Wie lässt sich der Erklärungsbedarf in der Anlage KAP reduzieren?

Seit Einführung der Abgeltungsteuer im Jahr 2009 ist die Abgabe der Anlage KAP zur Einkommensteuererklärung für viele Bürgerinnen und Bürger nicht mehr erforderlich.

Seit dem 1. Januar 2009 hat der Steuerabzug bei Kapitalerträgen abgeltende Wirkung, das heißt, es besteht grundsätzlich keine Pflicht mehr, diese Erträge in der Steuererklärung anzugeben. Die Besteuerung erfolgt mit einem einheitlichen Steuersatz von 25 Prozent zuzüglich Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer.

Die Abgeltungsteuer wird nur dann erhoben, wenn die Kapitaleinkünfte den Sparer-Pauschbetrag von 801 Euro für Ledige oder 1.602 Euro für Verheiratete übersteigen oder wenn keine Nichtveranlagungs-Bescheinigung vorgelegt wird.

Veranlagungswahlrecht

Für die Abgeltungsteuer gilt aber das so genannte Veranlagungswahlrecht. Wer meint, dass die Veranlagung der Kapitaleinkünfte zu einer niedrigeren Steuerbelastung führt, kann eine Einbeziehung seiner Kapitaleinkünfte in die Einkommensteuerveranlagung und damit die Besteuerung mit dem allgemeinen progressiven Einkommensteuertarif beantragen.

Die Höhe des allgemeinen Einkommensteuertarifes ist dabei nicht entscheidend, maßgebend ist allein, wie hoch die Steuerbelastung bei einer Einbeziehung der Kapitaleinkünfte im Vergleich zu einer Besteuerung mit dem Abgeltungsteuersatz ist.

Das Finanzamt prüft beide Alternativen und wendet die für den Steuerpflichtigen günstigere Variante an (sog. Günstigerprüfung).

Grenzbeträge

Für die weit überwiegende Zahl der Steuerpflichtigen dürfte sich die Ausübung des Veranlagungswahlrechts kaum lohnen, denn bereits ab einem zu versteuernden Einkommen von 15.721 Euro und 31.442 Euro bei zusammenveranlagten Ehegatten wird ein (Grenz-)Steuersatz von 25 % erreicht.

Vereinfachtes Beispiel, gerechnet ohne Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer:

Eine steuerpflichtige Person erzielt (nach Abzug des Sparer-Pauschbetrags) 5.000 Euro Kapitalerträge und 15.000 Euro Einkünfte aus den übrigen Einkunftsarten. Würde eine Veranlagung mit einem zu versteuernden Einkommen (zvE) von 20.000 Euro durchgeführt, wären bei Anwendung des derzeit geltenden allgemeinen Einkommensteuertarifs 2.701 Euro Einkommensteuer zu zahlen; bei Anwendung des Tarifs auf 15.000 Euro zvE fallen 1.410 Euro Steuer in der Veranlagung und 1.250 Euro Abgeltungsteuer, also zusammen 2.660 Euro, an. Die Abgeltungsteuer führt also zu 41 Euro weniger Einkommensteuer.

Fälle mit Altersentlastungsbetrag oder Härteausgleich

Sind die genannten Grenzwerte überschritten, kann der Antrag dann vorteilhaft sein, wenn für die Kapitalerträge die Gewährung des Altersentlastungsbetrags oder eines Härteausgleichs in Betracht kommt.

Der Altersentlastungsbetrag wird ab dem Kalenderjahr gewährt, das auf die Vollendung des 64. Lebensjahrs folgt. Eine Steuerminderung für die Kapitalerträge ergibt sich allerdings nur, wenn der Altersentlastungsbetrag nicht bereits aufgrund anderer positiver Einkünfte vollständig ausgeschöpft ist. Zu beachten ist auch, dass bei der Bemessung des Altersentlastungsbetrags Renteneinkünfte und Versorgungsbezüge außer Betracht bleiben.

Den Härteausgleich erhalten Bezieher von Arbeitslohn, deren Nebeneinkünfte aus anderen Einkunftsarten niedriger als 820 € sind.

Bitte berücksichtigen Sie daher, dass der Antrag auf Günstigerprüfung nur unter bestimmten Voraussetzungen zu einer niedrigeren Besteuerung führt. Liegen diese Voraussetzungen ganz offensichtlich nicht vor, kann auf den Antrag und eine vollumfängliche Erklärung der Kapitalerträge verzichtet werden.

Weitere Möglichkeiten

Sie haben aber auch noch weitere Möglichkeiten, die Angabe von Kapitaleinkünften in der Steuererklärung entbehrlich zu machen, wenn Sie

  • den kontoführenden Kreditinstituten Freistellungsaufträge bis zum Höchstbetrag von insgesamt 801 €, bei zusammenveranlagten Ehegatten bis zu 1 602 €, erteilen und das Freistellungsvolumen erforderlichenfalls der Entwicklung der Kapitalerträge anpassen. Ein Antrag beim Finanzamt auf Überprüfung des Steuereinbehalts zur Berücksichtigung eines beim Steuerabzug nicht vollständig ausgeschöpften Sparer-Pauschbetrags wird dadurch entbehrlich.
  • als Mitglied einer kirchensteuerhebeberechtigten Religionsgemeinschaft bei den kontoführenden Kreditinstituten die Einbehaltung der Kirchensteuerbeantragen. Soweit die Kapitalerträge dem Kirchensteuerabzug unterlegen haben, sind Angaben in der Anlage KAP grundsätzlich nicht mehr erforderlich.

Anwalts- und Gerichtskosten im Scheidungsverfahren als außergewöhnliche Belastungen

Im Rahmen eines Scheidungsverfahrens angefallene Anwalts- und Gerichtskosten sind als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen

Finanzgericht Düsseldorf, 10 K 2392/12 E

Datum: 19.02.2013
Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Spruchkörper: 10. Senat
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 10 K 2392/12 E
Tenor:

Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 11. Juni 2012 wird der Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 10. Februar 2012 durch Ansatz weiterer 8.195 Euro als außergewöhnliche Belastungen zusätzlich zu den bisher bereits berücksichtigten 94 Euro sowie durch Ermäßigung der tariflichen Einkommensteuer um 114 Euro geändert.

Dem Beklagten wird aufgegeben, die geänderte Steuerfestsetzung nach Maßgabe der Urteilsgründe zu errechnen, ferner der Klägerin das Ergebnis dieser Berechnung unverzüglich mitzuteilen und den Bescheid mit dem geänderten Inhalt nach Rechtskraft dieses Urteils neu bekannt zu geben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

1Tatbestand:

2Streitig ist, ob bei der Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr 2010 Gerichts- und Anwaltskosten als außergewöhnliche Belastungen und ob Lohnkosten wegen der Montage einer ausgetauschten Einbauküche als Handwerkerleistungen steuerermäßigend zu berücksichtigen sind.

3Die Ehe der Klägerin wurde mit Urteil des Amtsgerichts A Familiengericht am ………….. 2010 geschieden (Az. …….. ). Gleichzeitig wurden im Urteil Rentenanwartschaften im Rahmen des Versorgungsausgleichs zu Gunsten der Klägerin begründet. Mit gerichtlich protokolliertem Vergleich vom gleichen Tag wurde der Zugewinnausgleich und nachehelicher Unterhalt geregelt. Die Kosten des Verfahrens und die Kosten des Vergleichs wurden gegeneinander aufgehoben. Am 18. März 2010 erstellte die Prozessvertreterin der Klägerin in der Familiensache die Endabrechnung, die sich auf noch zu zahlende Anwalts- und Gerichtskosten von 8.195,13 Euro belief und von der Klägerin mit Wertstellung zum 15. April 2010 per Banküberweisung bezahlt wurde. Ebenfalls im Streitjahr 2010 ließ die Klägerin in der von ihr genutzten Wohnung eine neue Einbauküche montieren. Gemäß Rechnung vom 22. Juni 2010 betrug der Gesamtpreis einschließlich Lieferung und Montage insgesamt brutto 7.648 Euro. Der Rechnungsbetrag wurde von der Klägerin mittels Banküberweisung unter Anrechnung einer bereits 2010 geleisteten Anzahlung von 2.000 Euro mit Wertstellung 7. Juli 2010 bezahlt. Ausweislich einer Bescheinigung des Küchenlieferunten vom 28. März 2012 ist in der Rechnung ein Lohnkostenanteil von 572,39 Euro enthalten.

4In der Einkommensteuererklärung für 2010 machte die Klägerin u. a. Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 8.195 Euro und als Handwerkerleistung anlässlich der Erneuerung der Einbauküche einen Betrag von 1.530 Euro (20 v. H. des Rechnungsbetrages) geltend. Der Beklagte verweigerte im Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 10. Februar 2012 insgesamt die steuerliche Berücksichtigung. In den Erläuterungen des Steuerbescheids heißt es dazu auszugsweise:

5„Als außergewöhnliche Belastungen können Prozesskosten für die Ehescheidung und den Versorgungsausgleich angesetzt werden. Aufwendungen für die Auseinandersetzung gemeinsamen Vermögens und Unterhaltsansprüche(n) sind nicht abzugsfähig. Aus den von Ihnen eingereichten Unterlagen ist eine Trennung der Aufwendungen nicht möglich. Die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen konnte nicht gewährt werden, weil die Arbeitskosten anhand der Angaben in der Rechnung nicht gesondert ermittelt werden konnten. Eine Aufteilung im Schätzwege ist nicht zulässig.“

6Der Einspruch der Klägerin blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 11. Juni 2012).

7Mit der Klage trägt die Klägerin vor:

8Der Beklagte habe die Prozesskosten entgegen dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 12. Mai 2011 (VI R 42/10, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2011, 1015) nicht anerkannt. Sämtliche ihr im Zusammenhang mit dem Ehescheidungsverfahren erwachsenen Kosten seien zwangsläufig entstanden. Ihre Rechtsverteidigung sei nicht mutwillig gewesen und habe von Anfang an Aussicht auf Erfolg gehabt. Gemäß BFH-Urteil vom 29. Januar 2009 (VI R 28/08, BStBl II 2010, 166) berechtige auch eine nachträgliche Rechnungsergänzung bei einer Handwerkerleistung zum Steuerabzug.

9Die Klägerin beantragt,

10              unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 11. Juni 2012 den Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 10. Februar 2012 durch Ansatz von 8.195 Euro für Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen (zusätzlich zu bisher bereits berücksichtigten Krankheitskosten in Höhe von 94 Euro) sowie durch Verminderung der tariflichen Einkommensteuer gemäß § 35 a des Einkommensteuergesetzes um 114 Euro zu ändern.

11Der Beklagte beantragt,

12              die Klage abzuweisen, soweit sie nicht auf die Berücksichtigung der Handwerkerleistungen gemäß § 35 a des Einkommensteuergesetzes in Höhe von 114 Euro gerichtet ist.

13Er trägt vor:

14Prozesskosten seien grundsätzlich nicht als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen – BMF – vom 20. Dezember 2011 IV C 4-S 2284, BStBl I 2011, 1286). Bei berücksichtigungsfähigen Handwerkerleistungen müsse sich der Arbeitslohn aus der Rechnung selbst ergeben. Eine nachträgliche Aufgliederung durch Bestätigung des Rechnungsausstellers sei gemäß BMF-Schreiben vom 15. Februar 2010 (IV C 4-S 2296-b, BStBl I 2010, 140) nicht mehr möglich.

15Entscheidungsgründe:

16Die Klage ist begründet.

17Der Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 10. Februar 2012 sowie die ihn bestätigende Einspruchsentscheidung vom 11. Juni 2012 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO -). Bei der Einkommensteuerfestsetzung für 2010 sind weitere außergewöhnliche Belastungen von 8.195 Euro zu berücksichtigen und ist die tarifliche Einkommensteuer wegen Handwerkerleistungen um 114 Euro zu ermäßigen.

18Die Aufwendungen der Klägerin für die Montage der von ihr ausgetauschten Einbauküche sind mit 20 v. H. des Arbeitslohnes, also mit 114 Euro, gemäß § 35 a Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) von der festzusetzenden tariflichen Einkommensteuer in Abzug zu bringen. Gemäß Bescheinigung des Küchenlieferanten vom 28. März 2012 hat der Lohnkostenanteil der Rechnung vom 22. Juni 2010 insgesamt 572,39 Euro betragen. Der Austausch einer Einbauküche gehört gemäß BMF-Schreiben vom 15. Februar 2010 (a. a. O.; dort Anlage 1) zu den begünstigten Handwerkerleistungen. Der Beklagte ist dem Abzug in seinem Klageantrag nicht mehr entgegen getreten. Insoweit ist dieser Verfahrensgegenstand nicht mehr streitig.

19Die insgesamt anlässlich des Ehescheidungsverfahrens geltend gemachten Aufwendungen von 8.195 Euro für Anwalts- und Gerichtskosten sind als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.

20Nach § 33 Abs. 1 EStG wird auf Antrag die Einkommensteuer ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie gleichen Familienstands erwachsen (außergewöhnliche Belastung). Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen dann zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und somit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG).

21Der BFH hat mit Urteil vom 12. Mai 2011 (a. a. O.) unter Änderung der bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass Zivilprozesskosten (stets) als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind, wenn der Steuerpflichtige darlegen kann, dass die Rechtsverfolgung oder -verteidigung eine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Prozesskosten, die im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung des Vermögens bzw. mit dem Streit über den Zugewinnausgleich entstehen, sollen dagegen nach bisheriger Rechtsprechung nicht als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sein, da es die Eheleute in der Hand haben, die vermögensrechtliche Einigung ohne Inanspruchnahme der Gerichte herbeizuführen (BFH-Urteile vom 30. Mai 2005 III R 36/03, BStBl II 2006, 491; III R 27/04, BStBl II 2006, 492). Dieser Begrenzung der Abzugsfähigkeit vermag sich der erkennende Senat nicht anzuschließen.

22Das Recht der Ehe (Eheschließung und -scheidung einschließlich der daraus folgenden Unterhalts-, Vermögens- und Versorgungsfragen) unterliegt allein dem staatlich dafür vorgesehenen Verfahren. Ein anderes, billigeres Verfahren steht Eheleuten zur Beendigung einer Ehe nicht zur Verfügung; eine gewaltsame Konfliktlösung wird nicht gebilligt. § 623 der Zivilprozessordnung (ZPO) a. F. ordnet für den Fall, dass im Zusammenhang mit der Durchführung eines Scheidungsverfahrens die Regelung einer anderen Familiensache begehrt wird (sog. Folgesachen), einen Verhandlungs- und Entscheidungsverbund zwischen der Scheidungssache und der Folgesache an. Zweck der Vorschrift ist es, den Ehegatten deutlich vor Augen zu führen, welche Wirkungen die Scheidung für sie haben wird. Schließlich wird auch der schwächere Ehegatte, der sich der Scheidung nicht mit Erfolg widersetzen kann, durch den Verhandlungs- und Entscheidungsverbund geschützt. Er kann wenigstens sicher sein, dass die Ehe nicht geschieden wird, bevor die für ihn wichtigen Fragen geregelt sind. Der Verhandlungs- und Entscheidungsverbund bewirkt einen Zwang zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung. Ein unter Missachtung des Verbunds gefälltes Scheidungsurteil leidet an einem wesentlichen Verfahrensmangel.

23Diese nicht zuletzt aus dem Rechtsstaatsprinzip (Artikel 20 Abs. 3 des Grundgesetzes ‑ GG –) folgenden Erwägungen werden verletzt, wenn die Möglichkeit der Abzugsfähigkeit von Ehescheidungskosten (Anwalts- und Gerichtskosten) auf Fälle des sog. Zwangsverbundes zwischen Ehescheidung und Versorgungsausgleich begrenzt wäre. Kausal für die insgesamt zu treffenden Regelungen einschließlich der vermögensrechtlichen und unterhaltsrechtlichen Beziehungen ist die Beendigung der bisher bestehenden Ehe durch die begehrte Ehescheidung. Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob die die Ehescheidung Begehrenden letztere durch Urteil klären oder im Vergleichswege vom Gericht beurkunden lassen. Im Übrigen soll das Gericht in jeder Lage eines Verfahrens auf die vergleichsweise Regelung eines Rechtsstreits hinwirken (§ 278 Abs. 1, 2 und 6 der ZPO). Anders als bei einem nicht aus dem Scheidungsverfahren resultierenden Vergleich zur Regelung vermögensrechtlicher oder güterrechtlicher Ansprüche, der der privaten Lebensführung nach § 12 Nr. 2 EStG zuzurechnen ist, ist ein mit dem Scheidungsverfahren bestehender Veranlassungszusammenhang gegeben. Jeder Ehegatte könnte diese Fragen durch Antragstellung zum Verfahrensgegenstand der Scheidungssache machen, über die insgesamt dann durch Urteil zu entscheiden wäre. Unter Heranziehung der durch Urteil des BFH vom 12. Mai 2011 (a. a. O.) geänderten Rechtsprechung, wonach Zivilprozesskosten Kläger wie Beklagten unabhängig vom Gegenstand des Zivilrechtsstreits aus rechtlichen Gründen zwangsläufig erwachsen, sind die der Klägerin insgesamt mit der Ehescheidung erwachsenen Verfahrensaufwendungen als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigungsfähig (im Ergebnis ebenso Urteil des Schleswig-Hosteinischen Finanzgerichts vom 21. Februar 2012

241 K 75/11, bisher nicht veröffentlicht).

25Die berücksichtigungsfähigen Aufwendungen betragen gemäß Anwaltsrechnung vom 18. März 2010 insgesamt 8.195 Euro. Die Anwalts- und Gerichtskosten sind entsprechend den Streitwerten nach den Bestimmungen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) und des Gerichtskostengesetzes (GKG) in zutreffender Höhe ermittelt worden.

26Das Gericht hat die Steuerfestsetzung wie erkannt gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO auf den Beklagten übertragen. Dieser wird insbesondere die zumutbare Belastung (§ 33 Abs. 3 EStG) zu berechnen haben.

27Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

28Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Hinblick auf unterschiedliche Entscheidungen zum Abzug von Prozesskosten zugelassen. Zwar hat der BFH unter Änderung der Rechtsprechung entschieden, dass Zivilprozesskosten aus rechtlichen Gründen zwangsläufig erwachsen können und damit als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigungsfähig sind (Urteil vom 12. Mai 2011, a. a. O.). Mit Urteilen vom 30. Mai 2005 (a. a. O.) hat der BFH aber auch entschieden, dass die Kosten der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung im Scheidungsverfahren keine außergewöhnlichen Belastungen sind. Es erscheint nach Änderung der Rechtsprechung im Urteil vom 12. Mai 2011 (a. a. O.) angemessen, dem BFH Gelegenheit zu geben, diese einschränkende Rechtsprechung zu den Kosten eines Ehescheidungsverfahrens zu überprüfen. Im Übrigen sind weitere Revisionsverfahren zur Abzugsfähigkeit von Aufwendungen aus der Inanspruchnahme von Gerichten als außergewöhnliche Belastungen beim BFH anhängig (Az. X R 34/12, IX R 41/12, VI R 66/12, VI R 69/12, VI R 70/12). Die Frage der Abzugsfähigkeit erscheint daher insgesamt höchstrichterlich klärungsbedürftig.

Zur Frage der Steuerpflicht von Zinsen aus einer Lebensversicherung

Finanzgericht Düsseldorf, 13 K 4455/11 E

Datum: 26.02.2013
Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Spruchkörper: 13. Senat
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 13 K 4455/11 E
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

1Tatbestand:2Die Beteiligten streiten um die Steuerpflicht von Zinsen aus einer Lebensversicherung.

3Die Klägerin war von 1963 bis 1987 bei der Firma „N-GmbH“ als Auslandskorrespondentin beschäftigt. Mit Schreiben vom 08.09.1969 wurde ihr seitens der Arbeitgeberin für den Versorgungsfall eine Pension zugesagt. Das Arbeitsverhältnis wurde auf Veranlassung der Arbeitgeberin und gegen Zahlung einer Abfindung an die Klägerin aus betrieblichen Gründen zum 31.03.1987 einvernehmlich beendet. Da die Arbeitgeberin auch die Pensionsansprüche der Klägerin abfinden musste, schloss sie am 11.03.1987 zu Gunsten der Klägerin mit der „Versicherung“ einen Lebensversicherungsvertrag in Form einer Firmendirektversicherung. Zur Abgeltung der 24 Dienstjahre zahlte die Arbeitgeberin einen Betrag von 45.600 DM in die Lebensversicherung ein. Diese Einzahlung wurde gem. § 40b Abs. 2 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit einem Einkommensteuersatz von 10% pauschal versteuert. Zur Verbesserung ihrer Altersversorgung zahlte die Klägerin zusätzlich aus ihrem versteuerten Einkommen einen Versicherungsbeitrag von 29.400 DM in Form eines Einmalbeitrags in den Lebensversicherungsvertrag ein. Mit Ablauf des Versicherung zum 01.03.2008 zahlte die „Versicherung“ einen Betrag von 144.103,52 € an die Klägerin aus. Darin enthalten waren rechnungsmäßige und außerrechnungsmäßige Zinsen aus den Sparanteilen von 96.190,69 €.

4Diese Zinsen aus den Sparanteilen erklärten die Kläger nicht im Rahmen der Einkommensteuererklärung 2008.

5Der Beklagte erfuhr aufgrund einer Mitteilung über steuerpflichtige Leistungen aus einem Altersvorsorgevertrag oder aus einer betrieblichen Altersversorgung der „Versicherung“ von der Auszahlung aus dem Versicherungsvertrag und behandelte die Zinsen aus den Sparanteilen mit Einkommensteuerbescheid 2008 vom 11.01.2011 als steuerpflichtige Leistung aus einem Lebensversicherungsvertrag.

6Mit dem Einspruch machten die Kläger geltend, dass die Leistungen aus der Lebensversicherung steuerfrei seien. Die von der Klägerin vereinnahmte Versorgungsleistung beruhe nicht auf der Erbringung eines Einmalbeitrags, sondern auf 24 Jahresleistungen der Arbeitgeberin zur Abgeltung der erteilten Pensionszusage. Die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b EStG in der zum 31.12.2004 geltenden Fassung (nachfolgend: a. F.) seien erfüllt.

7Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 25.11.2011 als unbegründet zurück. Er führte im Wesentlichen aus, die Leistung sei nicht gem. § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG in der zum 31.12.2004 geltenden Fassung (nachfolgend: a. F.) steuerfrei. Es handele sich um keine Versicherung gegen laufende Beitragsleistung i. S. des 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b EStG a. F.

8Die Kläger haben am 20.12.2011 Klage erhoben.

9Sie wiederholen ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren und machen außerdem geltend, die Altersvorsorgeleistungen der ehemaligen Arbeitgeberin der Klägerin seien bereits vorgelagert besteuert worden. Die nachgelagerte Besteuerung der Zinsen bei Auszahlung der Versicherungssumme führe daher zu einer Doppelbesteuerung.

10Die Kläger beantragen,

11unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 2008 vom 11.01.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.11.2011 die Einkommensteuer 2008 ohne Berücksichtigung des bislang erfassten Betrags von 96.190 € aus der Lebensversicherung festzusetzen.

12Die Beklagte beantragt,

13              die Klage abzuweisen.

14Er macht geltend, dass die Zahlung des Einmalbetrags durch die damalige Arbeitgeberin zur Abgeltung der Ansprüche aus der betrieblichen Versorgungszusage geleistet worden sei, führe nicht dazu, dass es sich um laufende Beitragsleistungen i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b EStG a. F. handele. Der vorliegende Fall sei mit dem Fall vergleichbar, dass ein Arbeitnehmer aufgrund einer betriebsbedingten Kündigung eine Abfindung erhalte und er diese in seine Altersversorgung investiere, indem er die Abfindung (als Einmalbeitrag) in eine Rentenversicherung einzahle.

15Entscheidungsgründe:

16Die Klage ist unbegründet.

17Der Einkommensteuerbescheid 2008 vom 11.01.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.11.2011 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–).

18Der Beklagte hat zu Recht die der Klägerin zugeflossenen rechnungsmäßigen und außerrechnungsmäßigen Zinsen aus Sparanteilen i. H. von 96.190,69 € als Einnahmen i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG a. F. i. V. m. § 52 Abs. 36 Satz 5 EStG berücksichtigt.

191. Da vorliegend der Versicherungsvertrag am 11.03.1987 abgeschlossen worden war, ist nach § 52 Abs. 36 Satz 5 EStG für die Frage der Steuerpflicht der aus diesem Versicherungsvertrag resultierenden außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG a.F. maßgeblich.

20Nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG a.F. gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen außerrechnungsmäßige und rechnungsmäßige Zinsen aus den Sparanteilen, die in den Beiträgen zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall enthalten sind. Gem. § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG a.F. gilt dies nicht für Zinsen aus Versicherungen i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG a. F., die mit Beiträgen verrechnet oder im Versicherungsfall oder im Fall des Rückkaufs des Vertrags nach Ablauf von 12 Jahren seit dem Vertragsabschluss ausgezahlt werden.

212. Im Streitfall sind die Zinsen aus den Sparanteilen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG a. F. als Einnahmen aus Kapitalvermögen zu erfassen. Die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG a. F. sind nicht erfüllt.

22a) Zwar wurden im Streitjahr 2008 rechnungsmäßige und außerrechnungsmäßige Zinsen aus den Sparanteilen aus einer Lebensversicherung mit Kapitalzahlung im Todes- und Erlebensfall an die Klägerin ausgezahlt. In Anbetracht des Versicherungsscheins, nach dem der Ablauf der Versicherung auf den 01.03.2008 datierte, sind die Zinsen auch im Versicherungsfall i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG a. F. ausgezahlt worden.

23b) Es handelt sich bei der im Jahr 1987 abgeschlossenen Versicherung aber nicht um eine Versicherung i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG a. F.

24Gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG a. F. sind Beiträge zu den folgenden Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall Sonderausgaben:

25aa) Risikoversicherungen, die nur für den Todesfall eine Leistung vorsehen,

26bb) Rentenversicherungen ohne Kapitalwahlrecht,

27cc) Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht gegen laufende Beitragsleistung, wenn das Kapitalwahlrecht nicht vor Ablauf von zwölf Jahren seit Vertragsabschluss ausgeübt werden kann,

28dd) Kapitalversicherungen gegen laufende Beitragsleistung mit Sparanteil, wenn der Vertrag für die Dauer von mindestens zwölf Jahren abgeschlossen worden ist.

29Für die Anwendung des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG a. F. kommt es lediglich darauf an, dass der betreffende Versicherungsvertrag generell zu den nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG a. F. begünstigen Vertragstypen gehört. Die Steuerbefreiung in § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG a. F. für Zinsen aus Versicherungen ist nicht an die weiteren Voraussetzungen des Sonderausgabenabzugs für die Versicherungsbeiträge geknüpft (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 01.03.2005 VIII R 47/01, Bundessteuerblatt II 2006, 365, unter II.2.b).

30Die im Jahr 1987 abgeschlossene Lebensversicherung mit Kapitalzahlung im Todes- und Erlebensfall gehört nicht zu den o. g. Risiko- und Rentenversicherungen. Sie gehört auch nicht zu den Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchst. dd EStG a. F., da es sich nicht um eine Versicherung gegen laufende Beitragszahlungen handelt. Angesichts der Formulierung „zu den folgenden Versicherungen“ enthält die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG a. F. eine abschließende Aufzählung (vgl. Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 16.06.2011 11 K 2096/09, Entscheidung der Finanzgerichte 2012, 115). Nach deren klaren Wortlaut in Doppelbuchst. dd werden nur Kapitalversicherungen gegen laufende Beitragsleistung, nicht jedoch Kapitalversicherungen gegen Einmalbeitrag erfasst. Im Streitfall haben aber die Arbeitgeberin der Klägerin einen Einmalbeitrag von 45.600 DM und die Klägerin selbst einen Einmalbeitrag von 29.400 DM erbracht. Es wurden keine laufenden Beitragsleistungen erbracht.

313. Die rechnungsmäßigen und außerrechnungsmäßigen Zinsen aus den Sparanteilen sind – soweit sie auf dem Einmalbeitrag der Arbeitgeberin beruhen – auch nicht aufgrund einer entsprechenden Anwendung des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG a. F. i. V. m. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchst. dd EStG a. F. steuerfrei.

32Eine analoge Anwendung der genannten gesetzlichen Bestimmungen ist nicht möglich. Es mangelt an einer planwidrigen Regelungslücke. Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich, dass der Gesetzgeber bewusst nur laufende Beitragsleistungen an Kapitalversicherungen zum Sonderausgabenabzug zugelassen und nur Zinsen aus den Sparanteilen solcher Versicherungsverträge steuerfrei gestellt hat. Kapitalversicherungen gegen Einmalbeitrag hat der Gesetzgeber bewusst sowohl vom Sonderausgabenabzug ausgeschlossen als auch die späteren Zinsen aus Sparanteilen solcher Verträge von der Steuerbefreiung des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG a. F. ausgenommen.

33Die Sätze 1 und 2 des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG a. F. wurden im Einkommensteuerreformgesetz vom 05.08.1974 (Bundesgesetzblatt –BGBl– I 1974, 1769) in das Gesetz aufgenommen. Der Gesetzgeber führte in seiner Gesetzesbegründung (Bundestagsdrucksache –BT-Drucks.– 7/1470, 273) aus, dass rechnungsmäßige und außerrechnungsmäßige Zinsen aus Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall mit Bausparzinsen vergleichbar seien. Gleichwohl seien solche von den Versicherungsgesellschaften erwirtschafteten Erträge auf die Sparanteile bisher nicht zur Einkommensteuer herangezogen worden. Die Bundesregierung halte diese steuerliche Nichterfassung bei solchen Lebensversicherungen nicht für gerechtfertigt, bei denen der Vorsorgezweck nicht im Vordergrund stehe und bei denen sich ohne wesentliches Risiko ein beachtlicher Vermögenszuwachs erzielen lasse. Deshalb würden rechnungsmäßige und außerrechnungsmäßige Zinsen, die im Rahmen bestimmter nicht förderungswürdiger Lebensversicherungen anfielen, künftig steuerlich erfasst. Es handele sich dabei um den gleichen Versicherungskreis, für den Versicherungsbeiträge nach § 91 E-EStG (Anmerkung: später umgesetzt in § 10 Abs. 1 EStG a. F.) nicht begünstigt seien. In Satz 2 werde der Kreis der Zinsen aus Versicherungsverträgen umschrieben, die auch künftig nicht der Besteuerung unterlägen.

34Auch der Aufbau des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG a. F. ist geprägt durch das Einkommensteuerreformgesetz vom 05.08.1974 (BGBl I 1974, 1769). Der Gesetzgeber führte in seiner Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 7/1470, 287) insoweit aus, dass dieser eine abschließende Aufzählung der als Vorsorgeaufwendungen begünstigten Versicherungsbeiträge enthalte. Die Begünstigung von Beiträgen zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall sei dahin eingeschränkt worden, dass Beiträge zu folgenden Versicherungen nicht mehr begünstigt seien, weil bei ihnen der Vorsorgezweck nicht im Vordergrund stehe:

35a)      Versicherungen gegen einmalige Beitragsleistung mit Ausnahme von Rentenversicherungen ohne Kapitalwahlrecht,

36b)      Kapitallebensversicherungen gegen laufende Beitragsleistungen, die Sparanteile enthalten, mit einer Vertragsdauer von weniger als zwölf Jahren,

37c)      Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht gegen laufende Beitragsleistungen, bei denen das Kapitalwahlrecht vor Ablauf von zwölf Jahren nach Vertragsabschluss ausgeübt werden könne.

38Aufgrund der Gesetzesbegründung besteht im Streitfall für eine analoge Anwendung des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG a. F. kein Raum. Aus der abschließenden Aufzählung der als Vorsorgeaufwendungen begünstigten Versicherungsbeiträge ergibt sich, dass der Gesetzgeber nur eine bestimmte Gruppe von Altersvorsorgeverträgen (Kapitallebensversicherungen und Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht gegen laufende Beitragsleistungen mit einer Vertragsdauer von mindestens zwölf Jahren, Rentenversicherungen ohne Kapitalwahlrecht gegen laufende Beitragsleistungen oder Einmalbeitrag) steuerlich fördern wollte. Demgegenüber sollten andere Formen der Altersvorsorge (Kapitallebensversicherungen und Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht gegen Einmalbeitrag, Kapitallebensversicherungen und Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht gegen laufende Beitragsleistungen mit einer Vertragsdauer von weniger als zwölf Jahren, langfristige Sparpläne bei Banken) nicht steuerlich gefördert werden.

394. Die Besteuerung der Zinsen aus den Sparanteilen führt auch nicht zu einer unzulässigen Doppelbesteuerung. Denn der Beklagte hat zutreffend nur die rechnungsmäßigen und außerrechnungsmäßigen Zinsen aus den Sparanteilen von 96.190,69 € als Einnahmen i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG erfasst. Die Rückzahlung der Versicherungsbeiträge, welche aus bereits versteuerten Einkommen der Klägerin stammen, hat der Beklagte nicht als Einnahmen aus Kapitalvermögen eingeordnet.

405. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Energiesteuer | Im Ausland tanken kann steuerliche Folgen haben (FG)

Im Ausland tanken kann steuerliche Folgen haben!

08. April 2013
Fuhrunternehmer lassen häufig in ihre Fahrzeuge durch Karosseriebauer Kraftstoffbehälter einbauen, die ein größeres Fassungsvermögen als die vom Hersteller des Lkw eingebauten Kraftstoffbehälter haben. Anlass hierfür ist regelmäßig, dass Lkws durch Karosseriebauer entsprechend der individuellen Bedürfnisse des jeweiligen Fuhrunternehmers z.B. zum Transport von Containern, Pkws o.ä. ausgestattet werden. Zu Problemen kann es aber führen, wenn das Unternehmen auch im europäischen Ausland tanken lässt und mit dem getankten Kraftstoff nach Deutschland fährt.Der Zollsenat des Finanzgerichts Düsseldorf hat einen derartigen Fall nunmehr dem Gerichtshof der Europäischen Union vorgelegt. In dem Verfahren (Az.: 4 K 3691/12 VE) geht es um einen Lkw, in dem nach Auslieferung durch den Hersteller durch einen Karosseriebauer der ursprüngliche Tank versetzt und zugleich ein weiterer Tank mit einem Fassungsvermögen von 780 Litern eingebaut wurde. Der Umbau war notwendig, um den Lkw mit Containern beladen zu können. Eine entsprechende Umrüstung durch den Hersteller wäre nicht üblich gewesen. Die Spedition, die das Fahrzeug nutzte, betankte es in den Niederlanden. Nach den Betankungen überquerte der Fahrer des  Fahrzeugs unmittelbar die Grenze nach Deutschland, um Fahrten im Inland durchzuführen. Die Zollverwaltung setzte gegenüber der Spedition Energiesteuer für den in den beiden Tanks eingeführten Diesel fest. Es greife keine Steuerbefreiung ein, da beide Tanks nicht serienmäßig eingebaut worden seien. Dagegen klagte die Spedition.

Das Finanzgericht Düsseldorf hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union den Fall zur Entscheidung vorgelegt. Zwar sei Energiesteuer festzusetzen, wenn Dieselkraftstoff in das Inland verbracht werde. Allerdings sei der Kraftstoff von der Steuer befreit, wenn und soweit er in einem regulären, vom Hersteller eingebauten Tank befördert werde. Nachträglich eingebaute, vergrößerte oder weitere Tankbehälter fielen nicht unter die Steuerbefreiung. Es sei aber europarechtlich zweifelhaft, ob nur vom Hersteller des Fahrzeugs eingebaute Tanks von der Steuerbefreiung erfasst würden. Denn an der Herstellung eines Lkw seien  häufig mehrere Unternehmen beteiligt, um das Fahrzeug entsprechend den Anforderungen des Fuhrunternehmens herzurichten. Es spreche daher vieles dafür, die Steuerbefreiung auch auf von Vertragshändlern oder Karosseriebauern eingebaute Behälter zu erstrecken. Zudem handele es sich beim Tanken im Ausland in diesen Fällen nicht um einen typischen Fall eines steuerlichen Missbrauchs, sondern um die Nutzung der Preisunterschiede in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten.

„In der Vergangenheit wurden in Deutschland eine Vielzahl derartiger Fälle von den Hauptzollämtern aufgegriffen“, führt Dr. Heide Bauersfeld, zuständige Richterin und Mitglied im Zollsenat des Finanzgerichts Düsseldorf, aus. „Die Zollverwaltung setzte in diesen Fällen Energiesteuer für den Kraftstoff fest, der in den nicht serienmäßigen Tanks eingeführt wurde. Die dem Gerichtshof der Europäischen Union vorgelegte Frage hat deswegen für eine Vielzahl von Unternehmen Bedeutung.“

„Ganz anders können die Fälle zu beurteilen sein, in denen sich Privatpersonen vergrößerte oder zusätzliche Tanks in ihren Pkw einbauen lassen und dann im grenznahen Ausland tanken“, warnt Dr. Nils Trossen, Pressesprecher des Finanzgerichts „Wird in diesen Fällen gezielt ausländischer Kraftstoff für Fahrten im Inland genutzt, haben die Fahrer mit der Festsetzung von Energiesteuer zu rechnen. In größeren oder wiederholten Fällen kann sogar mit steuerstrafrechtlichen Ermittlungen zu rechnen sein.“

Quelle: FG Düsseldorf, Pressemitteilung v. 8.4.2013

 

Finanzgericht Düsseldorf, 4 K 3691/12 VE

Datum: 18.03.2013
Gericht: Finanzgericht Düsseldorf
Spruchkörper: 4. Senat
Entscheidungsart: Beschluss
Aktenzeichen: 4 K 3691/12 VE
Tenor:

Das Verfahren wird ausgesetzt.

Der Gerichtshof der Europäischen Union wird um eine Vorabentscheidung zu folgenden Fragen ersucht:

  • 1 Ist der Begriff des Herstellers im Sinne des Art. 24 Abs. 2 erster Spiegelstrich der Richtlinie (EG) Nr. 2003/96 des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom, ABl. EU Nr. L 283/51, dahingehend auszulegen, dass hiervon auch Karosseriebauer oder Vertragshändler erfasst werden, wenn diese den Kraftstoffbehälter im Rahmen eines Herstellungsprozesses des Fahrzeugs eingebaut haben und der Herstellungsprozess aus technischen und/oder wirtschaftlichen Gründen im Wege der Arbeitsteilung durch mehrere selbständige Unternehmen erfolgt ist.
  • 2 Sollte die erste Frage zu bejahen sein: Wie ist in diesen Fällen das Tatbestandsmerkmal des Art. 24 Abs. 2 erster Spiegelstrich der Richtlinie (EG) Nr. 2003/96 des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom, ABl. EU Nr. L 283/51, auszulegen, wonach es sich um Kraftfahrzeuge „desselben Typs“ handeln muss.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

1Gründe:

2I.

3

  • 41 Die Klägerin betreibt ein Speditionsunternehmen. Die A stellte das Fahrzeug der Klägerin mit dem amtlichen Kennzeichen ………. her. Bei der Herstellung baute die A in dieses Fahrzeug einen Kraftstoffbehälter mit einem Fassungsvermögen von 780 Liter ein. Einen weiteren Kraftstoffbehälter bestellte die Klägerin zunächst nicht bei der A, da sie einen Umbau des Fahrzeugs beabsichtigte. Das Fahrzeug wurde deshalb mit nur einem Kraftstoffbehälter an die Klägerin ausgeliefert.

5

  • 62 Um mit diesem Fahrzeug standardisierte und mit Gestellen versehene Container transportieren zu können, war ein Einbau von Wechselbrückenträgern erforderlich. Dieser Einbau wurde von der B durchgeführt. Dabei musste der schon vorhandene Kraftstoffbehälter (im Folgenden: Tank 1) versetzt werden, um den genormten Wechselbrückenträger am Fahrzeug anbringen zu können. Außerdem wurde ein zweiter Kraftstoffbehälter mit einem Fassungsvermögen von ebenfalls 780 Liter (im Folgenden: Tank 2) eingebaut, der zuvor von der C GmbH & Co. KG bezogen worden war. Den zweiten Kraftstoffbehälter hätte die Klägerin zwar auch direkt von der A einbauen lassen können, dies wäre für sie aber wirtschaftlich nicht sinnvoll gewesen. Denn auch der zweite Kraftstoffbehälter hätte im Rahmen des Umbaus versetzt werden müssen. Beide Kraftstoffbehälter wurden vom Technischen Überwachungsverein (TÜV) auf ihre Vereinbarkeit mit den Vorschriften über die Straßenverkehrszulassung von Kraftfahrzeugen geprüft und nicht beanstandet.

7

  • 83 Die Klägerin betankte ihre Fahrzeuge regelmäßig in den Niederlanden, um die dort günstigen Kraftstoffpreise zu nutzen. Auch das Fahrzeug der Klägerin mit dem amtlichen Kennzeichen ……….. wurde in den Niederlanden mit Dieselkraftstoff betankt, und zwar am 2. Dezember 2009 mit 495,03 Liter in den Tank 2 sowie am 14. Februar 2011 mit 618,92 Liter in den Tank 1 und 570,50 Liter in den Tank 2. Nach beiden Betankungen überquerte der Fahrer des Fahrzeugs unmittelbar die deutsch-niederländische Grenze und fuhr in Deutschland weiter. Der getankte Kraftstoff wurde ausschließlich zum eigenen Antrieb des Fahrzeugs verwendet.

9

  • 104 Am 28. Juni 2012 gab die Klägerin bei dem Beklagten für den in Tank 2 gefüllten Dieselkraftstoff von 495,03 Liter und 570,50 Liter jeweils vorsorglich eine Steueranmeldung ab.

11

  • 125 Der Beklagte erließ daraufhin unter dem 3. Juli 2012 einen Bescheid über insgesamt 501,22 € Energiesteuer für den Kraftstoff in Tank 2. Auf den Vorgang vom 2. Dezember 2009 entfielen 232,86 € Energiesteuer und auf den Vorgang vom 14. Februar 2011 entfielen 268,36 € Energiesteuer. Durch das Verbringen des Dieselkraftstoffs nach Deutschland sei die Energiesteuer entstanden. Der in Tank 2 befindliche Dieselkraftstoff sei nicht von der Energiesteuer befreit.

13

  • 146 Außerdem erließ der Beklagte unter dem 19. September 2012 einen Bescheid über 291,14 € Energiesteuer für den Kraftstoff in Tank 1. Eine Energiesteuerbefreiung sei auch für den in Tank 1 befindlichen Kraftstoff nicht gegeben.

15

  • 167 Die Klägerin legte gegen die Bescheide Einsprüche ein, die jeweils zurückgewiesen wurden.

17

  • 188 Mit ihren Klagen begehrt die Klägerin die Aufhebung der Bescheide. Sie trägt vor: Für den Kraftstoff in beiden Tanks müsse die Energiesteuerbefreiung gelten. Die durch den Beklagten vorgenommene Auslegung des nationalen Rechts verstoße gegen die europäischen Ziele der Vermeidung der Doppelbesteuerung, des freien Waren- und Personenverkehrs sowie die Schaffung und das Funktionieren eines reibungslosen Binnenmarktes. In der Praxis führe die Auslegung des Beklagten dazu, dass in keinem Fall eine Befreiung in Betracht komme. Denn ein – vom Beklagten für die Befreiung geforderter – serienmäßiger Einbau der Tankbehälter werde nicht mehr angeboten. Vielmehr würden die Tanks individuell nach der beabsichtigten späteren Verwendung eingebaut. Außerdem sei eine arbeitsteilige Herstellung der Fahrzeuge zwischen den Herstellern der Rahmen, wie vorliegend der A, und den Karosseriebauern üblich. Würde der Hersteller des Rahmens das Fahrzeug nur mit einem Rangiertank mit einem Fassungsvermögen von 20 Liter ausstatten und der Karosseriebauer die nötigen Umbauarbeiten vornehmen, käme keine Energiesteuerbefreiung mehr in Betracht. Hinsichtlich des Tanks 1 würde die Auslegung des Beklagten selbst bei einem serienmäßig eingebauten Tank dazu führen, dass jeder Austausch zu Reparaturzwecken den Befreiungstatbestand für die Zukunft entfallen lassen würde.

19

  • 209 Der Beklagte ist den Klagen mit der Begründung entgegen getreten, der Kraftstoff in beiden Tanks sei nicht von der Energiesteuer befreit, da die Tanks nicht serienmäßig eingebaut worden seien. Dies sei auch mit den Vorgaben des Unionsrechts zu vereinbaren.

21

  • 2210 Neben dem vorliegenden Verfahren wurden in Deutschland eine Vielzahl gleich gelagerter Fälle von den Behörden aufgegriffen und sind bei den Gerichten anhängig. Gegen den Geschäftsführer der Klägerin wird derzeit ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit dem zuvor geschilderten Sachverhalt und weiterer gleich gelagerter Fälle geführt.

23II.

24

  • 2511 Für die Entscheidung über die Vorlagefragen sind folgende Vorschriften des nationalen Rechts von Bedeutung:

26Energiesteuergesetz (EnergieStG) vom 15. Juli 2006 (Bundesgesetzblatt Teil I, Seite 1534), in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 17. Juli 2009 (Bundesgesetzblatt Teil I, Seite 1979):

27§ 1 Steuergebiet …

28(1) Energieerzeugnisse unterliegen im Steuergebiet der Energiesteuer. Steuergebiet im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Gebiet von Büsingen und ohne die Insel Helgoland. …

29§ 4 Anwendungsbereich

30Die folgenden Energieerzeugnisse unterliegen dem Steueraussetzungsverfahren (§ 5): …

313. Waren der Unterpositionen 2710 11 bis 2710 19 69 der Kombinierten Nomenklatur; …

32§ 15 Verbringen zu gewerblichen Zwecken

33(1) Werden Energieerzeugnisse nach § 4 aus dem freien Verkehr eines Mitgliedstaates zu gewerblichen Zwecken bezogen, entsteht die Steuer dadurch, dass der Bezieher

34

  • 351 die Energieerzeugnisse im Steuergebiet in Empfang nimmt oder
  • 362 die außerhalb des Steuergebiets in Empfang genommenen Energieerzeugnisse in das Steuergebiet verbringt oder verbringen lässt. …

37(2) Werden Energieerzeugnisse nach § 4 aus dem freien Verkehr eines Mitgliedstaates in anderen als den in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Fällen in das Steuergebiet verbracht, entsteht die Steuer dadurch, dass sie erstmals im Steuergebiet zu gewerblichen Zwecken in Besitz gehalten oder verwendet werden. Steuerschuldner ist, wer sie in Besitz hält oder verwendet. …

38(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten nicht

391. für Kraftstoffe in Hauptbehältern von Fahrzeugen, Spezialcontainern, Arbeitsmaschinen und -geräten sowie Kühl- und Klimaanlagen,

402. für Kraftstoffe, die in Reservebehältern eines Fahrzeugs bis zu einer Gesamtmenge von 20 Litern mitgeführt werden,

413.   für Heizstoffe im Vorratsbehälter der Standheizung eines Fahrzeugs. …

42§ 15 Absatz 2 EnergieStG ist durch Art. 6 Nr. 15 des Gesetzes vom 15. Juli 2009 (Bundesgesetzblatt Teil I, Seite 1870), mit Wirkung vom 1. April 2010 wie folgt geändert worden:

43Werden Energieerzeugnisse im Sinn des § 4 aus dem steuerrechtlich freien Verkehr eines Mitgliedstaates in anderen als den in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Fällen in das Steuergebiet verbracht, entsteht die Steuer dadurch, dass sie erstmals im Steuergebiet zu gewerblichen Zwecken in Besitz gehalten oder verwendet werden. Dies gilt nicht, wenn die in Besitz gehaltenen Energieerzeugnisse für einen anderen Mitgliedstaat bestimmt sind und unter zulässiger Verwendung eines Begleitdokuments nach Artikel 34 der Systemrichtlinie durch das Steuergebiet befördert werden. Steuerschuldner ist, wer die Energieerzeugnisse versendet, in Besitz hält oder verwendet. …

44Verordnung zur Durchführung des Energiesteuergesetzes

45(Energiesteuer-Durchführungsverordnung – EnergieStV) vom 31. Juli 2006 (Bundesgesetzblatt Teil I, Seite 1753), in der Fassung des Artikels 6 der Verordnung vom 5. Oktober 2009 (Bundesgesetzblatt Teil I, Seite 3262):

46§ 41 Hauptbehälter

47Hauptbehälter im Sinne des § 15 Absatz 4 Nummer 1, § 16 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2, § 21 Absatz 1 Satz 3 Nummer 1 und § 46 Absatz 1 Satz 2 des Gesetzes sind:

481. die vom Hersteller für alle Fahrzeuge desselben Typs fest eingebauten Behälter, die die unmittelbare Verwendung des Kraftstoffs für den Antrieb der Fahrzeuge und gegebenenfalls für den Betrieb der Kühlanlage oder sonstigen Anlagen während der Beförderung ermöglichen,

492. die vom Hersteller in alle Container desselben Typs fest eingebauten Behälter, die die unmittelbare Verwendung des Kraftstoffs für den Betrieb der Kühlanlage oder sonstiger Anlagen von Spezialcontainern während der Beförderung ermöglichen.

50Besteht ein Hauptbehälter aus mehr als einem Kraftstoffbehälter, ist ein Absperrventil in der Leitung zwischen zwei Kraftstoffbehältern unschädlich.

51III.

52

  • 5312 Der Senat setzt das Verfahren aus (§ 74 der Finanzgerichtsordnung) und legt dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 Unterabsatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union die im Tenor formulierten Fragen zur Vorabentscheidung vor. Die Entscheidung über die Klage hängt von der Beantwortung dieser Fragen ab.

54

  • 5513 Die Klagen dürften unter Berücksichtigung der bisher ergangenen nationalen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs abzuweisen sein.

56

  • 5714 Die Energiesteuer dürfte in der festgesetzten Höhe entstanden sein. Gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 EnergieStG entsteht die Steuer, wenn Energieerzeugnisse im Sinne des § 4 EnergieStG aus dem steuerrechtlich freien Verkehr eines Mitgliedstaats in das Steuergebiet verbracht werden und sie erstmals im Steuergebiet zu gewerblichen Zwecken in Besitz gehalten oder verwendet werden. Vorliegend könnte die Energiesteuer dadurch entstanden sein, dass das im Rahmen des steuerrechtlich freien Verkehrs in den Niederlanden mit Dieselkraftstoff betankte Fahrzeug der Klägerin nach Deutschland gefahren wurde und der Kraftstoff in dem Fahrzeug von der Klägerin für ihr Speditionsunternehmen in Besitz gehalten und verwendet wurde.

58

  • 5915 Die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Energiesteuer dürften nach der bisher ergangenen nationalen Rechtsprechung nicht gegeben sein. Nach § 15 Abs. 4 Nr. 1 EnergieStG gilt § 15 Abs. 2 EnergieStG unter anderem nicht, wenn es sich um Kraftstoffe in Hauptbehältern von Fahrzeugen handelt. Der Begriff des Hauptbehälters wird in § 41 Satz 1 Nr. 1 EnergieStV und dem zugrunde liegenden Art. 24 Abs. 2 erster Spiegelstrich der Richtlinie (EG) Nr. 2003/96 (EnergieStRL) des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom, ABl. EU Nr. L 283/51, definiert als vom Hersteller für alle Fahrzeuge/Kraftfahrzeuge desselben Typs fest eingebauten Behälter, die die unmittelbare Verwendung des Kraftstoffs/Treibstoffs für den Antrieb der Fahrzeuge/Kraftfahrzeuge und gegebenenfalls für den Betrieb der Kühlanlage oder sonstigen Anlagen während der Beförderung ermöglichen. Nach der hierzu bisher ergangenen nationalen Rechtsprechung erfasst der Begriff des Hauptbehälters keine Kraftstoffbehälter, die von Vertragshändlern oder Karosseriebauern eingebaut worden sind. Das soll auch in den Fällen der Arbeitsteilung zwischen dem Hersteller und dem Karosseriebauer gelten (Bundesfinanzhof – BFH -, Beschlüsse vom 26. Juli 2010 VII B 276/09, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – BFH/NV – 2010, 2074; vom 24. November 2010 VII B 168/10, BFH/NV 2011, 601; vom 5. Oktober 2011 VII B 12/11, BFH/NV 2012, 238). Art. 24 Abs. 2 EnergieStRL sei den zollrechtlichen Vorschriften, insbesondere Art. 112 Abs. 1 und 2 Buchstabe c der Verordnung (EWG) Nr. 918/83 (VO Nr. 918/83) des Rates vom 28. März 1983 über das gemeinschaftliche System der Zollbefreiungen, ABl. EG Nr. L 105/1, nachgebildet. Deshalb könne die Rechtsprechung des Gerichtshofs (Urteil vom 3. Dezember 1998, C-247/97, Slg. 1998, I-8095) zum zollrechtlichen Begriff des Hauptbehälters zur Auslegung des Art. 24 Abs. 2 EnergieStRL herangezogen werden, wonach der eng auszulegende Befreiungstatbestand des Art. 112 Abs. 1 VO Nr. 918/83 keine Anwendung auf Behälter finden könne, die von Vertragshändlern oder Karosseriebauern eingebaut worden seien (BFH, Beschluss vom 15. Oktober 2008 VII B 21/08, BFH/NV 2009, 219). Etwas anderes lasse sich auch nicht dem Vorschlag der Europäischen Kommission vom 13. April 2011, KOM (2011) 169/3 zur Änderung der EnergieStRL entnehmen (BFH, Beschluss vom 5. Oktober 2011 VII B 12/11, BFH/NV 2012, 238). Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung wäre Tank 2 vorliegend nicht als Hauptbehälter einzustufen, da er von der B und nicht von der A eingebaut worden ist. Auch bei Tank 1 würde es sich nicht um einen Hauptbehälter handeln, wenn man, wie der Beklagte, darauf abstellen würde, dass der Tank zwar ursprünglich von der A eingebaut worden war, im Rahmen des Umbaus aber versetzt und damit von der B erneut fest eingebaut werden musste.

60

  • 6116 Der Senat hat Zweifel, ob die dargestellte enge Auslegung des Herstellerbegriffs in Art. 24 Abs. 2 EnergieStRL zutreffend ist oder ob vielmehr eine weite Auslegung geboten ist, bei der vom Begriff des Herstellers auch Karosseriebauer oder Vertragshändler erfasst sein könnten.

62

  • 6317 Bei der Auslegung des Art. 24 Abs. 2 EnergieStRL könnte insbesondere der Sinn und Zweck der Vorschrift eine weite Auslegung gebieten. Der Sinn und Zweck der Energiesteuerbefreiung des Art. 24 Abs. 2 EnergieStRL kann dem 19. Erwägungsgrund der Richtlinie 94/74/EG (RL 94/74/EG) des Rates vom 22. Dezember 1994 unter anderem zur Änderung der Richtlinie 92/81/EWG (RL 92/81/EWG) zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Mineralöle entnommen werden, da dieser sich auf Art. 8a RL 92/81/EWG als Vorgängervorschrift des Art. 24 Abs. 2 EnergieStRL bezieht. In dem 19. Erwägungsgrund zur RL 94/74/EG ist ausgeführt, dass eine Verbrauchsteuerbefreiung durch die Mitgliedstaaten zu regeln ist, um den freien Verkehr von Personen und Waren nicht zu beeinträchtigen und Doppelbesteuerungen zu vermeiden. Im Hinblick darauf hat der Gerichtshof eine weite Auslegung des Art. 8a RL 92/81/EWG vorgenommen (EuGH, Urteil vom 9. September 2004, C-292/02, Slg. I-7923 Randnr. 41), was vorliegend für eine ebenfalls weite Auslegung des Art. 24 Abs. 2 EnergieStRL sprechen könnte.

64

  • 6518 Die von der nationalen Rechtsprechung bisher vorgenommene enge Auslegung stützt sich dagegen auf ein Urteil des Gerichtshofs zur Verordnung Nr. 918/83 (EuGH, in Slg. 1998, I-8095). Mit dieser Verordnung wurde aber ein anderer Zweck verfolgt als mit den auch vorliegend zu prüfenden Vorschriften des Verbrauchsteuerrechts (EuGH, in Slg. 2004, I-7923 Randnr. 39, 40). Im 2. Erwägungsgrund zur Verordnung Nr. 918/83 wird ausgeführt, dass eine Abgabenerhebung unter bestimmten Umständen nicht gerechtfertigt ist, wenn zum Beispiel die besonderen Bedingungen der Einfuhr keine Anwendung der üblichen Maßnahmen zum Schutz der Wirtschaft erfordern.

66

  • 6719 Der Schutz der Wirtschaft der Europäischen Union im Verhältnis zu Drittländern als Grundgedanke der Vorschriften des europäischen Zollrechts könnte insoweit gerade eine enge Auslegung gebieten, während der freie Verkehr von Personen und Waren sowie die Vermeidung der Doppelbesteuerung innerhalb der Europäischen Union eine weitere Auslegung im vorliegenden Fall erfordern könnten.

68

  • 6920 Gegen diese Unterscheidung und für eine in beiden Fällen enge Auslegung scheinen insbesondere auch nicht die Erfordernisse der Rechtssicherheit und die Schwierigkeiten zu sprechen, denen die einzelstaatlichen Zollverwaltungen gegenüberstehen. Denn dieser Gesichtspunkt wurde vom Gerichtshof, soweit für den vorliegenden Fall ersichtlich, lediglich bei der Frage der engen Auslegung von zollrechtlichen Vorschriften berücksichtigt (EuGH, Urteil vom 18. März 1986, 58/85, Slg. 1986, 1141 Randnr. 12; in Slg. 1998, I-8095 Randnr. 23). Bei der dargestellten Entscheidung zum Verbrauchsteuerrecht (EuGH, in Slg. 2004 I-7923) scheint dieser Gesichtspunkt aber hinter dem Prinzip des Binnenmarktes zurückzutreten.

70

  • 7121 Die Systematik der EngergieStRL würde einer weiten Auslegung nicht zwingend entgegenstehen, da der Wille des Richtliniengebers auch in dem dargestellten 19. Erwägungsgrund zur Richtlinie 94/74/EG zum Ausdruck kommt und dieser für eine weite Auslegung spricht. Auch in den vorbereitenden Rechtsakten waren diese Erwägungen schon inhaltsgleich enthalten, so im 18. Erwägungsgrund zum Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Rates zur Änderung u.a. der Richtlinie RL 92/81/EWG vom 30. Juni 1994, KOM (94) 179 endg., ABl. EG Nr. C 215/19.

72

  • 7322 Eine weite Auslegung würde über den Wortlaut des Art. 24 Abs. 2 EnergieStRL nicht hinausgehen. Denn von dem Begriff des „Herstellers“ kann unter Berücksichtigung der derzeitigen tatsächlichen Verhältnisse der Produktion von Lastkraftwagen auch ein Karosseriebauer oder Vertragshändler erfasst sein. An der Herstellung eines Lastkraftwagens sind regelmäßig mehrere Unternehmen beteiligt, um das Fahrzeug entsprechend der individuellen technischen und/oder wirtschaftlichen Anforderungen ausrüsten zu können.

74

  • 7523 Schließlich handelt es sich vorliegend nicht um die typischen Fälle eines Missbrauchs, sondern um die Nutzung der Preisunterschiede in den Mitgliedstaaten, welche in dem noch nicht vollständig harmonisierten Energiesteuersystem ihren Ursprung haben. Ein Steuerwettbewerb in diesem Umfang wird in den Erwägungsgründen zur EnergieStRL gerade hingenommen.

76

  • 7724 Kommt man zu dem Ergebnis einer weiten Auslegung des Herstellerbegriffs, stellt sich die Frage, wie das Tatbestandsmerkmal des Art. 24 Abs. 2 erster Spiegelstrich EnergieStRL auszulegen ist, wonach Kraftfahrzeuge „desselben Typs“ gegeben sein müssen. Denn ein mehrstufiger Herstellungsprozess, der den technischen und/oder wirtschaftlichen Anforderungen des Einzelfalles gerecht wird, schließt denknotwendig das Herstellen von bestimmten Fahrzeugtypen im Sinne einer Serienproduktion aus.

 

Die Änderung der Einkommensteuer-Richtlinien 2012

Einkommensteuer-Richtlinien: EStÄR 2012 im Bundessteuerblatt veröffentlicht

Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Einkommensteuer-Richtlinien 2008 (Einkommensteuer-Änderungsrichtlinien 2012 – EStÄR 2012) vom 25. März 2013; Herstellungskosten nach R 6.3 EStR

BMF-Schreiben vom 25. März 2013 – IV C 6 – S 2133/09/10001 :004

“Nach R 6.3 Absatz 1 EStÄR 2012 sind in die Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes auch Teile der angemessenen Kosten der allgemeinen Verwaltung, der angemessenen Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs, für freiwillige soziale Leistungen und für die betriebliche Altersversorgung (vgl. R 6.3 Absatz 3 EStR) einzubeziehen. […]“

Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Einkommensteuer-Richtlinien 2008 (Einkommensteuer-Änderungsrichtlinien 2012 – EStÄR 2012) vom 25. März 2013 (PDF, 18,4 KB)

Bundesfinanzministerium (BMF)

Um­satz­steu­er­sta­tis­tik 2011

Um­satz­steu­er­sta­tis­tik 2011: Um­sätze auf dem Höchst­stand

WIESBADEN – Im Jahr 2011 gaben rund 3,2 Millionen Unternehmen eine Umsatzsteuer-Voranmeldung mit einem voraussichtlichen Nettoumsatz in Höhe von 5,7 Billionen Euro ab. Sowohl bei der Zahl der Unternehmen als auch bei den absoluten Umsatzwerten wurden damit die seit der Wiedervereinigung erzielten bisherigen Höchststände aus dem Jahr 2008 übertroffen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, stieg der Wert der Lieferungen und Leistungen (Umsatz ohne Umsatzsteuer) gegenüber 2010 mit + 8,5 % stark an, während sich die Zahl der Steuerpflichtigen nur leicht um 1,6 % erhöhte.

Ein Blick auf die Wirtschaftsabschnitte zeigt durchweg Umsatzzuwächse gegenüber dem Vorjahr.
Die mit Abstand höchsten Umsätze erzielten das Verarbeitende Gewerbe (2,0 Billionen Euro) und der Handel einschließlich Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen (1,8 Billionen Euro). Somit erzielten diese beiden Bereiche gemeinsam über zwei Drittel des Gesamtumsatzes.

Im Jahr 2011 gab es 492 Unternehmen in Deutschland mit Umsätzen von mehr als 1 Milliarde Euro, das waren 46 Unternehmen mehr als 2010. Zusammen kamen die Umsatzmilliardäre auf Lieferungen und Leistungen im Wert von 1,9 Billionen Euro, dies entspricht 32,9 % der Umsätze aller steuerpflichtigen Unternehmen. Die übrigen rund 10 700 Großunternehmen (Jahresumsatz über 50 Millionen Euro) erzielten einen Umsatzanteil von 30,3 %. Weitere 28,2 % des gesamten Umsatzes erwirtschafteten die 341 000 mittelständischen Unternehmen (Jahresumsatz zwischen 1 und 50 Millionen Euro). Die verbleibenden 2,9 Millionen Kleinunternehmen kamen auf einen Umsatzanteil von 8,6  %.

Über die Hälfte (54,8 %) des gesamten Umsatzes wurde 2011 von 509 000 Kapitalgesellschaften erwirtschaftet. Weitere 27,2 % des Umsatzes entfielen auf 420 000 Personengesellschaften. Die 2,3 Millionen Unternehmen mit einer anderen Unternehmensform erwirtschafteten die übrigen 18,0 % des Umsatzes 2011.

Nicht erfasst werden in dieser Umsatzsteuerstatistik unter anderem Unternehmen mit einem Jahresumsatz bis 17 500 Euro und solche, die vorwiegend steuerfreie Umsätze tätigen.

Steuerpflichtige und deren Lieferungen und Leistungen 2011 nach Wirtschaftsabschnitten
Wirtschaftsabschnitt Steuer-pflichtige Veränderung zum Vorjahr
in %
Lieferungen und Leistungen
in Millionen Euro
Veränderung zum Vorjahr
in %
1 Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2008 (WZ08).
2 Umsätze der Unternehmen, ohne Umsatzsteuer.
Wirtschaftszweige insgesamt 3 215 095 1,6 5 687 179 8,5
A Land-  und Forstwirtschaft, Fischerei 86 154 6,8 34 892 11,9
B Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden 2 024 – 1,7 24 442 12,2
C Verarbeitendes Gewerbe 239 397 – 0,2  2 040 082 11,1
D Energieversorgung 55 228 26,4 281 843 5,7
E Wasserversorgung, Abwasser-und Abfallentsorgung, Beseitigung von Umweltverschmutzungen 11 602 – 0,9 46 161 15,1
F Baugewerbe 358 173 1,7 244 067 8,4
G Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen 641 376 – 0,8 1 795 659 8,7
H Verkehr und Lagerei 110 627 – 0,1 209 744 2,3
I Gastgewerbe 227 175 – 1,5 66 086 5,0
J Information und Kommunikation 124 341 1,3 189 285 3,0
K Erbringung von Finanz-  und Versicherungsdienst-leistungen 25 311 1,0 72 187 4,4
L Grundstücks- und Wohnungswesen 286 052 2,0 152 139 5,7
M Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen 466 022 3,6 221 902 5,1
N Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen 168 760 6,9 134 739 7,2
P Erziehung und Unterricht 43 865 2,9 9 677 6,0
Q Gesundheits-und Sozialwesen 46 951 2,4 79 454 7,9
R Kunst, Unterhaltung und Erholung 99 458 1,6 33 737 4,9
S Erbringung von sonstigen Dienstleistungen 222 579 – 0,9 51 083 0,9

Detaillierte Angaben über die steuerpflichtigen Unternehmen und deren Umsätze nach einzelnen Wirtschaftszweigen sind unter Publikationen, Thematische Veröffentlichungen erhältlich. Dort sind auch aktuelle Ergebnisse der Umsatzsteuerstatistik auf Basis der Veranlagungen, die auch die Unternehmen mit einem Jahresumsatz bis 17 500 Euro enthält, abrufbar.

Umsatzsteuerstatistik 2011: Umsätze auf dem Höchststand (PDF, 73KB, Datei ist nicht barrierefrei)

Pressemitteilung Nr. 129 vom 04.04.2013:

Steuererklärungsfristen 2012

Abgabefrist für Steuererklärungen

Für das Kalenderjahr 2012 sind folgende Erklärungen bis zum 31.5.2013 bei den Finanzämtern abzugeben: die Erklärungen zur Einkommensteuer, einschließlich der Erklärungen zur gesonderten sowie zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung sowie zur gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags. Ferner die Erklärungen zur Körperschaftsteuer, einschließlich der Erklärungen zu gesonderten Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen, die in Zusammenhang mit der Körperschaftsteuerveranlagung durchzuführen sind, sowie für die Zerlegung der Körperschaftsteuer. Ebenfalls bis zu diesem Datum abzugeben sind die Erklärungen zur Gewerbesteuer, einschließlich der Erklärungen zur gesonderten Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes und zur gesonderten Feststellung des Zuwendungsvortrags sowie für die Zerlegung des Steuermessbetrags. Schließlich auch die Erklärungen zur Umsatzsteuer sowie zur gesonderten oder zur gesonderten und einheitlichen Feststellung nach § 18 des Außensteuergesetzes.

Sonderfrist

Bei Steuerpflichtigen, die den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ermitteln, endet die Frist nicht vor Ablauf des fünften Monats, der auf den Schluss des Wirtschaftsjahres 2012/2013 folgt.

Fristverlängerung

Sofern die vorbezeichneten Steuererklärungen durch Personen, Gesellschaften, Verbände, Vereinigungen, Behörden oder Körperschaften im Sinne der §§ 3 und 4 StBerG angefertigt werden, wird die Frist allgemein bis zum 31.12.2013 verlängert. Bei Steuererklärungen für Steuerpflichtige, die den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ermitteln, tritt an die Stelle des 31.12.2013 der 31.5.2014. Es bleibt den Finanzämtern vorbehalten, Erklärungen mit angemessener Frist für einen Zeitpunkt vor Ablauf der allgemein verlängerten Frist anzufordern. Von dieser Möglichkeit soll insbesondere Gebrauch gemacht werden, wenn für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum die erforderlichen Erklärungen verspätet oder nicht abgegeben wurden. Ferner dann, wenn für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum kurz vor Abgabe der Erklärung bzw. vor dem Ende der Karenzzeit nachträgliche Vorauszahlungen festgesetzt wurden oder sich aus der Veranlagung für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum eine hohe Abschlusszahlung ergeben hat. Des Weiteren soll von der Möglichkeit Gebrauch gemacht werden, wenn hohe Abschlusszahlungen erwartet werden oder für Beteiligte an Gesellschaften und Gemeinschaften Verluste festzustellen sind oder die Arbeitslage der Finanzämter es erfordert. Im Übrigen wird davon ausgegangen, dass die Erklärungen laufend fertig gestellt und unverzüglich eingereicht werden. Aufgrund begründeter Einzelanträge kann die Frist für die Abgabe der Steuererklärungen bis zum 28.2.2014 bzw. in den Fällen, in denen die vorbezeichnete Sonderfrist gilt, bis zum 31.7.2014 verlängert werden. Eine weitergehende Fristverlängerung kommt grundsätzlich nicht in Betracht. Die allgemeine Fristverlängerung gilt nicht für Anträge auf Steuervergütungen. Sie gilt auch nicht für die Abgabe von Umsatzsteuererklärungen, wenn die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit mit Ablauf des 31.12.2012 endete. Hat die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit vor dem 31.12.2012 geendet, ist die Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr einen Monat nach Beendigung der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit abzugeben.

 

Abgabenrechtliche Wirkungen einer Umsatzsteuererklärung

Eine Umsatzsteuererklärung ist eine Steueranmeldung i.S. des § 167 AO, die, wenn sie nicht zu einer Herabsetzung der zu entrichtenden Steuer führt, sondern eine Zahllast aufweist, gemäß § 168 Satz 1 AO kraft Gesetzes mit dem Zugang (Tag des Eingangs beim Finanzamt) der Erklärung beim Finanzamt ohne Weiteres einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich steht.

 

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 6.9.2012, V B 14/12

Abgabenrechtliche Wirkungen einer Umsatzsteuererklärung

Gründe

1
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
2
1. Die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) aufgeworfene Rechtsfrage, „ob eine Umsatzsteuerfestsetzung des Finanzamtes kraft Gesetzes gemäß § 18 UStG i.V.m. § 168 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht“, hat keine grundsätzliche Bedeutung, weil sie nicht klärungsbedürftig ist. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn sich die Antwort auf die streitige Rechtsfrage ohne weiteres aus dem klaren Wortlaut und Sinngehalt des Gesetzes ergibt oder wenn die Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das Finanzgericht (FG) getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 24. August 2011 I B 1/11, BFH/NV 2011, 2044 II.1.; vom 27. März 2009 VIII B 184/08, BFHE 224, 458, BStBl II 2009, 850 II.1.). An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es darüber hinaus, wenn die Rechtsfrage bereits durch die Rechtsprechung des BFH hinreichend geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage durch den BFH erforderlich machen (BFH-Beschlüsse vom 24. Mai 2012 VI B 120/11, juris II.1.; vom 24. August 2011 VI B 18/11, BFH/NV 2011, 2062, m.w.N.).
3
Beides ist hier der Fall. Die Umsatzsteuererklärung des Klägers für 2002 ist eine Steueranmeldung i.S. des § 167 der Abgabenordnung (AO). Da sie weder „zu einer Herabsetzung der zu entrichtenden Steuer“ noch „zu einer Steuervergütung“ (§ 168 Satz 2 AO) führte, sondern eine Zahllast aufwies, stand sie gemäß § 168 Satz 1 AO kraft Gesetzes mit dem Zugang der Erklärung beim Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt –FA–) ohne weiteres einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich (vgl. BFH-Urteil vom 13. November 2008 V R 24/06, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung –HFR– 2009, 817 II.1.b aa). Diese Wirkung kam der am 30. September 2003 beim FA eingegangenen Jahreserklärung für das Streitjahr 2002 nach § 18 Abs. 3 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) i.V.m. § 168 Satz 1 AO bereits am Tag ihres Eingangs beim FA zu, ohne dass es hierfür einer gesonderten Zustimmung des FA bedurft hätte (vgl. BFH-Urteil in HFR 2009, 817). Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers steht die Frage, ob ein Steuerbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht, in keinem Zusammenhang mit seiner Unanfechtbarkeit, also der Frage, ob er noch mit einem Einspruch wirksam angefochten werden kann (zur Einspruchsfrist, nach deren Ablauf Unanfechtbarkeit eintritt, vgl. § 355 AO).
4
2. Da es aus den o.g. Gründen an der Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage fehlt, ist auch keine Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts erforderlich (§ 115 Abs. 2 Nr. 2  1. Alternative der Finanzgerichtsordnung –FGO–).
5
3. Der vom Kläger gerügte Verfahrensmangel ist weder hinreichend dargelegt noch liegt er vor; das FG hat weder Sachaufklärungspflicht (§ 76 FGO) noch den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) verletzt.
6
a) Soweit der Kläger die Zulassung der Revision wegen Verletzung der Sachaufklärungspflicht rügt, fehlt es schon an der ordnungsgemäßen Darlegung (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO) des Zulassungsgrundes. Wird als Verfahrensmangel gerügt, das FG habe seine Pflicht zur Sachaufklärung gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO verletzt, so ist in der Beschwerdeschrift darzulegen, welche Tatfrage aufklärungsbedürftig ist, welche Beweismittel das FG zu welchem Beweisthema nicht erhoben hat, die genauen Fundstellen, in denen die Beweismittel und Beweisthemen angeführt worden sind, das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme, inwiefern das Urteil des FG aufgrund dessen sachlich-rechtlicher Auffassung auf der unterbliebenen Beweisaufnahme beruhen kann und dass die Nichterhebung der Beweise vor dem FG rechtzeitig gerügt worden ist oder aufgrund des Verhaltens des FG nicht mehr vor diesem gerügt werden konnte (ständige BFH-Rechtsprechung, z.B. Beschlüsse vom 22. Oktober 2009 V B 108/08, BFH/NV 2010, 170  2.; vom 24. Juli 2002 V B 25/02, BFHE 199, 85, und vom 17. März 2000 VII B 1/00, BFH/NV 2000, 1125, m.w.N.). Diese Anforderungen erfüllt die Beschwerde nicht; insbesondere liegt darin, dass das FG den Ausführungen des Klägers nicht folgt, keine Verletzung der Sachaufklärungspflicht.
7
b) Davon abgesehen hat das FG seine Sachaufklärungspflicht auch nicht verletzt. Im Streit befinden sich noch nicht berücksichtigte Vorsteuern aus Handykosten in Höhe von 12,96 EUR sowie weitere Vorsteuern in Höhe von 1.563,53 EUR. Der Steuerpflichtige –hier der Kläger– trägt die Darlegungslast der Voraussetzungen zum Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 1 UStG (BFH-Beschlüsse 7. Mai 2009 XI B 111/08, BFH/NV 2009, 1472 1.a; vom 3. August 2007 V B 73/07, BFH/NV 2007, 2368 II.1.). Diese setzt u.a. die Vorlage der Rechnungen, aus denen der Vorsteuerabzug geltend gemacht wird, voraus. Nach den den Senat bindenden Feststellungen des FG hat der Kläger trotz Aufforderung weder über die noch streitigen Handykosten in Höhe von 12,96 EUR noch über die weiteren von ihm geltend gemachten Vorsteuern in Höhe von 1.563,53 EUR Rechnungen vorgelegt. Da der Kläger seiner Darlegungslast nicht nachgekommen ist, bleibt für eine Sachaufklärungspflichtverletzung des FG kein Raum, weil der Amtsermittlungsgrundsatz durch die Mitwirkungspflichten der Beteiligten nach § 76 Abs. 1 Satz 2 FGO begrenzt wird (BFH-Beschluss in BFH/NV 2010, 170  2.).

Umsatzsteuerbefreiung ehrenamtliche Tätigkeit nach § 4 Nr. 26 UStG

Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nummer 26 Buchstabe b Umsatzsteuergesetz (UStG);
Angemessene Entschädigung für Zeitversäumnis

Nach § 4 Nummer 26 UStG ist die ehrenamtliche Tätigkeit von der Umsatzsteuer befreit, wenn sie für juristische Personen des öffentlichen Rechts ausgeübt wird (§ 4 Nummer 26 Buchstabe a UStG) oder wenn das Entgelt für diese Tätigkeit nur in Auslagenersatz und einer angemessenen Entschädigung für Zeitversäumnis besteht (§ 4 Nummer 26 Buchstabe b UStG).

Zu den ehrenamtlichen Tätigkeiten gehören nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) alle Tätigkeiten, die in einem anderen Gesetz als dem UStG ausdrücklich als solche genannt werden, die man im allgemeinen Sprachgebrauch herkömmlicher Weise als ehren-amtlich bezeichnet oder die vom materiellen Begriff der Ehrenamtlichkeit umfasst werden; dieser setzt das Fehlen eines eigennützigen Erwerbsstrebens, die fehlende Hauptberuflichkeit und den Einsatz für eine fremdnützig bestimmte Einrichtung voraus (BFH-Urteil vom 14. Mai 2008, XI R 70/07, BStBl II S. 912, zuletzt BFH-Urteil vom 20. August 2009, V R 32/08, BStBl 2010 II S. 88).

Liegt ein eigennütziges Erwerbsstreben oder eine Hauptberuflichkeit vor bzw. wird der Ein-satz nicht für eine fremdnützig bestimmte Einrichtung erbracht, kann unabhängig von der Höhe der Entschädigung nicht von einer ehrenamtlichen Tätigkeit ausgegangen werden. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Zeitaufwand der Tätigkeit auf eine hauptberufliche Teilzeit- oder sogar Vollzeitbeschäftigung hindeutet.

Mit BMF-Schreiben vom 2. Januar 2012 – IV D 3 – S 7185/09/10001 (2011/1016375), BStBl I S. 59, wurden im Interesse einer Erleichterung für die Praxis durch die Einführung von Betragsgrenzen Anhaltspunkte vorgegeben, bis zu welcher Höhe nach Ansicht der Finanzverwaltung im Sinne des § 4 Nummer 26 Buchstabe b UStG von einem noch angemessenen Entgelt bei einer ehrenamtlichen Tätigkeit ausgegangen werden kann, bei dem im Ergebnis die Steuerbefreiung zur Anwendung kommt. Damit ist für die Betroffenen insoweit Rechtssicherheit gegeben. Da es sich bei den genannten Grenzen um so genannte Nichtbeanstandungsgrenzen handelt, bis zu deren Höhe seitens der Finanzverwaltung grundsätzlich auf eine Angemessenheitsprüfung der Entschädigungen verzichtet wird, ist die Möglichkeit der Einzelfallüberprüfung für Beträge, die über diese Grenzen hinaus gehen, nach wie vor gegeben. Die Frage nach der Angemessenheit der Entschädigung für Zeitversäumnis ist hierbei an dem vom BFH ausgelegten Begriff des „Ehrenamt“ in § 4 Nummer 26 Buchstabe b UStG auszurichten und nicht nach dem Marktwert der jeweiligen Leistung. Der ehrenamtlich Tätige hat keinen Anspruch auf eine Bezahlung, sondern allenfalls auf eine Entschädigung besonderer Art, die einen angemessenen Ausgleich zwischen den öffentlichen und den beruflich-privaten Interessen schaffen soll.
Nach dem Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird daher Abschnitt 4.26.1 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses vom 1. Oktober 2010 (BStBl I S. 846), der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 26. März 2013 – IV D 2 – S 7127/07/10002:010 (2013/0286981), BStBl I S. XXX, geändert worden ist, wie folgt geändert:

1. In Absatz 1 werden nach Satz 5 die folgenden neuen Sätze 6 bis 8 angefügt:
„6Liegt ein eigennütziges Erwerbsstreben oder eine Hauptberuflichkeit vor bzw. wird der Einsatz nicht für eine fremdnützig bestimmte Einrichtung erbracht, kann unabhängig von der Höhe der Entschädigung nicht von einer ehrenamtlichen Tätigkeit ausgegangen werden. 7Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Zeitaufwand der Tätigkeit auf eine hauptberufliche Teilzeit- oder sogar Vollzeitbeschäftigung hindeutet. 8Ein Entgelt, das nicht lediglich im Sinne einer Entschädigung für Zeitversäumnis oder eines Verdienstausfalls gezahlt wird, sondern sich an der Qualifikation des Tätigen und seiner Leistung orientiert, steht dem Begriff der ehrenamtlichen Tätigkeit entgegen.“

2. In Absatz 4 werden die bisherigen Sätze 2 bis 4 durch die folgenden Sätze 2 bis 5 ersetzt:
„2Was als angemessene Entschädigung für Zeitversäumnis anzusehen ist, muss nach den Verhältnissen des Einzelfalls beurteilt werden; dabei ist eine Entschädigung in Höhe bis zu 50 € je Tätigkeitsstunde regelmäßig als angemessen anzusehen, sofern die Vergütung für die gesamten ehrenamtlichen Tätigkeiten im Sinne des § 4 Nummer 26 Buchstabe b UStG den Betrag von 17 500 €im Jahr nicht übersteigt. 3Zur Ermittlung der Grenze von 17 500 € ist auf die tatsächliche Höhe der Aufwandsentschädigung im Vorjahr sowie die voraussichtliche Höhe der Aufwandsentschädigung im laufenden Jahr abzustellen. 4Ein (echter) Auslagenersatz, der für die tatsächlich entstandenen und nachgewiesenen Aufwendungen der ehrenamtlichen Tätigkeit vergütet wird, bleibt bei der Berechnung der Betragsgrenzen unberücksichtigt. 5Als Auslagenersatz im Sinne des Satzes 4 werden beispielsweise auch ein Fahrtkostenersatz nach den pauschalen Kilometersätzen oder auch Verpflegungsmehraufwendungen anerkannt, sofern sie lohnsteuerlich ihrer Höhe nach als Reisekosten angesetzt werden könnten (vgl. R 9.4 Absatz 1 LStR 2011).“

3. Nach Absatz 4 wird folgender neuer Absatz 5 angefügt:
„(5) 1Eine vom tatsächlichen Zeitaufwand unabhängige z. B. laufend gezahlte pauschale bzw. monatli-che oder jährlich laufend gezahlte pauschale Vergütung sowie ein gesondert gezahltes Urlaubs-, Weihnachts- bzw. Krankheitsgeld stehen dem Charakter einer Entschädigung für Zeitversäumnis entgegen und führen zur Nichtanwendbarkeit der Befreiungsvorschrift mit der Folge, dass sämtliche für diese Tätigkeit gezahlten Vergütungen – auch soweit sie daneben in Auslagenersatz oder einer Entschädigung für Zeitaufwand bestehen – der Umsatzsteuer unterliegen. 2Dies gilt für eine pauschal gezahlte Aufwandsentschädigung nicht, wenn der Vertrag, die Satzung oder der Beschluss eines laut Satzung hierzu befugten Gremiums zwar eine Pauschale vorsieht, aber zugleich festgehalten ist, dass der ehren-amtlich Tätige durchschnittlich eine bestimmte Anzahl an Stunden pro Woche/Monat/Jahr für die fremdnützig bestimmte Einrichtung tätig ist und die in Absatz 4 genannten Betragsgrenzen nicht überschritten werden. 3Der tatsächliche Zeitaufwand ist glaubhaft zu machen. 4Aus Vereinfachungsgründen kann die Steuerbefreiung auch ohne weitere Prüfung gewährt werden, wenn der Jahresge-samtbetrag der Entschädigungen den Freibetrag nach § 3 Nummer 26 EStG nicht übersteigt. 5In die-sen Fällen bedarf es lediglich der Angabe der Tätigkeiten und zur Höhe der dabei enthaltenen Entschädigungen.

Beispiel 1:
1Ein ehrenamtlich Tätiger, der für seine Ehrenamtstätigkeit (1 Stunde / Woche) eine pauschale Entschädigung für Zeitversäumnis in Höhe von 120 € monatlich und zusätzlich für eine weitere ehren-amtliche Tätigkeit (ca. 20 Stunden / Jahr) eine jährliche Entschädigung für Zeitversäumnis in Höhe von 500 € erhält, kann die Steuerbefreiung gemäß § 4 Nummer 26 Buchstabe b UStG – auch ohne zusätzliche Nachweise – in Anspruch nehmen, da der Jahresgesamtbetrag seiner Entschädigungen (1 940 €) den Freibetrag nach § 3 Nummer 26 EStG nicht übersteigt. 2Ein daneben gezahlter Auslagenersatz für tatsächlich entstandene Aufwendungen bleibt bei der Berechnung der Betragsgrenzen unberücksichtigt.

Beispiel 2:
1Ein ehrenamtlich Tätiger, der für seine ehrenamtliche Tätigkeit (7 Stunden / Woche) eine pauschale monatliche Entschädigung für Zeitversäumnis in Höhe von 1 200 € erhält und in acht Wochen im Jahr seine Tätigkeit auf Grund Urlaub / Krankheit nicht ausübt, hat einen durchschnittlichen Stundensatz in Höhe von rund 46 € (44Wochen je 7 Stunden, Gesamtvergütung 14 400 €). 2Eine weitere ehrenamtliche Tätigkeit wird durch ihn nicht ausgeübt. 3Die Steuerbefreiung kann gewährt werden, da die Vergütung nicht mehr als 50 € je Tätigkeitsstunde beträgt und die Grenze von 17 500 € nicht übersteigt.“
Die Grundsätze dieses Schreibens sind auf Umsätze anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2012 ausgeführt werden. Für die Anwendung von Abschnitt 4.26.1 Absatz 5 Satz 2 UStAE ist es ausreichend, wenn der Vertrag, die Satzung oder der Beschluss bis zum 31. März 2014 entsprechend angepasst wird.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht. Es steht ab sofort für eine Übergangszeit auf den Internetseiten des Bundesministeriums der Finanzen (http://www.bundesfinanzministerium.de) unter der Rubrik Themen – Steuern – Steuerarten – Umsatzsteuer – Umsatzsteuer-Anwendungserlass zum Herunterladen bereit.

Entscheidungen des Finanzgerichts Düsseldorf

Folgende Entscheidungen hat das Finanzgericht Düsseldorf mit Datum von gestern (03.04.2013) veröffentlicht:

– FG Düsseldorf Urteil vom 20.11.2012 – 13 K 180/11 E: Bürgschaftsinanspruchnahme als nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung an einer GmbH

Zwischen den Beteiligten war streitig, ob die Bürgschaftsinanspruchnahme eines GmbH-Gesellschafters zu nachträglichen Anschaffungskosten auf seine Beteiligung führt. Der Kläger war Gesellschafter-Geschäftsführer einer Bauträger-GmbH und musste im Jahr 1999 gegenüber der finanzierenden Bank eine unbeschränkte selbstschuldnerische Bürgschaft zur Sicherung der Verbindlichkeiten der GmbH übernehmen. Nachdem er aus der Bürgschaft in Höhe von rund 700.000 € in Anspruch genommen und die Gesellschaft im Jahr 2008 im Handelsregister gelöscht worden war, begehrte er, den Auflösungsverlust um diesen Betrag zu erhöhen. Das beklagte Finanzamt verweigerte den Abzug.

Das Finanzgericht Düsseldorf hat den erforderlichen eigenkapitalersetzenden Charakter der Bürgschaft bejaht und der Klage stattgegeben. Es handele sich um eine sog. Krisenbürgschaft. Zwar reiche es nicht aus, wenn die Gesellschaft einen Bankkredit zu marktüblichen Konditionen routinemäßig nur unter der Bedingung erhalte, dass sich der Gesellschafter hierfür persönlich verbürge. Kreditunwürdigkeit sei aber gegeben, wenn – wie im Streitfall – die Gesellschaft selbst nicht über ausreichende Sicherheiten verfüge, um sich am Kapitalmarkt zu finanzieren. Dabei sei eine objektive Betrachtungsweise geboten.

Das Finanzgericht Düsseldorf hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

– FG Düsseldorf Urteil vom 20.12.2012 – 14 K 1455/11 E: Betreuungskosten für unter dreijährige Kinder

Die Beteiligten stritten um die Abzugsfähigkeit von Kinderbetreuungskosten. In ihrer Steuererklärung für das Jahr 2008 machten die Kläger für ihre 2004, 2006 und 2007 geborenen Kinder Betreuungskosten in Höhe von insgesamt 6.828,52 € (Beiträge für den Kindergarten und Au-pair-Kosten) geltend. Das beklagte Finanzamt erkannte nur die Kindergartenbeiträge für das erstgeborene und das zweitgeborene Kind sowie 1/3 der Au-pair-Kosten (insgesamt 4.267,17 €) dem Grunde nach als Kinderbetreuungskosten an und gewährte einen Sonderausgabenabzug in Höhe von 2.845 €.

Das Finanzgericht Düsseldorf hat die Klage abgewiesen. Ein Abzug als erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten des Klägers scheide aus, da die Klägerin im Streitjahr nicht erwerbstätig gewesen sei. Ebenso wenig komme ein weiterer Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 8 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Betracht. Zwar sei der Kläger im Streitjahr erwerbstätig gewesen, die Klägerin habe sich aber weder in Ausbildung befunden noch sei sie behindert oder krank gewesen. Bei der Schwangerschaft und Stillzeit handele es sich nicht um eine Krankheit. Schließlich erlaube § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG einen Abzug nur für drei- bis fünfjährige Kinder.

Der beschränkte Abzug von Kinderbetreuungskosten verstoße auch nicht gegen verfassungsrechtliche Anforderungen. Eine “größere Zahl von Kindern”, die die steuerliche Berücksichtigung der Kinderbetreuungskosten bei Erwerbstätigkeit des einen Elternteils nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs geboten erscheinen lassen könnte, sei bei drei Kindern noch nicht gegeben.

Das Finanzgericht Düsseldorf hat auch hier die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

– FG Düsseldorf Urteil vom 20.02.2013 – 15 K 2052/12 E: Kosten eines Zivilprozesses als außergewöhnliche Belastung

Im Streitfall hatte der Kläger zivilgerichtlich einen Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung geltend gemacht und einen Vergleich (Schadensersatz in Höhe von 275.000 €) erzielt. Die Kosten wurden gegeneinander aufgehoben. Im Rahmen seiner Einkommensteuerveranlagung begehrte der Kläger, die angefallenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von rund 16.000 € als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, was das beklagte Finanzamt ablehnte.

Das Finanzgericht Düsseldorf hat der Klage stattgegeben und dabei auf die – von der Finanzverwaltung mit einem sog. Nichtanwendungserlass belegte – neuere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs abgestellt, wonach die Kosten eines Zivilprozesses unabhängig von dessen Gegenstand aus rechtlichen Gründen zwangsläufig entstehen könnten. Voraussetzung für den Abzug sei, dass sich der Steuerpflichtige nicht mutwillig oder leichtfertig auf den Prozess eingelassen habe. Im Streitfall habe eine hinreichende Erfolgsaussicht bestanden. Auf die Umstände der Beendigung des Prozesses und die Kostenverteilung komme es nicht an.

Das Finanzgericht Düsseldorf hat wiederum die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Weitere aktuelle Entscheidungen

– FG Düsseldorf Urteil vom 25.01.2011 – 6 K 2991/08 K,G,F (Teilwertabschreibung auf Darlehen als verdeckte Gewinnausschüttung);

– FG Düsseldorf Beschluss vom 13.02.2013 – 7 V 235/13 A(E) (Kapitaleinkünfte aus der Beteiligung an einer US-Corporation);

– FG Düsseldorf Urteil vom 19.02.2013 – 10 K 829/11 E (Räumlichkeit bei einem Kunden keine Betriebsstätte im Sinne des § 12 AO);

– FG Düsseldorf Urteil vom 19.02.2013 – 10 K 2392/12 E (Kosten eines Ehescheidungsverfahrens als außergewöhnliche Belastung);

– FG Düsseldorf Urteil vom 14.01.2013 – 11 K 1633/12 E (Kosten eines Verwaltungsprozesses zur Erlangung eines Studienplatzes als außergewöhnliche Belastung);

– FG Düsseldorf Urteil vom 30.08.2011 – 13 K 856/09 G (Abgrenzung zwischen gewerblicher und freiberuflicher Tätigkeit (EDV-Berater));

– FG Düsseldorf Urteil vom 26.02.2013 – 13 K 4455/11 E (Steuerpflicht von Zinsen aus einer Lebensversicherung).

Finanzgericht Düsseldorf

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