Wirkung der Bekanntgabe von ErbSt-Bescheiden gegenüber Testamentsvollstrecker

Wirkung der Bekanntgabe von ErbSt-Bescheiden gegenüber Testamentsvollstrecker

Rechtslage

Ist ein Testamentsvollstrecker ernannt, hat dieser für die Erben die steuerlichen Pflichten zu erfüllen; insbesondere gibt er die Erbschaftsteuererklärung ab. Erbschaftsteuerbescheide sind ihm gegenüber verfahrensrechtlich bekannt zu geben. Für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten von Vermächtnisnehmern ist der Testamentsvollstrecker regelmäßig nicht zuständig. Etwas Anderes ergibt sich nur dann, wenn ihn eine Wahrnehmungspflicht trifft oder er die Erbschaftsteuererklärung auch für die Vermächtnisnehmer tatsächlich abgibt. Das Finanzgericht Düsseldorf hatte über eine Konstellation zu entscheiden, in der sich ein Vermächtnisnehmer auf die Nichtigkeit eines Erbschaftsteuerbescheides berief, weil dieser nicht gegenüber dem Testamentsvollstrecker bekannt gegeben worden war.

Sachverhalt

Über einen Nachlass war Dauertestamentsvollstreckung angeordnet, wobei der Testamentsvollstrecker nicht nur die Erfüllung von Vermächtnissen sicherstellen, sondern die Vermächtnisgegenstände im Rahmen der Dauervollstreckung auch noch verwalten sollte. Die vorzeitige Freigabe aus der Verwaltung war allerdings möglich. Der Kläger war im Zusammenhang mit einem zweiten, selbstständigen Erbfall Vermächtnisnehmer geworden. In diesem zweiten Erbfall gaben die Erben die Erbschaftsteuererklärung selbst ab, in der das Vermächtnis Berücksichtigung im Rahmen der Veranlagung fand. Gegen die gegenüber dem Vermächtnisnehmer unmittelbar festgesetzte Erbschaftsteuerveranlagung, der ein ungünstigeres Verwandtschaftsverhältnis zugrunde lag, legte der Kläger Einspruch ein und beantragte zulässigerweise, dass der Erbschaftsteuerveranlagung das für ihn günstigere Verwandtschaftsverhältnis aus dem ersten Erbfall zugrunde gelegt werden sollte. Der Erbschaftsteuerbescheid sei nichtig, weil er nicht dem Testamentsvollstrecker bekannt gegeben worden sei.

Entscheidung

Der Kläger unterlag vor dem Finanzgericht. Der Testamentsvollstrecker sei (zunächst) nur dann Zugangsvertreter, wenn er die Steuererklärung in Bezug auf diejenigen Personen abgegeben habe, die als Erben am Nachlass teilhaben. Dies gelte in der Regel nicht für die gegen einen Vermächtnisnehmer festzusetzende Erbschaftsteuer. Zwar müsse eine Bekanntgabe an den Testamentsvollstrecker dann erfolgen, wenn die Testamentsvollstreckung nicht nur auf Erfüllung des Vermächtnisses, sondern auch auf dessen Verwaltung gerichtet sei, was vorliegend der Fall war. Dennoch sei der Erbschaftsteuerbescheid im konkreten Fall nicht dem Testamentsvollstrecker bekannt zu geben gewesen. Denn aus dem Gesetz ergebe sich, dass die Regelungen über die Bekanntgabe von Steuerbescheiden gegenüber dem Testamentsvollstrecker nur dann eingreifen, wenn der Testamentsvollstrecker die Erbschaftsteuererklärung entweder tatsächlich abgegeben habe oder zumindest zur Abgabe der Erbschaftsteuererklärung verpflichtet war, was hier nicht der Fall war.

Konsequenz

Die Entscheidung zeigt die verfahrensrechtlichen Fallstricke in der Erbschaftsteuer. Der Vermächtnisnehmer ist verstärkt aufgefordert, sich um seine erbschaftsteuerlichen Angelegenheiten selbst zu kümmern. Allerdings ist die Revision ausdrücklich zugelassen worden.

Pauschale Zuschläge für Sonntags- oder Nachtarbeit nicht steuerfrei

Pauschale Zuschläge für Sonntags- oder Nachtarbeit nicht steuerfrei

Kernaussage

Nach § 3b Abs. 1 EStG sind neben dem Grundlohn gewährte Zuschläge steuerfrei, wenn sie für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit gezahlt werden. Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist allerdings, dass die Zuschläge neben dem Grundlohn geleistet werden; sie dürfen nicht Teil einer einheitlichen Entlohnung für die gesamte, auch an Sonn- und Feiertagen oder nachts geleistete Tätigkeit sein.

Sachverhalt

Der Kläger ist Flugkapitän. Sein Brutto-Monatsgehalt setzt sich entsprechend einem Kollektivvertrag aus Grundgehalt und einer Flugzulage i. H. v. 36,9 % des Grundgehalts zusammen. Zwischen den Tarifparteien wurde bzgl. der Flugzulage eine Widmung erstellt, in der eine Aufteilung nach Nachtarbeit, Samstagsarbeit, Sonntagsarbeit und für allgemeine Berufserschwernisse erfolgt. Die Zulagenkomponenten werden pauschal im Wege einer monatlich gleichbleibenden Flugzulage abgegolten. In seiner Einkommensteuererklärung erklärte der Kläger einen Teil der Zulage erfolglos als steuerfreie Nacht- und Sonntagsarbeit. Das Finanzgericht wies die gegen die Versagung der Anerkennung durch das beklagte Finanzamt gerichtete Klage zurück.

Entscheidung

Das Finanzgericht entschied, dass der Kläger keine nach § 3b EStG steuerfreien Zuschläge erzielt hat. Er hat neben dem Grundlohn keine Zuschläge für Nacht- und Sonntagsarbeit bezogen. Die streitige Flugzulage, die auch die Erschwernisse der Nacht- und Sonntagsarbeit entgilt, ist vielmehr Teil einer einheitlichen Entlohnung für die gesamte, auch nachts und sonntags, geleistete Tätigkeit. Im Streitfall steht das monatliche Entgelt des Klägers in keinem Bezug zu seiner tatsächlich erbrachten zuschlagswürdigen Arbeitsleistung. Grundgehalt und Flugzulage werden vielmehr ungeachtet der Einsatzzeiten des Klägers in stets gleicher Höhe geschuldet. Außerdem wird diese monatlich gleichbleibende Pauschale auch im Rahmen der Urlaubs- und Weihnachtssonderzahlung sowie im Krankheitsfall gewährt.

Konsequenz

Zuschläge für Sonntags- und Nachtarbeit sind nur dann und insoweit steuerfrei, als sie den im Einzelnen ermittelten Zuschlägen für tatsächlich geleistete Stunden zu diesen Zeiten entsprechen. Daher sollten diese Zeiten dokumentiert und entsprechend separat abgerechnet werden, um die Steuerfreiheit in Anspruch nehmen zu können.

Deutschland muss Erbschaftsteuerbestimmungen ändern

Deutschland muss Erbschaftsteuerbestimmungen ändern

Aufgaben der Europäischen Kommission

Die Europäische Kommission ist ein überstaatliches Organ der Europäischen Union (EU). In deren politischem System nimmt sie Aufgaben der Exekutive wahr, hat aber auch noch weitere Funktionen, insbesondere besitzt sie das alleinige Initiativrecht für die EU-Rechtsetzung. Als „Hüterin der Verträge“ überwacht sie die Einhaltung des Europarechts durch die EU-Mitgliedstaaten und kann gegebenenfalls Klage beim Europäischen Gerichtshof erheben.

Rechtsverletzung durch den deutschen Staat

In dieser Eigenschaft hat die Europäische Kommission Deutschland förmlich aufgefordert, seine Erbschaft- und Schenkungsteuerbestimmungen zu ändern, weil damit Bewohner anderer EU-Mitgliedstaaten diskriminiert werden, was wiederum einen Verstoß gegen das EU-Recht auf freien Kapitalverkehr darstellt. Diese Aufforderung der Kommission ergeht in Form einer mit Gründen versehenen Stellungnahme, was den zweiten Schritt eines EU-Vertragsverletzungsverfahrens darstellt. Sollte die Kommission binnen zweier Monate keine zufriedenstellende Antwort erhalten, kann sie Deutschland beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) verklagen.

Hintergrund des Vertragsverletzungsverfahrens

Nach deutschem Recht wird in Deutschland ansässigen Deutschen bei der Erbschaftsteuer je nach Verwandtschaftsgrad ein Freibetrag in Höhe von 500.000 EUR gewährt. Der Freibetrag beträgt jedoch nur 2.000 EUR, wenn sowohl der Erblasser als auch der Erbe ihren Wohnsitz nicht in Deutschland haben. Dies gilt im Fall der Schenkungsteuer entsprechend. Nach Ansicht der EU-Kommission sind diese Bestimmungen diskriminierend und stellen eine ungerechtfertigte Beschränkung des freien Kapitalverkehrs dar. Dieser Grundsatz ist in Artikel 63 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und Artikel 40 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum niedergelegt. Die Kommission macht geltend, dass derartige Bestimmungen im Ausland ansässige Deutsche davon abhalten könnten, in Deutschland zu investieren. Die Reaktion des deutschen Staates bleibt nun abzuwarten.

Eheliche und nichteheliche Kinder erben gleich

Eheliche und nichteheliche Kinder erben gleich

Erbrechtliche Gleichstellung nichtehelicher Kinder

Mitte März 2011 hat der Bundesrat den Gesetzesentwurf zur erbrechtlichen Gleichstellung nichtehelicher Kinder angenommen. Nichteheliche und eheliche Kinder erben nunmehr rückwirkend ab Mitte des Jahres 2009 gleich. Der Gesetzesentwurf basiert auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) aus Mai 2009.

Alte Rechtslage

Grundsätzlich gilt im deutschen Erbrecht schon länger die Gleichstellung von ehelichen und nichtehelichen Kindern, mit einer Ausnahme: nach dem „Gesetz über die rechtliche Stellung der nichtehelichen Kinder vom 19.8.1969“ steht nichtehelichen Kindern, die vor dem 1.7.1949 geboren sind, kein gesetzliches Erbrecht nach ihren Vätern oder dessen Verwandten zu, wenn diese am 2.10.1990 in der damaligen BRD gelebt haben. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte am 28.5.2009 festgestellt, dass diese Ungleichbehandlung im deutschen Erbrecht der europäischen Menschenrechtskonvention widerspricht. Eine Gesetzesreform war daher notwendig geworden.

Neue Rechtslage

Nach dem Gesetzesentwurf werden alle vor dem 1.7.1949 geborenen nichtehelichen Kinder zukünftig gesetzliche Erben ihrer Väter. Für Erbfälle, die vor dem Verkünden der neuen Gesetzeslage eingetreten sind, müssen Besonderheiten gelten: weil das Vermögen auf die nach alter Rechtslage berufenen Erben übergegangen ist, kann es nur in äußerst engen verfassungsrechtlichen Grenzen wieder entzogen werden. Das Gesetz tritt rückwirkend zum 29.5.2009 in Kraft; die Neuregelung ist also auf Erbfälle erweitert worden, die nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte eingetreten sind. Lag der Erbfall vor dem Entscheidungsdatum, muss es wegen des grundgesetzlich normierten Rückwirkungsverbots bei der alten Rechtslage bleiben. Nur wenn der Staat selbst Erbe geworden ist (weil etwa keine anderen Erben vorhanden waren), haben die nichtehelichen Kinder des Erblassers Anspruch auf Auszahlung des Wertes des Vermögens.

Falsche Anrede bei Absage keine Diskriminierung

Falsche Anrede bei Absage keine Diskriminierung

Rechtslage

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gewährt einem aufgrund einer diskriminierenden Entscheidung abgelehnten Bewerber einen Schadensersatzanspruch. Das Arbeitsgericht Düsseldorf hatte nunmehr darüber zu befinden, ob bei einem Bewerber mit Migrationshintergrund bereits bei einer falschen Anrede eine Diskriminierung vorliegen könnte.

Sachverhalt

Die Klägerin hat – an ihrem Namen erkennbar – einen Migrationshintergrund. Ihre Bewerbung war vom beklagten Arbeitgeber abgelehnt worden, wobei das Ablehnungsschreiben mit „Sehr geehrter Herr …“ begann. Die Klägerin leitete aus der falschen Anrede eine Diskriminierung wegen ihrer ethnischen Herkunft ab. Die eingereichte Bewerbung sei eindeutig gewesen. Die falsche Anrede belege damit, dass ihre Bewerbung wegen des an ihrem Namen erkennbaren Migrationshintergrunds von vornherein aussortiert und keines Blickes gewürdigt worden sei. Sie unterlag vor dem Arbeitsgericht.

Entscheidung

Das Gericht urteilte, dass es für den Nachweis einer Benachteiligung aufgrund der Beweiserleichterungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes zwar ausreiche, Tatsachen vorzutragen, aus denen sich nach allgemeiner Lebenserfahrung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine solche Benachteiligung ergibt. Der Vortrag der Klägerin reiche hierfür aber nicht aus. Die Verwechslung in der Anrede lasse keine Benachteiligung wegen der ethnischen Herkunft vermuten, weil es mindestens genauso wahrscheinlich sei, dass es sich um einen schlichten Fehler bei der Bearbeitung des Schreibens handele.

Konsequenz

Die Entscheidung ist im Ergebnis richtig, sie zeigt aber – es war ein Urteil erforderlich – welche Reichweite die Beweiserleichterungsregelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes haben können.

Keine freie Rechtswahl bei grenzüberschreitenden Arbeitsverhältnissen

Keine freie Rechtswahl bei grenzüberschreitenden Arbeitsverhältnissen

Rechtslage

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in einer aktuellen Entscheidung zur Frage der Zulässigkeit einer Rechtswahl im Arbeitsrecht und zu den Kriterien, nach denen sich der Mittelpunkt des Arbeitsverhältnisses bei grenzüberschreitender Tätigkeit im Bereich der Europäischen Union bestimmt, entschieden.

Sachverhalt

Der Kläger wohnte in Deutschland und war bei einem luxemburgischen Arbeitgeber als Lkw-Fahrer im internationalen Speditionsgeschäft beschäftigt; die Abstellplätze für die LKW befanden sich in Deutschland, wo der Arbeitgeber aber weder einen Gesellschaftssitz noch Geschäftsräume unterhält. Die Lkw waren in Luxemburg zugelassen, die Fahrer sind der luxemburgischen Sozialversicherung angeschlossen. Der bestehende Arbeitsvertrag sah die Anwendbarkeit luxemburgischen Rechts vor. Aufgrund angekündigter Restrukturierungsmaßnahmen gründeten die Beschäftigten in Deutschland einen Betriebsrat, dem der Kläger angehörte, bevor ihm gekündigt wurde. In seiner Kündigungsschutzklage macht der Kläger die Anwendbarkeit deutschen Rechts geltend, nach dem er als Betriebsratsmitglied (anders als in Luxemburg) Sonderkündigungsschutz genießt.

Entscheidung

Nach Vorlage durch das nationale Gericht (geklagt worden war in Luxemburg) entschied der Europäische Gerichtshof, dass das Recht des Staates maßgeblich ist, in dem der Arbeitnehmer seine Verpflichtungen im Wesentlichen erfülle. Zwar sei eine Rechtswahl auch im Arbeitsrecht möglich. Diese dürfe aber nicht dazu führen, dass dem Arbeitnehmer der Schutz entzogen wird, der ihm durch das Recht gewährt wird, das anzuwenden wäre, wenn die Rechtswahl nicht erfolgt sei. Für das Arbeitsrecht sei daher primär darauf abzustellen, in welchem Staat der Arbeitnehmer „gewöhnlich seine Arbeit verrichtet“. Das ist der Ort, an dem oder von dem aus der Arbeitnehmer seine berufliche Tätigkeit tatsächlich ausübt, und, wenn ein solcher Mittelpunkt nicht feststellbar ist, der Ort, an dem der Arbeitnehmer den größten Teil seiner Arbeit ausübt. Dabei sei das Kriterium des Orts der Ausübung der beruflichen Tätigkeit zum Schutz der Arbeitnehmer weit auszulegen. Im Streitfall sei daher zu ermitteln, in welchem Staat sich der Ort befinde, von dem aus der Kläger seine Transportfahrten durchführt, wo sich die Arbeitsmittel befinden, sowie an welche Orte die Waren hauptsächlich transportiert werden, wo sie entladen werden, wohin der Arbeitnehmer nach seinen Fahrten zurückkehrt und von woher Anweisungen zu diesen Fahrten ergehen. Eine Gesamtschau dieser Kriterien und ihre Gewichtung durch das Gericht führten dann zur Entscheidung, wo der Ort des Arbeitsverhältnisses liege und welches Recht anwendbar sei.

Konsequenz

Eine Rechtswahl im Arbeitsrecht ist zwar auch nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes möglich und zulässig. Spätestens dann aber, wenn grenzüberschreitend Leistungen erbracht werden oder mehrere Tätigkeitsorte existieren, muss der tatsächliche Mittelpunkt des Arbeitsverhältnisses, der dann auch das anwendbare Arbeitsrecht bestimmt, im Rahmen einer Gesamtabwägung bestimmt werden. Dabei darf die Rechtswahl nicht zum Verlust von Arbeitnehmerrechten führen.

Schulungskosten von Betriebsratsmitgliedern in deren Muttersprache

Schulungskosten von Betriebsratsmitgliedern in deren Muttersprache

Kernfrage

Das Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) hat insbesondere die Aufgaben, Rechte und Pflichten des Betriebsrates zu regeln. Ein Ziel des Gesetzes ist, den Betriebsrat (und das einzelne Betriebsratsmitglied) in eine Lage zu versetzen, die eine ordnungsgemäße Wahrnehmung der Rechte und Pflichten ermöglicht. Das Arbeitsgericht Berlin hatte aktuell darüber zu entscheiden, ob deshalb auch die Schulungskosten von Betriebsratsmitgliedern in deren Muttersprache vom Arbeitgeber zu übernehmen sind.

Sachverhalt

Dem beim Arbeitgeber bestehenden Betriebsrat gehören 2 Ausländer (hier: US Amerikaner) an. Da diese nicht über ausreichend deutsche Sprachkenntnisse verfügten, entsandte der Betriebsrat sie zu einer in englischer Sprache durchgeführten 3-tägigen Schulung, die Grundkenntnisse im Arbeits- und Betriebsverfassungsrecht vermitteln sollte. Der Arbeitgeber weigerte sich, die Kosten von 1.600 EUR je Schulungstag zu übernehmen. Der Betriebsrat gewann das gegen diese Entscheidung eingeleitete Beschlussverfahren vor dem Arbeitsgericht.

Entscheidung

Der Betriebsrat, dem ein Beurteilungsspielraum zustehe, so das Gericht, habe annehmen dürfen, dass die Teilnahme der beiden Betriebsratsmitglieder an der Schulung erforderlich war. Denn diese habe die für die Betriebsratsarbeit erforderlichen Kenntnisse vermittelt. Auch die Schulung in englischer Sprache sei erforderlich gewesen, da die beiden Ausländer einer in deutscher Sprache durchgeführten Schulung nicht in der gebotenen Weise hätten folgen können. Das gelte umso mehr, weil es sich beim Arbeits- und Betriebsverfassungsrecht um eine komplexe Materie handele. Denn von Betriebsratsmitgliedern könne nicht verlangt werden, ihr Amt nur bei ausreichenden Kenntnissen der deutschen Sprache auszuüben.

Konsequenz

Die Entscheidung überrascht vor dem Hintergrund der Zielsetzung des Betriebsverfassungsgesetzes wenig, macht aber deutlich, wie kostspielig ein Betriebsrat sein kann. Die Entscheidung ist zwar noch nicht rechtskräftig, dürfte allerdings angesichts der Tatsache, dass eine Entscheidung zu Ungunsten des Betriebsrates als „mittelbare“ Beschränkung der passiven Wahlberechtigung angesehen werden könnte, Bestand haben.

Kein Wegfall der Steuervergünstigungen nach § 13a ErbStG (alte Fassung)

Kein Wegfall der Steuervergünstigungen nach § 13a ErbStG (alte Fassung)

Kernfrage

Das alte Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht (bis 31.12.2008) sah sogenannte Behaltensfristen (5 Jahre) vor, die eingehalten werden mussten, um erhaltene Betriebsvermögensprivilegien zu bewahren. Vergleichbare Regelungen existieren auch im neuen Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte nunmehr darüber zu entscheiden, inwieweit Umwandlungsvorgänge nach dem Umwandlungsgesetz steuerschädliche Veräußerungen darstellen.

Sachverhalt

Der Kläger erhielt im Wege der vorweggenommenen Erbfolge diverse Unternehmensbeteiligungen, die kurz nach der Übertragung zum Teil umgewandelt und zum Teil verschmolzen wurden. Ein (umgewandeltes) Unternehmen wurde 2 Jahre später in ein anderes Unternehmen eingebracht. Das beklagte Finanzamt setzte die Schenkungsteuer in Unkenntnis der Umwandlungsvorgänge zunächst unter Gewährung der Betriebsvermögensprivilegien auf 0 EUR fest. Mit Kenntnis der Umwandlungsvorgänge wurden die Privilegien versagt und Schenkungsteuer festgesetzt. Der Kläger obsiegte schließlich vor dem Bundesfinanzhof.

Entscheidung

Die Betriebsvermögensprivilegien fallen mit Wirkung für die Vergangenheit unter anderem weg, soweit der Erwerber eine Beteiligung innerhalb von 5 Jahren nach dem Erwerb veräußert. Aus den Privilegierungsregelungen ergebe sich aber, dass die im Erbschaftsteuergesetz genannten Umwandlungsmaßnahmen als solche keine zum rückwirkenden Wegfall der Steuervergünstigungen führenden Veräußerungen darstellen. Dies sei gewollt, weil Umwandlungen die Bindung des begünstigt erworbenen Vermögens in einem Unternehmen unberührt lassen und daher der Zweck der Steuervergünstigungen unverändert fortbesteht. Daran ändere sich auch nichts, wenn – wie im Streitfall – mehrere Umwandlungsvorgänge innerhalb der Behaltensfrist vorgenommen würden, solange das steuerbegünstigt erworbene Vermögen auch in einem solchen Fall weiterhin in einem Unternehmen gebunden bleibe und frei verwendet werden könne.

Konsequenz

Die Entscheidung ist positiv, weil sie Umstrukturierungen innerhalb der erbschaft- bzw. schenkungsteuerlichen Behaltensfrist möglich macht. Eines muss allerdings immer gewährleistet sein: Das privilegierte Betriebsvermögen muss in einem Unternehmen, an dem der ursprüngliche Erwerber unverändert beteiligt ist, verbleiben.

Lohnsteuerliche Behandlung der Überlassung von Firmenfahrzeugen

Lohnsteuerliche Behandlung der Überlassung von Firmenfahrzeugen

Kernproblem

Wird dem Arbeitnehmer ein Dienstwagen zur Verfügung gestellt, bemisst sich der geldwerte Vorteil der privaten Nutzung typisierend mit monatlich 1 % des Pkw-Listenpreises. Kann der Wagen auch für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt werden, erhöht sich der Sachbezug um monatlich 0,03 % des Listenpreises für jeden Entfernungskilometer. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte zuletzt in 3 Urteilen seine Rechtsauffassung aus dem Jahr 2008 bestätigt, nach der die 0,03 %-Zuschlagsregelung nur einen Korrekturposten für abziehbare Werbungskosten darstelle und sie daher nur dann und insoweit zur Anwendung käme, wie der Dienstwagen tatsächlich für solche Fahrten genutzt worden sei. In den 3 Streitfällen waren die Fahrzeuge lediglich zwischen 60 und 100 Tage für Fahrten zur Arbeit genutzt worden. Die frühere Rechtsprechung des BFH wurde jedoch von der Finanzverwaltung mit einem Nichtanwendungserlass belegt; lediglich bei „Park an Ride“ wollte man bei Vorlage einer Jahresbahnfahrkarte von verminderten Entfernungskilometern ausgehen. Jetzt musste das BMF klein beigeben und hat der Anwendung mit folgenden Vorgaben zugestimmt.

Zeitliche Anwendung

Der Lohnsteuerabzug des Jahres 2010 soll nicht mehr geändert werden. Im Veranlagungsverfahren aber ist die Rechtsprechung in allen offenen Fällen anwendbar. Das bedeutet, dass der hiervon betroffene Arbeitnehmer jetzt entgegen dem Ausweis in der Lohnsteuerbescheinigung des Arbeitgebers eine Herabsetzung seines Bruttoarbeitslohns erreichen muss. Praktische Probleme sind vorprogrammiert. Ab 2011 kann der Arbeitgeber die Rechtsprechung auch für den Lohnsteuerabzug anwenden und in Abstimmung mit dem Arbeitnehmer für jedes Kalenderjahr einheitlich festlegen; während des Jahres ist ein Wechsel nicht möglich (einmalige Ausnahme in 2011). Der Arbeitnehmer kann aber im Veranlagungsverfahren die Methode wechseln. Einen monatlichen Wechsel lässt auch hier das BMF nicht zu. Will man jedoch auch die Sozialversicherungsbeiträge schmal halten, sollte tunlichst bereits im Abzugsverfahren eine Günstigerprüfung durchgeführt werden.

Materielle Anwendung

Für den Fall der Einzelbewertung der Fahrten verlangt das BMF im Lohnsteuerabzugsverfahren Nachweise des Arbeitnehmers, die mit zum Lohnkonto zu nehmen sind. So soll z. B. monatlich eine fahrzeugbezogene Erklärung mit Datumsangabe der Fahrten zur Arbeitsstätte erstellt werden. Aus Vereinfachungsgründen kann für den Lohnsteuereinbehalt die Erklärung des Vormonats zugrunde gelegt werden. Kompliziert wird es bei der Berechnung des Sachbezugs. Wer geglaubt hat, monatlich werde von höchstens 15 Tagen zu je 0,002 % ausgegangen, sieht sich getäuscht. Die Verwaltung will stattdessen von einer jahresbezogenen Begrenzung auf 180 Tage ausgehen. Das BMF-Schreiben enthält hierzu einige Beispiele. So kann es passieren, das unterjährig bei mehr als 15 monatlichen Fahrten ein Sachbezug von über 0,03 % anfällt (z. B. bei 19 Fahrten zu 0,002 % = 0,038 %) und mögliche Vorteile dann erst zum Ende des Jahres durch Kappung auf 180 Tage winken. Bei bisheriger Anwendung der Altregelung kann jetzt in 2011 noch einmal gewechselt werden; die 180 Tage werden zeitanteilig gemindert. Wird erst im Veranlagungsverfahren gewechselt, kann es richtig kompliziert werden, denn es ist nachzuweisen, wie der Arbeitgeber den Zuschlag bisher ermittelt hat.

Konsequenz

Die Lohnbüros werden sich wohl oder übel sofort mit dem BMF-Schreiben auseinandersetzen müssen, denn hier gibt es unmittelbare Folgen für Lohnsteuer, Sozialversicherung und Pauschalierung auf Fahrten zur Arbeitsstätte. Auch in offenen Veranlagungsfällen sollte man sich nicht mehr ohne Weiteres auf die Lohnsteuerbescheinigung verlassen und Nutzer von Dienstwagen, insbesondere Außendienstler, hierzu befragen.

Bank muss Auskunft über „vergessenes“ Sparbuch erteilen

Bank muss Auskunft über „vergessenes“ Sparbuch erteilen

Kernaussage

In einem Rechtsstreit über ein „vergessenes“ Sparbuch hat der Inhaber die Existenz des Guthabens durch Vorlage des Sparbuchs grundsätzlich nachgewiesen. Die Bank hat nachzuweisen, dass das Guthaben ausgezahlt wurde. Wird die Echtheit der Urkunde oder die Zeichnungsberechtigung der Bankmitarbeiter bestritten, sind hieran hohe Anforderungen zu stellen. Es gibt zudem keinen Erfahrungssatz, dass ein Sparkonto als aufgelöst zu behandeln ist, wenn der Inhaber jahrzehntelang keine Eintragungen vornimmt. Dies entschied kürzlich das Oberlandesgericht Frankfurt a. M.

Sachverhalt

Der Kläger ist als Erbe seines verstorbenen Vaters im Jahr 2007 in den Besitz eines Sparbuches gekommen. Die zugrundeliegende Darlehensforderung in Höhe von rd. 106.000 DM wurde im Jahr 1959 begründet. Seit diesem Zeitpunkt wurden keine Umsätze für das Sparguthaben getätigt. Der Kläger verlangt von der Bank nach Auskunftserteilung die Auszahlung des Guthabens nebst angefallenen Zinsen. Die beklagte Bank bestreitet die Echtheit des Sparbuches, die Echtheit der darin enthaltenden Unterschriften der Bankmitarbeiter sowie deren Zeichnungsberechtigung. In ihren Aufzeichnungen und Archiven ließen sich keine Anhaltspunkte dafür finden, dass die im Sparbuch ausgewiesene Forderung jemals bestanden habe, so die Bank. Der gerichtlich bestellte Sachverständige bestätigte die Echtheit der Urkunde, der Kläger gewann den Rechtsstreit.

Entscheidung

Es liegt im Verantwortungsbereich der beklagten Bank, für das Bestreiten der Echtheit von Unterschriften in einem Sparbuch geeignete Geschäftsunterlagen aufzubewahren, auch wenn die handelsrechtlichen Aufbewahrungsfristen längst abgelaufen sind. An die Erschütterung eines Beweiswertes eines Sparbuchs sind hohe Anforderungen zu stellen. Der Auszahlungsanspruch ist zudem nicht verjährt. Dieser entsteht nämlich erst mit der Kündigung. Ebenso sind die aufgelaufenen Zinsen nicht verjährt, denn diese werden im Sparverkehr grundsätzlich zum Ende eines Kalendervierteljahres gutgeschrieben und der Sacheinlage zugerechnet. Die im Sparguthaben enthaltenden Zinsen unterliegen daher der gleichen Verjährung wie das übrige Sparkapital.

Konsequenz

Die Entscheidung ist sehr zu begrüßen. Insbesondere in Erbfällen ist es nicht unüblich, dass Sparbücher über einen längeren Zeitraum nicht vorgelegt wurden und umsatzlos verblieben. Die Banken können sich ihrer Auszahlungspflichten nicht ohne weiteres entziehen.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin