze in der gesetzlichen Rentenversicherung für das Jahr 2013 (Beitragssatzgesetz 2013) vom 05.12.2012
  • Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20.02.2013
  • Gesetz zum Abbau der kalten Progression vom 20.02.2013
  • Gesetz zur zusätzlichen Förderung von Kindern unter drei Jahren in Tageseinrichtungen und Kindertagespflege vom 15.02.2013; Artikel 3 Änderung des Finanzausgleichsgesetzes (FAG), Änderung der Umsatzsteuerverteilung (§ 1 Satz 5 FAG)
  • Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes (Ehrenamtsstärkungsgesetz) vom 21.03.2013
  • Gesetz zur Umsetzung des EuGH-Urteils vom 20.10.2011 in der Rechtssache C-284/09 vom 21.03.2013
  • Gesetz über die Festsetzung des Steuersatzes für die Grunderwerbsteuer vom 26.11.2012 für das Land Hessen
  • Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Festsetzung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer für das Saarland vom 12.12.2012.

Darüber hinaus waren die Auswirkungen des BFH-Urteils vom 13.12.2011 (II R 52/09) und des BMF-Schreibens vom 20.03.2013 (IV D 2-S 7100/07/10050-06; Dok 2013/0077777) zur Abgrenzung von Lieferungen und sonstigen Leistungen bei der Abgabe von Speisen und Getränken zu berücksichtigen.

Die Ergebnisse der Steuerschätzung für die Jahre 2013 bis 2017, differenziert nach Bund, Ländern, Gemeinden und EU, sind in der Anlage 1 zusammengefasst. Um einen Vergleich mit der letzten Steuerschätzung vom Oktober/November 2012 zu ermöglichen, sind die Abweichungen zu diesen Schätzungen bis 2017 in Anlage 2 im Einzelnen dargestellt.

Weitere Informationen
Anlage 1 und 2 zu den Ergebnissen der 142. Sitzung des Arbeitskreises „Steuerschätzungen“ (PDF, 16,4 KB)

 

BMF 08.05.2013

Bilanzierung | Bilanzsteuerliche Behandlung von Zinsen nach § 233a AO (OFD)

Bilanzsteuerliche Behandlung von Zinsen nach § 233a AO

 1. Zinsen auf Steuererstattungen

Die Bilanzierung einer Forderung setzt grundsätzlich voraus, dass zum Bilanzstichtag eine solche rechtlich entstanden ist. Der Anspruch auf Zinsen wegen einer Steuererstattung entsteht nach § 233a Abs. 1 AO dann, wenn die Festsetzung einer (Betriebs-) Steuer zu einer Steuererstattung führt. Vor erfolgter Steuerfestsetzung ist rechtlich kein Zinsanspruch entstanden (vgl. AEAO zu § 46 AO, Tz. 1). Gleichwohl ist nach Ablauf der in § 233a Abs. 2 AO enthaltenen Frist von 15 Monaten nach Ablauf des Kalenderjahrs, für das der Steuererstattungsanspruch entstanden ist, eine Forderung auf Zinsen wegen Steuererstattungen auszuweisen; unabhängig davon, ob die entsprechenden Steuern festgesetzt wurden. Dieser unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten vorgenommene Forderungsausweis entspricht den Grundsätzen, die für die Aktivierung von Dividendenansprüchen ohne vorherigen Gewinnverwendungsbeschluss gelten. Eine Forderung auf Zinsen wegen einer Steuererstattung ist demnach frühestens zu dem Bilanzstichtag zu aktivieren, der 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs liegt, für das der Anspruch auf Steuererstattung entstanden ist. Dabei umfasst die Forderung nur die Zinsen, die bis zum Bilanzstichtag wirtschaftlich entstanden sind.

Mit Urteil vom 31.08.2011, BStBl 2012 II, 190 hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass Forderungen, insbesondere Geldforderungen aus Lieferungen und Leistungen, zu aktivieren sind, sobald sie (unabhängig von der rechtlichen Entstehung) wirtschaftlich in der Vergangenheit verursacht und am Bilanzstichtag hinreichend sicher sind. In dem dem BFH-Urteil zugrunde liegenden Sachverhalt ging es um die Frage, ob die Erstattungsansprüche aus geänderten Umsatzsteuerbescheiden der Jahre 1996 bis 2001 bereits im Jahresabschluss 2005 (Jahr der Veröffentlichung des BFH-Urteils vom 12.05.2005, BStBl 2005 II, 617 , welches den Steuerpflichtigen begünstigt) oder erst im Jahresabschluss 2006 (Jahr der Änderung und damit Bekanntgabe der geänderten Umsatzsteuerbescheide) gewinnerhöhend zu erfassen waren. Der Bundesfinanzhof führte dazu aus, dass das Finanzamt durch die Veröffentlichung des BFH-Urteils vom 12.05.2005 im Bundessteuerblatt II 2005 verwaltungsintern verpflichtet war, die daraus resultierende Rechtsprechung zugunsten des Klägers anzuwenden. Damit stand noch im Kalenderjahr 2005 fest, dass das Finanzamt die Erstattungsansprüche des Klägers dem Grunde nach nicht mehr bestreiten würde. Die bloße Umsetzung dieser Rechtsprechung in geänderte Umsatzsteuerbescheide, die erst in 2006 erfolgte, änderte nichts an der Aktivierung der entsprechenden Forderungen in 2005.

Vor dem Hintergrund des BFH-Urteils vom 31.08.2011, a. a. O. ist somit die Aktivierung einer Forderung auf Erstattungszinsen unter Beachtung der o. g. Ausführungen nach Auffassung der Obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder nur dann vorzunehmen, wenn der Anspruch auf Erstattungszinsen am Bilanzstichtag auch hinreichend sicher ist.

Hinreichend sicher ist der Anspruch, der der Bekanntgabe der begünstigenden Verwaltungsentscheidung folgt. Der Anspruch ist bereits zu einem früheren Bilanzstichtag zu aktivieren, wenn zu diesem Zeitpunkt der Realisierung des Anspruchs weder materiell-rechtliche noch verfahrensrechtliche Hindernisse entgegenstehen.

 Beispiel:

Aufgrund einer Außenprüfung im Jahr 05 (Prüfungszeitraum: 01 bis 03) wird eine USt-Erstattung für 01 von 10.000,– € festgestellt. Die Auswertung des Betriebsprüfungsbericht durch den VTB erfolgt in 05, wodurch der geänderte Umsatzsteuerbescheid 01 noch in 05 bekannt gegeben wurde. Materiell-rechtliche oder verfahrensrechtliche Hindernisse im Hinblick auf die Realisierung des Erstattungsanspruchs bestanden nicht.

Der Anspruch auf die Zinsen nach § 233a AO ist zu den betreffenden Stichtagen wie folgt auszuweisen:

 

 Stichtag  Zinserträge (€)  Forderung (€)  Berechnung
 31.12.03  450,–  450,–  10.000,– × 9 Mon. × 0,5 %
 31.12.04  600,–  1.050,–  10.000,– × 12 Mon. × 0,5 %
 31.12.05[1]  (wenn die Steuerfestsetzung nach dem 31.12.2005 wirksam wird (§ 233a Abs. 2 Satz 3 AO))  600,–  1.650,–  10.000,– × 12 Mon. × 0,5 %
 31.12.06[2]  (wenn die Steuerfestsetzung nach dem 31.12.2006 wirksam wird (§ 233a Abs. 2 Satz 3 AO))  600,–  2.250,–  10.000,– × 12 Mon. × 0,5 %
 31.12.07[3]   (wenn die Steuerfestsetzung nach dem 31.12.2007 wirksam wird (§ 233a Abs. 2 Satz 3 Hs. 2 AO))  150,–  2.400,–  10.000,– × 3 Mon. × 0,5 %

 

Würden dem Umsatzsteuer-Erstattungsanspruch 01 entweder materiell-rechtliche oder verfahrensrechtliche Hindernisse entgegenstehen, wäre der Erstattungsanspruch (Umsatzsteuer und daraus resultierende Zinsen nach § 233a AO) erst zum 31.12.05, also dem Bilanzstichtag, der der Bekanntgabe des Umsatzsteuerbescheids 2001 folgt, zu aktivieren.

-> Zinsrechner

 2. Rückstellungen wegen künftiger Zinszahlungen aufgrund entstandener Steuernachforderungen

Bei der Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen wegen entstandener Steuernachforderungen handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung. Eine Rückstellung für derartige Verpflichtungen setzt voraus, dass am Bilanzstichtag eine hinreichend konkretisierte Verpflichtung vorliegt. Zu dem Zeitpunkt, zu dem die Steuernachforderung entsteht, ist auch die Verpflichtung zur Entrichtung der Zinsen nach § 233a AO hinreichend konkretisiert. Eine Rückstellung wegen der Verpflichtung auf Entrichtung der Zinsen wäre demnach erstmals im Jahresabschluss des Wirtschaftsjahrs zu bilden, in dem die Steuernachforderung entstanden ist. Da aber eine Rückstellung nicht nur an Vergangenes anknüpfen, sondern auch Vergangenes abgelten muss und mit der Zinszahlung wegen entstandener Steuernachforderungen der Liquiditätsvorteil abgegolten wird, der sich aus der „verspäteten” Zahlung der Steuer für den Steuerpflichtigen ergibt, kann eine Rückstellung frühestens 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuernachforderung entstanden ist, gebildet werden. Eine solche Rückstellung kann nur die bis zu diesem Zeitpunkt wirtschaftlich entstandenen Zinsen umfassen.

 


[1]wenn die Steuerfestsetzung nach dem 31.12.2005 wirksam wird (§ 233a Abs. 2 Satz 3 AO)

[2]wenn die Steuerfestsetzung nach dem 31.12.2006 wirksam wird (§ 233a Abs. 2 Satz 3 AO)

[3]wenn die Steuerfestsetzung nach dem 31.12.2007 wirksam wird (§ 233a Abs. 2 Satz 3 Hs. 2 AO)

Bilanzierung | Rücklagen nach § 6b Abs. 10 EStG (OFD)

Bildung von Rücklagen nach § 6b Abs. 10 EStG

 Betragsgrenze in Höhe von 500.000 € nach § 6b Abs. 10 Satz 1 EStG

Es ist gefragt worden, ob die Betragsgrenze in Höhe von 500.000 € nach § 6b Abs. 10 Satz 1 EStG bei Personengesellschaften gesellschafts- oder gesellschafterbezogen auszulegen ist. Gemäß einer auf Bundesebene erfolgten Abstimmung bitte ich, hierzu folgende Auffassung zu vertreten:

Dem Wortlaut des § 6b Abs. 10 EStG entsprechend können die Vergünstigungen nur natürliche Personen in Anspruch nehmen, die im Inland unbeschränkt oder beschränkt steuerpflichtig sind und den Gewinn nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG ermitteln. Körperschaftsteuersubjekte i. S. des § 1 Abs. 1 KStG sind von der Anwendung ausgeschlossen. Wird Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft veräußert, kann entsprechend dem Gebot einer möglichst weitgehenden Gleichbehandlung von Einzel- und Mitunternehmern auch dieser Gewinn übertragen werden, soweit er nicht Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen, sondern natürlichen Personen zuzurechnen ist. Dies stellt § 6b Abs. 10 Satz 10 EStG klar.

Für die Berechnung des Höchstbetrags in § 6b Abs. 10 Satz 1 EStG ist dabei der einzelne Mitunternehmer als Steuerpflichtiger anzusehen, mit der Folge, dass der Höchstbetrag von 500.000 € für jeden Mitunternehmer zur Anwendung kommt.

§ 6b Abs. 10 Satz 1 EStG führt aus, auf welche Wirtschaftsgüter (Anteile an Kapitalgesellschaften, Gebäude, andere abnutzbare, bewegliche Wirtschaftsgüter) und in welchen Reinvestitions-Zeiträumen (im Wj. der Veräußerung oder in den folgenden zwei bzw. vier Wj.) dieser Veräußerungsgewinn übertragen werden kann. Kernaussage des § 6b Abs. 10 Satz 1 EStG ist, dass steuerpflichtige Gewinne (steuerpflichtiger und steuerbefreiter Teil) aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften bis zu einem Betrag von 500.000 € übertragen werden können. Da bei § 6b EStG die personenbezogene Betrachtungsweise gilt, kommt es für die Höhe des begünstigten Gewinns auf die Verhältnisse im Veranlagungszeitraum des jeweiligen Steuerpflichtigen an. Im Rahmen der Abschnittsbesteuerung gilt der Höchstbetrag von 500.000 € somit pro Steuerpflichtigem und Veranlagungszeitraum.

Bei gesellschafter-/personenbezogener Betrachtungsweise müssen alle von diesem Steuerpflichtigen vorgenommenen Veräußerungen von Anteilen an Kapitalgesellschaften berücksichtigt werden, gleichgültig, welchem inländischen Betriebsvermögen die Anteile bis zur Veräußerung zugeordnet waren, und zwar in dem Veranlagungszeitraum, in dem die Gewinne anderenfalls steuerlich zu berücksichtigen wären.

 Beispiel:

A betreibt ein Einzelunternehmen und ist außerdem zu 50 % als Mitunternehmer an der A-B OHG mit gewerblichen Einkünften beteiligt. Im Einzelunternehmen entspricht das Wirtschaftsjahr dem Kalenderjahr. Die OHG hat ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom 01.07. bis 30.06. Im Wirtschaftsjahr 2002 veräußert A in seinem Einzelunternehmen Anteile an Kapitalgesellschaften mit einem Gewinn von 400.000 €.

Auch die A-B OHG veräußert Anteile an Kapitalgesellschaften mit einem Gewinn von 400.000 €, wovon 200.000 € auf A entfallen und zwar nach

Variante a) im Februar 2002 (Wj. 2001/2002)

Variante b) im November 2002 (Wj. 2002/2003)

Lösung Variante a)  (X = Veräußerungszeitpunkt)

Rechtsfolgen:

a) Einzelunternehmen

A kann grundsätzlich (unter Beachtung des Höchstbetrags) den Veräußerungsgewinn im Wj. der Veräußerung (in 2002) oder in den folgenden zwei oder vier Wj. in die in § 6b Abs. 10 EStG genannten Wirtschaftsgüter reinvestieren.

b) A-B OHG

Der Gewinn des Wj. 2001/2002 ist im Veranlagungszeitraum 2002 steuerlich zu erfassen, § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG.

A und B können grundsätzlich (unter Beachtung des Höchstbetrags) den Veräußerungsgewinn im Wj. der Veräußerung (2001/2002) oder in den folgenden zwei oder vier Wj. in die in § 6b Abs. 10 EStG genannten Wirtschaftsgüter reinvestieren.

c)

Da A im VZ 2002 Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften i. H. v. insgesamt 600.000 € erzielt hat, kommt bei ihm der Höchstbetrag zum Tragen. A kann von den 600.000 € maximal 500.000 € übertragen oder in eine Rücklage einstellen. A kann durch die entsprechende Bildung von Rücklagen nach § 6b Abs. 10 EStG wählen, in welchem Unternehmen er den überschießenden Gewinn von 100.000 € als laufenden Gewinn, der dem Halbeinkünfteverfahren unterliegt, versteuert.

Lösung Variante b)  (X = Veräußerungszeitpunkt)

a) Einzelunternehmen

A kann grundsätzlich (unter Beachtung des Höchstbetrags) den Veräußerungsgewinn im Wj. der Veräußerung (in 2002) oder in den folgenden zwei oder vier Wj. in die in § 6b Abs. 10 EStG genannten Wirtschaftsgüter reinvestieren (wie bei Variante a)).

b) A-B OHG

Der Gewinn des Wj. 2002/2003 ist im Veranlagungszeitraum 2003 steuerlich zu erfassen, § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG.

A und B können grundsätzlich (unter Beachtung des Höchstbetrags) den Veräußerungsgewinn im Wj. der Veräußerung (2002/2003) oder in den folgenden zwei oder vier Wj. in die in § 6b Abs. 10 EStG genannten Wirtschaftsgüter reinvestieren.

c)

Im VZ 2002 hat A einen Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften i. H. v. 400.000 € erzielt. Da der Höchstbetrag des § 6b Abs. 10 Satz 1 EStG nicht überschritten ist, kann der gesamte Gewinn übertragen oder in eine Rücklage eingestellt werden. Im VZ 2003 hat A einen Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften von 200.000 € erzielt. Auch im VZ 2003 ist der Höchstbetrag nicht überschritten. A kann den gesamten auf ihn entfallenden Gewinn von 200.000 € übertragen oder in eine Rücklage einstellen.

Der bisherige variable Eintrag für Angaben zu § 6b Abs. 10 EStG in Zeile 25 der Anlage FE 2 ist weggefallen. Nimmt ein Mitunternehmer die Reinvestitionsmöglichkeit des § 6b Abs. 10 EStG in Anspruch, ist das Wohnsitz-Finanzamt entsprechend mit der Anlage zur Mitteilung zu informieren. Die Wohnsitz-Finanzämter werden auf diese Weise über einen ganz oder teilweise bei der Mitunternehmerschaft ausgenutzten Höchstbetrag informiert. Die Wohnsitzfinanzämter ihrerseits informieren die Betriebsstätten-Finanzämter mittels formloser Kontrollmitteilungen.

Um die mehrfache Inanspruchnahme des Höchstbetrags nach § 6b Abs. 10 Satz 1 EStG bei mehreren Beteiligungen zu vermeiden, ist vor Gewährung der Vergünstigung des § 6b Abs. 10 EStG bei der die Vergünstigung beantragenden Gesellschaft anzufragen, ob und ggf. in welcher Höhe die Höchstbeträge nach § 6b Abs. 10 Satz 1 EStG im jeweiligen Veranlagungszeitraum von ihren Gesellschaftern bereits bei anderen Gesellschaften/Einzelunternehmen verbraucht wurden.

Buchführung | BMF bleibt mit Modernisierung der GoBS hinter Erwartungen zurück (DStV)

Mit dem Entwurf eines BMF-Schreibens zu den „Grundsätzen zur ordnungsgemäßen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff“ (GoBD) plant das Bundeministerium der Finanzen (BMF) eine Zusammenfassung und Aktualisierung der bisherigen Regelungen (GoBS und GDPdU) auf den aktuellen technischen Stand. 

Zwar stellt das BMF-Schreiben nunmehr klar, dass auch eine E-Mail, die lediglich als eine Art „Papierumschlag“ für eine angehängte elektronische Rechnung dient, nicht zwingend vom Steuerpflichtigen aufzubewahren ist. Weitere wesentliche zeitgemäße Anpassungen enthält das Schreiben hingegen nicht. Vielmehr ist es durch teilweise Ungenauigkeiten und unzeitgemäße Darstellungen geprägt. Der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) hat in seiner Stellungnahme S 04/13 unter anderem folgende Punkte aufgezeigt, die es für eine tatsächliche Modernisierung der bisherigen Grundsätze zu überarbeiten gilt:

  • Der enge zeitliche Zusammenhang von Geschäftsvorfall und grundbuchmäßiger Erfassung ist mit längstens 10 Tagen nicht praktikabel.
  • Die derzeitige Forderung nach einer zusätzlichen Protokollierung von Änderungen und Löschungen ist ungenau und berücksichtigt nicht die gegenwärtigen technischen Möglichkeiten.
  • Das Erfordernis der Kontierung von Belegen ist ebenfalls nicht mehr zeitgemäß. Insbesondere sofern die Prüfbarkeit der Geschäftsvorfälle auch über alternative Arbeitsprozesse sichergestellt ist, sollte eine zusätzliche Kontierung auf den Belegen entbehrlich sein.
  • Einer generellen Pflicht zur Aufbewahrung von Anschaffungsbelegen bis zum Ende der Nutzungsdauer ist nicht zuzustimmen. Vielmehr sollte der gesetzlichen Diskussion zur Verkürzung der Aufbewahrungspflichten auch im BMF-Schreiben entsprechend Rechnung getragen werden.

Stellungnahme der Wirtschaftsverbände zum Entwurf des BMF für GoBD

03. Mai 2013

Mit Schreiben vom 2. Mai 2013 nehmen die acht Spitzenverbände der deutschen gewerblichen Wirtschaft Stellung zum Entwurf des Bundesfinanzministeriums für  Grundsätze zur ordnungsgemäßen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD).

Die Verbände begrüßen in der Stellungnahme einerseits die im Entwurf enthaltenen Konkretisierungen, sehen andererseits die teilweisen Verschärfungen aber kritisch.

Die Bundesregierung erhofft sich von der GoBD Bürokratieentlastungen. Es besteht daher die Hoffnung, dass das Bundesfinanzministerium im weiteren Prozess bereit sein wird, auf die Wirtschaft zuzugehen und im Dialog praktikable Regelungen zu entwickeln.

Anhänge herunterladen

  • – Stellungnahme GoBD
  • – BMF-Entwurf GoBD

 

Niemand hinterzieht Steuern, weil das System zu kompliziert ist

Neuer Podcast „Schäuble zur Sache“: Steuerehrlichkeit

Im aktuellen Video-Podcast der Reihe „Schäuble zur Sache“ antwortet der Bundesfinanzminister auf drei Bürgerfragen zum Thema Steuerehrlichkeit. Die Kompliziertheit des deutschen Steuerrechts kommt dabei ebenso zur Sprache wie die weitere Zusammenarbeit mit der Schweiz in Steuerangelegenheiten. Der Bundesfinanzminister erinnert außerdem daran, dass die Bundesregierung die Voraussetzungen der strafbefreienden Selbstanzeige 2011 erheblich verschärft hat.

Seit Neuestem gibt es im Bundesfinanzministerium eine Videobox, in der die Besucherinnen und Besucher des BMF ihre Fragen direkt an den Bundesfinanzminister richten können. Drei dieser Fragen zum Thema Steuerehrlichkeit beantwortet Dr.Wolfgang Schäuble in der neuesten Folge seiner Podcast-Reihe „Schäuble zur Sache“.

Zur Frage, wie das Strafrecht auf Steuerdelikte angewendet werden soll, unterstreicht der Bundesfinanzminister, dass es sich bei Steuerhinterziehung um eine schwere Straftat handele. Möglicher Kritik an der strafbefreienden Selbstanzeige hält er entgegen, dass die Voraussetzungen für eine wirksame Selbstanzeige auf Initiative der Bundesregierung 2011 erheblich verschärft worden seien und weitere Schritte zur Modifikation dieses Rechtsinstituts geprüft würden.

Hinsichtlich der weiteren Steuerzusammenarbeit mit der Schweiz erläutert der Bundesfinanzminister die Strategie, über eine Ausweitung der EU-Zinsrichtlinie zu einem umfassenden Informationsaustausch mit dem südlichen Nachbarland zu kommen. Er verweist darauf, dass Steuereinnahmen in Milliardenhöhe, wie sie durch die Nachbesteuerung für die Vergangenheit im Rahmen des deutsch-schweizerischen Steuerabkommens möglich gewesen wären, durch die Blockade der Mehrheit im Bundesrat verhindert worden seien. Auch ein Informationsaustausch für die Zukunft, wie ihn andere Länder bereits mit der Schweiz vereinbart haben, führe nicht rückwirkend zu einer Aufhebung des dort geltenden Steuergeheimnisses.

Auf die Frage, ob ein pauschaler Steuersatz für alle nicht einfacher und gerechter sei und damit auch zu größerer Steuerehrlichkeit führe, hat der Minister eine klare Antwort: „Die Kompliziertheit des Steuerrechts ist eine faule Ausrede für diejenigen, die Steuern hinterziehen.“ Zwar stehe das Thema Steuervereinfachung immer auf der Agenda. Jedoch sei für ihn ein gerechtes Steuersystem, bei dem jeder nach seiner Leistungsfähigkeit zu den Einnahmen des Staates beitrage, einer „Flatrate-Besteuerung“, die alle Unterschiede glattbügle und damit das Gerechtigkeitsempfinden der Bevölkerung verletze, vorzuziehen.

Den Podcast finden Sie unter www.bundesfinanzministerium.de/zursache.

Einkommensteuer | Abfärbewirkung bei nachträglich erkannter Betriebsaufspaltung (BFH)

Abfärbung auf sämtliche Einkünfte einer ansonsten vermögensverwaltend tätigen Personengesellschaft bei nachträglich erkannter Betriebsaufspaltung

 Gesetze

EStG § 15 Abs. 3 Nr. 1
,
EStG § 16 Abs. 3
,
EStG § 15 Abs. 1
,
EStG § 4 Abs. 1
,
FGO § 48 Abs. 1
Nr. 1, GG Art. 3 Abs. 1

 Instanzenzug

Hessisches FG Urteil vom 15.06.2010 8 K 3660/02 BFH IV R 37/10

 Gründe

1  A. Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind A und B sowie die „S-Grundstücksgemeinschaft Gesellschaft bürgerlichen Rechts” (GbR), an der in den Streitjahren (1998 bis 2000) A und B je zur Hälfte beteiligt waren. Zudem waren A und B zu gleichen Teilen auch Gesellschafter der Z-GmbH. Diese betreibt seit ihrer Gründung im Jahr 1979 einen Großhandel. Die GbR vermietete seit Fertigstellung (1980) ein zu ihrem Gesamthandsvermögen gehörendes bebautes Grundstück in X teilweise an die Z-GmbH (ca. 48 v.H. der Gebäudenutzfläche) und teilweise an fremde Dritte. Der an die Z-GmbH vermietete Gebäudeteil wird für Verwaltungs- und Lagerzwecke genutzt. Daneben nutzt die Z-GmbH ein weiteres Grundstück an einem anderen Standort (Y) ebenfalls für eigenbetriebliche Zwecke.

2  Aufgrund notariell beurkundeten Schenkungsvertrags vom 22. Dezember 2000 übertrug B jeweils 12,50 v.H. seines hälftigen Geschäftsanteils an der GbR auf seine beiden volljährigen Kinder. Ausweislich des zugleich geänderten Gesellschaftsvertrags sind die Gesellschafter gemeinschaftlich zur Geschäftsführung und Vertretung der GbR berechtigt. Eine Übertragung von Gesellschaftsanteilen an der Z-GmbH auf die Kinder erfolgte nicht.

3  In den für die GbR abgegebenen Feststellungserklärungen wurden bis einschließlich 1999 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärt. Dem folgte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) zunächst in seinen Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (Feststellungsbescheiden) für die Jahre bis einschließlich 1998.

4  Zwar wurde bereits im Rahmen steuerlicher Außenprüfungen in den Jahren 1981 und 1984 die Möglichkeit einer Betriebsaufspaltung zwischen der GbR als Besitzunternehmen und der Z-GmbH als Betriebsunternehmen in Betracht gezogen. Der Innendienst des FA vertrat gleichwohl die Auffassung, dass es an einer sachlichen Verflechtung fehle, und stellte dementsprechend Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung fest.

5  Anlässlich einer (weiteren) Außenprüfung im Jahr 1999 ging der Prüfer von einer Betriebsaufspaltung aus; die Einkünfte aus der Vermietung an die Z-GmbH seien deshalb als gewerbliche Einkünfte zu qualifizieren, während die Einkünfte aus der Vermietung an fremde Dritte solche aus Vermietung und Verpachtung seien. Das FA schloss sich dieser Auffassung an und erließ entsprechende —zwischenzeitlich bestandskräftige— geänderte Feststellungsbescheide für die Jahre 1994 bis 1997.

6  Ende 2000 erließ das FA für 1998 einen geänderten und für 1999 einen erstmaligen —von der Feststellungserklärung abweichenden— Feststellungsbescheid; in beiden Bescheiden qualifizierte das FA die gesamten Einkünfte aus der Vermietungstätigkeit als gewerblich.

7  Anschließend änderte das FA seine Auffassung erneut und stellte —nunmehr der Auffassung der vorgenannten Außenprüfung folgend— in geänderten Bescheiden für die Jahre 1998 und 1999 nur noch die Einkünfte aus der Vermietung an die Z-GmbH als solche aus Gewerbebetrieb fest; im Übrigen ging das FA wieder von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aus.

8  Erstmals in der Feststellungserklärung für 2000 wurde diese Beurteilung des FA übernommen. Dieses erließ einen entsprechenden Feststellungsbescheid 2000, jedoch ohne die Berücksichtigung eines Aufgabegewinns.

9  Nach Ablauf der Einspruchsfrist beantragten die Kläger die Änderung der zuletzt jeweils unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Feststellungsbescheide 1998 bis 2000 dahingehend, sämtliche Einkünfte als solche aus Vermietung und Verpachtung festzustellen.

10  Mit Einspruchsentscheidung vom 2. Oktober 2002 lehnte das FA die beantragte Änderung ab. Zugleich änderte es die streitgegenständlichen Feststellungsbescheide nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) dahingehend, dass es wiederum sämtliche Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb und für 2000 erstmals einen Aufgabegewinn feststellte. Das FA vertrat nunmehr die Auffassung, dass die GbR im Rahmen der Betriebsaufspaltung gewerbliche Einkünfte erziele, die wegen der Abfärbewirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auch die Einkünfte aus der Vermietung des Gebäudes an fremde Dritte umfassten. Deshalb seien das gesamte Gebäude und der gesamte Grund und Boden notwendiges Betriebsvermögen. Nach der personellen Entflechtung und der damit einhergehenden Beendigung der Betriebsaufspaltung Ende 2000 seien bei der Ermittlung des Aufgabegewinns den gemeinen Werten der Wirtschaftsgüter des (Sonder-)Betriebsvermögens die historischen (fortgeführten) Herstellungs- bzw. Anschaffungskosten —ggf. abzüglich bisheriger Absetzungen für Abnutzung (AfA)— gegenüberzustellen.

11  Die dagegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg.

12  Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Zur Begründung tragen sie u.a. vor, § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG sei im Streitfall schon nach seinem Wortlaut nicht anzuwenden, denn die GbR übe nur eine einheitliche Tätigkeit aus. Auch könne die Vorschrift bei verfassungskonformer Auslegung nicht gelten, wenn eine leicht vollziehbare Ausweichgestaltung nicht möglich sei. Schließlich verbiete sich deren Anwendung im Streitfall nach dem aus dem Grundsatz von Treu und Glauben abgeleiteten Verbot widersprüchlichen Verhaltens. Ein Aufgabegewinn dürfe nur unter Einbeziehung des an die Z-GmbH vermieteten Grundstücksteils ermittelt werden. Zudem seien bei der Gewinnermittlung anstelle der historischen (fortgeführten) Herstellungs- bzw. Anschaffungskosten die höheren Teilwerte zum 1. Januar 1994 anzusetzen, denn aus Gründen des Vertrauensschutzes dürften nur die Wertsteigerungen zwischen 1994 und 2000 in die Besteuerung einbezogen werden.

13
Die Kläger beantragen, die Feststellungsbescheide 1998 bis 2000 unter Änderung der Einspruchsentscheidung des FA und unter Aufhebung des Urteils des Hessischen Finanzgerichts (FG) vom 15. Juni 2010 in den Feststellungsbescheiden 1998 bis 2000 nur die Einkünfte aus der Vermietung an die Z-GmbH als Einkünfte aus Gewerbebetrieb festgestellt werden, im Feststellungsbescheid 2000 nur der auf die Vermietung an die Z-GmbH entfallende Grundstücksteil bei der Berechnung des Aufgabegewinns (§ 16 EStG ) berücksichtigt wird, im Feststellungsbescheid 2000 nur die Wertsteigerung zwischen dem 1. Januar 1994 (erstmalige Bejahung der Betriebsaufspaltung durch das FA) und dem 22. Dezember 2000 (Beendigung der Betriebsaufspaltung) bei der Ermittlung des Aufgabegewinns berücksichtigt wird.

14  Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

15  B. Die Revision ist unbegründet. Sie wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass zu den Klägern neben A und B auch die GbR zählt und das Rubrum des angefochtenen Urteils gemäß § 107 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entsprechend zu berichtigen ist.

16  I. Das FG hat als Kläger A und B, die Gesellschafter der GbR, ausgewiesen, ohne die GbR zum Verfahren beizuladen. Klage und Revision sind jedoch dahin zu verstehen, dass sie von A und B nicht nur persönlich, sondern auch für die GbR eingelegt worden sind; einer Entscheidung über deren (notwendige) Beiladung bedarf es somit nicht.

17  1. Nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 1 FGO ist eine Außen-GbR im finanzgerichtlichen Verfahren wegen gesonderter und einheitlicher Gewinnfeststellungsbescheide sowohl beteiligtenfähig als auch subjektiv klagebefugt, unbeschadet der Art der von ihr erzielten Einkünfte (Urteil des Bundesfinanzhofs —BFH— vom 19. April 2007 IV R 28/05 , BFHE 218, 75 , BStBl II 2007, 704, m.w.N.). Die genannte Regelung ist dahin zu verstehen, dass die Personengesellschaft als Prozessstandschafterin für ihre Gesellschafter und ihrerseits vertreten durch ihre(n) Geschäftsführer Klage gegen den Gewinnfeststellungsbescheid erheben kann, der sich inhaltlich nicht an die Gesellschaft, sondern an die einzelnen Gesellschafter als Subjekte der Einkommensteuer richtet. Den Gesellschaftern steht daneben eine eigene Klagebefugnis nur zu, soweit in ihrer Person die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Nrn. 3 bis 5 FGO erfüllt sind.

18  2. Nach dem Grundsatz der rechtsschutzgewährenden Auslegung (z.B. BFH-Urteil in BFHE 218, 75 , BStBl II 2007, 704) ist im Zweifel anzunehmen, dass dasjenige Rechtsmittel eingelegt werden sollte, das zulässig ist. Zwar hat das FG A und B zutreffend als Kläger behandelt. Denn nachdem auch ein vom FA mit dem Wegfall der Betriebsaufspaltung begründeter, im Streitjahr 2000 festgestellter Aufgabegewinn streitig ist, sind A und B als Gesellschafter der GbR im Hinblick auf ihr bei der Ermittlung des Aufgabegewinns zu berücksichtigendes Sonderbetriebsvermögen (Gesellschaftsanteile an der Z-GmbH) nach § 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO (auch) persönlich klagebefugt. Soweit der Streitfall jedoch die Qualifikation der Einkünfte betrifft, ist die GbR nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 1 FGO klagebefugt. Insoweit konnten A und B als vertretungsberechtigte Geschäftsführer der GbR auch für diese eine zulässige Klage erheben. Ausweislich der Klageschrift ist die Klage von A und B „als vertretungsberechtigte Geschäftsführer und Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts” erhoben worden. Mangels entgegenstehender Feststellungen des FG geht der erkennende Senat davon aus, dass A und B entsprechend den Angaben in der Klageschrift auch nach der Übertragung von Geschäftsanteilen durch B auf seine Kinder vertretungsberechtigte Geschäftsführer der GbR gewesen sind. Im Übrigen hat das FA gegen die Behandlung (auch) der GbR als Beteiligte des Revisionsverfahrens keine Einwendungen erhoben.

19  3. Die Berichtigung des Rubrums kann der BFH auch noch im Revisionsverfahren vornehmen (BFH-Urteil vom 31. Mai 2007 IV R 25/06 , BFH/NV 2007, 2086 , m.w.N.).

20  II. Das FG hat die Grundstücksvermietung durch die GbR an die Z-GmbH zu Recht als gewerbliche Tätigkeit im Rahmen einer Betriebsaufspaltung qualifiziert (B.II.1.). Die Ausübung (auch) einer gewerblichen Tätigkeit i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG hat nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG zur Folge, dass die gesamte Tätigkeit der GbR als Gewerbebetrieb gilt; damit hat die GbR in den Streitjahren ausschließlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt; das vermietete Grundstück ist insgesamt dem steuerlichen Betriebsvermögen der Mitunternehmerschaft zuzuordnen (B.II.2.). Schließlich ist dem FG auch darin zu folgen, dass bei der Ermittlung des Aufgabegewinns die Differenz zwischen den gemeinen Werten der Wirtschaftsgüter des (Sonder-)Betriebsvermögens und den historischen (fortgeführten) Herstellungs- und Anschaffungskosten —abzüglich bisheriger AfA— maßgebend ist (B.II.3.).

21  1. Zu Recht ist das FG von einer Betriebsaufspaltung zwischen der GbR und der Z-GmbH ausgegangen. Die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung —sachliche und personelle Verflechtung (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 8. November 1971 GrS 2/71, BFHE 103, 440 , BStBl II 1972, 63, seither ständige Rechtsprechung)— lagen bis Ende Dezember 2000 vor. Das Vorliegen einer personellen Verflechtung ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig. Die sachliche Verflechtung ergibt sich daraus, dass das von der GbR als Besitzgesellschaft an die Z-GmbH als Betriebsgesellschaft vermietete und für deren Zwecke errichtete Büro- und Lagergebäude nach den für die Betriebsaufspaltung geltenden Grundsätzen —von Anfang an— eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage der Z-GmbH darstellte.

22  a) Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG hat die Betriebsgesellschaft auf dem von der GbR an sie vermieteten Grundstücksteil ihre wirtschaftlichen Aktivitäten seit Betriebsbeginn entfaltet. In revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise hat das FG auf einen unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zwischen der Errichtung des Betriebsgebäudes und dessen Vermietung durch die GbR einerseits und der Aufnahme des Betriebs der Z-GmbH in diesem Gebäude andererseits abgestellt und hieraus gefolgert, dass das Gebäude durch seine Gliederung und Bauart dauernd für den Betrieb der Z-GmbH eingerichtet oder nach Lage, Größe und Grundriss auf den Betrieb zugeschnitten war (vgl. BFH-Urteil vom 12. September 1991 IV R 8/90 , BFHE 166, 55 , BStBl II 1992, 347, unter 1. der Gründe).

23  Den an die Z-GmbH vermieteten Grundstücksteil konnte das FG aber auch deshalb als wesentliche Betriebsgrundlage ansehen, weil das Gebäude von der Z-GmbH für büro- und verwaltungsmäßige sowie für Lagerzwecke genutzt wurde. Sowohl Bürogebäude als auch Lagerhallen können eine besondere wirtschaftliche Bedeutung für das Betriebsunternehmen haben (zu einem Bürogebäude BFH-Urteil vom 23. Mai 2000 VIII R 11/99 , BFHE 192, 474 , BStBl II 2000, 621, unter II.b der Gründe; zu einer Lagerhalle BFH-Urteil vom 19. Juli 1994 VIII R 75/93 , BFH/NV 1995, 597 , unter b bb der Gründe).

24  b) Die Eigenschaft als wesentliche Betriebsgrundlage wird —nach mittlerweile ständiger Rechtsprechung— nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Betriebsgesellschaft jederzeit am Markt ein für ihre Belange gleichermaßen geeignetes Gebäude mieten oder kaufen kann (BFH-Urteile vom 26. Mai 1993 X R 78/91 , BFHE 171, 476 , BStBl II 1993, 718, sog. Dachdecker-Urteil; vom 19. März 2009 IV R 78/06, BFHE 224, 428 , BStBl II 2009, 803, unter II.2.c aa der Gründe).

25  c) Der Würdigung des FG steht auch nicht entgegen, dass die Z-GmbH ein weiteres Grundstück in Y genutzt hat. Denn für die sachliche Verflechtung ist die Überlassung bereits einer wesentlichen Betriebsgrundlage an die Betriebsgesellschaft ausreichend (BFH-Urteile vom 24. August 1989 IV R 135/86 , BFHE 158, 245 , BStBl II 1989, 1014, unter 3. der Gründe; vom 18. August 2009 X R 22/07, BFH/NV 2010, 208 , unter II.1.c der Gründe, m.w.N.). Zudem ist nach den Feststellungen des FG davon auszugehen, dass das in X belegene Grundstück innerhalb der Betriebsstruktur weder quantitativ noch qualitativ von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung war (vgl. Schmidt/ Wacker, EStG , 31. Aufl., § 15 Rz 812).

26  2. In Folge der Betriebsaufspaltung sind die Einkünfte der GbR aus der Vermietung des Grundstückteils an die Z-GmbH in solche aus Gewerbebetrieb umzuqualifizieren und die (anteiligen) Wirtschaftsgüter (Grund und Boden, Gebäude, Außenanlagen und der Geschäftsanteil an der Z-GmbH) dem (Sonder-)Betriebsvermögen zuzuordnen (§ 21 Abs. 3, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2, Abs. 2 EStG ). Dies hat im Streitfall zur Folge, dass nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG auch die Einkünfte aus der Vermietung des übrigen Gebäudeteils an fremde Dritte als gewerbliche Einkünfte der GbR zu qualifizieren und die diesbezüglichen Wirtschaftsgüter (Gebäudeteile sowie der anteilige Grund und Boden, u.a.) ebenfalls dem Betriebsvermögen zuzuordnen sind.

27  a) Nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG gilt in vollem Umfang als Gewerbebetrieb die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer oHG, KG oder einer anderen Personengesellschaft, wenn die Gesellschaft auch eine Tätigkeit i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ausübt. Die GbR ist eine Personengesellschaft im Sinne dieser Norm (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 11. Mai 1989 IV R 43/88 , BFHE 157, 155 , BStBl II 1989, 797, unter I.3.c der Gründe; vom 19. Februar 1998 IV R 11/97, BFHE 186, 37 , BStBl II 1998, 603).

28  b) Nach dem Wortlaut des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG ist es erforderlich, dass die Personengesellschaft „auch” eine gewerbliche Tätigkeit ausübt. Es muss sich also um eine eigenständige gewerbliche Tätigkeit handeln, die von mindestens einer weiteren Tätigkeit, auf die sich die Abfärbung auswirken soll, getrennt werden kann. Die Personengesellschaft muss demzufolge —wovon die Kläger zutreffend ausgehen— zumindest noch eine weitere Tätigkeit ausüben, die isoliert betrachtet zu einer anderen Einkunftsart (Gewinn- oder Überschusseinkunftsart) führen würde (Stapperfend in Herrmann/Heuer/Raupach —HHR—, § 15 EStG Rz 1425; Reiß in Kirchhof, EStG , 11. Aufl., § 15 Rz 143; Schmidt/Wacker, a.a.O., § 15 Rz 186). Anders als die Kläger meinen, ist die Vorschrift im Streitfall nach ihrem Wortlaut anwendbar. Dabei braucht nicht entschieden zu werden, ob sich eine Vermietungstätigkeit bei Nichtberücksichtigung des Rechtsinstituts der Betriebsaufspaltung auch als eine einheitliche Tätigkeit darstellen könnte. Bei der Vermietung an unterschiedliche Personen handelt es sich einkommensteuerrechtlich jedenfalls dann um zwei trennbare unterschiedliche Tätigkeiten, wenn sie isoliert betrachtet —wie hier— unterschiedliche Einkunftsarten auslösen würden. Entscheidend ist deshalb, dass es sich bei der Vermietungstätigkeit der GbR um trennbare Tätigkeiten handelt, wobei die Vermietung an die Z-GmbH in Folge der Betriebsaufspaltung zu gewerblichen Einkünften führt, die Vermietung an fremde Dritte hingegen —ohne Berücksichtigung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG — zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Bei normspezifischer Auslegung liegen demnach im Streitfall zwei trennbare Tätigkeiten i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG vor.

29  c) Auch die weiteren Einwendungen der Kläger gegen die Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG kommen nicht zum Tragen.

30  aa) Nicht gefolgt werden kann den Klägern, soweit sie mit Blick auf das BFH-Urteil vom 13. Juli 2006 IV R 25/05 (BFHE 214, 343 , BStBl II 2006, 804, unter II.3. der Gründe) die Rechtsprechungsgrundsätze zur Aufteilung von Gebäuden sowie Grund und Boden in Nutzungs- und Funktionszusammenhänge (seit Beschluss des Großen Senats des BFH vom 26. November 1973 GrS 5/71, BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132, unter II.3.d der Gründe) als systematisch vorrangig gegenüber der Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG erachten. Weder stehen diese Grundsätze der Abfärbewirkung entgegen noch gehen sie dem § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG vor. Während diese Norm eine Einkünftezuordnungsentscheidung trifft, besagen die Grundsätze zur Aufteilung von Gebäuden sowie Grund und Boden in Nutzungs- und Funktionszusammenhänge, dass ein Gebäude und der damit im Zusammenhang stehende Grund und Boden in unterschiedliche Wirtschaftsgüter aufgeteilt werden können. Für ein Rangverhältnis des Vorrangs einer spezielleren gegenüber einer allgemeineren Norm fehlt es insoweit bereits an konkurrierenden Merkmalen.

31  bb) Sinn und Zweck des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG stehen dessen Anwendung im Streitfall nicht entgegen. Zweck der Norm ist —wie auch von den Klägern nicht in Frage gestellt wird— die Vereinfachung durch Typisierung zur Vermeidung von Schwierigkeiten bei der Einkünfteermittlung (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts —BVerfG— vom 15. Januar 2008 1 BvL 2/04 , BVerfGE 120, 1 , unter C.II.3.a der Gründe; sowie ausführlich zum Vereinfachungszweck: Groh, Der Betrieb 2005, 2430 f.). Aus dem Normzweck der Vereinfachung lässt sich indes nicht im Umkehrschluss herleiten, dass bei (vermeintlich) einfacher Aufteilung der Einkünfte und der zur Einkünfteerzielung genutzten Wirtschaftsgüter die Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG ausgeschlossen sein soll. Eine solche Auslegung würde zudem den Wortsinn und damit die zulässige Grenze der Auslegung überschreiten. Denn eine Differenzierung nach dem Grad der Erforderlichkeit einer Vereinfachung im Einzelfall ist § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht zu entnehmen.

32  cc) Auch verfassungsrechtliche Gesichtspunkte sprechen im Streitfall nicht gegen eine Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG .

33  § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG ist mit dem Grundgesetz (GG ), insbesondere mit dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG ) vereinbar (BVerfG-Beschlüsse vom 26. Oktober 2004 2 BvR 246/98, BFH/NV 2005 , Beilage 3, 259; in BVerfGE 120, 1 , unter C.II. der Gründe).

34  Die Vorschrift ist auch nicht in verfassungskonformer Auslegung einschränkend dahin zu verstehen, dass sie im Streitfall nicht zur Anwendung gelangt, weil —wie die Kläger meinen— die „Ausgliederung” der Vermietungstätigkeit an fremde Dritte, etwa auf eine beteiligungsidentische Personengesellschaft, nicht ohne weiteres möglich war.

35  Denn § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG enthält eine verfassungsrechtlich zulässige gesetzliche Typisierung. Soweit diese Typisierung Ungleichbehandlungen schafft, ist sie wegen des ihr innewohnenden Vereinfachungszwecks weder willkürlich noch sind die damit verbundenen Nachteile unverhältnismäßig gegenüber den mit der Norm verfolgten Zielen (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 120, 1 , unter C.II.3.d der Gründe). Zwar verweist das BVerfG unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BFH (z.B. BFH-Urteile vom 13. Oktober 1977 IV R 174/74 , BFHE 123, 505 , BStBl II 1978, 73, unter 2. der Gründe; vom 29. November 2001 IV R 91/99, BFHE 197, 400 , BStBl II 2002, 221, unter 3.b cc der Gründe, m.w.N.) auf die legitime Möglichkeit einer gesellschaftsrechtlichen Ausweichgestaltung („Ausgliederungsmodell”) zur Vermeidung dieser typisierenden Wirkung. Dies bedeutet indes nicht, dass auch in jedem konkreten Einzelfall eine derartige Gestaltung ohne weiteres möglich sein muss. Unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit ist vielmehr entscheidend, dass die Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG in einer Vielzahl von Fällen durch eine dem Steuerpflichtigen zumutbare Mitwirkungslast (Gestaltungslast) vermieden werden könnte. Der abweichende Einzelfall kann zu keiner anderen Beurteilung führen, weil dies dem Typisierungsgedanken und dem damit einhergehenden Vereinfachungszweck zuwiderliefe.

36  dd) Auch Vertrauensschutzgesichtspunkte rechtfertigen keine anderweitige Beurteilung, insbesondere vermögen sie gesetztes Recht nicht zu verdrängen.

37   (1) Der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung (§ 85 AO ) gebietet dem FA, eine als unrichtig erkannte Rechtsauffassung zum frühestmöglichen Zeitpunkt aufzugeben. Das FA ist grundsätzlich an seine rechtliche Würdigung in früheren Veranlagungszeiträumen nicht gebunden (Grundsatz der Abschnittsbesteuerung). Dies gilt selbst dann, wenn das FA über eine längere Zeitspanne eine fehlerhafte, für den Steuerpflichtigen günstige Auffassung vertreten hat und der Steuerpflichtige im Vertrauen darauf disponiert haben sollte (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 30. Oktober 1997 IV R 76/96 , BFH/NV 1998, 578 , unter 2.b der Gründe, m.w.N.; vom 23. Februar 2012 IV R 13/08, BFH/NV 2012, 1112 , unter II.3.a der Gründe).

38   (2) Zu einer Verdrängung gesetzten Rechts durch den Grundsatz von Treu und Glauben kann es nur in besonders gelagerten Fällen kommen, in denen das Vertrauen des Steuerpflichtigen in ein bestimmtes Verhalten der Verwaltung nach allgemeinem Rechtsempfinden in einem so hohen Maß schutzwürdig ist, dass demgegenüber die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zurücktreten müssen. Dies kommt nach ständiger Rechtsprechung (nur) dann in Betracht, wenn dem Steuerpflichtigen eine bestimmte steuerrechtliche Behandlung zugesagt worden ist oder wenn das FA durch sein früheres Verhalten außerhalb einer Zusage einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat (z.B. BFH-Urteile vom 29. April 2008 VIII R 75/05 , BFHE 221, 136 , BStBl II 2008, 817, und vom 14. Januar 2010 IV R 86/06, BFH/NV 2010, 1096 ). Aus den das Revisionsgericht nach § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte, die Grundlage eines Vertrauenstatbestands sein könnten, insbesondere auch nicht die über Jahre hinweg (bis einschließlich Veranlagungszeitraum 1993) in den Feststellungsbescheiden konkretisierte unrichtige Rechtsauffassung des FA. Ist Letztere aber schon nicht geeignet, einen Vertrauenstatbestand zu schaffen, dann kann für die Kläger auch kein Vertrauen daraus erwachsen, dass sie im Hinblick auf diese (für sie günstige) rechtliche Behandlung eine gesellschaftsrechtliche Ausweichgestaltung nicht für notwendig erachteten. Im Übrigen konnte die Änderung der Rechtsauffassung durch das FA, nachdem im Rahmen von Außenprüfungen in den Jahren 1981 und 1984 frühzeitig auf die Möglichkeit einer Betriebsaufspaltung hingewiesen wurde, für die Kläger keinesfalls überraschend sein.

39  ee) Die Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG scheitert auch nicht an einem aus dem Grundsatz von Treu und Glauben abgeleiteten Verbot widersprüchlichen Verhaltens. Da es für die Verfassungsmäßigkeit dieser Norm nicht darauf ankommt, dass eine gesellschaftsrechtliche Ausweichgestaltung in jedem Einzelfall möglich ist, ist es unschädlich, wenn das FG gleichwohl auf eine solche Möglichkeit hingewiesen hat.

40  ff) Soweit sich die Kläger unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung (hier: verwaltungsseitiger Vertrauensschutz im Billigkeitswege durch die Finanzverwaltung, vgl. z.B. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 18. September 2001 IV A 6 -S 2240- 50/01, BStBl I 2001 , 634 ) auf Billigkeitserwägungen berufen, können sie damit in diesem Revisionsverfahren nicht gehört werden. Über eine abweichende Feststellung der Besteuerungsgrundlagen aus Billigkeitsgründen wäre in einem gesonderten Verwaltungsverfahren zu entscheiden (BFH-Urteil vom 3. September 2009 IV R 17/07 , BFHE 227, 293 , BStBl II 2010, 631, unter B.II.1.c cc der Gründe).

41  d) Folge der Anwendung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG ist im Streitfall, dass —wie das FG zutreffend erkannt hat— alle Einkünfte aus der Vermietungstätigkeit der GbR zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führen. Denn Rechtsfolge des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG ist die Umqualifizierung sämtlicher von der Personengesellschaft erzielter Einkünfte zu Einkünften aus Gewerbebetrieb (sog. Abfärbewirkung). Dabei kommt es auf das Verhältnis der originär nicht gewerblichen Tätigkeit zur gewerblichen Tätigkeit i.S. des § 15 Abs. 1 EStG grundsätzlich nicht an (BFH-Urteil vom 13. November 1997 IV R 67/96 , BFHE 184, 512 , BStBl II 1998, 254, unter 2.b der Gründe). Als weitere Folge sind sämtliche Wirtschaftsgüter der Personengesellschaft dem Betriebsvermögen zuzuordnen, auch soweit sie bei isolierter Betrachtung der privaten Vermögenssphäre zuzuordnen wären (vgl. auch HHR/Stapperfend, § 15 EStG Rz 1455, m.w.N.). Diese Rechtsfolgen treten auch dann ein, wenn eine für sich betrachtet vermögensverwaltende Tätigkeit einer Personengesellschaft erst aufgrund des Rechtsinstituts der Betriebsaufspaltung als eine originär gewerbliche Tätigkeit i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu qualifizieren ist (BFH-Urteile in BFHE 184, 512 , BStBl II 1998, 254, unter 2.c der Gründe, und vom 24. November 1998 VIII R 61/97, BFHE 187, 297 , BStBl II 1999, 483, unter II.2. der Gründe).

42  3. Das FG hat den Aufgabegewinn zutreffend ermittelt.

43  a) Die Betriebsaufspaltung endete im Streitjahr 2000 durch die teilweise Übertragung von Geschäftsanteilen des B an der GbR auf seine beiden volljährigen Kinder. Durch die Anteilsübertragung kommt es zur personellen Entflechtung, weil die Anteile des B an der Z-GmbH nicht zugleich auf die Kinder übertragen wurden und bei der GbR das Einstimmigkeitsprinzip gilt. Infolgedessen entfällt die Beherrschungsidentität (vgl. dazu Schmidt/Wacker, a.a.O., § 15 Rz 825).

44  Die Beendigung der Betriebsaufspaltung hat die Betriebsaufgabe (§ 16 Abs. 3 EStG ) der Besitzgesellschaft zur Folge; die bis dahin in ihrem Betriebsvermögen —einschließlich der Anteile an der Betriebs-GmbH— gebildeten stillen Reserven sind aufzudecken.

45  b) Bei Ermittlung des Aufgabegewinns (§ 16 Abs. 3 und Abs. 2 EStG) ist dem FG darin zu folgen, diesen als Differenz zwischen gemeinem Wert der Wirtschaftsgüter des (Sonder-)Betriebsvermögens der Besitzgesellschaft und den historischen (fortgeführten) Herstellungs- und Anschaffungskosten —hinsichtlich des Gebäudes nach Abzug der AfA— zu berechnen.

46  Die bei der Ermittlung des Aufgabegewinns einbezogenen Wirtschaftsgüter (Grund und Boden, Außenanlagen, Gebäude, Beteiligung an der Z-GmbH) waren nach den vorstehenden Erwägungen von Beginn der Vermietungstätigkeit an, d.h. ab 1980, —notwendiges— (Sonder-)Betriebsvermögen.

47  aa) Bei nachträglich erkannter Betriebsaufspaltung und dementsprechend fehlender Bilanzierung der Wirtschaftsgüter des (Sonder-)Betriebsvermögens sind diese in der Anfangsbilanz auf den Beginn des ersten noch offenen Jahres anzusetzen. Dabei hat die Bewertung in der Anfangsbilanz mit den Werten zu erfolgen, die sich bei ordnungsgemäßer Fortführung einer Eröffnungsbilanz auf den Betriebsbeginn ergeben hätten. Die nachträgliche Aufnahme solcher Wirtschaftsgüter in die (Anfangs-)Bilanz ist —mangels tatsächlicher Zuführung zum Betriebsvermögen— keine Einlage i.S. des § 4 Abs. 1 Sätze 1 und 5 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG , sondern eine berichtigende (technische) Einbuchung. Demgemäß bestimmt sich der Bilanzansatz für eine fehlerberichtigende Einbuchung bei unterlassener Aktivierung eines Wirtschaftsguts nach dem Wert, mit dem das bisher zu Unrecht nicht bilanzierte Wirtschaftsgut bei von Anfang an richtiger Bilanzierung zu Buche stehen würde (BFH-Urteile in BFH/NV 1998, 578 , unter 3. der Gründe; vom 24. OKtober 2001 X R 153/97, BFHE 197, 105 , BStBl II 2002, 75, unter II.1. der Gründe, m.w.N.).

48  bb) Dieser Handhabung stehen weder die Bestandskraftwirkung der Feststellungen für frühere Veranlagungszeiträume noch der Grundsatz der Abschnittsbesteuerung entgegen.

49   (1) Der Zuwachs an stillen Reserven —z.B. durch eine positive Verkehrswertentwicklung des Grundstücks— fließt nicht in die Einkünfteermittlung der zuvor angenommenen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ein und kann schon deshalb von der Bestandskraftwirkung nicht umfasst sein. Entgegen der Auffassung der Kläger sind somit Wertveränderungen an den fälschlicherweise als Privatvermögen behandelten Wirtschaftsgütern nicht durch die Bestandskraftwirkung endgültig der privaten Sphäre zugeordnet, sondern gehen in den Totalgewinn des Gewerbebetriebs mit ein (BFH-Urteil in BFH/NV 1998, 578 , unter 3.a der Gründe). Durch den Ansatz der historischen Herstellungs- und Anschaffungskosten wird nämlich —anders als die Kläger meinen— nicht rückwirkend in die Würdigung eines Dauersachverhalts eingegriffen. Die Aufdeckung der stillen Reserven im Rahmen der Betriebsaufgabe erfolgt gerade nicht in den bestandskräftigen Feststellungsbescheiden der Vergangenheit, sondern nach den Grundsätzen der Gewinnrealisation im Zeitpunkt der Veräußerung oder Entnahme der Wirtschaftsgüter der Besitzgesellschaft.

50   (2) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem BFH-Urteil in BFHE 197, 105 , BStBl II 2002, 75, wonach wegen des Grundsatzes der Abschnittsbesteuerung die in einem Veranlagungszeitraum nicht als Betriebsausgaben berücksichtigte AfA nicht nachgeholt werden kann, wenn die betroffenen Bescheide nicht mehr änderbar sind. Dies ist konsequente Folge der gesetzlich bestimmten Zuordnung des (einkünftebezogenen) Aufwands zu einem bestimmten Zeitraum. Folgerichtig ist die zeitpunktorientierte Aufdeckung stiller Reserven im Zeitpunkt ihrer gesetzlichen Anordnung unter Betrachtung des gesamten Zeitraums der Betriebszugehörigkeit der entsprechenden Wirtschaftsgüter vorzunehmen.

51   (3) Zu einer anderen Beurteilung führt auch nicht der BVerfG-Beschluss vom 7. Juli 2010 2 BvR 748/05 , 2 BvR 753/05, 2 BvR 1738/05 (BVerfGE 127, 61 , unter B.I.2.b bb der Gründe). Zwar führt das BVerfG darin aus, dass der Wertzuwachs (stille Reserve) nicht im Zeitpunkt seiner Realisation entstehe, sondern über einen vorangegangenen (längeren) Zeitraum. Die Realisation verfestige die Wertsteigerung lediglich zeitpunktbezogen. Gleichwohl begründet eine über Jahre hinweg unrichtige, in einem Feststellungsbescheid konkretisierte, dem Steuerpflichtigen günstige Rechtsauffassung der Verwaltung keine Vermögensposition des Steuerpflichtigen. Demnach kann eine geänderte Rechtsauffassung auch nicht nachträglich zur Entwertung einer solchen Position führen.

52  c) Eine andere Beurteilung (Ansatz der Teilwerte auf den 1. Januar 1994) folgt auch nicht aus dem allgemeinen Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben. Soweit die Kläger sich auf die jahrelange Behandlung des Sachverhalts durch das FA berufen, gelten die oben genannten Grundsätze.

53  d) Im Streitfall ist es für die Ermittlung des Aufgabegewinns unerheblich, ob die GbR die laufenden Gewinne durch Betriebsvermögensvergleich (vgl. BFH-Urteile vom 8. März 1989 X R 9/86 , BFHE 156, 443 , BStBl II 1989, 714, unter 1.b der Gründe; vom 7. Oktober 1997 VIII R 63/95, BFH/NV 1998, 1202 , unter II.1. der Gründe) oder durch Einnahmen-Überschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG ) hätte ermitteln müssen. Sollte die GbR ihr Wahlrecht —zu irgendeinem Zeitpunkt— zugunsten der Einnahmen-Überschussrechnung ausgeübt haben, wäre zwar auf den 1. Januar 1994 (im bestandskräftigen Feststellungsbescheid für 1994 wurde die Betriebsaufspaltung erstmals als Besteuerungsgrundlage berücksichtigt) bzw. 1998 (erstes Streitjahr) keine Anfangsbilanz mit den fortgeführten Herstellungs- bzw. Anschaffungskosten aufzustellen gewesen. Spätestens im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe hätte die GbR aber zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich übergehen (§ 16 Abs. 2 Satz 2 EStG ) und die bislang nicht bilanzierten Wirtschaftsgüter mit den fortgeführten historischen Herstellungs- und Anschaffungskosten zum Ansatz bringen müssen.

Einkommensteuer | Aufwendungen zur Sicherung der Rückzahlung eines Darlehens (BFH)

Aufwendungen zur Sicherung der Rückzahlung eines Darlehens als nachträgliche Anschaffungskosten auf den Vermögensstamm

 Gesetze

EStG § 20
,
EStG § 9 Abs. 1
,
HGB § 255 Abs. 1

 Instanzenzug

FG Köln Urteil vom 22.05.2012 15 K 183/09

 Gründe

1  I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) und der Beigeladene und Beschwerdeführer (Beigeladener) waren zu jeweils 25 % als Kommanditisten an einer GmbH & Co. KG (KG) beteiligt, die im Jahr 2001 nach ihrer Liquidation vollbeendet wurde. Bei der KG handelte es sich um eine vermögensverwaltende, nicht gewerblich geprägte Kommanditgesellschaft, die Einkünfte aus Kapitalvermögen und sonstige Einkünfte erzielte.

2  Im Jahr 1999 gewährte die KG zwei in den USA ansässigen Unternehmen verzinsliche Darlehen in Höhe von insgesamt . US-Dollar. Nachdem die Schuldner in Liquiditätsschwierigkeiten und mit den Zinszahlungen in Rückstand geraten waren, erhielt die KG nach Verhandlungen mit der an den Schuldnern beteiligten X AG (AG) den vollen Darlehensbetrag zurück und die noch rückständigen Zinsen in Höhe von . DM ausgezahlt. Die Zinsen leitete die KG unmittelbar an die AG weiter. Sie erzielte aus der Darlehenshingabe insgesamt einen Totalüberschuss.

3  In der Gewinnermittlung machte die KG die an die AG weitergeleiteten Zinsen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen als Werbungskosten geltend. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) lehnte eine Berücksichtigung der an die AG gezahlten Provision als Werbungskosten ab, da diese nicht mit der Erzielung von Einnahmen aus Kapitalvermögen, sondern mit der Rückzahlung des Darlehens in Zusammenhang gestanden habe. Das Finanzgericht (FG) gab in seinem Urteil vom 22. Mai 2012 der Klage insoweit statt, als die Zahlung an die AG auf die Realisierung der Zinsen entfallen sei (rund 7 % der Gesamtsumme des weitergeleiteten Betrags). Im Übrigen wies es die Klage ab.

4  Das FA erließ am 23. Juli 2012 einen geänderten Feststellungsbescheid für das Streitjahr 2000, in dem es die Zahlung der KG an die AG nach Maßgabe des FG-Urteils teilweise als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigte.

5  II. Die zulässige Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet.

6  1. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist der geänderte Feststellungsbescheid für das Streitjahr vom 23. Juli 2012. Das angefochtene FG-Urteil ist nicht wegen Ergehens dieses Änderungsbescheids aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben. Der geänderte Bescheid vom 23. Juli 2012 ist entsprechend § 68 i.V.m. § 127 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens geworden.

7  Zwar ist die Vorentscheidung grundsätzlich entsprechend § 127 FGO aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen, wenn während des Verfahrens über eine zulässige, aber unbegründete Nichtzulassungsbeschwerde ein Änderungsbescheid ergangen ist. Die Vorentscheidung ist jedoch nicht aufzuheben, wenn der Änderungsbescheid keine gegenüber den bisherigen Belastungen verbösernde Entscheidung enthält oder diese Entscheidung nicht streitig ist (Beschluss des Bundesfinanzhofs —BFH— vom 15. Oktober 2008 X B 60/07 , BFH/NV 2009, 205 , m.w.N.). So liegt es im Streitfall, da die festgesetzte Steuer durch den geänderten Bescheid herabgesetzt worden ist.

8  2. Die Beschwerde ist unbegründet, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 FGO nicht erfüllt sind.

9  a) Die Frage, ob die von der KG an die AG weitergeleiteten Zinsen als Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Sätze 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes —EStG —) zu berücksichtigen sind, hat keine grundsätzliche Bedeutung. Es ist auch keine Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts erforderlich.

10  Nach der Rechtsprechung des BFH ist der durch die Hingabe des Kapitals erworbene Darlehensrückerstattungsanspruch Gegenstand eines Anschaffungsvorgangs. Demgemäß gehören weder die für den Erwerb eines solchen Wirtschaftsguts anfallenden Anschaffungskosten noch die Anschaffungsnebenkosten zu den Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen (Senatsurteil vom 20. Juni 2000 VIII R 37/99, BFH/NV 2000, 1342 , m.w.N.). Dabei setzt die Zurechnung von Aufwand als Nebenkosten zu den Anschaffungskosten von Kapitalvermögen nach § 255 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs grundsätzlich voraus, dass er einzelnen, bestimmten Kapitalanlagen zugeordnet werden kann. Zu den Anschaffungskosten gehören auch nachträgliche Anschaffungskosten auf den Vermögensstamm, die aufgewendet werden, um die notleidende Kapitalanlage zu retten. Dies ist vorliegend der Fall. Nach der Zahlungseinstellung der Schuldner in den USA schaltete die KG die AG als Vermittler ein, um ihr Kapital und die noch ausstehenden Zinsen ohne streitige Auseinandersetzung und Zwangsvollstreckung in den USA zu erhalten. Im Gegenzug verpflichtete sie sich, die Zinsen bei Zahlung unverzüglich an die AG weiterzuleiten. Die für die Vermittlungstätigkeit der AG entstandenen Aufwendungen sind danach einer bestimmten Kapitalanlage —der Darlehensgewährung— konkret zuordenbar.

11  Solche nachträglichen Anschaffungskosten können im Bereich der Überschusseinkünfte nur nach Maßgabe der —vorliegend nicht in Betracht kommenden— Sonderregelungen der §§ 17 , 23 EStG sowie des § 21 des Umwandlungssteuergesetzes für die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer von Bedeutung sein. Im Übrigen ist der Werbungskostenabzug für Anschaffungs- und Anschaffungsnebenkosten solcher Wirtschaftsgüter im Bereich der Überschusseinkünfte ausgeschlossen (Senatsurteil vom 28. Oktober 2009 VIII R 22/07, BFHE 228, 28 , BStBl II 2010, 469, m.w.N.).

12  Folglich ist auch die Frage, ob hinsichtlich der Einkünfteerzielungsabsicht nicht allein auf die vollbeendete KG, sondern auch auf deren Gesellschafter abgestellt werden müsste, nicht klärungsbedürftig, da es sich bei den geltend gemachten Aufwendungen nicht um Werbungskosten, sondern um nicht abziehbare nachträgliche Anschaffungsnebenkosten handelt.

13  b) Es liegt auch keine Divergenz zu der Rechtsprechung des BFH vor, nach der Aufwendungen auf Kapitalanlagen uneingeschränkt zum Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzulassen sind, wenn bei der jeweiligen Kapitalanlage die Absicht zur Erzielung steuerfreier Vermögensvorteile nicht im Vordergrund steht, d.h. nur mitursächlich für die Anschaffung der ertragbringenden Kapitalanlage ist (z.B. BFH-Urteil vom 24. November 2009 VIII R 11/07 , BFH/NV 2010, 1417 , m.w.N.). Denn dies gilt nur, wenn der Aufwand ohne Bezug zu der Kapitalanlage seiner Art nach die allgemeine vermögensverwaltende Tätigkeit abgelten soll (BFH-Urteil in BFHE 228, 28 , BStBl II 2010, 469). Dies ist vorliegend —wie bereits ausgeführt— nicht der Fall.

14  c) Das von den Klägern und dem Beigeladenen zitierte Urteil des BFH vom 28. August 1952 IV 448/51 U (BFHE 56, 690, BStBl III 1952, 265) ist weder zu einem vergleichbaren Sachverhalt noch zu einer gleichen Rechtsfrage ergangen. In dem dortigen Rechtsstreit ging es um die Frage, ob Aufwendungen eines GmbH-Gesellschafters, die ihm durch die Beratung der GmbH entstanden sind, als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen sind. Der BFH hat dies aufgrund der Unterbrechung der unmittelbaren Beziehung zwischen den Aufwendungen und den Einkünften aus Kapitalvermögen durch die Zwischenschaltung der juristischen Person verneint. Eine Divergenz des FG-Urteils zur Rechtsprechung des BFH ist danach nicht gegeben.

Wissensprüfung bei einem Autodidakten

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 7.3.2013, III B 134/12

Wissensprüfung bei einem Autodidakten

Tatbestand

1
I. Der Kläger war in den Streitjahren 1993 bis 1999 selbständig tätig. Er beriet Unternehmen in Fragen der Logistik, der Transportorganisation, der Führung und Organisation sowie bei Neuplanungen. Gegenstand der Tätigkeit war die Optimierung von logistischen Ablauforganisationen und Fuhrparks sowie die Projektierung von Betriebseinrichtungen, wie z.B. Logistikzentren, Niederlassungen, Zentrallagern, Palettenhochregallagern, Stahlhallen mit Krananlagen und Sägezentren.
2
Das Finanzamt erließ für die Streitjahre Gewerbesteuermessbescheide. Dagegen wandte sich der Kläger mit der Begründung, dass er eine freiberufliche Tätigkeit ausgeübt habe. Er habe als Autodidakt in Tiefe und Breite über die Kenntnisse eines Diplom-Wirtschaftsingenieurs mit Schwerpunkt Logistik verfügt und eine entsprechende berufliche Tätigkeit entfaltet.
3
Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das sachverständig beratene Finanzgericht (FG) ging in seinem Urteil zwar davon aus, dass sich die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit auf einen Hauptbereich einer vergleichbaren Ingenieurtätigkeit erstreckt habe. Es sei jedoch nicht nachgewiesen, dass er der Breite und Tiefe nach über ein dem Ingenieur vergleichbares Wissen verfügt habe. Im Hinblick auf den einschlägigen Vergleichsstudiengang „Wirtschaftsingenieurwesen, Schwerpunkt Logistik“ bestünden in den Fächern Mathematik, Datenverarbeitung und Quantitative Methoden Wissensdefizite. Die vom Kläger beantragte Wissensprüfung lehnte das FG mit der Begründung ab, dass der Kläger im Hinblick auf die vom Sachverständigen in zahlreichen Fächern festgestellten Wissensdefizite keinen Vortrag zum Wissenserwerb –beispielsweise in den genannten Fächern– oder zur Wissensanwendung gehalten habe.
4
Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision rügt der Kläger unter anderem eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht gemäß § 76 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Das FG habe seinen Antrag auf Durchführung einer Wissensprüfung nicht ablehnen dürfen.

Entscheidungsgründe

5
II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet; sie führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (§ 116 Abs. 6 FGO). Die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO liegen vor. Das FG hätte dem Antrag des Klägers auf Durchführung einer Wissensprüfung entsprechen müssen. Die Nichterhebung dieses beantragten Beweises verletzt den Untersuchungsgrundsatz des § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO.
6
1. Die Verfahrensrüge des Klägers ist in zulässiger Form erhoben worden.
7
In der Beschwerdebegründung wurden die Voraussetzungen für einen Verfahrensmangel, nämlich die Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes gemäß § 76 Abs. 1 FGO, in der von § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO geforderten Form dargelegt.
8
a) Wird mit der Rüge mangelnder Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 FGO) geltend gemacht, das FG habe zu Unrecht Beweisanträge übergangen, so sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) Angaben zu den ermittlungsbedürftigen Tatsachen, den angebotenen Beweismitteln und zum Ergebnis der Beweisaufnahme erforderlich. Hat das FG –wie im Streitfall– selbst im Urteil begründet, weshalb es von der Erhebung beantragter Beweise abgesehen hat, genügt bereits die schlichte Rüge der Nichtbefolgung des Beweisantritts den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 14. August 2000 VII B 87/00, BFH/NV 2001, 147; vom 30. Dezember 2002 XI B 58/02, BFH/NV 2003, 787; vom 19. Januar 2007 IV B 51/05, BFH/NV 2007, 1089). Da es sich bei der Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes um einen verzichtbaren Mangel handelt, muss grundsätzlich –auch im Fall der oben genannten Begründungserleichterung– vorgetragen werden, dass die Nichterhebung der angebotenen Beweise in der nächsten mündlichen Verhandlung gerügt wurden oder weshalb die Rüge nicht möglich gewesen sei. Dies gilt grundsätzlich. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn sich dies aus dem Urteil oder Sitzungsprotokoll ergibt (vgl. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2003, 787, und in BFH/NV 2007, 1089).
9
b) Im Streitfall folgt unmittelbar aus dem Sitzungsprotokoll, dass der Kläger sich nicht rügelos auf die mündliche Verhandlung eingelassen hat. Dieser hat nämlich, nachdem die Sachanträge gestellt waren, der Sachverständige sein Gutachten mündlich erläutert hatte und eine Sitzungsunterbrechung erfolgt war, seinen früheren schriftsätzlich gestellten Antrag auf Einholung eines zweiten Gutachtens zurückgenommen und ausdrücklich den Antrag auf Durchführung einer Wissensprüfung gestellt. Zudem gab der Kläger an, die vom Sachverständigen angesprochenen Wissenslücken teilweise durch weitere Arbeiten widerlegen zu können. Da die Wissensprüfung ausweislich eines Schreibens des Berichterstatters des FG zudem vor dem Termin als erforderlich („Sollte die Klage weiter verfolgt werden, dürfte der Kläger um eine umfassende Wissensprüfung nicht umhin kommen.“) erachtet worden war, kann das im Protokoll wiedergegebene Verhalten des Klägers keinesfalls als Rügeverzicht, sondern nur als ein „Bestehen auf Beweiserhebung“ gedeutet werden. Damit erübrigte sich der Vortrag in der Beschwerdeschrift, dass eine rügelose Einlassung nicht stattgefunden habe.
10
2. Die Rüge ist auch begründet.
11
a) Das Vorliegen eines (ingenieur-)ähnlichen Berufs erfordert nach ständiger Rechtsprechung des BFH, dass der ähnliche Beruf mit einem bestimmten Katalogberuf sowohl in der Ausbildung als auch in der beruflichen Tätigkeit vergleichbar ist (z.B. BFH-Urteil vom 16. Dezember 2008 VIII R 27/07, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung –HFR– 2009, 898, m.w.N.).
12
aa) Setzt der Katalogberuf (vgl. BFH-Urteile vom 28. August 2003 IV R 21/02, BFHE 203, 152, BStBl II 2003, 919; vom 6. September 2006 XI R 3/06, BFHE 215, 124, BStBl II 2007, 118, zum Beruf des Wirtschaftsingenieurs) –wie im Streitfall– eine qualifizierte Ausbildung voraus, wird auch für den ähnlichen Beruf eine vergleichbare Ausbildung verlangt. Dabei kann die vergleichbare Ausbildung nicht nur in einem förmlichen Ausbildungsgang, wie z.B. in einem Studium, stattfinden. Vielmehr kann ein Steuerpflichtiger, der eine Berufsausbildung, wie sie in den Ingenieurgesetzen der Länder vorgeschrieben ist, nicht besitzt, auch nachweisen, dass er –als Autodidakt– vergleichbare Kenntnisse im Wege der privaten Fortbildung, des Selbststudiums oder im Zusammenhang mit eigener Arbeit erworben hat (BFH-Urteil in HFR 2009, 898).
13
bb) Macht der Kläger geltend, er habe im streitigen Zeitraum über die für die Annahme einer freiberuflichen Tätigkeit erforderlichen Kenntnisse verfügt, muss er Tatsachen dazu vortragen, wie er die Kenntnisse erworben und inwieweit er sie in der Praxis eingesetzt hat. Unter bestimmten Umständen kann bereits aus der Art der Tätigkeit auf das Vorhandensein der entsprechenden Kenntnisse geschlossen werden. Stehen diese Tatsachen nicht bereits zur Überzeugung des Gerichts fest, muss das FG aufgrund seiner Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) den vom Kläger gestellten Anträgen zur Erhebung von Beweisen grundsätzlich entsprechen, die geeignet erscheinen, den erforderlichen Nachweis der Kenntnisse zu erbringen (BFH-Urteil in HFR 2009, 898).
14
cc) Dazu kann auch die Vornahme einer Wissensprüfung gehören, wenn sich aus den vorgetragenen Tatsachen zum Erwerb und Einsatz der Kenntnisse bereits erkennen lässt, dass der Kläger über hinreichende Kenntnisse verfügen könnte und ein Nachweis anhand praktischer Arbeiten nicht zu führen ist (BFH-Urteile vom 26. Juni 2002 IV R 56/00, BFHE 199, 367, BStBl II 2002, 768; vom 18. April 2007 XI R 34/06, BFH/NV 2007, 1495, und in HFR 2009, 898). Erfüllt ein auf die Durchführung einer Wissensprüfung gestellter Antrag des Steuerpflichtigen diese Voraussetzungen, dann muss das FG ihm nachgehen und kann ihn nur ablehnen, wenn es auf das Beweismittel für die Entscheidung nicht ankommt, das Gericht die Richtigkeit der durch das Beweismittel zu beweisenden Tatsachen zu Gunsten der betreffenden Partei unterstellt oder das Beweismittel nicht erreichbar ist (BFH-Urteil in HFR 2009, 898, m.w.N.).
15
b) Im Streitfall lagen die Voraussetzungen für eine Wissensprüfung vor. Das FG durfte daher nicht von der Beweiserhebung absehen.
16
aa) Der Kläger hat hinreichend Tatsachen zum Erwerb und zum Einsatz von Kenntnissen vorgetragen, die erkennen lassen, dass er über ein ingenieurähnliches Wissen in Tiefe und Breite verfügen könnte.
17
Das ergibt sich unmittelbar aus dem Sachverständigengutachten und dem Ergänzungsgutachten. Der vom FG beauftragte Sachverständige hat auf der Grundlage des ihm vom Kläger zur Verfügung gestellten Materials (Bescheinigungen über besuchte Fortbildungsveranstaltungen, Liste der im Selbststudium durchgearbeiteten Fachliteratur, Nachweis der absolvierten Technikerausbildung, zahlreiche Arbeitsproben) bestätigt, dass in allen 21 Ausbildungsmodulen des Vergleichsstudiengangs grundsätzliche, in den meisten Einzelmodulen sogar ausreichende Kenntnisse vorhanden sind. Er hat nach Auswertung des ihm vorgelegten Materials sodann die abschließende Feststellung getroffen, dass damit aber der Kenntnisstand eines Absolventen des Studiengangs Wirtschaftsingenieurwesen (Logistik) nicht nachgewiesen worden sei. Genau eine solche Situation hatte der BFH vor Augen, als er es den Autodidakten rechtlich ermöglicht hat, im Wege einer Examinierung durch einen Sachverständigen (Wissensprüfung) den Vollbeweis eines ausreichenden Kenntnisstandes doch noch zu führen, wenn die Beweisführung auf der Basis vorgelegter Arbeitsproben u.ä. nicht möglich ist (vgl. BFH-Urteil in BFHE 199, 367, BStBl II 2002, 768).
18
Soweit der Sachverständige in wesentlichen Mathematikfeldern (Differenzial- und Integralgleichungen, Vektor- und Matrizenrechnung) aufgrund der überlassenen Unterlagen „unzureichende Kenntnisse sicher feststellen konnte“, stand auch diese Einschätzung der Wissensprüfung nicht entgegen. Denn der Sachverständige konnte „in letzter Instanz nicht beurteilen, ob ein Bestehen der Prüfung im Modul Mathematik möglich ist, ohne zumindest über ausreichende Kenntnisse in den wichtigen Basis-Fächern Differenzial- und Integralgleichungen, Vektor- und Matrizenrechnung zu verfügen“. Die Darlegungen des Sachverständigen zum Wissensstand in anderen Mathematikfeldern „waren bewusst so gehalten, dass dem Kläger die Möglichkeit einer Wissensprüfung offen gehalten werden sollte.“ (Zitate aus S. 6 und 7 des Ergänzungsgutachtens). Damit war der Beweis unzureichenden Kenntnisstandes im Fach Mathematik, in dem der Prüfungserfolg im Vergleichsstudiengang ausweislich des Gutachtens unabdingbar ist, gerade noch nicht erbracht. Ob die Wissensprüfung dann ausgeschlossen ist, wenn der Sachverständige aufgrund der ihm vorliegenden Unterlagen unzureichendes Wissen bereits sicher feststellen zu können glaubt, erscheint angesichts des Verbots der vorweggenommenen Beweiswürdigung zweifelhaft. Diese Frage muss im vorliegenden Verfahren jedoch nicht beantwortet werden, weil eine solche Situation gerade nicht gegeben war.
19
Hinsichtlich der vom Sachverständigen festgestellten Wissenslücken im Modul Datenverarbeitung gilt nichts anderes. Auch hier wollte der Sachverständige dem Kläger die Möglichkeit einer Wissensprüfung ausdrücklich offenhalten.
20
Weil die Anforderungen zur Durchführung einer Wissensprüfung nicht überspannt werden dürfen (BFH-Urteil in HFR 2009, 898), ist der Steuerpflichtige grundsätzlich nicht gehalten, zu jedem der vielen Einzelfächer mit ihren jeweiligen Unterdisziplinen, die in einem Vergleichstudiengang belegt werden müssen, Arbeitsproben, eine Liste der im Selbststudium durchgearbeiteten Fachliteratur oder Bescheinigungen über besuchte Fortbildungslehrgänge vorzulegen, um seiner Darlegungspflicht (Möglichkeit des Vorhandenseins von Wissen) zu genügen und zur Examinierung zugelassen zu werden. Im Streitfall musste demnach kein spezieller Vortrag erfolgen, wie der Kläger gerade zu Kenntnissen im Bereich der Matrizenrechnung gekommen sein könnte. Nur unsubstantiiertes Pauschalvorbringen zum Erwerb und zum Vorhandensein von Wissen versperrt den Zugang zur Wissensprüfung.
21
bb) Da der Nachweis ausreichender Kenntnisse anderweitig nicht geführt werden konnte und ein ausdrücklicher Antrag auf Durchführung einer Wissensprüfung vorlag, durfte dieselbe nicht unterbleiben. Die unterbliebene Beweiserhebung war auch entscheidungserheblich, denn es ist nicht auszuschließen, dass das FG nach der Examinierung des Klägers zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre.
22
3. Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, nach § 116 Abs. 6 FGO zu verfahren und bereits auf die Nichtzulassungsbeschwerde hin die Vorentscheidung aufzuheben sowie die Sache an das FG zurückzuverweisen. Bei der Beauftragung eines Sachverständigen zum Zwecke der Examinierung des Klägers wird das FG zu beachten haben, dass der Sachverständige die erforderliche Sachkunde für die Wissensprüfung besitzt. Diese kann sich etwa daraus ergeben, dass er Mitglied eines Gremiums zur Abschlussprüfung von Kandidaten im Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen (Logistik) ist.

Erb- und Pflichtteilverzichtsvertrag – Nichtzulassungsbeschwerde gegen Urteil mit Doppelbegründung

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 26.3.2013, VIII B 157/12

Erb- und Pflichtteilverzichtsvertrag – Nichtzulassungsbeschwerde gegen Urteil mit Doppelbegründung

Gründe

1
Die Beschwerde ist unbegründet. Entgegen der Auffassung des Beklagten und Beschwerdeführers (Finanzamt –FA–) hat die Beschwerdebegründung weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen noch deutlich gemacht, dass eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung erforderlich ist.
2
Mit Entscheidungen vom 20. November 2012 VIII R 57/10 (juris) und vom 9. Februar 2010 VIII R 43/06 (BFHE 229, 104, BStBl II 2010, 818) ist höchstrichterlich geklärt, dass der vor Eintritt des Erbfalls erklärte Erb- und/oder Pflichtteilsverzicht ein erbrechtlicher –bürgerlich-rechtlich wie steuerrechtlich unentgeltlicher– Vertrag ist, welcher der Regulierung der Vermögensnachfolge dienen soll und nicht der Einkommensteuer unterliegt. Ob Zahlungen aufgrund eines solchen Vertrages einen Zinsanteil enthalten, ist eine Frage des Einzelfalls und daran zu messen, ob der Zahlung eine Kapitalüberlassung gegen Entgelt i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zugrunde liegt. Das Finanzgericht (FG) hat seine Entscheidung auf der Grundlage der vorzitierten Rechtsprechung getroffen und ist nach Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls zu dem Schluss gekommen, eine Kapitalüberlassung gegen Entgelt i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG sei nicht gegeben. Wenn das FA sich gegen diese Auffassung des FG wendet, erhebt es im Ergebnis Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Ein Revisionszulassungsgrund wird damit nicht dargelegt, denn das prozessuale Rechtsinstitut der Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten.
3
Auf die ferner mit der Beschwerdeschrift für grundsätzlich bedeutsam erachtete Frage, ob die Ertragsbesteuerung für den Fall zurücktreten muss, dass tatbestandlich ein und derselbe Vorgang sowohl der Einkommensteuer als auch der Schenkungssteuer unterliegt, kommt es daher nicht an. Denn ist das Urteil des FG –wie hier– auf mehrere Begründungen gestützt, von denen jede für sich allein das Entscheidungsergebnis trägt, so muss mit der Beschwerde für jede dieser Begründungen ein Zulassungsgrund i.S. von § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) schlüssig dargelegt werden (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom 5. November 1998 VIII B 18/98, BFH/NV 1999, 513; vom 12. Mai 2000 IV B 74/99, BFH/NV 2000, 1133; vom 16. Juli 2001 V B 44/01, BFH/NV 2001, 1620; Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 28). Diese Voraussetzungen erfüllt die Beschwerde –wie vorstehend dargelegt– nicht.
4
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin