
Doppelbesteuerung von Renten
Wann liegt Doppelbesteuerung der Rente vor und wie berechnet man Doppelbesteuerung?
Inhalt:
Einleitung
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hatte den Gesetzgeber bereits 2002 aufgefordert, die steuerliche Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und die Besteuerung von Renten so aufeinander abzustimmen, dass eine doppelte Besteuerung vermieden wird (2 BvL 17/99).
Durch das Alterseinkünftegesetz (AltEinkG) wurde ab 2005 die einkommensteuerliche Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen einerseits und der Besteuerung der Rentenzahlungen andererseits neu geregelt (nachgelagerte Besteuerung).
Seit 2005 steigt der Besteuerungsanteil schrittweise von zunächst 50 % auf 100 % (im Jahr 2040) an, im Gegenzug ist ein Steuerabzug auf Altersvorsorgeaufwendungen von zunächst 60 % auf 100 % (im Jahr 2025) möglich. Dem Gesetzgeber ist die Vermeidung der Doppelbesteuerung durch das AltEinkG leider nicht gelungen.
Wann liegt eine Doppelbesteuerung (Zuvielbesteuerung) vor?
Das oberste Steuergericht – der Bundesfinanzhof (BFH) – musste in zwei Fällen (Az.: X R 20/19, X R 33/19) über die Doppelbesteuerung von Renten entscheiden. Mit Urteil vom 31. Mai 2021 hat der BFH die Rentenbesteuerung grundsätzlich als verfassungskonform bestätigt - aber mit Ausnahmen! Bisher liege keine generelle „doppelte Besteuerung“ von Renten vor.
Gleichzeitig hat der BFH festgestellt, dass zukünftige Rentenjahrgänge von einer doppelten Besteuerung betroffen sein könnten. Dies dürfte ab dem Jahr 2025 der Fall sein. Nach der Formel von Schindler/ Braun entsteht die Doppelbesteuerung bereits ab dem Jahr 2005.
Hinweis: Das Urteil betrifft auch Jüngere, vor allem diejenigen, die etwa 2040 in Rente gehen. Denn sie müssen ihre Rente ab 2040 voll versteuern und konnten aber erst ab 2025 die Rentenbeiträge voll absetzen.
Fakt ist also, dass Rentner jetzt schon durch eine langfristige Doppelbesteuerung benachteiligt werden könnten. Hier erfahren Sie, was Sie dagegen tun können bzw. wie Sie von laufenden Musterverfahren profitieren.
Der BFH stellte erstmals eine Rechenformel auf, wie eine Doppelbesteuerung berechnet wird. Die Prüfung, ob eine verfassungswidrige Doppelbesteuerung vorliegt, muss sowohl die Einzahlungsphase als auch dieAuszahlungsphase berücksichtigen. Eine Doppelbesteuerung, liegt nur vor, wenn die aus versteuerten Einkommen gezahlten Rentenbeiträge höher waren als die steuerfreien Rentenzahlungen. Dabei wird die jährliche Rentenzahlung mit der statistischen Lebenserwartung multipliziert.
Der Rentenfreibetrag ist ein fester Eurobetrag, der einmal festgesetzt wird. Wenn dieser Rentenfreibetrag höher ist als die Summe aller versteuerten Rentenbeiträge liegt keine Doppelbesteuerung vor. Nur wenn die steuerfrei ausgezahlte Rente niedriger ist als die eingezahlten Beiträge (aus dem versteuerten Einkommen), liegt eine doppelte Besteuerung vor.
Der BFH hat geklärt, dass Steuerfreibeträge wie der Grundfreibetrag, der der Absicherung des steuerfreien Existenzminimums dient, nicht zum Nachteil der Rentner in die Berechnung einfließen dürfen. Die bisherige Berechnung des Finanzamtes wurde damit gekippt.
In den beiden Klagen konnte der BFH rechnerisch keine Doppelbesteuerung erkennen. Die beiden Kläger, profitieren von den Urteilen selbst nicht, da das Gericht bei ihnen nicht zu einer doppelten Besteuerung kam. Hinweis: Da es sich auch beim BFH immer nur um EInzelfallentscheidungen handelt, muss jeder Fall geprüft werden und es wird daher mit Sicherheit weitere Klagen geben.
Ob die Entscheidungen allerdings rechtens sind, wird noch vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe geklärt werden. Hierzu ist eine Verfassungsbeschwerde als Musterklage (Az.: 2 BvR 1143/21) anhängig. Die Kläger beanstanden insbesondere, dass bei der Berechnung für die Ehemänner auch eine potenzielle Witwenrente eingerechnet wird. Daher kommt es bei verheirateten Rentnern seltener zu einer Doppelbesteuerung. Das ist eine Benachteiligung gegenüber unverheirateten Personen.
Nun muss das Bundesverfassungsgericht darüber entscheiden, ob es die Beschwerden annimmt. Wann dies erfolgt, ist offen.
Zwar wurden die Revisionen vom BFH zurückgewiesen, dennoch sind die beiden Entscheidungen aber richtungweisend, denn der Gesetzgeber muss das geltende Recht für die Zukunft ändern, um künftige Doppelbesteuerungen zu vermeiden. Nach Ansicht des Gerichtes kann es vor allem bei künftigen Renten zu einer zweifachen Belastung kommen. Deswegen ist eine Reform der Rentenbesteuerung unerlässlich. Der steuerfreie Teil der Rentenzahlungen wird in den nächsten Jahren stetig abnehmen, bis 2040 die gesamte Rente zu versteuern ist.
Wie hoch ist die Doppelbesteuerung?
Aufgrund der Übergangsregelungen steigt die Doppelbesteuerung ab dem Jahr 2005 sehr schnell an und erreicht in den Renteneintrittsjahren 2022 bis 2023 ihren Höchstsatz von 20 % bis 23 %. Die Dopplebesteuerung wird unfairerweise umso höher, je größer die Zahl der Beitragsjahre ist. Laut Berechnung von Experten werden teilweise mehr als 20 Prozent der Rente doppelt besteuert. Je nach Steuerfall werden so mehrere Hunderte bis Tausende Euro zu viel besteuert. Bei einer Durchschnittsrente beträgt die Doppelbesteuerung zwischen 1.000 € und 1.100 € pro Jahr. Bei 20 Millionen Rentnern sind das etwa 20 Mrd. € pro Jahr, die der Staat ungerechtfertigt an Steuern verlangt. Erst in ca. 50 Jahren hätte das ein Ende.
Bei wem liegt eine Doppelbesteuerung vor?
Grundsätzlich können alle Renten von der Doppelbesteuerung betroffen sein:
- gesetzliche Rente (reguläre Altersrente, Altersrenten für langjährig und besonders langjährig Versicherte, Altersrente für schwerbehinderte Menschen, Altersrente für Bergleute, Renten für Hinterbliebene, Erwerbsminderungsrente)
- betriebliche Rente
- Rente aus Versorgungswerken
- private Renten, wie Basisrente (Rürup-Rente), Riester-Rente etc.
Allerdings können frühere Arbeitnehmer nach der Rechenformel des Bundesfinanzhofs eher nicht profitieren. Es bleibt aber abzuwarten, ob das Bundesverfassungsgericht andere Grundsätze für die Berechnung der Doppelbesteuerung aufstellt.
Der Bundesfinanzhof hat vier Anhaltspunkte genannt, wann eine Doppelbesteuerung vorliegen könnte.
Eine Doppelbesteuerung kann insbesondere bei Rentnern vorliegen, die:
- kürzlich erst in Rente gegangen sind (ab 2005),
- selbständig waren (ohne steuerfreie Zuschüsse vom Arbeitgeber),
- ledig sind (wegen einer möglichen Witwenrente),
- und männlich sind (kürzere statistische Lebenserwartung).
In der Regel müssen sogar mehrere der genannten Voraussetzungen vorliegen, aber nicht alle. So könnte es z.B. bei einer unverheirateten Frau, die nach einer freiberuflichen Tätigkeit vor kurzem in Rente gegangen ist, ebenfalls zu einer Doppelbesteuerung der Rente kommen.
Fazit: Es hängt immer von der individuellen der Steuer- und Rentensituation ab, ob die Rente doppelt besteuert wird.
Was sollten Rentner jetzt tun?
Es sind bereits etwa 142.000 Rechtsbehelfe (Einsprüche und Klagen) wegen der Doppelbesteuerung von Renten eingelegt worden. Sollten Sie auch vorsorglich Einspruch gegen Ihren Steuerbescheid eingelegen oder Klage erheben? Es kommt darauf an, welcher Fall bei Ihnen vorliegt:
- Keine Doppelbesteuerung nach BFH
- Aktuelle Doppelbesteuerung nach BFH
- Einspruch ist bereits eingelegt
- Steuerbescheid ist bereits bestandskräftig
- Sie bekommen erst zukünftig Rente
Keine Doppelbesteuerung nach BFH
Das Bundesfinanzministerium hat eine Verwaltungsanweisung (BMF-Schreiben vom 30.8.2021) erlassen: Die Steuerbescheide ergehen hinsichtlich der Besteuerung von Renten nur noch vorläufig, d.h. der Einkommensteuerbescheid bleibt insoweit offen, bis über den Streitpunkt endgültig entschieden wurde.
Ein Einspruch ist für viele Rentner mit gesetzlicher Altersrente daher nicht mehr erforderlich. Das gilt aber nur für Rentner, die nach der Berechnungsmethode des BFH keiner Doppelbesteuerung unterliegen. Diese Rentner profitieren automatisch von einem positiven Urteil des Bundesverfassungsgerichtes und haben bei negativem Ausgang auch keine Nachteile. Eine etwaige Steuererstattung wird verzinst.
Allerdings ist eine Entscheidung durch die Finanzämter ohne Ihre Mitwirkung nicht möglich. Sie müssen anhand ihrer Unterlagen (Rentenversicherungsverläufe, Steuerbescheide) und Berechnung (Gegenüberstellung von Einzahlung und Auszahlung ohne Berücksichtigung der Inflation) immer noch nachweisen, dass eine Doppelbesteuerung bei Ihnen vorliegt. Daher wird in Steuerbescheiden, die den Vorläufigkeitsvermerk enthalten, zusätzlich folgender Hinweis aufgenommen:
»Wichtiger Hinweis: Sollte nach einer künftigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder des Bundesfinanzhofs dieser Steuerbescheid Ihrer Auffassung nach hinsichtlich der Besteuerung von Leibrenten und anderen Leistungen aus der Basisversorgung nach § 22 Nummer 1 Satz 3 Seite 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG zu Ihren Gunsten zu ändern sein, benötige ich weitere Unterlagen von Ihnen. Von Amts wegen kann ich Ihren Steuerbescheid nicht ändern, weil mir nicht alle erforderlichen Informationen vorliegen.«
Sie sollten daher die Begründung (Unterlagen und Berechnung) für eine etwaige Doppelbesteuerung dem Finanzamt vorlegen.
Aktuelle Doppelbesteuerung nach BFH
Wer jetzt schon zu den doppelt besteuerten Rentnern gehört, sollte gegen seinen Steuerbescheid Einspruch einlegen und Aussetzung der Vollziehung beantragen, damit Sie sofort weniger Steuern zahlen müssen. Wer wahrscheinlich jetzt schon zu den doppelt besteuerten Rentnern gehört finden Sie oben.
Wichtiger Hinweis: Ein Einspruch ist nur innerhalb der Frist von einem Monat nach Bekanntgabe des Bescheides möglich. Wenn Sie auch von dem BFH-Urteil profitieren möchten, dann können mich gerne mit dem Einspruch gegen Ihren Steuerbescheid beauftragen.
Einspruch ist bereits eingelegt
Rentner, die bereits einen Einspruch wegen der Doppelbesteuerung gegen ihren Steuerbescheid eingelegt haben, sollten den Einspruch nicht zurück nehmen und auf die Reaktion des Finanzamtes warten.
Steuerbescheid ist bereits bestandskräftig
Sofern der Steuerbescheid bereits bestandskräftig ist (älter als ein Monat), ist ein Einspruch i.d.R. nicht mehr möglich. Prüfen Sie, ob der Steuerbescheid anderweitig noch geändert werden kann und vergessen Sie bitte nicht, gegen den nächsten Steuerbescheid fristgerecht Einspruch einzulegen.
Sie bekommen erst zukünftig Rente
Wenn Sie noch keine Rente erhalten, können Sie jetzt auch noch keinen Einspruch einlegen und müssen abwarten. Dennoch können Sie von den BFH-Urteilen profitieren, wenn der Gesetzgeber die Rentenbesteuerung ändert, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden.
Steuertipp: Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) dürfen Renten nicht doppelt besteuert werden. Allerdings gilt das nach Auffassung des BFH nur in speziellen Fällen. Gegen die Doppelbesteuerung von Renten ist eine Klage beim Bundesverfassungsgericht anhängig. Wenn Sie von einem positiven Urteil profitieren möchten, dann kann ich für Sie Einspruch gegen Ihren Steuerbescheid einlegen und Ruhen des Verfahrens beantragen. Sie können mich für 197 Euro damit per E-Mail beauftragen. Weitere Infos auch auf Doppelbesteuerung von Renten.
Ihre persönliche Checkliste Steuererklärung
Hinweise:
Doppelte Besteuerung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen: Auch wenn die mit dem AltEinkG geschaffene Übergangsregelung für die Besteuerung von Leibrenten aus der Basisversorgung (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG) grundsätzlich verfassungsgemäß ist, darf es in keinem Fall zu einer verfassungswidrigen doppelten Besteuerung der Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezüge kommen. Die Feststellungslast hierfür liegt beim Steuerpflichtigen. Der Steuerpflichtige kann eine verfassungswidrige doppelte Besteuerung bereits bei Beginn des Rentenbezugs rügen. Es kann nicht unterstellt werden, dass zu Beginn des Rentenbezugs zunächst nur solche Rentenzahlungen geleistet werden, die sich aus steuerentlasteten Beiträgen speisen. Zu den Rechtsfragen, die sich im Rahmen der Berechnung stellen, ob im konkreten Einzelfall eine doppelte Besteuerung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen gegeben ist. BFH Urteil vom 21.06.2016 - X R 44/14
Steigerungsbeträge aus der Höherversicherung der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 269 Abs. 1 SGB VI sind als akzessorische Zusatzleistungen einer gesetzlichen Altersrente der Basisversorgung ("erste Schicht") anzusehen und unterliegen daher der nachgelagerten Besteuerung gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG.
Die Öffnungsklausel für eine zumindest teilweise Ertragsanteilsbesteuerung von Basisversorgungsrenten ist nach dem eindeutigen Wortlaut des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 Halbsatz 1 EStG nur auf Antrag des Steuerpflichtigen und nicht von Amts wegen anzuwenden.
Regelmäßige Rentenanpassungen sind nach der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden gesetzlichen Anordnung in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 7 EStG auch in der für Renteneintrittsjahrgänge bis einschließlich 2039 geltenden Übergangsphase nicht nur mit dem individuellen Besteuerungsanteil, sondern in voller Höhe zu besteuern (Anschluss an Senatsurteil vom 26.11.2008 – X R 15/07, BFHE 223, 445, BStBl II 2009, 710).
Bei den gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG nur mit dem Ertragsanteil zu besteuernden Renten aus privaten Versicherungsverträgen außerhalb der Basisversorgung kann gegen das Verbot der doppelten Besteuerung von Altersvorsorgeaufwendungen und späteren Alterseinkünften bereits aus systematischen Erwägungen nicht verstoßen werden.
Die Überschussbeteiligung aus einer privaten Leibrentenversicherung gemäß § 153 VVG ist einheitlich mit der garantierten Rente nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG mit dem gesetzlichen Ertragsanteil zu besteuern. BFH Urteil vom 19.05.2021 - X R 20/19
Keine ernstlichen Zweifel an der bisherigen Berechnungsmethode zur Überprüfung einer doppelten Besteuerung von Altersrenten: Eine verfassungsrechtlich unzulässige doppelte Besteuerung von Altersvorsorgeaufwendungen und Alterseinkünften gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG ist nach inzwischen ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung jedenfalls dann nicht gegeben, wenn die Summe der voraussichtlichen steuerfrei bleibenden Rentenzuflüsse mindestens ebenso hoch ist wie die Summe der aus versteuertem Einkommen aufgebrachten Rentenbeiträge (zuletzt Senatsurteile vom 19.05.2021 – X R 33/19, HFR 2021, 648, Rz 22, sowie vom 19.05.2021 – X R 20/19, HFR 2021, 659, Rz 48).
Der Vergleich des relativen Anteils von aus versteuerten Beiträgen erdienten Renten-Entgeltpunkten (§ 63 Abs. 2 SGB VI) und dem gesetzlich angeordneten Steuerfreistellungsanteil der Rente stellt keine geeignete Methode zur Berechnung einer eventuellen doppelten Besteuerung dar. BFH Beschluss vom 24.08.2021 - X B 53/21 (AdV)
Doppelte Belastung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen: Ermittlung der Höhe der früheren, aus unversteuertem Einkommen geleisteten Altersvorsorgeaufwendungen: Im Rahmen der Beurteilung der Frage, in welchem Umfang ein Steuerpflichtiger seine Altersvorsorgeaufwendungen nach der bis 2004 geltenden Rechtslage aus versteuertem Einkommen geleistet hat, gelten Beiträge zu privaten Rentenversicherungen und kapitalbildenden Lebensversicherungen im Verhältnis zu den Beiträgen zur gesetzlichen Sozialversicherung als lediglich nachrangig abziehbar. BFH Urteil vom 23.08.2017 - X R 33/15
Ermittlung der Höhe des Betrags einer etwaigen doppelten Besteuerung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen: Der Senat hält daran fest, dass sowohl der zum 01.01.2005 eingeleitete Systemwechsel zur grundsätzlich vollen Einkommensteuerpflicht von Leibrenten und anderen Leistungen der Basisversorgung als auch die Grundsystematik der gesetzlichen Übergangsregelung verfassungsgemäß ist.
Einem Steuerpflichtigen, der nachweisen kann, dass es in seinem konkreten Einzelfall zu einer doppelten Besteuerung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen kommt, kann allerdings aus verfassungsrechtlichen Gründen ein Anspruch auf eine Milderung des Steuerzugriffs in der Rentenbezugsphase zustehen. Eine solche doppelte Besteuerung ist nicht gegeben, wenn die Summe der voraussichtlichen steuerfrei bleibenden Rentenzuflüsse mindestens ebenso hoch ist wie die Summe der aus versteuertem Einkommen aufgebrachten Altersvorsorgeaufwendungen. Die erforderliche Vergleichs- und Prognoserechnung ist auf der Grundlage des Nominalwertprinzips vorzunehmen.
Als steuerfrei bleibende Rentenzuflüsse sind in der Vergleichs- und Prognoserechnung die infolge der gesetzlichen Übergangsregelung zu beanspruchenden Rentenfreibeträge (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 4 EStG) für die Rente des Steuerpflichtigen sowie für eine etwaige Hinterbliebenenrente seines statistisch voraussichtlich länger lebenden Ehegatten anzusetzen. Weitere Beträge, die im Rahmen der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens des Rentners abziehbar sind oder steuerfrei gestellt werden, sind nicht einzubeziehen (z.B. Grundfreibetrag, Sonderausgabenabzug für die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, Beitragsanteile des Rentenversicherungsträgers zur Krankenversicherung der Rentner, Werbungskosten-Pauschbetrag, Sonderausgaben-Pauschbetrag).
Für die Ermittlung der in Veranlagungszeiträumen bis 2004 aus versteuertem Einkommen geleisteten Teile der Altersvorsorgeaufwendungen sind die Beiträge zu den verschiedenen Sparten der gesetzlichen Sozialversicherung (einschließlich der ihnen gleichgestellten Teile der Vorsorgeaufwendungen nicht gesetzlich Versicherter) gleichrangig zu berücksichtigen. Alle anderen nach damaliger Rechtslage dem Grunde nach abziehbaren Vorsorgeaufwendungen werden im Rahmen der retrospektiv vorzunehmenden Prüfung, in welchem Umfang Altersvorsorgeaufwendungen in früheren Veranlagungszeiträumen als aus versteuertem Einkommen geleistet gelten, lediglich nachrangig berücksichtigt. In Fällen der Zusammenveranlagung von Eheleuten, die jeweils eigene Vorsorgeaufwendungen getragen haben, werden die gemeinsamen Sonderausgaben-Höchstbeträge im Verhältnis der vorrangig zu berücksichtigenden Vorsorgeaufwendungen beider Eheleute aufgeteilt. Eine Kürzung um Beitragsanteile, die nach der Finanzierungs- und Ausgabenstruktur der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung kalkulatorisch nicht auf die Leistung von Alters- oder Hinterbliebenenrenten entfallen, ist nicht vorzunehmen. BFH, Urteil vom 19.5.2021 – X R 33/19