Betriebserwerber haften nicht für Beitragsschulden des Veräußerers

Betriebserwerber haften nicht für Beitragsschulden des Veräußerers

Rechtslage

Wird ein Betrieb übernommen und wechselt dabei der Arbeitgeber, dann haftet der neue Arbeitgeber gegenüber den Arbeitnehmern aus den gesetzlichen Regelungen zum Betriebsübergang auf die Erfüllung der Arbeitnehmer-Ansprüche aus den übergehenden Arbeitsverhältnissen. Das Landessozialgericht Bayern hatte nunmehr darüber zu befinden, ob diese Haftung des Betriebsübernehmers auch für etwaige Beitragsrückstände des ehemaligen Arbeitgebers bei den gesetzlichen Sozialversicherungen gilt.

Sachverhalt

Auf der Grundlage einer Betriebsprüfung bei einem Zeitarbeitsunternehmen wurden erhebliche Nachzahlungen zu den Sozialversicherungen festgesetzt, die in erheblichem Umfang aus der Zeit vor einem Betriebsübergang stammten. Gegen die Inanspruchnahme aus Vor-Betriebsübergangs-Schulden wandte sich der neue Arbeitgeber und obsiegte vor dem Landessozialgericht.

Entscheidung

Der Betriebserwerber kann nicht für Beitragsschulden des Betriebsveräußerers in Anspruch genommen werden, weil die Beitragsschulden nicht gemäß den arbeitsrechtlichen Regelungen über den Betriebsübergang auf ihn übergegangen sind. Zwar gehen die Pflichten aus den Arbeitsverhältnissen auf den Betriebserwerber über, nicht aber eventuelle Beitragsrückstände zur Sozialversicherung. Dies gilt auch nicht mit Rücksicht auf die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung, weil die arbeitsrechtlichen Bestimmungen als Spezialregelungen alleine auf das Arbeitgeber/Arbeitnehmer-Verhältnis wirken. Auch die handelsrechtliche Haftungsnorm bei Firmenfortführung kann nicht zugunsten der Sozialversicherung herangezogen werden, weil diese alleine Geschäftsverbindlichkeiten nicht aber öffentlich-rechtliche Beiträge erfasst. Entsprechendes gilt für steuerrechtliche Haftungsnormen des Betriebserwerbers.

Konsequenz

Die Entscheidung schafft Sicherheit für den Betriebserwerber bei Betriebsübergängen. Hingewiesen wird darauf, dass die Sozialversicherungsträger verfahrensrechtlich ein Urteil verhindert haben. Im Einzelfall ist davon auszugehen, dass eine Inanspruchnahme weiterhin versucht werden wird.

Fristlose Kündigung wegen eigenmächtigen Urlaubs?

Fristlose Kündigung wegen eigenmächtigen Urlaubs?

Kernaussage

Fährt ein Arbeitnehmer ohne vorherige Zustimmung seines Arbeitgebers eigenmächtig in Urlaub, stellt dieses Verhalten eine schwerwiegende Verletzung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten dar. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg entscheid nun, dass eine solche Pflichtverletzung nicht immer eine außerordentliche Kündigung rechtfertigt.

Sachverhalt

Die Klägerin war seit über 30 Jahren bei der beklagten Bundesagentur für Arbeit beschäftigt und nach dem auf ihren Arbeitsvertrag anwendbaren Tarifvertrag ordentlich unkündbar. Seit dem Spätsommer 2009 war sie wegen körperlicher und psychischer Beschwerden arbeitsunfähig. Im Januar 2010 erklärte sie gegenüber dem beklagten Arbeitgeber, voraussichtlich ab Ende Februar 2010 wieder arbeitsfähig zu sein, jedoch auf Anraten ihres Arztes bis Mitte März 2010 zur besseren Genesung in Urlaub fahren zu wollen. Die Beklagte bewilligte den Urlaub nicht und drohte arbeitsrechtliche Konsequenzen an, falls die Klägerin nicht Ende Februar zur Arbeit erscheine. Diese trat den Urlaub dennoch an, verlängerte ihn zudem und kündigte an, direkt im Anschluss daran eine Reha-Maßnahme anzutreten. Mitte März kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos. Das Landesarbeitsgericht gab der hiergegen gerichteten Klage statt.

Entscheidung

Durch die unwirksame Kündigung wurde das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst. Zwar hat sich die Klägerin bewusst darüber hinweggesetzt, dass die beklagte Arbeitgeberin deutlich gemacht hatte, eine Selbstbeurlaubung werde arbeitsrechtliche Konsequenzen haben. Hier wäre jedoch lediglich eine fristgerechte Kündigung angemessen gewesen. Zugunsten der Klägerin sprechen die lange Betriebszugehörigkeit, während der es zu keinerlei Beanstandungen gekommen war und der Umstand, dass sie geglaubt hatte, noch nicht wieder vollständig gesund zu sein und deshalb des Urlaubs dringend zu bedürfen. Eine Umdeutung der fristlosen in eine ordentliche Kündigung kam allerdings nicht in Betracht, da der Arbeitsvertrag der Klägerin ordentlich nicht kündbar war.

Konsequenz

Auch bei einer eigenmächtigen Selbstbeurlaubung kann dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar sein. Dies kann dann der Fall sein, wenn der Arbeitnehmer lange Zeit arbeitsunfähig erkrankt war und glaubt, zur endgültigen Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit eines Urlaubs zu bedürfen.

Muslimische Arbeitnehmer haben Anspruch auf alkoholfreien Arbeitsplatz

Muslimische Arbeitnehmer haben Anspruch auf alkoholfreien Arbeitsplatz

Kernaussage

Arbeitnehmer muslimischen Glaubens können berechtigt sein, das Arbeiten mit alkoholischen Getränken zu verweigern. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte nunmehr die Gelegenheit, Stellung dazu zu nehmen, unter welchen Voraussetzungen in diesem Fall ein Arbeitsverhältnis gekündigt werden kann.

Sachverhalt

Der Kläger, ein gläubiger Moslem, war im Warenhaus der Beklagten seit 2003 im Getränkebereich eingesetzt; ob er dabei mit Alkohol in Berührung kam, ist nach wie vor streitig. Nach einer Versetzung in die Frischwarenabteilung erkrankte er häufig wegen der kühlen Temperaturen und wurde von der Beklagten angewiesen, wieder in der Getränkeabteilung zu arbeiten. Dies verweigerte der Kläger unter Berufung auf seinen Glauben, der ihm jeglichen Umgang mit alkoholischen Getränken untersage. Nach erfolglosen Aufforderungen kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos, vorsorglich ordentlich unter Einhaltung der vertraglichen Kündigungsfrist. Der Kläger fühlte sich in seinem Grundrecht auf Religionsfreiheit (Art. 4 Grundgesetz) verletzt und verlangte Weiterbeschäftigung. Das Bundesarbeitsgericht hielt den Sachverhalt schließlich noch für weiter aufklärungsbedürftig.

Entscheidung

Ob die Weigerung des Klägers, in der Getränkeabteilung zu arbeiten, eine Kündigung rechtfertigte, konnte nicht abschließend entschieden werden. Generell kann eine solche Weigerung auch dann ein Kündigungsgrund sein, wenn keine naheliegenden anderen Beschäftigungsmöglichkeiten bestehen. Teilt der Arbeitnehmer die genauen religiösen Gründe mit und benennt die Tätigkeiten, an denen er sich gehindert sieht, muss ihm der Arbeitgeber eine andere Tätigkeit zuweisen, wenn die betriebliche Organisation eine Beschäftigung zulässt, die die religionsbedingten Einschränkungen berücksichtigt. Weil der Kläger hier noch nicht dargelegt hatte, welche konkrete Tätigkeit ihm seine Religion verbietet, konnte nicht abschließend geklärt werden, welche andere Arbeit ihm hätte übertragen werden können.

Konsequenz

Eine Kündigung von muslimischen Arbeitnehmern, die das Arbeiten mit alkoholischen Getränken verweigern, darf nur dann erfolgen, wenn ihnen im Rahmen der Betriebsorganisation keine andere Tätigkeit zugewiesen werden kann, die sie ohne Glaubenskonflikt verrichten können. Der betreffende Arbeitnehmer muss aber in jedem Fall darlegen, an welchen konkreten Tätigkeiten er aus religiösen Gründen gehindert ist. Nur so kann der Arbeitgeber eventuell freie Arbeitsplätze prüfen.

Altersgrenze in Tarifverträgen von 65 Jahren ist zulässig

Altersgrenze in Tarifverträgen von 65 Jahren ist zulässig

Kernaussage

In vielen Tarifverträgen existiert eine Altersgrenze, wonach das Arbeitsverhältnis mit Vollendung eines bestimmten Lebensjahres endet. Das Landesarbeitsgericht Hamburg entschied nun, dass eine tarifliche Altersgrenze von 65 Jahren wirksam ist.

Sachverhalt

Auf das Arbeitsverhältnis des Klägers bei der Hamburger Hochbahn AG fand deren Manteltarifvertrag Anwendung. Dort war bestimmt, dass die Arbeitsverhältnisse mit Vollendung des 65. Lebensjahres enden. Der Kläger verlangte seine Beschäftigung über die Altersgrenze hinaus und stützte sein Begehren auf die Ansicht, die Regelung verstoße gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Das hamburgische Landesarbeitsgericht wies die Klage ab.

Entscheidung

Nach Auffassung der Richter steht dem Kläger kein Anspruch auf Weiterbeschäftigung über die tarifliche Altersgrenze hinaus zu. Die Altersgrenze stellt eine Befristung des Arbeitsverhältnisses bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze dar, was nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts durch einen in der Person des Arbeitnehmers liegenden Grund gerechtfertigt ist (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG). Eine nach dem Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) unzulässige Ungleichbehandlung wegen des Alters liegt ebenfalls nicht vor. Nach den gesetzlichen Bestimmungen (§ 10 AGG) ist eine unterschiedliche Vereinbarung dann zulässig, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorgesehen ist, zu dem der Arbeitnehmer eine Altersrente beantragen kann. Die unterschiedliche Vereinbarung muss dabei objektiv, angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt sein; die Mittel zur Erreichung des Ziels müssen ebenfalls angemessen und darüber hinaus erforderlich sein. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Konsequenz

Die Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes stellen europarechtskonforme Grundlagen für tarifvertragliche Altersgrenzen dar. Damit sollen, wie hier im Tarifvertrag der Hamburger Hochbahn AG, regelmäßig die Verteilung der Beschäftigung zwischen den Generationen gefördert und die Arbeitslosigkeit reduziert werden. Diese Ziele gehen unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht über das hinaus, was zur Erreichung des verfolgten Ziels erforderlich ist, wenn der weite Ermessensspielraum beachtet wird, der den Mitgliedstaaten und den Sozialpartnern auf dem Gebiet der Sozial- und Beschäftigungspolitik eröffnet ist.

BMF zur Ortsbestimmung von sonstigen Leistungen nach dem JStG 2010

BMF zur Ortsbestimmung von sonstigen Leistungen nach dem JStG 2010

Einführung

Durch das JStG 2010 wurden mit Wirkung vom 1.1.2011 u. a. die Regelungen zur Bestimmung des Ortes sonstiger Leistungen geändert. Das BMF hat nun hierzu Stellung bezogen.

Neue Verwaltungsanweisung

Das Schreiben des BMF befasst sich im Wesentlichen mit der Besteuerung von Veranstaltungsleistungen (z. B. kulturellen, wissenschaftlichen, sportlichen Veranstaltungen, Messen etc.) sowie der Gewährung von Eintrittsberechtigungen zu solchen Veranstaltungen. Ergänzt werden diese Ausführungen durch Hinweise zur Rechnungsstellung zum Jahreswechsel 2010/2011. Ferner erläutert das Schreiben die umsatzsteuerliche Erfassung bestimmter Dienstleistungen (z. B. Reparaturen, Güterförderungen), die in Drittländern ausgewertet und genutzt werden.

Konsequenz

Unternehmer, die solche Dienstleistungen erbringen bzw. beziehen, müssen sich mit den gesetzlichen Neuregelungen sowie den Inhalten des BMF-Schreibens auseinandersetzen. Von besonderer Bedeutung sind hierbei die Ausführungen des BMF zur Veranstaltung von Messen sowie der Gewährung von Eintrittsberechtigungen zu Veranstaltungen, da die dort getroffenen Regelungen nicht dem UStG zu entnehmen sind.

Behandlung der Vorsteuer bei Durchschnittssatzermittlern

Behandlung der Vorsteuer bei Durchschnittssatzermittlern

Sachverhalt

Die Kläger bewirtschaften einen Weinbaubetrieb und erzielen insofern Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Ein durch Veräußerung von Grundstücken entstandener Gewinn wurde in eine Rücklage gemäß § 6c EStG eingestellt. Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagungen der Folgejahre löste das Finanzamt die Rücklage Gewinn erhöhend auf. Hiergegen richtete sich der Einspruch. Der Kläger beantragte die Übertragung der Rücklage auf Neuanschaffungen und legte hierfür ein Investitionsverzeichnis vor. Das Finanzamt folgte dem Antrag des Steuerpflichtigen, jedoch lediglich durch Übertragung der Rücklagen auf die Nettoinvestitionen. Eine Rücklagenauflösung auf die gezahlten Umsatzsteuerbeträge wurde, aufgrund der Durchschnittssatzbesteuerung des Betriebes, abgelehnt. Der Kläger wiederum beantragte die entsprechende Rücklagenauflösung auch auf die Umsatzsteuerbeträge. Im weiteren Verfahrensgang hatte der BFH zu entscheiden.

Entscheidung

Mit Verweis auf die Regelungen zur Durchschnittssatzbesteuerung werden Vorsteuerbeträge, die der Land- und Forstwirt zahlt, lediglich pauschal abgezogen. Damit sind sämtliche Vorsteuerbeträge abgegolten, so dass ein darüber hinausgehender Vorsteuerabzug entfällt. Insofern gelten auch bei Betrieben mit Durchschnittssatzbesteuerung die (pauschalen) Vorsteuerbeträge als abgezogen, so dass eine andersartige Auslegung, wie vom Kläger gefordert, nicht greift. Denn der Wortlaut der zu Grunde liegenden Vorschrift verlangt den Abzug von Vorsteuerbeträgen, so dass diese eben nicht zu den Anschaffungs- und Herstellungskosten gehören.

Konsequenz

Durch die rein pauschale Annahme des Abzugs von Vorsteuerbeträgen, auch wenn dies aus verfahrensrechtlichen Vereinfachungsgründen lediglich als Annahme gewürdigt wird, entfällt die Möglichkeit der Übertragung einer Rücklage auf in Rechnung gestellte Umsatzsteuerbeträge. Diese gehören auch bei Durchschnittssatzversteuerern nicht zu den Anschaffungs- und Herstellungskosten. Etwaige nachteilige Rechtsfolgen könnte der Land- und Forstwirt durch Option vermeiden.

Kein Vorsteuerabzug für Betriebsausflüge

Kein Vorsteuerabzug für Betriebsausflüge

Einführung

Bei Betriebsausflügen existiert eine Freigrenze von 110 EUR je Arbeitnehmer, bis zu der eine private Mitveranlassung des Ausfluges verneint wird. Übersteigen die Aufwendungen diese Freigrenze, so wird eine private Mitveranlassung unterstellt. Diese beeinträchtigt zwar bisher nicht den Vorsteuerabzug, hat aber die Versteuerung einer Entnahme zur Folge.

Neues Urteil

Der BFH kommt nun zu dem Ergebnis, dass die Entnahme für private unternehmensfremde Zwecke dem Leistungsbezug für das Unternehmen und damit dem Vorsteuerabzug entgegensteht. Dass der Betriebsausflug mittelbar dazu dient, das Betriebsklima zu verbessern, ist insofern ohne Bedeutung.

Konsequenz

Das Urteil des BFH ist eins von 3 Grundsatzurteilen des BFH, die zeitgleich veröffentlicht wurden. Der BFH hat hiermit seine bisherige Rechtsprechung grundlegend geändert. Wer schon bei Leistungsbezug beabsichtigt, die bezogene Leistung nicht für seine wirtschaftliche Tätigkeit zu nutzen, sondern für eine unentgeltliche Entnahme, dem steht der Vorsteuerabzug nunmehr nicht mehr zu. Im Gegenzug entfällt dann aber auch umsatzsteuerlich die Erfassung einer Entnahme. Dies ist in der Finanzbuchhaltung zu beachten. Für Betriebsausflüge bedeutet dies, dass mit Überschreiten der Freigrenze i. H. v. 110 EUR regelmäßig kein Vorsteuerabzug möglich ist. Einen zum Vorsteuerabzug berechtigenden Zusammenhang zwischen einer Betriebsveranstaltung und der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens sieht der BFH nur in Ausnahmefällen. Als Beispiel führt er hier den Vorsteuerabzug aus den Kosten der Übernachtung und Verpflegung bei Schulungen an, die an einem Wochenende durchgeführt werden. Aufgrund des zeitgleichen Entfallens der Entnahme ergibt sich durch die Versagung des Vorsteuerabzugs jedoch materiell kein Nachteil. Sofern steuerfreie Eingangsleistungen bezogen werden, kann sich die geänderte Rechtsprechung sogar vorteilhaft auswirken. Der Vorsteuerabzug aus Aufmerksamkeiten ist von der Rechtsprechungsänderung nicht betroffen. Er richtet sich unverändert nach dem Umfang des Vorsteuerabzuges, der dem Unternehmen aufgrund seiner wirtschaftlichen Tätigkeit zusteht.

Einmal Currywurst, aber bitte mit 7 %

Einmal Currywurst, aber bitte mit 7 %

Einführung

Die Lieferung von Nahrungsmitteln unterliegt dem ermäßigten Steuersatz, Dienstleistungen in Verbindung hiermit hingegen nicht. Dieser einfach anmutende Grundsatz führt in der Praxis zu massiven Abgrenzungsschwierigkeiten. Diese enden regelmäßig vor den Finanzgerichten. Nunmehr hat der EuGH hierzu Stellung bezogen, nachdem der BFH ihm 4 Verfahren diesbezüglich vorgelegt hatte.

Neues Urteil

Der EuGH trifft folgende grundsätzliche Feststellungen: – Als begünstigte Nahrungsmittel kommen auch durch Kochen, Backen o. ä. zubereitete Speisen und Mahlzeiten in Betracht, die zum sofortigen Verzehr geeignet sind. – Hinsichtlich der Frage, ob die Abgabe dieser Speisen als Lieferung oder Dienstleistung anzusehen ist, ist regelmäßig davon auszugehen, dass eine einheitliche Leistung vorliegt. Die Leistung eines Partyservices kann daher z. B. nicht künstlich in eine begünstigte Lieferung von Nahrungsmitteln und in nicht begünstigte Serviceleistungen aufgespalten werden. – Die Darreichung von Speisen an Imbissständen stellt eine begünstigte Lieferung von Speisen dar, sofern die Zubereitung in einfacher standardisierter Form erfolgt. Die Bereitstellung behelfsmäßiger Verzehrvorrichtungen (Verzehrtheken ohne Sitzgelegenheit) steht dieser Qualifikation nicht im Wege. – Die Bereitstellung von Sitzgelegenheiten in Kinos führt alleine nicht dazu, dass z. B. der Verkauf von Popcorn nunmehr als nicht begünstigte Dienstleistung einzustufen ist. Zur Begründung verweist der EuGH darauf, dass die Bestuhlung in Kinos unabhängig vom Erwerb der Speisen zur Verfügung gestellt werde. – Leistungen eines Partyservices unterliegen in der Regel dem vollen Steuersatz, da hier das Dienstleistungselement überwiegt. Der begünstigte Steuersatz kann hier nur zur Anwendung kommen, wenn lediglich Standardspeisen ohne zusätzliche Dienstleistungselemente geliefert werden.

Konsequenz

Das Urteil des EuGH ist erfreulich klar. Gerade für Imbissbuden und Partyservices sollte im Normalfall nun geklärt sein, welcher Steuersatz anzuwenden ist. Allerdings wird es unverändert zahlreiche Grenzfälle geben, aus denen übereifrige Betriebsprüfer Profit schlagen werden wollen. Auch wenn das Urteil des EuGH hier noch über die aufgeführten Grundsätze hinaus zahlreiche weitere Hinweise zur steuerlichen Einordnung gibt, wäre eine Vereinfachung der gesetzlichen Vorgaben wünschenswert.

Bauträger als Steuerschuldner

Bauträger als Steuerschuldner

Einführung

Bauunternehmen sind regelmäßig verpflichtet, die Umsatzsteuer aus Bauleistungen, die sie von Subunternehmern empfangen, einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen (Umkehr der Steuerschuldnerschaft). Ob auch Bauträger hiervon betroffen sind, hängt davon ab, ob sie als Bauleister zu qualifizieren sind. Die Verwaltungsanweisungen zu dieser Fragestellung waren allerdings so widersprüchlich, dass sie die Praxis eher verunsicherten, statt zu einer Klärung beizutragen.

Neue Verwaltungsanweisung

Das BMF differenziert wie folgt: Führt der Bauträger ausschließlich Grundstückslieferungen i. S. d. UStG durch, so wird er nicht zum Steuerschuldner für die von ihm bezogenen Leistungen. Sind hingegen mindestens 10 % der Umsätze als Werklieferungen zu qualifizieren, so muss der Bauträger die Umsatzsteuer einbehalten und abführen. Werklieferungen liegen immer dann vor, wenn der Kunde bei Vertragsabschluss noch Einfluss auf die Gestaltung des Objektes nehmen kann.

Konsequenz

Das Schreiben bekräftigt nochmals die bisherige Verwaltungsauffassung. Das BMF sieht daher auch keine Veranlassung, eine weitere Übergangsregelung zu gewähren. Für Umsätze, die vor dem 1.1.2011 ausgeführt worden sind, können Rechnungskorrekturen jedoch unterbleiben, sofern eine zutreffende Besteuerung gewährleistet ist. Die dargestellten Grundsätze gelten unabhängig davon, ob die eigenen Umsätze des Bauträgers steuerpflichtig oder steuerbefreit sind. Im Zweifel sollten Bauträger die Umsatzsteuer einbehalten und an ihr Finanzamt abführen, um dem Risiko einer späteren Nacherhebung zu entgehen. Zu beachten ist, dass die aufgeführten Grundsätze nur die Leistungen von im Inland ansässigen Subunternehmern betreffen. Werden Subunternehmer für den Bauträger tätig, die nicht im Inland ansässig sind, so geht die Steuerschuldnerschaft grundsätzlich auf den Bauträger über.

Juristische Personen des öffentlichen Rechts als Unternehmer

Juristische Personen des öffentlichen Rechts als Unternehmer

Einführung

Juristische Personen des öffentlichen Rechts (JPdöR) sind nach dem UStG nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art unternehmerisch tätig. Hierzu zählt nicht die Vermögensverwaltung. Der BFH hat nun unter Berufung auf den EuGH festgestellt, dass diese Regelung nicht den Vorgaben der MwStSystRL entspricht. Demnach kann auch die Vermögensverwaltung (z. B. Vermietung) unternehmerisch sein.

Neue Verwaltungsanweisung

Die OFD Niedersachsen weist darauf hin, dass derzeit noch geprüft wird, wie die genannte Rechtsprechung umzusetzen ist. Die Urteile werden daher noch nicht amtlich veröffentlicht und damit allgemein angewendet. Allerdings soll es nicht beanstandet werden, wenn sich JPdöR auf die neue Rechtsprechung berufen.

Konsequenz

JPdöR müssen prüfen, ob sie von der neuen Rechtsprechung profitieren können. Dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn weitere Tätigkeiten in den unternehmerischen Bereich einbezogen werden können, die einen hohen Vorsteuerabzug ermöglichen, z. B. aufgrund geplanter Investitionen. JPdöR, die hiervon Gebrauch machen wollen, müssen jedoch beachten, dass dann ihre gesamten Umsätze nach der geänderten Rechtsprechung beurteilt werden. Rosinenpickerei ist daher nicht möglich.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin