Grundsätze zur Tantieme für Gesellschafter-Geschäftsführer
Tantieme: Berechnung, zulässige Höhe, Angemessenheit (vGA-Risiko) und Versteuerung einfach erklärt.
Inhaltsverzeichnis – Geschäftsführergehalt & Tantieme
- Geschäftsführergehalt & Tantieme berechnen
- Anerkennung durch Finanzamt (Grundsätze)
- 1. Verhältnis der Tantieme zum verbleibenden Jahresüberschuss
- 2. Verhältnis der Tantieme zu den übrigen Bestandteilen der Gesamtbezüge
- 3. Vereinbarung einer Nur-Tantieme
- 4. Nur-Rohgewinntantieme
- Weitere Tipps & aktuelle Infos zu Tantieme und Geschäftsführergehalt
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Tantieme Rechner
Anerkennung von Tantiemezusagen durch das Finanzamt
Ausgangspunkt ist das BFH-Urteil vom 27.03.2001 (BStBl 2002 II S. 111). Darauf aufbauend hat das Bundesfinanzministerium Grundsätze zur körperschaftsteuerlichen Anerkennung von Tantiemezusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer veröffentlicht.
Für die Praxis heißt das: Tantiemezusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer werden nur anerkannt, wenn sie klar vereinbart, angemessen und fremdüblich sind. Andernfalls droht eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) mit entsprechenden steuerlichen Nachteilen.
1. Verhältnis der Tantieme zum verbleibenden Jahresüberschuss
Nach Abschn. 33 Abs. 2 Satz 1 KStR gilt eine wichtige Grenze: Übersteigen Tantiemezusagen insgesamt 50 % des Jahresüberschusses, liegt regelmäßig eine vGA vor.
Diese 50 %-Grenze gilt sowohl bei mehreren Gesellschafter-Geschäftsführern als auch bei nur einem Geschäftsführer. Maßgeblich ist der handelsrechtliche Jahresüberschuss vor Abzug der Gewinntantieme und der ertragsabhängigen Steuern (Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer, Solidaritätszuschlag).
Praxishinweis: Bleibt die Summe aller Gewinntantiemen unter 50 % des korrigierten Jahresüberschusses, ist das ein wichtiges Argument für die steuerliche Angemessenheit.
2. Verhältnis der Tantieme zu den übrigen Bestandteilen der Gesamtbezüge
Nach Abschn. 33 Abs. 2 Satz 4 KStR sollen die Bezüge eines Gesellschafter-Geschäftsführers im Regelfall mindestens zu 75 % aus festen und höchstens zu 25 % aus variablen Bestandteilen (Tantieme) bestehen.
Für die Finanzverwaltung ist daher entscheidend: Ausgangspunkt ist die angemessene Gesamtausstattung des Gesellschafter-Geschäftsführers (Fixgehalt, Tantieme, Sachbezüge etc.). Daraus wird dann der zulässige Anteil der Tantieme abgeleitet.
Beispiel:
Ein Gesellschafter-Geschäftsführer soll eine angemessene Gesamtausstattung von 400.000 € erhalten, die sich wie folgt zusammensetzt:
Festgehalt |
150.000 € |
Tantieme |
250.000 € |
Der durchschnittlich erzielbare Jahresüberschuss vor Abzug der Tantieme und der ertragsabhängigen Steuern wird mit 1,6 Mio. € angenommen.
Angemessen wären nach der 75/25-Regel 25 % von 400.000 € = 100.000 € Tantieme. Die darüber hinausgehenden 150.000 € gelten als verdeckte Gewinnausschüttung.
Aus dieser Berechnung ergibt sich ein angemessener Tantiemesatz von:
100.000 × 100 / 1.600.000 = 6,25 % des Jahresüberschusses.
Dieser Prozentsatz kann als Orientierung für künftige Jahre genutzt werden, solange sich die Ertragslage nicht wesentlich ändert.
3. Vereinbarung einer Nur-Tantieme
Unter einer Nur-Tantieme versteht man eine Vergütung, die nahezu ausschließlich aus einer Gewinntantieme besteht, also ohne (oder mit nur sehr geringem) Festgehalt.
Grundsatz des BFH (Urteil vom 27.03.2001): Eine Nur-Tantieme wird grundsätzlich nicht anerkannt. Ausnahmen kommen nur in besonderen Situationen in Betracht, z. B.:
- Gründungsphase der Gesellschaft,
- vorübergehende wirtschaftliche Schwierigkeiten,
- besonders risikoreiche Geschäftszweige.
In diesen Ausnahmefällen kann die Finanzverwaltung vorübergehend von der 75/25-Regel zugunsten eines höheren Tantiemeanteils abweichen. Voraussetzung ist aber immer:
- Die Tantiemevereinbarung beachtet die Grundsätze zu Höhe, Angemessenheit und Fremdvergleich.
- Die Nur-Tantieme ist klar zeitlich befristet.
- Nach Wegfall der Ausnahmesituation wird sie zwingend durch ein Modell mit angemessenem Fixgehalt ersetzt.
Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird die Nur-Tantieme steuerlich nicht anerkannt – oft mit der Folge einer vGA.
§ 8 KStG – Grundsätze zur Anerkennung von Tantiemezusagen (Auszug)
„Nur-Tantiemen“ können dem Grunde nach anerkannt werden, wenn ein echter Ausnahmefall vorliegt (z. B. Gründungsphase). Dann gelten zusätzlich:
- Die Tantiemen an einen oder mehrere Gesellschafter-Geschäftsführer dürfen insgesamt grundsätzlich nicht mehr als 50 % des Jahresüberschusses vor Tantieme und Steuern betragen.
- Die Nur-Tantieme muss zeitlich begrenzt sein.
- Nach Ende der Ausnahmesituation ist zwingend auf ein Vergütungsmodell mit angemessenem Festgehalt umzustellen.
Ist eine Nur-Tantieme ausnahmsweise dem Grunde nach anerkennungsfähig, so gilt sie der Höhe nach typisierend nur zu 25 % als angemessen und zu 75 % als unangemessen, sofern nicht besondere Umstände eine abweichende Beurteilung rechtfertigen.
4. Nur-Rohgewinntantieme
Die Grundsätze zur Nur-Tantieme gelten entsprechend für eine Nur-Rohgewinntantieme (Tantieme ausschließlich auf den Rohgewinn/Umsatz).
Gerade Umsatztantiemen ohne klare Begrenzung sind aus Sicht der Finanzverwaltung besonders kritisch, weil sie die Gefahr einer „Gewinnabsaugung“ bergen. Hier ist eine sorgfältige Begründung und Gestaltung unverzichtbar.
5. Wegfall älterer BMF-Schreiben und Anwendungszeitraum
Das aktuelle BMF-Schreiben zu Tantiemezusagen ersetzt frühere Schreiben vom 03.01.1996, 13.10.1997 und 05.01.1998. Übergangsregelungen in diesen Schreiben bleiben unberührt.
Soweit die neuen Grundsätze von bisher im Einzelfall vertretenen Auffassungen zur Nur-Tantieme abweichen, gelten sie erstmals ab dem Veranlagungszeitraum 2003. Im Übrigen sind sie in allen noch offenen Fällen anzuwenden.
Angemessenheit der Gesamtausstattung bei Gewinntantieme
1. Hinweis auf die aktuelle Rechtslage
Der BFH hat in Urteilen vom 27.02.2003 (I R 46/01) und 04.06.2003 (I R 24/02) zur Angemessenheit der Gesamtvergütung bei Vereinbarung einer Gewinntantieme Stellung genommen.
Kernaussage: Es gibt keine starre Schema-Beurteilung, sondern eine Einzelfallprüfung. Teilweise weicht der BFH damit von älteren BMF-Schreiben (01.02.2002 und 14.10.2002) ab.
2. Wo Verwaltungsauffassung und BFH-Rechtsprechung übereinstimmen
Verwaltungsregelungen und Rechtsprechung stimmen im Wesentlichen in folgenden Punkten überein:
- Die vom BFH entwickelte 50 %-Obergrenze für Gewinntantiemen bleibt zentral: Wird mehr als 50 % des Jahresüberschusses (vor Tantieme und Steuern) als Tantieme gezahlt, wird regelmäßig eine verdeckte Gewinnausschüttung angenommen.
- Der angemessene Tantiemesatz kann weiterhin aus dem Verhältnis „angemessene Tantieme / durchschnittlicher Jahresüberschuss“ (vor Tantieme und Steuern) abgeleitet werden.
- Eine Nur-Gewinntantieme/Nur-Rohgewinntantieme ist unüblich und führt in der Regel zur vGA.
3. Bandbreitenbetrachtung bei der Gesamtausstattung
Der BFH prüft nicht mehr jeden einzelnen Vergütungsbestandteil isoliert, sondern stellt stärker auf die Gesamtausstattung im Zusagezeitpunkt ab.
Wichtig ist dabei: Es gibt nicht „das eine“ angemessene Gehalt, sondern eine Bandbreite. Nur Vergütungen, die den oberen Rand dieser Bandbreite deutlich überschreiten, gelten als unangemessen.
Grundlage für die Schätzung der Angemessenheit sind u. a. marktübliche Vergleichsgehälter (z. B. Gehaltsstudien wie BBE, Branchen- und Größenvergleich). Zuschläge sind möglich, z. B. bei besonderen persönlichen Qualifikationen oder außergewöhnlichen Gewinnen; Abschläge bei dauerhaft schwächerer Ertragslage.
In der Praxis wird hierfür häufig das sog. „Programm Hansmann“ herangezogen, das auf Gehaltsstudien basiert und Angemessenheitsgrenzen berechnet.
4. Verhältnis Tantieme zu Festbezügen (75/25-Regel)
Die Finanzverwaltung arbeitet typisierend mit der 75/25-Regel: Mindestens 75 % Fixgehalt, höchstens 25 % variable Vergütung (Tantieme).
Der BFH stellt jedoch klar: Ein variabler Anteil von mehr als 25 % führt nicht automatisch zu einer vGA, wenn die Gesamtausstattung insgesamt noch angemessen ist. Die 25 % haben eher Indizwirkung.
Kein vGA-Indiz, wenn u. a.:
- mit sprunghaften Gewinnentwicklungen gerechnet werden konnte,
- starke Ertragsschwankungen vorliegen,
- eine belastbare Gewinnprognose nicht möglich oder nicht rekonstruierbar ist,
- keine weiteren Auffälligkeiten (z. B. mangelhafte Durchführung der Vergütung) bestehen.
In diesen Fällen akzeptiert der BFH, wenn der absolute Tantiemesatz dem Fremdvergleich standhält – das Verhältnis Fixgehalt/Tantieme tritt zurück.
Wichtig ist dann allerdings eine Deckelung (Höchstbetrag), ab der ein Teil der Tantieme als Gewinnausschüttung gilt. Fehlt eine Deckelung, kann eine vGA der Höhe nach vorliegen.
Ausnahmsweise vGA-Indiz, wenn kumulativ:
- keine nennenswerten Ertragsschwankungen (stabile Erträge),
- Gewinnprognose liegt vor oder ist rekonstruierbar,
- keine Deckelung der Tantieme vereinbart,
- deutliche Abweichung von 75/25 (z. B. > 50 % Tantiemeanteil),
- weitere Anhaltspunkte für eine gesellschaftlich veranlasste Vergütung vorliegen.
5. Weitere Vorgehensweise in der Praxis
Die genannten BFH-Urteile (BStBl 2004 II S. 132 und 136) sind allgemein anzuwenden. Da das BMF-Schreiben vom 01.02.2002 noch nicht aufgehoben wurde, ergeben sich in der Praxis häufig Abgrenzungsfragen.
Bereits aufgegriffene Steuerfälle:
In bestehenden Verfahren kann eine Aussetzung der Vollziehung in Betracht kommen, bis die neuen Körperschaftsteuerrichtlinien verabschiedet sind und Auslegungsfragen geklärt wurden.
Laufende Betriebsprüfung / Veranlagung:
Nach Auffassung der Finanzverwaltung sollen Fälle, in denen der variable Anteil über 25 % liegt, vor allem dann aufgegriffen werden, wenn zusätzlich:
- Zweifel an der Angemessenheit der Gesamtausstattung bestehen oder
- die Abweichung von der 75/25-Regel nach den genannten Kriterien als vGA-Indiz zu werten ist.
Weitere Infos zu Geschäftsführergehalt und Tantieme
- Geschäftsführergehalt berechnen & steuerlich optimieren
- Angemessenheit der Gesamtvergütung eines Gesellschafter-Geschäftsführers
- Tantieme: Berechnung, Höhe, Angemessenheit & Versteuerung
- Anerkennung von Tantiemezusagen in der Betriebsprüfung
- Verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) bei Tantiemen
- vGA wegen nicht nachvollziehbar vereinbarter Tantieme vermeiden
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