Hier finden Sie die amtliche Richtsatzsammlung vom Finanzamt. Richtsätze dienen der Finanzverwaltung, Umsätze und Gewinne der Gewerbetreibenden zu verproben und ggf. bei Fehlen anderer geeigneter Unterlagen zu schätzen (§ 162 AO)..
Was Betriebsprüfer prüfen – und wie Sie sich optimal vorbereiten. Für Unternehmer & Selbstständige
Kurzüberblick (TL;DR)
Richtsätze sind branchenübliche Vergleichswerte für Rohgewinn, Halbreingewinn und Reingewinn – nützlich zur Verprobung und Schätzung (§ 162 AO).
Bei ordnungsgemäßer Buchführung genügt eine bloße Abweichung von Richtsätzen nicht für eine Schätzung.
Gelten auch für EÜR – aber nur nach Normalisierung (Soll-/Ist, USt-Neutralisierung, Periodenabgrenzung).
Pauschbeträge 2024 vereinfachen Sachentnahmen (Jahreswerte pro Person; Kinder: <2 J. 0 €, <12 J. 50 %; gemischte Betriebe: höheren Wert ansetzen).
Richtsätze – wozu und was dürfen sie (nicht)?
Richtsätze basieren auf Daten zahlreicher geprüfter Betriebe und bilden den Normalbetrieb ab. Es besteht kein Anspruch, „nach Richtsatz besteuert“ zu werden. Für Großbetriebe sind sie nicht gedacht.
Kerngedanken in 3 Punkten
Hilfsmittel zur Plausibilisierung von Umsatz und Gewinn.
Keine Schätzung allein wegen Abweichung bei ordnungsgemäßer Buchführung.
Vergleichbarkeit erfordert Normalisierung Ihrer Zahlen.
Normalbetrieb & Vergleichbarkeit: Was gehört in die Normalisierung?
Außergewöhnliches, Nichtabziehbares (z. B. Spenden, GewSt) in der Verprobung neutralisieren.
§ 7g EStG, Sonder-AfA, AfaA: im Vergleich nicht gewinnwirksam.
Merker
Für Handwerks-/Mischbetriebe sind angefangene Arbeiten und teil-/fertige Erzeugnisse zu Verkaufspreisen anzusetzen.
So lesen Sie die Richtsatz-Tabellen
Je Gewerbeklasse finden Sie Rohgewinnaufschlag (Handel), Rohgewinn I/II, Halbreingewinn und Reingewinn als Prozentsätze vom wirtschaftlichen Umsatz, jeweils mit unterem/oberem Rahmen und Mittelsatz.
Mini-Formeln (Aufschlag ↔ Rohgewinnsatz)
a = r / (1 - r) // Beispiel: r = 0,30 ⇒ a = 0,30 / 0,70 = 0,4286 = 42,86%
r = a / (1 + a) // Beispiel: a = 50% ⇒ r = 0,50 / 1,50 = 0,3333 = 33,33%
Praxis Der Mittelsatz ist oft der beste Startpunkt. Innerhalb von Umsatzklassen nutzen Sie die obere bzw. untere Rahmenhälfte je nach Position Ihres Umsatzes.
Richtsätze bei EÜR (§ 4 Abs. 3 EStG): typische Stolpersteine
Wechsel der Gewinnermittlungsart: Berichtigungen gem. R 4.6 EStR durchführen.
Schätzung in der Praxis: Vom Einsatz zum Ergebnis
Ausgangswerte (normalisiert):
Handel: Wareneinsatz
Handwerk/Misch: Waren-, Material- und Fertigungslohneinsatz
Dienstleistung: Summe der Betriebsausgaben
Ergebnis ist der wirtschaftliche Umsatz bzw. (Halb-)Reingewinn des Normalbetriebs. Danach erfolgt die Entnormalisierung (z. B. Krankheit/Ersatzkraft, überhöhte Mieten an Gesellschafter, Hilfsgeschäfte).
Körperschaften: besondere Korrekturen
Nach Schätzung wie beim Einzelunternehmen sind kSt-spezifische Abweichungen zu berücksichtigen (z. B. vGA nur, soweit der körperschaftsteuerliche Wert über dem „privatähnlich“ angesetzten Wert liegt; Personensteuern/Spenden nicht wieder hinzurechnen).
Pauschbeträge 2024 für unentgeltliche Wertabgaben (Sachentnahmen)
Die Pauschbeträge sind Jahreswerte pro Person und dienen der Vereinfachung der Verbuchung (§ 148 AO). Keine individuellen Zu-/Abschläge.
Kinder: bis unter 2 Jahren 0 €, bis unter 12 Jahren 50 % des jeweiligen Wertes.
Gemischte Betriebe: stets den höheren einschlägigen Pauschbetrag ansetzen.
Nicht von den Pauschalen umfasst (separat aufzeichnen): Tabakwaren, Bekleidung, Elektrogeräte, Sonderposten u. a.
Jahreswerte je Person (netto) – 1. Januar bis 31. Dezember 2024
Gewerbezweig
Ermäßigter Steuersatz (€)
Voller Steuersatz (€)
Summe (€)
Bäckerei
1.605
206
1.811
Fleischerei/Metzgerei
1.429
545
1.974
Gaststätten (kalte Speisen)
1.399
1.016
2.415
Gaststätten (kalt & warm)
2.253
1.723
3.976
Getränkeeinzelhandel
118
266
384
Café & Konditorei
1.547
575
2.122
Milch/Milcherzeugnisse/Fette/Eier (EH)
693
0
693
Nahrungs- & Genussmittel (EH)
1.340
354
1.694
Obst/Gemüse/Südfrüchte/Kartoffeln (EH)
369
156
531
Zum Vergleich 2023: z. B. Bäckerei 1.734 €, Fleischerei 1.890 €, Gaststätten (kalt & warm) 3.681 €.
EÜR-Spezial: Forderungen/Anzahlungen, angefangene Arbeiten zu Verkaufspreisen, USt-Neutralisierung, Periodenabgrenzung.
Häufige Fehler – und wie Sie sie vermeiden
Nur auf Mittelsatz schauen statt Rahmen/Umsatzklasse/Branchenspezifika mitzudenken.
EÜR ohne Normalisierung ⇒ scheinbare Abweichungen.
Pauschbeträge falsch skaliert (Kinder, gemischter Betrieb) oder auf Nicht-Lebensmittel angewendet.
vGA/nahestehende Personen ohne Fremdvergleich (Mieten, Gehälter, Kfz).
Halbreingewinn ignoriert – oft die verlässlichere Schätzbasis.
Fazit & Nächste Schritte
Die Richtsatzsammlung ist Lineal, nicht Schwert: Sie misst Plausibilität und verlangt sauber normalisierte Zahlen. Mit strukturierter Kassenführung, transparentem Wareneinsatz, klaren Lohnabgrenzungen und korrekt angesetzten Pauschbeträgen 2024 sind Abweichungen gut erklärbar.
Mit unserem Rechner können Sie die Richtsätze online berechnen und feststellen, ob Ihre Werte unter-/ oder überschritten wurden bzw. der Wert liegt innerhalb der Richtsätze liegt.
Richtsatzsammlung + Rechner
Wozu das Finanzamt die Sammlung nutzt
Wenn ein Steuerpflichtiger auffällige, unvollständige oder unplausible
Angaben in der Steuererklärung macht, greift das Finanzamt oft auf die
Richtsatzsammlung zurück, um die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen. Dieses
Werkzeug bietet den Finanzbehörden Vergleichswerte für Unternehmen
verschiedener Branchen und Größen und hilft, Unstimmigkeiten aufzudecken.
Besonders für kleine und mittlere Betriebe ist die Richtsatzsammlung eine
wichtige Grundlage, um ihre betriebswirtschaftliche Lage korrekt
einzuschätzen.
Die Richtsatzsammlung unterstützt Finanzbeamte und Betriebsprüfer bei der
Gewinnschätzung, wenn Buchhaltungsunterlagen unvollständig oder nicht
nachvollziehbar sind. Vor allem aber dient sie zur Identifikation von
Unregelmäßigkeiten: Weichen Ihre Angaben – etwa bei Gewinnmargen oder
Wareneinsätzen – stark von den Durchschnittswerten ab, kann dies Anlass für
das Finanzamt sein, Ihre Angaben genauer zu prüfen.
Die Richtsätze sind ein Hilfsmittel (Anhaltspunkt) für die Finanzverwaltung, Umsätze und Gewinne der Gewerbetreibenden zu verproben und ggf. bei Fehlen anderer geeigneter Unterlagen zu schätzen (§ 162 Abgabenordnung).
Welche Zahlen die Sammlung enthält
Die Richtsatzsammlung umfasst Durchschnittswerte für zahlreiche Branchen von
A wie Ambulante soziale Dienste bis
Z wie Zimmerei. Es werden
betriebswirtschaftlich relevante Kennzahlen wie der durchschnittliche
Wareneinsatz und Gewinnspannen für Unternehmen unterschiedlicher
Größenordnungen dargestellt.
Das sollten Sie tun
Vergleichen Sie die Werte Ihres Unternehmens mit den
Richtwerten der Richtsatzsammlung. Abweichungen sind nicht zwingend
problematisch, aber sie können eine eingehende Prüfung zur Folge haben.
Bereiten Sie sich auf Rückfragen vor, falls Ihre Werte
stark von den Durchschnittszahlen abweichen. Legen Sie plausible Gründe
für diese Abweichungen bereit, um unangenehme Folgen bei einer
Betriebsprüfung zu vermeiden.
Tipp: Bei formell ordnungsmäßig ermittelten Buchführungsergebnissen darf eine Gewinn- oder Umsatzschätzung nach ständiger Rechtsprechung in der Regel nicht allein darauf gestützt werden, dass die erklärten Gewinne oder Umsätze von den Zahlen der Richtsatz-Sammlung abweichen.
Hinweis: Die Richtsätze sind für die einzelnen Gewerbeklassen auf der Grundlage von Betriebsergebnissen zahlreicher geprüfter Unternehmen ermittelt worden. Sie gelten nicht für Großbetriebe.
Die Richtsätze stellen auf die Verhältnisse eines Normalbetriebs ab. Der Normalbetrieb ist ein Einzelunternehmen mit Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich. Die Richtsätze können bei Betrieben von Einzelunternehmen, Personengesellschaften und Körperschaften ermittelt und angewendet werden. Bei dem Vergleich mit dem Normalbetrieb sind die Besonderheiten des Körperschaftsteuerrechts zu beachten.
Die Richtsätze finden auch auf Steuerpflichtige mit Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG (Einnahmenüberschussrechnung) Anwendung. Hierzu sind die erforderlichen Anpassungen vorzunehmen (ggf. Umrechnung der Einnahmen und Ausgaben von Istauf Sollbeträge, Neutralisierung der Umsatzsteuer, Zuordnung außerordentlicher bzw. periodenfremder Aufwendungen und Erträge zum Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit). Hat der Steuerpflichtige zulässigerweise die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG gewählt, ist auch eine Gewinnschätzung in dieser Gewinnermittlungsart durchzuführen. Bei einem Wechsel der Gewinnermittlungsart sind Berichtigungen des Gewinns gemäß R 4.6 Abs. 1 EStR vorzunehmen, wenn der Gewinn im Anschluss an eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG nach Richtsätzen geschätzt oder nach einer Richtsatzschätzung im nächsten Jahr nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt wird. Ggf. müssen im Rahmen der Richtsatzschätzung zusätzlich Bestandsveränderungen (z. B. Warenbestände, Forderungen und Verbindlichkeiten) ermittelt bzw. geschätzt und berücksichtigt werden.
Richtsätze werden in v.H.-Sätzen des wirtschaftlichen Umsatzes für den Rohgewinn (Rohgewinn I bei Handelsbetrieben, Rohgewinn II bei Handwerks- und gemischten Betrieben [Handwerk mit Handel]), für den Halbreingewinn und den Reingewinn ermittelt (Spalten 4 bis 7 der tabellarischen Übersicht der Richtsätze für die einzelnen Gewerbeklassen). Bei Handelsbetrieben wird daneben der Rohgewinnaufschlagssatz angegeben (Spalte 3 der Richtsätze für die einzelnen Gewerbeklassen). Für Handwerks- und gemischte Betriebe ist nachrichtlich auch ein durchschnittlicher Rohgewinn I in Spalte 4 der Richtsatzsammlung verzeichnet, der als Anhalt für den Waren- und Materialeinsatz dienen soll.
Als Handelsbetrieben im Sinne der Richtsätze gelten auch die Betriebe nachstehender Gewerbeklassen:
Bäcker, Konditor
Bestattungsunternehmen
Cafés, Eisdielen, Gaststätten, Imbissbetriebe
Hotels, Gasthöfe und Pensionen mit Halb- und Vollpension (ohne Hotels garnis)
Fleischer, Metzger, Schlachter
Kosmetiksalons
Als Fertigungsbetriebe im Sinne der Richtsätze gelten auch die Betriebe nachstehender Gewerbeklassen:
Frisörgewerbe
Glas- und Gebäudereinigungsbetriebe
Gerüstbauer
Kfz-Lackiererei und -Reparatur.
Die Richtsätze bestehen aus einem oberen und einem unteren Rahmensatz sowie einem Mittelsatz. Die Rahmensätze tragen den unterschiedlichen Verhältnissen Rechnung. Der Mittelsatz ist das gewogene Mittel aus den Einzelergebnissen der geprüften Betriebe einer Gewerbeklasse.
Wirtschaftlicher Umsatz
Wirtschaftlicher Umsatz im Sinne der Richtsätze ist die Jahresleistung
des Betriebes zu Verkaufspreisen - ohne Umsatzsteuer - abzüglich der
Preisnachlässe und der Forderungsverluste.
Zum wirtschaftlichen Umsatz zählen auch:
Einnahmen aus sonstigen branchenüblichen Leistungen (z.B. aus
Materialabfällen, aus Automatenaufstellung in Gaststätten,
Werbezuschüsse),
Bedienungsgelder sowie
Verbrauchsteuern (z.B. Biersteuer, Tabaksteuer, Getränkesteuer,
Schaumweinsteuer), die entgeltmäßig miterhoben werden.
Zum wirtschaftlichen Umsatz zählen nicht:
Erträge aus gewillkürtem Betriebsvermögen,
Einnahmen aus Hilfsgeschäften,
Einnahmen aus in Vorjahren ausgebuchten Kundenforderungen,
Einnahmen aus nicht branchenüblichen Leistungen (z.B. aus
ehrenamtlicher oder gutachtlicher Tätigkeit, aus Lotto- und
Totoannahme), unentgeltliche Wertabgaben,
Lieferungen und sonstige Leistungen i.S. des
§ 3 Abs. 1b UStG
,
Leistungen an das Personal,
Leistungen für eigenbetriebliche Zwecke.
Bei der Ermittlung des wirtschaftlichen Umsatzes werden Kundenforderungen und Anzahlungen von
Kunden mit Nettowerten, d.h. ohne Umsatz-steuer verrechnet.
Bei Handelsbetrieben entspricht der wirtschaftliche Umsatz dem
Sollumsatz. Bei Handwerksbetrieben werden fertige und teilfertige Erzeugnisse aus eigener
Herstellung sowie angefangene Arbeiten bei der Ermittlung des
wirtschaftlichen Umsatzes zu Verkaufspreisen verrechnet, weil dem
wirtschaftlichen Materialeinsatz und dem Einsatz an Fertigungslöhnen der
entsprechende wirtschaftliche Umsatz gegenübergestellt wird. Die
Verkaufspreise werden soweit wie möglich den Ausgangsrechnungen entnommen.
Besteht diese Möglichkeit nicht, so werden die Verkaufspreise für die
Bestände an fertigen und teilfertigen Erzeugnissen aus der eigenen
Herstellung sowie an angefangenen Arbeiten in der Regel wie folgt
ermittelt:
Herstellungskosten nach § 6 EStG (
R 6.3 EStR
)
+
anteiliger Unternehmerlohn, wenn der Unternehmer an der
Fertigung mitgearbeitet hat (der Zuschlag ist nach dem
Ausmaß der Mitarbeit des Unternehmers zu bemessen)
+
Zuschlag für die in den Herstellungskosten nicht
erfassten sonstigen Kosten (z.B. allgemeine
Verwaltungskosten, soweit sie nicht in den steuerlichen
Herstellungskosten enthalten sind, und
Vertriebskosten), für Risiko und Gewinn (dieser
Zuschlag ist ggf. zu schätzen, dabei ist der
Fertigungsgrad zu berücksichtigen)
=
Verkaufspreis bzw. anteilige Verkaufspreise (ohne
Umsatzsteuer)
Bestände an fertigen, noch nicht abgerechneten Arbeiten
werden ebenfalls mit Verkaufspreisen (ohne
Umsatzsteuer) angesetzt.
Waren-/Materialeinsatz
Der Waren-/Materialeinsatz im Sinne der Richtsätze wird mit den
Anschaffungskosten (
R 6.2 EStR
) - ohne abziehbare Vorsteuer - unter Abzug der unentgeltlichen Wertabgaben
(ggf. mit den festgesetzten Pauschbeträgen), der Lieferungen i. S. des
§ 3 Abs. 1b UStG
, der unentgeltlichen Waren- und Materialabgaben an das Personal und des
Waren-/Materialverbrauches für eigenbetriebliche Zwecke angesetzt.
Zum Waren-/Materialeinsatz zählen auch:
Nebenkosten bis zur Einlagerung (z.B. Frachten, Porti,
Transportversicherungen, Warenumschließung, Umschlagskosten, Zölle,
Verbrauchsteuern),
Werklieferungen und Werkleistungen fremder Unternehmen.
Zum Waren-/Materialeinsatz zählen nicht:
Betriebsstoffe (z.B. Energie- und Brennstoffe),
Gebühren (z.B. Schlacht- und Fleischbeschaugebühren),
Getränkesteuer.
Die Waren- und Materialanfangs- und -endbestände werden mit den
Anschaffungskosten - ggf. vermindert um branchenübliche Teilwertabschläge -
angesetzt.
Bei der Ermittlung des Waren-/Materialeinsatzes werden
Lieferantenschulden und Anzahlungen an Lieferanten mit Nettowerten, d.h.
ohne abziehbare Vorsteuer angesetzt.
Löhne und Gehälter
Zu den Löhnen und Gehältern gehören die Bruttobezüge (einschließlich
aller Sachbezüge, wie freie Station, freie Wohnung und Deputate,
Urlaubsgeld, Feiertagsvergütungen usw.). Nicht dazu zählt der Anteil des
Arbeitgebers an der Sozialversicherung des Arbeitnehmers; er stellt
allgemeine sachliche Betriebsaufwendungen dar.
Fertigungslöhne sind Löhne, die in Handwerksbetrieben oder in
gemischten Betrieben auf den Fertigungsbereich entfallen. Sie werden bei
der Ermittlung des Rohgewinns II vom wirtschaftlichen Umsatz abgezogen.
Unter öhne und Gehälter für Verwaltung und Vertrieb fallen alle
Bruttolöhne und Gehälter, die nicht zum Fertigungsbereich gehören.
Mitarbeit des Betriebsinhabers: Es wird davon ausgegangen, dass im
Normalbetrieb ein Betriebsinhaber ohne Entlohnung mitarbeitet. Arbeitet der
Betriebsinhaber aus irgendwelchen Gründen (wie Krankheit, hohes Alter)
nicht oder nicht dauernd mit, so entsteht dem Betrieb gegenüber dem
Normalbetrieb ein überhöhter Lohnaufwand, der vom Gesamtbetrag der
Lohnaufwendungen gekürzt wird. Eine Kürzung der Lohnaufwendungen ist auch
dann vorzunehmen, wenn und soweit an Stelle eines Betriebsinhabers ein
Geschäftsführer entgeltlich tätig ist. Arbeiten andererseits bei einer
Gesellschaft mehr als ein Gesellschafter unentgeltlich mit, wird für den
zweiten (ggf. für jeden weiteren) unentgeltlich Mitarbeitenden ein
angemessener Arbeitslohn (bspw. in Höhe einer dem Gewinn vorab
zuzurechnenden Tätigkeitsvergütung) als erspart dem Gesamtbetrag der Löhne
zugerechnet.
Mitarbeit des Ehegatten: Es wird unterstellt, dass die Mitarbeit des
Ehegatten des Betriebsinhabers oder der Ehegatten der Gesellschafter
angemessen entlohnt wird. Arbeitet der Ehegatte ohne oder für eine
unangemessen niedrige Entlohnung mit, wird eine Zurechnung des ersparten
Lohns vorgenommen.
Mitarbeit übriger Personen: Alle übrigen Personen arbeiten im
Normalbetrieb im betriebserforderlichen Umfang und für angemessene
Entlohnung mit. Die Lehrlingsvergütung entspricht der Arbeitsleistung.
Die Lohnaufwendungen für eigenbetriebliche Zwecke (z.B. für zu
aktivierende Eigenleistungen oder innerbetriebliche Reparaturen) sind
abzuziehen.
Löhne und Gehälter, die mit unentgeltlichen Wertabgaben und mit nicht
zum wirtschaftlichen Umsatz gehörenden Leistungen Zusammenhängen, sind
auszuscheiden.
Betriebsaufwendungen
Außergewöhnliche Aufwendungen (z.B. ein mehrjähriger
Erhaltungsaufwand, Kosten der Betriebsverlegung, Nachzahlungen für
Betriebssteuern) sind beim Normalbetrieb nicht abzuziehen.
Das gleiche gilt für Aufwendungen, die das gewillkürte betreffen, und
für private und sonstige Aufwendungen, die mit nicht zum wirtschaftlichen
Umsatz gehörenden Leistungen Zusammenhängen.
Werden jedoch nicht zum notwendigen Betriebsvermögen gehörende
Wirtschaftsgüter auch eigenbetrieblich genutzt, so sind die mit dieser
Nutzung zusammenhängenden Aufwendungen abziehbar, soweit dies steuerlich
zulässig ist.
Beim Anlagevermögen gehören Absetzungen wegen außergewöhnlicher
technischer oder wirtschaftlicher Abnutzung (§ 7 Abs. 1 letzter Satz EStG) und
Sonderabschreibungen nicht zum Aufwand. Abzugs- und Hinzurechnungsbeträge
nach § 7g EStG dürfen sich beim Richtsatzvergleich nicht auf den Gewinn auswirken.
Wird der Vorsteuerabzug für die allgemeinen sachlichen
Betriebsaufwendungen nach Durchschnittsätzen ermittelt, so wird die Summe
der allgemeinen sachlichen Betriebsaufwendungen um die nach
Durchschnittssätzen ermittelte Vorsteuer gekürzt.
Nicht abziehbare Aufwendungen (z. B. Personensteuern,
Aufsichtsratsvergütungen, Gewerbesteuer, Spenden) stellen keine sonstigen
allgemeinen sachlichen Betriebsaufwendungen dar.
Löhne für eigenbetriebliche Zwecke, die entsprechend der Bemerkung in
Nr. 8 .3.7 nicht in den Lohnaufwendungen zu erfassen sind, werden - soweit
sie keine Herstellungskosten darstellen - je nach ihrer Verursachung in den
allgemeinen oder den besonderen sachlichen Betriebsaufwendungen erfasst.
Die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung werden entsprechend den
bei den Löhnen vorgenommenen Normalisierungen erhöht oder gekürzt.
Im Falle der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG werden den allgemeinen sachlichen Betriebsausgaben im steuerlichen Sinn die
mit diesen Aufwandspositionen zusammenhängenden Verbindlichkeiten zum Ende
des Wirtschaftsjahres zugerechnet und zum Anfang des Wirtschaftsjahres
abgerechnet.
Anwendung der Richtsätze
Verprobung
Bei der Verprobung nach Richtsätzen sind die in den Steuererklärungen
ausgewiesenen Umsätze und Gewinne dem Aufbau der Richtsätze (vgl. Nr. 8 )
entsprechend zu normalisieren, d.h. vergleichbarzu machen.
Schätzung
Schätzungsverfahren
Die Ausgangswerte für die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen sind
beim Handelsbetrieb der normalisierte Wareneinsatz,
beim Handwerks- und gemischten Betrieb der normalisierte Waren-,
Material- und Fertigungslohneinsatz und
beim Dienstleistungsbetrieb (z.B. Fuhrgewerbe) die Summe aller
normalisierten Betriebsausgaben.
Die Schätzung führt zum wirtschaftlichen Umsatz bzw. Halbrein- oder
Reingewinn, der den Verhältnissen eines Normalbetriebs entspricht. Diese
Ergebnisse sind insoweit zu erhöhen oder zu vermindern, als die
Verhältnisse im Schätzungsfall von denen des Normalbetriebs abweichen
(entnormalisieren).
Schätzungsrahmen
Bei der Schätzung nach Richtsätzen führt die Anwendung der
Mittelsätze im Allgemeinen zu dem Ergebnis, das mit der größten
Wahrscheinlichkeit den tatsächlichen Verhältnissen am nächsten kommt. Ein
Abweichen vom Mittelsatz kann jedoch durch besondere betriebliche oder
persönliche Verhältnisse begründet sein, die nicht durch
Entnormalisierungen erfassbar oder ansonsten betragsmäßig feststellbar
sind.
Bei einzelnen Gewerbeklassen ist in Spalte 1 der Richtsätze ein
Rahmen für den wirtschaftlichen Umsatz angegeben (z.B. bis 250.000€, über
250.000 € bis 500.000 €, über 500.000 €). Liegt der wirtschaftliche Umsatz
im unteren Bereich der jeweiligen Begrenzung, gelten die Richtsätze aus der
oberen Rahmenhälfte, im oberen Bereich die aus der unteren Rahmenhälfte.
Soweit die Richtsätze für Handwerksbetriebe und gemischte Betriebe
festgesetzt werden, sind bei unterdurchschnittlichem Waren- und
Materialeinsatz Sätze der oberen Rahmenhälfte anzusetzen. Der
durchschnittliche Waren- und Materialeinsatz ergibt sich aus dem
nachrichtlich angegebenen Rohgewinn I.
Der Gewinn ist möglichst nach dem Halbreingewinnsatz zu schätzen, denn die vom Halbreingewinn abzusetzenden besonderen sachlichen und personellen Betriebsaufwendungen können im Allgemeinen festgestellt werden.
Schätzung bei Betrieben von Körperschaften
Der Gewinn ist zunächst nach den vorgenannten Grundsätzen zu schätzen.
Dieser für ein Einzelunternehmen geschätzte Gewinn ist zu korrigieren,
soweit er von dem nach § 8 KStG
zu ermittelnden Einkommen abweicht. Hierbei ist zu beachten, dass
beispielsweise vGA, Personensteuern und Spenden dem nach Richtsätzen
geschätzten Gewinn nicht mehr zugerechnet werden dürfen. VGA sind
allerdings dann hinzuzurechnen, wenn und soweit ihr körperschaftsteuerlich
anzusetzender Wert den in den Richtsätzen bereits berücksichtigten Wert
(vgl. Nr. 8 .5) übersteigt.
Beispiel:
Reingewinn nach Richtsätzen
./.
Geschäftsführergesamtbezüge
./.
Arbeitgeberanteil Geschäftsführergehalt
./.
abzugsfähige Spenden (
§ 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG
)
=
zu versteuerndes Einkommen
Beispiele für die Normalisierungen
Korrekturen
Tatsächliche Verhältnisse
der Merkmale
bei der Verprobung zur Ermittlung vergleichbarer
Merkmale (Normalisierung)
bei der Schätzung zur Ermittlung der zutreffenden
betriebsindividuellen Merkmale (Entnormalisierung)
Bestandserhöhung bei angefangenen Arbeiten
(Herstellungskosten 20.000 € Verkaufspreis 30.000 €)
ohne Änderung, Schätzung aus dem wirtschaftlichen
Umsatz vor der Erhöhung um die unentgeltlichen
Wertabaaben
Der Inhaber eines Handelsbetriebs war 3 Monate krank
Aufwand für Ersatzkraft 15.000 €
Reingewinn
Erhöhung um 15.000 €
Kürzung um 15.000 €
Überhöhte Miete an Gesellschafter siner GmbH 5.000 €
Reingewinn
Erhöhung um 5.000 €
--------
Einnahmen aus Hilfsgeschäften n Höhe von 2.000 €
wirtsch. Umsatz
Kürzung um 2.000 €
Erhöhung um 2.000 €
Reingewinn
Kürzung um 2.000 €
Erhöhung um 2.000 €
Rohgewinn
Der Rohgewinn ist der Unterschied zwischen dem Sollumsatz und demWareneinsatz. Fällt der Unterschiedsbetrag (Saldo) zwischen Sollumsatz und Wareneinsatz negativ aus, spricht man von einem Rohverlust.
Rohgewinnsatz: Der Rohgewinnsatz zeigt das Verhältnis des Rohgewinns zum Sollumsatz und wird kaufmännisch als Handelsspanne bezeichnet. Er wird in Prozent ausgewiesen.
Rohgewinnsatz (Handelsspanne) = Rohgewinn x 100/ Sollumsatz
Rohgewinnaufschlagsatz
Der Rohgewinnaufschlagsatz (auch: Rohaufschlagsatz) ist das Verhältnis zwischen Rohgewinn und Wareneinsatz und wird kaufmännisch als Kalkulationszuschlag bezeichnet. Er wird in Prozent ausgewiesen.
Rohgewinnaufschlagsatz (Kalkulationszuschlag) = Rohgewinn x 100 / Wareneinsatz
Reingewinn
Der Reingewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischenErträgen undAufwendungen. Er entspricht dem Gewinn, der sich auch durch den Betriebsvermögensvergleich ergibt.
Erträge - Aufwendungen = Reingewinn
Reingewinnsatz: Der Reingewinnsatz ist das Verhältnis zwischen demReingewinn und dem Sollumsatz . Er wird in Prozent ausgewiesen.
Reingewinnsatz = Rohgewinn x 100 / Sollumsatz
Richtsatzsammlung
Das Bundesfinanzministerium hat nun die
Richtsatzsammlung 2023
veröffentlicht. Dieses Zahlenwerk ist ein wertvolles Hilfsmittel, das Selbstständigen und Steuerverantwortlichen ermöglicht, ihre Zahlen mit den Branchenwerten zu vergleichen. Ein Blick auf diese Werte schützt Sie vor unangenehmen Überraschungen bei einer möglichen Betriebsprüfung.
Die Richtsatzsammlung 2023 ist öffentlich einsehbar und kann heruntergeladen werden. Nutzen Sie dieses Werkzeug, um Ihre Steuerangaben optimal vorzubereiten und sicherzustellen, dass Sie dem Finanzamt keine unnötigen Angriffspunkte bieten.
Umrechnungstabelle Rohgewinnsätze in Rohgewinnaufschlagsätze
Umrechnung der Rohgewinnsätze in
Rohgewinnaufschlagsätze
Es entspricht
ein Rohgewinn-
satz in v.H.
d. Umsatzes von
einem Rohgewinn-
aufschlagsatz in
v.H.
des Waren-
einsatzes bzw.
Waren- und
Materialeins. von
ein Rohgewinn-
satz in v.H.
des Umsatzes von
einem Rohgewinn-
aufschlagsatz in v.H.
des Wareneinsatzes
bzw.
Waren- und Materialeins. von
ein Rohgewinn-
satz in v.H.
des Umsatzes von
einem Rohgewinn-
aufschlagsatz in
v.H.
des Waren-
einsatzes bzw.
Waren- und
Materialeins. von
1
1,01
34
51,52
67
203,03
2
2,04
35
53,85
68
212,50
3
3,09
36
56,25
69
222,58
4
4,17
37
58,73
70
233,33
5
5,26
38
61,29
71
244,83
6
6,38
39
63,93
72
257,14
7
7,53
40
66,67
73
270,37
8
8,70
41
69,49
74
284,62
9
9,89
42
72,41
75
300,00
10
11,11
43
75,44
76
316,67
11
12,36
44
78,57
77
334,78
12
13,64
45
81,82
78
354,55
13
14,94
46
85,19
79
376,19
14
16,28
47
88,68
80
400,00
15
17,65
48
92,31
81
426,32
16
19,05
49
96,08
82
455,56
17
20,48
50
100,00
83
488,24
18
21,95
51
104,08
84
525,00
19
23,46
52
108,33
85
566,67
20
25,00
53
112,77
86
614,29
21
26,58
54
117,39
87
669,23
22
28,21
55
122,22
88
733,33
23
29,87
56
127,27
89
809,09
24
31,58
57
132,56
90
900,00
25
33,33
58
138,10
91
1.011,11
26
35,14
59
143,90
92
1.150,00
27
36,99
60
150,00
93
1.328,57
28
38,89
61
156,41
94
1.566,67
29
40,85
62
163,16
95
1.900,00
30
42,86
63
170,27
96
2.400,00
31
44,93
64
177,78
97
3.233,33
32
47,06
65
185,71
98
4.900,00
33
49,25
66
194,12
99
9.900,00
Umrechnung der Rohgewinnaufschlagsätze in Rohgewinnsätze
Umrechnung der Rohgewinnaufschlagsätze in
Rohgewinnsätze
Es entspricht
einem Rohgewinn-
aufschlagsatz in v.H.
des Wareneinsatzes
bzw.
Waren- und Materialeins. von
ein Rohgewinn-
satz in v.H.
des Umsatzes von
einem Rohgewinn-
aufschlagsatz in v.H.
des Wareneinsatzes
bzw.
Waren- und
Materialeins. von
ein Rohgewinn-
satz in v.H.
des Umsatzes von
einem Rohgewinn-
aufschlagsatz in v.H.
des Wareneinsatzes
bzw.
Waren- und Materialeins. von
ein Rohgewinn-
satz in v.H.
des Umsatzes von
1
0,99
43
30,07
85
45,95
2
1,96
44
30,56
86
46,24
3
2,91
45
31,03
87
46,52
4
3,85
46
31,51
88
46,81
5
4,76
47
31,97
89
47,09
6
5,66
48
32,43
90
47,37
7
6,54
49
32,89
91
47,64
8
7,41
50
33,33
92
47,92
9
8,26
51
33,77
93
48,19
10
9,09
52
34,21
94
48,45
11
9,91
53
34,64
95
48,72
12
10,71
54
35,06
96
48,98
13
11,50
55
35,48
97
49,24
14
12,28
56
35,90
98
49,49
15
13,04
57
36,31
99
49,75
16
13,79
58
36,71
100
50,00
17
14,53
59
37,11
110
52,38
18
15,25
60
37,50
120
54,55
19
15,97
61
37,89
130
56,52
20
16,67
62
38,27
140
58,33
21
17,36
63
38,65
150
60,00
22
18,03
64
39,02
160
61,54
23
18,70
65
39,39
170
62,96
24
19,35
66
39,76
180
64,29
25
20,00
67
40,12
190
65,52
26
20,63
68
40,48
200
66,67
27
21,26
69
40,83
250
71,43
28
21,88
70
41,18
300
75,00
29
22,48
71
41,52
350
77,78
30
23,08
72
41,86
400
80,00
31
23,66
73
42,20
450
81,82
32
24,24
74
42,53
500
83,33
33
24,81
75
42,86
550
84,62
34
25,37
76
43,18
600
85,71
35
25,93
77
43,50
650
86,67
36
26,47
78
43,82
700
87,50
37
27,01
79
44,13
750
88,24
38
27,54
80
44,44
800
88,89
39
28,06
81
44,75
850
89,47
40
28,57
82
45,05
900
90,00
41
29,08
83
45,36
950
90,48
42
29,58
84
45,65
1000
90,91
Aktuelles + weitere Infos
Zustandekommen der Richtsatzsammlung
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat das Bundesfinanzministerium (BMF) zum Beitritt in einem anhängigen Revisionsverfahren aufgefordert. Der BFH möchte, dass das BMF Auskunft über die Richtsatzsammlung der Finanzverwaltung gibt. Diese Richtsatzsammlung wird bei einer formell ordnungswidrigen Buchführung häufig als Grundlage für die Schätzung des Gewinns herangezogen.
Die Klägerin betreibt eine Diskothek, deren Buchführung in den Streitjahren 2013 und 2014 formell ordnungswidrig war. Der Außenprüfer nahm daher eine Nachkalkulation vor und verprobte die Getränkeumsätze; auf diese Weise ermittelte er einen Rohgewinnaufschlagsatz von 400 %. Die Klägerin klagte hiergegen. In der ersten Instanz zog das Finanzgericht die Richtsatzsammlung der Finanzverwaltung heran und legte einen Rohgewinnaufschlagsatz von 300 % zugrunde, so dass die Klage nur teilweise Erfolg hatte. Hiergegen legte die Klägerin Revision beim BFH ein.
Der BFH hat nun das BMF zum Beitritt zum anhängigen Revisionsverfahren aufgefordert, damit das BMF das Zustandekommen der Richtsatzsammlung erläutern kann. Der BFH möchte insbesondere wissen,
auf welchen Grundlagen und Parametern die Richtsätze beruhen,
wie die Repräsentativität der Daten sichergestellt wird und ob es Einzeldaten gibt, die von vornherein ausgeschlossen werden,
ob die regional zum Teil unterschiedlichen Fixkosten für z. B. Miete und Personal der Festlegung bundeseinheitlicher Richtsätze entgegenstehen,
weshalb die Ergebnisse von Außenprüfungen bei Verlustbetrieben unberücksichtigt bleiben, obwohl auch Verlustbetriebe grundsätzlich einen positiven Rohgewinnaufschlagsatz ausweisen und
ob erfolgreiche Einsprüche gegen Änderungsbescheide, die aufgrund einer Außenprüfung ergangen sind, in die Richtsatzsammlung eingehen.
Der BFH möchte auch wissen, wie dem Steuerpflichtigen ermöglicht werden kann, dass er das Ergebnis eines äußeren Betriebsvergleichs auf der Grundlage der amtlichen Richtsatzsammlung, insbesondere auch die Daten, die in die Richtsatzsammlung einfließen, nachvollziehen und überprüfen kann.
Mit dem Beitrittsbeschluss erhält das BMF jetzt eine beteiligtenähnliche Prozessstellung und ist gefordert, an der Aufklärung der vom BFH aufgeworfenen Fragen mitzuwirken. Ob der BFH die amtliche Richtsatzsammlung anerkennen wird oder ob er künftig höhere Anforderungen an die Datensammlung und Transparenz der Richtsatzsammlung stellen wird, ist derzeit offen.
Für die Steuerpflichtigen ist die Entscheidung über den Beitritt grundsätzlich positiv zu bewerten, da die Anwendung der Richtsatzsammlung in der Praxis häufig zu hohen Hinzuschätzungen führt.
Anwendung der Richtsatzsammlung bei Sachentnahmen
Das FG Münster hat in einem bedeutsamen Urteil festgestellt, dass die
Bemessung der Höhe von Sachentnahmen und unentgeltlichen Wertabgaben bei
Non-Food-Artikeln für den Gewerbezweig Nahrungs- und Genussmittel generell
allein nach den Pauschbeträgen der jeweiligen amtlichen Richtsatzsammlungen
erfolgen sollte. Eine Hinzuschätzung über diese Pauschbeträge hinaus wird
als unzulässig erachtet, was eine wegweisende Entscheidung für viele weitere
Verfahren darstellt.
Das Verfahren, das beim III. Senat des BFH geführt wird, besitzt große
praktische Bedeutung, insbesondere für Lebensmitteleinzelhändler. Es geht
darum zu klären, ob, im Falle fehlender Aufzeichnungen über Sachentnahmen
eines Supermarktbetreibers, weitere Entnahmen im Hinblick auf
Non-Food-Artikel geschätzt werden dürfen, über die vorgesehenen amtlichen
Pauschbeträge hinaus.
Die Finanzverwaltung merkt in den Vorbemerkungen der Richtsatzsammlung an,
dass die pauschalen Werte für Sachentnahmen das allgemein übliche
Warensortiment umfassen, welches in den meisten Supermärkten jedoch nicht
nur aus Nahrungsmitteln und Getränken besteht. Das FG Münster hat daher
schlüssig festgestellt, dass in den Pauschalen auch andere Waren als
Nahrungsmittel und Getränke inbegriffen sein müssen. Die explizite Aussage
in der Richtsatzsammlung, dass die Pauschalen für den Gewerbezweig
„Nahrungs- und Genussmittel“ keine Tabakwaren enthalten, lässt nach Meinung
des Gerichts den Schluss zu, dass alle weiteren von Supermärkten verkauften
Waren mit dem Pauschbetrag abgegolten sind.
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