Keine Erbschaftsteuerbefreiung für das Familienheim bei Weiterübertragung

Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 5 ErbStG entfällt die Erbschaftsteuerbefreiung eines selbstgenutzten Familienheims durch den Ehegatten rückwirkend, wenn dieser es innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb nicht mehr zu eigenen Wohnzwecken nutzt. Der 3. Senat des Finanzgerichts Münster hat mit Urteil vom 28. September 2016 (Az. 3 K 3757/15 Erb) entschieden, dass der Wegfall der Befreiung trotz Selbstnutzung auch dann eintritt, wenn die Erbin das Grundstück unter Nießbrauchsvorbehalt auf ihre Tochter überträgt.

Die Klägerin ist Alleinerbin ihres Ehemannes. Zum Nachlass gehörte auch der hälftige Anteil am bisher von den Eheleuten und nach dem Tod des Ehemannes allein von der Klägerin zu eigenen Wohnzwecken genutzten Grundstück. Nachdem das Finanzamt den Erwerb des Grundstücks im Erbschaftsteuerbescheid steuerfrei gestellt hatte, übertrug die Klägerin das Eigentum am Grundstück unter Vorbehalt eines lebenslänglichen Nießbrauchsrechts an ihre Tochter. Das Finanzamt änderte daraufhin die Erbschaftsteuerfestsetzung dahingehend, dass der Grundbesitz nunmehr als steuerpflichtiger Erwerb behandelt wurde. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit der Begründung, dass es für den Erhalt der Steuerbefreiung nur auf die Selbstnutzung, nicht aber auf die Eigentümerposition ankomme.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Obwohl der Gesetzeswortlaut die Beibehaltung der Eigentümerstellung durch den Erwerber nicht ausdrücklich erfordere, entfalle die Steuerbefreiung – so der Senat – nach dem Zweck der Privilegierung. Danach soll der Erwerber eines Familienheims nicht gezwungen sein, seine Eigentümerposition aufzugeben, um die Erbschaftsteuer entrichten zu können. Dies lasse sich sinnvollerweise nur verwirklichen, wenn die Steuerbefreiung an die Eigentümerstellung geknüpft sei. Hierfür spreche auch die Gesamtkonzeption der Vorschriften zur Steuerbefreiung des Erwerbs eines Familienheims. So ordne das Gesetz an, dass die Steuerbefreiung nicht zu gewähren sei, wenn der Erbe das Eigentum am Familienheim durch eine Anordnung des Erblassers weiterübertragen müsse. Es sei kein sachlicher Grund erkennbar, den Fall einer freiwilligen Übertragung demgegenüber mit einer Steuerbefreiung zu begünstigen.

Der Senat hat die Revision zum Bundesfinanzhof zur Fortbildung des Rechts zugelassen.

Quelle: FG Münster, Mitteilung vom 15.11.2016 zum Urteil 3 K 3757/15 vom 28.09.2016

 

Abgabenordnung: Keine offenbare Unrichtigkeit bei Nichtberücksichtigung einer erklärten, aber nicht elektronisch übermittelten Rente

FG Münster, Mitteilung vom 15.11.2016 zum Urteil 9 K 2342/15 vom 21.07.2016

Mit Urteil vom 21. Juli 2016 (Az. 9 K 2342/15 E) hat der 9. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden, dass das Finanzamt eine Einkommensteuerfestsetzung nicht wegen einer offenbaren Unrichtigkeit gemäß § 129 AO erhöhen darf, wenn es bei der Bearbeitung der Erklärung lediglich elektronisch übermittelte Rentendaten berücksichtigt, aber eine erklärte weitere Rente, zu der keine elektronisch übermittelten Daten vorliegen, außer Ansatz gelassen hat.Die Klägerin, die im öffentlichen Dienst beschäftigt war, trat im Streitjahr 2011 in den Ruhestand. Danach bezog sie eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und daneben – deutlich niedrigere – Zusatzleistungen aus einem Altersvorsorgevertrag bei der VBL Pflichtversicherung. Beide Renten gab sie in der Anlage R der Einkommensteuererklärung an. Da dem Finanzamt zum Zeitpunkt der Bearbeitung der Steuererklärung lediglich elektronisch übermittelte Daten der Zusatzrente, nicht aber der gesetzlichen Rente vorlagen, erfasste es die gesetzliche Rente im ursprünglichen Einkommensteuerbescheid nicht. Nach Eintritt der Bestandskraft änderte es die Steuerfestsetzung, indem es nunmehr die Rentenbezüge der Klägerin in zutreffender Höhe ansetzte. Die Beteiligten stritten darüber, ob hierfür eine Änderungsvorschrift eingreift.

Der Senat gab der Klage in vollem Umfang statt. Die Voraussetzungen der einzig in Betracht kommenden Änderungsnorm des § 129 AO lägen nicht vor, weil dem Finanzamt bei Erlass des ursprünglichen Einkommensteuerbescheids keine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen sei. Im Streitfall habe ein konkreter Anlass zur Überprüfung der elektronisch übermittelten Daten bestanden, weil die Klägerin auf der Rückseite der Anlage R die Eintragungen zur Zusatzrente in der Spalte „2. Rente“ vorgenommen habe. Für den Sachbearbeiter hätte es daher nahe gelegen, auf die Vorderseite der Anlage R zu blättern, auf der unter „1. Rente“ die gesetzliche Rente eingetragen war. Hierauf habe er allerdings bewusst verzichtet und sich lediglich auf die elektronisch übermittelten Daten verlassen. Auch angesichts der Tatsache, dass der Sachbearbeiter die erklärten Vorsorgeaufwendungen deutlich gekürzt hat, hätte sich die Frage aufgedrängt, warum jeweils deutlich höhere Werte angegeben wurden als elektronisch übermittelt. Diese unterlassene Sachaufklärung lasse sich nicht mit einem bloßen mechanischen Versehen erklären.

Quelle: FG Münster, Newsletter 11/2016

Mindestlohn: Mindestlohn-Ausnahme für Langzeitarbeitslose wird selten genutzt

Die Ausnahmeregelung für Langzeitarbeitslose beim Mindestlohn wird selten genutzt, geht aus einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor. Bei einer Befragung von 5.450 Langzeitarbeitslosen, die eine Stelle gefunden haben, gaben weniger als zwei Prozent an, in ihrem Jobcenter eine Bescheinigung beantragt zu haben. Zum Einsatz kam eine entsprechende Bescheinigung dann nur bei rund einem Prozent der Befragten.

Langzeitarbeitslose haben die Möglichkeit, sich für die ersten sechs Monate eines Arbeitsverhältnisses unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro pro Stunde beschäftigen zu lassen. Durch diese Ausnahmeregelung wollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass der Mindestlohn die Integration von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt nicht erschwert.

Eine Befragung von 84 Jobcenter-Mitarbeitern ergab, dass nach ihrer Einschätzung der Einsatz der Regelung weder für Jobcenter, noch für Arbeitgeber und Langzeitarbeitslose attraktiv sei. Die Ausnahmeregelung spielt in der täglichen Vermittlungspraxis der sechs ausgewählten Jobcenter kaum eine Rolle, haben die Forscher herausgefunden. Für den Ausgleich individueller Leistungseinschränkungen von Langzeitarbeitslosen stünden aus Sicht der befragten Jobcenter-Mitarbeiter beispielsweise Eingliederungszuschüsse als passgenaueres Förderinstrument zur Verfügung.

Auch aus Arbeitgebersicht sei die Anwendung der Ausnahmeregelung nicht sehr attraktiv, so die befragten Jobcenter-Mitarbeiter: Vorbehalte gegenüber der Arbeitsmotivation oder den Arbeitstugenden von Langzeitarbeitslosen ließen sich nicht über niedrigere Löhne ausräumen. Sehe man aber bei einem Langzeitarbeitslosen eine Passung zu den Stellenanforderungen, so dürfte eine Entlohnung nach Mindestlohn nicht mehr das entscheidende Einstellungshemmnis sein. Ein Abweichen vom Mindestlohn kann nach Einschätzung der befragten Jobcenter-Mitarbeiter möglicherweise sogar kontraproduktiv sein, wenn dies die Arbeitsmotivation einschränke, in der übrigen Belegschaft ein Gefühl der Lohnkonkurrenz schaffe oder die Reputation als guter Arbeitgeber gefährde.

Aus der Perspektive der Langzeitarbeitslosen selbst erscheine eine Beschäftigung unterhalb des Mindestlohnniveaus ohnehin wenig attraktiv: „Schließlich, so die Befragten in den Jobcentern, müssten die Langzeitarbeitslosen auch bereit sein, bei der Arbeitssuche von der Ausnahmeregelung Gebrauch zu machen und gegebenenfalls ein halbes Jahr weniger als den Mindestlohn zu verdienen“, schreiben die IAB-Forscher. Gerade die Höhe und die Angemessenheit des Lohns sowie die Aussicht, den Arbeitslosengeld- oder Arbeitslosengeld-II-Bezug durch die Arbeitsaufnahme verlassen zu können, dürften die Langzeitarbeitslosen besonders motivieren. Bei einem Lohn unterhalb des Mindestlohnniveaus könne dagegen ein Gefühl der Diskriminierung entstehen.

Hinzu komme, dass vielen Langzeitarbeitslosen die Ausnahmeregelung gar nicht bekannt sei. Bei der Befragung der Langzeitarbeitslosen gab nur jeder vierte an, schon von ihr gehört zu haben.

Passend zu den Befragungsergebnissen zeigen statistische Analysen des IAB, dass keine messbaren Beschäftigungseffekte der Ausnahmeregelung vorhanden sind.

IAB, Pressemitteilung vom 11.11.2016

Investitionsdarlehen: Für Zinseszinsen gilt keine Abzugsbeschränkung

Investitionsdarlehen: Für Zinseszinsen gilt keine Abzugsbeschränkung

Zinsen eines Darlehens, das zur Finanzierung einer Anschaffung oder Herstellung von Anlagevermögen aufgenommen wurde, fallen nicht unter die Abzugsbeschränkung für sog. Überentnahmen. Das gilt auch dann, wenn diese auf einem separaten Darlehenskonto erfasst werden.

Hintergrund

Der Kläger nahm zur Finanzierung seines Anteils an einer ärztlichen Gemeinschaftspraxis ein Darlehen auf. Da er auf einen Restbetrag des Darlehens teilweise keine Zinsen mehr zahlte, verbuchte die Bank die ausstehenden Zinsen auf einem separaten Konto.

Das Finanzamt kam bei einer Außenprüfung zu dem Ergebnis, dass die Zinsen dieses sog. Zinsdarlehens aufgrund von Überentnahmen steuerlich nicht abzugsfähig sind.

Die Klage des Arztes vor dem Finanzgericht hatte Erfolg.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof schloss sich der Entscheidung des Finanzgerichts an. Die Zinsen waren als Betriebsausgaben abzugsfähig, denn der Tatbestand der Überentnahme, der den Betriebsausgabenabzug ausschließt, war hier nicht erfüllt. Unter die Abzugsbeschränkung fallen nämlich nicht Schuldzinsen für Darlehen, die der Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens dienen. So ein Darlehen liegt hier vor. Der Kläger hatte dieses zur Finanzierung seiner Beteiligung an der Gemeinschaftspraxis aufgenommen. Keine Rolle spielt für die Bundesrichter, dass die Zinsen aus der Verzinsung des Zinsdarlehens resultierten. Diese sind nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht vom Anwendungsbereich der Regelung ausgenommen.

Grundstücksschenkung: Wert einer Auflage unterliegt der Grunderwerbsteuer

Grundstücksschenkung: Wert einer Auflage unterliegt der Grunderwerbsteuer

Wird ein Grundstück unter einer Auflage, z. B. eines Wohnrechts, verschenkt, unterliegt der Wert der Auflage der Grunderwerbsteuer. Dies gilt auch dann, wenn die Schenkung insgesamt von der Schenkungsteuer befreit ist.

Hintergrund

Die Miteigentümerin eines bebauten Grundstücks schenkte ihren hälftigen Miteigentumsanteil einem gemeinnützigen Verein. An einer Wohnung behielt sie sich jedoch das dingliche Wohnrecht vor.

Für die Ermittlung der Grunderwerbsteuer legte das Finanzamt den Kapitalwert des Wohnungsrechts zugrunde. Dieser wurde hälftig dem Verein zugerechnet. Der Verein argumentierte dagegen, dass der Wert der Auflage nur dann der Grunderwerbsteuer unterliegt, wenn die Auflage bei der Schenkungsteuer abziehbar ist. Im vorliegenden Fall ist jedoch die Zuwendung wegen des gemeinnützigen Empfängers von der Schenkungsteuer befreit gewesen. Das Finanzgericht wies die Klage ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass der Wert der Auflage der Grunderwerbsteuer unterliegt, obwohl die Grundstücksschenkung insgesamt wegen der Zuwendung an den gemeinnützigen Verein von der Schenkungsteuer befreit ist. Das Gesetz stellt allein darauf ab, dass die Auflage bei der Schenkungsteuer „abziehbar ist“. Dadurch hat der Gesetzgeber klargestellt, dass Auflagen, die bei der Schenkungsteuer nicht abziehbar sind, sondern nur zu einer Stundung der Steuer führen, der Bemessung der Grunderwerbsteuer nicht zugrunde gelegt werden dürfen.

Es spielt für die Festsetzung der Grunderwerbsteuer also keine Rolle, ob die Schenkungsteuer tatsächlich festgesetzt wurde und ggf. mit welchem Wert die Auflage sich dabei auswirkte. Die Grundstücksschenkung erfolgte unter dem Vorbehalt eines Wohnungsrechts. Dabei handelt es sich um eine Nutzungs- oder Duldungsauflage, deren Wert bei der Schenkungsteuer abziehbar ist. Die Abziehbarkeit bei der Schenkungsteuer hat für die Grunderwerbsteuer zur Folge, dass der Grundstückserwerb mit dem Wert der Auflage grunderwerbsteuerpflichtig ist.

Wann eine Berichtigung einer Rechnung rückwirkend möglich ist

Wann eine Berichtigung einer Rechnung rückwirkend möglich ist

Ermöglicht eine Rechnungsberichtigung dem Leistungsempfänger rückwirkend den Vorsteuerabzug? Oder ist der Vorsteuerabzug erst dann möglich, wenn die berichtigte Rechnung vorliegt? Mit diesen Fragen musste sich der Europäische Gerichtshof auseinandersetzen.

Hintergrund

Eine deutsche GmbH hatte aus Gutschriften und Rechnungen den Vorsteuerabzug vorgenommen. Die Abrechnungen enthielten jedoch keine Steuernummer oder Umsatzsteuer-Identifikationsnummern der leistenden Unternehmer. Nach einer Betriebsprüfung wurde deshalb der Vorsteuerabzug für den Zeitraum der Vorlage der nicht ordnungsgemäßen Rechnungen versagt. Noch während der laufenden Außenprüfung legte die GmbH dem zuständigen Finanzamt berichtigte Abrechnungen vor, in denen die Steuernummer bzw. die Umsatzsteuer-Identifikationsnummern des jeweils leistenden Unternehmers enthalten waren. Trotzdem erließ das Finanzamt geänderte Steuerbescheide, in denen die Vorsteuerbeträge aus den Rechnungen nicht berücksichtigt wurden.

Entscheidung

Der Europäische Gerichtshof hat die Rechnungsberichtigung in dem vorliegenden Fall zugelassen, und zwar mit Wirkung für die Vergangenheit. Eine rückwirkende Rechnungsberichtigung ist mit gemeinschaftsrechtlichen Grundsätzen vereinbar.

Zwar können Mitgliedstaaten Sanktionen für den Fall der Nichterfüllung der formellen Bedingungen für die Ausübung des Vorsteuerabzugsrechts vorsehen. Der Vorsteuerabzug darf aber nicht versagt werden, diese Sanktion kann nicht in Betracht kommen.

Mögliche Sanktionen wären z. B. die Auferlegung einer Geldbuße oder eine finanzielle Sanktion, die aber in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere des Verstoßes stehen muss. Eine pauschale Versagung des Vorsteuerabzugs würde über die gemeinschaftsrechtlichen Ziele der genauen Erhebung der Steuer und der Verhinderung von Steuerhinterziehung hinausgehen.

Die Frage, ob eine Rechnungsberichtigung noch rechtzeitig erfolgt ist, wenn sie erst im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens vorgelegt wird, wurde vom Europäischen Gerichtshof nicht beantwortet. Da im vorliegenden Verfahren die berichtigten Rechnungen noch im Betriebsprüfungsverfahren vorgelegt worden und damit nicht verspätet waren, war diese Frage im vorliegenden Verfahren nicht klärungsbedürftig.

Häusliches Arbeitszimmer: Abtrennung durch Raumteiler genügt nicht

Häusliches Arbeitszimmer: Abtrennung durch Raumteiler genügt nicht

Ein häusliches Arbeitszimmer erfordert einen abgeschlossenen Raum mit Wänden und Türen. Dieser liegt nicht vor, wenn der Arbeitsbereich lediglich durch ein Sideboard mit Durchgang zum Rest des Zimmers abgetrennt ist.

Hintergrund

A nutzte in seiner Wohnung die Kellerräume als Büro und Archiv. Im Obergeschoss befand sich das Wohn-/Esszimmer, das A sowohl zu Wohnzwecken als auch als Büro nutzte. Der Arbeitsbereich war durch ein 1 m hohes Sideboard abgetrennt. A konnte vom Arbeitsbereich aus am Sideboard vorbei den Rest des Zimmers betreten, in dem sich ein Tisch mit 4 Stühlen befand. Das Finanzamt und auch das Finanzgericht erkannten nur die Mietaufwendungen für die Kellerräume als Betriebsausgaben an. Die anteilig auf den Arbeitsbereich im Obergeschoss entfallenden Aufwendungen ließen sie unberücksichtigt.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof lehnt für den durch ein Sideboard abgetrennten Arbeitsbereich ebenfalls den Abzug als Betriebsausgaben ab. Ein häusliches Arbeitszimmer ist seiner Ansicht nach ein Raum, der zum einen typischerweise mit Büromöbeln eingerichtet ist und zum anderen nahezu ausschließlich beruflich genutzt wird. Aufwendungen für in die private Sphäre eingebundene Räume, die bereits nach ihrem äußeren Erscheinungsbild nicht dem Typus des Arbeitszimmers entsprechen, können daher nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden. Denn die nahezu ausschließliche betriebliche Nutzung liegt weder vor bei einem gemischt genutzten und als Arbeitszimmer eingerichteten Raum noch bei einem abgetrennten Arbeitsbereich in einem auch zu Wohnzwecken genutzten Raum. Nur ein durch Wände und Türen abgeschlossener Raum kann deshalb ein häusliches Arbeitszimmer sein.

Ein Arbeitsbereich, der vom angrenzenden Wohnbereich aus durch einen offenen Durchgang ohne Türabschluss betreten werden kann oder der lediglich durch einen Raumteiler abgetrennt ist oder sich auf einer Empore befindet, kann aus diesem Grund nicht als häusliches Arbeitszimmer anerkannt werden.

Grundsicherung für EU-Ausländer

Die Bundesregierung möchte den Anspruch ausländischer Personen auf Grundsicherungsleistungen einschränken. Dazu hat sie einen Gesetzentwurf (18/10211) vorgelegt, der klarstellt, welche Personengruppen künftig von Leistungen nach dem Zweiten und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB II, SGB XII) ausgeschlossen sein sollen. Dazu sollen unter anderem Personen ohne materielles Aufenthaltsrecht aus dem Freizügigkeitsgesetz/EU sowie Menschen, die sich mit einem Aufenthaltsrecht allein zur Arbeitssuche in Deutschland aufhalten, gehören. Erst nach fünf Jahren „eingetretener Verfestigung des Aufenthaltes“ in Deutschland soll demnach ein Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende oder Sozialhilfe bestehen. Hilfebedürftige Ausländer sollen im Zeitraum bis zur Ausreise für einen Monat eine Überbrückungsleistung für Ernährung und Unterkunft erhalten sowie die Kosten für die Rückreise erstattet bekommen können. Mit nennenswerten Ausgaben für den Bundeshaushalt sei aufgrund des relativ kleinen, von dem Gesetz betroffenen Personenkreises nicht zu rechnen, schreibt die Regierung in dem Entwurf.

Quelle: Deutscher Bundestag, hib-Nr. 659/2016
Mitteilung vom 09.11.2016

 

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand: Wie genau muss der Antrag begründet werden?

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand: Wie genau muss der Antrag begründet werden?

Wird das Einspruchsschreiben rechtzeitig abgeschickt, aber dem Finanzamt verspätet zugestellt und dadurch die Einspruchsfrist verpasst, hilft ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Für die Antragsbegründung reicht es aus, wenn der Steuerpflichtige darlegt, an welchem Tag das Schriftstück in welcher Weise von wem auf den Weg zum Finanzamt gebracht wurde.

Hintergrund

Der Steuerpflichtige legte gegen den Einkommensteuerbescheid 2012 vom 31.1.2014 Einspruch ein. Das Schreiben seiner Steuerberaterin war vom 26.2.2014. Das Einspruchsschreiben ging allerdings erst am 6.3.2014 und damit verspätet beim Finanzamt ein. Dies teilte das Finanzamt dem Steuerpflichtigen mit Schreiben vom 31.3.2014 mit.

Mit Schreiben vom 9.4.2014 beantragte die Steuerberaterin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Dem Postausgangsbuch ist zu entnehmen, dass das Einspruchsschreiben am 26.2.2014 mit der Deutschen Post verschickt worden war. Die zuständige Bearbeiterin in der Kanzlei hatte das Schreiben am 26.2.2014 im Postausgangsbuch eingetragen und mit dem restlichen Schriftwechsel am Abend in den Briefkasten gesteckt.

Das Finanzamt sah die Begründung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand jedoch als nicht ausreichend an.

Entscheidung

Das Finanzgericht gab dem Steuerpflichtigen dagegen Recht. Wird ein Wiedereinsetzungsantrag mit der fristgerechten Absendung eines beim Empfänger nicht oder verspätet eingegangenen Schriftstücks begründet, ist im Einzelnen auszuführen, wann, von wem und in welcher Weise es zur Post aufgegeben wurde. Dies muss durch Beweismittel glaubhaft gemacht werden.

Im vorliegenden Fall wurde innerhalb der Antragsfrist von der Steuerberaterin mitgeteilt, dass das Einspruchsschreiben am 26.2.2014 mit der Deutschen Post verschickt worden war. Auch hatte sie die aus ihrer Sicht bestehende Unerklärlichkeit der Fristversäumnis erläutert. Dies reicht nach Auffassung des Finanzgerichts für eine Antragsbegründung aus.

Die erst im Klageverfahren erfolgte Ergänzung des Vortrags zum Absendevorgang durch Benennung der Personen, die die Austragung aus dem Postausgangsbuch und den Einwurf in den nunmehr genau benannten Briefkasten vorgenommen haben, wertete das Finanzgericht als ergänzende Darlegung und nicht als neuen Wiedereinsetzungsgrund.

Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts

Der Erhalt von Arbeitsplätzen sowie Planungssicherheit für Unternehmen – das sind die Ziele der in Kraft getretenen Änderungen des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes. Bund und Länder hatten sich auf einen Kompromiss verständigt. Mit den neuen Regelungen zur Verschonung betrieblichen Vermögens erfüllt der Gesetzgeber Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Im Dezember 2014 hatte das Gericht Änderungen am bestehenden Gesetz gefordert.

Mit dem Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom 4. November 2016 (BGBl. I S. 2464) ergeben sich im Wesentlichen folgende Änderungen gegenüber dem bisherigen Recht:

Wie bisher wird das begünstigte Vermögen nach Wahl des Erwerbers zu 85 % (Regelverschonung) oder zu 100 % (Optionsverschonung) von der Steuer befreit, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Entscheidet sich der Erwerber für die Regelverschonung von 85 %, muss er den Betrieb mindestens fünf Jahre fortführen. Hat der Betrieb mehr als 15 Beschäftigte muss der Erwerber nachweisen, dass die Lohnsumme innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb insgesamt 400 % der Ausgangslohnsumme nicht unterschreitet (Mindestlohnsumme). Bei der Wahl der Optionsverschonung muss der Erwerber eine Behaltensfrist von sieben Jahren einhalten und nachweisen, dass er in diesem Zeitraum die Mindestlohnsumme von 700 % nicht unterschreitet.

Während Betriebe mit bis zu 20 Beschäftigten von der Lohnsummenregelung ausgenommen waren, gilt hierfür jetzt eine Beschränkung auf Betriebe mit nicht mehr als 5 Beschäftigten. Darüber hinaus sind die Anforderungen nach der Mitarbeiterzahl gestaffelt:

Betriebe mit 6 bis 10 Beschäftigten dürfen bei der Regelverschonung eine Lohnsumme von 250 % der Ausgangslohnsumme innerhalb des Fünfjahreszeitraums nicht unterschreiten. Bei der Optionsverschonung beträgt die Lohnsumme 500 % innerhalb von sieben Jahren.

Für Betriebe mit 11 bis 15 Beschäftigten gelten entsprechend Mindestlohnsummen von 300 % und 565 %.

Beschäftigte in Mutterschutz oder Elternzeit, Azubis, Saisonarbeiter und Langzeiterkrankte werden weder bei der Beschäftigtenzahl noch bei der Lohnsumme mitgerechnet.

Beim Erwerb von betrieblichen Vermögen mit einem Wert des begünstigten Vermögens von über 26 Mio. Euro (Prüfschwelle) gibt es ein Wahlrecht zwischen einer Verschonungsbedarfsprüfung oder einem abschmelzenden Verschonungsabschlag. Für die Prüfschwelle werden alle Erwerbe begünstigten Vermögens von derselben Person innerhalb von zehn Jahren zusammengerechnet.

Bei der Verschonungsbedarfsprüfung muss der Erwerber nachweisen, dass er nicht in der Lage ist, die Steuer aus seinem verfügbaren Vermögen zu begleichen. Zu dem verfügbaren Vermögen zählen 50 % der Summe aus dem bereits vorhandenen oder aus dem mit der Erbschaft oder Schenkung gleichzeitig erhaltenen nicht begünstigten Vermögen. Soweit dieses Vermögens nicht ausreicht, um die Steuer zu begleichen, wird der überschießende Teil der Steuer erlassen.

Alternativ kann sich der Erwerber für ein Abschmelzmodell entscheiden. Ausgehend vom normalen Verschonungsabschlag von 85 % oder 100 % für das Vermögen unterhalb von 26 Mio. Euro sinkt der Prozentsatz des Verschonungsabschlags pro zusätzlichen 750.000 Euro über dieser Schwelle um jeweils 1 % bis zu einem begünstigten Vermögen von 90 Mio. Euro. Wird dieser Wert überschritten, beträgt der Verschonungsabschlag 0 %.

Bisher war ein Verwaltungsvermögensanteil von bis zu 50 % unschädlich und ebenfalls begünstigt. Jetzt kann nur das begünstigte Vermögen von der Steuer verschont werden, nicht aber das Verwaltungsvermögen. Der Katalog von Gegenständen, die ausdrücklich als Verwaltungsvermögen zählen, ist ebenfalls erweitert worden. Dazu gehören nun auch Briefmarkensammlungen, Oldtimer, Yachten, Segelflugzeuge sowie sonstige typischerweise der privaten Lebensführung dienende Gegenstände, wenn die Herstellung, Verarbeitung, Vermietung oder der Handel mit diesen Objekten nicht Hauptzweck des Betriebes ist.

Verwaltungsvermögen wird bis zu einem Anteil von 10 % des Betriebsvermögens wie begünstigtes Vermögen behandelt. Von der Verschonung ausgenommen ist jedoch junges Verwaltungsvermögen, das dem Betrieb weniger als zwei Jahre zuzurechnen ist. Um die Liquidität des Unternehmens zu sichern, sind zudem Barvermögen, geldwerte Forderungen und andere Finanzmittel nach Saldierung mit den betrieblichen Schulden bis zu einem Anteil von 15 % des Werts des Betriebsvermögens begünstigt. Auch Verwaltungsvermögen, das ausschließlich und dauerhaft der Deckung von Altersvorsorgeverpflichtungen dient, ist begünstigt. Voraussetzung ist aber, dass die entsprechenden Vermögensgegenstände dem Zugriff aller nicht unmittelbar aus den Altersvorsorgeverpflichtungen unmittelbar berechtigten Gläubiger entzogen sind.

Um die Optionsverschonung von 100 % für das begünstigte Vermögen in Anspruch zu nehmen, darf das Verwaltungsvermögen nicht mehr als 20 % des gemeinen Werts des Betriebs ausmachen. Darüber hinaus gibt es bei einem Anteil des Verwaltungsvermögens von mehr als 90 % gar keine Verschonung, auch nicht für eigentlich begünstigtes Vermögen.

In mehrstufigen Unternehmensstrukturen mit Beteiligungsgesellschaften wird das begünstigte Vermögen konsolidiert ermittelt. Ein Ausnutzen des Verwaltungsvermögensanteils auf jeder Beteiligungsebene ist nicht mehr möglich.

Im Erbfall, also nicht bei Schenkungen, zählen Vermögensgegenstände nicht zum Verwaltungsvermögen, wenn sie innerhalb von zwei Jahren nach dem Tod des Erblassers für Investitionen im Betrieb verwendet werden, die einer originär gewerblichen Tätigkeit dienen. Eine Investition in eine andere Form von Verwaltungsvermögen ist somit nicht begünstigt. Zudem muss die Investition auf Grund eines bereits vom Erblasser vorgefassten Plans erfolgen, also vom Erben lediglich umgesetzt werden.

Wenn bestimmte für Familienunternehmen typische gesellschaftsvertragliche oder satzungsmäßige Beschränkungen existieren, gibt es eine Steuerbefreiung als Vorababschlag von bis zu 30 % auf den begünstigten Teil des Betriebsvermögens. Die Höhe des Abschlags richtet sich nach der im Gesellschaftsvertrag festgeschriebenen prozentualen Minderung der Abfindung für einen ausscheidenden Gesellschafter gegenüber dem gemeinen Wert. Zusätzlich müssen Beschränkungen der Gewinnausschüttungen oder -entnahmen sowie Verfügungsbeschränkung für die Unternehmensanteile vereinbart sein. Überdies setzt die Steuerbefreiung voraus, dass die gesellschaftsrechtlichen Beschränkungen mindestens für einen Zeitraum von zwei Jahren vor bis 20 Jahren nach dem Vermögensübergang bestehen und tatsächlich praktiziert werden.

Beim vereinfachten Ertragswertverfahren wird die Berechnung des gemeinen Werts eines Betriebs geändert, sodass die Werte etwas niedriger ausfallen. Der gemeine Wert ergibt sich bei diesem Verfahren aus der Multiplikation des nachhaltig erzielbaren Jahresertrags mit einem Kapitalisierungsfaktor. Dieser Faktor berechnet sich bisher auf der Grundlage des jeweils aktuellen Basiszinses zuzüglich eines festen Zuschlags von 4,5 % (Kapitalisierungszinssatz). Da der Kapitalisierungsfaktor der Kehrwert des Kapitalisierungszinssatzes war, bedeutete das, je niedriger der Zinssatz, desto höher der Kapitalisierungsfaktor. Wegen der anhaltenden Niedrigzinsphase beträgt der Kapitalisierungsfaktor für Bewertungsstichtage im Jahr 2016 bisher 17,86 und kann damit zu hohen Firmenwerten führen. Jetzt wird der Faktor für das laufende Jahr und die folgenden Jahre auf 13,75 festgeschrieben. Der Faktor kann bei Bedarf durch Rechtsverordnung an die Zinsentwicklung angepasst werden.

Im Erbfall, also nicht bei Schenkungen, wird der Teil der Erbschaftsteuer, der auf das begünstigte Betriebsvermögen entfällt, auf Antrag bis zu sieben Jahre gestundet. Im ersten Jahr erfolgt die Stundung zinslos, danach gelten die allgemeinen Verzinsungsregelungen der Abgabenordnung für Stundungen. Voraussetzung für die Stundung ist, dass die Vorgaben zur Lohnsumme und Behaltensfrist eingehalten werden. Bei einem Verstoß endet die Stundung.

 Den Gesetzentwurf finden Sie auf der Homepage des BMF.
Quelle: BMF, Mitteilung vom 09.11.2016
 

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin