Aktienkauf: wann ist eine Rückübertragungsklausel nichtig?

Aktienkauf: wann ist eine Rückübertragungsklausel nichtig?

Kernaussage
Ein schuldrechtlicher Vertrag zwischen einer Aktiengesellschaft (AG) und einem Aktionär, wonach der Aktionär seine Aktien auf die AG unentgeltlich zu übertragen hat, wenn der Vertrag beendet wird, ist nichtig, wenn der Aktionär die Aktien zuvor entgeltlich erworben hat.

Sachverhalt
Die klagende AG betreibt ein Verbundsystem für Versicherungsmakler. Die Beklagte ist selbstständige Versicherungsmaklerin. In einem Vertrag aus dem Jahr 2001, der auch die Zusammenarbeit zwischen der Beklagten und der AG regelte, verpflichtete sich die Beklagte gegenüber der AG, von dieser 25 vinkulierte Namensaktien zu erwerben. Der Vertrag konnte von beiden Seiten mit einer dreimonatigen Frist gekündigt werden. Eine Vertragsklausel sah vor, dass bei einer Kündigung die 25 Aktien unentgeltlich auf die AG zurückübertragen werden müssen. Im September 2007 kündigte die AG den Vertrag zum Jahresende und klagte anschließend auf Rückübertragung der Aktien.

Entscheidung
Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied als letzte Instanz, dass die Vertragsklausel, wonach die Aktien unentgeltlich zurück auf die AG zu übertragen seien, insgesamt nichtig ist, da sie gegen die guten Sitten verstößt. Zwar können Aktionäre aufgrund der allgemeinen Vertragsfreiheit schuldrechtliche Nebenabreden treffen, die in der Satzung einer AG nicht zulässig wären. Hier wurde jedoch eine sittenwidrige Abrede zwischen einem Aktionär und der AG getroffen. Die Sittenwidrigkeit ergibt sich daraus, dass entschädigungslos in die vermögensmäßige und durch das im deutschen Grundgesetz verankerte Recht auf Eigentum geschützte Rechtsposition des Aktionärs eingegriffen wird. Denn nach der Klausel musste die Beklagte als Aktionärin nach der Kündigung durch die AG ohne Entschädigung die Aktien an die AG zurückgeben. Die Klausel ist insgesamt nichtig, da grundsätzlich sittenwidrige Regelungen nicht auf ein noch soeben zulässiges Maß reduziert werden können und nicht erkennbar ist, was die Parteien gewollt hätten, wenn sie die Nichtigkeit gekannt hätten.

Konsequenz
Die Entscheidung des BGH ist zu begrüßen. Sie zeigt, dass der Vertragsfreiheit dort Grenzen gesetzt sind, wo einer Partei aufgrund einer schwachen Position entschädigungslos ihre Vermögensposition genommen wird. Zudem wird deutlich, dass aufgrund der gänzlichen Nichtigkeit der Klausel die Verwendung solcher sittenwidriger Regelungen riskant ist.

Wann ist Wiedereinsetzung bei Klage per Mail ohne Signatur zulässig?

Wann ist Wiedereinsetzung bei Klage per Mail ohne Signatur zulässig?

Kernaussage
Die Klageerhebung zum Finanzgericht per E-Mail ist ohne qualifizierte elektronische Signatur formunwirksam. Allerdings kann dieser Mangel beseitigt werden, da grundsätzlich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand möglich ist.

Sachverhalt
Die Kläger machten in ihrer Einkommensteuererklärung 2008 verschiedene Aufwendungen geltend, die das Finanzamt nicht berücksichtigte. Die Kläger erhoben Einspruch, der mit Datum vom 6.5.2010 als unbegründet zurückgewiesen wurden. Nach der der Einspruchsentscheidung beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung ist die Klage schriftlich einzureichen. Am 4.6.2010 ging die Klage beim zuständigen Finanzgericht Neustadt per E-Mail ohne elektronische Signatur ein. Daraufhin teilte das Gericht mit, die Klage sei nicht ordnungsgemäß erhoben worden. Anschließend erhoben die Kläger am 14.6.2010 nochmals per unterschriebenem Telefax Klage.

Entscheidung
Das Finanzgericht bejahte daraufhin die Zulässigkeit der Klage. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Mangels elektronischer Signatur war die Klage per E-Mail nicht formgerecht. Die anschließende Klage per Fax erfolgte zu spät. Jedoch ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Dies bedeutet, dass die Klage im Ergebnis nicht zu spät erfolgte und nun in der Sache über die Berücksichtigung der Aufwendungen entschieden werden kann. Das Finanzgericht gewährte die Wiedereinsetzung, da die Kläger ohne Verschulden die Frist verpassten. Denn als steuerliche Laien konnten sie aus der Rechtsbehelfsbelehrung nicht erkennen, dass das Schriftstück aufgrund der Schriftform mit einer eigenen Unterschrift oder einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen sein muss. Außerdem akzeptiert die Finanzverwaltung Rheinland-Pfalz bei einer ähnlichen Rechtsbehelfsbelehrung auch Einsprüche per E-Mail ohne qualifizierte elektronische Signatur. Daher kann der Laie nicht ohne Weiteres erkennen, dass dies bei der anschließenden Klage anders ist.

Konsequenz
Die Entscheidung zeigt, dass man in manchen Fällen ein Fristversäumnis noch retten kann. Entspannter lebt es sich jedoch, wenn man wichtige Angelegenheiten, wie z. B. eine Klage, klassisch per Post einreicht.

Vorab-Werbungskosten bei dreijährigem Stipendium im Ausland

Vorab-Werbungskosten bei dreijährigem Stipendium im Ausland

Kernproblem
Aufwendungen sind als vorweggenommene Werbungskosten abzugsfähig, wenn sie in einem hinreichend konkreten und objektiv feststellbaren Veranlassungszusammenhang mit späteren Einnahmen stehen. Das gilt auch für die Kosten berufsbezogener Bildungsmaßnahmen. Fallen die Aufwendungen bei einem Stipendium im Ausland an, gesellt sich aus steuerlicher Sicht die Problematik des Abzugsverbots solcher Ausgaben hinzu, die im Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen. Das Finanzgericht Köln hat hierzu im Fall einer promovierten Diplom-Biologin ein rechtskräftiges Urteil gefällt.

Sachverhalt
Die Biologin war bereits während ihrer Promotionszeit mit der Abhaltung von Lehrveranstaltungen an der Universität betraut und hatte sich aufgrund ihrer wissenschaftlichen Veröffentlichungen einen Namen gemacht. Sie bewarb sich im Jahr 2008 um eine Forschungsstelle an einer renommierten Universität in Kanada. Den dort lehrenden Forschungsdirektor traf sie auf einem Kongress, wo er ihr die Zusage erteilte. Im Anschluss an einen Vortrag an der kanadischen Universität wurde der Biologin ein dreijähriges Stipendium angeboten, das sie im Jahr 2009 antrat. Der ihr gewährte Unterhaltszuschuss betrug monatlich 1.057 EUR und war in Kanada steuerfrei. In der Steuererklärung 2008 beantragte die Biologin den Abzug der Kongresskosten, der Reisekosten zur Vortragsveranstaltung nach Kanada sowie der Einlagerungskosten ihrer Möbel in Deutschland. Das Finanzamt verwehrte den Abzug wegen des Zusammenhangs mit den ausländischen (steuerfreien) Einkünften. Die Biologin dagegen argumentierte mit der Aussicht auf eine gehobene Stelle an einer inländischen Universität im Anschluss an das Stipendium. Mangels außergerichtlicher Einigung ging es zum Finanzgericht.

Entscheidung
Das Finanzgericht (FG) Köln ließ den Abzug als vorweggenommene Werbungskosten zu. Nach Überzeugung der Richter waren die getätigten Aufwendungen im entscheidendem Maße dadurch veranlasst, auf Grundlage der Forschungstätigkeit die Hochschulkarriere in Deutschland nachhaltig zu fördern und damit inländische Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit als Hochschullehrerin und Spitzenforscherin zu erzielen. Dagegen war das Bestreben nach einem steuerfreien Stipendium nach Auffassung des Gerichts eindeutig zurückgetreten. Zudem begründe die Möglichkeit späterer Einnahmeerzielung im Ausland noch keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Berufsausbildungskosten und später tatsächlich erzielten Auslandseinkünften.

Konsequenz
Beim Lesen der Urteilsbegründung entsteht der Eindruck, dass es sich bei der Klägerin um eine wissenschaftliche Koryphäe gehandelt haben muss, so dass dem Gericht die Entscheidung offensichtlich leicht viel. Aber auch anderen Berufsgruppen sollte die Entscheidung Mut machen, denn das Finanzgericht hat Teile seiner Begründung der BFH-Rechtsprechung zu Berufsausbildungskosten von Piloten entnommen.

Keine Entschädigung für Mobbing am Arbeitsplatz

Keine Entschädigung für Mobbing am Arbeitsplatz

Kernaussage
Mobbing am Arbeitsplatz und die gesundheitlichen Folgen sind weder als Berufskrankheit noch als Arbeitsunfall von der gesetzlichen Unfallversicherung zu entschädigen.

Sachverhalt
Eine Frau, die als Schreibkraft arbeitete, fühlte sich aufgrund negativer Gerüchte am Arbeitsplatz gemobbt. Sie leidet seither an psychischen Gesundheitsstörungen, die sie auf das Mobbing am Arbeitsplatz zurückführt. Hierfür beantragte sie gegenüber der gesetzlichen Unfallversicherung eine Entschädigung. Die Unfallkasse lehnte den Antrag ab, da eine Berufskrankheit nicht vorliege. Die hiergegen gerichtete Klage blieb erfolglos.

Entscheidung
Die Richter gaben der Unfallkasse Recht. Mobbing und die hierauf beruhenden Gesundheitsbeeinträchtigungen seien keine anerkannte Berufskrankheit. Die Erkrankung könne auch nicht „wie“ eine Berufskrankheit entschädigt werden, weil keine Erkenntnisse vorlägen, dass eine bestimmte Berufsgruppe bei ihrer Tätigkeit in weitaus höherem Grade als die übrige Bevölkerung Mobbing ausgesetzt sei. Vielmehr komme Mobbing in allen Berufsgruppen sowie im privaten Umfeld vor. Da keine zeitlich auf höchstens eine Arbeitsschicht begrenzte Einwirkung vorliege, sei ferner auch kein Arbeitsunfall anzuerkennen.

Konsequenz
Nach dem Gesetz sind Arbeitsunfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Dies ist bei Mobbing in der Regel nicht gegeben, da der betroffene Arbeitnehmer unter wiederholten Beeinträchtigungen leidet. Berufskrankheiten sind Krankheiten, die der Gesetzgeber durch Rechtsverordnung als solche bezeichnet. Das sind im Einzelnen Krankheiten, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Dies ist bei Mobbing ebenfalls nicht gegeben; die Beeinträchtigung kann in allen Berufsgruppen vorkommen, ohne dass bestimmte Berufe besonders gefährdet sind. Die Unfallkasse muss gesundheitliche Folgen eines Mobbings daher nicht entschädigen.

Vorsteuervergütung: Zur fristgemäßen Einreichung von Belegen

Vorsteuervergütung: Zur fristgemäßen Einreichung von Belegen

Kernaussage
Ausländische Unternehmer können sich unter bestimmten Voraussetzungen deutsche Vorsteuer vergüten lassen, sofern sie nicht dem allgemeinen Besteuerungsverfahren unterliegen. Hinsichtlich der Formvorschriften wird dabei zwischen Unternehmern aus der EU und aus Drittländern unterschieden.

Sachverhalt
Während früher ein schriftlicher Antrag auf Vergütung der Vorsteuer an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) bis zum 30.6. des Folgejahres zu richten war, gilt dies mittlerweile nur noch für Unternehmen aus Drittländern. Unternehmer aus der EU haben ihre Anträge elektronisch an eine Behörde ihres Herkunftslandes zu stellen, welche den Antrag an das BZSt weiterleitet. Weitere Vereinfachungen ergeben sich für Unternehmen aus der EU durch eine verlängerte Antragsfrist (30.9. des Folgejahres) und hinsichtlich der Einreichung der Originalbelege. Diese müssen nur dann in eingescannter Form dem Antrag beigefügt werden, wenn das Entgelt mindestens 1.000 EUR beträgt, bzw. bei Kraftstoffen mindestens 250 EUR.

Pressemitteilung des BZSt
Das BZSt hat nun darauf hingewiesen, dass die Pflicht besteht, die Belege bis zum 30.9. des Folgejahres elektronisch zu übermitteln (Ausschlussfrist). Sofern Belege später übermittelt werden, bleiben diese bei Ermittlung der Vorsteuervergütung unberücksichtigt.

Konsequenz
Unternehmer aus der EU müssen die Vorgaben des BZSt beachten. Um die Frist nicht zu versäumen, sollte der Antrag nicht auf den letzten Drücker gestellt werden. Eine frühzeitige Antragstellung lässt ggf. auch noch spätere Korrekturen vor Ablauf der Frist zu. Fraglich ist allerdings, ob die betroffenen Unternehmer aus der EU überhaupt die Forderungen des BZSt zur Kenntnis nehmen, da sie ihren Antrag in ihrem Herkunftsland stellen. Problematisch ist zudem, dass die Einreichung der Belege in der EU nicht einheitlich geregelt ist. Manche EU-Staaten verzichten komplett auf die Übermittlung der Belege. Verlassen sich Unternehmen aus diesen Ländern darauf, dass dies in Deutschland auch so ist, ist der Vorsteuerabzug ausgeschlossen, wenn eine Korrektur zeitlich nicht mehr möglich ist. Deutsche Unternehmen hingegen, die sich Vorsteuer in der übrigen EU vergüten lassen wollen, sollten sich ebenfalls rechtzeitig mit den dortigen Vorgaben befassen.

Bundesrechnungshof rügt Reformstau bei der Umsatzsteuer

Bundesrechnungshof rügt Reformstau bei der Umsatzsteuer

Kernaussage
Das Bundesfinanzministerium (BMF) erweckt gerne den Eindruck, mit Hochdruck Steuervereinfachungen anzustreben und Steuerbetrug einzudämmen. Das hier Anspruch und Wirklichkeit oftmals recht weit auseinander liegen, hat der Bundesrechnungshof (BRH) nun aufgezeigt.

Pressemitteilung des Bundesrechnungshofs
Der BRH hatte dem BMF diverse Vorschläge im Hinblick auf ein einfacheres und weniger betrugsanfälliges Umsatzsteuerrecht unterbreitet. U. a. forderte der BRH die schon seit längerem in der Diskussion befindliche Reform der Steuerermäßigungen sowie ein einfaches Kontrollverfahren für innergemeinschaftliche Lieferungen. Wer nun aber denkt, dass diese Forderungen als Vorlage für das BMF dienten, um Vereinfachungen umzusetzen und Mehreinnahmen zu erzielen, der kennt die deutsche Finanzverwaltung nicht. Der BRH stellt u. a. nunmehr fest, dass zwar auf einen Sonderbericht in 2010 hin eine Kommission zur Überarbeitung des ermäßigten Steuersatzes einberufen wurde, diese aber bis heute nicht getagt hat. Soweit Arbeitsgruppen ihre Arbeit beendet haben und Bedarf für Reformen sahen, fehlt es an der abschließenden Entscheidung hierüber. So kam eine Arbeitsgruppe in 2012 zu dem Ergebnis, dass die Besteuerung der öffentlichen Hand nicht dem Unionsrecht entspreche. Hierauf hatte der BRH schon 2004 und 2007 hingewiesen, geändert hat sich bisher noch nichts.

Konsequenz
Das BMF handelt frei nach dem Motto „wer nicht weiter weiß, bildet einen Arbeitskreis“. Entgegen allen Verlautbarungen ist nichts passiert. Soweit es Änderungen gegeben hat, beruhten diese auf dem Druck der EU oder dienten alleine der Eindämmung der Steuerhinterziehung. Eine EU-konforme Überarbeitung des Umsatzsteuergesetzes (UStG) ist offensichtlich nicht gewollt bzw. wird aus Rücksichtnahme auf Lobbyisten nicht angegangen. Dabei wäre gerade in der Umsatzsteuer eine Reform dringend nötig und würde auch auf Akzeptanz stoßen, da das jetzige Recht kaum noch ohne Risiken anwendbar ist. Unternehmen, die ihren umsatzsteuerlichen Pflichten nachkommen wollen, entstehen hohe Kosten, Betrüger haben dagegen leichtes Spiel. Auch wenn die Kritik des BRH massiv ist, ist mit Änderungen nicht zu rechnen. So verweist die Stellungnahme des BMF hierzu auf mangelnden politischen Konsens zur Reform des ermäßigten Steuersatzes, aber zu gegebener Zeit werde wieder darüber diskutiert. Die Ergebnisse der Bund-Länder Arbeitsgruppe zur Besteuerung der öffentlichen Hand werden nun durch übergeordnete Gremien überprüft; alles wie gehabt.

Welche Steuerbefreiung geht vor?

Welche Steuerbefreiung geht vor?

Kernaussage
Das Umsatzsteuergesetz (UStG) kennt zahlreiche Steuerbefreiungen. Da diese teilweise unsystematisch normiert sind, ist es möglich, dass für einen Umsatz mehrere Steuerbefreiungen in Frage kommen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun in einem solchen Fall zu klären, ob eine Steuerbefreiung vorrangig zu behandeln ist. Dies ist zwar im Hinblick auf die Befreiung des Umsatzes egal, hat jedoch Bedeutung für den Vorsteuerabzug. In diesem Zusammenhang hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) Ende 2006 entschieden, dass die Lieferung von Zahnersatz auch dann nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn es sich um eine innergemeinschaftliche Lieferung handelt. Das Bundesfinanzministerium (BMF) hatte dieses Urteil erst in 2011 veröffentlicht; beabsichtigte dies aber in allen offenen Fällen anzuwenden.

Sachverhalt
Die Klägerin, eine gemeinnützige GmbH, versandte 2001 und 2002 Blutplasma in das übrige Gemeinschaftsgebiet. Die Lieferungen waren als innergemeinschaftliche Lieferungen zu qualifizieren, die zum Vorsteuerabzug berechtigen. Allerdings ist die Lieferung von Blutplasma im Inland auch noch nach einer weiteren Vorschrift des Umsatzsteuergesetzes (§ 4 Nr. 17 UStG) befreit. Diese Befreiung lässt keinen Vorsteuerabzug zu. Die Klägerin wandte sich gegen die Versagung des Vorsteuerabzugs aus den Lieferungen durch das Finanzamt nach einer Überprüfung in 2009.

Entscheidung
Das Sächsische Finanzgericht verweigert den Vorsteuerabzug. Zur Begründung verweist es auf das Urteil des EuGH, das auch in diesem Fall für anwendbar gehalten wird. Auch sieht das Finanzgericht keinen Grund, der Klägerin Vertrauensschutz zu gewähren, da die Finanzverwaltung bis zur Veröffentlichung des genannten BMF-Schreibens in 2011 in den Umsatzsteuer-Richtlinien noch den Vorsteuerabzug in derartigen Fällen zugelassen hatte.

Konsequenzen
Die Klägerin ist nun vor den BFH gezogen; die endgültige Entscheidung bleibt daher abzuwarten. Ähnliche Fälle sollten offen gehalten werden. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass das Urteil des EuGH durchaus zutreffend ist. Der EuGH hatte die Versagung des Vorsteuerabzuges u. a. damit begründet, dass die Neutralität der Umsatzsteuer nicht gegeben sei, wenn der Vorsteuerabzug allein davon abhinge, ob eine Lieferung im Inland oder über die Grenze erfolge. Ob der BFH sich gegen die „rückwirkende“ Anwendung des BMF-Schreibens ausspricht, dürfte ebenfalls fraglich sein. Hier wäre es allerdings zu begrüßen, wenn einer derartigen Praxis ein Riegel vorgeschoben würde. Es ist kaum zumutbar, dass das BMF jahrelang Zeit benötigt, um Stellung zu wichtigen Urteilen zu beziehen (aktuell z. B. zur Organschaft und zum ermäßigten Steuersatz bei der Lieferung von Lebensmitteln).

Gerüstbauer: Wo sind die Umsätze zu versteuern?

Gerüstbauer: Wo sind die Umsätze zu versteuern?

Einführung
Dienstleistungen zwischen Unternehmen werden grundsätzlich am Ort des die Leistung empfangenden Unternehmens besteuert. Dienstleistungen in Verbindung mit Grundstücken werden abweichend hiervon allerdings dort umsatzsteuerlich erfasst, wo das Grundstück liegt. Mit Schreiben vom Dezember 2012 hatte das Bundesfinanzministerium (BMF) die Leistungen, die in Zusammenhang mit Grundstücken stehen, konkreter als in der Vergangenheit von den übrigen Leistungen abgegrenzt.

Neue Verwaltungsanweisung
Das Bayerische Landesamt für Steuern hat nun basierend auf dem Schreiben des BMF die Leistungen von Gerüstbauern unter die Lupe genommen und dargestellt, wo deren Leistungen zu versteuern sind. Die Verfügung behandelt die Vermietung, den Auf- bzw. Abbau von Gerüsten, die Vermietung mit Auf- bzw. Abbau sowie die Verlängerung von Mietverträgen gegen Entgelt.

Konsequenz
Nicht nur Gerüstbauer müssen sich mit der Verfügung auseinandersetzen, sondern auch deren Kunden. Für letztere ist die Ortsbestimmung ebenfalls von Bedeutung, da gegebenenfalls bei grenzüberschreitenden Umsätzen das Reverse-Charge Verfahren greift und sie Schuldner der Umsatzsteuer werden. Übersehen sie dies und rechnet der Gerüstbauer zu Unrecht unter Ausweis der Umsatzsteuer ab, laufen sie Gefahr, hierfür vom Fiskus im In- bzw. Ausland zur Kasse gebeten zu werden. Einziger Nachteil für die Praxis ist, dass die für den internen Gebrauch bestimmte Verfügung für steuerlich unbedarfte Leser schwer verständlich ist, da sie hinsichtlich der Ortsbestimmung ausschließlich auf die betreffenden Paragraphen verweist. Hier muss gegebenenfalls zwecks besserem Verständnis steuerlicher Rat eingeholt werden.

Längerer Weg zur Arbeit ist nicht versichert

Längerer Weg zur Arbeit ist nicht versichert

Kernaussage
Passiert einem Arbeitnehmer auf dem Arbeitsweg ein Unfall, so ist der nicht in jedem Fall durch die gesetzliche Unfallversicherung abgedeckt. Nach einem jüngeren Urteil des rheinland-pfälzischen Landessozialgerichts liegt ein versicherter Wegeunfall nämlich dann nicht vor, wenn der von der Wohnung der Freundin angetretene Weg zur Arbeit mehr als achtmal so lang ist, wie der übliche Fahrweg von der eigenen Wohnung.

Sachverhalt
Der Kläger war von der Wohnung seiner Verlobten, die rund 55 km von seiner Arbeitsstelle entfernt war, zur Arbeit gefahren. Der Weg von seiner eigenen Wohnung hätte nur etwa 6,5 km betragen. Auf dem Weg zur Arbeit erlitt er einen Verkehrsunfall mit Wirbelsäulenverletzungen. Die Unfallkasse lehnte die Anerkennung eines Wegeunfalls ab, weil der längere Weg zur Arbeit nicht durch die betriebliche Tätigkeit geprägt sei. Das Sozialgericht Koblenz hatte dies anders gesehen, da auch der Weg von einem anderen Ort als der eigenen Wohnung Ausgangpunkt eines versicherten Weges sein könne, insbesondere, wenn wegen der häufigen Übernachtungen bei der Freundin von einer gespaltenen Wohnung auszugehen sei.

Diese Entscheidung hob das Landessozialgericht auf und wies die Klage ab. Die Richter gingen davon aus, dass der Kläger die Wohnung der Freundin nicht wie eine eigene Wohnung genutzt habe, sondern sich vielmehr dort nur zu Besuch aufgehalten habe. Die Differenz zwischen dem Arbeitsweg von der eigenen Wohnung bzw. dem von der Wohnung der Freundin sei unverhältnismäßig, so dass nicht von einem versicherten Arbeitsweg auszugehen sei.

Konsequenz
Unfälle, die einem Arbeitnehmer auf dem unmittelbaren Weg von seiner Wohnung zur Arbeit passieren, sind durch die gesetzliche Unfallversicherung abgesichert. Der Versicherte kann dabei selbst entscheiden, ob er den kürzesten oder den schnellsten Weg zur Arbeit wählt und muss dies im Falle eines Unfalls auch nicht weiter begründen. Außerdem ist er frei in der Wahl des Transportmittels. Umwege sind grundsätzlich nicht versichert. Ausnahmsweise gilt für die dazugehörigen Umwege ebenfalls der gesetzliche Versicherungsschutz, wenn z. B. eine Fahrgemeinschaft von Arbeitnehmern gebildet wird oder der Angestellte auf dem Weg zur Arbeit noch seine Kinder in die Schule bringen muss. Eine weitere Ausnahme gilt, wenn es sich um Fahrten von einer Familienwohnung handelt. Arbeitet der Angestellte z. B. in einer anderen Stadt und ist Wochenendheimfahrer, sind auch die Fahrten zur Familie und von dort aus wieder zur Arbeit versichert. Die regelmäßig aufgesuchte Wohnung der Freundin gilt im Sinne des Versicherungsrechts allerdings nicht als „Familienwohnung“.

Bedrohung durch gefälschte E-Mails im Namen des Finanzamtes

Bedrohung durch gefälschte E-Mails im Namen des Finanzamtes

Kernaussage
Während die Finanzverwaltung zunehmend Daten nur noch elektronisch akzeptiert, versendet sie selbst Unterlagen fast ausschließlich in Papierform. Eine Ausnahme hiervon bilden Steuerbescheide, die auch elektronisch im ELSTER-Verfahren bereitgestellt werden.

Aktuelle Warnung der Finanzverwaltung
Das Bundeszentralamt für Steuern warnt vor Kriminellen, die derzeit im Namen der Finanzverwaltung gefälschte E-Mails versenden. Angeblich sollen die E-Mails den ELSTER-Steuerbescheid als Anhang enthalten.

Konsequenz
Die Steuerbescheide werden nicht per E-Mail von der Finanzverwaltung versendet. Für den Empfang wird spezielle Software benötigt. Entsprechende E-Mails können daher nicht vom Finanzamt stammen. Sie sind unbedingt zu löschen, da die im Anhang befindliche Datei „Elster.exe“ Schadstoffsoftware enthält. Wer diesbezüglich unsicher ist, sollte bei Übertragung der Steuererklärungen per ELSTER einfach auf die elektronische Übermittlung eines Steuerbescheids verzichten.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin