Die Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie sieht die Anwendung eines „globalen Pro-rata-Satzes“ nicht vor

Eine Gesellschaft, deren Hauptniederlassung in einem Mitgliedstaat ansässig ist, kann in die Berechnung des Pro-rata-Satzes für den Vorsteuerabzug nicht die Umsätze ihrer ausländischen Zweigniederlassungen einbeziehen.

Nach einer Steuerprüfung erhielt Le Crédit Lyonnais (LCL), ein Kreditinstitut mit Hauptniederlassung in Frankreich und Zweigniederlassungen im Ausland, zwei Nachforderungsbescheide. Die französische Steuerverwaltung verlangte von ihr nämlich Nachzahlungen insbesondere der Mehrwertsteuer für die Zeit vom 1. Januar 1988 bis 31. Dezember 1989, denn sie beanstandete, dass LCL bei der Berechnung des für die Bank anzuwendenden Pro-rata-Satzes für den Vorsteuerabzug Zinsbeträge von Darlehen berücksichtigt habe, die sie ihren außerhalb Frankreichs ansässigen Zweigniederlassungen gewährt habe.

LCL legte wegen der Mehrwertsteuer, die sie ihrer Meinung nach in den Jahren 1988 bis 1990 zu viel gezahlt hatte (etwa 31,7 Mio. Euro), drei Einsprüche ein und verlangte die Erstattung dieser Steuer. Nachdem die Steuerverwaltung diese Einsprüche zurückgewiesen hatte, erhob LCL Klage vor dem zuständigen französischen Verwaltungsgericht mit der Begründung, dass, wenn die von der Hauptniederlassung den Zweigniederlassungen in Rechnung gestellten Zinsen nicht berücksichtigt werden könnten, weil die Hauptniederlassung und ihre ausländischen Zweigniederlassungen eine Einheit bildeten, die Einnahmen aus den Umsätzen, die Letztere mit Dritten erzielten, als ihre Einnahmen anzusehen und bei der Berechnung des auf sie angewandten Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs zu berücksichtigen seien („globaler Pro-rata-Satz“).

Nachdem sie mit ihrer Klage und auch mit ihrer Berufung gescheitert war, wandte sich LCL an den Conseil d’État (Frankreich), der beschlossen hat, den Gerichtshof um die Auslegung der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie zu ersuchen. Es geht um die Frage, ob eine Gesellschaft, die in einem Mitgliedstaat ihre Hauptniederlassung und im Ausland Zweigniederlassungen hat, bei der Erfüllung ihrer steuerlichen Pflichten gegenüber dem Staat ihrer Hauptniederlassung – soweit sie sowohl Umsätze, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht, tätigt -, ihren Pro-rata-Satz des Vorsteuerabzugs unter Berücksichtigung ihres Gesamtumsatzes berechnen muss, d. h. unter Einbeziehung sowohl des Umsatzes der Hauptniederlassung als auch des Umsatzes ihrer einzelnen Zweigniederlassungen.

Der Gerichtshof weist in seinem Urteil vom 12.09.2013 erstens darauf hin, dass der in der Richtlinie vorgesehene Vorsteuerabzug den Unternehmer vollständig von der im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer entlasten soll. Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem gewährleistet daher völlige Neutralität hinsichtlich der steuerlichen Belastung aller wirtschaftlichen Tätigkeiten unabhängig von ihrem Zweck und ihrem Ergebnis, sofern diese Tätigkeiten der Mehrwertsteuer unterliegen. Insbesondere ist, wenn sich die Mehrwertsteuer auf Gegenstände oder Dienstleistungen bezieht, die vom Steuerpflichtigen sowohl für Umsätze verwendet werden, für die ein Recht auf Vorsteuerabzug besteht, als auch für Umsätze, für die dieses Recht nicht besteht, der Vorsteuerabzug nur für den Teil der Mehrwertsteuer zulässig, der auf den Betrag der erstgenannten besteuerten Umsätze entfällt. Der Anspruch auf Vorsteuerabzug ist auf der Grundlage eines Pro-rata-Satzes zu berechnen, der anhand der Sechsten Richtlinie ermittelt wird. Da die Berechnung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs Teil der Regelung über den Vorsteuerabzug ist, fallen die Modalitäten dieser Berechnung in den Geltungsbereich des nationalen Mehrwertsteuerrechts, dem eine Tätigkeit oder ein Umsatz steuerlich zuzuordnen ist (Territorialitätsprinzip). Es ist daher Sache der nationalen Steuerbehörden, die Methode für die Berechnung des Rechts auf Vorsteuerabzug festzulegen, da sie durch die Sechste Richtlinie ermächtigt sind, für jeden Tätigkeitsbereich einen besonderen Pro-rata-Satz, einen Vorsteuerabzug nach der Zuordnung der Gesamtheit oder eines Teils der Gegenstände und Dienstleistungen zu einer bestimmten Tätigkeit oder unter bestimmten Voraussetzungen sogar den Ausschluss des Rechts auf Vorsteuerabzug vorzusehen.

Im Übrigen hebt der Gerichtshof hervor, dass sich die Art der Rückzahlung der Mehrwertsteuer (durch Abzug oder durch Erstattung) ausschließlich danach richtet, wo der Steuerpflichtige ansässig ist (Hauptniederlassung, aber auch feste Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat). So ist eine Gesellschaft, die ihre Hauptniederlassung in einem Mitgliedstaat und eine feste Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat hat, aufgrund dieser Tatsache im Hinblick auf die im letztgenannten Staat durchgeführten Tätigkeiten als dort niedergelassen anzusehen und hat keinen Anspruch mehr auf eine Erstattung der dort entrichteten Mehrwertsteuer. Es ist Sache der festen Niederlassung, bei den Steuerbehörden dieses Staates für dort getätigte Anschaffungen den Vorsteuerabzug geltend zu machen.

Da der Gerichtshof entschieden hat, dass eine in einem Mitgliedstaat ansässige feste Niederlassung und die in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Hauptniederlassung im Hinblick auf die Mehrwertsteuer als ein einziger Steuerpflichtiger anzusehen sind, folgt daraus, dass ein einziger Steuerpflichtiger außer der in seinem Sitzstaat geltenden Regelung so vielen nationalen Regelungen über den Vorsteuerabzug unterliegt, wie es Mitgliedstaaten gibt, in denen er feste Niederlassungen hat.

Da die Modalitäten der Berechnung des Pro-rata-Satzes ein wesentlicher Bestandteil der Vorsteuerabzugsregelung sind, kann bei der Berechnung des Pro-rata-Satzes, der für die in einem Mitgliedstaat ansässige Hauptniederlassung eines Steuerpflichtigen gilt, der Umsatz, der von allen festen Niederlassungen des genannten Steuerpflichtigen in anderen Mitgliedstaaten erzielt wurde, nicht berücksichtigt werden.

Zweitens stellt der Gerichtshof fest, dass die Richtlinie dahin auszulegen ist, dass eine Gesellschaft, deren Hauptniederlassung in einem Mitgliedstaat ansässig ist, für die Bestimmung des für sie geltenden Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs nicht den Umsatz berücksichtigen kann, den ihre in Drittstaaten ansässigen Zweigniederlassungen erzielt haben.

Die Richtlinie enthält nämlich keinen Anhaltspunkt dafür, dass es Auswirkungen auf die Vorsteuerabzugsregelung, der ein Steuerpflichtiger in dem Mitgliedstaat seiner Hauptniederlassung unterliegt, haben könnte, wenn er außerhalb der Europäischen Union eine feste Niederlassung hat. Der Gerichtshof weist somit das Vorbringen von LCL zurück, dass eine Gesellschaft, die eine Zweigniederlassung in einem Drittstaat habe, im Hinblick auf die Mehrwertsteuer dieselbe steuerliche Behandlung erfahren müsse wie eine Gesellschaft, die in dem Drittstaat eine Tochtergesellschaft habe. Diese unterschiedlichen Möglichkeiten spiegeln nämlich klar unterschiedliche Sachverhalte wider und können deshalb nicht dieselbe steuerliche Behandlung erfahren.

Drittens stellt der Gerichtshof fest, dass die Richtlinie es einem Mitgliedstaat nicht erlaubt, für die Berechnung des Pro-rata-Satzes des Vorsteuerabzugs für jeden Tätigkeitsbereich einer steuerpflichtigen Gesellschaft eine Regelung vorzusehen, nach der die Gesellschaft den Umsatz berücksichtigen darf, den eine in einem anderen Mitgliedstaat oder in einem Drittstaat ansässige Zweigniederlassung erzielt hat.

Der Begriff „Tätigkeitsbereiche“ bezieht sich nämlich nicht auf geografische Gebiete, sondern auf verschiedene Arten wirtschaftlicher Tätigkeiten, wie Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden.

Quelle: EuGH, Pressemitteilung vom 12.09.2013 zum Urteil C-388/11 vom 12.09.2013

Steuer zur Wahl – immer noch unentschlossen?

Hier ein paar Gedanken zur Steuerpolitik der Parteien:

Ganz ehrlich, bis vor kurzem war ich noch unentschlossen. Was soll ich wählen: „Stinkefinger“ oder „Raute“?

Oder besser nicht wählen gehen, weil man Politik verdrossen ist? Keine Partei und erst recht nicht irgendein Politiker ist perfekt! Kann man nur zwischen „Pest“ und „Cholera“ wählen? Die Parteien unterscheiden sich kaum, oder? So dachte ich lange Zeit und so denken sicherlich viele andere auch! Aber mitnichten. Je länger der Wahlkampf dauert umso klarer wird das Bild:

Was will die Opposition?

Ja, das was die Opposition verspricht hört sich gut an. Soziale Gerechtigkeit, Investition in Bildung usw. Das verspricht aber auch die Regierungspartei. Mit einem wichtigen Unterschied: Die einen mussten nicht nur durch eine schwere, sondern gleich durch mehrere schwere Wirtschafts- und Finanzkrisen und dafür stehen wir (DE) verdammt gut da! Die Opposition hat es immer leichter: Sie kann mehr versprechen, weil sie keinen Sachzwängen unterliegt. Sobald es etwas besser geht, erscheint das auch im Bereich des Möglichen. Aber hier wird das aufs Spiel gesetzt, was eine Regierungspartei in Zeiten der Krise gut gemeistert und aufgebaut hat. Leider verkauft sich so etwas aber nicht so gut.

Und wie will das die Opposition finanzieren?

Nicht besonders kreativ: durch Steuererhöhungen! Obwohl wir die höchsten Steuereinnahmen des Staates verzeichnen, die es je gegeben hat!!!! Die Opposition kommt selbst in Zeiten der höchsten Einnahmen nicht mit den Steuern zurecht und will diese noch erhöhen!  Die Wahlversprechen von heute, sind die Steuern von Morgen. Und eins muss man der Opposition lassen, sie ist ehrlich. Sie verspricht Steuererhöhungen und macht keinen Hehl daraus. Wer uns in besten Zeiten schon mit Steuererhöhungen beschert, was können wir von dem noch erwarten? Was will die Opposition aber machen, wenn wir tatsächlich eine Krise bekommen? Klar: Konjunkturprogramme (wie für Griechenland gefordert, obwohl dort die Steuern nicht eingefordert werden, wie von unseren Finanzämtern. Wer Steuern zahlt, weiß wovon ich rede.). Woher wird das Geld für die Konjunkturprogramme kommen? Klar, von Steuererhöhungen! Aber gut schauen wir uns doch mal an, wer soll es bezahlen? Vielleicht trifft es ja die „Richtigen“?

Wer soll überhaupt mehr besteuert werden?

Das kann man bei den Grünen gleich online berechnen: http://www.gruene.de/themen/wirtschaft-arbeit/das-steuerkonzept-der-gruenen-mit-rechenbeispielen.html

Beispiel: Ein Ehepaar mit einem Kind und einem Einkommen 10.000 Euro pro Monat

Ergebnis: „Du gehörst zu den obersten 10% der SteuerzahlerInnen und musst durch die grüne Steuerreform etwas mehr bezahlen. Im Jahr 2010 haben 99% aller ArbeitnehmerInnen weniger verdient als Du. Wir verlangen von Menschen mit hohen Einkommen deswegen einen höheren Beitrag zum Gemeinwesen, weil sie es sich am ehesten leisten können und weil auch sie auf eine gute öffentliche Infrastruktur angewiesen sind. Unseren finanziellen Spielraum werden wir hauptsächlich dort investieren.  Bei einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 104.296 Euro musst du insgesamt 5.342,12 Euro mehr Steuern im Jahr zahlen. Dein Steuersatz steigt von 24,1% auf 28,6%.“

Noch ein Wort zum Ehegattensplitting: Rot-Rot-Grün will das Ehegattensplitting abschaffen. Damit ist die Linke ist die einzige Partei, die Geringverdiener steuerlich mehr belasten möchte! Und tatsächlich sind vor allem Arbeitnehmer betroffen. Denn Unternehmer können durch steuerliche Gestaltungsmaßnahmen das Einkommen und die Steuerlast auf den Ehepartner umverteilen.

 

Mein Fazit

Der Oppositionsführer ist der Meinung, dass Politiker zu wenig verdienen und wir mehr Steuern zahlen sollen. Mal ganz ehrlich, wofür rackern wir uns eigentlich ab. Wir zahlen nicht nur mehr Steuern, sondern überall zahlen wir mehr , bei der Krankenversicherung, beim Kindergarten usw. Durch die sog. Bürgerversicherung soll die Abgabenlast auch noch erhöht werden.  Auch bei niedrigeren Einkommen lohnt sich die Arbeit oft nicht (Familie mit 2 Kindern und 3.000 Euro Einkommen hat gerade mal 200 Euro als bei Hartz 4). Wer soll denn da überhaupt noch einen Anreiz haben, um arbeiten zu gehen? Wenn sich Leistung nicht mehr lohnt, dann funktioniert die Leistungsgesellschaft nicht mehr. Wenn wir über Steuern für „Super-Reiche“ sprechen würden, denen sollte es nicht wirklich weh tun, wenn Sie etwas mehr Steuern zahlen müssten. Ab ca. 70.000 Euro Jahreseinkommen (pro Person) soll der Nutzen des Geldes bekanntlich abnehmen. Aber die Opposition will eine Schicht zu Kasse bitten, die der Leistungsträger der Gesellschaft ist. Mit ist jedenfalls jetzt wirklich klar geworden, dass ich wählen gehe und wen ich wähle. Nicht weil ich alles gut finde, was die Regierung gemacht hat, aber das ist das kleinere Übel!

Rot-Rot-Grün verhindern und wählen gehen!

PS: Mir ist aber auch klar geworden, was ich mache, wenn die Opposition mich noch höher besteuern will: Dann mache ich mehr Urlaub!

Einkommensteuer: Ehegattensplitting auch für eingetragene Lebenspartnerschaften (BVerfG)

Die Ungleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnerschaften und Ehen beim Ehegattensplitting ist verfassungswidrig. Die entsprechenden Vorschriften verstoßen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, da es an hinreichend gewichtigen Sachgründen für die Ungleichbehandlung fehlt. Die Rechtslage muss rückwirkend zum 1.8.2001 geändert werden. Übergangsweise sind die bestehenden Regelungen zum Ehegattensplitting auch auf eingetragene Lebenspartnerschaften anzuwenden (BVerfG, Beschluss v. 7.5.2013 – 2 BvR 909/06; 2 BvR 1981/06 und 2 BvR 288/07; veröffentlicht am 6.6.2013). 

  • Die §§ 26, 26b, 32a Abs. 5 EStG sind mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes unvereinbar, soweit sie eingetragenen Lebenspartnern anders als Ehegatten nicht die Möglichkeit der Zusammenveranlagung und die damit verbundene Anwendung des Splittingverfahrens eröffnen.
  • Der Gesetzgeber ist verpflichtet, den festgestellten Verfassungsverstoß rückwirkend zum Zeitpunkt der Einführung des Instituts der Lebenspartnerschaft am 1.8.2001 zu beseitigen. Da er hierfür unterschiedliche Möglichkeiten hat, kommt vorliegend nur eine Unvereinbarkeitserklärung in Betracht.
  • Bis zum Inkrafttreten einer Neuregelung, die der Gesetzgeber unverzüglich zu treffen hat, bleiben §§ 26, 26b, 32a Abs. 5 EStG zur Vermeidung einer Unsicherheit über die Rechtslage anwendbar mit der Maßgabe, dass auch eingetragene Lebenspartner, deren Veranlagungen noch nicht bestandskräftig durchgeführt sind, mit Wirkung ab dem 1.8.2001 unter den für Ehegatten geltenden Voraussetzungen eine Zusammenveranlagung und die Anwendung des Splittingverfahrens beanspruchen können.

Quelle: BVerfG, Pressemitteilung v. 6.6.2013

 

Bundesverfassungsgericht - Pressestelle - Pressemitteilung Nr. 41/2013 vom 6. Juni 2013
Beschluss vom 7. Mai 2013
2 BvR 909/06 2 BvR 1981/06 2 BvR 288/07

Ausschluss eingetragener Lebenspartnerschaften vom Ehegattensplitting ist verfassungswidrig


 

Die Ungleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnerschaften und Ehen 
beim Ehegattensplitting ist verfassungswidrig. Die entsprechenden 
Vorschriften des Einkommensteuergesetzes verstoßen gegen den allgemeinen 
Gleichheitssatz, da es an hinreichend gewichtigen Sachgründen für die 
Ungleichbehandlung fehlt. Dies hat der Zweite Senat des 
Bundesverfassungsgerichts in einem heute veröffentlichten Beschluss 
entschieden. Die Rechtslage muss rückwirkend ab der Einführung des 
Lebenspartnerschaftsgesetzes zum 1. August 2001 geändert werden. 
Übergangsweise sind die bestehenden Regelungen zum Ehegattensplitting 
auch auf eingetragene Lebenspartnerschaften anzuwenden. Die Entscheidung 
ist mit 6:2 Stimmen ergangen; der Richter Landau und die Richterin 
Kessal-Wulf haben ein gemeinsames Sondervotum abgegeben. 

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen die folgenden Erwägungen zugrunde: 

1. Das Einkommensteuergesetz ermöglicht Ehegatten, die 
Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer zu wählen, was zur Anwendung des 
sogenannten Splittingtarifs führt (§§ 26, 26b, 32a Abs. 5 EStG). Die 
Beschwerdeführer beantragten nach Begründung eingetragener 
Lebenspartnerschaften für die Jahre 2001 und 2002 die 
Zusammenveranlagung mit ihren jeweiligen Lebenspartnern. Die 
Finanzverwaltung führte stattdessen Einzelveranlagungen durch. Die 
hiergegen gerichteten Klagen blieben vor den Finanzgerichten und dem 
Bundesfinanzhof erfolglos. Gegen diese Entscheidungen wenden sich die 
Beschwerdeführer mit ihren Verfassungsbeschwerden. 

2. Die §§ 26, 26b, 32a Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes sind mit Art. 
3 Abs. 1 des Grundgesetzes unvereinbar, soweit sie eingetragenen 
Lebenspartnern anders als Ehegatten nicht die Möglichkeit der 
Zusammenveranlagung und die damit verbundene Anwendung des 
Splittingverfahrens eröffnen. Die angegriffenen Entscheidungen hat der 
Senat aufgehoben und die Verfahren zur erneuten Entscheidung an den 
Bundesfinanzhof zurückverwiesen. 

a) Die Ungleichbehandlung von Verheirateten und eingetragenen 
Lebenspartnern in den Vorschriften zum Ehegattensplitting stellt eine am 
allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu messende mittelbare 
Ungleichbehandlung wegen der sexuellen Orientierung dar. Auch wenn die 
Regelung selbst an den Familienstand anknüpft, ist doch die Entscheidung 
für eine Ehe oder eine eingetragene Lebenspartnerschaft kaum trennbar 
mit der sexuellen Orientierung verbunden. 

Im Fall der Ungleichbehandlung von Personengruppen besteht regelmäßig 
eine strenge Bindung des Gesetzgebers an die Erfordernisse des 
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Die Anforderungen an die Rechtfertigung 
sind umso strenger, je mehr sich die personenbezogenen Merkmale an die 
des Art. 3 Abs. 3 GG annähern, das heißt je größer die Gefahr ist, dass 
die Ungleichbehandlung zur Diskriminierung einer Minderheit führt. Dies 
ist bei Differenzierungen nach der sexuellen Orientierung der Fall. 

b) Allein der besondere Schutz der Ehe und Familie in Art. 6 Abs. 1 GG 
vermag die Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragener 
Lebenspartnerschaft nicht zu rechtfertigen. Die Wertentscheidung des 
Art. 6 Abs. 1 GG bildet einen sachlichen Differenzierungsgrund, der in 
erster Linie dazu geeignet ist, die Ehe gegenüber anderen 
Lebensgemeinschaften besser zu stellen, die durch ein geringeres Maß an 
wechselseitiger Pflichtbindung geprägt sind. Geht die Privilegierung der 
Ehe mit einer Benachteiligung anderer, in vergleichbarer Weise rechtlich 
verbindlich verfasster Lebensformen einher, rechtfertigt der bloße 
Verweis auf das Schutzgebot der Ehe eine solche Differenzierung indes 
nicht. 

Der Gesetzgeber hat die Lebenspartnerschaft von Anfang an in einer der 
Ehe vergleichbaren Weise als umfassende institutionalisierte 
Verantwortungsgemeinschaft verbindlich gefasst und bestehende 
Unterschiede kontinuierlich abgebaut. Wie die Ehe unterscheidet sich die 
Lebenspartnerschaft sowohl von ungebundenen Partnerbeziehungen als auch 
von den Rechtsbeziehungen zwischen Verwandten. 

c) Es bedarf daher jenseits der bloßen Berufung auf Art. 6 Abs. 1 GG 
eines hinreichend gewichtigen Sachgrundes, der die Begünstigung von Ehen 
gegenüber Lebenspartnerschaften gemessen am jeweiligen 
Regelungsgegenstand und -ziel rechtfertigt. Ein solcher lässt sich für 
das Splittingverfahren weder aus dem Normzweck noch aus der 
Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers im Steuerrecht herleiten. 

aa) Zweck des 1958 eingeführten Splittingverfahrens ist es, Ehen 
unabhängig von der Verteilung des Einkommens zwischen den Ehegatten bei 
gleichem Gesamteinkommen gleich zu besteuern. Das Splittingverfahren 
nimmt hierbei den zivilrechtlichen Grundgedanken der Ehe als 
Gemeinschaft des Erwerbs und Verbrauchs auf. Auch die eingetragene 
Lebenspartnerschaft ist als Gemeinschaft des Erwerbs und Verbrauchs 
ausgestaltet. Bereits seit ihrer Einführung im Jahr 2001 ist sie in 
ihren für die steuerrechtliche Anknüpfung wesentlichen Grundzügen mit 
der Ehe vergleichbar: Die wechselseitige Verpflichtungsbefugnis bei 
Geschäften zur Deckung des Lebensbedarfs sowie die eingeschränkte 
Verfügungsberechtigung über eigenes Vermögen sind in beiden Instituten 
identisch geregelt. Zudem mussten die Lebenspartner bereits seit 2001, 
wenn sie nicht einen Lebenspartnerschaftsvertrag schließen wollten, die 
sogenannte Ausgleichsgemeinschaft vereinbaren, für die die Vorschriften 
für die eheliche Zugewinngemeinschaft entsprechend galten. Zum 1. Januar 
2005 wurde explizit die Zugewinngemeinschaft als Regelgüterstand 
eingeführt. Darüber hinaus wurde der - bei Ehescheidungen erst seit 1977 
stattfindende - Versorgungsausgleich auf die Aufhebung der 
Lebenspartnerschaft erstreckt. 

Familienpolitische Intentionen vermögen die Ungleichbehandlung von Ehen 
und eingetragenen Lebenspartnerschaften bezüglich des 
Splittingverfahrens nicht zu rechtfertigen. Nach dem 
Einkommensteuergesetz hängt die Gewährung des Splittingvorteils allein 
von der Existenz einer Ehe ab, in der die Partner nicht dauernd getrennt 
leben. Unbeachtlich ist demgegenüber das Vorhandensein von Kindern sowie 
die Möglichkeit, dass während der Ehe gemeinsame Kinder der Ehepartner 
geboren werden. 

Das Splittingverfahren erweitert den Spielraum der Ehepartner bei der 
Aufgabenverteilung innerhalb der Ehe und wird deshalb auch als Regelung 
angesehen, die vor allem für Familien gedacht ist, in denen ein 
Ehepartner wegen Familienarbeit (d. h. wegen Kindererziehung oder 
Pflege) nicht oder nur teilweise erwerbstätig ist. Jedoch erkennt auch 
das Lebenspartnerschaftsgesetz - ebenso wie das Eherecht - den Partnern 
Gestaltungsfreiheit im Hinblick auf ihre persönliche und wirtschaftliche 
Lebensführung zu und geht von der Gleichwertigkeit von Familienarbeit 
und Erwerbstätigkeit aus. Unterschiede zwischen der Lebenssituation von 
Ehepartnern und Lebenspartnern, die eine Ungleichbehandlung 
rechtfertigen könnten, sind insoweit nicht zu erkennen. Zum einen gibt 
es nicht in jeder Ehe Kinder und ist nicht jede Ehe auf Kinder 
ausgerichtet. Zum anderen werden zunehmend auch in Lebenspartnerschaften 
Kinder großgezogen; insoweit sind Ausgestaltungen denkbar und nicht 
völlig unüblich, in denen der eine der Lebenspartner schwerpunktmäßig 
die Betreuung der Kinder übernimmt. 

bb) Die Privilegierung der Ehe im Verhältnis zur Lebenspartnerschaft 
lässt sich vor diesem Hintergrund nicht mit der Typisierungsbefugnis des 
Gesetzgebers im Steuerrecht begründen. 

Typisierung bedeutet, bestimmte in wesentlichen Elementen gleich 
geartete Lebenssachverhalte normativ zusammenzufassen; die tatsächlichen 
Anknüpfungspunkte müssen im Normzweck angelegt sein. Typisierung setzt 
voraus, dass die durch sie eintretenden Härten und Ungerechtigkeiten nur 
unter Schwierigkeiten vermeidbar wären, lediglich eine verhältnismäßig 
kleine Zahl von Personen betreffen und der Verstoß gegen den 
Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist. Der gesetzgeberische Spielraum 
für Typisierungen ist umso enger, je dichter die verfassungsrechtlichen 
Vorgaben außerhalb des Art. 3 Abs. 1 GG sind. Er endet dort, wo die 
speziellen Diskriminierungsverbote des Art. 3 Abs. 2 und 3 GG betroffen 
sind. 

Der Umstand, dass eingetragene Lebenspartnerschaften und Ehen 
gleichermaßen als Gemeinschaften des Verbrauchs und Erwerbs konstituiert 
sind, geböte bei einer typisierenden Gruppenbildung eine steuerliche 
Gleichbehandlung. 

Auch unter dem Gesichtspunkt der Förderung des Aufwachsens von Kindern 
kommt eine typisierende Begünstigung von Ehepaaren gegenüber 
eingetragenen Lebenspartnerschaften beim Splittingverfahren nicht in 
Betracht. Nach Berechnungen des Bundesministeriums der Finanzen 
entfallen zwar 91 % des gesamten Splittingvolumens auf Ehepaare mit 
aktuell oder früher steuerlich relevanten Kindern. Da der 
Splittingvorteil umso höher ist, je größer die Einkommensunterschiede 
zwischen beiden Partnern ausfallen, werden indes eingetragene 
Lebenspartnerschaften ebenso wie Ehen insbesondere dann vom Splitting 
profitieren, wenn in ihnen Kinder aufwachsen oder aufgewachsen sind und 
deshalb einer der Partner nicht oder nur eingeschränkt erwerbstätig ist. 
Dass der Kinderanteil bei eingetragenen Lebenspartnerschaften weit unter 
dem von Ehepaaren liegt, genügt für eine typisierende Beschränkung des 
Splittingverfahrens auf Ehepaare nicht. Die Benachteiligung von 
Lebenspartnerschaften beim Splittingverfahren ist ohne größere 
Schwierigkeiten für den Gesetzgeber und die Verwaltung vermeidbar. 
Auszublenden, dass auch in Lebenspartnerschaften Kinder aufwachsen, 
liefe auf eine mittelbare Diskriminierung gerade wegen der sexuellen 
Orientierung der Partner hinaus. 

3. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, den festgestellten 
Verfassungsverstoß rückwirkend zum Zeitpunkt der Einführung des 
Instituts der Lebenspartnerschaft am 1. August 2001 zu beseitigen. Da er 
hierfür unterschiedliche Möglichkeiten hat, kommt vorliegend nur eine 
Unvereinbarkeitserklärung in Betracht. Bis zum Inkrafttreten einer 
Neuregelung, die der Gesetzgeber unverzüglich zu treffen hat, bleiben §§ 
26, 26b, 32a Abs. 5 EStG zur Vermeidung einer Unsicherheit über die 
Rechtslage anwendbar mit der Maßgabe, dass auch eingetragene 
Lebenspartner, deren Veranlagungen noch nicht bestandskräftig 
durchgeführt sind, mit Wirkung ab dem 1. August 2001 unter den für 
Ehegatten geltenden Voraussetzungen eine Zusammenveranlagung und die 
Anwendung des Splittingverfahrens beanspruchen können. 

Sondervotum des Richters Landau und der Richterin Kessal-Wulf: 

1. Der Senat verkennt, dass die eingetragene Lebenspartnerschaft bis zum 
Inkrafttreten des Gesetzes zur Überarbeitung des 
Lebenspartnerschaftsrechts am 1. Januar 2005 nach dem ausdrücklichen 
Willen des Gesetzgebers nicht als eine der Ehe vergleichbare 
Gemeinschaft von Erwerb und Verbrauch ausgestaltet war. Bereits dies 
rechtfertigt die Privilegierung der Ehe in den allein 
streitgegenständlichen Veranlagungsjahren 2001 und 2002, ohne dass es 
eines Rückgriffs auf Art. 6 Abs. 1 GG bedarf. 

a) Die Ehe ist von Verfassungs wegen als Gemeinschaft des Erwerbs und 
Verbrauchs konzipiert, in der ein Ehegatte an den Einkünften und Lasten 
des anderen jeweils zur Hälfte teilhat. Die §§ 26, 26b und 32a EStG 
nehmen die zivil- und sozialversicherungsrechtliche Gestaltung der Ehe 
auf und führen sie für den Bereich des Einkommensteuerrechts fort. Der 
Gesetzgeber hat das Splittingverfahren als „Reflex“ der 
Zugewinngemeinschaft angesehen. Es wahrt und stärkt - dem Schutzauftrag 
des Art. 6 Abs. 1 GG folgend - die eheliche Gemeinschaft von Erwerb und 
Verbrauch. Einem Ehepartner wird ermöglicht, ohne steuerliche Einbußen 
dauerhaft oder vorübergehend einer Beschäftigung in Teilzeit nachzugehen 
oder sich gar ausschließlich familiären Aufgaben zu stellen. 

b) Für das Kriterium der Vergleichbarkeit sind das eheliche Güterrecht 
und das Recht des Versorgungsausgleichs daher in besonderem Maße 
bedeutsam; hinzu treten flankierende Regelungen im 
Sozialversicherungsrecht, insbesondere zur Hinterbliebenenversorgung. 
Diese konstitutiven Merkmale sind jedoch erst mit Wirkung zum 1. Januar 
2005 auf die eingetragene Lebenspartnerschaft ausgedehnt worden. Die 
Übergangsvorschriften sahen keine zwingende rückwirkende Erstreckung auf 
bestehende Lebenspartnerschaften vor. 

c) Die Lebenspartnerschaften der Beschwerdeführer sind daher - 
jedenfalls in den allein streitgegenständlichen Veranlagungsjahren 2001 
und 2002 - nicht als Gemeinschaften von Erwerb und Verbrauch im Sinne 
der Splittingvorschriften anzusehen. Der Verweis des Senats auf die 
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Erbschaft- und 
Schenkungsteuer, zur Grunderwerbsteuer und zum besoldungsrechtlichen 
Familienzuschlag ist ungeeignet, das gegenteilige Ergebnis zu begründen. 
Keine der genannten Entscheidungen stellt Grundsätze auf, die auf den 
Bereich des Einkommensteuerrechts unbesehen übertragbar sind. Durch den 
bloßen Hinweis auf diese Entscheidungen setzt sich der Senat dem Vorwurf 
einer rein schematischen Fortführung der bisherigen Rechtsprechung aus. 

Die Erstreckung des Splittingverfahrens auf eingetragene Lebenspartner 
für die Veranlagungsjahre vor 2005 läuft auf die Gewährung der 
einkommensteuerrechtlichen Vorteile einer Gemeinschaft von Erwerb und 
Verbrauch hinaus, ohne dass die hieraus spiegelbildlich erwachsenden 
Verpflichtungen zwischen den Lebenspartnern in auch nur annähernd 
vergleichbarem Umfang bestanden hätten. Auch blendet die Begründung des 
Senats aus, dass der Gesetzgeber bewusst von einer vollständigen 
Gleichstellung abgesehen und gerade die ökonomische Selbstständigkeit 
beider Partner als gesetzliches Leitbild herausgestellt hat. Somit setzt 
der Senat seine Einschätzung an die Stelle des hierzu alleine berufenen 
Gesetzgebers. 

2. Die Annahme des Senats, die Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers 
rechtfertige nicht die festgestellte Ungleichbehandlung von Ehe und 
Lebenspartnerschaft, entbehrt einer tragfähigen Begründung. 

a) Der Senat räumt zwar ein, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des 
Splittingverfahrens im Jahr 1958 auch familienpolitische Zwecke verfolgt 
hat. Er zieht daraus aber nicht den gebotenen Schluss, dass auch diese 
familienpolitische Funktion grundsätzlich geeignet ist, eine 
typisierende Privilegierung der Ehe gegenüber anderen Lebensformen zu 
rechtfertigen, selbst wenn sie in vergleichbarer Weise rechtlich 
verbindlich gefasst sind. Entsprechend der sozialen Wirklichkeit konnte 
der Gesetzgeber bei der Einführung des Splittingverfahrens davon 
ausgehen, dass die weit überwiegende Mehrzahl der Ehen auf die Erziehung 
von Kindern ausgerichtet war, und es - typisierend - nur vom Bestand der 
Ehe und nicht zusätzlich vom Vorhandensein von Kindern abhängig machen. 

b) Heute wachsen zunehmend auch in eingetragenen Lebenspartnerschaften 
Kinder auf. Hieraus kann jedoch nicht zwingend geschlossen werden, dass 
schon in den Veranlagungsjahren 2001 und 2002 der Gesamtheit der 
eingetragenen Lebenspartnerschaften das Splittingverfahren im Wege der 
Typisierung zu eröffnen gewesen wäre. Die Annahme des Senats, die 
steuerlichen Vorteile kämen auch bei Lebenspartnerschaften 
typischerweise solchen mit Kindern zugute, ist nicht belegt. 
Unbeantwortet bleibt zudem die für die Typisierung entscheidende Frage, 
wie hoch der Anteil der Lebenspartnerschaften gewesen ist, in denen 
Kinder erzogen wurden. 

Etwaigen Ungleichbehandlungen von eingetragenen Lebenspartnerschaften, 
in denen Kinder erzogen werden oder wurden, hätte auch durch eine auf 
diese beschränkte Eröffnung des Splittingverfahrens Rechnung getragen 
werden können. Ein solcher Lösungsansatz ist durch den Senat, der 
ausschließlich auf die typisierende Einbeziehung der 
Lebenspartnerschaften abstellt, jedoch nicht vertieft worden. 

3. Schließlich wäre es dem Gesetzgeber angesichts des 
familienpolitischen Normzwecks des Splittingverfahrens zuzubilligen 
gewesen, zunächst die eingetragene Lebenspartnerschaft im Hinblick auf 
ihre Vorwirkung für die Familie und Generationenfolge zu evaluieren und 
hieraus gegebenenfalls steuerliche Konsequenzen zu ziehen. Diesen 
Einschätzungsspielraum des Gesetzgebers übergeht der Senat durch seine 
rückwirkende Unvereinbarkeitserklärung und verengt dessen 
Gestaltungsmöglichkeiten zusätzlich. Dabei setzt sich der Senat zudem 
über die bisherige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hinweg, 
wonach der Gesetzgeber einen mit dem Grundgesetz unvereinbaren 
Rechtszustand nicht rückwirkend beseitigen muss, wenn die 
Verfassungslage nicht hinreichend geklärt war.

Umsatzsteuervoranmeldung

Wer muss eine Umsatzsteuervoranmeldung übermitteln?

Umsatzsteuervoranmeldungen sind durch den Unternehmer oder von einem zu seiner Vertretung Bevollmächtigten zu erstellen und grundsätzlich elektronisch an das zuständige Finanzamt zu übermitteln. Eine Ausnahme hiervon besteht in der so genannten Kleinunternehmerregelung.

 

Wer ist Unternehmer?

Unternehmer ist, wer selbständig eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit ausübt und damit nachhaltig Einnahmen erzielt oder erzielen will.

 

Wer ist Kleinunternehmer?

Ein Unternehmer, der während eines Jahres insgesamt weniger als 17.500 € vereinnahmt, wird vom Finanzamt als so genannter Kleinunternehmer eingestuft. Ein Kleinunternehmer muss dem Finanzamt keine Umsatzsteuervoranmeldungen übermitteln, da auf seine Einnahmen keine Umsatzsteuer erhoben wird. Steigen die Einnahmen im laufenden Jahr allerdings über 17.500 €, sind spätestens ab dem folgenden Jahr Umsatzsteuervoranmeldungen an das Finanzamt zu übermitteln. Werden im laufenden Jahr mehr als 50.000 € vereinnahmt, besteht bereits ab diesem Zeitpunkt eine Anmeldepflicht.

Wann muss die Umsatzsteuervoranmeldung übermittelt werden?

Die Umsatzsteuer-Voranmeldung ist grundsätzlich bis zum 10. Tag nach Ablauf des gesetzlich festgelegten Voranmeldungszeitraumes abzugeben.

 

Voranmeldungszeitraum ist entweder der Kalendermonat oder das Kalendervierteljahr. Dies richtet sich nach der Höhe der Steuerschuld:

 

  • Hat die Steuerschuld für das vorangegangene Jahr mehr als 7.500 € betragen, muss monatlich eine Umsatzsteuer-Voranmeldung abgegeben werden.
  • Hat die Steuerschuld für das vorangegangene Jahr mehr als 1.000 € aber weniger als 7.500 € betragen, ist nur vierteljährlich eine Umsatzsteuer-Voranmeldung einzureichen.
  • Wurde das Unternehmen neu gegründet, hat der Unternehmer für die ersten beiden Jahre seiner Tätigkeit monatlich Umsatzsteuervoranmeldungen einzureichen.

Geduld beim Steuerbescheid

Dauer der Bearbeitungszeit ist vor allem eine Frage des Wohnortes

Bei vielen Steuerzahlern trudeln nun die Einkommensteuerbescheide für das Jahr 2012 ein. Wer den Abgabetermin für die Steuererklärung am 31. Mai 2013 eingehalten hat, hat vielleicht schon seinen Steuerbescheid erhalten oder wird in den nächsten Tagen Post vom Finanzamt bekommen – zumindest statistisch gesehen. Je nach Bundesland schwanken die durchschnittlichen Bearbeitungszeiten für Einkommensteuererklärungen zwischen vier Wochen und drei Monaten.

In vielen Fällen dauert die Bearbeitung damit zu lange, findet der Bund der Steuerzahler. Schließlich erwarten viele Arbeitnehmer eine Steuererstattung. Rund 858 Euro gab es im letzten Jahr in Arbeitnehmerfällen zurück. Da ist es ärgerlich, wenn die Steuerzahler monatelang auf die Steuererstattung warten müssen. Wo die Steuerzahler am meisten Geduld haben müssen und wo es hingegen durchschnittlich gesehen recht flott geht, hängt im Wesentlichen vom Wohnort der Steuerzahler ab. Trotz gleicher Computerprogramme benötigen die Finanzämter für die Bearbeitung der Steuererklärungen nämlich unterschiedlich viel Zeit. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit in den Bundesländern hat der Bund der Steuerzahler untersucht.

Mehr dazu lesen Sie hier!

Bund der Steuerzahler Deutschland e.V.
Rückfragen an Julia Berg, Tel.-Nr: 030/25 93 96-0

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Einbringung von Grundstücken in KG als gewerblicher Grundstückshandel

 Leitsatz

1. Werden Grundstücke nicht an fremde Dritte veräußert, sondern in eine KG eingebracht, an der der Eigentümer der Grundstücke zu 100 % an Gewinn und Vermögen beteiligt ist, ist die Einbringung bei Übernahme der Verbindlichkeiten, die auf den Grundstücken lasten, einer entgeltlichen Veräußerung an einen fremden Dritten gleichzustellen, so dass bei Überschreitung der Drei-Objekt-Grenze ein gewerblicher Grundstückshandel vorliegt.

2. Dies gilt auch dann, wenn die Einbringung erfolgt, um zu Zwecken der Vermögensnachfolge ein Stiftung zu gründen.

 Gesetze

EStG § 15 Abs. 2

 Tatbestand

Streitig ist, ob F.X. einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben und zum 30. Dezember 2000 seinen gesamten Grundbesitz in die X GmbH & Co. KG im Rahmen dieses Grundstückshandels eingebracht hat.

1. Die Klägerin ist die Rechtsnachfolgerin (Alleinerbin) des 2008 verstorbenen F.X. (F).

F war zu Beginn des Streitjahres mit einem Anteil von 99,75 % an der zum 1. Januar 1976 gegründeten Grundstücksgemeinschaft X GbR (GbR) beteiligt. Mitgesellschafter war zuletzt Y mit einem Anteil von 0,25 %. Zweck der Gesellschaft war nach § 2 des Gesellschaftsvertrags vom 29. März 1976 die Verwaltung, Nutzung und Verwertung von Grundstücken, wozu auch der Kauf, der Verkauf und die Bebauung von Grundstücken sowie die Abwicklung aller damit zusammenhängenden Geschäfte gehörten. Die GbR erzielte aufgrund der eigenen Aktivitäten – unstreitig – gewerbliche Einkünfte.

Daneben war F selbst Eigentümer zahlreicher Immobilien. Einige Grundstücke wurden vom ihm bebaut und anschließend – bei Wohnungen mit unbefristeten Mietverträgen –vermietet. Diese Objekte wurden wiederum gelegentlich – zumeist nach Ablauf von drei Jahren nach der Bebauung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1, 1. Halbsatz des Einkommensteuergesetzes (EStG ) zum Teilwert – unentgeltlich in die GbR eingelegt und von dieser kurze Zeit später veräußert. Die GbR versteuerte dadurch lediglich die Differenz zwischen dem Veräußerungspreis und dem ggfs. durch AfA geminderten Einlagewert der Grundstücke. F selbst verkaufte weder im Streitjahr noch in den Jahren davor Immobilien an Dritte. Die Betriebsprüfung der Jahre 1996 bis 1999 beurteilte die Aktivitäten des F nicht als gewerblichen Grundstückshandel. F erzielte in diesen Jahren dementsprechend Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

Nach den Feststellungen der Betriebsprüfung brachte F vor dem Jahr 2000 die folgenden von ihm zuvor bebauten und vermieteten Grundstücke in die GbR ein:

 

   Objekt    Anschaffung/   Fertigstellung   durch F    Einbringung in   GbR    Veräußerung   durch GbR
 B.,C-Str. 1 und 2  1993(Fertigstellung)  31.12.1998  21.12.2000
 B.,C-Str. 3  15.05.1995(Fertigstellung)  01.07.1998  26.11.1998
 B.,C-Str. 4  01.07.1994(Fertigstellung)  01.07.1998  28.07.1999
 B.,C-Str. 5  01.04.1996(Fertigstellung)  01.07.1998  27.04.1999
 B.,C-Str. 7  15.06.1994(Fertigstellung)  01.07.1998  19.06.2000
 B.,C-Str. 10  15.02.1994(Fertigstellung)  01.07.1998  30.07.1999
 B.,G-Str. 11  01.04.1994(Fertigstellung)  01.07.1998  19.05.2000
 B.,G-Str. 15  01.02.1994(Fertigstellung)  01.07.1998  20.06.2000
 Hotel W.;diverse Apartments  1992-1996(Anschaffung)  01.07.1997  1998
 D.,H-Str.  1996(Modernisierung)  1998  1998
 I.,K-Str. 3  1996-1997(Modernisierung)  01.07.1997  2000-2001
 I.,K-Str. 4  1996-1997(Modernisierung)  01.07.1997  1999-2002

 

2. Zum Ende des Jahres 2000 ordnete der kinderlos gebliebene und inzwischen 76 Jahre alte F seinen Grundbesitz grundlegend neu. Dabei verfolgte er nach seinen Angaben das Ziel, die Erträge aus den Immobilien nach seinem Tod einer gemeinnützigen Stiftung (der Klägerin) zugute kommen zu lassen. Er gründete zunächst am 5. Oktober 2000 die X Verwaltung GmbH (GmbH), die am 30. Oktober 2000 in das Handelsregister eingetragen wurde. Die GmbH trat am 11. Dezember 2000 in die GbR ein, aus der Y zeitgleich austrat. Im nächsten Schritt wurde die GbR ebenfalls mit Vertrag vom 11. Dezember 2000 in die X Immobilien GmbH & Co. KG (KG) umgewandelt. Gesellschafter der KG waren die GmbH als Komplementärin ohne vermögensmäßige Beteiligung und der Kommanditist F mit einer Beteiligung von 100 % (fester Kapitalanteil von 50 Mio. DM). Die KG wurde am 18. Dezember 2000 in das Handelsregister eingetragen.

Mit mehreren Verträgen vom 11. Dezember 2000 brachte F seinen gesamten Grundbesitz zum 30. Dezember 2000 in die zwischen ihm und der GmbH bestehende Gesellschaft ein. Bei den in den Anlagen näher bezeichneten Grundstücken handelt es sich um 27 Objekte in D., 14 Objekte in I, sechs Objekte in L, sechs Objekte in B., zwei Objekte in M und ein Objekt in O… Die KG wurde als neue Eigentümerin der Grundstücke in die Grundbücher eingetragen.

In der Bilanz der KG zum 31. Dezember 2000 wurde der eingebrachte Grundbesitz mit einem angenommenen Teilwert von 341.873.840 DM aktiviert. Die auf den Objekten lastenden, übernommenen Verbindlichkeiten passivierte die KG in Höhe von 207.460.000 DM. Die verbleibenden 134.414.000 DM wurden dem Privatkonto des F gutgeschrieben.

Zum 1. Juli 2001 wurde die KG in die X AG (AG) umgewandelt. F errichtete die Klägerin am 10. Dezember 2003 und übertrug ihr am 15. Dezember 2004 unentgeltlich die Aktien der AG.

3. Bei der Betriebsprüfung bei F der Jahre 2000 bis 2003 vertrat der Prüfer die Auffassung, F betreibe einen gewerblichen Grundstückshandel. Aufgrund der Veräußerungen der GbR, die bei F mitzählten, sei die Drei-Objekt-Grenze überschritten. In den Grundstückshandel seien wegen der Branchennähe des F sämtliche Grundstücke einzubeziehen, die innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren erworben bzw. errichtet und veräußert worden sind. Als Veräußerungen des F würden auch die Einbringungen der Grundstücke in die KG gelten, da diese gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten und gegen Schuldübernahme erfolgten und daher als tauschähnliche Veräußerungsvorgänge anzusehen seien. Der Grundstückshandel habe im Jahr 1993 begonnen, als F das Objekt in B., C-Str. 1 und 2 fertigstellte.

Im Einzelnen erfasste der Beklagte im Rahmen des gewerblichen Grundstückshandels von den zum 30. Dezember 2000 in die KG eingebrachten Grundstücke diejenigen, die F seit dem Beginn des von ihm angenommenen Grundstückshandels im Jahr 1993 anschaffte oder auf denen er – wie zumeist – ein Gebäude errichtete. Nach den Angaben der Klägerin wurde bisher lediglich eines dieser Grundstücke (im Jahr 2005) verkauft.

 

   Objekt    Anschaffung/   Fertigstellung   durch F    Einbringung in   KG
 L.,N-Str. 1,3,5;E-Str. 12, 14, 16  1995(Fertigstellung)  30.12.2000
 L.,N-Str. 2  1995(Fertigstellung)  30.12.2000
 L.,N-Str. 6  1995(Fertigstellung)  30.12.2000
 L.,N-Str. 4  1995(Fertigstellung)  30.12.2000
 L.,N-Str. 8  1995(Fertigstellung)  30.12.2000
 L.,N-Str. 10  1995(Fertigstellung)  30.12.2000
 D.,Q-Str. 5, 7;Ü-Str. 11, 13;Ä-Str. 12  1995(Fertigstellung)  30.12.2000
 D.,R-Str. 8, 9, 11, 12  1996(Anschaffung)  30.12.2000
 D.,T-Str. 8, 10  1993(Fertigstellung)  30.12.2000
 D.,T-Str. 14, 16  1993(Fertigstellung)  30.12.2000
 I.,P-Str. 6  1997(Fertigstellung)  30.12.2000
 M.,J-Str. 10-16  1996(Fertigstellung)  30.12.2000
 V., Ö-Str.  1996 (Fertigstellung)  30.12.2000
 V., Ö-Str.  1996 (Fertigstellung)  30.12.2000

 

Der Beklagte folgte dem Prüfer und stellte mit geändertem Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer vom 2. Januar 2008 für F den verbleibenden Verlust zum 31. Dezember 2000 auf 72.752.169 DM fest.

4. Im hiergegen am 5. Februar 2008 erhobenen Einspruch berief sich F auf das Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) vom 26. April 2003 (BStBl I 2004, 462 ), nach dessen Tz. 30 ein gewerblicher Grundstückshandel ausnahmsweise dann nicht anzunehmen sei, wenn aufgrund besonderer Umstände eindeutige Anhaltspunkte gegen eine von Anfang an bestehende Veräußerungsabsicht sprächen. Solche Umstände seien im Streitfall gegeben. Er habe seinen Immobilienbesitz in einer gewerblich tätigen Gesellschaft zusammengefasst, um Risiken bei der Anerkennung der Gemeinnützigkeit der Stiftung (der Klägerin) auszuschließen. Eine gemeinnützige Stiftung könne nicht an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft beteiligt sein. Daher sei die KG in eine AG umgewandelt worden. Er habe sodann sämtliche Anteile an der AG an die Stiftung verschenkt. Es sei fraglich, ob Gewerblichkeit bei einer Schenkung an eine Stiftung überhaupt vorliegen könne. Gegen eine Veräußerungsabsicht spreche auch, dass er die Wohnungen langfristig vermietet hatte.

Während des Einspruchsverfahrens einigten sich die Beteiligten auf die Teilwerte, mit denen die Grundstücke zum 31. Dezember 2000 bei der KG anzusetzen sind. Die KG verfolgte mit der Erhöhung der Teilwerte das Ziel, die AfA-Bemessungsgrundlage für die eingebrachten Grundstücke zu erhöhen. Die Gewinnfeststellungsbescheide gegenüber der KG wurden mit diesen Werten bestandskräftig. Der Beklagte stellte mit geändertem Verlustfeststellungsbescheid vom 29. Juni 2011 für F einen Verlust von nunmehr 35.747.507 DM fest.

5. Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 6. Juli 2011 als unbegründet zurück.

Er ist der Auffassung, die Einbringungen der Grundstücke in die KG durch F stünden voll entgeltlichen Veräußerungen gleich, da dem bilanzierten Wert der Grundstücke übernommene Bankdarlehen in Höhe von 207.460.000 DM sowie ein Darlehen gegenüber F von 134.414.000 DM gegenüber stünden. Durch die Einbringung des Grundbesitzes in die KG sei die Grenze zum gewerblichen Grundstückshandel überschritten worden. Für die Ermittlung der Zählobjekte seien die von der GbR veräußerten Grundstücke zu berücksichtigen, so dass F innerhalb des Fünfjahreszeitraums weit mehr als drei Veräußerungen zuzurechnen seien. Aufgrund der Branchennähe des F seien weitere Objekte bis zu einem Zeitraum von zehn Jahren in den gewerblichen Grundstückshandel einzubeziehen. Die indizielle Bedeutung der Drei-Objekt-Grenze für das Vorliegen eines gewerblichen Grundstückshandels sei im Streitfall nicht durch besondere Umstände widerlegt. F habe die Wohnungen nicht langfristig vermietet, sondern die Mietverträge seien auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Mietverträge auf unbestimmte Zeit seien nicht mit befristeten Mietverträgen vergleichbar

6. Mit der am 8. August 2011 erhobenen Klage wendet sich die Klägerin weiterhin gegen die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels.

Die Einbeziehung der Grundstücksgeschäfte der GbR sei nur möglich, wenn der Steuerpflichtige selbst gleichartige wirtschaftliche Aktivitäten entfaltet hätte. Das sei hier jedoch nicht der Fall. F habe selbst keine Grundstücke an Dritte veräußert. Auch einem gewerblichen Grundstückshändler sei ein Privatbereich zuzugestehen, in dem er Grundstücke besitzen könne.

Die Einbringung seines Grundbesitzes in die KG im Jahr 2000 sei nicht als Veräußerung im Rahmen eines gewerblichen Grundstückshandels zu werten. F sei – nach Auffassung des Beklagten – bis zum 29. Dezember 2000 vermögensverwaltender Privatmann gewesen. Er könne daher nicht am 30. Dezember 2000 durch die Einbringung seines Grundbesitzes in die KG einen gewerblichen Grundstückshandel zugleich begründet und wieder beendet haben. Diese Auffassung verstoße gegen die Grundsätze der Logik. Vielmehr handele es sich bei der Einbringung um den letzten Akt einer privaten Vermögensverwaltung. Es schließe sich logisch aus, dass auf der einen Seite Veräußerungen einer Personengesellschaft dem Gesellschafter zugerechnet würden, auf der anderen Seite bereits die Einbringung in eine Personengesellschaft als Veräußerung gewertet werde. Die Übertragung der Grundstücke auf die KG könne jedenfalls nicht als Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr angesehen werden, da F die Grundstücke nicht selbst am Markt einer unbegrenzten Zahl von Personen angeboten, sondern lediglich privates Vermögen im Hinblick auf eine Nachfolgeplanung umgewandelt habe, an deren Ende eine gemeinnützige Stiftung stehen sollte. Die Übertragung des Grundbesitzes auf die KG sei Teil eines dem Beklagten bekannten Gesamtplans gewesen, um die Vermögensverhältnisse neu zu ordnen. Eine Vermarktung des Vermögens sei nicht beabsichtigt gewesen. F sei schließlich nicht nachhaltig tätig geworden. Eine Wiederholungsabsicht habe nicht bestanden.

Die Grundstückseinbringungen des F in die GbR in den Jahren 1997 und 1998 könnten ebenfalls nicht zur Begründung eines gewerblichen Grundstückshandels herangezogen werden, da die GbR steuerrechtlich von den Gesellschaftern nicht zu trennen sei. Es sei nicht nachvollziehbar, wie die Verkäufe einer GbR dem Gesellschafter zuzurechnen seien, wenn gleichzeitig der Gesellschafter durch die Übertragung der Grundstücke an die GbR eine Veräußerung tätige. Für den umgekehrten Fall der Realteilung einer Personengesellschaft habe der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die Übertragung von Grundbesitz zum Alleineigentum eines Gesellschafters bei der Prüfung der Drei-Objekt-Grenze nicht einzubeziehen sei. Ein Anschaffungsvorgang bei der GbR könne nur angenommen werden, wenn sich die Beteiligungsverhältnisse änderten. Dies sei im Streitfall aber nicht geschehen, da der Anteil des F an der GbR ohnehin fast 100 % betrug. Auch für das Jahr 2000 gelte schließlich, was in der vorangegangenen Betriebsprüfung festgestellt worden sei, F sei kein gewerblicher Grundstückshändler.

Als Indiz gegen eine Veräußerungsabsicht spreche jedenfalls, dass F die errichteten Wohnungen langfristig vermietet habe. Die Mieter hätten in den Wohnungen bleiben können, solange sie wollten.

Selbst wenn man annehmen würde, dass es sich bei der Übertragung des Grundbesitzes um das Ende eines gewerblichen Grundstückshandels handelte, sei der Gewinn als Betriebsaufgabegewinn gewerbesteuerfrei.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2000 vom 29. Juni 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. Juli 2011, geändert mit Bescheid vom 6. August 2012, dahingehend abzuändern, dass ein Verlust in Höhe von 86.264.730 DM festgestellt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte verweist auf seine Einspruchsentscheidung vom 6. Juli 2011 und führt ergänzend aus, dass die GbR seit Jahren aufgrund der von ihr vollzogenen Grundstücksgeschäfte gewerbliche Einkünfte erzielt habe und allein deshalb eine gewerbliche Betätigung der Grundstücksgeschäfte des F indiziert werde. Bei der hier durchgeführten Form der Einbringung in die KG liege eine Veräußerung vor, die F zuzurechnen sei. Die KG besitze steuerrechtlich eine eigene Rechtspersönlichkeit. Als Gegenleistung für die Grundstücke habe F wirtschaftlich mit den Grundstücken im Zusammenhang stehende Darlehen auf die KG übertragen und die KG ihm eine Darlehensforderung gewährt. Die Übertragung der Grundstücke auf die KG sei der letzte Akt eines bereits im Jahr 1993 begonnenen gewerblichen Grundstückshandels.

F habe mit der Einbringung auch am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilgenommen, da hierfür Geschäftsbeziehungen zu einem einzigen Vertragspartner ausreichten. Er habe auch nachhaltig gehandelt, denn bei der Beurteilung der Nachhaltigkeit seien auch die Grundstücksgeschäfte der GbR mit einzubeziehen.

Die Vermietung der Wohnungen könne nicht als Indiz gegen eine Veräußerungsabsicht herangezogen werden. Die Mietverträge seien auf unbestimmte Zeit und nicht langfristig, d.h. nicht mit einer festen Mietdauer abgeschlossen worden. Die tatsächliche Dauer der Vermietung sei unerheblich.

Der Gewinn aus der Einbringung der Grundstücke sei schließlich laufender gewerbesteuerpflichtiger Gewinn, da der gewerbliche Grundstückshandel bereits im Jahr 1993 begründet worden sei und die später eingebrachten Grundstücke seit diesem Zeitpunkt dem Umlaufvermögen zuzuordnen seien.

Der Beklagte hat den Verlustfeststellungsbescheid zum 31. Dezember 2000 am 6. August 2012 aus hier nicht streitigen Gründen erneut geändert.

 Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2000 vom 29. Juni 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. Juli 2011, geändert mit Bescheid vom 6. August 2012, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –). F hat die Grundstücke am 30. Dezember 2000 im Rahmen eines gewerblichen Grundstückshandels in die KG eingebracht.

1. Nach § 15 Abs. 2 EStG ist eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, Gewerbebetrieb, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufes noch als eine andere selbständige Tätigkeit anzusehen ist. Außerdem müssen durch die Tätigkeit die Grenzen der privaten Vermögensverwaltung überschritten werden. Bei der Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb einerseits und der nicht steuerbaren Sphäre andererseits ist auf das Gesamtbild der Verhältnisse und auf die Verkehrsanschauung abzustellen. Eine private Vermögensverwaltung wird ausgeübt, solange sich die zu beurteilende Tätigkeit noch als Nutzung von Grundbesitz durch Fruchtziehung aus zu erhaltender Substanz darstellt und die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtungen nicht entscheidend in den Vordergrund tritt. Von einem gewerblichen Grundstückshandel kann dagegen im Regelfall ausgegangen werden, wenn innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen Anschaffung bzw. Errichtung und Verkauf, d.h. etwa fünf Jahren, mindestens vier Objekte veräußert werden, weil die äußeren Umstände dann den Schluss zulassen, dass es dem Steuerpflichtigen auf die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung ankommt (BFH-Urteil vom 17. Dezember 2009 III R 101/06 , BFHE 228, 65 , BStBl II 2010, 541, m.w.N.).

Bei der Prüfung der Drei-Objekt-Grenze sind zur Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels Grundstücksverkäufe einer GbR einem Gesellschafter, der auch eigene Grundstücke veräußert, in der Weise zuzurechnen, dass unter Einbeziehung dieser Veräußerungen ein gewerblicher Grundstückshandel des Gesellschafters besteht (BFH-Entscheidungen vom 3. Juli 1995 GrS 1/93, BFHE 178, 86 , BStBl II 1995, 617 ; vom 10. April 2003 X B 109/02, BFH/NV 2003, 1082 ; vom 28. November 2002 III R 1/01, BFHE 201, 133 , BStBl II 2003, 250 ; vom 22. August 2012 X R 24/11, BFHE 238, 180 , BStBl II 2012, 865 ).

2. Nach diesen Maßstäben hat F im Streitjahr einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben und im Rahmen dieses Grundstückshandels die Grundstücke am 30. Dezember 2000 in die KG eingebracht.

a) F hat sowohl durch die Zurechnung der Grundstücksveräußerungen der GbR als auch durch eigene Einbringungen vom 30. Dezember 2000 die Drei-Objekt-Grenze überschritten.

aa) F sind zunächst die Grundstücksveräußerungen der GbR zuzurechnen, die seit ihrer Gründung im Jahr 1976 bis zur Umwandlung in die KG im Jahr 2000 – unstreitig – einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben hat.

bb) Darüber hinaus stehen die Grundstückseinbringungen in die KG zum 30. Dezember 2000 entgeltlichen Veräußerungen gleich.

Die Einbringung von Wirtschaftsgütern aus dem Vermögen eines Gesellschafters in das Betriebsvermögen einer Personengesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten und ggf. einer weiteren Gegenleistung ist als tauschähnlicher Vorgang anzusehen, der beim einbringenden Gesellschafter zu einer entgeltlichen Veräußerung führt. Denn jeder offenen Sacheinlage liegt eine Vereinbarung des Gegenstands der Sacheinlage und der Höhe der in Geld ausgedrückten Einlageschuld zugrunde, auf die der Gesellschafter die Sacheinlage leistet, die die Gesellschaft mit dem angemessenen Wert gegen ihre Einlageforderung verrechnet. Dies verdeutlicht, dass die Einbringung ihrem rechtlichen und sachlichen Charakter nach auf eine Veräußerung gegen ein dem Verkehrswert des Grundstücks entsprechendes Entgelt und insofern auf die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung gerichtet ist (BFH-Urteile vom 15. Juli 1976 I R 17/74 , BFHE 119, 285 , BStBl II 1976, 748 ; vom 29. Oktober 1987 IV R 93/85, BFHE 151, 181 , BStBl II 1988, 374 ; vom 19. Oktober 1998 VIII R 69/95, BFHE 187, 434 , BStBl II 2000, 230 ; vom 11. Dezember 2001 VIII R 58/98, BFHE 197, 411 , BStBl II 2002, 420 ).

Die Gegenleistung für die Einbringung eines Wirtschaftsguts aus dem Betriebs- oder Privatvermögen eines Gesellschafters in das Gesamthandsvermögen einer gewerblichen Personengesellschaft kann in der (erstmaligen) Gewährung von Gesellschaftsrechten, aber auch in Barentgelt, in der Übernahme von Verbindlichkeiten des Gesellschafters durch die Gesellschaft oder in der Gewährung eines Darlehensanspruch gegen die Gesellschaft liegen (BFH-Urteil vom 24. Januar 2008 IV R 37/06 , BFHE 220, 374 , BStBl II 2011, 617 ). Die im Zuge der Einbringung einzelner Wirtschaftsgüter von der aufnehmenden Personengesellschaft übernommenen Verbindlichkeiten des übertragenden Gesellschafters führen auch dann zu einer (gewinnwirksamen) Gegenleistung beim einbringenden Gesellschafter, wenn die übernommenen Schulden in wirtschaftlichem Zusammenhang mit den eingebrachten aktiven Einzelwirtschaftsgütern stehen (BFH-Urteil vom 11. Dezember 2001 VIII R 58/98 , BFHE 197, 411 , BStBl II 2002, 420 ).

Der Behandlung der Sacheinlage als tauschähnlichen Vorgang steht nicht entgegen, dass der Gesellschafter bereits vor der Einbringung zu 100 % an Gewinn und Vermögen der Gesellschaft beteiligt ist. Auch in diesem Fall wird durch den Beschluss über die Erhöhung des Kapitals und die Übernahme der erhöhten Beteiligung durch den Gesellschafter eine Einlageforderung der Gesellschaft begründet, die die Gesellschaft gegen den einzubringenden Sachgegenstand hingibt (BFH-Urteil vom 17. Juli 2008 I R 77/06 , BFHE 222, 402 , BStBl II 2009, 464, unter B.II.2.b; BMF-Schreiben vom 11. Juli 2011 , BStBl I 2011, 713, unter II.2.c).

Die Beurteilung von Einbringungen gegen Gesellschaftsrechte und ggf. einer weiteren Gegenleistung als tauschähnlichen Vorgang führt auch beim gewerblichen Grundstückshandel zu einer Gleichstellung mit Veräußerungen mit der Folge, dass diese als gewerblich zu qualifizieren sind (ebenso: Schmidt/Wacker, EStG , 31. Aufl. 2012, § 15 Rn. 56; Buge in Herrmann/Heuer/Raupach, § 15 EStG Rn. 1131; Bordewin/Brandt, § 15 EStG , Rn. 93f; Markl/Zeidler in Lademann, EStG , § 15 Rn. 110; Sarrazin in Lenski/Steinberg, GewStG , § 2 Rn. 1332; Finanzgericht – FG – Hamburg, Urteil vom 27. Mai 2009 2 K 158/08, EFG 2009, 1934 , rechtskräftig; BFH-Urteil vom 19. September 2002 X R 51/98 , BFHE 201, 19 , BStBl II 2003, 394, obiter dictum zur Einbringung in eine Personengesellschaft; BMF-Schreiben vom 26. März 2004 , BStBl I 2004, 434, Tz. 7; vgl. auch BFH-Urteil vom 30. November 2004 VIII R 15/00 , BFH/NV 2005, 1033 , zum umgekehrten Fall der Veräußerung eines Grundstücks an einen Gesellschafter; BFH-Urteil vom 9. Mai 1996 IV R 74/95 , BFHE 181, 19 , BStBl II 1996, 599, zur Realteilung, wo offengelassen wird, ob Grundstücksgeschäfte einer Mitunternehmerschaft mit ihren Mitunternehmern überhaupt als Vorgänge anzusehen sind, die auf die Drei-Objekt-Grenze Anrechnung finden; ablehnend: FG Münster, Beschluss vom 10. Dezember 2001 1 V 3502/01 , EFG 2002, 324 , unter II.2.c; Prinz, Deutsches Steuerrecht – DStR – 1996, 1145, 1151, unter 4.5.). Denn auch in diesem Fall wird beim Gesellschafter Vermögen durch Ausnutzung substantieller Vermögenswerte umgeschichtet.

Im Streitfall hat F die Grundstücke im Wege eines tauschähnlichen Vorgangs und damit entgeltlich in die KG eingebracht. Der von F eingebrachte Grundbesitz wurde von der KG zum Teilwert von 341.874.000 DM aktiviert. Als Gegenleistung übernahm die KG Bankverbindlichkeiten des F in Höhe von 207.460.000 DM und wies den Differenzbetrag von 134.414.000 DM auf dessen Privatkonto (Darlehenskonto) aus.

cc) Gegenüber diesem Ergebnis greifen die Einwendungen der Klägerin nicht durch.

Der Einwand, F habe in eigener Person kein einziges Objekt veräußert, trifft nicht zu, da er die – als Veräußerungen anzusehenden – Einbringungen in eigener Person getätigt hat. Im Übrigen wäre dieser Einwand selbst dann unbeachtlich, wenn F in eigener Person tatsächlich kein Grundstück veräußert hätte. Auch wenn ein Steuerpflichtiger in eigener Person kein einziges Objekt veräußert, kann er allein durch die Zurechnung der Grundstücksverkäufe von Personengesellschaften oder Gemeinschaften einen gewerblichen Grundstückshandel betreiben (BFH-Urteil vom 22. August 2012 X R 24/11 , BFHE 238, 180 , BStBl II 2012, 865 ).

Der Klägerin kann auch nicht darin gefolgt werden, die Einbringung aller Objekte könne nicht zugleich Beginn als auch Ende des gewerblichen Grundstückshandels sein. Bereits die Grundstücksveräußerungen durch die GbR waren F zuzurechnen, so dass während der Gewerblichkeit der GbR das Damoklesschwert des gewerblichen Grundstückshandels über ihm bzw. seinem Grundbesitz schwebte (BFH-Urteil vom 22. August 2012 X R 24/11 , BFHE 238, 180 , BStBl II 2012, 865, unter II.3.b). Durch die Einbringungen zum 30. Dezember 2000 hat F vielmehr seinen gewerblichen Grundstückshandel beendet.

Dem Steuerpflichtigen wird auch grundsätzlich nicht die Möglichkeit genommen, zwischen einer privaten und einer betrieblichen Vermögenssphäre zu trennen. Die Trennung der Vermögenssphären wird nur und erst dann aufgehoben, wenn die Vermutungswirkung der Drei-Objekt-Grenze zum Tragen kommt. Es ist lediglich nicht möglich, neben einem bestehenden Grundstückshandel weitere Objekte – ohne Einbeziehung in den Grundstückshandel – im Privatvermögen in engem zeitlichen Zusammenhang zum jeweiligen Erwerb ohne Auslösung einer Einkommensteuerbelastung zu veräußern (BFH-Urteil vom 22. August 2012 X R 24/11 , BFHE 238, 180 , BStBl II 2012, 865, unter II.3.b). Dementsprechend hat der Beklagte auch nur diejenigen Einbringungen vom 30. Dezember 2000 beim gewerblichen Grundstückshandel erfasst, bei denen zwischen Anschaffung bzw. Fertigstellung durch F und Veräußerung durch die GbR ein Zeitraum von zehn Jahren nicht überschritten wurde.

dd) Ob auch die Einbringungen des F in die GbR in den Jahren vor 2000 als Veräußerungen zu werten ist, kann dahinstehen, da es zur Begründung eines gewerblichen Grundstückshandels auf diese Einbringungen nicht ankommt und ein dabei etwaig angefallener Veräußerungsgewinn nicht im Streitjahr zu erfassen wäre. Es ist wegen des Prinzips der Abschnittsbesteuerung auch unerheblich, dass die vorangegangene Betriebsprüfung der Jahre 1996 bis 1999 die Aktivitäten des F nicht als gewerblich einstufte (BFH-Urteil vom 20. November 2012 IX R 7/11 , BFHE 239, 302 , DStR 2013, 525, unter II.4.a).

b) Der Beklagte hat zu Recht in den gewerblichen Grundstückshandel aufgrund der Branchennähe des F auch Grundstücke mit einbezogen, die zwar außerhalb des Fünf-Jahres-Zeitraums, jedoch innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb bzw. der Bebauung in die KG eingebracht worden sind.

Zur Veräußerung im Rahmen eines gewerblichen Grundstückshandels sind die Objekte bestimmt, auf die sich die Veräußerungsabsicht des Steuerpflichtigen bezieht. Steht diese nicht fest, so sind das die Objekte, die aufgrund des sachlichen und zeitlichen Zusammenhangs zwischen ihrer Anschaffung bzw. Errichtung und ihrer Veräußerung die Veräußerungsabsicht indizieren. Dabei können auch die erst nach Ablauf von fünf, aber innerhalb von zehn Jahren nach Erwerb oder Errichtung veräußerten Immobilien in den gewerblichen Grundstückshandel mit einzubeziehen sein. Der Fünf-Jahres-Zeitraum hat nur indizielle Bedeutung. Bei Hinzutreten besonderer Umstände verlängert sich der Fünf-Jahres-Zeitraum, so beispielsweise bei einer nur geringfügigen zeitlichen Überschreitung, einer größeren Anzahl von Objekten, der Ausübung eines branchennahen Hauptberufs oder kontinuierlich fortlaufenden Grundstücksankäufen und Grundstücksverkäufen (BFH-Urteil vom 5. Mai 2004 XI R 7/02 , BFHE 206, 141 , BStBl II 2004, 738, m.w.N.).

Im Streitfall besteht jedenfalls eine Branchennähe des F, da er über Jahre hinweg eigene Grundstücke erworben, bebaut und die GbR eingebracht hat. Zudem hatte er in der GbR, die selbst gewerblichen Grundstückshandel betrieben hat, eine beherrschende Mitunternehmerstellung inne.

c) Anhaltspunkte für besondere Umstände, die trotz der – für einen gewerblichen Grundstückshandel sprechenden – Veräußerung von mehr als drei Objekten im Streitfall zweifelsfrei gegen eine im Zeitpunkt des Immobilienerwerbs vorliegende, ggf. bedingte Veräußerungsabsicht hinsichtlich der einzelnen Objekte sprechen könnten (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 10. Dezember 2001 GrS 1/98, BFHE 197, 240 , BStBl II 2002, 291, unter C.III.5.), sind im Streitfall nicht gegeben.

Ein solcher Umstand besteht insbesondere nicht in der Vermietung der Wohnungen durch F. Im Streitfall wurden Mietverträge von unbestimmter Dauer abgeschlossen, die damit innerhalb der im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelten Fristen kündbar waren.

Nicht entscheidend ist, dass tatsächlich das Mietverhältnis über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren bestanden hat. Denn maßgeblich für die gegen eine bedingte Veräußerungsabsicht sprechende Indizwirkung eines Pacht- oder Mietvertrags über eine von vornherein vereinbarte Laufzeit von mehr als fünf Jahren ist der Gesichtspunkt, dass die Immobilie hierdurch nur eingeschränkt durch Veräußerung verwertbar ist (BFH-Beschluss vom 14. Oktober 2008 X B 118/08 , BFH/NV 2009, 152 , unter II.1.b). Entgegen der Ansicht der Klägerin kommt es nicht darauf an, ob F selbst berechtigt gewesen wäre, die Mietverträge zu kündigen. Die Verkehrsfähigkeit einer Wohnung bestimmt sich hauptsächlich danach, ob der Erwerber alsbald nach dem Kauf der Wohnung diese z.B. nach einer Kündigung wegen Eigenbedarfs zu eigenen Wohnzwecken nutzen kann. Die langfristige Vermietung von Gewerbeobjekten würde der Annahme einer bedingten Veräußerungsabsicht dagegen von vornherein nicht entgegenstehen, da hier die Vermietung das Objekt für Kapitalanleger interessant macht und damit eher verkaufsfördernd wirkt (vgl. BFH-Entscheidungen vom 14. Januar 2004 IX R 88/00, BFH/NV 2004, 1089 ; vom 13. November 2006 IV B 47/06, BFH/NV 2007, 234 ).

d) Die Einbringung der Grundstücke zum 30. Dezember 2000 stellt sich auch als Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr dar.

Das Merkmal der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr erfordert eine Tätigkeit, die gegen Entgelt am Markt erbracht und für Dritte äußerlich erkennbar angeboten wird (BFH-Urteil vom 2. Dezember 1998 X R 83/96 , BFHE 188, 101 , BStBl II 1999, 534 ). Nicht erforderlich ist, dass die Tätigkeit für das allgemeine Publikum erkennbar ist; es genügt bereits die Erkennbarkeit für die beteiligten Kreise, ohne dass die Leistungen einer Mehrzahl von Interessenten angeboten werden müssen. Dementsprechend genügen als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr Geschäftsbeziehungen zu einem einzigen Vertragspartner (BFH-Urteile vom 26. Oktober 1977 I R 110/76 , BFHE 123, 507 , BStBl II 1978, 137 ; vom 9. Juli 1986 I R 85/83, BFHE 147, 245 , BStBl II 1986, 851 ; vom 2. September 1988 III R 58/85, BFHE 154, 332 , BStBl II 1989, 24 ), und zwar selbst dann, wenn der Steuerpflichtige vertraglich an der Begründung von Geschäftsbeziehungen zu weiteren Personen gehindert ist (BFH-Urteil vom 15. Dezember 1999 I R 16/99 , BFHE 191, 45 , BStBl II 2000, 404 ).

Folglich sind an die Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr keine strengen Maßstäbe anzulegen. Entscheidend ist, ob die zu beurteilende Tätigkeit nach Art und Umfang dem Bild einer unternehmerischen Marktteilnahme entspricht (BFH-Urteil vom 15. Dezember 1999 I R 16/99 , BFHE 191, 45 , BStBl II 2000, 404 ). Das Merkmal dient dazu, solche Betätigungen aus dem unternehmerischen Bereich auszugrenzen, die zwar von einer Gewinnerzielungsabsicht getragen, aber nicht auf einen Güter- und Leistungsaustausch gerichtet sind (BFH-Urteil vom 2. Dezember 1998 X R 83/96 , BFHE 188, 101 , BStBl II 1999, 534 ; vom 24. Januar 1990 X R 44/88, BFH/NV 1990, 798 ). Demnach sind einem gewerblichen Grundstückshandel auch solche Verkäufe zuzurechnen, die von vornherein aus der Sicht des Handelnden nur mit einem bestimmten Erwerber abgewickelt werden sollen (BFH-Urteile vom 31. Januar 1980 IV R 13/76 , BFHE 130, 34 , BStBl II 1980, 318 ; vom 28. Oktober 1993 IV R 66-67/91, BFHE 173, 313 , BStBl II 1994, 463 ).

Im Streitfall hat F danach durch die Einbringungen in die KG am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilgenommen (ebenso: FG Hamburg, Urteil vom 27. Mai 2009 2 K 158/08 , EFG 2009, 1934 ; Schmidt/Wacker, EStG , 31. Aufl. 2012, § 15 Rn. 20; BFH-Urteil vom 19. September 2002 X R 51/98 , BFHE 201, 19 , BStBl II 2003, 394, zur Einbringung in eine Kapitalgesellschaft; ablehnend: Reiß in Kirchhof, EStG , 11. Aufl. 2012, § 15 Rn. 123; Kauffmann in Frotscher, EStG , § 15 Rn. 82b, 85; Carlé/T. Carlé in Korn, § 15 EStG Rn. 353; Olbrich, Der Betrieb 1996, 2049, 2051, unter III.; Carlé, Deutsche Steuerzeitung 2003, 483, 488, unter III.3.). Es kommt nicht darauf an, dass die Tätigkeit gegenüber Dritten äußerlich in dem Sinne erkennbar ist, dass eine Veräußerungsabsicht öffentlich kundgetan wird. Dem Bild einer unternehmerischen Marktteilnahme entspricht es auch, dass der Anbieter gezielt ein Geschäft nur mit einem einzigen Abnehmer schließen will, sei es aufgrund vertraglicher Bindungen oder sonstiger Interessen. Die Marktteilnahme ist vorliegend auch auf einen Güter- und Leistungsaustausch gerichtet, denn zivilrechtlich wurden die Grundstücke auf die Gesamthand der KG übertragen. An diesen zivilrechtlichen Güter- und Leistungsaustausch muss sich die Klägerin auch steuerrechtlich festhalten lassen. Dem Wert der Grundstücke als Gegenstand der Sacheinlage steht die in Geld ausgedrückte Einlageschuld gegenüber und bezeichnet damit den Marktwert. Aus diesem Grund vermag sich der Senat auch nicht der Meinung der Klägerin anzuschließen, ein gewerblicher Grundstückshandel scheide aus, weil der Grundbesitz letztlich unentgeltlich auf eine gemeinnützige Stiftung übertragen worden sei, denn dabei lässt die Klägerin den von F tatsächlich verwirklichten Lebenssachverhalt (entgeltliche Einbringung in die KG) außer Acht.

e) F ist auch nachhaltig tätig geworden.

Nachhaltigkeit erfordert eine Tätigkeit, die von der Absicht getragen ist, sie zu wiederholen und daraus eine ständige Erwerbsquelle zu machen, und die objektiv erkennbar auf Wiederholung angelegt ist. Im Gegensatz hierzu steht eine einmalige, ohne die Absicht der Wiederholung vorgenommene Handlung (BFH-Urteile vom 15. Dezember 1971 I R 49/70 , BFHE 104, 178 , BStBl II 1972, 291 ; vom 22. April 1998 X R 17/96, BFH/NV 1998, 1467 ).

Im Interesse einer sachlich zutreffenden Besteuerung des Gesellschafters sind alle ihm zuzurechnenden Tätigkeiten auf dem Gebiet des Grundstückshandels in eine Gesamtwürdigung am Maßstab des § 15 Abs. 1 EStG einzubeziehen. Wirtschaftliche Aktivitäten, die der Steuerpflichtige in seiner Person tätigt, die aber als solche die im Steuertatbestand vorausgesetzte Nachhaltigkeit nicht erreichen, können in einer Gesamtschau mit einer mitunternehmerischen Betätigung als gewerblich bewertet werden. In gleicher Weise können solche gemeinschaftlich verwirklichten Aktivitäten, die auf der Ebene der Gesellschaft/Gemeinschaft (noch) nicht gewerblicher Art sind, und hiermit sachlich zusammenhängende Tätigkeiten des Steuerpflichtigen selbst – auch solche im Rahmen einer anderen vermögensverwaltenden Gesellschaft – in seiner Person insgesamt als gewerblich eingestuft werden (BFH-Beschluss vom 3. Juli 1995 GrS 1/93, BFHE 178, 86 , BStBl II 1995, 617, unter C.IV.3.a).

Im Streitfall handelte F aufgrund der Grundstücksveräußerungen der GbR, die ihm zuzurechnen sind, nachhaltig.

3. Gegen die Höhe des vom Beklagten angesetzten Veräußerungsgewinns bestehen keine Bedenken. Die Beteiligten haben sich anlässlich der Betriebsprüfung während des Einspruchsverfahrens auf die Teilwerte geeinigt, zu denen die Grundstücke bei der KG angesetzt wurden. Die Gewinnfeststellungsbescheide gegenüber der KG wurden bestandskräftig. Aus den angesetzten Teilwerten hat der Beklagte den Veräußerungsgewinn berechnet. Die Klägerin hat insoweit keine Einwendungen vorgebracht.

4. Der Veräußerungsgewinn stellt keinen – gewerbesteuerfreien – Aufgabegewinn dar. Veräußert ein gewerblicher Grundstückshändler seinen gesamten Grundstücksbestand (Umlaufvermögen) an einen oder zwei Erwerber, ist ein laufender Gewinn – kein Veräußerungs- oder Aufgabegewinn – gegeben. Ein solcher Gewinn ist weder einkommensteuerrechtlich nach den §§ 16 , 34 EStG begünstigt noch gewerbesteuerrechtlich von der Gewerbeertragsteuer freigestellt (BFH-Urteil vom 25. Januar 1995 X R 76-77/92, BFHE 176, 426 , BStBl II 1995, 388, m.w.N.). Für die – im Streitfall als Veräußerung zu wertende – Einbringung des Grundbesitzes in die KG kann nichts anderes gelten.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO .

6. Die Revision war zuzulassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO . Bei den bisher vom BFH entschiedenen Streitfällen veräußerten die Gesellschafter, denen Grundstücksveräußerungen der Personengesellschaft als Zählobjekte zugerechnet wurden, Grundstücke aus ihrem Privatvermögen an Dritte. Der Streitfall zeichnet sich durch die Besonderheit aus, dass der Gesellschafter F seine Grundstücke nicht an fremde Dritte veräußert, sondern in eine ihm zu 100 % gehörende KG eingebracht hat. Es ist höchstrichterlich noch nicht entschieden, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen die Einbringung eines Grundstücks in eine Personengesellschaft im Rahmen eines gewerblichen Grundstückshandels einer entgeltlichen Veräußerung an einen fremden Dritten gleichzustellen ist und ob diese Einbringung das Merkmal der Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr erfüllt.

 

Nahe stehende Personen” i.S. des § 32d Abs. 2 Nr. 1 S. 1 Buchst. a EStG

 Leitsatz

1. Sind Schuldner und Gläubiger von Kapitalerträgen Geschwister, ist nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 a EStG auf die erzielten Zinsen nicht der Abgeltungssteuersatz von 25 %, sondern der progressive Steuersatz anzuwenden. Aufgrund der typisierenden Betrachtungsweise ist unerheblich ist, ob die Geschwister sich tatsächlich nahe stehen.

2. § 32d Abs. 2 Nr. 1a EStG ist verfassungskonform einschränkend dahingehend auszulegen, dass nur die Fälle eines potentiellen Gesamtbelastungsvorteils erfasst werden.

 Gesetze

EStG § 32d Abs. 2 Nr. 1 S. 1a
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7
AStG § 1 Abs. 2
AO § 15
GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 6
GG Art. 2

 Tatbestand

Streitig ist, ob Zinsen aus der Stundung eines Kaufpreises zwischen Geschwistern dem linearen Abgeltungssteuersatz von 25 % unterliegen oder nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG ) in der Fassung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14. August 2007 (BGBl I 2007, 1912 ) mit dem progressiven, tariflichen Steuersatz zu besteuern sind.

Die Kläger sind zusammen veranlagte Eheleute. Die Klägerin war zusammen mit ihrem Vater A.X. und ihrem Bruder C.X. als Kommanditistin an der X GmbH & Co. KG (KG) beteiligt. Daneben hielt sie – ebenfalls zusammen mit ihrem Vater und ihrem Bruder – eine Beteiligung an der X Verwaltungs-GmbH (Komplementärin der KG) sowie an der grundbesitzenden XY GbR (GbR). Der Grundbesitz der GbR war an die KG verpachtet.

Mit Anteilsübertragungsvertrag vom 29. Mai 2008 zwischen der Klägerin, A. und C.X. veräußerte sie – ebenso wie ihr Vater A.X. – mit Wirkung zum 1. Juni 2008 diese Beteiligungen an ihren Bruder C.X..

Der Kaufpreis betrug für die KG-Beteiligung 180.000 EUR und für die GbR-Beteiligung 460.000 EUR. Er war in drei gleichen Raten zum 15. Januar 2009, zum 31. Dezember 2009 und zum 31. Dezember 2010 zu zahlen. Das Auseinandersetzungsguthaben war vom Tage des Ausscheidens an mit dem Zinssatz für Kontokorrentkredite der Hausbank zu verzinsen (Nr. III § 3 Abs. 3 und Nr. IV § 3 Abs. 3 des Anteilsübertragungsvertrags). Diese Regelungen beruhen auf § 15 des Gesellschaftsvertrags über die Errichtung der KG vom 7. September 1989 und dem Gesellschaftsvertrag der GbR vom 21. Dezember 1998 (Verweis auf den Gesellschaftsvertrag der KG in § 12).

Der Erwerber C.X. leistete an die Klägerin vereinbarungsgemäß im Streitjahr die erste und zweite Rate zuzüglich Zinsen in Höhe von insgesamt 39.704 EUR.

Die Klägerin erklärte in der Einkommensteuererklärung 2009 vom 19. Mai 2010 die Zinsen als Einkünfte aus Kapitalvermögen, die dem Abgeltungssteuersatz von 25 % unterfallen.

Der Beklagte unterwarf die Zinsen im Einkommensteuerbescheid 2009 vom 14. Oktober 2010 dagegen dem – höheren – tariflichen Steuersatz, weil C.X. eine nahe stehende Person der Klägerin sei (Hinweis auf § 15 der Abgabenordnung – AO – ) und die Zinsen bei ihm als Betriebsausgaben abzugsfähig seien.

Den dagegen am 18. Oktober 2010 (Eingang beim Beklagten) erhobenen Einspruch begründeten die Kläger damit, dass zur Bestimmung der nahe stehenden Person nicht auf die Definition der Angehörigen in § 15 AO zurückgegriffen werden dürfe. Erforderlich sei nach dem zu § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG ergangenen Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 22. Dezember 2009 (BStBl I 2010, 94, Tz. 136) vielmehr, dass die Person auf den Steuerpflichtigen einen beherrschenden Einfluss ausüben könne oder umgekehrt der Steuerpflichtige auf diese Person einen beherrschenden Einfluss ausüben könne oder eine dritte Person auf beide einen beherrschenden Einfluss ausüben könne oder die Person oder der Steuerpflichtige imstande sei, bei der Vereinbarung der Bedingungen einer Geschäftsbeziehung auf den Steuerpflichtigen oder die nahe stehende Person einen außerhalb dieser Geschäftsbeziehung begründeten Einfluss auszuüben, oder wenn einer von ihnen ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Erzielung der Einkünfte des anderen habe. Das sei zwischen der Klägerin und C.X. nicht der Fall gewesen. Die Anteilsübertragung habe ihren Grund in der Entfremdung der Parteien. Die Klägerin und C.X. hätten seit dem Tag der Anteilsübertragung außer über ihre Anwälte keinen Kontakt mehr miteinander gehabt.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 9. August 2011 als unbegründet zurück. Nach dem BMF-Schreiben vom 22. Dezember 2009 (BStBl I 2010, 94, Tz. 136) sei typisierend davon auszugehen, dass Angehörige i.S. des § 15 AO einander nahe stehende Personen seien. Der Gesetzgeber bediene sich hier zur Entlastung der Steuerverwaltung einer Typsierung, die verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sei.

Mit der dagegen am 31. August 2011 erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Ziel weiter. Die Klägerin sei keine ihrem Bruder nahe stehende Person i.S. des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG . Das BMF-Schreiben vom 22. Dezember 2009 (BStBl I 2010, 94 ) sei als Verwaltungsvorschrift nicht geeignet, Angehörige i.S. des § 15 AO ohne weitere Voraussetzungen in den Kreis der nahe stehenden Personen einzubeziehen. Die Vorschrift des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG sei als Missbrauchsbekämpfungsnorm konzipiert. Sie müsse daher im Wege der teleologischen Reduktion dahingehend eingeschränkt werden, dass ein Gesamtbelastungsvorteil und eine Einkünfteverlagerung festgestellt werden müsse, damit eine nahe stehende Person angenommen werden könne. Die Anwendung des Abgeltungssteuersatzes dürfe nur dann ausscheiden, wenn die dem Gläubiger nahe stehende Person das ihr überlassene Kapital zur Finanzierung progressiv besteuerter Tätigkeiten einsetze. Eine solche Situation liege im Streitfall nicht vor. C.X. könne als Privatmann die gezahlten Zinsen steuerlich nicht abziehen.

Die Notwendigkeit einer teleologischen Reduktion folge auch aus § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes (JStG ) 2010 vom 8. Dezember 2010 (BGBl. I 2010, 1768 ), die ab dem Veranlagungszeitraum 2011 gelte. Darin habe der Gesetzgeber den Anwendungsbereich der Vorschrift nunmehr eingeschränkt, indem die den Kapitalerträgen entsprechenden Aufwendungen beim Schuldner Betriebsausgaben oder Werbungskosten im Zusammenhang mit Einkünften sein müssen, die der inländischen Besteuerung unterliegen und § 20 Abs. 9 Satz 1 zweiter Halbsatz EStG keine Anwendung findet. Diese Einschränkung sei auch vorliegend zu berücksichtigen, da der Gesetzgeber nicht gewollt habe, die Vorschrift im Streitjahr anders auszulegen als nach dem JStG 2010 . Der Beklagte habe nicht begründet und nachgewiesen, dass der Schuldner C.X. die Kapitalerträge als privatwirtschaftlicher Erwerber der Gesellschaftsanteile als Betriebsausgaben oder Werbungskosten im Zusammenhang mit seinen Einkünften, die der inländischen Besteuerung unterliegen, berücksichtigen könne.

Im Übrigen verstoße die Anwendung des tariflichen Einkommensteuersatzes im Streitfall gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG ), weil grundlos verwandtschaftliche Beziehungen gegenüber Rechtsbeziehungen zu fremden Dritten diskriminiert würden.

In der mündlichen Verhandlung führten die Kläger außerdem aus, die – verzinsliche– Stundung der Kaufpreise sei auf die Gesellschaftsverträge der KG und der GbR aus den Jahren 1989 und 1998 zurückzuführen. Damit habe die Fortführung der Gesellschaften erleichtert werden sollen. Ein Missbrauch der Abgeltungssteuer, etwa durch eine Back-to-back-Finanzierung, sei nicht beabsichtigt gewesen. Die Zinseinnahmen des anderen Veräußerers A.X. seien in bestandskräftigen Einkommensteuerbescheiden dem Abgeltungssteuersatz unterworfen worden.

Die Kläger beantragen,

den Einkommensteuerbescheid 2009 vom 14. Oktober 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. August 2011 dahingehend abzuändern, dass die erhaltenen Zinsen in Höhe von 39.704 EUR mit dem Abgeltungssteuersatz von 25 % und nicht mit dem tariflichen Steuersatz besteuert werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist zur Begründung auf seine Einspruchsentscheidung.

 Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet. Der Einkommensteuerbescheid 2009 vom 14. Oktober 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. August 2011 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).

1. Die Klägerin erzielt durch die Vereinnahmung der Zinsen aus der Stundung des Veräußerungserlöses Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG ).

2. Die Zinsen sind gemäß § 32a EStG mit dem tariflichen, progressiven Steuersatz zu versteuern. Der Abgeltungssteuersatz findet keine Anwendung.

a) Nach § 32d Abs. 1 Satz 1 EStG beträgt die Einkommensteuer 25 Prozent für Einkünfte aus Kapitalvermögen, die nicht unter § 20 Abs. 8 Satz 1 EStG fallen. Der Abgeltungssteuersatz gilt jedoch nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG u.a. nicht für Kapitalerträge i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG , wenn Gläubiger und Schuldner einander nahe stehende Personen sind.

Der Begriff der nahe stehenden Person ist gesetzlich nicht definiert. Nach der Gesetzesbegründung zum Unternehmensteuerreformgesetz 2008 soll ein Näheverhältnis i.S. des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG vorliegen, wenn die Person auf den Steuerpflichtigen einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder umgekehrt der Steuerpflichtige auf diese Person einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder eine dritte Person auf beide einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder die Person oder der Steuerpflichtige imstande ist, bei der Vereinbarung der Bedingungen einer Geschäftsbeziehung auf den Steuerpflichtigen oder die nahe stehende Person einen außerhalb dieser Geschäftsbeziehung begründeten Einfluss auszuüben oder wenn einer von ihnen ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Erzielung der Einkünfte des anderen hat (BT-Drucks. 16/4841, S. 61; BR-Drucks. 220/07, S. 98).

Die Finanzverwaltung hat diese – ohne Gesetzeszitat an die Begriffsbildung des § 1 Abs. 2 des Außensteuergesetzes (AStG) angelehnte – Definition in den BMF-Schreiben vom 22. Dezember 2009 (BStBl I 2010, 94, Tz. 136, Satz 1) und nachfolgend vom 9. Oktober 2012 (BStBl I 2012, 953, Tz. 136, Satz 1) übernommen. Ergänzend heißt es dort, dass ein derartiges Näheverhältnis vorliegt, wenn Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge Angehörige i.S. des § 15 AO sind oder wenn – außerhalb von Angehörigenverhältnissen – die Vertragsbeziehungen einem Fremdvergleich nicht standhalten (jeweils Sätze 2 und 3).

Die Literatur folgt zum Teil der Finanzverwaltung darin, dass bei Angehörigen von einander nahe stehenden Personen auszugehen sei (Schmidt/Weber-Grellet, EStG , 32. Aufl. 2013, § 32d Rz 8; gegen diese Gleichstellung: Koss in Korn, § 32d EStG Rz 47; Behrens/Renner, Betriebs-Berater – BB – 2008, 2319, unter IV.2.; Fischer, Deutsches Steuerrecht – DStR – 2007, 1898, unter 2.; Worgulla, Der Erbschaft-Steuer-Berater – ErbStB – 2010, 151, unter IV.2.c). Zum Teil wird – wie von der Gesetzesbegründung –ein Näheverhältnis i.S. des § 1 Abs. 2 AStG gefordert (Baumgärtel/Lange in Hermann/ Heuer/Raupach, § 32d EStG Rz 20; Schulz/Vogt, DStR 2008, 2189, unter 2.1.1.3; gegen diese Bezugnahme: Storg in Frotscher, EStG , § 32d Rz 20). Andere Autoren vertreten wiederum, dass sich das Näheverhältnis nach zu den verdeckten Gewinnausschüttungen (vgl. § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes – KStG – und § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG ) entwickelten Kriterien bestimme (Lambrecht in Kirchhof, EStG , 12. Aufl. 2013, § 32d Rz 11; Blümich/Treiber, § 32d EStG Rz 69; Schmidt/Wänger, NWB, Fach 3, S. 14939, 14948; ebenso: Niedersächsisches Finanzgericht – FG –, Urteil vom 6. Juli 2011 4 K 322/10, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2012, 242 , zu § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Satz 2 EStG ).

Nach Auffassung des Senats kommt im Gesetzestext des § 32d Abs. 2 Satz 1 Buchst. a EStG im Gegensatz zu anderen steuerlichen Vorschriften die Bezugnahme auf die Legaldefinition der „nahe stehenden Person” in § 1 Abs. 2 AStG nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck (siehe z.B. § 90 Abs. 3 Satz 1, § 162 Abs. 3 Satz 3 und § 178a Abs. 1 Satz 1 AO ; § 3 Nr. 70 Satz 4 EStG ; § 8 Abs. 1 Nr. 3 und § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AStG ; § 8a Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 KStG; § 121 Nr. 4 des Bewertungsgesetzes und § 4 Abs. 2 Nr. 3 des Investitionszulagengesetzes 1982). Im Übrigen ist die für die Beschreibung eines Näheverhältnisses bei natürlichen Personen allein in Betracht kommende Bestimmung des § 1 Abs. 2 Nr. 3, letzter Halbsatz AStG in den Gesetzesmaterialien nicht wörtlich übernommen worden. Die gesetzliche Formulierung „eigenes Interesse an der Erzielung der Einkünfte des anderen” versteht die Rechtsprechung als „persönliches” und nicht als „wirtschaftliches Interesse” (Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 19. Januar 1994 I R 93/93 , BFHE 174, 61 , BStBl II 1994, 725 ). In der Gesetzesbegründung wird demgegenüber ein „wirtschaftliches Interesse” verlangt.

Die Ausnahmevorschrift will Gestaltungen verhindern, bei denen aufgrund der Steuersatzspreizung betriebliche Gewinne, z.B. in Form von Darlehenszinsen, abgesaugt werden und so die Steuerbelastung auf den Abgeltungssteuersatz reduziert wird (BT-Drucks. 16/4841, S. 60). Die Gefahr einer solchen Gestaltung besteht immer dann, wenn zwischen den handelnden Personen (Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge) eine Beziehung besteht, durch die der zwischen Fremdkapitalgeber und -nehmer normalerweise bestehende Interessengegensatz eingeschränkt oder aufgehoben wird. Damit entsprechen die Kriterien für die Bestimmung einander nahe stehender Personen i.S. des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG denjenigen, die der Feststellung verdeckter Gewinnausschüttungen (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ; § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG ) bei Vorteilsgewährungen der Kapitalgesellschaft an Nichtgesellschafter zugrunde gelegt werden (ebenso: Niedersächsisches FG, Urteil vom 6. Juli 2011 4 K 322/10 , EFG 2012, 242 ). Für eine weite Auslegung des Begriffs der „nahe stehenden Person” spricht auch, dass § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG in den Jahren 2009 und 2010 durch das BMF-Schreiben vom 22. Dezember 2009 (BStBl I 2010, 94, Tz. 134) und ab dem Jahr 2011 durch die Fassung des JStG 2010 eine am Gesetzeszweck orientierte Einschränkung (Bestehen eines Gesamtbelastungsvorteils) erfahren hat (vgl. unten unter 2.b).

Bei der Prüfung einer verdeckten Gewinnausschüttung reicht als Indiz für ein „Nahestehen” jede Beziehung zwischen einem Gesellschafter und dem Dritten aus, die den Schluss zulässt, sie habe die Vorteilszuwendung der Kapitalgesellschaft an den Dritten beeinflusst. Derartige Beziehungen können familienrechtlicher, gesellschaftsrechtlicher, schuldrechtlicher oder auch rein tatsächlicher Art sein (BFH-Urteile vom 18. Dezember 1996 I R 139/94 , BFHE 182, 184 , BStBl II 1997, 301 ; vom 22. Februar 2005 VIII R 24/03, BFH/NV 2005, 1266 ; vom 19. Juni 2007 VIII R 54/05, BFHE 218, 244 , BStBl II 2007, 830 ; vom 19. Dezember 2007 VIII R 13/05, BFHE 220, 187 , BStBl II 2008, 568 ; vom 8. Oktober 2008 I R 61/07, BFHE 223, 131 , BStBl II 2011, 62 ). Sie umfassen insbesondere auch Angehörigenverhältnisse (Schmidt/Weber-Grellet, EStG , 32. Aufl. 2013, § 20 Rz 56; Schuhmann, GmbH-Rundschau – GmbHR – 2008, 1029, unter III.1.).

Im Streitfall sind Schuldner und Gläubiger der Kapitalerträge Geschwister (Angehörige nach § 15 Abs. 1 Nr. 4 AO ). Sie stehen damit in einer engen familienrechtlichen Beziehung, die typischerweise dazu geeignet ist, den zwischen fremden Dritten bestehenden Interessengegensatz einzuschränken oder aufzuheben. Ob die Klägerin und ihr Bruder tatsächlich einander nahe standen, ist in Anbetracht der typisierenden Betrachtungsweise des Gesetzes unerheblich (vgl. zu § 1 Abs. 2 AStG : BFH-Urteil vom 19. Januar 1994 I R 93/93 , BFHE 174, 61 , BStBl II 1994, 725, unter II.3.c). Der Gesetzgeber hat einen Korrekturbedarf gesehen, aber mit dem JStG 2010 außer dem theoretisch möglichen Bestehen eines Gesamtbelastungsvorteils durch die Steuersatzspreizung keine weiteren Einschränkungen (z.B. Widerlegung des Nahestehens durch besondere Umstände des Einzelfalls, Fremdüblichkeit der Zinsvereinbarung) normiert. Solche Einschränkungen würden außerdem das Vereinfachungsziel der Typisierung in Frage stellen.

b) Die weiteren – im Streitjahr lediglich von der Finanzverwaltung aufgestellten und für das Gericht nicht bindenden – einschränkenden Voraussetzungen des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG sind ebenfalls erfüllt.

Die Anwendung des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a EStG wird bereits im Streitjahr durch das BMF-Schreiben vom 22. Dezember 2009 (BStBl I 2010, 94, Tz. 134) u.a. dahingehend eingeschränkt, dass der Darlehensnehmer, wenn er eine natürliche Person ist, Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb, selbständiger Arbeit oder Vermietung und Verpachtung erzielen und die Darlehenszinsen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten geltend machen können muss.

Der Gesetzgeber hat diese Einschränkung durch das Jahressteuergesetz 2010 ab dem Veranlagungszeitraum 2011 (und damit außerhalb des Streitzeitraums) im Wesentlichen übernommen. Danach ist der Abgeltungssteuersatz nicht anzuwenden, wenn Gläubiger und Schuldner einander nahe stehende Personen sind, soweit die den Kapitalerträgen entsprechenden Aufwendungen beim Schuldner Betriebsausgaben oder Werbungskosten im Zusammenhang mit Einkünften sind, die der inländischen Besteuerung unterliegen und § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG keine Anwendung findet. Ausweislich der Gesetzesbegründung wird damit die Ausnahmeregelung auf Fälle beschränkt, in denen eine Steuersatzspreizung (Abzug der gezahlten Entgelte für die Kapitalüberlassung als Werbungskosten oder Betriebsausgaben, Besteuerung der vereinnahmten Erträge mit dem Abgeltungssteuersatz) gestaltet werden kann, da nur insoweit ein Regelungsbedürfnis besteht (BT-Drucks. 17/3549, S. 19; BR-Drucks. 318/10 – Beschluss –, S. 44). Es soll also kein „Gesamtbelastungsvorteil” dadurch erzielt werden können, dass der Schuldner die gezahlten Zinsen im Rahmen seiner – tariflichen, progressiven – Einkommensbesteuerung mit einem Steuersatz von bis zu 45 % als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abziehen kann, während der Gläubiger die vereinnahmten Zinsen nur mit dem linearen Steuersatz von 25 % versteuern muss. Der Gesetzgeber belässt es insoweit bei einer abstrakten Betrachtungsweise; er fordert nicht, dass der Werbungskosten- oder Betriebsausgabenabzug die Steuerbelastung beim Schuldner tatsächlich um über 25 % mindert. Die Neuregelung führt im Ergebnis dazu, dass der Gläubiger die Zinseinnahmen bei einem Darlehen an eine nahe stehende Person für deren Einkünfteerzielung (Werbungskosten- oder Betriebsausgabenabzug im Rahmen der – tariflichen, progressiven – Einkommensbesteuerung) mit dem tariflichen Einkommensteuersatz versteuert und bei einem Darlehen an eine nahe stehende Person für deren privaten Konsum (kein Werbungskosten- oder Betriebsausgabenabzug) mit dem Abgeltungssteuersatz.

Im Streitfall besteht die – im Streitjahr nach dem BMF-Schreiben vom 22. Dezember 2009 (BStBl I 2010, 94, Tz. 134) vorausgesetzte – abstrakte Gefahr eines solchen Gesamtbelastungsvorteils. Entgegen der Ansicht der Kläger kann der Bruder die an die Klägerin gezahlten Zinsen im Rahmen seiner – tariflichen, progressiven – Einkommensbesteuerung als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehen, da er aus dem Betrieb des Unternehmens Einkünfte aus Gewerbebetrieb und aus der Verpachtung des Grundbesitzes Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung oder – bei Bestehen einer Betriebsaufspaltung – solche aus Gewerbebetrieb erzielt. Ob wegen der Bindung der Vertragsparteien an die Gesellschaftsverträge aus den Jahren 1989 und 1998 oder wegen nicht bestehender Missbrauchsabsicht ein Erlass der Steuer aus Billigkeitsgründen in Betracht kommt, kann der Senat im vorliegenden Verfahren nicht entscheiden.

3. Die verfassungsrechtlichen Bedenken der Kläger gegen § 32d Abs. 2 Satz 1 Buchst. a EStG teilt der Senat nicht. Insbesondere kann die Vorschrift – wie vorliegend– mit dem BMF-Schreiben vom 22. Dezember 2009 (BStBl I 2010, 94, Tz. 134) jedenfalls verfassungskonform einschränkend so ausgelegt werden, dass sie nur die Fälle eines potentiellen Gesamtbelastungsvorteils erfasst. Der Senat schließt sich insoweit der ausführlichen Begründung des Niedersächsischen FG (Urteil vom 18. Juni 2012 15 K 417/10, EFG 2012, 2009 , unter 2.c der Entscheidungsgründe) an.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO . Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Es ist höchstrichterlich noch nicht entschieden, wie der Begriff der „nahe stehenden Person” in § 32d Abs. 2 Satz 1 Buchst. a EStG auszulegen ist und ob die Vorschrift verfassungsgemäß ist (siehe bereits Niedersächsisches FG, Urteile vom 6. Juli 2011 4 K 322/10, EFG 2012, 242 , Revision BFH VIII R 31/11 , zu § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Satz 2 EStG ; vom 18. Juni 2012 15 K 417/10, EFG 2012, 2009 , Revision BFH VIII R 9/13 ).

Verdeckte Gewinnausschüttung wegen nicht nachvollziehbar vereinbarter Gewinntantieme

Keine Rückstellung für Eventualverbindlichkeit

 Leitsatz

1. Die Vereinbarung einer wegen unbestimmter Regelungen zur Kürzbarkeit unter einer auflösenden Bedingung stehenden Gewinntantieme zwischen einer GmbH und ihrem Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer bedingt durch das Fehlen einer klaren, eindeutigen und im Voraus getroffenen Vereinbarung eine verdeckte Gewinnausschüttung. Auf die Angemessenheit der Gesamtausstattung des Geschäftsführers kommt es dann ebenso nicht mehr an wie auf die Fremdüblichkeit und tatsächliche Durchführung der Vereinbarung.

2. Rückstellungen für zugesagte nach Ablauf von mehreren Jahren zu zahlende Gratifikation an den Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH und diesem nahestehende Personen, die zukünftige Leistungen, wie eine fehlende Kündigung abgelten sollen, können nicht gebildet werden.

 Gesetze

KStG § 8 Abs. 3 S. 2
HGB § 249
EStG § 5 Abs. 1
KStG § 8 Abs. 1

 Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Berechnung von Rückstellungen für sich aus von der Klägerin erteilten Einmalzusagen ergebenden Eventualverbindlichkeiten sowie die ertragsteuerliche Behandlung einer Tantiemezusage.

Die Klägerin ist eine am 28. März 2001 gegründete GmbH. Ihr Geschäftsführer ist der am … 1968 geborene … (H S), dessen Befreiung von den Beschränkungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB ) in das Handelsregister eingetragen ist. Er war in den Streitjahren zugleich Alleingesellschafter der Klägerin.

Gegenstand des Unternehmens der Klägerin sind ausweislich des Handelsregisters: Handel mit Hydraulikzubehör, Konfektionierung von und Handel mit Hydraulikschläuchen und Leitungen, Handel mit Ersatzteilen für die Land- und KFZ-Technik, technischem Bedarf, technischen Gasen und Propan, Schweißtechnik sowie Industrie- und Werkstattbedarf wie auch technischer Service.

Im Geschäftsführervertrag mit H S vom 26. April 2001 ist u.a. bestimmt, das feste Monatsgehalt belaufe sich auf 3.500,– DM. Ferner heißt es: „Weiterhin erhält der Geschäftsführer jährlich eine Tantieme von 25 % des Gewinnes vor sämtlichen Steuern, Wertberichtigungen, Zuführungen zu Rücklagen, Rückstellungen und 1/3 der gesamten Abschreibungen (einschl. Abschreibungen auf geringwertige Wirtschaftsgüter), mindestens jedoch eine Tantieme (Grundtantieme) von 8.000,– DM. …Die feste Vergütung setzt sich wie folgt zusammen: Das feste Monatsgehalt und die Grundtantieme. Die gewinnabhängige Tantieme ist begrenzt auf 25 % der Gesamtvergütung. Die gewinnabhängige Tantieme wird gekappt, sollte sie 25 % der Gesamtvergütung im Sinne der laufenden Bezüge übersteigen. Die laufenden Bezüge und die Grundtantieme stellen 75 % der Gesamtausstattung dar. Die Gewinntantieme davon beträgt maximal 1/3; der übersteigende Betrag wird gekappt. Die Tantieme steht dem Geschäftsführer nur dann zu, wenn der Gewinn der Gesellschaft einen Betrag von 15 % des eingezahlten Stammkapitals übersteigt. Reicht der übersteigende Gewinn nicht zur Erfüllung des vollen Tantiemeanspruchs aus, dann reduziert sich die Tantieme auf einen Betrag, der der Gesellschaft einen Gewinn in Höhe von 15 % des eingezahlten Stammkapitals belässt. Der nicht realisierte (Teil-)Anspruch aus der Grundtantieme wird auf neue Rechnung vorgetragen. Er ist dann so zu behandeln, als ob eine Besserungszusage mit aufschiebend bedingtem Erfolgseintritt besteht. Die Gesellschaft verzichtet insoweit auch auf die Einrede der Verjährung. Die Tantiemezusage ist Gehaltsbestandteil und für das Jahr des Ein- bzw. Austritts zeitanteilig zu gewähren. Maßgebend für die Gewinnermittlung zur Feststellung des Tantiemeanspruchs ist der modifizierte Jahresüberschuss, der sich aus dem unter Anwendung der steuerlichen Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften aufgestellten Jahresabschluss (Steuerbilanz) unter Ausschöpfung aller Sonderabschreibungen, erhöhten Absetzungen, Bewertungsfreiheiten, Übertragungen stiller Reserven und steuerfreien Rücklagen ergibt. Modifiziert wird der Jahresüberschuss …, indem ihm die Tantieme selbst sowie eventuelle andere gewinnabhängige Vergütungen an Dritte hinzugerechnet werden. Im Falle einer Veränderung der Bemessungsgrundlage infolge Abweichung der Finanzverwaltung von der aufgestellten Steuerbilanz … erfolgt eine Korrektur der anteiligen Tantieme auf den Bilanzstichtag, der zur ursprünglichen Ermittlung der Tantieme geführt hat. Eine Verzinsung erfolgt nicht, weil der Anspruch nicht zugeflossen ist. Die Grundtantieme gilt als laufender Gehaltsbestandteil. Die Grundtantieme und die Gewinntantieme werden jeweils auf das Ende eines Geschäftsjahres abschließend rechnerisch ermittelt und damit ist der Anspruch entstanden. Die Grundtantieme wird am Ende des Wirtschaftsjahres ausgezahlt, in dessen Verlauf der Jahresabschluss für die Ermittlung der Tantieme festgestellt wird. Die Gewinntantieme wird nach Ablauf von drei Jahren, die dem Geschäftsjahr folgen, in dem die Tantieme verdient wurde, zur Auszahlung fällig. … die Gesellschaft … muss sich vorbehalten, die Tantiemezusage zu kürzen oder einzustellen, …

wenn die bei Erteilung der Tantiemezusage maßgebenden Verhältnisse sich nachhaltig so wesentlich geändert haben, dass der Gesellschaft die Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen auch unter objektiver Beachtung der Belange des Geschäftsführers nicht mehr zugemutet werden kann, oder

wenn die rechtliche, insbesondere die steuerrechtliche Behandlung der Aufwendungen die zur planmäßigen Finanzierung der Tantiemezahlungen von der Gesellschaft gemacht werden oder gemacht worden sind, sich so wesentlich ändert, dass der Gesellschaft die Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen nicht mehr zugemutet werden kann, oder

wenn das Eigenkapital nicht mehr dem gezeichneten Kapital entspricht (analog §§ 30, 31, 32, 32 a GmbHG ).”

Unter dem 30. November 2004 sagte die Klägerin H S eine von beiden als Einmalprämie bezeichnete Leistung für den 30. November 2014 für den Fall eines dann ungekündigten Arbeitsverhältnisses zwischen beiden zu. Weiter war bestimmt: „Im Falle der Kündigung durch die Gesellschaft, die der Geschäftsführer nicht zu vertreten hat, wird die Zuwendung in Form der Einmalzusage zum Kündigungszeitpunkt zeitanteilig, frühestens zum 30.11.2014 – bezogen auf die Dauer des zurückgelegten Bindungszeitraumes von zehn Jahren – ausgeschüttet. …Die Leistungsvoraussetzungen … bestehen nur, wenn in der Zeit vom Beginn der Zusage bis zum 30.11.2014 arbeits- oder zivilgerichtliche Auseinandersetzungen weder von der Gesellschaft noch von dem Geschäftsführer herbeigeführt wurden. Dabei ist unerheblich, aus welchen Gründen und von wem die gerichtliche Auseinandersetzung aufgenommen wurde.” Die Klägerin behielt sich vor, die Leistungen zu kürzen oder einzustellen, wenn die bei der Erteilung der Zusage maßgebenden Verhältnisse sich nachhaltig derart wesentlich geändert hätten, dass ihr die Aufrechterhaltung der zugesagten Zuwendungen auch unter objektiver Beachtung der Belange des Zuwendungsempfängers nicht mehr zugemutet werde könne, oder wenn die rechtliche – insbesondere steuerrechtliche – Behandlung der Aufwendungen, die zur planmäßigen Finanzierung der Zuwendungen von der Klägerin getätigt würden oder worden seien, sich derart wesentlich ändere, dass ihr die Aufrechterhaltung der Einmalzusage nicht zugemutet werden könne. Im Insolvenzfalle werde die Klägerin von den genannten Vorbehalten keinen Gebrauch machen. Ferner heißt es: „Die von dem Zusageempfänger bis zu diesem Zeitpunkt erworbenen Teilanwartschaften … werden von einer solchen Einschränkung nicht berührt.”

Unter demselben Datum erteilte die Klägerin A S, der Ehefrau des H S, eine inhaltsgleiche Zusage.

Gleichfalls unter dem 30. November 2004 sagte die Klägerin E S, dem Vater des H S, eine Einmalzahlung in selber Höhe für den 01. Januar 2009 zu. E S wurde als Prokurist bezeichnet. Es wurde bestimmt, die Einmalzusage trete zum 01. Januar 2004 in Kraft. Voraussetzung des Anspruchs war ein am 31. Dezember 2008 fortbestehendes ungekündigtes Arbeitsverhältnis. Im Falle einer Kündigung durch die Klägerin, die E S nicht zu vertreten habe, sollte die Zuwendung zeitanteilig bezogen auf die Dauer des zurückgelegten Bindungszeitraums von fünf Jahren, frühestens zum 31. Dezember 2006 ausgeschüttet werden. Die Leistungsvoraussetzungen sollten nur bestehen, wenn bis zum 31. Dezember 2008 arbeitsgerichtliche Auseinandersetzungen weder von E S noch der Klägerin herbeigeführt worden seien. Die Kürzungs- und Einstellungsvorbehalte waren mit denen gegenüber H S identisch.

Im Jahresabschluss für 2005 berücksichtigte die Klägerin einen Verlustvortrag i.H.v. 8.162,63 EUR.

Mit Bescheiden vom 12. Juni 2008 setzte das seinerzeitig zuständige Finanzamt X in Auswertung eines Prüfungsberichts die Gewerbesteuermessbeträge für 2004 auf 1.815,– EUR (Gewerbeertrag 36.300,– EUR) und für 2005 auf 11.545,– EUR (Gewerbeertrag 30.900,– EUR) sowie die Körperschaftsteuer für 2004 auf 8.860,– EUR (zu versteuerndes Einkommen 35.440,– EUR) und für 2005 auf 7.329,– EUR (zu versteuerndes Einkommen 29.319,– EUR) fest, den jeweiligen Vorbehalt der Nachprüfung hob es auf. Zugleich hob es den Bescheid vom 11. Juli 2006 über den „verbleibenden Verlustvortrag” unter dem Rubrum „Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2004” auf. Dasselbe gilt hinsichtlich des Bescheids vom 05. Januar 2007 über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlusts auf den 31. Dezember 2005. Desweiteren hob es den Bescheid vom 05. Januar 2007 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 2005 auf.

Mit Bescheiden vom 11. Juli 2006 waren zuvor unter dem Vorbehalt der Nachprüfung die Körperschaftsteuer ausgehend und der Gewerbesteuermessbetrag für 2004 auf jeweils 0,– EUR festgesetzt sowie der verbleibende Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 2004 mit 7.210,– EUR und der vortragsfähige Gewerbeverlust auf den 31. Dezember 2004 mit 5.964,– EUR festgestellt worden. Ebenfalls unter dem Vorbehalt der Nachprüfung waren mit Bescheiden vom 05. Januar 2007 die Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuermessbetrag für 2005 auf jeweils 0,– EUR festgesetzt sowie der verbleibende Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 2005 mit 2.837,– EUR und der vortragsfähigen Gewerbeverlust auf dasselbe Datum mit 9,– EUR festgestellt worden.

Statt Dotierungen der Rückstellungen für die Eventualverbindlichkeiten aus den Einmalzusagen i.H.v. 52.271,89 EUR in 2004 und 2.874,94 EUR in 2005 berücksichtige es für 2004 solche i.H.v. 5.136,– EUR und für 2005 i.H.v. 9.124,50 EUR.

Im Prüfungsbericht ist hierzu ausgeführt, es handele sich um Gratifikationen, welche ein Entgelt für künftig erwartete Betriebstreue bildeten, weil ihr Hauptzweck in der künftigen Bindung des Arbeitnehmers an den Betrieb liege. Es handele sich nicht um sog. Jubiläumsverpflichtungen i.S.d. § 5 Abs. 4 EStG . Die Rückstellung sei zeitanteilig mit 1/60 im Falle des E S und 1/120 je Monat im Falle der anderen Zusageempfänger aufzubauen und abzuzinsen.

In der Dotierung der Tantiemerückstellung im Jahre 2005 liege i.H.v. 13.022,– EUR verdeckte Gewinnausschüttung (vGA). Bei der Berechnung der Tantieme für 2005 habe die Klägerin dem Gewinn keine Wertberichtigungen hinzugerechnet, obwohl z.B. Forderungsabschreibungen i.H.v. 3.672,93 EUR vorgenommen worden seien. Bei den Forderungsabschreibungen handele es sich um sog. Sonderabschreibungen, die sich auf den Gewinn ausgewirkt hätten. Die Vereinbarung sei nicht umgesetzt worden. Seien Wertberichtigungen zu korrigieren, so seien konsequenterweise auch deren Auflösungen zu korrigieren. In jenem Punkte bestehe Unklarheit. Ein fremder Dritter hätte sich auf die Kürzungsvorbehalte der Klägerin nicht eingelassen.

Die am 11. Juli 2008 bei ihm eingegangenen Einsprüche gegen die genannten Verwaltungsakte wies das Finanzamt X unter dem 11. Februar 2009 als unbegründet zurück. Es führte aus, der gesamte Leistungszeitraum für die Gratifikationen des H S belaufe sich auf 13 Jahre und 8 Monate, derjenigen der A S auf 12 Jahre und 6 Monate und derjenigen des E S auf 7 Jahre und 9 Monate. Für die Höhe der Einmalzahlungen seien Merkmale der Vergangenheit nicht maßgeblich gewesen, zumal allen drei Arbeitnehmern trotz unterschiedlich langer Betriebszugehörigkeit, unterschiedlicher Tätigkeitsbereiche und unterschiedlicher Festgehälter Zusagen in selber Höhe gemacht worden seien. Mit den versprochenen Leistungen habe in der Hauptsache das künftige Verhalten des jeweiligen Arbeitnehmers abgedeckt werden sollen, der für eine bestimmte Zeit an den Betrieb der Klägerin unter Förderung seiner künftigen Einsatzbereitschaft habe gebunden werden sollen, weshalb die Rückstellung bis zum Zeitpunkt der Auszahlung in regelmäßigen (ratierlichen) Beiträgen anzusammeln und abzuzinsen sei. Für die Höhe der Einmalzahlungen seien Merkmale der Vergangenheit wie Betriebszugehörigkeit und Höhe des durchschnittlichen Jahresverdiensts im Jahr der Zuteilung nicht maßgebend gewesen, zumal jene zwischen den Zusageempfängern variierten. Die Bindungsfristen seien wesentlich länger als die anzurechnenden Arbeitszeiten. Vordienstzeiten von Sabine und E S im Einzelunternehmen des H S könnten angesichts der Gründung der Klägerin im Jahre 2001 nicht berücksichtigt werden. Schuldrechtliche Abreden zwischen Kapitalgesellschaften und sie beherrschenden Gesellschaftern könnten nur dann steuerlich anerkannt werden, wenn sie im voraus klar und eindeutig getroffen worden seien. Vergütungen müssten ohne Ausübung von Ermessen berechnet werden können. Die Wertberichtigungen, die dem Gewinn zwecks Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Tantieme hinzugerechnet werden sollten, seien nicht klar definiert.

Die hiergegen gerichtete Klage ist beim Gericht am 12. März 2009 eingegangen.

Die Klägerin trägt vor, die Tantieme sei klar und eindeutig geregelt. Die Finanzbehörde könne von Vereinbarungen und Berechnungen des Steuerpflichtigen nur dann abweichen, wenn er seine eigenen Ermittlungen denjenigen des Steuerpflichtigen gegenüber stelle. Hätte sich H S nicht auf den vereinbarten Vorbehalt der teilweisen oder vollständigen Kürzung der Tantieme eingelassen, so hätte ein anderer Geschäftsführer jene akzeptiert. Das Finanzamt habe die von der Klägerin vorgenommene Deckelung der Tantieme unberücksichtigt gelassen. Selbst kleinere Mängel in der Zusammensetzung der Bemessungsgrundlage wären durch die höhere umfassende der seinerzeitigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) entstammenden Deckelung absorbiert worden. Maßgeblich für die Beurteilung der Angemessenheit der Tantieme seien die Verhältnisse im Zeitpunkt ihrer Erteilung. Spätere Änderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse zu Ungunsten der Kapitalgesellschaft seien nicht geeignet, eine Anpassungspflicht zu begründen. Allerdings müsse die künftige Entwicklung in die Angemessenheitsprüfung einbezogen werden. Seinerzeit habe die Rechtsprechung gefordert, dass mindestens 75 v.H. des Gesamtgehalts als Festgehalt gezahlt würden und die Gewinntantieme maximal ¼ der Gesamtvergütung ausmache. Diese Erfordernisse habe die Rechtsprechung fallen lassen. Wenn die Klägerin sie erfüllt habe, so spreche das für eine angemessene Gehaltsgestaltung. Maßgeblich sei allerdings die Angemessenheit der Gesamtbezüge, nicht hingegen die eines einzelnen Gehaltsbestandteils. Es gebe eine Bandbreite angemessener Bezüge, deren Höhe vom Finanzgericht zu schätzen sei. Nur der unangemessene Teil einer Tantieme könne eine vGA bilden. Stets müsse eine Einzelfallprüfung erfolgen.

Die Tantieme habe sie wie folgt berechnet:

 

 vorläufiger Jahresüberschuss

 4.718,34 EUR

 abzüglich Verlustvortrag

 7.210,00 EUR

 zuzüglich § 269 i.V.m. § 282 HGB Ingangsetzung

 0,00 EUR

 zuzüglich Tantiemen

 17.112,50 EUR

 zuzüglich Ertragsteuern

 -0,55 EUR

 zuzüglich Wertberichtigungen

 0,00 EUR

 zuzüglich Zuführung zu den Rücklagen

 351,00 EUR

 zuzüglich Zuführung zu den Rückstellungen

 24.047,57 EUR

 zuzüglich 1/3 d. AfA

 17.785,32 EUR

 Bemessungsgrundlage

 56.804,18 EUR

 Festbezüge
 Gehalt

 48.000,00 EUR

 Grundtantieme

 4.090,00 EUR

 Summe

 52.090,00 EUR

 maximale Gewinntantieme (25/75)

 13.022,50 EUR

 Grundtantieme

 4.090,00 EUR

 Gesamttantieme

 17.112,50 EUR

 

Sie habe die Eventualverbindlichkeiten aus den Einmalzahlungen mit 5,5 v.H. abgezinst. Die Zusagen seien allen leitenden Angestellten auf der Grundlage der zurückgelegten und weiteren langfristigen Zusammenarbeit erteilt worden. Sie hätten einzig den Zweck besessen eine langfristige Zusammenarbeit auch in Zukunft abzusichern. Der Anspruch auf die Einmalzusage sei bereits mit ihrer Erteilung in voller Höhe entstanden.

Die Vorgabe, dass die Einmalzahlung nur zu leisten sei, wenn in der Zeit von Beginn der Zusage bis zum 30. November 2014 arbeits- oder zivilgerichtliche Auseinandersetzungen weder von der Gesellschaft noch von dem Geschäftsführer herbeigeführt würden, sei so zu verstehen sei, dass damit nur gerichtliche Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit dem Anstellungsverhältnis bzw. im Zusammenhang der Erteilung der Einmalzahlung gemeint sein sollten.

Die Klägerin beantragt,

  1. 1.           die Bescheide vom 12. Juni 2008 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 11. Februar 2009 über Körperschaftsteuer 2004 und 2005, Gewerbesteuermessbeträge 2004 und 2005, gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2004 und 31. Dezember 2005 sowie gesonderter Feststellung über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 2005 mit folgenden Maßgaben zu ändern:

A)          den Festsetzungen bzw. Feststellungen für den Veranlagungszeitraum 2004 solle ein um 47.135,89 EUR geminderter Gesamtbetrag der Einkünfte bzw. Gewinn aus Gewerbebetrieb unter gleichzeitiger Anpassung der Gewerbesteuerrückstellung zu Grunde gelegt werden,

B)          bei der Veranlagung für den Veranlagungszeitraum 2005 solle ein um 6.772,44 EUR geminderter Gesamtbetrag der Einkünfte bzw. Gewinn aus Gewerbebetrieb unter gleichzeitiger Anpassung der Gewerbesteuerrückstellung zu Grunde gelegt werden.

  1. 2.           dass die Kosten des Rechtsstreits sowie die Kosten des außergerichtlichen Vorverfahrens dem Beklagten auferlegt werden,
  2. 3.           dass nach Erlass des Urteils des Finanzgerichts die Kosten des Verfahrens gemäß § 149 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 139 Abs. 3 FGO und § 41 der Steuerberatergebührenverordnung (StBGebV ) gegen den Beklagten festgesetzt werden,
  3. 4.           die Verzinsung der festzusetzenden Kosten mit 5 v.H. über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB ) ab Antragstellung zuzusprechen (155 FGO i.V.m. § 104 Abs. 1 Satz 2 und § 105 Abs. 2 der Zivilprozessordnung – ZPO – ) und für vollstreckbar zu erklären,
  4. 5.           die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung festzustellen,
  5. 6.           hilfsweise gegen die abweisende Entscheidung des Finanzgerichts die Revision zum Bundesfinanzhof ausdrücklich zuzulassen,
  6. 7.           die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären,
  7. 8.           den Streitwert des Verfahrens festzusetzen,
  8. 9.           H S, A S und E S notwendig zum Verfahren beizuladen.

 

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist auf die Einspruchsentscheidungen.

 Entscheidungsgründe

I. Die zulässige Klage ist unbegründet.

1. Die vom Beklagten angenommene verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) in Form der Dotierung der auf die Gewinntantieme entfallenden Rückstellung liegt in vollem Umfang vor.

a) Unter einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung zu verstehen, die nicht auf einer offenen Gewinnausschüttung beruht, sich auf den Unterschiedsbetrag i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auswirkt und durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst oder mitveranlasst ist.

aa) Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis hat der Bundesfinanzhof (BFH) für den größten Teil der zu entscheidenden Fälle bejaht, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie einem Gesellschaftsfremden unter ansonsten vergleichbaren Umständen nicht zugewendet hätte. Maßstab für den hiernach anzustellenden Fremdvergleich ist das Handeln eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters, der gemäß § 43 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG ) die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anwendet (BFH-Urteil vom 06. April 2005 I R 10/04 , BFH/NV 2005, 2058 ). Aufgabe eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführers ist es, unmittelbar im unternehmerischen Interesse der Körperschaft und damit nur mittelbar im Interesse der Gesellschafter, nicht aber unmittelbar im Interesse einzelner Gesellschafter zu handeln (BFH-Urteil vom 23. Februar 2005 I R 70/04 , BStBl II 2005, 882 ). Dies gilt auch im Falle eines Alleingesellschafters.

bb) Es ist nicht nur auf die Sicht der Gesellschaft, sondern auch auf die Position des Leistungsempfängers abzustellen; eine vGA kann deshalb auch dann vorliegen, wenn eine Vereinbarung zwar für die Gesellschaft günstig ist, ein gesellschaftsfremder Vertragspartner sich aber im eigenen Interesse nicht auf sie eingelassen hätte (BFH-Urteil vom 20. Oktober 2004 I R 4/04 , BFH/NV 2005, 723 ).

cc) Eine vGA ist allerdings nur dann gegeben, wenn die Leistung der Gesellschaft wie im Streitfall dem Grunde nach geeignet ist, beim Gesellschafter Einkünfte aus Kapitalvermögen auszulösen (BFH-Urteile vom 14. Juli 2004 I R 57/03 , BFH/NV 2004, 1603 und vom 07. August 2002 I R 2/02, BStBl II 2004, 131 ).

dd) Ist der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, so kann eine vGA auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn oder an eine ihm nahe stehende Person erbringt, für die es an einer klaren, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (BFH-Urteil vom 15. September 2004 I R 62/03 , BStBl II 2005, 176 ). In diesen Fällen indiziert das vom Fremdüblichen abweichende Verhalten der Kapitalgesellschaft und ihres Gesellschafters oder der diesem nahestehenden Person die Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis (BFH-Urteil vom 18. September 2007 I R 73/06 , BStBl II 2008, 314 ).

(1) Eine im Hinblick auf die Vergütung des beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers getroffene Vereinbarung zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter muss dem Grunde und der Höhe nach klar und eindeutig sein. Klare und eindeutige Vereinbarungen erfordern es, dass auch eine mit einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer getroffene Vereinbarung über besondere Vergütungen zumindest erkennen lassen muss, nach welcher Bemessungsgrundlage (Prozentsätze, Zuschläge, Höchst- und Mindestbeträge) die Vergütung errechnet werden soll (BFH-Urteile vom 27. Februar 1985 I R 187/81 , BFH/NV 1986, 430 , m.w.N.; vom 11. Dezember 1985 I R 164/82, BFHE 146, 126 , BStBl II 1986, 469, unter I.2. der Gründe; vom 26. April 1989 I R 96/85, BFH/NV 1990, 63 ; BFH-Beschluss vom 22. April 2009 I B 162/08 , BFH/NV 2009, 1458 ). Eine vorherige, klare und eindeutige Vereinbarung liegt nicht vor, wenn durch den Beschluss der Gesellschafterversammlung nur ein Höchstbetrag für die Vergütung festgelegt wird (BFH-Urteil in BFH/NV 1990, 63 ). Denn es muss ausgeschlossen sein, dass bei der Berechnung der Vergütung ein Spielraum bleibt; die Berechnungsgrundlagen müssen so bestimmt sein, dass allein durch Rechenvorgänge die Höhe der Vergütung ermittelt werden kann, ohne dass es noch der Ausübung irgendwelcher Ermessensakte seitens der Geschäftsführung oder Gesellschafterversammlung bedarf (BFH-Urteile vom 30. Januar 1985 I R 37/82 , BFHE 143, 263 , BStBl II 1985, 345 ; in BFH/NV 1986, 430 ; vom 29. April 1992 I R 21/90, BFHE 168, 151 , BStBl II 1992, 851 ; vom 17. Dezember 1997 I R 70/97, BStBl II 1998, 545 ; vom 1. April 2003 I R 78/02, I R 79/02, BFH/NV 2004, 86 , unter III.3. der Gründe).

(2) Auch speziell für die Vereinbarung einer Tantieme hat der BFH entschieden, dass diese regelmäßig nur dann dem Klarheitsgebot genügt, wenn nach ihr der Tantiemebetrag allein durch einen Rechenvorgang bestimmt werden kann (BFH-Urteile vom 30. Januar 1985 I R 37/82 , BFHE 143, 263 , BStBl II 1985, 345 ; vom 24. März 1999 I R 20/98, BFHE 189, 45 , BStBl II 2001, 612 , 614 ; vom 01. April 2003 I R 78, 79/02, BFH/NV 2004, 86 ). Das setzt u.a. voraus, dass die Bemessungsgrundlage für die Tantieme durch die Vereinbarung eindeutig festgelegt wird.

(3) Nach der BFH-Rechtsprechung sind Verträge zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter allerdings zunächst auszulegen. Erst wenn sich der Inhalt eines Vertrages nicht zweifelsfrei feststellen lässt, ist für die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung Raum (BFH-Urteil vom 09. Juli 2003 I R 36/02 , BFH/NV 2004, 88 , m.w.N.).

b) Hinsichtlich der Dotierung der Tantiemerückstellung liegt eine vGA zumindest in der vom Beklagten angenommenen Höhe vor. – Hinsichtlich der sog. Grundtantieme hat der Beklagte keine vGA angenommen. –

aa) Bei der Vereinbarung über die Tantieme zwischen der Klägerin und ihrem Geschäftsführer, der als Alleingesellschafter beherrschender Gesellschafter war, handelt es sich nicht um eine klare, im Voraus getroffene Vereinbarung.

(1) Die Auslegung des Anstellungsvertrages i.S. einer klaren und eindeutigen Regelung kam nicht in Betracht. Es waren aus den Akten und aus dem Vortrag der Beteiligten keinerlei Anhaltspunkte zu entnehmen, die eine entsprechende Auslegung zugelassen hätten.

(2) Der Klägerin war unter gewissen Voraussetzungen die Möglichkeit eingeräumt, die Tantieme zu kürzen oder gar ganz zu streichen. Damit stand im Streitfall die Tantieme wie bei dem Sachverhalt, der dem BFH-Urteil vom 29. April 1992 I R 21/90 , BStBl II 1992, 851, zugrunde lag, unter dem Vorbehalt, dass die Gesellschafterversammlung sie nicht niedriger festsetzt, ggf. bis auf 0,00 EUR mindert. Die getroffene Vereinbarung bedeutete, dass die entstandene Gewinntantieme, die erst nach Ablauf von drei Jahren nach Ende des Geschäftsjahres fällig sein sollte, unter einer auflösenden Bedingung stand. Die Klägerin, d.h. die Gesellschafterversammlung der Klägerin, konnte einseitig eine Kürzung vornehmen, wenn die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft es erforderte; ein solcher Vorbehalt ist schädlich (Lang in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 8 Abs. 3 KStG Rz 450). Zwar enthält die vertragliche Vereinbarung Vorgaben für die Kürzung, jedoch sind diese so unbestimmt, dass es aus der Sicht eines außen stehenden Dritten unsicher und unklar war, ob und in welcher Höhe die entstandenen Tantiemeansprüche letztlich Bestand haben würden. So unterliegt insbesondere die Frage, ob und inwieweit die Aufrechterhaltung der zugesagten Tantieme der Klägerin zugemutet werden kann, der unternehmerischen Einschätzung der Klägerin, bei der auch zukünftige Unternehmensplanungen Eingang finden können. Wie sich das betragsmäßig auf die verdiente Tantieme auswirkt, kann von einem außen stehenden Dritten im Voraus nicht klar und eindeutig betragsmäßig fixiert werden.

bb) Der Hinweis der Klägerin darauf, dass die Gesamtausstattung des Geschäftsführers angemessen sei, führt zu keiner anderen Beurteilung. Werden – wie im Streitfall – die Sonderbedingungen, denen beherrschende Gesellschafter und ihnen nahestehende Personen unterworfen sind, missachtet und wird die daraus abzuleitende indizielle Vermutung einer gesellschaftlichen Veranlassung von der Kapitalgesellschaft nicht widerlegt, so führt dies bereits dem Grunde nach zur verdeckten Gewinnausschüttung; auf eine Angemessenheitsprüfung kommt es nicht mehr an (Gosch, KStG , 2. Aufl.; § 8 Rz 334). Das heißt, dass die Gesamtausstattung angemessen sein mag, kann das Fehlen einer klaren und eindeutigen, im Voraus getroffene Vereinbarung nicht kompensieren bzw. heilen.

cc) Auch die Auffassung der Klägerin, dass durch das Eingreifen der Kappung die Gewinntantieme zu einer Festvergütung führe, ändert nichts am Ergebnis. Denn auch wenn dies der Fall wäre, änderte dies nichts daran, dass aufgrund des bestehenden Vorbehalts keine klare und eindeutige, im Voraus getroffene Vereinbarung hinsichtlich dieses Vergütungsbestandteils vorliegt.

c) Da die vom Beklagten angesetzte verdeckte Gewinnausschüttung sich bereits aus dem Fehlen einer klaren und eindeutigen, im Voraus getroffenen Vereinbarung ergibt, kommt es nicht mehr darauf an, ob die Vereinbarung in weiteren Punkten unklar ist, fremdüblich ist und tatsächlich durchgeführt wurde. Zur Vermeidung weiterer zukünftiger Rechtsstreite weist das Gericht jedoch auf folgende Probleme hin – ohne dass der Hinweis jedoch Anspruch auf Vollständigkeit erhebt –:

aa) Unter den Begriff „Wertberichtigung” dürften entgegen der Auffassung der Klägerin nicht nur Wertberichtigungen auf Forderungen fallen. Handelsrechtlich wird bzw. wurde unter dem Begriff „Wertberichtigung” wohl überwiegend verstanden, dass es sich um einen Korrekturposten auf der Passivseite der Bilanz handelt, der den Buchwert eines Vermögenspostens auf seinen niedrigeren tatsächlichen Wert anpasst (indirekte Wertkorrektur; vgl. Brönner/Bareis, Die Bilanz nach Handels- und Steuerrecht, 9. Aufl., IV. Rz 2010 ff). Seit Inkrafttreten des Handelsgesetzbuches (HGB ) 1985 dürfen Wertberichtigungen bei Kapitalgesellschaften allerdings nicht mehr in der Bilanz ausgewiesen werden, nur die direkte Abschreibung ist noch möglich. Eine Ausnahme sah § 281 Abs. 1 i.V.m. § 254 HGB vor zur Berichtigung steuerrechtlicher Abschreibungsvorschriften; diese Vorschrift, in der allein der Begriff „Wertberichtigung” auftauchte, gibt es seit Inkrafttreten des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) vom 25. Mai 2009 auch nicht mehr.

bb) Die Vereinbarung dürfte auch nicht fremdüblich sein, wenn nur die Zuführungen zu Rücklagen und Rückstellungen die Tantieme beeinflussen, nicht jedoch deren Auflösung bzw. Minderung. Die Berücksichtigung von Erträgen aus der Auflösung muss konsequenterweise erfolgen, wenn der Aufwand aus der Zuführung hinzugerechnet wird (Lang in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 8 Abs. 3 KStG Rz 454).

cc) Die Tantiemevereinbarung ist außerdem insoweit nicht fremdüblich, als in ihrer Bemessungsgrundlage nicht der tatsächlich vom Geschäftsführer erwirtschaftete Erfolg abgebildet wird:

(1) Einem Fremdgeschäftsführer wird der von ihm insgesamt erwirtschaftete Erfolg vergütet. Fremdüblicherweise sind vom Geschäftsführer erwirtschaftete Verluste zunächst einmal durch spätere Gewinne auszugleichen, so dass lediglich der einen Verlustvortrag übersteigende Teil des Jahresüberschusses in die Bemessungsgrundlage der Tantieme eingehen kann (BFH-Urteil vom 18. September 2007 I R 73/06 , BStBl II 2008, 314 ). Es fehlt daher womöglich an der Berücksichtigung von vom Geschäftsführer erwirtschafteten Verlusten in Form der Schmälerung der Bemessungsgrundlage der Tantieme.

(2) Rückstellungen schmälern fremdüblicherweise die Bemessungsgrundlage der Gewinntantieme. Denn sie sind (Eventual)Verbindlichkeiten. Soweit sie zu dotieren sind, entsteht Aufwand, der den Jahresüberschuss schmälert.

(3) Auch Abschreibungen schmälern fremdüblicherweise die Bemessungsgrundlage der Gewinntantieme. Denn sie dienen der gewinnschmälernden Berücksichtigung von Aufwand. Der vom Geschäftsführer erwirtschaftete Erfolg besteht in der positiven Differenz zwischen Erträgen und Aufwendungen. Werden letztere nur teilweise berücksichtigt, so wird ein tatsächlich nicht eingetretener Erfolg vergütet, was gegenüber einem gesellschaftsfremden Angestellten nicht geschähe. Alle Negativbeträge, die im Verantwortungsbereich des Gesellschafter-Geschäftsführers entstanden seien, wirken sich fremdüblicherweise mindernd auf die Tantiemebemessungsgrundlage aus (vgl. Lang in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 8 Abs. 3 KStG Rz 454). Bei einer Korrektur der Abschreibungen, wie sie die streitgegenständliche Vereinbarung vorsieht, würde auf Dauer ein Betrag von einem Drittel der Abschreibungen der Berücksichtigung bei der Tantiemeberechnung entzogen, obwohl insoweit das Ergebnis gemindert wurde.

(4) Dass Sonder- und erhöhte Abschreibungen zu 2/3 zu Lasten des Zusageempfängers berücksichtigt werden ist nicht fremdüblich. Denn sie schmälern den erwirtschafteten Erfolg tatsächlich insoweit nicht, als sie über den tatsächlichen Wertverzehr der Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens durch Abnutzung hinausgehen.

Die Ausübung bilanzpolitischer Gestaltungswahlrechte obliegt den Gesellschaftern i.R.d. Feststellung des Jahresabschlusses nach §§ 42 a Abs. 2, 46 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG ) durch die Gesellschafterversammlung (§ 48 Abs. 1 GmbHG ); die Gesellschafterversammlung ist an den Bilanzentwurf des Geschäftsführers nicht gebunden (Karsten Schmidt in Scholz, GmbHG , 10. Aufl., 2007, § 46, Rz 14). Ein Fremdgeschäftsführer kann mithin die Ausübung der steuerrechtlichen Wahlrechte nicht steuern. Er wird erkennen, dass die Berücksichtigung von Sonder- und erhöhten Abschreibungen die Bemessungsgrundlage seiner Erfolgsvergütung unter den tatsächlich von ihm erwirtschafteten Erfolg sinken lassen, wird die unvollständige Korrektur diese Effekts nicht akzeptieren, insbesondere aber nicht, dass sogar lediglich mögliche, jedoch tatsächlich nicht in Anspruch genommene Abschreibungen dieser Natur seine Vergütung reduzieren.

(5) Ebenso ist es nicht fremdüblich, für den Falle des Beginns oder Endes der Geschäftsführertätigkeit den Erfolg des gesamten Wirtschaftsjahres zur Bemessungsgrundlage einer Tantieme zu machen; zumindest das vor der Aufnahme der Tätigkeit erwirtschaftete Ergebnis werden einander fremde Dritte nicht in die Bemessungsgrundlage einbeziehen: Eine GmbH wird einem Fremdgeschäftsführer nicht von ihm erwirtschaftete Gewinne nicht vergüten, ein Fremdgeschäftsführer wird nicht akzeptieren, dass von ihm nicht zu verantwortende Verluste die Bemessungsgrundlage seiner erfolgsabhängigen Vergütung schmälern.

(6) Zudem wird ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter, der eine Eigenkapitalverzinsung sicher gestellt wissen will, diese nicht auf die bloße Verzinsung des Stammkapitals begrenzen.

(7) Es kann dahinstehen, ob die Tantiemevereinbarung die Berücksichtigung von Verlustvorträgen vorsieht.

Sollte der in der Zusage verwendete Begriff „Gewinn” ertragsteuerrechtlich zu verstehen sein, so würde ein Verlustvortrag die Bemessungsgrundlage der Tantieme nicht schmälern, wohingegen die Klägerin vertreten durch ihren geschäftsführenden Alleingesellschafter eine durch Verlustvorträge geschmälerte Bemessungsgrundlage der Tantieme berücksichtigt hat.

Sollte der verwendete Begriff den „Bilanzgewinn” i.S.d. § 268 Abs. 1 Satz 2 des Handelsgesetzbuches (HGB) meinen, so wäre ein Verlustvortrag in ihn einzubeziehen, zugleich aber auch ein Gewinnvortrag, was den vorgetragenen Gewinn die Bemessungsgrundlage der Tantieme nach seinem Entstehungsjahr erneut steigern ließe. Letzteres war von den Vertragsparteien nicht gewollt.

Selbst wenn der verwendete Begriff im Sinne von § 86 Abs. 2 des Aktiengesetzes (AktG) a.F. dahingehend zu verstehen sein sollte, dass der „Gewinn” der um den Verlustvortrag geschmälerte Jahresüberschuss wäre, so hätte die durch den geschäftsführenden Alleingesellschafter vertretene Klägerin die Vereinbarung nicht vollständig umgesetzt, nämlich ein niedrigeren als den tatsächlich bestehenden Verlustvortrag berücksichtigt, was darin begründet sein mag, dass sie nicht den handelsrechtlichen, sondern den körperschaftsteuerrechtlichen Verlustvortrag berücksichtigt haben könnte.

d) Es kann dahin stehen, ob die Tantiemevereinbarung mit dem beherrschenden H S wie vereinbart umgesetzt worden ist, weil ein bloßer Rechenfehler unbeachtlich sein könnte, oder aber bereits aufgrund der abweichenden Umsetzung der mit dem beherrschenden Gesellschafter getroffenen Abrede eine vGA vorliegt. Die Klägerin hat, wobei sie auch insoweit durch ihren geschäftsführenden Alleingesellschafter und Empfänger der Zusage handelte, die Gewinntantieme auf ¼ der festen Vergütung i.S.d. der Tantiemezusage gekappt (13.022,50 EUR von EUR 52 .090,– EUR), während sie der Zusage selbst entsprechend lediglich auf 1/3 dieser (17.363,33 EUR) zu kappen gewesen wäre, womit erreicht worden wäre, dass sie ¼ der Gesamtvergütung i.S.d. Tantiemezusage nicht überstiegen hätte.

2. Die Klägerin ist durch die Behandlung der Zusagen der Einmalzahlungen durch den Beklagten nicht in ihren Rechten verletzt.

a) Denn in den Dotierungen der Rückstellungen für die Einmalzahlungen liegen vGA.

aa) Dies ergibt sich ebenso wie hinsichtlich der Tantieme aus der der Klägerin eingeräumten Möglichkeit, die Einmalzahlungen zu kürzen oder ganz zu streichen.

bb) Vater und Ehefrau bildeten dem Alleingesellschafter der Klägerin nahe stehende Personen. Auch Ihnen gegenüber sind die Sonderbedingungen für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer zu beachten. Im Streitfall sind sie wie bei H S nicht eingehalten worden.

b) Im Übrigen gilt: Die Rückstellungen für die Einmalzahlungen sind in den Streitjahren nicht über das vom Beklagten in den streitgegenständlichen Bescheiden berücksichtigte Maß hinaus zu dotieren gewesen, da mit ihnen, auch dem Vortrag der Klägerin nach, zukünftige Leistungen abgegolten werden sollten.

aa) Hinsichtlich des Jahres 2005 ist die Behandlung der Einmalzusagen durch den Beklagten ohnehin günstiger als diejenige durch die Klägerin.

bb) Hinsichtlich des Jahres 2004 ist die Klägerin durch die Behandlung der Einmalzusagen durch den Beklagten nicht in ihren Rechten verletzt.

(1) Nach § 5 Abs. 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG musste die Klägerin im Rahmen des anzustellenden Vermögensvergleichs (§ 4 Abs. 1 EStG ) dasjenige Betriebsvermögen ansetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist. Zu diesen zählt u.a. der Grundsatz, dass Rückstellungen nur in den durch § 249 HGB bestimmten Fällen gebildet werden dürfen (§ 249 Abs. 3 HGB ). Bei der Anwendung dieses Grundsatzes auf das Steuerrecht ist zudem zu beachten, dass nach gefestigter Rechtsprechung des BFH eine Passivierung steuerrechtlich nur dann zulässig ist, wenn sie handelsrechtlich geboten ist (BFH-Urteile vom 28. April 1971 I R 39,40/70, BFHE 102, 270 , BStBl II 1971, 601 ; vom 20. Januar 1983 IV R 168/81, BFHE 137, 489 , BStBl II 1983, 375 ; vom 29. November 1990 IV R 131/89, BFHE 168, 24 , 27 , BStBl II 1992, 715, 717, m.w.N.). Nach § 249 Abs. 1 HGB sind für ungewisse Verbindlichkeiten in der Handelsbilanz Rückstellungen zu bilden. Ungewisse Verbindlichkeiten in diesem Sinne sind zum einen solche, die am maßgeblichen Stichtag dem Grunde nach entstanden sind, jedoch der Höhe nach nicht feststehen. Zum anderen fallen hierunter Verbindlichkeiten, die am Stichtag nicht mit Sicherheit entstanden sind, deren Bestehen aber wahrscheinlich ist. Schließlich ist eine Rückstellung nach § 249 Abs. 1 HGB für Verbindlichkeiten geboten, die am Stichtag rechtlich noch nicht entstanden, wirtschaftlich aber in einem abgelaufenen Zeitraum verursacht worden sind (BFH-Urteil vom 25. März 1992 I R 69/91, BFHE 168, 527, BStBl II 1992, 1010, 1011, m.w.N.). Für Verbindlichkeiten, die am Bilanzstichtag weder rechtlich entstanden noch wirtschaftlich verursacht sind, darf hingegen eine Rückstellung nicht gebildet werden (BFH-Urteil vom 24. Januar 2001 I R 39/00, BStBl II 2005, 465). Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 d) Satz 1 EStG waren Rückstellungen insbesondere höchstens unter Berücksichtigung folgender Grundsätze anzusetzen: Rückstellungen für Verpflichtungen, für deren Entstehen im wirtschaftlichen Sinne der laufende Betrieb ursächlich war, waren zeitanteilig in gleichen Raten anzusammeln. Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 e) Satz 1 Halbs. 1 EStG waren sie mit einem Zinssatz von 5,5 v.H. abzuzinsen.

(2) Es kann dahinstehen, ob der Rückstellungsbildung die ertragsteuerliche Anerkennung schon deshalb zu versagen war, weil sog. Jubiläumsrückstellungen i.S.d. § 5 Abs. 4 EStG vorliegen und diese womöglich nur dann zulässig sind, wenn die Jubiläumsdienstzeit in Jahren ohne Rest durch 5 teilbar ist (so Weber-Grellet in Schmidt, EStG , 31. Aufl., 2012, § 5, Rz 415), was im Streitfall womöglich nicht der Fall ist.

(3) Es kann ferner dahinstehen, ob die zeitanteilige unverfallbare Anwartschaft der Zusage den Charakter des Versprechens einer Zuwendung anlässlich eines Dienstjubiläums nimmt.

(4) Denn eine Rückstellung für eine ungewisse Verbindlichkeit darf nur gebildet werden, soweit deren wirtschaftliche Verursachung in der Zeit vor dem Bilanzstichtag liegt (BFH-Urteil vom 18. Januar 2007 IV R 42/04 , BStBl II 2008, 956 ).

(a) Ob Verpflichtungen aus der Zusage einer Gratifikation, die an die Arbeitnehmer nach Ablauf mehrerer Jahre auszuzahlen ist, Aufwand im Jahr der Zusage oder in den Jahren bis zur Auszahlung auslösen, hängt davon ab, ob sie in der Hauptsache an ein zurückliegendes oder aber ein künftiges Verhalten des Arbeitnehmers anknüpfen. Eine freiwillig übernommene Gratifikation kann sowohl Entgelt für die in der Vergangenheit gezeigte Betriebstreue als auch für die im Jahr der Zusage erbrachte Arbeitsleistung, aber auch für die künftig erwartete Betriebstreue bilden. Gäbe es für die Aufteilung der zugesagten Leistung keine Anhaltspunkte, so müsste die Eventualverbindlichkeit als vollumfänglich bereits im Jahre der Zusage verursacht behandelt werden (BFH-Urteil vom 07. Juli 1983 IV R 47/80 , BStBl II 1983, 753 ).

(b) Hängt die Verpflichtung des Arbeitgebers, seinem Arbeitnehmer nach Ablauf mehrerer Jahre eine Gratifikation zu zahlen, wie im Streitfall entscheidend davon ab, dass der Arbeitnehmer nicht kündigt, so darf der erst künftig entstehende Aufwand nicht durch die Bildung einer Rückstellung vorweggenommen werden. Der Sachverhalt ist objektiv zu würdigen. Der – auch im Streitfall eintretende – Wegfall des Anspruchs auf die Gratifikation im Falle einer Kündigung spricht gegen die Annahme, er habe die Vergütung durch Dienstleistungen in der Vergangenheit erworben. In diesem Fall ist Hauptzweck der Zusage, den Arbeitnehmer für eine gewisse Zeit an den Betrieb zu binden, so dass die Zusage kein Entgelt für in der Vergangenheit geleistete Dienste, sondern anteilig Aufwand in den Jahren aus, in denen das Unternehmen Nutzen aus ihr zieht, auslöst (BFH-Urteil vom 18. März 1965 IV 116/64 U , BStBl III 1965, 289 ). In diesem Fall kann die Aufwandsverteilung ausschließlich Mittels einer in den Jahren zwischen Zusage und Auszahlung zunehmenden Rückstellung erreicht werden (BFH-Urteil vom 07. Juli 1983 IV R 47/80 , BStBl II 1983, 753 ).

(5) Die Abschläge für Fluktuation und Zinsen sind zwischen den Beteiligten unstreitig.

II. Weder H noch A noch E S sind notwendig beizuladen. Eine notwendige Beiladung setzt voraus, dass an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Das ist dann der Fall, wenn die Entscheidung notwendigerweise und unmittelbar Rechte Dritter gestaltet, verändert oder zum Erlöschen bringt. Ein solches Verhältnis der gegenseitigen Abhängigkeit liegt im Hinblick auf die Behandlung einer Leistung als verdeckte Gewinnausschüttung einerseits auf der Ebene der vorteilsgewährenden Kapitalgesellschaft und andererseits auf der Ebene des empfangenden Gesellschafters nicht vor. Der auf der Hinzurechnung einer verdeckten Gewinnausschüttung (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ) basierende Körperschaftsteuerbescheid gegenüber der Kapitalgesellschaft und der Steuerbescheid, der auf der Ebene des Anteilseigners Kapitaleinkünfte i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG bzw. § 8b Abs. 1 KStG einbezieht, stehen nicht im Verhältnis von Grundlagen- und Folgebescheid gemäß § 171 Abs. 10, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) ; vielmehr ist darüber in dem jeweiligen Besteuerungsverfahren selbständig zu entscheiden. Dass sich in beiden Besteuerungsverfahren mit der Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis die gleiche Vorfrage stellt und diese logisch nur einheitlich beantwortet werden kann, reicht für die notwendige Beiladung nicht aus (BFH-Beschluss vom 14. Oktober 2008 I B 48/08 , BFH/NV 2009, 213 ). Hieran hat sich auch nach Schaffung der Korrespondenzregelungen in § 32a, § 8b Abs. 1 Sätze 2 bis 4 KStG, § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d Sätze 2 und 3 EStG , jeweils i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2007 vom 13. Dezember 2006 (BGBl I 2006, 2878 , BStBl I 2007, 28 ) nichts geändert (vgl. BFH-Urteil vom 18. September 2012 VIII R 9/09 , BFH/NV 2013, 278 , m.w.N.). Zudem führen verdeckte Gewinnausschüttungen in Form von einer einem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft nahe stehenden Personen von der Gesellschaft gewährten Vorteilen nicht etwa zu Einnahmen im Rahmen steuerlicher Einkünfte bei diesen Personen, sondern beim Gesellschafter selbst (Weber-Grellet in Schmidt, EStG , 31. Aufl. 2012, § 20, Rz 56).

III. Der Streitwert ist nicht durch das Gericht festzusetzen. Die Ermittlung und die Festsetzung des Streitwerts sind im Regelfall unselbständiger Teil des Kostenansatzverfahrens bzw. -festsetzungsverfahrens und obliegen daher in erster Linie dem Kostenbeamten (vgl. Ratschow in Gräber, FGO , 7. Aufl.2010, vor § 135 Rz 111). Einem Antrag auf gerichtliche Festsetzung des Streitwerts fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn sich wie im Streitfall die Höhe des Streitwerts eindeutig aus den gestellten Sachanträgen sowie aus den von der Rechtsprechung zur Bemessung des Streitwerts in gleichartigen Fällen entwickelten Grundsätzen ermitteln lässt (BFH-Beschluss vom 07. März 2012 V B 131/11 , BFH/NV 2012, 1154 ).

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO . Eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten ist nicht zu treffen, da die Klägerin sämtliche Kosten des Verfahrens zu tragen hat.

V. Eine Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren bildet rechtlich keinen Bestandteil eines Urteils. Im Streitfall erübrigt sie sich, da der Kläger ohnehin die gesamten Kosten des Verfahrens zu tragen hat.

VI. Eine Kostenfestsetzung hätte außerhalb des Urteils zu erfolgen. Im Streitfall erübrigt sie sich aus vorgenanntem Grund ebenso wie eine Verzinsung der Kosten.

VII. Gründe für eine etwaige Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.

Statistik über die Einspruchsbearbeitung in den Finanzämtern im Jahr 2012

Das Bundesministerium der Finanzen hat aus den Einspruchsstatistiken der Steuerverwaltungen der Länder die folgenden Daten zur Einspruchsbearbeitung in den Finanzämtern im Jahr  2012 zusammengestellt:

Unerledigte Einsprüche am 1.1.2012 3.532.797
Eingegangene Einsprüche 4.139.601
(Veränderung gegenüber Vorjahr: + 14,8 %)
Erledigte Einsprüche 3.648.073
(Veränderung gegenüber Vorjahr: – 12,1 %)
davon erledigt durch Rücknahme des Einspruchs 824.664 (= 22,6 %)
Abhilfe 2.275.351 (= 62,4 %)
Einspruchsentscheidung
(ohne Teil-Einspruchsentscheidungen) 472.794 (= 12,9 %)
Teil-Einspruchsentscheidung 75.264 (= 2,1 %)
Unerledigte Einsprüche am 31.12.2012 4.024.325 (+ 13,9 %)
Teil-Einspruchsentscheidungen (§ 367 Absatz 2a der Abgabenordnung – AO -) werden als
Erledigungsfall im Sinne der Statistik behandelt, da davon auszugehen ist, dass insoweit die
Einspruchsverfahren in den meisten Fällen – anders als in den Fällen zur Entfernungspauschale („Pendlerpauschale“) – durch eine Allgemeinverfügung nach § 367 Absatz 2b AO abgeschlossen werden, was dann kein Erledigungsfall im Sinne der Statistik ist.
Der Endbestand (4.024.325) enthält 2.556.619 Verfahren, die nach § 363 AO ausgesetzt sind
oder ruhen und daher von den Finanzämtern nicht abschließend bearbeitet werden konnten.
Abhilfen beruhen häufig darauf, dass erst im Einspruchsverfahren Steuererklärungen abgegeben oder Aufwendungen geltend gemacht bzw. belegt werden. Ferner kann Einsprüchen, die
im Hinblick auf anhängige gerichtliche Musterverfahren eingelegt wurden, durch Aufnahme
eines Vorläufigkeitsvermerks in den angefochtenen Steuerbescheid abgeholfen worden sein.
Aus einer Abhilfe kann daher nicht „automatisch“ geschlossen werden, dass der angefochtene
Bescheid fehlerhaft war.

Gewerbesteuermessbetrag: Abgrenzung freiberufliche und gewerbliche Tätigkeit

Finanzgericht Köln, 15 K 4041/10

Datum: 24.10.2012
Gericht: Finanzgericht Köln
Spruchkörper: 15. Senat
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 15 K 4041/10
Nachinstanz: Bundesfinanzhof, VIII R 45/13
Tenor: Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
1Tatbestand2Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin in den Streitjahren einen Gewerbebetrieb ausgeübt hat.

3Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde.

4Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die in allen Streitjahren Einkünfte aus Übersetzer- und Dolmetschertätigkeit erzielte. Im September 2009 verlegte die Klägerin ihren zuvor in der A-Straße …, … B, belegenen inländischen Betriebssitz in die C-Straße …, … D. Aufgrund einer zwischen dem Beklagten und dem Finanzamt D geschlossenen Zuständigkeitsvereinbarung gem. § 26 Satz 2 AO blieb der Beklagte (u.a.) bis zur Beendigung des Rechtsbehelfsverfahrens gegen die angefochtenen Gewerbesteuermessbescheide für die Besteuerung der Klägerin zuständig. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftverkehr zwischen dem Beklagten und dem Finanzamt D vom 18. Oktober und 2. Dezember 2009 verwiesen (Blatt 254, 255 der Prozessakte 15 K 57/11).

5Gesellschafter der Klägerin waren in den Streitjahren Frau E und Herr F. Frau E ist von Beruf Dipl.-Übersetzerin; Herr F absolvierte nach einem Unfall in den Jahren 1989 bis 1991 eine zweijährige Ausbildung zum staatlich geprüften Techniker (NC-Programmierer). Anschließend absolvierte er ein Studium als Dipl.-Ingenieur an der Fachhochschule B, das er im Juli 1995 erfolgreich abschloss. In den Streitjahren verfügte Herr F bereits über eine jahrelange Erfahrung als Programmierer für Datenbanken und als Fachübersetzer in den Sprachen Deutsch, Spanisch und Englisch.

6Die Klägerin selbst war und ist spezialisiert auf technische Übersetzungen. Wie in anderen spezialisierten Übersetzungsbüros ist sie dabei aufgrund des beruflichen Werdegangs und der Erfahrungen des Herrn F in der Lage, ihren Kunden zusätzliche Ingenieurleistungen wie bspw. Projektmanagement, Terminologiearbeit, IT-Leistungen, etc. zur Verfügung zu stellen. Aufgrund der Maschinenbaukenntnisse des Herrn F ist sie überdies in der Lage, die Leistungen eines technischen Redakteurs anzubieten.

7Wegen der Spezialisierung auf den Maschinenbaubereich bearbeitete die Klägerin Texte mit hoher Textwiederholungsrate. Dabei bestellten die Kunden Übersetzungen der von ihnen selbst erstellten Dokumentationen. Die Klägerin erstellte hieraus qualitativ hochwertige, fertig übersetzte und layoutete Handbücher, Bedienungsanleitungen, etc.. Die Bearbeitung der Dokumentationen erfolgte dabei in speziellen Programmen wie z.B. Framemaker, Interleaf, QuarkXpress. Aufgrund der technischen Erfahrung des Herrn F konnte die Klägerin dabei Dokumentationen mit hoher Komplexität bearbeiten (z. B. Mietanlagen für Luftfahrtindustrie, Werkzeugmaschinen, Straßenbaumaschinen, etc.). Hierzu setzte die Klägerin von Anfang an Translation-Memory-Systeme – TMS – ein, die sämtliche übersetzten Segmente abspeichern konnten. Die für die Verwaltung und die Arbeit mit diesen Systemen benötigten besonderen Fachkenntnisse brachte Herr F aufgrund seines beruflichen Werdeganges mit.

8Anfangs bot die Klägerin ihren Kunden lediglich Übersetzungen in den Sprachen Deutsch, Englisch, Spanisch und Französisch an, die ihre Gesellschafter komplett selbst anfertigen konnten. Aufgrund der guten Erfahrungen mit den Dienstleistungen der Klägerin gaben die Kunden nach und nach auch andere Sprachkombinationen in Auftrag, die die Klägerin unter Zuhilfenahme von Fremdübersetzern fertigte. Zum Teil ließ die Klägerin auch Übersetzungen von Sprachen, die ihre Gesellschafter beherrschten von Fremdübersetzern anfertigen.

9Aus den Gewinn- und Verlustrechnungen – GuV – der Klägerin ergeben sich in den Veranlagungszeiträumen 2003 bis 2007 folgende Ausgangsumsätze (netto) und bezogene Fremdleistungen (netto):

10

GuV 2003 2004 2005 2006 2007
Umsatzerlöse 170.826 280.339 271.226 208.478 429.154
Fremdleistungen 86.514 158.096 121.297 59.784 110.603
Verhältnis ca. 50 % ca. 56 % ca. 45 % ca. 28 % ca. 26 %

11Für das Streitjahr 2005 existiert eine Aufteilung der Ausgangsumsätze auf die übersetzten Sprachen. Danach entfallen die Umsatzerlöse zu insgesamt 56,69 % 147.078,21 €) auf die von den Gesellschaftern der Klägerin selbst beherrschten Sprachen Deutsch, Spanisch, Französisch und Englisch. Die verbleibenden 43,31 % entfallen auf die Sprachen Portugiesisch, Polnisch, Italienisch, Schwedisch, Dänisch, Arabisch, Niederländisch, Türkisch, Slowenisch, Russisch, Norwegisch, Tschechisch und sowie verschiedene weitere Sprachen. Zur Aufteilung wird auf die Anlage 3 zum Schriftsatz des Beklagten vom 12. Oktober 2009 in dem Aussetzungsverfahren 15 V 2981/09 verwiesen (Bl. 235 der Prozessakte 15 V 2981/09).

12Die in den Streitjahren erstellten Ausgangsrechnungen der Klägerin sind in einem einheitlichen Layout verfasst. Die darin enthaltenen Angaben lassen sich beispielhaft wie folgt darstellen:

13

Beschreibung TM-System Match Zeilen je Match E-Preis Zeile Ges.Preis
Übersetzung technische Dokumentation …Seiten …

Sprachkombination: …

Dokumentation: …. Seiten, Word-Format

Gesamtzeilen Zieltext    Basispreis      Tats. Durchschn.

… Zeilen             …€/Zeile               … €/Zeile

Service: Formatierung gemäß Fax-Vorlage, so dass kein Nacharbeitsaufwand entsteht. Firmenspezifische Terminologieverwaltung

Anmerkung: Erforderliche Formatierungsarbeiten sowie das Einscannen der Graphiken wurden als Serviceleistung ohne Aufpreis durchgeführt.

100%75-99%

< 75%

……

……

……

14Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausgangsrechnungen in den dem Gericht vorgelegten Buchführungsunterlagen verwiesen.

15Die Klägerin betrieb ihr Unternehmen in der A-Straße …, … B und seit Mitte des Veranlagungszeitraums 1999 in einer weiteren Betriebsstätte in G, H, Spanien. Die in ihrer spanischen Betriebsstätte erzielten Umsätze führte die Klägerin nahezu ausschließlich an in Deutschland ansässige Unternehmen aus. Den Gewinn aus ihrem (einheitlichen) Unternehmen ermittelte sie durch separate Betriebsstätten-Buchführungen. Den Gewinn aus der deutschen Betriebsstätte ermittelte sie auf Grund einer Einnahme-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes – EStG –, den Gewinn der spanischen Betriebsstätte aufgrund eines Bestandsvergleichs nach spanischem Recht.

16Gewerbesteuererklärungen gab die Klägerin nicht ab, weil sie die von ihr erzielten Einkünfte als solche aus freiberuflicher Tätigkeit ansah (§ 18 EStG).

17Gemäß Prüfungsanordnung vom 26. August 2008 und Prüfungserweiterung vom 24. Oktober 2008 führte der Beklagte vom 07. Oktober 2008 bis 22. Juni 2009 (Datum des Bp-Berichts) eine steuerliche Außenprüfung bei der Klägerin durch. Diese führte zu folgenden, auszugsweise wiedergegebenen Prüfungsbeanstandungen.

18Tz. 2.3.2 des Bp-Berichts: Methodik der Berechnung und Ermittlung der Anteile

19Da die Klägerin keine Aufzeichnungen darüber geführt hat, welche Einnahmen/Ausgaben welcher Betriebsstätte zuzurechnen sind, war eine nachträgliche Ermittlung der Betriebsstättengewinne nach der direkten Methode nicht mehr möglich. Aus diesem Grunde konnten die Gewinne nur noch schätzungsweise nach der indirekten Methode auf die Betriebsstätten verteilt werden. Mit der Klägerin wurden einvernehmlich folgende Gewinnanteile der jeweiligen Betriebsstätte ermittelt:

20

2002 2003 2004 2005 2006
Deutschland 8,36 % 25,07 % 72,60 % 65,21 % 70,14 %
Spanien 91,64 % 74,93 % 27,40 % 34,79 % 29,86 %

21Tz. 2.16 des Bp-Berichts: Gewerbesteuer

22Die Klägerin erklärte bislang nur Einkünfte gemäß § 18 EStG. Im Rahmen der Prüfung ergab sich, dass die Klägerin in nicht unbeträchtlichem Umfang Fremdleistungen in Anspruch genommen hat. Diese Fremdleistungen beruhen größtenteils auf Rechnungen von Drittübersetzern, die Sprachen übersetzten, die die Klägerin selbst nicht anbieten konnte. Nach ständiger Rechtsprechung und Hinweis 15.6 (Mithilfe anderer Personen) der Einkommensteuerrichtlinien – EStR – liegen insoweit keine Einkünfte aus selbständiger Arbeit, sondern gewerbliche Einkünfte vor.

23Der Umstand, dass die Klägerin keine Fließtext-Übersetzungen für ihre Kunden anfertigte, ändert an dieser Beurteilung nichts, da es sich bei den über die reinen Übersetzungen hinausgehenden Tätigkeiten um „handwerkliche“ und organisatorische Nebentätigkeiten zum Hauptprodukt „Übersetzung“ handelt, die weder für sich gesehen noch im Gesamtkontext eine freiberufliche Tätigkeit darstellen. Da die Klägerin im Prüfungszeitraum keine Trennung der gewerblichen und selbständigen Tätigkeiten vollzogen hat, liegen nach der Abfärbetheorie des § 15 Abs. 3 Satz 1 EStG insgesamt gewerbliche Einkünfte vor. Die Gewerbesteuerpflicht beschränkt sich dabei gemäß § 2 Abs. 1 Gewerbesteuergesetz – GewStG – auf die inländische Betriebsstätte. Aus Verjährungs- und Freibetragsgründen ist erstmalig ab 2003 Gewerbesteuer festzusetzen. Dabei sind nur die inländischen Gewinne zu Grunde zu legen:

24Auf Basis dieser Prüfungsbeanstandungen erließ der Beklagte auf den 6. und 13. August 2009 datierende erstmalige Gewerbesteuermessbescheide für die Veranlagungszeiträume 2003 bis 2006, gegen die die Klägerin am 18. August und 10. September 2009 Einsprüche einlegte. Ihre Einsprüche richteten sich gegen den Ansatz gewerblicher Einkünfte als solche, die Höhe der Einkünfte und die Verteilung auf die in- und ausländische Betriebsstätte stehen nicht in Streit.

25Ferner beantragte die Klägerin eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen nach § 163 AO. Hierzu trug sie mit Schreiben vom 13. Juli und 24. August 2010 betreffend „div. Einspruchsverfahren“ vor, dass den Gesellschaftern nach Abschluss der Rechtsbehelfsverfahren nicht zugemutet werden könne, weiter um den Erhalt ihrer Altersvorsorgerücklagen als Schonvermögen zu kämpfen. Insbesondere aufgrund der bisherigen Rechtsauffassung des Finanzamtes zur Gewerbesteuerpflicht der Klägerin seien Billigkeitsmaßnahmen schon im Festsetzungsverfahren zu gewähren, da die nachträglich festgesetzten Gewerbesteuern und Zinsen in Höhe von 125.642 € für die Jahre 2003 bis 2007 den Tatbestand der Existenzgefährdung hervorriefen. Es werde daher nochmals auf den Antrag gemäß § 163 AO hingewiesen und ausdrücklich eine abweichende Steuerfestsetzung im Rahmen der Entscheidung über die Einspruchsverfahren durch Freistellung eines Altersvorsorgevermögens von mindestens 150.000 € beantragt (Bl. 70 ff. der Prozessakte 15 K 4041/10).

26Diesen Antrag übersandte der Beklagte am 19. November 2010 an die Stadt B, die er als hebeberechtigte Gemeinde für den Erlass der begehrten Billigkeitsmaßnahme als sachlich zuständig ansah. Über den Erlassantrage ist nach Aktenlage noch nicht entschieden. Wegen der Einzelheiten wird auf den diesbezüglichen Schriftwechsel verwiesen (Blatt 231 – 250 der Prozessakte 15 K 57/11).

27Am 25. November 2010 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück.

28Hiergegen hat die Klägerin am 23. Dezember 2010 Klage erhoben.

29Sie ist der Auffassung, der Beklagte qualifiziere die von ihr erzielten Einkünfte zu Unrecht als Gewinne aus Gewerbebetrieb. Es habe sich bei ihr in den Jahren 2003 bis 2007 um eine Personengesellschaft mit überwiegend freiberuflichem Charakter gehandelt, die von zu Hause betrieben worden sei und daher keinerlei Infrastruktur der Stadt genutzt habe. Vor diesem Hintergrund sei es gleichheitswidrig, wenn sie auf ihren gesamten Gewinn Gewerbesteuer zahlen müsste, während andere, die Infrastruktur der Stadt nutzende Betriebe von der Gewerbesteuer verschont würden.

30Die von ihr erbrachten freiberuflichen und gewerblichen Betätigungsanteile könnten nicht getrennt voneinander beurteilt werden, ihr gesamter Betrieb sei nach der Verkehrsauffassung vielmehr als einheitliches Unternehmen anzusehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs im Urteil vom 02. Oktober 2003, BStBl II 2004, 363 und im Urteil vom 24. April 1997, BStBl II 1997, 567, komme eine Umqualifizierung von Einkünften nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht in Betracht, wenn eine gemischte Tätigkeit als einheitliche Gesamtbetätigung anzusehen sei. Eine solche Tätigkeit müsse vielmehr unabhängig von der Abfärbetheorie danach qualifiziert werden, welche Tätigkeit der Gesamtbetätigung das Gepräge gebe. Eine einheitliche Erfassung sei stets dann geboten, wenn sich die Tätigkeiten gegenseitig bedingten und derart miteinander verflochten seien, dass der gesamte Betrieb nach der Verkehrsauffassung als einheitlich anzusehen sei. In ihrem Unternehmen würden die Kunden in aller Regel ein Handbuch oder einzelne Textbausteine eines solchen in Auftrag geben, die in verschiedene Sprachen übersetzt werden müssten. Eine Einzelbestellung in lediglich drei Sprachen komme nicht vor, der Kunde erwarte vielmehr einen Gesamterfolg in mehreren Sprachen. Sie verfüge über etliche EdV-Systeme, Hardware, Abläufe und organisatorische Strukturen, die für sämtliche Sprachkombinationen gemeinsam eingesetzt würden, so dass eine nicht aufzulösende Verflechtung hinsichtlich der selbst gesprochenen und der von ihren Gesellschaftern nicht beherrschten Sprachen vorliege, bei denen auch wiederum nur teilweise Fremdübersetzer neu beauftragt würden. Alle Leistungsbestandteile würden mit eigenem personellem Einsatz erbracht. So arbeite Herr F wegen des großen Termindrucks parallel an verschiedenen Projekten in unterschiedlichen Sprachen, wenn beispielsweise ein Handbuch in fünf Sprachen gleichzeitig übersetzt werde müsse und bereits Teile des Handbuches in allen Sprachen im TMS vorhanden seien. Die Ingenieurleistungen (Projektmanagement, Vorbereitung des Handbuchs zur Bearbeitung in mehreren Sprachen, Ressourcenplanung, etc.) würden zusammen für das gleiche Projekt erbracht, so dass eine Aufteilung nicht möglich sei. Bei der Leistungserbringung überwiege zweifelsohne die freiberufliche Tätigkeit als technischer Redakteur und die eigenen Übersetzungsleistungen. Diese untertrennbaren Leistungen seien für alle Sprachen und Aufträge erforderlich und würden vom Kunden übergreifend beauftragt.

31Ihre Gesellschafter hätten als Freiberufler die Durchführung der Arbeiten überwacht, grundsätzliche Fragen selbst entschieden und ihre Arbeitskraft so eingesetzt, dass sie die uneingeschränkte fachliche Verantwortung auch für die nicht von ihnen persönlich, sondern von Mitarbeitern erbrachten Leistungen übernommen hätten. Die Fachkenntnisse müssten sich auf den gesamten Bereich der Berufstätigkeit erstrecken. Die von ihnen übersetzten Handbücher trügen in erheblichem Maße den Stempel ihrer Persönlichkeit. Ingenieurleistungen und technische Redaktionsleistungen würden in den Handbüchern in unterschiedlichen Sprachen untrennbar miteinander verbunden.

32Die von Herrn F genehmigten bzw. überarbeiteten Texte der Fremdübersetzer seien Textauszüge oder Textmodule, die für die Erstellung mehrerer Handbücher verwendet würden. Ein Übersetzer könne z. B. 170 Zeilen für ein Handbuch A und 100 für ein Handbuch B liefern, dann weitere 100 Zeilen für die Datenbank und verschiedene Termini für eine Tabelle eines Handbuch C. Das sei von Fall zu Fall verschieden. Herr F würde im Falle des Handbuches A die 170 Zeilen in die zentrale Datenbank des TMS importieren und erst anschließend den Übersetzungsprozess für das beauftragte Produkt im eigenen Hause automatisch durchführen. Das Endprodukt sei ein 250 Seiten starkes Handbuch, z. B. in Polnisch, für das lediglich 170 Zeilen neu und unter Kontrolle von Herr F erstellt worden seien. Es könne auch vorkommen, dass ein Projekt (Handbuch oder Terminologie-Liste) in einer von den Gesellschaftern der Klägerin nicht beherrschten Sprache ohne erneuten Zukauf von Fremdübersetzungen vollständig aus dem TMS erstellt würde. Das Lektorat übernehme z. B. die Filiale des Kunden im Zielland. Die Ausgangsrechnungen mit hohen Fremdleistungen sagten daher nichts über den Anteil dieser Fremdleistungen am eigentlichen Endprodukt aus. Selbst wenn in einem Handbuch ein größerer Anteil an übersetzten Text verwendet werde (z. B. 70 % neu übersetzte Textbausteine), seien diese 70 % immer noch nicht das, was der Kunde bestellt habe. Sie würden erst zum kompletten Handbuch, nachdem die 70 % zunächst in das TMS eingespeist und dann auf Vollständigkeit und richtige Terminologieverwendung überprüft worden seien. Dies sei nur aufgrund der Kenntnisse des Herrn F als Übersetzer und seiner technischen Erfahrungen möglich. Nachdem das Handbuch aus dem TMS bei der Klägerin neu generiert worden sei, würden abschließend alle Tabellen und Grafiken manuell durch Herrn F ergänzt, beschrieben und formatiert. Somit sei trotz der Beauftragung einer größeren Textmenge von Übersetzungen der Anteil von Herrn F an jedem Handbuch immer in ausreichendem Umfang vorhanden, so dass der Stempel seiner Persönlichkeit immer gegeben sei. Im Falle einer Reklamation eines Handbuchs, für das der Einkauf von Fremdleistungen erforderlich gewesen sei, könne sie sich nicht an die Fremdübersetzer wenden, da der gesamte endgültige Text des Handbuchs aus dem TMS generiert worden und allein Herr F dafür verantwortlich gewesen sei. Aus diesem Grunde kontrolliere er die Übersetzungen. Ohne die Tätigkeit von Herrn F seien die von den Fremdübersetzern gelieferten Textmodule für den Kunden überhaupt nicht verwertbar. Ihre Arbeitsweise sei von den Arbeitsabläufen vergleichbar mit der eines Zahnarztes, welcher einen Zahntechniker zur Erstellung von Zahnbrücken, Zahnkronen oder sonstigen Zahnprothesen beauftrage. Der Zahntechniker habe aufgrund einer speziellen Ausbildung Kenntnisse und Fähigkeiten, über die ein Zahnarzt nicht in gleichem Maße verfüge. Trotzdem sei der Zahnarzt (wie auch Herr F für das Übersetzungsbüro) in der Lage, die Leistung des Zahntechnikers zu kontrollieren und diese anschließend weiter zu verarbeiten, in dem sie den Patienten passend eingesetzt werde.

33Ihr gewerblicher Teil beschränke sich lediglich auf den Einkauf von Texten in nicht beherrschten Fremdsprachen. Alle anderen Arbeitsabläufe und Tätigkeiten zur Erstellung der vom Kunden bestellten Handbücher würden persönlich und ohne die Inanspruchnahme von Angestellten oder Fachkräften durchgeführt. Dass der freiberufliche Teil ihrer Betätigung dem Unternehmen das Gepräge gebe, lasse sich auch erkennen, wenn man die eingekauften Texte in den von den Gesellschaftern nicht beherrschten Sprachen zum Nettoumsatz der Gesellschaft ins Verhältnis setze.

34

2004 2005 2006 2007 2008
Netto-Gesamtumsatz 100 % 100 % 100 % 100 % 100 %
gewerblicher Anteil (Einkauf der Texte in nicht beherrschten Sprachen 26 % 25 % 15 % 21 % 23 %
freiberuflicher Anteil (alle anderen Tätigkeiten der GbR) 74 % 75 % 85 % 79 % 77 %

35Auch die Auffassung des Beklagten, ihre Gesellschafter könnten den Arbeiten den Stempel ihrer Persönlichkeit nicht ausreichend aufdrücken, weil sie die Sprache der Fremdübersetzer nicht beherrschten und es in Bezug auf diese Fremdleistungen an der Eigenverantwortlichkeit der Leistungserbringung fehle, werde durch den oben belegten geringen Anteil der eingeholten Fremdleistungen an der Gesamtleistungserbringung widerlegt.

36Der Beklagte gehe offenbar davon aus, dass die eingekauften Übersetzungen von ihren Gesellschaftern kontrolliert werden müssten wie Klassenarbeiten in der Schule. Das Finanzamt stelle sich offenbar vor, sie müsse die Grammatik und Stilistik prüfen und die Fremdübersetzer wie Schüler korrigieren. Das sei natürlich nicht der Fall gewesen. Die Qualitätssicherung in einem technischen Ingenieurbüro basiere auf ISO- und DIN-Normen und werde auf die Forderungen der Kunden angepasst. Die Qualitätssicherung und damit die Leitung und eigenverantwortliche Tätigkeit ihrer Gesellschafter habe somit lange vor der Beauftragung von Fremdübersetzern begonnen und ende lange nach Erhalt der eingekauften Übersetzungen.

37Während des gesamten Übersetzungsprozesses habe Herr F den Übersetzern im Übrigen zur Seite gestanden und Anweisungen erteilt, wie welche Systeme einzusetzen seien. Er habe Hilfe bei Problemen mit dem Einsatz der Programme geleistet, technische Zusammenhänge erklärt und Terminologieunterstützung geleistet, in dem er z.B. die Funktionsweise und Einsatzbeispiele für entsprechende Bauteile erklärt habe.

38Die eingekauften Texte seien nicht einfach unbesehen in die Handbücher eingefügt worden, sondern hätten einen ausgefeilten Prozess durchlaufen, der spezielle Kennt-nisse in den verschiedenen Bereichen voraussetze. Es handele sich bei ihr somit nicht um ein einfaches Übersetzungsbüro, sondern um ein Ingenieurbüro für technische Kommunikation, in dem sie ein Nischenprodukt mit spezialisierten Dienstleistungen, die eine Kombination aus Übersetzungs- und Ingenieurleistungen darstellten, anbiete.

39Die technischen Handbücher hätten die Überprüfung, Korrektur und intensive Bearbeitung durch die Gesellschafter vorausgesetzt (z.B. das Lektorat der Ausgangsdokumentationen auf Verständlichkeit, Terminologiegebrauch, Vollständigkeit, Einhaltung/Umwandlung von Einheiten und Zahlen, Vorgaben zur Textlänge, etc,). Sämtliche zugekauften Texte seien erst nach vorheriger Prüfung durch die Gesellschafter in ein TMS importiert worden. Anschließend sei die endgültige Übersetzung durch die Gesellschafter intern zusammen mit den bereits in den Systemen enthaltenen Texten oder Kapiteln in den betreffenden Sprachen entstanden.

40Ihre Gesellschafter hätten die von den Fremdübersetzern verwendete Fachterminologie z.B. anhand der eigenen Terminologiedatenbanken, durch Internetrecherchen, in Rücksprache mit anderen Fachübersetzern, in Rücksprache mit dem Kunden und den ausländischen Filialen der Kunden, etc., überprüft. Bei der Kontrolle der nicht beherrschten Sprachen seien einige zusätzlich speziell hierfür ausgearbeitete Arbeitsschritte den Qualitätssicherungsprozessen zugefügt worden.

41Verfahrensrechtlich sei zu berücksichtigen, dass sich in den Steuerakten Hinweise finden ließen, dass der Beklagte bereits 2003 für den Veranlagungszeitraum 2001 eine Veranlagung zur Gewerbesteuer ins Auge gefasst habe, weil es sich bei dem Gesellschafter F um eine berufsfremde Person gehandelt habe. Auch seien die hohen Fremdleistungen dem Beklagten bereits lange vor der BP bekannt gewesen. Gleichwohl habe eine solche Außenprüfung nicht stattgefunden. Vor diesem Hintergrund stelle sich die Frage, ob der Beklagte nach Treu und Glauben überhaupt noch befugt gewesen sei, erst im Anschluss an die BP gewerbliche Gewinne anzusetzen.

42Ihre Gesellschafter hätten aufgrund der jährlichen Steuerfestsetzung Vermögensdispositionen getroffen und Gelder für deren Altersvorsorge zurückgelegt. Dieses Geld hätten sie zu ihrem bisherigen steuerlichen Nachteil nicht in einen privaten Altersvorsorgevertrag eingezahlt und somit von der Steuer abgesetzt. Wäre der Beklagte seiner Ermittlungspflicht ordnungsgemäß nachgekommen, hätten ihre Gesellschafter im Jahr 2002 eine Korrektur ihrer Vermögensdisposition durchgeführt.

43Die Vorgehensweise des Beklagten lasse keinen anderen Schluss zu, als dass das Finanzamt sie unter Missachtung der §§ 85, 88 und 89 AO gezielt ins Visier genommen habe, nachdem sie offensichtlich falsch beraten worden sei. Trotz Kenntnis des Finanzamts hinsichtlich der unrichtigen Steuererklärungen seien die weiteren Erklärungen wissentlich unrichtig veranlagt worden, um die Fehler in einer späteren Betriebsprüfung aufzudecken. Die Motivation des Finanzamts liege auf der Hand, es lohne sich für die Finanzbehörde nicht, eine Firma bereits nach einem Jahr darauf aufmerksam zu machen, dass sie steuerrechtlich einem Irrtum unterlegen sei, da die Steuerpflichtige den Fehler korrigieren könne und das Finanzamt in den folgenden Jahren keine Mehrsteuer erzielen würde.

44Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 12. Oktober 2011 (Blatt 236 der Prozessakte 15 K 4041/10) und den ergänzenden Sach- und Rechtsvortrag ihrer Gesellschafter in der mündlichen Verhandlung verwiesen (Sitzungsprotokoll).

45Die Klägerin beantragt,

46die Gewerbesteuermessbescheide 2003 bis 2006 vom 13. August 2009 und den Gewerbesteuermessbescheid 2007 in der Fassung vom 15. Oktober 2009 sowie die hierzu ergangenen Einspruchsentscheidungen vom 25. November 2010 aufzuheben.

47Der Beklagte beantragt,

48die Klage abzuweisen.

49Er trägt vor, die Klägerin bestätige, dass die Anteile der Fremdleistungen für nicht beherrschte Sprachen zwischen 15% und 26% gelegen hätten. Dieser Anteil gebe der Tätigkeit der Klägerin zwar nicht das Gepräge, er führe aber zu einer Infektion zur Gewerblichkeit. Insoweit räume die Klägerin auch ein, dass die eingekauften Übersetzungsleistungen von ihr nicht überprüft worden seien. Gefordert werde für die Annahme eines freiberuflichen Unternehmens, dass der individuelle, über eine bloße Leitungsfunktion hinausgehende Einsatz des Betriebsinhabers den gesamten Bereich seiner Tätigkeit umfasse. Der Betriebsinhaber müsse eigene Fachkenntnisse besitzen, die sich auf den gesamten Bereich seiner Tätigkeit erstreckten. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Die bestellten Handbücher seien ins Türkische, Arabische, Schwedische, Slowenische, Polnische, Italienische, Dänische, Niederländische, Russische, Portugiesische und noch in weitere Sprachen übersetzt worden. In diesen Sprachen hätten die Gesellschafter der Klägerin nicht über die nötigen Fachkenntnisse verfügt. Damit hätte der Einsatz der Betriebsinhaber nicht den gesamten Bereich der betrieblichen Tätigkeit umfasst. Insoweit hätten die Gesellschafter der Klägerin die freiberufliche Tätigkeit erst gar nicht ausgeübt. Daran ändere auch der Umstand, dass die fremdbezogenen Texte nachgearbeitet (layoutet) und auf die Einhaltung einer bestimmter Terminologie überprüft worden seien, nichts. Die Klägerin sei aufgrund des fehlenden Fachwissens in den genannten Sprachen nicht in der Lage gewesen, die Übersetzungen selbstständig zu erstellen. Auch wenn sich die Klägerin nicht als Übersetzungsbüro fühle, sondern als Ingenieurbüro für technische Kommunikation, handele es sich bei den Übersetzungen nicht um reine Nebentätigkeiten. Das zeige sich bereits darin, dass ein hoher Anteil an Übersetzungen habe eingekauft werden müssen.

50Die Festsetzung der Gewerbesteuermessbeträge sei auch nicht verwirkt. Zum einen sei es nicht zutreffend, dass bereits 2003 eine Veranlagung zur Gewerbesteuer habe erfolgen sollen. Die Angaben in der Eingabemaske des Veranlagungszeitraums 2001, auf die sich die Klägerin u.a. beziehe, seien bspw. erst nach der BP im Jahre 2008 erstellt worden.

51Im Übrigen habe das Finanzamt keinen Vertrauenstatbestand gesetzt, die Gewerbesteuermessbeträge nicht festsetzen zu wollen.

52Entscheidungsgründe

53Der Senat ist nicht daran gehindert, in der Sache zu entscheiden. Insbesondere war die Verhandlung nicht im Hinblick auf das noch anhängige Verfahren über die abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen gemäß § 163 AO auszusetzen.

54Gemäß § 74 FGO kann das Gericht die Aussetzung der Verhandlung u.a. dann anordnen, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet. Eine Aussetzung der Verhandlung ist in aller Regel geboten, wenn in einem Rechtsstreit über einen Folgebescheid Besteuerungsgrundlagen strittig sind, deren abschließende Prüfung dem Verfahren über einen noch ausstehenden oder noch nicht bestandskräftigen Grundlagenbescheid vorbehalten ist (Gräber/Koch FGO, 7. Aufl., § 74 Rz. 12 m.w.N.). Die Entscheidung über die Aussetzung der Verhandlung gemäß § 74 FGO ist eine vom Finanzgericht zu treffende Ermessensentscheidung, im Rahmen derer prozessökonomische Gesichtspunkte und die Interessen der Beteiligten gegeneinander abzuwägen sind (Koch in Gräber, FGO, § 74 Rz 7; Brandis in Tipke/ Kruse, Abgabenordnung/ Finanzgerichtsordnung, § 74 FGO Rz 16, jeweils m.w.N.). Eine Pflicht zur Aussetzung der Verhandlung besteht nur in Ausnahmefällen (BFH-Urteil vom 08.05.1991 I B 132, 134/90, BStBl II 1991, 641).

55Diesen Grundsätzen folgend war die Verhandlung im Streitfall nicht gemäß § 74 FGO auszusetzen. Die Beteiligten haben im Termin zur mündlichen Verhandlung zum Ausdruck gebracht, dass ihnen an einer zeitnahen Klärung der rechtlichen Einordnung der von der Klägerin erzielten Einkünfte unter die zutreffende Einkunftsart gelegen ist. Ein Antrag auf Aussetzung der Verhandlung hat folgerichtig keiner der Beteiligten gestellt. Vor diesem Hintergrund wäre eine Aussetzung der Verhandlung nur dann geboten, wenn mit einer Entscheidung über den Antrag auf abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen alsbald zu rechnen wäre. Gerade das ist nach der im Streitfall gegebenen Tatsachenlage nicht der Fall.

56Der Beklagte hat sich für diesen Antrag zutreffend als sachlich unzuständig angesehen und ihn an die Stadt B weitergeleitet (§ 184 Abs. 2 AO). Je nach Entscheidung dieser Behörde müsste in dem Billigkeitsverfahren u.U. zunächst ein Verfahren vor dem Verwaltungsgericht B geführt werden. Hierauf hat weder der Beklagte noch der erkennende Senat zeitlichen und/oder inhaltlichen Einfluss. Der Senat sieht es nicht als ermessensgerecht an, den Beteiligten die Klärung der Rechtsfragen des vorliegenden Verfahrens, an der ihnen gelegen ist, über einen unabwägbar langen Zeitraum vorzuenthalten.

57Die Klage ist unbegründet.

58Die angefochtenen Gewerbesteuermessbescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

59Zutreffend hat der Beklagte die Tätigkeit der Klägerin als Gewerbebetrieb eingestuft. Gemäß § 2 Abs. 1 GewStG unterliegt der Gewerbesteuer jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird. Unter Gewerbebetrieb ist ein gewerbliches Unternehmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes zu verstehen. Gewerbebetrieb ist nach § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG jede selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird, sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt und weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist; ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des Gewerbebetriebs ist nach der Rechtsprechung des BFH ferner, dass die Betätigung den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung überschreitet (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 15. Oktober 1998 IV R 1/97, BFH/NV 1999, 465, m.w.N.). Zu der freiberuflichen Tätigkeit gehört nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG die selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit, die selbständige Berufstätigkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Rechtsanwälte, Notare, Patentanwälte, Vermessungsingenieure, Ingenieure, Architekten, Handelschemiker, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratenden Volks- und Betriebswirte, vereidigten Buchprüfer, Steuerbevollmächtigten, Heilpraktiker, Dentisten, Krankengymnasten, Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer, Lotsen und ähnlicher Berufe.

60Ergänzend hierzu bestimmt § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG, dass die mit Einkünfteerzielungs-absicht unternommene Tätigkeit einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer anderen Personengesellschaft in vollem Umfang als Gewerbebetrieb gilt, wenn die Gesellschaft auch eine Tätigkeit im Sinne des Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ausübt oder gewerbliche Einkünfte im Sinne des Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bezieht.

61Unter Zugrundelegung dieser Kriterien hat die Klägerin in den Streitjahren einen Gewerbebetrieb i.S.d. § 2 Abs. 1 GewStG, § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG unterhalten.

62Zwar übte die Klägerin vom Grundsatz her die Tätigkeit eines sog. freien Berufes i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG aus, denn sowohl der Beruf des Dolmetschers als auch der Beruf des Ingenieurs wird ausdrücklich im Katalog dieser Vorschrift erwähnt. Insoweit bedarf es nicht des Rückgriffs auf die Geprägerechtsprechung des Bundesfinanzhofs, auf die sich die Klägerin in Abgrenzung zu der in § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG normierten Abfärbewirkung stützt.

63Diese Geprägerechtsprechung besagt, dass die Umqualifizierung freiberuflicher Einkünfte in gewerbliche Gewinne nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG („Abfärbetheorie“) nur dann in Betracht kommt, wenn die Tätigkeit nicht als einheitlich zu betrachtende Gesamtbetätigung anzusehen ist. Übt ein Steuerpflichtiger sowohl eine freiberufliche als auch eine gewerbliche Tätigkeit aus, so sind diese getrennt zu betrachten, sofern dies nach der Verkehrsauffassung möglich ist. Das gilt auch dann, wenn sachliche und wirtschaftliche Bezugspunkte zwischen den verschiedenen Tätigkeiten bestehen (BFH-Urteil vom 11. Juli 1991 IV R 102/90, BStBl II 1992, 413, m.w.N.). Sind allerdings bei einer Tätigkeit beide Tätigkeitsarten derart miteinander verflochten, dass sie sich gegenseitig unlösbar bedingen, so liegt eine einheitliche Tätigkeit vor, die steuerlich danach zu qualifizieren ist, ob das freiberufliche oder das gewerbliche Element vorherrscht (BFH, a.a.O.). Infolge dessen muss eine gemischte Tätigkeit, unabhängig von der „Abfärbetheorie“, danach qualifiziert werden, welche Tätigkeit der Gesamtbetätigung das Gepräge gibt (vgl. BFH-Urteile vom 24. April 1997 IV R 60/95, BStBl II 1997, 567; vom 1. Februar 1979 IV R 113/76, BStBl II 1979, 574).

64Diese Rechtsprechung ist von Bedeutung, wenn ein Steuerpflichtiger sowohl eine – originär – freiberufliche als auch eine – originär – gewerbliche Tätigkeit ausübt (im BFH-Verfahren IV R 60/95 war dies die Tätigkeit als beratender Ingenieur (freiberuflich) unter gleichzeitigem Verkauf von Computerhardware (gewerblich)). In einem solchen Fall ist (zunächst) zu ermitteln, ob und ggf. welche der ausgeübten Tätigkeiten dem Betrieb das Gepräge gibt.

65Ein solcher Sachverhalt ist im Streitfall nicht verwirklicht. Die Klägerin hat keine gemischten Tätigkeiten im Sinne der Geprägerechtsprechung ausgeübt. Denn die von ihr gefertigten Übersetzungen unterfallen allesamt dem Katalogberuf des Dolmetschers. Das wird auch vom Beklagten nicht in Abrede gestellt.

66Gleichwohl liegen im Streitfall Einkünfte aus Gewerbebetrieb vor. Denn allein die Ausübung eines Katalogberufes reicht zur Bejahung freiberuflicher Einkünfte nicht aus. Auch bei der Ausübung eines Katalogberufs erfordert der Charakter der selbständigen Tätigkeit i.S.d. § 18 EStG, dass die Tätigkeit durch die unmittelbare, persönliche und individuelle Arbeitsleistung des Steuerpflichtigen geprägt ist (ständige Rechtsprechung des BFH: vgl. z.B. BFH-Urteil vom 21. März 1995 XI R 85/93, BStBl. II 1995, 732, mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Fehlt der Tätigkeit des Steuerpflichtigen der „Stempel seiner Persönlichkeit“, so ist sie – auch im Bereich der Katalogberufe – keine freiberufliche (BFH-Urteil vom 20. Dezember 2000 XI R 8/00, DStRE 2001, 577, 578). Eine aufgrund eigener Fachkenntnisse eigenverantwortlich ausgeübte Tätigkeit liegt nur vor, wenn die persönliche Teilnahme des Berufsträgers an der praktischen Arbeit in ausreichendem Umfang gewährleistet ist. Die Eigenverantwortlichkeit erschöpft sich nicht darin, nach außen die Verantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung des einzelnen Auftrags zu tragen. Die Ausführung jedes einzelnen Auftrags muss vielmehr dem Steuerpflichtigen selbst und nicht dem qualifizierten Mitarbeiter zuzurechnen sein. Es genügt daher nicht eine gelegentliche fachliche Überprüfung der Mitarbeiter (vgl. z.B.: BFH-Urteil vom 1. Februar 1990 IV R 140/88, BStBl. II 1990, 507 ff., 508, 509 m.w.N.).

67Bei dieser Prüfung stehen die Tatbestandsmerkmale „leitend“ und „eigenverantwortlich“ selbständig nebeneinander. Auch eine besonders intensive leitende Tätigkeit, zu der u.a. die Organisation des Sach- und Personalbereichs, Arbeitsplanung, Arbeitsverteilung, Aufsicht über Mitarbeiter und deren Anleitung und die stichprobenweise Überprüfung der Ergebnisse gehören, vermag daher die eigenverantwortliche Tätigkeit nicht zu ersetzen (BFH-Urteil vom 20. Dezember 2000 XI R 8/00 a.a.O. m.w.N.). Das ergibt sich unmittelbar aus der gesetzlichen Regelung in § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG. Danach ist ein Angehöriger eines freien Berufs auch dann noch freiberuflich tätig, wenn er sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedient: Voraussetzung ist jedoch, dass er aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig ist.

68Im Bezug auf Übersetzungsbüros hat der Bundesfinanzhof die vorstehenden Grundsätze dahingehend konkretisiert, dass der individuelle, über die Leitungsfunktion hinausgehende Einsatz eines Steuerpflichtigen, der die wichtigste Sprache seines Übersetzungsbüros beherrscht, den gesamten Bereich der betrieblichen Tätigkeit umfassen muss, wenn die Voraussetzungen für ein freiberufliches Unternehmen gegeben sein sollen (BFH-Beschluss vom 10. August 1993 IV B 1/92, BFH/NV 1994, 168; Urteil vom 5. Dezember 1968 IV R 125/66, BStBl. II 1969, 165; Urteil vom 2. Dezember 1980 VIII R 32/75, BStBl. II 1981, 170 ff.; Urteil vom 11. September 1968 I R 173/66, BStBl. II 1968, 820 ff.; ebenso: BFH-Beschluss vom 12.6.1996 IV B 121/95, BFH/NV 1997, 25). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Es ist der Klägerin nicht gelungen, das Gericht davon zu überzeugen, dass die Ausführung jedes einzelnen Übersetzungsauftrags durch die unmittelbare, persönliche und individuelle Arbeitsleistung ihrer Gesellschafter und deren Fachkenntnissen geprägt war. Die Klägerin hat in nicht unerheblichen Umfang in den Streitjahren Übersetzungen in Türkisch, Arabisch, Schwedisch, Slowenisch, Polnisch, Italienisch, Dänisch, Niederländisch, Russisch, Portugiesisch, Bulgarisch und etliche weitere Sprachen gefertigt. Dies konnte sie nur unter Zuhilfenahme von Fremdübersetzern, wobei ihr eine inhaltliche Kontrolle der übersetzten Texte wegen der insoweit fehlenden Sprachkenntnisse nicht möglich war. In Bezug auf diese Fremdübersetzungen konnten die Gesellschafter der Klägerin nicht – wie es das Gesetz fordert – auf Grund eigener Fachkenntnisse, sondern nur im Vertrauen auf die Richtigkeit der von den Übersetzern geleisteten Vorarbeiten leitend und eigenverantwortlich tätig werden. Hierin unterscheidet sich der Sachverhalt von dem Beispielsfall des Zahnarztes, auf den sich die Klägerin beruft. Anders als der Zahnarzt, der einen einzusetzenden Zahnersatz zwar nicht selbst herstellt, wohl aber auf dessen Verwendungsfähigkeit hin prüfen kann, mussten die Gesellschafter der Klägerin auf die Fehlerfreiheit der Übersetzungsleistungen vertrauen.

69Daran ändert auch der Umstand, dass die Klägerin für die Erstellung der Handbücher, etc., ein Translation-Memory-System einsetzte, nichts. Denn mit Hilfe dieses TMS hätte ein neuer Übersetzungsauftrag in einer nicht beherrschten Sprach allenfalls dann ohne Beauftragung eines weiteren Fremdübersetzers ausgeführt werden können, wenn eine hundertprozentige Übereinstimmung zwischen dem Ausgangstext und den im TMS gespeicherten Segmenten bestanden hätte. Ausweislich der Ausgangsrechnungen der Klägerin war das nur äußerst selten der Fall. In den Ausgangsrechnungen lassen sich nur sehr vereinzelt sog. 100%-Matches finden. Der weit überwiegende Teil besteht aus Matches unter 75%, die nach den Angaben der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung von Fremdübersetzern bearbeitet werden mussten. Aber selbst wenn ein komplettes Handbuch in einer nicht von den Gesellschaftern der Klägerin beherrschten Sprache aus dem TMS heraus hätte erstellt werden können, wäre ein solches nicht durch die unmittelbare, persönliche und individuelle Arbeitsleistung der Klägerin geprägt gewesen, weil es bereits den im TMS gespeicherten Texten an dieser Eigenschaft mangelte.

70Damit waren die Übersetzungsleistungen in Sprachen, die die Gesellschafter der Klägerin nicht beherrschten, nicht durch die persönliche, auf eigener Fachkenntnis beruhende individuelle Arbeitsleistung der Gesellschafter der Klägerin geprägt, auch wenn das für den Rest der Arbeiten, die erst zu dem fertigen Übersetzungsprodukt (Handbuch) führten, zu bejahen ist.

71Auch der Umstand, dass die Klägerin die Texte ihrer Kunden nicht lediglich in ihrer Urform übersetzte, sondern auf Verständlichkeit und technische Richtigkeit hin überprüfte und ordnete, ggf. die Übersetzungsreife erst herstellte und das in Auftrag gegebene Handbuch layoutete und so ein Gesamtprodukt herstellte, das über eine reine Übersetzung hinausging, ändert an der rechtlichen Beurteilung nichts.

72Denn auch wenn diese Leistungen für die Kunden der Klägerin von großer Bedeutung waren, bestand ein ganz wesentlicher Teil ihrer Aufgaben in der Übersetzung der von den Kunden gelieferten Texte. Insofern konnte die Klägerin den Senat nicht davon überzeugen, dass ihre Tätigkeit eigentlich der eines technischen Redakteurs entsprach. Sicherlich spielten die technisch redaktionellen Leistungen der Klägerin für den Kunden eine nicht zu vernachlässigende Rolle. Der Senat ist aber nicht davon überzeugt, dass dieser Teil den Schwerpunkt der Tätigkeit der Klägerin ausmachte, gegenüber dem die Übersetzungsarbeiten in den Hintergrund getreten wären. Dagegen sprechen insbesondere Abrechnungen mit den Kunden, in denen die Klägerin nur die Übersetzungsleistungen als solche fakturiert hat. Die technisch redaktionellen Tätigkeiten werden in den Rechnungen lediglich als Serviceleistungen aufgeführt, für die ein gesondertes Entgelt nicht in Rechnung gestellt wird.

73Da die Klägerin in Bezug auf die Übersetzungsleistungen in nicht von ihren Gesellschaftern beherrschten Sprachen teilweise gewerblich tätig war, gilt ihre gesamte Betätigung nach der Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG als Gewerbebetrieb.

74Wie der Bundesfinanzhof bereits mehrfach entschieden hat, führt diese Abfärbung nicht zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung der Personengesellschaften gegenüber Einzelunternehmen, denn der Eintritt der Abfärbewirkung kann durch Ausgliederung der gewerblichen Tätigkeit auf eine personenidentische zweite Gesellschaft vermieden werden. Die unterschiedliche Behandlung von Einzelunternehmen und Personengesellschaften ist zudem sachlich gerechtfertigt. Das Steuerrecht folgt insoweit den gesellschaftsrechtlichen Vorgaben, die auf der Vorstellung beruhen, dass Personengesellschaften nur eine einheitliche Tätigkeit ausüben können und dass diese insgesamt als kaufmännisch anzusehen ist, wenn diese Voraussetzungen auch nur partiell erfüllt sind. Nur bei einem sehr geringen Anteil der gewerblichen Tätigkeit greift die umqualifizierende Wirkung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG nicht ein (BFH, Urteil vom 29. November 2001 IV R 91/99, BStBl II 2002, 221 ff., 224, mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsmäßigkeit im Beschluss vom 15. Januar 2008 1 BvL 2/04 festgestellt (BVerfGE 120, 1 ff.).

75In dieser Entscheidung hat der Bundesfinanzhof eine gewerbliche Teilbetätigung, die lediglich 1,25 v.H. der Gesamtumsätze betrug und deren Einnahmen deutlich unter der Gewerbesteuerfreibetragsgrenze des § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG lag, als unerheblich angesehen. Ein gewerblicher Anteil von mehr als 6 v. H. wurde vom Bundesfinanzhof schon als schädlich eingestuft (BFH-Urteil vom 29. November 2001 IV R 91/99, a.a.O.; vom 10: August 1994 I R 133/93; BStBl II 1995, 171). Im Streitfall ist diese „Bagatellgrenze“ angesichts der umfangreichen Fremdübersetzungen in nicht von den Gesellschaftern der Klägerin beherrschten Sprachen überschritten. Denn auch nach den Berechnungen der Klägerin machten diese 15 bis 26% des Gesamtumsatzes aus und lagen damit deutlich über der Gewerbesteuerfreibetragsgrenze von 24.500 € in den Streitjahren.

76Die Heranziehung der Klägerin zur Gewerbesteuer verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz. Das gilt ungeachtet der Tatsache, dass zu dieser Steuer nur Gewerbetreibende herangezogen werden und nicht auch Freiberufler und sonstige Selbstständige, die die Infrastruktur der Kommune in gleicher Weise oder sogar mehr beanspruchen wie beispielsweise die Klägerin.

77Auch insoweit hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 15. Januar 2008 1 BvL 2/04 (a.a.O.) die Verfassungsmäßigkeit bejaht.

78Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin war das Recht (und die Verpflichtung) des Beklagten, Gewerbesteuermessbeträge festzusetzen im Streitfall auch nicht verwirkt.

79Das Rechtsinstitut der Verwirkung ist Ausfluss des auch im Steuerschuldrechtsverhältnis geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben.

80Dieser Grundsatz gebietet u.a. für Steuergläubiger und Steuerpflichtigen gleichermaßen, auf die Belange des anderen Teils Rücksicht zu nehmen und sich zu seinem eigenen früheren Verhalten nicht in rechtsmissbräuchlicher Weise in Widerspruch zu setzen (vgl. BFH-Urteil vom 17. Juni 1992 X R 47/88, BStBl II 1993, 174 m.w.N.). Dabei ist es anerkanntes Recht, dass das Finanzamt auch außerhalb einer verbindlichen Zusage (§§ 204 ff. AO) oder einer verbindlichen Auskunft nach Treu und Glauben an eine Zusicherung, eine zweifelhafte Rechtsfrage in einem bestimmten Sinne zu beurteilen, gebunden sein kann und hieraus verpflichtet ist, bei einer späteren Veranlagung der Zusicherung gemäß zu handeln (vgl. BFH-Urteile vom 18. November 1958 I 176/57 U, BStBl III 1959, 52; vom 15.12.1966 V 181/63, BStBl III 1967, 212; vom 13.01.1970 I R 122/67, BStBl II 1970 352).

81Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin reicht hierzu jedoch eine fehlerhafte Einkünftequalifizierung – auch über mehrere Jahre hinweg – nicht aus. Denn aus einer fortgesetzten fehlerhaften Rechtsanwendung lässt sich aus Sicht des Steuerpflichtigen nicht schließen, dass die Finanzbehörde das Recht auch dann noch zu Gunsten des Steuerpflichtigen fehlerhaft anwenden und von einer möglichen Korrektur der Bescheide absehen will, wenn es die Fehlerhaftigkeit erkannt hat. Hierin liegt der entscheidende Unterschied zu einer ausdrücklichen oder konkludenten Zusicherung, der ein solcher Bindungswille immanent ist.

82Auch der Umstand, dass die Klägerin im Vertrauen auf die bisherige Rechtsanwendung insoweit Dispositionen getroffen hat, als sie den „gewerbesteuerschädlichen“ Teil ihrer Betätigung nicht auslagerte, führt nicht dazu, dass sich die Korrektur der Bescheide als treuwidrig erweist. Denn die Disposition des Steuerpflichtigen ist kein rechtfertigendes Kriterium, das Verhalten der Finanzbehörde wie eine Zusicherung zu behandeln. Die Disposition des Steuerpflichtigen stellt, wenn die übrigen Voraussetzungen für eine Verwirkung vorliegen, eine eigenständige Voraussetzung dar, ohne die sich der Steuerpflichtige auf den Grundsatz von Treu und Glauben nicht berufen kann (vgl. zur Disposition des Steuerpflichtigen auch BFH-Urteil vom 23.05.1989 X R 17/85, BStBl II 1989, 879 m.w.N.).

83Ein in diesem Sinne rechtsmissbräuchliches Verhalten ist dem Beklagten nicht vorzuwerfen. Denn der Beklagte hat keinen über die fehlerhafte Einkünftequalifizierung hinausgehenden Vertrauenstatbestand geschaffen, auf den die Klägerin ein Vertrauen in das Fortbestehen der fehlerhaften Besteuerung stützen könnte.

84Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass eine im Widerspruch zum geltenden Recht stehende Bindung gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit und Gleichmäßigkeit der Besteuerung verstößt, weil die Bevorzugung eines Steuerpflichtigen für alle anderen Personen, die dem Gesetz entsprechend behandelt werden, eine Benachteiligung bedeutet (vgl. BFH-Urteil vom 26.10.1962 VI 215/61 U, BStBl 1963 III S. 86), und der Steuerpflichtige bei einer fehlerhaft zu niedrigen Besteuerung oft jahrelang wettbewerbsmäßig gegenüber anderen Unternehmern, die bei gleichen Verhältnissen dem Gesetz entsprechend zur Steuer herangezogen worden sind, im Vorteil war (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 16.07.1964 V 92/61 S, BStBl III 1964, 634).

85Ob die Rechtslage anders zu beurteilen wäre, wenn im Streitfall der Veranlagungsbezirk und die Betriebsprüfungsstelle des Beklagten, wie die Klägerin dies vermutet, tatsächlich eine Außenprüfung mit dem Ziel „verschleppt“ hätte, die Klägerin von einer Umstrukturierung ihres Betriebes abzuhalten, um auf diese Weise im Nachhinein Steuern festzusetzen, die die Klägerin bei einer Umstrukturierung zumindest teilweise hätte vermeiden können, kann dahinstehen. Denn dieser von der Klägerin vermutete Sachverhalt lässt sich nicht anhand ausreichender objektivierter Kriterien verifizieren und damit vom Gericht nicht feststellen.

86Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

87Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Kriterien, unter denen die Ausübung eines Katalogberufs ausnahmsweise als Gewerbebetrieb anzusehen ist, in der Rechtsprechung geklärt sind, so dass im Streitfall ein Sachverhalt unter feststehende Rechtssätze zu subsumieren war.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin