Unimog nicht kraftfahrzeugsteuerfrei

Ein Unimog ist keine Zugmaschine im Sinne des Kraftfahrzeugsteuergesetzes. Dies hat das Finanzgericht Köln mit Urteil vom 05.03.2013 (6 K 745/11) entschieden.

In dem Verfahren begehrte eine Landwirtin für ihren „DB Unimog 427/10“ die Kraftfahrzeugsteuerbefreiung für Zugmaschinen. Zur Begründung legte sie ein Herstellergutachten vor, wonach der Unimog alle technischen Voraussetzungen einer Zugmaschine bzw. eines Ackerschleppers erfülle. Diese Ansicht teilte das Gericht nicht und verwehrte die Kraftfahrzeugsteuerbefreiung. Denn ein Unimog „Universal-Motor-Gerät“ sei ein universell einsetzbarer, allradgetriebener Kleinlastwagen und Geräteträger, der bei drei Sitzplätzen und einer Ladefläche mit Zuladungsmöglichkeit von 3000 kg auch der Beförderung von Personen und Gütern diene. Das Fortbewegen von Lasten durch das Ziehen von Anhängern stehe hierbei nicht ausreichend im Vordergrund.

Auf Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin hat der Bundesfinanzhof die Revision zugelassen (II B 36/13).

Quelle: FG Köln, Pressemitteilung vom 02.12.2013 zum Urteil 6 K 745/11 vom 05.03.2013

Finanzgericht Köln, 6 K 745/11

Datum:
05.03.2013
Gericht:
Finanzgericht Köln
Spruchkörper:
6. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 K 745/11
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

1Tatbestand

2Die Klägerin ist seit dem 04.11.2010 Halterin eines Fahrzeugs „DB Unimog 427/10“ mit dem amtlichen Kennzeichen A – B 1. Dieses Fahrzeug ist als „Zugmaschine“ mit drei Sitzplätzen zugelassen. Es verfügt über eine Masse von 4500 kg sowie eine zulässige Gesamtmasse von 7500 kg. Das Fahrzeug weist neben der Fahrerkabine eine offene Ladefläche mit einer Größe von ca. 1,95 m x 1,90 m auf. Ausweislich der im Einspruchsverfahren eingereichten Bilder war diese Ladefläche von einer ca. 40 cm hohen Bordwand umgeben, die nach den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Bildern mittlerweile entfernt wurde.

3Mit Bescheid vom 28.12.2010 setzte der Beklagte für dieses Fahrzeug Kraftfahrzeugsteuer in Höhe von jährlich 500 € fest und versagte gleichzeitig die von der Klägerin bei der Zulassung des Fahrzeugs beantragte Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 7 KraftStG.

4Hiergegen richtet sich die vorliegende, nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage, mit der die Klägerin die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 7 KraftStG begehrt. Hierzu trägt sie vor, dass sie einen landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieb betreibe, bei dem neben der Milchviehhaltung die Grünlandbewirtschaftung und der Ackerbau wesentliche Schwerpunkte bildeten. Das fragliche Fahrzeug diene dazu, die erforderlichen Feldarbeiten durchzuführen. Es verfüge dementsprechend über einen Heckkraftheber, Anschlüsse für eine Druckluftbremsanlage sowie einen Zapfwellenanschluss, die in ihrer Gesamtheit für den Anbau und den Betrieb landwirtschaftlicher Bodenbearbeitungsgeräte vorgesehen seien. Ausweislich des vorliegenden Herstellergutachtens vom 07.07.2005 erfülle das Fahrzeug alle technischen Voraussetzungen, um als Zugmaschine-Ackerschlepper, Schlüssel-Nr. 8710, eingestuft zu werden. Nach Bauart und insbesondere Ausstattung sei das Fahrzeug überwiegend zur Fortbewegung von Lasten durch Ziehen von Anhängern sowie sämtlicher landwirtschaftlicher Bodenbearbeitungsgeräte zu dienen geeignet und bestimmt. Die nach wie vor fortbestehende Qualität des Fahrzeugs als Personentransportmittel trete daher hinter dem das Fahrzeug in überwiegendem Maße prägenden Zugmaschinen Charakter unzweifelhaft zurück.

5Die Klägerin beantragt,

6den Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 28.12.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.02.2011 aufzuheben.

7Der Beklagte beantragt,

8die Klage abzuweisen.

9Er vertritt unter Bezugnahme auf seine Einspruchsentscheidung die Ansicht, dass das fragliche Fahrzeug die Voraussetzungen des § 3 Nr. 7 KraftStG an eine L+F-Zugmaschine nicht erfülle.

10Entscheidungsgründe

11Die Klage ist unbegründet.

12Der Beklagte hat zu Recht eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 7 KraftStG verwehrt. Denn bei dem streitbefangenen Fahrzeug der Klägerin handelt es sich nicht um eine Zugmaschine im Sinne dieser Vorschrift.

13Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist eine Zugmaschine im Sinne des Kraftfahrzeugsteuerrechts ein Fahrzeug, dessen wirtschaftlicher Wert im Wesentlichen in der Zugleistung liegt und das nach seiner Bauart und Ausstattung ausschließlich oder überwiegend zur Fortbewegung von Lasten durch Ziehen von Anhängern zu dienen geeignet und bestimmt ist. Die Einstufung als Zugmaschine kommt deshalb nicht in Betracht, wenn das Fahrzeug auch zur Personenbeförderung und/oder Güterbeförderung geeignet ist. Dabei ist die objektive Beschaffenheit des Fahrzeugs unter Berücksichtigung aller Merkmale in ihrer Gesamtheit zu bewerten. Bei Serienfahrzeugen ist in der Regel die Konzeption des Herstellers für die Bauart bestimmend und trägt die objektive Beschaffenheit eines Fahrzeugs entscheidend. Auf dessen tatsächliche Verwendung kommt es für die Einstufung des Fahrzeugs nicht an.

14Auch die verkehrsrechtliche Einstufung als „Zugmaschine“ ist kraftfahrzeugsteuerrechtlich nicht bindend. Das Kraftfahrzeugsteuerrecht folgt zwar grundsätzlich den Begriffsbestimmungen in verkehrsrechtlichen Vorschriften, nicht aber Festlegungen verkehrsrechtlicher Art, die im Verwaltungswege erfolgen. Soweit es kraftfahrzeugsteuerrechtlich auf die Bauart („Gesamtbild“) des Fahrzeugs als Zugmaschine ankommt, darf dieses Merkmal nicht schon deshalb für gegeben erachtet werden, weil die Verkehrsbehörde unter Beachtung einschlägiger Verwaltungsanweisungen eine entsprechende Einstufung vorgenommen hat (BFH-Urteil vom 03.04.2001 VII R 7/00, BStBl II 2001, 451 mit weiteren Nachweisen).

15Danach kommt eine Einstufung des Fahrzeugs der Klägerin als Zugmaschine nicht in Betracht.

16Entsprechend seinem Namen (Abkürzung für „Universal-Motor-Gerät“) handelt es sich bei dem Unimog um einen universellen allradgetriebenen kleinen Lastkraftwagen und Geräteträger vor allem für die Land- und Forstwirtschaft, das Militär und für kommunale Aufgaben, aber auch für andere Aufgaben in unwegsamem Gelände. Unimogs werden auch bei Feuerwehren, THW und anderen Hilfsorganisationen eingesetzt. Weitere typische Einsatzgebiete sind die Versorgung von Berghütten und in Straßenmeistereien und Gemeinden, gerade auch in den Alpenländern (vgl. Wikipedia, Stichwort „Unimog“).

17Dieser offenen Herstellerkonzeption entsprechend vermag das Fahrzeug der Klägerin bei drei zugelassenen Sitzplätzen sowohl Personen als auch angesichts der Ladefläche und der Zulademöglichkeit von 3000 kg Güter zu befördern. Die unstreitig außerdem bestehende Möglichkeit zur Fortbewegung von Lasten durch Ziehen von Anhängern steht dabei nicht dermaßen im Vordergrund, dass die anderen genannten Zwecke dahinter völlig zurücktreten.

18Hat der Beklagte danach eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 7 KraftStG zu Recht verwehrt, begegnet die vorgenommene Besteuerung des Fahrzeugs als „anderes Kraftfahrzeug“ nach dem zulässigen Gesamtgewicht keinen rechtlichen Bedenken.

19Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Deutsche Piloten einer irischen Flug-gesellschaft fliegen weiterhin steuerfrei

Der Arbeitslohn eines in Deutschland wohnenden Piloten einer irischen Fluggesellschaft bleibt 2009 auch dann in Deutschland steuerfrei, wenn Irland auf sein Besteuerungsrecht verzichtet hat. Diese Besteuerungslücke konnte der Gesetzgeber durch den Mitte 2013 eingeführten § 50d Absatz 9 Satz 3 Einkommensteuergesetz nicht rückwirkend schließen. Die Vorschrift ist wegen des für belastende Gesetze geltenden Rückwirkungsverbots im Streitjahr nicht anzuwenden. Dies hat der 1. Senat des Finanzgerichts Köln in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes mit seinen Beschluss vom 18.10.2013 (1 V 1635/13) entschieden.

Die Finanzverwaltung hatte den von Irland nicht besteuerten Arbeitslohn des Piloten i. H. von 73.000 Euro bei der Steuerfestsetzung für 2009 der Besteuerung unterworfen. Der Pilot wehrte sich dagegen und beantragte beim Finanzamt erfolglos eine Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheides. Das Finanzgericht gab dem Piloten nunmehr zumindest vorläufig Recht. Nach der im Aussetzungsverfahren vorgeschriebenen überschlägigen Prüfung stehe Deutschland nach Auffassung des 1. Senats insoweit kein Besteuerungsrecht zu.

Nach dem deutsch-irischen Doppelbesteuerungsabkommen hat Irland das Besteuerungsrecht für den Arbeitslohn des Piloten. Wenn ein Pilot jedoch in Irland nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist, verzichtet Irland auf sein Besteuerungsrecht soweit an Arbeitstagen kein irischer Flughafen angeflogen wird. Mit Urteil vom 11.01.2012 (I R 27/11) hat der Bundesfinanzhof (BFH) die Steuerfreiheit dieser Einnahmen bestätigt. Als Reaktion hierauf hat der deutsche Gesetzgeber mit dem Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 26.06.2013 (BGBl. I 2013, 1809) § 50d Abs. 9 Satz 3 EStG eingeführt. Mit dieser Vorschrift will er rückwirkend in allen noch offenen Fällen Deutschland die Besteuerung ermöglichen.

Die gegen die Entscheidung des Senats zunächst vom Finanzamt erhobene Beschwerde vor dem Bundesfinanzhof in München hat die Finanzverwaltung zurückgenommen. Der Beschluss ist somit rechtskräftig.

Quelle: FG Köln, Pressemitteilung vom 02.12.2013 zum Beschluss 1 V 1635/13 vom 18.10.2013

Veräußerungskosten können nicht in vollem Umfang vom steuerpflichtigen Anteil eines Spekulationsgewinns abgezogen werden

Bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Anteils eines Spekulationsgewinns sind die Veräußerungskosten verhältnismäßig dem steuerbaren und dem nicht steuerbaren Teil des Veräußerungsgewinns zuzuordnen. Dies hat der 13. Senat des Finanzgerichts Köln mit Urteil vom 06.11.2013 (13 K 121/13) entschieden. Ein Anspruch auf Berücksichtigung der gesamten Veräußerungskosten bei dem steuerpflichtigen Teil des Veräußerungsgewinns ergibt sich nach Auffassung des Senats weder aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 07.07.2010 noch aus dem hierzu ergangenen Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 20.12.2010.

Eine Grundstücksgemeinschaft erzielte im März 2000 bei dem Verkauf eines 1991 erworbenen Grundstücks vor Berücksichtigung der Veräußerungskosten einen Spekulationsgewinn in Höhe von 60.000 DM. Hiervon waren nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts unstreitig nur 6.000 DM steuerbar. Das Finanzamt zog die bei der Veräußerung des Grundstücks entstandenen Kosten (Makler, Vorfälligkeitsgebühr und Grundbuch) von insgesamt 20.000 DM anteilig ab und ermittelte einen steuerpflichtigen Spekulationsgewinn in Höhe von 4.000 DM. Demgegenüber vertrat die Grundstücksgemeinschaft die Auffassung, die Veräußerungskosten seien in vollem Umfang vom steuerpflichtigen Anteil abzuziehen und machte einen Veräußerungsverlust von 14.000 DM geltend. Dieser Meinung konnte sich das Gericht nicht anschließen, weil dies im Ergebnis die Umdeutung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in eine Subventionsregel zur Folge hätte.

Der Senat hat gegen das Urteil die Revision zum Bundesfinanzhof in München wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Das Bundesverfassungsgericht hatte in seinen Beschlüssen vom 07.07.2010 (2 BvL 14/02, 2 BvL 2/02 ,2 BvL 13/05) die rückwirkende Verlängerung der Spekulationsfrist des § 23 EStG bei Grundstücken auf zehn Jahre als teilweise verfassungswidrig eingestuft. Steuerpflichtige, die ein Grundstück mehr als 2 Jahre vor dem 31.03.1999 erworben und innerhalb der neuen 10-jährigen Spekulationsfrist nach diesem Datum wieder veräußert haben, müssen daher ihren Spekulationsgewinn nur insoweit versteuern, wie er nach dem 31.03.1999 entstanden ist. Die Finanzverwaltung hat die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts im Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 20.12.2010 (Bundessteuerblatt I 2011, 14) umgesetzt.

Quelle: FG Köln, Pressemitteilung vom 02.12.2013 zum Urteil 13 K 121/13 vom 06.11.2013

Voraussetzungen für Ablaufhemmung (§ 171 Abs. 3a Satz 3 AO)

Voraussetzungen für Ablaufhemmung (§ 171 Abs. 3a Satz 3 AO)

Kernaussage

In der Abgabenordnung wird die sog. Ablaufhemmung des Rechtsbehelfsverfahrens erweitert, sofern das Gericht keine abschließende Sachentscheidung trifft und ein weiteres Tätigwerden der Finanzbehörde zur Umsetzung der gerichtlichen Entscheidung erforderlich ist. Das Gericht trifft keine abschließende Sachentscheidung, wenn es den angefochtenen Bescheid aus Gründen aufhebt, die dem Bescheid selbst anhaften und die nicht den der Steuerfestsetzung zugrunde liegenden Steueranspruch betreffen.

Sachverhalt

Die Kläger sind Erben ihrer 2002 verstorbenen Mutter. Der 1984 verstorbene Vater hatte seine Kinder zu Erben eingesetzt und seine Ehefrau mit mehreren Vermächtnissen bedacht. 1988 setzte das Finanzamt gegen die Mutter Erbschaftssteuer in Höhe von 629.469 DM fest. Hiergegen wurde durch mehrere Instanzen vorgegangen und am Ende obsiegt. Der Bundesfinanzhof (BFH) hob den ursprünglichen Bescheid 2009 vollumfänglich auf. Das Finanzamt erließ daraufhin 2010 einen neuen Bescheid über die obige Summe gegenüber den Erben.

Entscheidung

Die hiergegen gerichtete Klage blieb vor dem BFH erfolglos. Das Finanzamt war nicht wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist gehindert, den angefochtenen Erbschaftssteuerbescheid erneut zu erlassen. Durch die vollständige Kassation des ursprünglichen Bescheids war der Anwendungsbereich der Erweiterungsvorschrift (§ 171 Abs. 3a Satz 3 AO) eröffnet. Infolgedessen war im vorliegenden Fall im Jahr 2010 die Festsetzungsverjährung noch nicht eingetreten. Durch den Einspruch, das Klageverfahren und den anschließenden Bescheid war der Ablauf der Festsetzungsfrist bis zum Erlass des neuen Bescheids im Jahr 2010 gehemmt.

Konsequenz

Die verlängerte Ablaufhemmung gilt nur bei der sog. echten Kassation, nicht bei der unechten Kassation (Aufhebung durch Gericht hat selbst regelnden Charakter). Ob eine echte oder unechte Kassation vorliegt, ist anhand der Rechtskraftwirkung des Urteils festzustellen.

Insolvenzanfechtung: Rückforderung von Arbeitsvergütung

Insolvenzanfechtung: Rückforderung von Arbeitsvergütung

Kernaussage

Eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte, ist anfechtbar. Soweit Gehaltszahlungen des Arbeitgebers für Arbeitsleistungen der dem Insolvenzantrag vorausgehenden 3 Monaten gezahlt werden, unterliegen sie als Bargeschäft nicht der Anfechtung. Anders verhält es sich allerdings, wenn der Arbeitnehmer im Wege der Zwangsvollstreckung seine Arbeitsvergütung erlangt. In diesem Fall kann ein Insolvenzverwalter grundsätzlich die Rückzahlung des Arbeitsentgelts zur Masse verlangen. Der Rückforderungsanspruch unterliegt auch keinen tariflichen Ausschlussfristen.

Sachverhalt

Die Klägerin hat in den letzten 3 Monaten vor dem Insolvenzantrag durch Forderungspfändungen rückständiges Arbeitsentgelt erlangt. Fast 3 Jahre später hat der Insolvenzverwalter die Zahlungen angefochten. Mit der Widerklage verlangt er die Rückzahlung an die Masse. Das Arbeitsgericht gab der Widerklage statt, das Landesarbeitsgericht (LAG) wies sie wegen der Versäumung tariflicher Ausschlussfristen ab. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) gab dem Insolvenzverwalter grundsätzlich Recht und verwies die Sache zurück.

Entscheidung

Eine im Wege der Zwangsvollstreckung erlangte Befriedigung ist nicht „in der Art“, wie sie der Gläubiger zu beanspruchen hat, erfolgt. Es liegt eine sog. inkongruente Deckung vor. Liegen die übrigen Anfechtungsvoraussetzungen vor, kann der Insolvenzverwalter daher die Rückzahlung von Arbeitsvergütung zur Masse verlangen. Ferner sind tarifliche Ausschlussfristen auf die insolvenzrechtlichen Anfechtungsregeln nicht anwendbar. Die Tarifvertragsparteien dürfen in die Insolvenzregelungen nicht eingreifen. Diese sind zwingendes Recht. Das LAG wird zu klären haben, ob die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin im Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungsbeschlusses bereits vorlag.

Konsequenz

Mit dem vorliegenden Urteil hat das BAG die rechtliche Stellung des Insolvenzverwalters gestärkt. Wurde die rückständige Arbeitsvergütung im Wege der Zwangsvollstreckung erlangt, ist verstärkt mit der Insolvenzanfechtung zu rechnen.

Wann hat ein Gläubiger Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners?

Wann hat ein Gläubiger Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners?

Kernaussage

Eine Anfechtung wegen vorsätzlicher Benachteiligung der Gläubiger setzt voraus, dass der Anfechtungsgegner zur Zeit der angefochtenen Handlung den Vorsatz des Schuldners zur Gläubigerbenachteiligung kannte. Dabei kommt den Beweisanzeichen der erkannten Zahlungsunfähigkeit des Schuldners und der Inkongruenz der von ihm erbrachten Leistung besondere Bedeutung zu. Eine Kenntnis wird dann vermutet, wenn der Anfechtungsgegner um die Willensrichtung des Schuldners weiß und nach allgemeiner Erfahrung eine gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung zugrunde liegen muss. Unerheblich ist, ob er über den genauen Hergang des Zahlungsflusses unterrichtet war.

Sachverhalt

Wegen rückständiger Sozialversicherungsbeiträge pfändete die Beklagte das Konto der Schuldnerin. Mangels Zahlung stellte sie im September 2008 sodann gegen die Schuldnerin einen Insolvenzantrag. Daraufhin bewirkte die Schuldnerin eine Zahlung auf das Konto, weshalb die Bank die rückständigen Beiträge an die Beklagte zahlte. Diese erklärte ihren Insolvenzantrag für erledigt. Im Juli 2009 wurde für die Schuldnerin erneut ein Insolvenzantrag gestellt. Der Kläger ist Insolvenzverwalter und verlangt im Wege der Insolvenzanfechtung Erstattung der an die Beklagte bewirkten Zahlung. Der Bundesgerichtshof (BGH) gab dem Kläger Recht.

Entscheidung

Anfechtbar ist die Rechtshandlung der Schuldnerin zur Auffüllung des gepfändeten Kontos, die erst das Pfandrecht werthaltig machte und eine Befriedigung der Beklagten ermöglichte. Mit der Zahlung aus dem eigenen Vermögen hat die Schuldnerin ihre Gläubiger vorsätzlich benachteiligt, was die Beklagte erkannt hat. Im Streitfall ist die Kontenpfändung mangels Deckung fehlgeschlagen. Eine Befriedigung konnte, nachdem die Beklagte einen Insolvenzantrag stellte, nur noch aufgrund der Rechtshandlung des Schuldnerin eintreten, die offensichtlich zur Vermeidung der Verfahrenseröffnung vorgenommen wurde. Anhaltspunkte für die Zahlung eines Dritten waren nicht ersichtlich.

Konsequenz

Das Urteil zeigt die Grenzen bei fehlgeschlagenen Zwangsvollstreckungsversuchen auf. Selbst im Falle von sanierungswilligen Schuldnern bedarf es zum Ausschluss von Anfechtungsrechten eines schlüssigen Sanierungskonzepts.

Hin- und Rückgabe von Transportbehältnissen

Hin- und Rückgabe von Transportbehältnissen

Kernaussage

Der Groß- und Einzelhandel setzt zur Lieferung von Waren häufig Transportbehältnisse ein, z. B. Getränkekisten. Diese Behältnisse werden entweder gegen Pfand oder im Rahmen reiner Tauschsysteme überlassen. Bei Tauschsystemen wird z. B. dem Empfänger die Ware auf einer Palette überlassen und dieser gibt dem Lieferanten eine gleichwertige Palette zurück.

Neue Verwaltungsanweisung

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat nun zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Transportbehältnissen Stellung bezogen. Hierzu unterscheidet das BMF zwischen Transporthilfsmitteln und Warenumschließungen. Transporthilfsmittel dienen der Vereinfachung des Transports (z. B. Paletten), Warenumschließungen hingegen sind nötig, um die Ware überhaupt verkaufsfähig zu machen (z. B. Flaschen). Die Hin- und Rückgabe von Transporthilfsmitteln stellt eine dem Regelsteuersatz (19 %) unterliegende eigenständige Lieferung dar. Warenumschließungen dagegen sind als Nebenleistung zur gelieferten Ware anzusehen und werden umsatzsteuerlich genauso wie diese Ware behandelt. Ihre Rückgabe stellt daher eine Entgeltminderung dar. Werden Transporthilfsmittel im Rahmen von Tauschsystemen (z. B. Euro-Flachpaletten) überlassen, wird dies als Sachdarlehen behandelt. Nur wenn die Überlassung entgeltlich erfolgt, unterliegt dies der Umsatzsteuer. Darüber hinaus gibt das BMF Hinweise zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Leistungsstörungen bei Tauschsystemen (z. B. gestohlene Paletten) sowie zu Reparatur-Tausch-Programmen (z. B. Tausch zweier defekter Paletten gegen eine neue).

Konsequenzen

Das Schreiben ist von allen Unternehmen des Groß- und Einzelhandels zu beachten. Dies gilt insbesondere für die Behandlung der Transporthilfsmittel. Deren Lieferung wurde bisher auch als Nebenleistung zur Warenlieferung behandelt. Dies ist nun nicht mehr zulässig. Allerdings gewährt das BMF eine Übergangsregelung bis zum 31.12.2013. Ab 2014 hat die Neuregelung dann u a. folgende Konsequenzen: Werden z. B. Lebensmittel zum ermäßigten Steuersatz geliefert, so müssen diese in der Rechnung zu 7 %, das Transporthilfsmittel dagegen zu 19 % abgerechnet werden. Die Überlassung von Transporthilfsmitteln an private Endkunden muss ggf. neu kalkuliert werden. Denn die Rückgabe der Transporthilfsmittel kann der Lieferant nicht mehr als Entgeltsminderung qualifizieren. Die Umsatzsteuer wird damit durch die Rückgabe nicht mehr reduziert. Da dem Lieferanten auch kein Vorsteuerabzug aus den Lieferungen der privaten Endkunden zusteht, ergibt sich eine Mehrbelastung.

Für Fahrten zwischen Wohnung und Feuerwache gilt Entfernungspauschale

Für Fahrten zwischen Wohnung und Feuerwache gilt Entfernungspauschale

Kernproblem

Das Reisekostenrecht wird sich mit Wirkung ab dem 1.1.2014 ändern. Eine wesentliche Änderung erfährt das Lohnsteuerrecht durch die Ablösung des bisherigen Begriffs der „regelmäßigen Arbeitsstätte“ durch die „erste Tätigkeitsstätte“ des Arbeitnehmers. Das sorgt zwar in vielen Fällen für Klarheit, bringt für einige Berufsgruppen aber auch Nachteile. Während der Bundesfinanzhof (BFH) der Bezirksleiterin einer Supermarktkette, die im Wechsel ihre Filialen ohne zentralen Schwerpunkt aufsuchte, noch eine Auswärtstätigkeit mit der Folge des Ansatzes von Reisekosten zugestand, dürfte das in Zukunft schwieriger werden. Im schlimmsten Fall könnte sogar die der Wohnung am nächsten gelegene Filiale zur ersten Tätigkeitsstätte werden. Für das zurzeit noch geltende Recht nimmt die Flut der Entscheidungen nicht ab. Diesmal hatte ein Feuerwehrmann geklagt.

Sachverhalt

Der nur einer Hauptwache zugeordnete Berufsfeuerwehrmann arbeitete im Schichtdienst. Er begann an 83 Tagen im Jahr morgens seinen 24-stündigen Dienst, an dem er an Einsätzen zur Lebensrettung, zum Löschen von Bränden oder zur Gefahrgutbeseitigung teilnahm. Nach Beendigung der Einsätze kehrte er regelmäßig zur Wache zurück und verrichtete dort andere Dienste. Darüber hinaus sah der Dienstplan Bereitschaftszeit vor. In seiner Einkommensteuererklärung machte der Feuerwehrmann aufgrund der günstigeren Rechtsprechung des BFH Reisekosten für eine Auswärtstätigkeit geltend, weil er den qualitativen Schwerpunkt seiner Tätigkeit im Einsatz außerhalb der Wache sah. Das Finanzamt lehnte ab und gewährte nur die Entfernungspauschale, weil es die einsatzfreie Zeit als ebenso prägend für den Beruf ansah.

Entscheidung

Das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht gab dem Finanzamt Recht und wies die Klage ab. Es war der Auffassung, dass der Feuerwehrmann auch an der Feuerwache schwerpunktmäßig tätig geworden sei, denn diese gewährleiste die Funktionsfähigkeit und ständige sofortige Einsatzbereitschaft der Berufsfeuerwehr. Damit sei auch kein Vergleich mit der durch die Rechtsprechung anerkannten Auswärtstätigkeit eines Betriebsprüfers gerechtfertigt, der in seinem Finanzamt lediglich gelegentlich an Dienstbesprechungen oder Verwaltungstätigkeiten teilnahm.

Konsequenz

Dem Feuerwehrmann wird auch das neue Reisekostenrecht nicht weiterhelfen. Gäbe es neben der Hautwache noch eine andere Wache, ließe sich durch eine dauerhafte Zuordnung dorthin ab 2014 ein günstigeres Ergebnis erzielen, selbst wenn diese nur untergeordnet aufgesucht würde. Auch andere Arbeitnehmer sollten das jetzt prüfen. Wie das Bundesfinanzministerium (BMF) Schreiben ausführt, können dafür Hilfs- und Nebentätigkeiten ausreichen.

AGG erlaubt auch Altersgrenzen für freie Mitarbeiter

AGG erlaubt auch Altersgrenzen für freie Mitarbeiter

Kernaussage

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbietet u. a. eine Diskriminierung wegen des Alters. Zahlreiche Arbeits- und Tarifverträge befristen jedoch Arbeitsverhältnisse auf den Zeitpunkt des Erreichens des Rentenalters. Altersgrenzen, die auf das Erreichen des Regelrentenalters abstellen, werden von höchstrichterlicher Rechtsprechung als wirksam erachtet, da der Arbeitnehmer durch den Bezug der gesetzlichen Altersrente wirtschaftlich abgesichert sei. Diesen Rechtsgedanken hat das Arbeitsgericht (ArbG) Bonn auch auf die Zusammenarbeit mit einem freien Mitarbeiter, der regelmäßig beschäftigt worden ist, übertragen.

Sachverhalt

Der Kläger ist 66 Jahre alt und war seit über 30 Jahren als freier Mitarbeiter für die beklagte Rundfunkanstalt programmgestaltend tätig. Ende 2012 teilte die Rundfunkanstalt dem Kläger mit, dass sie ihn wegen des Erreichens des gesetzlichen Rentenalters in Zukunft nicht mehr beschäftigen werde. Der Kläger fühlt sich wegen seines Alters diskriminiert und verlangt eine Entschädigung in Höhe von mindestens 25.000 EUR. Die Rundfunkanstalt berief sich auf die Gleichbehandlung zwischen freien Mitarbeitern und Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis tarifvertraglich ebenfalls mit dem Erreichen des Rentenalters ende.

Entscheidung

Das Arbeitsgericht Bonn hat die Klage abgewiesen. Altersgrenzen in Arbeits- und Tarifverträgen sind zulässig, wenn die mit der Altersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung übereinstimmen, denn der Arbeitnehmer ist durch die gesetzlichen Rentenansprüche ausreichend materiell abgesichert. Die Kopplung der Dauer des Arbeitsverhältnisses mit dem Regelrentenalter ist daher eine gerechtfertigte Ungleichbehandlung. Für freie Mitarbeiter kann nichts anderes gelten, wenn sie regelmäßig beschäftigt worden sind. Dies trifft für den Kläger zu. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Konsequenz

Vor dem Hintergrund, dass es auf die konkrete wirtschaftliche Absicherung des Arbeitnehmers im Rentenalter nicht ankommt und ein allgemeiner Anstieg von Altersarmut zu verzeichnen ist, ist diese Rechtsprechung in Frage zu stellen. Dennoch ist Arbeitgebern stets die Aufnahme einer solchen Altersgrenze zu empfehlen, da anderenfalls das Arbeitsverhältnis mit Erreichen des Rentenalters nicht automatisch endet.

Keine Rechnungskorrektur ohne Rechnung

Keine Rechnungskorrektur ohne Rechnung

Kernaussage

Der Vorsteuerabzug ist erst möglich, wenn eine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt. Ist eine Rechnung fehlerhaft und wird diese in einem späteren Veranlagungszeitraum korrigiert, so besteht aufgrund der jüngsten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sowie des Bundesfinanzhofs (BFH) die Hoffnung, dass diese Korrektur rückwirkend im Hinblick auf den Vorsteuerabzug wirkt.

Sachverhalt

Der Klägerin, einer Verlagsgesellschaft, stand vertraglich das Recht zu, ihre Produkte in den Straßenbahnen und Bussen eines Verkehrsbetriebes zu vertreiben. Im Gegenzug verpflichtete sich die Klägerin, in ihren Produkten für den Verkehrsbetrieb zu werben. Die Parteien gingen davon aus, dass die jeweiligen Leistungen gleichwertig seien und stellten von 1999 bis 2006 hierüber keine Rechnungen aus. Die Rechnungsstellung und Deklaration dieses tauschähnlichen Umsatzes erfolgte erst im Jahr 2007. Das Finanzamt setzte daraufhin die Umsatzsteuer rückwirkend für die jeweiligen Jahre fest, während es den Vorsteuerabzug erst für das Jahr 2007 gewährte. U. a. unter Hinweis auf die oben genannte Rechtsprechung beantragte die Klägerin, den Vorsteuerabzug rückwirkend aus sachlichen Billigkeitsgründen zuzulassen. Hierdurch wollte sie die Verzinsung der Nachzahlungen für die Vorjahre vermeiden.

Entscheidung

Der BFH erteilt dem Ansinnen der Klägerin eine Absage. Denn eine Rechnungsberichtigung setzt voraus, dass eine ursprüngliche, zu korrigierende Rechnung vorliegt, was hier nicht der Fall war. Der Umstand, dass im Falle einer verspäteten Rechnungsstellung die Umsatzsteuer früher fällig sei, als der Empfänger der Leistung den Vorsteuerabzug geltend machen könne, ist nach Ansicht des BFH vom Gesetzgeber gewollt und kein Verstoß gegen den Neutralitätsgrundsatz der Umsatzsteuer.

Konsequenz

Zum einen zeigt der Fall die Risiken auf, die sich regelmäßig beim Tausch oder bei tauschähnlichen Umsätzen ergeben. Häufig unterbleibt die Abrechnung, da Leistung und Gegenleistung ausgeglichen sind. An den Vorsteuerabzug wird dabei nicht gedacht. Zum anderen bestätigt der BFH die herrschende Auffassung, dass die neue Rechtsprechung zu den Rechnungskorrekturen nicht auf Fälle der erstmaligen Inrechnungstellung anwendbar ist. Ob und unter welchen konkreten Voraussetzungen eine fehlerhafte Rechnung rückwirkend korrigiert werden kann, lässt der BFH allerdings nach wie vor offen.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin