Fünf Jahre Beschwerdestelle „SEPA-Diskriminierung“

Wettbewerbszentrale zieht trotz konstanten Beschwerdeaufkommens positive Bilanz

Auch mehr als fünf Jahre nach Gründung der Beschwerdestelle „SEPA-Diskriminierung“ bearbeitet die Wettbewerbszentrale noch immer jährlich mehr als 100 Beschwerden über sog. IBAN-Diskriminierung. Damit bewegt sich das diesbezügliche Beschwerdeaufkommen weiterhin auf einem konstanten Niveau. Im Juni 2017 hatte die Wettbewerbszentrale auf Anregung ihrer Mitglieder in Abstimmung mit der BaFin und der Deutschen Bundesbank eine Beschwerdestelle gegen SEPA-Diskriminierung eingerichtet.

Was ist IBAN-Diskriminierung?

Unternehmen, die als Zahlungsmodalität das Lastschriftverfahren zum Einzug von Forderungen anbieten und verwenden, müssen nach der sog. SEPA-Verordnung (EU-Verordnung Nr. 260/2012) den Lastschrifteinzug aus allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union durchführen lassen. Die Unternehmen sind also verpflichtet, den Einzug von Konten in der EU zuzulassen, die mit dem SEPA-Lastschriftverfahren erreichbar sind. Gleiches gilt auch für die Vornahme von Zahlungen. Lehnen die Unternehmen Konten im EU-Raum ab, so handelt es sich um sog. IBAN-Diskriminierung.

Verstöße in unterschiedlichen Branchen

Die Fälle von SEPA-Diskriminierung sind nicht auf eine bestimmte Branche beschränkt. Ein Schwerpunkt liegt allerdings auf Versicherern, Energieversorgern, Verkehrsgesellschaften und der Telekommunikationsbranche. So haben sich gegenüber der Wettbewerbszentrale kürzlich ein Festnetz- und Mobilfunkanbieter sowie der französische Musikstreaming-Dienst „Deezer“ verpflichtet, künftig alle Konten im EU-Raum als Lastschriftkonten zu akzeptieren, nachdem die Wettbewerbszentrale nach Erhalt von Beschwerden gegen diese Praxis der betreffenden Anbieter vorgegangen war. „Gründe für die Ablehnung des Einzugs von EU-Konten bei Lastschriften durch die Unternehmen sind häufig der Einsatz von veralteten IT-Systemen oder nicht richtig geschulte Mitarbeiter in den Unternehmen“ kommentiert Dr. Fabio Schulze, Syndikusrechtsanwalt bei der Wettbewerbszentrale und dort zuständig für den Bereich Finanzmarkt, die Erfahrungen der Wettbewerbszentrale.

Eingeleitete Gerichtsverfahren

Nicht in allen Fällen sind die Unternehmer zu einer außergerichtlichen Einigung bereit. In durchschnittlich fünf Fällen pro Jahr erhebt die Wettbewerbszentrale Klage beim zuständigen Landgericht. In einem Fall hatte der Energieversorger E.ON abgelehnt, Abschlagszahlungen für die Lieferung von Strom bzw. Erdgas von einem litauischen Konto einzuziehen. In dem Verfahren hat das Landgericht München I (Az. 3 HK O 18493/21, Urteil vom 23.12.2022, nicht rechtskräftig) das Unternehmen verurteilt, es zu unterlassen, im Rahmen von Verträgen über die Erbringung von Energielieferungen die Möglichkeit zur Zahlung per Lastschrift von Konten im EU-Raum in der Weise einzuschränken, dass eine Abbuchung von einem Konto in Litauen abgelehnt wird. Das Unternehmen hat gegen die Entscheidung Berufung eingelegt.

Auch Lottogewinne müssen auf SEPA-erreichbare Konten ausgezahlt werden

In einem Fall, in dem eine Lotteriegesellschaft Gutschriften nicht auf ausländische Konten seiner Kunden mit Wohnsitz in Deutschland auszahlen wollte, konnte die Wettbewerbszentrale jüngst außergerichtlich eine Einigung erzielen. Das Unternehmen hatte sich zunächst geweigert, Lottogewinne auf ausländische Bankkonten auszuzahlen. Eine Beschränkung auf deutsche Bankkonten war sogar in den AGB der Gesellschaft festgehalten. Nachdem die Wettbewerbszentrale dies moniert hatte, gab das Unternehmen eine entsprechende Unterlassungserklärung ab, in der es sich verpflichtete, Lottogewinne künftig auf sämtliche Konten im EU-Raum auszuzahlen und eine Beschränkung auch künftig nicht mehr in den AGB zu vereinbaren.

Fallzahlen in der Rechtsdurchsetzung rückläufig

Die Zahl der Fälle, in denen die Wettbewerbszentrale eine solche „SEPA-Diskriminierung“ im Wege einer Abmahnung beanstandet, ist zuletzt rückläufig. Während im Jahr 2017 noch in drei Viertel der Fälle eine förmliche Beanstandung erfolgte, sprach die Wettbewerbszentrale im Jahr 2022 nur noch bei etwa einem Drittel der Beschwerden eine entsprechende Beanstandung aus – eine positive Bilanz zur Arbeit der SEPA-Beschwerdestelle.

Quelle: Wettbewerbszentrale, Pressemitteilung vom 21.03.2023

Gemeinsame Erklärung der zuständigen Behörde der Bundesrepublik Deutschland und der zuständigen Behörde der Vereinigten Staaten von Amerika über die Durchführung des spontanen Austauschs länderbezogener Berichte für 2021 beginnende Wirtschaftsjahre

Das BMF übersendet die am 30. Dezember 2022 mit der US-Steuerbehörde IRS auf der Grundlage von Artikel 26 des deutsch-amerikanischen Doppelbesteuerungsabkommens vom 29. August 1989 in der durch das am 1. Juni 2006 unterzeichnete Protokoll geänderten Fassung getroffene gemeinsame Erklärung über die Durchführung des spontanen Austauschs länderbezogener Berichte für Wirtschaftsjahre ab 2021.

Die gemeinsame Erklärung zielt darauf ab, durch den Spontanaustausch länderbezogener Berichte über Konzernkennzahlen – in Analogie zu den ausgetauschten Informationen im Rahmen der Mehrseitigen Vereinbarung vom 27. Januar 2016 zwischen den zuständigen Behörden über den Austausch länderbezogener Berichte – die internationale steuerliche Transparenz zu erhöhen und den Zugang ihrer jeweiligen Steuerbehörden zu Informationen über die weltweite Verteilung der Einkünfte, die entrichteten Steuern und bestimmte Indikatoren für die Orte wirtschaftlicher Tätigkeit in Steuergebieten, in denen multinationale Konzerne tätig sind, zu verbessern, um erhebliche Verrechnungspreisrisiken und andere Risiken im Zusammenhang mit Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung zu bewerten.

Die gemeinsame Erklärung wird für spontan ausgetauschte länderbezogene Berichte für am oder nach dem 1. Januar 2021 und vor dem 1. Januar 2022 beginnende Wirtschaftsjahre multinationaler Konzerne – Austausch bis März 2023 – angewendet. Der spontane Austausch länderbezogener Berichte wird damit für ein Jahr fortgeführt. Analog wurde bereits in den letzten fünf Jahren der Austausch länderbezogener Berichte für die Wirtschaftsjahre 2016 bis 2020 vorgenommen.

Der Spontanaustausch wird nach Abschluss des nationalen Gesetzgebungsverfahrens zur Transformation des am 14. August 2020 in Berlin gezeichneten Regierungsabkommens mit den USA über den automatischen Informationsaustausch durch einen automatischen Informationsaustausch abgelöst.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV B 6 – S-1315 / 19 / 10050 :007 vom 16.03.2023

Übergangsregelung für den Einsatz der TSE Version 1 der Firma cv cryptovision GmbH, vertrieben unter dem Namen D-TRUST TSE-Modul

Verlängerung und Ausdehnung der Übergangsregelung

Durch das Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen vom 22. Dezember 2016 (BGBl. S. 3152) ist § 146a AO eingeführt worden, wonach seit dem 1. Januar 2020 die Pflicht besteht, dass jedes eingesetzte elektronische Aufzeichnungssystem im Sinne des § 146a Absatz 1 Satz 1 AO i. V. m. § 1 Satz 1 KassenSichV sowie die damit zu führenden digitalen Aufzeichnungen durch eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung (TSE) zu schützen sind. Am 8. Juli 2022 hat das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik veröffentlicht, dass die Zertifizierung der Version 1 der TSE der Firma cv cryptovision GmbH mit Ablauf des 7. Januars 2023 ausläuft. Damit ist ab diesem Zeit-punkt diese TSE keine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung im Sinne des § 146a Absatz 1 Satz 1 AO.

Mit BMF-Schreiben IV A 4 IV A 4 – S 0319/20/10002 :009, DOK 2022/1020017 (BStBl I S. 1436) vom 13. Oktober 2022 wurden für den Zeitraum der Weiternutzung bis zum 31. Juli 2023 der TSE Version 1 der Firma cv cryptovision GmbH, vertrieben unter dem Namen D-TRUST TSE Modul, die vor dem 7. Juli 2022 erworben und eingebaut worden sind, keine nachteiligen Folgen, allein aus der fehlenden Zertifizierung der TSE, gezogen.

Nach Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt hierzu ergänzend Folgendes:

Der Austausch der nicht mehr zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung ist spätestens ab der Zertifizierung der TSE Version 2 der Firma cv cryptovision GmbH umgehend durchzuführen und die rechtlichen Voraussetzungen sind unverzüglich zu erfüllen. Soweit die Übergangsregelung in Anspruch genommen und dem zuständigen Finanzamt schriftlich oder elektronisch angezeigt wurde, werden für den Zeitraum bis zum 31. Juli 2024 keine nachteiligen Folgen, allein aus der fehlenden Zertifizierung der TSE, gezogen.

Auch bei TSE, die nach dem 7. Juli 2022 erworben oder eingebaut worden sind, kann die Übergangsregelung in Anspruch genommen werden.

Eine Anzeige der Inanspruchnahme der Verlängerung der Regelung bei dem zuständigen Finanzamt ist nicht erforderlich, soweit die Inanspruchnahme der Übergangsregelung aufgrund des BMF-Schreibens vom 13. Oktober 2022 angezeigt wurde.

Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass das Vorliegen der Voraussetzungen (TSE Version 1 der der Firma cv cryptovision GmbH, vertrieben unter dem Namen D-TRUST TSE Modul) für die Inanspruchnahme dieser Übergangsregelung durch eine entsprechende Dokumentation festzuhalten, der Verfahrensdokumentation zur Kassenführung beizufügen, für die Dauer der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen vorzuhalten und auf Verlangen vorzulegen ist.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV A 4 – S-0319 / 20 / 10002 :009 vom 16.03.2023

Hybride und virtuelle Vereinssitzungen künftig einfacher möglich: Änderung des Vereinsrechts tritt in Kraft

Hybride und virtuelle Vereinssitzungen sind künftig unter einfacheren Voraussetzungen möglich

Eine vorherige Änderung der Vereinssatzung ist dafür nicht mehr erforderlich. Das bewirkt eine Änderung des im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelten Vereinsrechts, die am 21.03.2023 in Kraft tritt. In die Erarbeitung des Gesetzes zur Ermöglichung hybrider und virtueller Mitgliederversammlungen im Vereinsrecht war das Bundesministerium der Justiz (BMJ) intensiv eingebunden.

Bundesminister der Justiz Dr. Marco Buschmann erklärt aus diesem Anlass:

„Die Anpassung unseres Rechts an die digitale Wirklichkeit ist eine Mammutaufgabe. Schritt für Schritt setzen wir sie konsequent um. Im letzten Jahr haben wir die virtuelle Hauptversammlung im Aktienrecht eingeführt, außerdem die Online-Beurkundung im Gesellschaftsrecht. Die Erleichterung von hybriden und virtuellen Vereinssitzungen ist ein logischer nächster Schritt. In der Pandemie haben viele Vereine mit diesen Formaten gute Erfahrungen gesammelt – jetzt wollen wir die Abhaltung von hybriden und virtuellen Sitzungen dauerhaft erleichtern. Und ich kann schon heute zusagen: Wir werden die Digitalisierung des Rechts weiter voranbringen. Zum Beispiel werden wir auch im Wohnungseigentumsgesetz virtuelle Versammlungen erleichtern.“

Hybride und virtuelle Vereinssitzungen sind schon nach bisherigem Recht möglich. Allerdings ist dafür in der Regel eine entsprechende Bestimmung in der Vereinssatzung notwendig. Diese Notwendigkeit entfällt mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Ermöglichung hybrider und virtueller Mitgliederversammlungen im Vereinsrecht.

Für hybride Mitgliederversammlungen – d. h. Versammlungen, an denen die Mitglieder wahlweise durch Präsenz am Versammlungsort oder im Wege der elektronischen Kommunikation teilnehmen können – gilt künftig Folgendes: Das Einberufungsorgan des Vereins, in der Regel der Vorstand, kann bestimmen, dass die Mitgliederversammlung als hybride Versammlung durchgeführt wird. Eine Ermächtigung durch die Satzung oder die Vereinsmitglieder ist dafür nicht erforderlich.

Für virtuelle Mitgliederversammlungen – d. h. Versammlungen, an denen die Mitglieder nur im Wege der elektronischen Kommunikation teilnehmen können – gilt künftig: Das Einberufungsorgan des Vereins, in der Regel der Vorstand, kann eine Mitgliederversammlung als virtuelle Versammlung einberufen, wenn es dazu ermächtigt wurde. Eine Satzungsermächtigung ist nicht erforderlich. Ausreichend ist ein Beschluss der Mitglieder, der in einer Mitgliederversammlung, aber auch außerhalb der Mitgliederversammlung gefasst werden kann. Durch den Beschluss kann das Einberufungsorgan ermächtigt werden, anzuordnen, dass einzelne oder alle künftigen Mitgliederversammlungen als virtuelle Versammlungen stattfinden können. Der Beschluss bedarf, wenn er in der Mitgliederversammlung gefasst wird, der Mehrheit der abgegebenen Stimmen (§ 32 Abs. 1 Satz 3 BGB). Außerhalb der Mitgliederversammlung kann er mit schriftlicher Zustimmung aller Mitglieder gefasst werden (§ 32 Abs. 2 BGB).

Wenn das Einberufungsorgan eine hybride oder virtuelle Mitgliederversammlung einberuft, entscheidet es auch über die elektronischen Kommunikationswege, auf denen die Teilnahme der Mitglieder ohne Anwesenheit am Versammlungsort ermöglicht werden soll.

Die neuen Regelungen über hybride und virtuelle Mitgliederversammlungen sind auch für die Sitzungen des Vorstands anzuwenden, der aus mehreren Personen besteht. Diese können nun immer auch als hybride Sitzungen einberufen werden. Wenn die Vorstandsmitglieder das beschließen, können künftige Vorstandssitzungen auch als virtuelle Sitzungen einberufen werden.

Das Gesetz zur Ermöglichung hybrider und virtueller Mitgliederversammlungen im Vereinsrecht geht zurück auf eine Initiative des Bundesrats. Die Bundesregierung hat die Initiative unterstützt. Die letztlich verabschiedete Fassung des Gesetzes wurde maßgeblich im BMJ erarbeitet.

Während der COVID-19-Pandemie gab es eine Sonderregelung im Vereinsrecht. Sie ermöglichte es Vereinen, auch ohne entsprechende Satzungsregelung Mitgliederversammlungen im Wege der elektronischen Kommunikation durchzuführen: § 5 Absatz 2 Nummer 1 des Gesetzes über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie (GesRuaCOVBekG). Die entsprechende Sonderregelung ist zum 31. August 2022 ausgelaufen.

Quelle: BMJ, Pressemitteilung vom 20.03.2023

Renten steigen zum 1. Juli im Westen um 4,39 Prozent, im Osten um 5,86 Prozent

Rentenangleichung Ost wird ein Jahr früher als geplant erreicht

Nach den nun vorliegenden Daten des Statistischen Bundesamtes und der Deutschen Rentenversicherung Bund steigt die Rente zum 1. Juli 2023 in Westdeutschland um 4,39 Prozent und in den neuen Ländern um 5,86 Prozent. Damit gilt in West und Ost ein gleich hoher aktueller Rentenwert. Wegen der höheren Lohnsteigerung im Osten wird die Rentenangleichung Ost ein Jahr früher erreicht als gesetzlich vorgesehen.

Nach der starken Rentenanpassung im letzten Jahr erfolgt auch in diesem Jahr eine Erhöhung. Ich freue mich besonders, dass die Rentenangleichung Ost aufgrund der positiven Entwicklung ein Jahr früher erreicht wird. Die Renten steigen um 4,39 Prozent im Westen und um 5,86 Prozent im Osten. Diese Erhöhungen sind möglich, weil der Arbeitsmarkt in guter Verfassung ist und die Löhne steigen. Das Sicherungsniveau bleibt stabil bei über 48 Prozent. Aktuell gilt die Haltelinie von mindestens 48 Prozent bis zum Jahr 2025. Ich will die gesetzliche Rente langfristig stabilisieren, damit die Menschen sich auch in Zukunft auf eine gute Altersvorsorge verlassen können. Deshalb werden wir die Haltelinie von 48 Prozent über das Jahr 2025 hinaus sichern, damit die gesetzliche Rente verlässlich bleibt.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil

Einzelheiten

Die für die Rentenanpassung relevante Lohnsteigerung beträgt 4,50 Prozent in den alten Ländern und 6,78 Prozent in den neuen Ländern. Sie basiert auf der vom Statistischen Bundesamt gemeldeten Lohnentwicklung nach den volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR). Darüber hinaus wird die beitragspflichtige Entgeltentwicklung der Versicherten berücksichtigt, die für die Einnahmesituation der gesetzlichen Rentenversicherung entscheidend ist.

Neben der Lohnentwicklung wird durch den Nachhaltigkeitsfaktor die Entwicklung des zahlenmäßigen Verhältnisses von Rentenbeziehenden zu Beitragszahlenden bei der Anpassung der Renten berücksichtigt. In diesem Jahr wirkt sich der Nachhaltigkeitsfaktor mit -0,1 Prozentpunkten dämpfend auf die Rentenanpassung aus. Da der Beitragssatz in der allgemeinen Rentenversicherung unverändert geblieben ist, wirkt sich der sog. Beitragssatzfaktor in diesem Jahr nicht auf die Rentenanpassung aus.

Mit einer Niveauschutzklausel wird sichergestellt, dass in der Zeit bis zum 1. Juli 2025 das Mindestsicherungsniveau von 48 Prozent nicht unterschritten wird. Das Rentenniveau beträgt für das Jahr 2023 nach der berechneten Rentenanpassung 48,15 Prozent. Damit wird das Mindestsicherungsniveau von 48 Prozent eingehalten und die Niveauschutzklausel greift nicht.

Bei der Rentenanpassung für die neuen Bundesländer ist zu prüfen, ob sich durch die im Rentenüberleitungs-Abschlussgesetz festgelegten Angleichungsschritte oder durch die tatsächliche Lohnentwicklung ein höherer aktueller Rentenwert (Ost) ergibt. In diesem Jahr müssen mindestens 99,3 Prozent des Westwerts erreicht werden. Bedingt durch die gute Lohnentwicklung wird dieser Wert übertroffen und entsprechend den gesetzlichen Vorschriften der aktuelle Rentenwert (Ost) auf den Westwert angehoben. Die vollständige Angleichung der Rentenwerte zwischen West und Ost ist damit ein Jahr früher abgeschlossen als gesetzlich vorgesehen.

Auf Basis der vorliegenden Daten ergibt sich damit eine Anhebung des aktuellen Rentenwerts von gegenwärtig 36,02 Euro auf 37,60 Euro und eine Anhebung des aktuellen Rentenwerts (Ost) von gegenwärtig 35,52 Euro auf ebenfalls 37,60 Euro. Dies entspricht einer Rentenanpassung von 4,39 Prozent in den alten Ländern und von 5,86 Prozent in den neuen Ländern.

Die Rentenanpassung bleibt aktuell hinter der Inflation zurück, aber das ist nur eine Momentaufnahme. Das Prinzip, dass die Renten den Löhnen folgen, hat sich mit Blick auf die Einkommensentwicklung von Rentnerinnen und Rentnern bewährt. Betrachtet man die Entwicklung des aktuellen Rentenwerts im Jahresdurchschnitt in den letzten zehn Jahren seit 2012, so beträgt der Anstieg im Westen insgesamt 26 Prozent, im Osten sogar 40 Prozent. Im gleichen Zeitraum sind die Preise nur um 20 Prozent gestiegen. Bei 1.000 Euro Rente lag die Rentenanpassung somit brutto um 63 Euro im Westen und um 198 Euro im Osten über der Inflation in diesem Zeitraum. Aktuell abgeschlossene Tarifverträge sehen durchaus beachtliche Lohnerhöhungen vor. Sie werden sich dann in der Rentenanpassung zum 1. Juli 2024 abbilden.

Quelle: BMAS, Pressemitteilung vom 20.03.2023

Rückforderung von Corona-Soforthilfen war rechtswidrig – nicht benötigte Hilfen dürfen aber noch zurückgefordert werden

Die erfolgten (Teil-)Rückforderungen von Corona-Soforthilfen sind rechtswidrig und die Rückforderungsbescheide deshalb aufzuheben. Das Land NRW hat sich bei der Rückforderung nicht an die bindenden Vorgaben aus den Bewilligungsbescheiden gehalten, wonach die Mittel ausschließlich dazu dienten, eine finanzielle Notlage abzumildern, insbesondere Finanzierungsengpässe zu überbrücken. Wenn Zuwendungsempfänger die Corona-Soforthilfen in dem dreimonatigen Bewilligungszeitraum im Frühjahr 2020 nicht oder nur teilweise zu diesen Zwecken benötigt haben, darf das Land allerdings neue Schlussbescheide erlassen und überzahlte Mittel zurückfordern. Das hat das Oberverwaltungsgericht NRW am vom 17. März 2023 entschieden und damit drei Urteile des Verwaltungsgerichts Düsseldorf im Ergebnis bestätigt.

Die Kläger sind Selbstständige (ein freiberuflicher Steuerberater und Dozent für Steuerrecht, eine Inhaberin eines Kosmetikstudios sowie ein Betreiber eines Schnellrestaurants), die von den infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie betroffen waren. Sie stellten im ersten Lockdown am 30. März bzw. 1. April 2020 beim Land NRW einen Antrag auf Gewährung einer Soforthilfe. Mit Bewilligungsbescheiden vom jeweils gleichen Tag wurden ihnen Soforthilfen in Höhe von jeweils 9.000 Euro als einmalige Pauschale bewilligt und wenig später ausgezahlt. Nachdem die Kläger bezogen auf den dreimonatigen Bewilligungszeitraum (März bis Mai 2020 bzw. April bis Juni 2020, je nach Zeitpunkt der Antragstellung) Einnahmen und Ausgaben rückgemeldet hatten, ergingen automatisiert Schlussbescheide. Darin wurde ein aus dem elektronischen Rückmeldeformular errechneter „Liquiditätsengpass“ festgestellt und die Differenz zwischen diesem und dem ausgezahlten Pauschalbetrag zurückgefordert. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat diese Schlussbescheide aufgehoben.

Das Oberverwaltungsgericht ist dem nur im Ergebnis gefolgt und hat die Berufungen des Landes zurückgewiesen. Zur Begründung hat der Vorsitzende des 4. Senats im Wesentlichen ausgeführt:

Die Schlussbescheide sind rechtswidrig und aufzuheben, weil das Land die Vorgaben der Bewilligungsbescheide nicht beachtet hat, die für die endgültige Festsetzung bindend sind. Danach diente die Soforthilfe ausschließlich zur Milderung pandemiebedingter finanzieller Notlagen, insbesondere zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen. Das später vom Land geforderte Rückmeldeverfahren findet in den Bewilligungsbescheiden keine Grundlage. Die darin von den Zuwendungsempfängern verlangten Angaben waren ungeeignet, um die letztlich jeweils zu belassende Fördersumme unter Berücksichtigung der bindenden Festsetzungen der Bewilligungsbescheide zu bestimmen. In welchem Umfang Fördermittel während des Bewilligungszeitraums tatsächlich im Rahmen der Zweckbindung der Förderung verwendet worden sind, konnte dort nicht angegeben werden. Denn darauf kam es nach dem Rechtsstandpunkt des Landes, das insoweit den Vorgaben des Bundes folgte, schon nicht an. Zudem sind die Schlussbescheide rechtswidrig, weil sie ohne eine hierfür erforderliche Rechtsgrundlage vollständig durch automatische Einrichtungen erlassen worden sind.

Das Land bleibt allerdings berechtigt, die den Empfängern letztlich zustehende Soforthilfe in Form von neu zu erlassenden „Schlussbescheiden“ endgültig festzusetzen und die überzahlten Beträge zurückzufordern. Die Corona-Soforthilfe wurde als Billigkeitszuschuss in Gestalt einer einmaligen Pauschale bewilligt. Trotz missverständlicher Formulierungen in den Bewilligungsbescheiden stand die Bewilligung angesichts der noch unbekannten Entwicklung und Dauer der pandemiebedingten Beschränkungen der Wirtschaft von Anfang an noch klar erkennbar zumindest unter dem Vorbehalt, ob und in welchem Umfang die bewilligten Finanzmittel für den ausschließlichen Zuwendungszweck benötigt würden. Jeder Empfänger einer Soforthilfezuwendung konnte in Nordrhein-Westfalen zwar darauf vertrauen, dass er keine Mittel zurückzahlen muss, die er während des Bewilligungszeitraums berechtigterweise „zur Milderung der finanziellen Notlagen des betroffenen Unternehmens bzw. des Selbstständigen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie“ oder „zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen, die seit dem 1. März 2020 in Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie entstanden sind“, verwendet hatte. Objektiven Empfängern der Bewilligungsbescheide musste sich aber auch aufdrängen, dass die Soforthilfe vollumfänglich nur zur Kompensation der unmittelbar durch die Corona-Pandemie ausgelösten wirtschaftlichen Engpässe genutzt werden durfte, entsprechende Mittelverwendungen nachzuweisen und bei Einzelfallprüfungen zu belegen sowie nicht zweckentsprechend benötigte Mittel nachträglich zu ermitteln und zurückzuzahlen waren. Den Bewilligungsbescheiden lässt sich hingegen nicht entnehmen, dass sie auch bezogen auf die Berechnungsgrundlagen für die Rückzahlung unter dem Vorbehalt einer noch zu entwickelnden Verwaltungspraxis stehen sollten.

Auch wenn in Nordrhein-Westfalen stets die Höchstfördersumme bewilligt worden war, finden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Rückzahlung – abweichend vom Bundesprogramm – nur erfolgen musste, wenn dieser Betrag höher war als eine wie auch immer zu bestimmende Umsatzeinbuße. Insoweit tritt der offensichtlich nicht gemeinte Wortlaut hinter dem klar erkennbaren Förderzweck zurück. Allerdings ist unklar geblieben, ob das Land die Rückzahlungspflicht ebenso wie der Bund nur davon abhängig machen wollte, dass die gewährten Mittel (vollständig) zum Ausgleich des eingetretenen Liquiditätsengpasses benötigt worden sind. Nahe liegt, dass eine Rückzahlung auch solcher Mittel nicht erfolgen sollte, die „zur Milderung der finanziellen Notlagen des betroffenen Unternehmens bzw. des Selbstständigen“ benötigt worden sind. Denn die Überbrückung von Liquiditätsengpässen wurde in den Bewilligungsbescheiden und der Erläuterung des Landes im Internet nur beispielhaft erwähnt. Soweit durch eine erkennbar irrtümlich verwendete und offensichtlich nicht wörtlich so gemeinte Formulierung des Landes über den Umfang der Rückzahlungspflicht Zweifel verblieben, müssen diese zu Lasten des Landes gehen.

Von einem Liquiditätsengpass in Gestalt vorübergehender Zahlungsschwierigkeiten konnten Zuwendungsempfänger ausgehen, sobald sie bis zum Ablauf bestehender Zahlungsfristen neben den verbliebenen laufenden Überschüssen keine ausreichenden eigenen Einnahmen – auch nicht aus weiterhin möglichen und tatsächlich abgeschlossenen Kompensationsgeschäften – erzielen konnten, um Zahlungsverpflichtungen ohne Rückgriff auf Rücklagen im Rahmen des „Cashflow“ auch ohne staatliche Fördermittel noch rechtzeitig ausgleichen zu können. Sofern das Existenzminimum des Selbstständigen nicht durch Sozialleistungen abgedeckt worden war, durften bis zum 1. April 2020, 13:30 Uhr, bewilligte Mittel auch dann eingesetzt werden, wenn die Umsätze des geförderten Betriebs nicht einmal mehr ausreichten, um dieses Existenzminimum finanzieren zu können. Entgegenstehende Klarstellungen des Bundes waren bereits vor ihrer Veröffentlichung am 30. März 2020 für Nordrhein-Westfalen vom 29. März 2020 bis zum 1. April 2020, 13:30 Uhr, außer Kraft gesetzt worden. Für spätere Bewilligungen war sowohl in den Kurzfakten des Bundes als auch in den Informationen des Landes bis zum 12. Mai 2020 übereinstimmend klargestellt, dass der Lebensunterhalt einschließlich der Bedarfe für Ernährung, Kleidung, Hausrat etc. sowie der Kosten für Unterkunft und Heizung nicht durch die Soforthilfe, sondern durch Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II abgesichert werden sollte.

Der Senat hat die Revision jeweils nicht zugelassen. Dagegen kann Nichtzulassungsbeschwerde erhoben werden, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.

Quelle: OVG Nordrhein-Westfalen, Pressemitteilung vom 17.03.2023 zum Urteil 4 A 1986/22 vom 17.03.2023

Rückwirkende Einführung einer körperschaftsteuerrechtlichen Regelung betreffend vororganschaftliche Mehrabführungen teilweise nichtig

Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat mit am 17.03.2023 veröffentlichten Beschluss entschieden, dass § 34 Abs. 9 Nr. 4 in Verbindung mit § 14 Abs. 3 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften (Richtlinien-Umsetzungsgesetz – EURLUmsG) vom 9. Dezember 2004 (in der Fassung des EURLUmsG) teilweise nichtig ist. Nach § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG gelten Mehrabführungen, die ihre Ursache in vororganschaftlicher Zeit haben, als Gewinnausschüttungen der Organgesellschaft an den Organträger. Gemäß § 34 Abs. 9 Nr. 4 KStG ist diese potenziell körperschaftsteuererhöhend wirkende Vorschrift erstmals für (vororganschaftliche) Mehrabführungen von Organgesellschaften anzuwenden, deren Wirtschaftsjahr nach dem 31. Dezember 2003 endet. Die damit einhergehende unechte Rückwirkung ist mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes in bestimmten Fallgruppen unvereinbar.

Sachverhalt

Die körperschaftsteuerrechtliche Organschaft dient der steuerlichen Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verflechtung verbundener Unternehmen. Die Voraussetzungen für die Einkommenszurechnung einer Organgesellschaft an den Organträger sind in § 14 KStG geregelt. Für die Begründung einer körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft ist danach insbesondere der Abschluss eines wirksamen Gewinnabführungsvertrags erforderlich, der auch als Ergebnisabführungsvertrag bezeichnet wird. Der Gewinnabführungsvertrag muss auf mindestens fünf Jahre abgeschlossen und während seiner gesamten Geltungsdauer tatsächlich durchgeführt werden. Eine vorzeitige Kündigung ist nur bei einem wichtigen Grund unschädlich; andernfalls wird das Organschaftsverhältnis steuerrechtlich von Anfang an nicht anerkannt. Die handelsrechtliche Gewinnabführungspflicht besteht unabhängig davon bis zur zivilrechtlich wirksamen Beendigung des Ergebnisabführungsvertrags fort.

Der handelsrechtlich an den Organträger abzuführende Gewinn ist nicht gleichbedeutend mit dem dem Organträger steuerlich zuzurechnenden Einkommen der Organgesellschaft, welches auf der Grundlage des Steuerbilanzgewinns ermittelt wird. Geht der handelsrechtlich abgeführte Gewinn über den Steuerbilanzgewinn hinaus, liegt eine sogenannte Mehrabführung vor. Zu unterschiedlichen Ansätzen in der Handels- und Steuerbilanz führt etwa die voneinander abweichende Aktivierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten.

Umstritten war, ob Mehrabführungen, deren Ursache vor Begründung der Organschaft liegt (sogenannte vororganschaftliche Mehrabführungen), als steuerneutrale Gewinnabführungen im Sinne der §§ 14 ff. KStG oder als Gewinnausschüttungen zu qualifizieren sind, die sowohl unter dem bis Ende des Jahres 2000 geltenden körperschaftsteuerrechtlichen Anrechnungsverfahren als auch unter dem Übergangsrecht zum Halbeinkünfteverfahren bis zum Veranlagungsjahr 2006 zu einer Körperschaftsteuererhöhung führen konnten. Mit Urteil vom 18. Dezember 2002 entschied der Bundesfinanzhof, dass vororganschaftliche Mehrabführungen – entgegen der damaligen Auffassung der Finanzverwaltung – keine Gewinnausschüttungen, sondern steuerneutrale Gewinnabführungen darstellten. Am 13. August 2004 leitete die Bundesregierung dem Bundesrat den Entwurf des Richtlinien-Umsetzungsgesetzes zu, mit welchem die frühere Verwaltungsauffassung gesetzlich festgeschrieben werden sollte. Dieses Gesetz mit § 14 Abs. 3 und § 34 Abs. 9 Nr. 4 KStG trat am 16. Dezember 2004 in Kraft.

Die Klägerinnen der beiden Ausgangsverfahren, zwei ehemals gemeinnützige und bis Ende 1990 steuerbefreite Wohnungsbauunternehmen, waren in den Streitjahren 2004 bis 2006 Organgesellschaften einer Organschaft. In einem Fall bestand die Organschaft bereits seit 1991, im anderen Fall wurde der maßgebliche Gewinnabführungsvertrag erst im Oktober 2002 geschlossen. In beiden Fällen fielen vororganschaftliche Mehrabführungen an, die das Finanzamt als Gewinnausschüttungen behandelte, woraus eine höhere Festsetzung von Körperschaftsteuer resultierte. Nach erstinstanzlicher Abweisung der dagegen gerichteten Klagen setzte der Bundesfinanzhof das in beiden Verfahren angestrengte Revisionsverfahren aus und legte dem Bundesverfassungsgericht die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 34 Abs. 9 Nr. 4 in Verbindung mit § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG (in der Fassung des EURLUmsG) zur Entscheidung vor.

Wesentliche Erwägungen des Senats

I. Außerhalb des Strafrechts beruht das grundsätzliche Verbot rückwirkender belastender Gesetze auf den grundrechtlich geschützten Interessen der Betroffenen sowie den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes (Art. 20 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG). Allgemeiner Vertrauensschutz ist nicht nur objektivrechtlich durch das Rechtsstaatsprinzip garantiert, sondern zugleich eine Dimension der subjektivrechtlichen Grundrechtsverbürgung.

1. Eine Rechtsnorm entfaltet echte Rückwirkung, wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung für vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll („Rückbewirkung von Rechtsfolgen“). Das ist verfassungsrechtlich grundsätzlich unzulässig. Bei einer echten Rückwirkung hat der Vertrauensschutz regelmäßig Vorrang. Soweit belastende Rechtsfolgen einer Norm erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden („tatbestandliche Rückanknüpfung“), liegt eine unechte Rückwirkung vor. Eine solche Rückwirkung ist nicht grundsätzlich unzulässig. Der Gesetzgeber muss aber dem verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz in hinreichendem Maß Rechnung tragen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss gewahrt sein; die Interessen der Allgemeinheit, die mit der Regelung verfolgt werden, und das Vertrauen des Einzelnen auf die Fortgeltung der Rechtslage sind abzuwägen.

Im Rahmen dieser Abwägung hängt das Gewicht des enttäuschten Vertrauens von dem Maß seiner Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit ab. Soweit nicht besondere Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten, genießt die allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde zukünftig unverändert fortbestehen, keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz. Das Vertrauen in den Fortbestand des geltenden Rechts ist zudem nur in dem Maße schutzwürdig, in dem dieses eine geeignete Vertrauensgrundlage bildet. Bei einer unechten Rückwirkung kann die Schutzwürdigkeit des Vertrauens in das geltende Recht schon dann gemindert sein, wenn eine Regelung auslegungsbedürftig ist und bei methodengerechter Auslegung verschiedene, in Wissenschaft oder Praxis vertretene Ergebnisse in Betracht kommen. Die Befugnis zur verbindlichen Auslegung des Rechts ist der rechtsprechenden Gewalt, insbesondere den obersten Gerichten vorbehalten. Solange eine Klärung des Inhalts einer auslegungsbedürftigen Norm durch die Rechtsprechung nicht erfolgt ist, kann der Einzelne bei Ausübung seiner Freiheitsgrundrechte nicht ohne Weiteres darauf vertrauen, dass sich gerade die für ihn günstige Auslegung in der Rechtsprechung als die „richtige“ erweisen und Bestand haben wird.

Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des Vertrauens in die geltende Rechtslage werden, auch soweit diese eindeutig ist, herabgesetzt oder sogar zerstört, wenn sich eine Änderung der Rechtslage durch die Einbringung eines Gesetzentwurfs in den Bundestag oder in den Bundesrat und erst recht aufgrund des endgültigen Beschlusses des Bundestages konkret abzeichnet und der Einzelne deshalb bei der Ausübung seiner grundrechtlich geschützten Handlungsfreiheit die mögliche Änderung berücksichtigen kann.

2. Im Steuerrecht liegt eine echte Rückwirkung nur vor, wenn der Gesetzgeber eine bereits entstandene Steuerschuld nachträglich abändert. Für den Bereich des Einkommen- und Körperschaftsteuerrechts bedeutet dies, dass die Änderung von Normen mit Wirkung für den laufenden Veranlagungszeitraum grundsätzlich der Kategorie der unechten Rückwirkung zuzuordnen ist. Auch wenn in diesen Fällen der Vertrauensschutz – anders als bei der echten Rückwirkung – nicht regelmäßig Vorrang hat, bedürfen die belastenden Wirkungen einer Enttäuschung schutzwürdigen Vertrauens im laufenden Veranlagungszeitraum stets einer hinreichenden Begründung nach den Maßstäben der Verhältnismäßigkeit.

Soweit eine Rechtsänderung mit unechter Rückwirkung für zukünftige Veranlagungszeiträume in Rede steht, ist für das Maß der Schutzwürdigkeit eines Vertrauens auf das alte Recht zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber im Einkommensteuerrecht und entsprechend im Körperschaftsteuerrecht Rechtsänderungen typischerweise veranlagungszeitraumbezogen vornimmt und der Steuerpflichtige dies in Rechnung stellen muss. Die Schutzwürdigkeit seines Vertrauens ist insoweit regelmäßig gemindert. Bei Dispositionen, deren Vollzug nicht mehr im laufenden Veranlagungszeitraum erfolgt oder wie etwa bei Dauerschuldverhältnissen mehr als einen Veranlagungszeitraum umfasst, ist der Steuerpflichtige grundsätzlich gehalten, selbst durch Vereinbarung entsprechender Anpassungsklauseln oder rechtsgeschäftlicher Möglichkeiten zur Vertragsbeendigung Vorsorge für den Fall einer für ihn nachteiligen Änderung des Steuerrechts zu tragen.

Im Einzelfall kann es allerdings beim Abschluss vertraglicher Vereinbarungen ein beiderseitiges und schützenswertes Interesse der Beteiligten an einem gewissen, den laufenden Veranlagungszeitraum überschreitenden zeitlichen Abstand zwischen der Vereinbarung und ihrem Vollzug geben. Das kommt insbesondere in Betracht, wenn die Beteiligten von Gesetzes wegen zu einer längerfristigen Disposition gezwungen sind.

Im Übrigen verlangt die Gewährleistungsfunktion des Rechts, dass die Steuerpflichtigen jedenfalls grundsätzlich auf die Geltung derjenigen Normen vertrauen dürfen, die zum Zeitpunkt der Verwirklichung des materiellen steuerrelevanten Tatbestandes in Kraft sind. Ist der materielle steuerrelevante Tatbestand – etwa der Mittelzu- oder -abfluss oder ein steuerrelevanter Wertzuwachs – unter der Geltung des alten Rechts vollständig verwirklicht beziehungsweise erfüllt und tritt lediglich die Rechtsfolge der Entstehung der Steuerschuld erst nach der Rechtsänderung ein, hat der steuerrelevante Sachverhalt bereits einen gesteigerten Grad an Abgeschlossenheit erreicht, der nach rechtsstaatlichen Grundsätzen Vertrauensschutz gebietet. Der Gesetzgeber bedarf daher besonderer Gründe, wenn er einen noch nach Maßgabe des alten Rechts, das heißt noch vor der Verkündung der Neuregelung, erwachsenen konkreten Vermögensbestand, wie er sich etwa aus dem Vollzug vertraglicher Vereinbarungen oder aus einem eingetretenen Wertzuwachs ergeben kann, durch tatbestandliche Rückanknüpfung (teilweise) entwertet.

II. Nach diesen Maßstäben verstößt § 34 Abs. 9 Nr. 4 KStG in Verbindung mit § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG (in der Fassung des EURLUmsG) teilweise gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes.

1. § 34 Abs. 9 Nr. 4 in Verbindung mit § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG (in der Fassung des EURLUmsG) hat belastende Wirkung, die mit einer unechten Rückwirkung einhergeht.

a) Die durch § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG (in der Fassung des EURLUmsG) ausgelöste Rechtsfolge der auf den Schluss des Wirtschaftsjahres fingierten Gewinnausschüttung konnte – abhängig davon, welche Eigenkapitalteile dafür als verwendet galten – belastende Wirkung im Zusammenwirken mit den Regelungen des Übergangsregimes vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren entfalten. Dieses Übergangsrecht sah bis 2006 eine gewinnausschüttungsabhängige Realisierung des unter dem Anrechnungsverfahren gebildeten Körperschaftsteuerminderungspotenzials und des Körperschaftsteuererhöhungspotenzials vor. Soweit die Fiktion der Gewinnausschüttung nach § 14 Abs. 3 KStG (in der Fassung des EURLUmsG) zu einer Realisierung des Körperschaftsteuererhöhungspotenzials und damit zu einer Körperschaftsteuererhöhung führte, die nicht durch eine gleichzeitig infolge der Fiktion eintretende Körperschaftsteuerminderung kompensiert wurde, hatte § 14 Abs. 3 KStG (in der Fassung des EURLUmsG) für die Organgesellschaft belastende Wirkung.

b) § 34 Abs. 9 Nr. 4 in Verbindung mit § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG (in der Fassung des EURLUmsG) wirkt mit der Anknüpfung an Mehrabführungen von Organgesellschaften, deren Wirtschaftsjahr nach dem 31. Dezember 2003 endet, zwar formal in die Zukunft, weil die durch die Fiktion der Mehrabführung als Gewinnausschüttung unter Umständen ausgelöste Körperschaftsteuererhöhung erst mit Ablauf des Veranlagungszeitraums, also erstmals am 31. Dezember 2004, eintritt. Tatbestandlich werden die Rechtsfolgen aber von einem im Zeitpunkt der Verkündung bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst. Dafür kommt es nicht darauf an, ob der maßgebliche Sachverhalt in dem Abschluss des Ergebnisabführungsvertrags zu sehen ist oder in der die Mehrabführung begründenden „Ursache in vororganschaftlicher Zeit“. An beide Umstände knüpft die Fiktion von Mehr- beziehungsweise Minderabführungen am Ende des Wirtschaftsjahres durch § 14 Abs. 3 Satz 3 KStG (in der Fassung des EURLUmsG) und deren Behandlung als Gewinnausschüttung gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG (in der Fassung des EURLUmsG) an. Beide Umstände sind vor Inkrafttreten der Norm verwirklicht.

2. Die unechte Rückwirkung ist mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes unvereinbar, soweit sie Mehrabführungen einer Organgesellschaft an ihren Organträger erfasst, die vor dem 1. Januar 2007 aufgrund eines Ergebnisabführungsvertrags erfolgen, der in der Zeit zwischen der Veröffentlichung des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 18. Dezember 2002 am 5. März 2003 und dem 13. August 2004 geschlossen worden ist. In dem genannten Zeitraum durften die Vertragspartner aufgrund des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 18. Dezember 2002, mit dem die Steuerpflichtigen die Rechtslage als endgültig geklärt betrachten konnten, darauf vertrauen, dass vororganschaftliche Mehrabführungen steuerneutrale Gewinnabführungen im Sinne der §§ 14 ff. KStG darstellten. Die Schutzwürdigkeit des Vertrauens in diese Rechtslage wurde erst durch die Einbringung der Neuregelung in den Bundesrat am 13. August 2004 gemindert. Soweit der Ergebnisabführungsvertrag vor diesem Zeitpunkt geschlossen worden ist, verdient das Vertrauen wegen der gesetzlich bestimmten fünfjährigen Mindestdauer einer Organschaft Schutz über den bei Vertragsschluss laufenden Veranlagungszeitraum hinaus bis zum Ablauf des Jahres 2006.

Die Enttäuschung dieses Vertrauens durch die rückwirkende Einführung von § 14 Abs. 3 KStG (in der Fassung des EURLUmsG) ist nicht durch überwiegende Interessen der Allgemeinheit gerechtfertigt. Die in der Gesetzesbegründung angegebenen Ziele – die gesetzliche Festschreibung der früheren Verwaltungsauffassung und klarere Abgrenzung der Sonderbestimmungen der Organschaft von den allgemeinen Bestimmungen des Halbeinkünfteverfahrens – begründen lediglich ein Änderungsinteresse des Gesetzgebers für die Zukunft. Dies gilt ebenso für das vom Bundesministerium der Finanzen angeführte Ziel der Behebung einer ansonsten eintretenden Systemwidrigkeit im Regime des Körperschaftsteuergesetzes. Auch unter fiskalischen Gesichtspunkten begründet das Bedürfnis des Gesetzgebers nach Korrektur der Rechtsprechung hier nur einen allgemeinen Änderungsbedarf, der für sich genommen noch nicht die tatbestandliche Rückanknüpfung legitimiert.

3. Die unechte Rückwirkung ist ferner mit dem Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht vereinbar, soweit sie Mehrabführungen einer Organgesellschaft an ihren Organträger erfasst, die aufgrund eines vor dem 5. März 2003 geschlossenen Ergebnisabführungsvertrags auf den Schluss eines im Laufe des Jahres 2004 endenden Wirtschaftsjahres erfolgen, wenn der Vertrag nach dem 5. März 2003 eine ordentliche Kündigung spätestens zum 31. Dezember 2003 zugelassen hätte, und die auf den Schluss des ersten im Jahr 2005 endenden Wirtschaftsjahres erfolgen, wenn der Vertrag eine ordentliche Kündigung spätestens zum 31. Dezember 2004 zugelassen hätte.

In diesen Fällen konnten zwar die Beteiligten bei Abschluss des Ergebnisabführungsvertrags nicht auf eine im Sinne der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 18. Dezember 2002 geklärte Rechtslage vertrauen. Ihr Vertrauen darauf ist aber schutzwürdig, wenn sie im Jahr 2003 beziehungsweise 2004 eine dann gegebene Möglichkeit der ordentlichen Kündigung im Hinblick auf die zwischenzeitlich ergangene Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs verstreichen ließen. Darin liegt eine neue steuerrelevante Disposition, bei der die Steuerpflichtigen wegen der Tragweite der – nicht ohne Zustimmung des Vertragspartners rückgängig zu machenden – Entscheidung über die Beendigung eines Ergebnisabführungsvertrags bis zum endgültigen Gesetzesbeschluss durch den Bundestag auf das geltende Recht vertrauen durften. Von den Steuerpflichtigen kann zudem nicht erwartet werden, dass sie bei Vertragsschluss ein Recht zur ordentlichen Kündigung mit einer kürzeren Frist als drei Monate zum Ende des Wirtschaftsjahres vereinbaren, so dass sie im Zeitpunkt des Gesetzesbeschlusses am 28. Oktober 2004 die belastende Wirkung von § 14 Abs. 3 KStG (in der Fassung des EURLUmsG) in den Veranlagungszeiträumen 2004 und 2005 nicht mehr verhindern konnten.

Auch in diesen Fällen sind hinreichend gewichtige Gründe, die die rückwirkende Neuregelung für die Steuerpflichtigen bei Abwägung mit ihrem dadurch enttäuschten Vertrauen zumutbar erscheinen lassen, nicht erkennbar.

4. In allen übrigen Fällen, das heißt bei Abschluss eines Ergebnisabführungsvertrags vor dem 5. März 2003, der danach weder zum 31. Dezember 2003 noch zum 31. Dezember 2004 gekündigt werden konnte, sowie bei Abschluss eines Ergebnisabführungsvertrags nach dem 13. August 2004, besteht schutzwürdiges Vertrauen allein unter dem Gesichtspunkt der Gewährleistungsfunktion der Rechtsordnung. Diese greift für Mehrabführungen ein, die sich auf den Schluss eines nach dem 31. Dezember 2003, aber spätestens am 15. Dezember 2004 (Zeitpunkt der Verkündung der Neuregelung) endenden Wirtschaftsjahres ergeben. Im Übrigen überwiegt bei einer Gesamtabwägung das berechtigte Änderungsinteresse des Gesetzgebers.

III. Soweit § 34 Abs. 9 Nr. 4 KStG in Verbindung mit § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG (in der Fassung des EURLUmsG) gegen Art. 20 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG verstößt, führt dies vorliegend zur teilweisen Nichtigerklärung. Soweit § 14 Abs. 3 KStG (in der Fassung des EURLUmsG) in den oben dargestellten Fallgruppen für ab dem 1. Januar 2005 erfolgende Mehrabführungen über § 34 Abs. 1 KStG (in der Fassung des EURLUmsG) zur Anwendung gelangt, ist die Nichtigkeitsfolge – zumindest aus Gründen der Rechtsklarheit – auch auf § 34 Abs. 1 KStG (in der Fassung des EURLUmsG) zu erstrecken.

Quelle: BVerfG, Pressemitteilung vom 17.03.2023 zum Beschluss 2 BvL 7/13 und 2 BvL 18/14 vom 14.12.2022

10,8 % mehr beantragte Regelinsolvenzen im Februar 2023 als im Vormonat

Die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen in Deutschland ist nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes im Februar 2023 um 10,8 % gegenüber dem Vormonat gestiegen. Im Januar 2023 war sie hingegen noch um 3,2 % gegenüber Dezember 2022 gesunken. Bei den Ergebnissen ist zu berücksichtigen, dass die Verfahren erst nach der ersten Entscheidung des Insolvenzgerichts in die Statistik einfließen. Der tatsächliche Zeitpunkt des Insolvenzantrags liegt in vielen Fällen annähernd drei Monate davor. Die Insolvenzstatistik bildet nur Geschäftsaufgaben ab, die im Zuge eines Insolvenzverfahrens ablaufen, nicht jedoch solche aus anderen Gründen beziehungsweise vor Eintritt akuter Zahlungsschwierigkeiten. Diese und weitere Hinweise sind bei der Interpretation der Insolvenzstatistiken zu beachten.

4,3 % mehr Unternehmensinsolvenzen im Jahr 2022 als im Vorjahr

Im Jahr 2022 haben die deutschen Amtsgerichte nach endgültigen Ergebnissen 14 590 beantragte Unternehmensinsolvenzen gemeldet. Das bedeutet einen Anstieg um 4,3 % gegenüber dem Vorjahr, in dem der niedrigste Wert seit Einführung der Insolvenzordnung 1999 registriert wurde (13 933 Fälle). Hierbei ist zu beachten, dass von März 2020 bis Mai 2021 die Insolvenzantragspflicht für überschuldete Unternehmen infolge der Corona-Pandemie ganz oder teilweise ausgesetzt war. Einen Anstieg im Vorjahresvergleich hatte es zuletzt während der Finanzmarktkrise im Jahr 2009 gegeben (+11,6 % gegenüber 2008). Seitdem ging die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im Jahresvergleich stets zurück.

Die voraussichtlichen Forderungen der Gläubiger aus den im Jahr 2022 gemeldeten Unternehmensinsolvenzen bezifferten die Amtsgerichte auf rund 14,8 Milliarden Euro. Im Jahr 2021 hatten die Forderungen bei rund 48,3 Milliarden Euro gelegen. Dieser Rückgang der Forderungen bei gleichzeitigem Anstieg der Zahl der Unternehmensinsolvenzen ist darauf zurückzuführen, dass im Jahr 2021 mehr wirtschaftlich bedeutende Unternehmen Insolvenz betragt haben als im Jahr 2022.

Baugewerbe mit den meisten Insolvenzen

Die meisten Unternehmensinsolvenzen gab es im Jahr 2022 im Baugewerbe mit 2 698 Fällen (Jahr 2021: 2 423; +11,3 %). Es folgte der Handel (einschließlich Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen) mit 2 239 Verfahren (Jahr 2021: 2 122; +5,5 %).

16,6 % weniger Verbraucherinsolvenzen im Jahr 2022 als im Vorjahr

Die Zahl der Verbraucherinsolvenzen ist im Jahr 2022 um 16,6 % gegenüber dem Vorjahr gesunken. Die Entwicklung der Verbraucherinsolvenzen ist seit Mitte 2020 im Zusammenhang mit einem Gesetz zur schrittweisen Verkürzung von Restschuldbefreiungsverfahren von sechs auf drei Jahre zu betrachten. Die Neuregelung gilt für seit dem 1. Oktober 2020 beantragte Verbraucherinsolvenzverfahren. Sie ermöglicht den Betroffenen einen schnelleren wirtschaftlichen Neuanfang im Anschluss an ein Insolvenzverfahren. Daher ist davon auszugehen, dass viele überschuldete Privatpersonen ihren Insolvenzantrag zunächst zurückhielten, um von der Neuregelung zu profitieren. Dieser Nachholeffekt sorgte ab Anfang 2021 für einen starken Anstieg der Verbraucherinsolvenzen und scheint inzwischen beendet.

Quelle: Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung vom 17.03.2023

Die wirtschaftliche Lage in Deutschland im März 2023

  • Die Dynamik der wirtschaftlichen Entwicklung hat sich laut der Detailmeldung des Statistischen Bundesamts vom 24.02.2023 zum Jahresende 2022 merklich nachgelassen und das Bruttoinlandsprodukt ist im vierten Quartal um 0,4 % gegenüber dem Vorquartal zurückgegangen. Das Vierteljahresergebnis wurde damit im Vergleich zur Schnellmeldung vom 30.01.2023 nochmals um 0,2 Prozentpunkte nach unten korrigiert.
  • Aufgrund der hohen Inflation kam es zu Kaufkraftverlusten und Konsumzurückhaltung, was zu einem spürbaren Rückgang des privaten Verbrauchs führte. Die Ausrüstungs- und Bauinvestitionen litten unter steigenden Zinsen und den immer noch bestehenden Lieferengpässen.
  • Eine „technische“ Rezession mit zwei aufeinanderfolgen Quartalsrückgängen ist jetzt nicht mehr auszuschließen. Der positive Verlauf bei den Konjunktur- und Frühindikatoren spricht jedoch dafür, dass der zu erwartende wirtschaftliche Abschwung eher begrenzt und vorübergehend sein dürfte.
  • Die Industrieproduktion hat zu Jahresbeginn stark expandiert und somit die Verluste im Dezember wieder ausgeglichen. Zusammen mit den steigenden Auftragseingängen im Januar ergibt sich ein Konjunkturbild, das lediglich eine milde Abschwächung der wirtschaftlichen Aktivität über das Winterhalbjahr nahelegt.
  • Die Umsätze im Einzelhandel (ohne Kfz) stagnierten im Januar, nachdem sie im Dezember trotz Weihnachtsgeschäft spürbar gesunken waren. Die Stimmung unter den Verbrauchern blieb allerdings auf Erholungskurs.
  • Die Inflationsrate verharrte auf hohem Niveau und lag im Februar wieder bei +8,7 %. Inzwischen sind Nahrungsmittel der größte Preistreiber, nicht nur wegen ihres hohen Gewichts am Warenkorb, sondern auch, weil sie mittlerweile eine höhere Teuerung als die Energieträger aufweisen.
  • Die Entwicklung am Arbeitsmarkt bleibt, trotz des gesamtwirtschaftlichen Abschwungs im Schlussquartal 2022, unauffällig und beständig. Der Beschäftigungsaufbau hat sich zuletzt spürbar weiter fortgesetzt und die Zahl der Arbeitslosen blieb nahezu konstant. Angesichts des Fachkräftemangels bleiben die Unternehmen auf Personalsuche.

Dynamik der deutschen Wirtschaft zum Jahresausgang spürbar schwächer

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist laut Detailmeldung des Statistischen Bundesamts vom 24. Februar im letzten Vierteljahr 2022 um 0,4 % zurückgegangen. Das vorläufige Ergebnis der Schnellmeldung vom 30. Januar wurde damit um 0,2 Prozentpunkte nach unten revidiert. Nachdem die Wirtschaftsleistung in den ersten drei Quartalen trotz widriger Rahmenbedingungen in der Weltwirtschaft und geopolitischen Spannungen jeweils noch zulegen konnte, hat sich danach die Dynamik der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung merklich verringert.

Maßgeblich für den jüngsten BIP-Rückgang waren insbesondere die Kaufkraftverluste in Folge der hohen Inflation. Sie wirkten sich unmittelbar bei den Ausgaben für den privaten Konsum aus, die um 1,0 % nachgaben. Den Ausrüstungs- und Bauinvestitionen (-3,6 % bzw. -2,9 %) machten zudem steigende Zinsen und die zwar nachlassenden, aber weiterhin spürbaren Materialengpässe zu schaffen. Es dürften viele Investitionsprojekte zunächst einmal zurückgestellt worden sein. Auf der Entstehungsseite verringerte sich die Bruttowertschöpfung im Verarbeitenden Gewerbe um 0,6 %, wobei energieintensive Branchen wie die Herstellung chemischer Erzeugnisse sowie die Metallerzeugung und -bearbeitung besonders starke Rückgänge meldeten. Im Baugewerbe (-2,4 %) nahm die Ausbringung nunmehr schon zum dritten Mal in Folge ab, wobei sich auch die kalte Witterung zum Jahresende negativ bemerkbar gemacht haben dürfte.

In allen Wirtschaftsbereichen lag die Bruttowertschöpfung im vierten Quartal um 1,4 % niedriger als im Vorquartal.

Die Entwicklung der aktuellen Konjunktur- und Frühindikatoren zu Jahresbeginn stimmt aber vorsichtig optimistisch. Sowohl die Industrieproduktion als auch die Auftragseingänge im Verarbeitenden Gewerbe legten im Januar zu. Ebenso ist der nominale Wert der Warenexporte gestiegen, während die Warenimporte in nominaler Rechnung erneut einen Rückgang aufwiesen. Nach aktuellen Umfragen des ifo Instituts dürfte sich die Wirtschaftslage im Verarbeitenden Gewerbe in den nächsten Monaten weiter verbessern, worauf die merklich verbesserte Geschäftserwartungen hindeuten. Auch in den anderen großen Wirtschaftsbereichen schwindet der Pessimismus.

Zwar kann eine „technische“ Rezession mit zwei negativen Quartalsraten in Folge gemäß den zuletzt vom Statistischen Bundesamt vorgelegten BIP-Daten nicht mehr ausgeschlossen werden, allerdings ist derzeit nicht von einem breiten und länger anhaltenden Abschwung auszugehen.

Weltwirtschaft schwächelt weiter

Aktuelle Indikatoren zeigen eine anhaltend schwache Entwicklung des globalen Umfeldes. Der Welthandel nahm im Dezember um 0,9 % gegenüber dem Vormonat ab, nachdem es bereits im November zu einer merklichen Abnahme um 1,7 % gekommen war. Die weltweite Industrieproduktion verringerte sich erneut leicht um 0,2 % (November: -0,2 %). Die Frühindikatoren am aktuellen Rand sprechen für eine weiterhin verhaltene Entwicklung in den kommenden Monaten. Der Stimmungsindikator von S&P Global legte im Januar auf 49,8 Punkte zu. Er befindet sich damit noch knapp unter der Wachstumsschwelle von 50 Punkten. Auch der RWI-Containerumschlag-Index sowie der auf Schiffbewegungsdaten basierende Kiel-Trade-Indikator deuten auf einen anhaltend schwachen Welthandel im ersten Quartal hin.

Erneuter Rückgang bei Ex- und Importen – Ausblick bleibt verhalten

Der nominale Wert aller Ausfuhren von Waren und Dienstleistungen ist im Berichtsmonat Januar gegenüber dem Vormonat um 1,0 % gesunken. Die Einfuhren von Waren und Dienstleistungen wiesen in nominaler Rechnung einen noch deutlicheren Rückgang auf (-2,5 %). Die anhaltende Schwäche der Weltwirtschaft zeigt sich damit auch am Jahresanfang im deutschen Außenhandel. Bereits im Dezember waren die Aus- und Einfuhren von Waren und Dienstleistungen sehr deutlich zurückgegangen (-5,7 % bzw. -5,1 %).

Dabei war die Preisentwicklung der Ex- und Importe jeweils zuletzt rückläufig. Die Ausfuhrpreise sanken im Januar um 1,0 %, die Einfuhrpreise gaben mit -1,5 % etwas kräftiger nach. Somit dürfte das Plus bei den Ausfuhren in realer Rechnung noch etwas größer und das Minus bei den Einfuhren preisbereinigt geringer ausfallen. Da die Importpreise stärker gefallen sind als die Exportpreise, verbesserten sich die Terms of Trade der deutschen Volkswirtschaft erneut leicht.

Der Ausblick für den deutschen Außenhandel bleibt angesichts der schwachen Weltwirtschaft verhalten. Die ifo Exporterwartungen gingen im Februar leicht zurück. Sie liegen jetzt bei +3,8 Saldenpunkten. Zum Vergleich: Vor Ausbruch des Kriegs in der Ukraine lag der Index noch bei rund 15 Saldenpunkten. Eine positive Nachricht ist, dass sich die Materialengpässe weiter entspannen. So gaben in der Umfrage des ifo Instituts vom Februar nur noch 45 % der Unternehmen an, von Knappheiten bei Vorprodukten betroffen zu sein. Im Vormonat waren es noch 48 %.

Industrieproduktion und Auftragseingänge legen zu

Die Produktion im Produzierenden Gewerbe ist im Januar gegenüber dem Vormonat spürbar gestiegen (+3,5 %). Insbesondere das Baugewerbe konnte seinen Ausstoß kräftig erhöhen (+12,6 %) – auch aufgrund der ungewöhnlich warmen Witterung. Die kräftige Produktionsausweitung des Produzierenden Gewerbes im Januar ist im Zusammenhang mit der deutlichen Drosselungen im Dezember zu sehen (aufwärtsrevidiert auf -2,4 %). Im aussagekräftigeren Zweimonatsvergleich ergibt sich ein Minus von 0,6 %. Im Baugewerbe dürfte sich vor allem die mildere Witterung im Januar positiv ausgewirkt haben. Dennoch stimmt die Entwicklung am aktuellen Rand vorsichtig optimistisch.

Die Auftragseingänge sind im Januar gegenüber dem Vormonat um 1,0 % gestiegen. Dies ist – nach langer Schwächephase im Jahr 2022 – bereits der zweite monatliche Zuwachs in Folge. Ohne Großaufträge wäre der Anstieg mit +2,9 % noch ausgeprägter gewesen. Insgesamt lagen die Bestellungen zuletzt allerdings immer noch knapp 11 % unter ihrem Vorjahresniveau. Im Vormonatsvergleich haben sich Inlands- und Auslandsnachfrage stark unterschiedlich entwickelt (-5,3 % vs. +5,5 %). Während sich die Nachfrage aus dem Ausland im Januar weiter belebt hat (+5,5 %), tendierten die Aufträge aus dem Inland zuletzt wieder schwächer (-5,3 %).

Auch innerhalb des Verarbeitenden Gewerbes fiel die Entwicklung differenziert aus: Während es im gewichtigen Bereich Kfz & Kfz-Teile zu einem deutlichen Plus von 6,7 % kam, verzeichneten der Maschinenbau (-3,9 %), die Metallerzeugnisse (-5,7 %) sowie die Chemischen Erzeugnisse (-5,9 %) merkliche Rückgänge. Die Stimmung in der deutschen Industrie hat sich im Februar erneut aufgehellt. Die Geschäftserwartungen waren merklich weniger pessimistisch. Dies sowie die gut gefüllten Auftragsbücher und die abnehmenden Materialengpässe deuten auf eine insgesamt recht milde wirtschaftliche Abschwächung im Winterhalbjahr hin.

Einzelhandelsumsatz zuletzt unverändert

Die Entwicklung im Einzelhandel ist infolge der Kaufkraftverluste und damit verbundenen Konsumzurückhaltung insgesamt nach wie vor gedämpft. Die Umsätze im Einzelhandel ohne Kfz stagnierten im Januar, nachdem der Dezemberwert deutlich von -4,2 % auf -1,7 % im Vormonatsvergleich nach oben revidiert wurde. Im Vergleich zum Januar 2022 meldete der Einzelhandel ein (reales) Umsatzminus von 6,5 %, was zu einem beträchtlichen Teil die hohen Preissteigerungen im Einzelhandel widerspiegelt. Im Vergleich zum Niveau vor der Corona-Pandemie im Januar 2020 lag der Umsatz ebenfalls leicht niedriger (-0,4 %). Der Handel mit Lebensmitteln verzeichnete im Januar im Vergleich zum Vormonat ein reales Umsatzplus von 3,3 % (ggü. Vorjahresmonat -8,3 %). Der Einzelhandel mit Nicht-Lebensmitteln ging im Vormonatsvergleich um 1,6 % zurück (ggü. Vorjahresmonat +0,6 %). Der Internet- und Versandhandel verbuchte im Januar eine Abnahme um 6,5 % (ggü. Vorjahresmonat -11,7 %). Hier war der Umsatz aber dennoch 12,5 % höher als im Januar 2020 vor der Corona-Pandemie.

Die Neuzulassungen von Pkw durch private Halter haben sich im Februar wieder stabilisiert und legten um 15,7 % zu, nachdem sie im Januar sehr kräftig um 39,8 % gefallen waren. Im November und Dezember hatten die Neuzulassungen spürbar um 14,6 % bzw. 21,5 % zugelegt, weil zum Jahresende die Förderung von E-Autos und Pkw mit Hybrid-Antrieb („Umweltbonus“) reduziert wurden bzw. ausliefen.

Aktuelle Indikatoren zeigen für die kommenden Monate eine Stabilisierung im Einzelhandel an, wenn auch ausgehend von einem niedrigen Niveau. So ist die Stimmung unter den privaten Verbrauchern laut GfK Konsumklima im Februar auf Erholungskurs, für März ist mit der fünften Verbesserung in Folge zu rechnen. Der nachlassende Pessimismus dürfte insbesondere auf die gesunkenen Preise für Energie an den Märkten, aber auch auf die Stabilisierungsmaßnahmen der Bundesregierung zurückzuführen sein, die die Unsicherheit bei den privaten Verbrauchern begrenzt haben.

Beim ifo Geschäftsklima im Einzelhandel setzte sich im Februar die positive Tendenz ebenfalls fort. Dies gilt sowohl für die Beurteilung der aktuellen Lage, die erstmals seit Mai letzten Jahres per saldo wieder positiv ausfiel, als auch für die Geschäftserwartungen.

Inflationsrate verharrt auf hohem Niveau

Die Inflationsrate ist im Februar mit einem Anstieg von +8,7 % unverändert hoch geblieben. Während der direkte Beitrag von Energie zum Anstieg des Verbraucherpreisindex etwas rückläufig war, hat sich die Teuerung bei Nahrungsmitteln nochmals erhöht. Der Preisauftrieb gewinnt damit an Breite – infolge der im Jahresverlauf 2022 erfolgten Kostensteigerungen auf vorgelagerten Preisstufen vor allem bei Energieträgern –, die nach und nach weitergegeben werden.

Aufgrund der Maßnahmen des dritten Entlastungspakets der Bundesregierung sollten die Höchststände aus dem letzten Jahr mit Inflationsraten nahe der 9 %-Marke (neues Basisjahr 2020) aber überwunden sein. Auch aufgrund der ab Januar wirksam werdenden Gas- und Strompreisbremsen sind die Energiepreise im Februar gegenüber dem Vorjahresmonat mit +19,1 % etwas schwächer angestiegen als zuvor (Jan.: +23,1 %; Dez.: 20,3 %; Nov.: +31,4 %).

Der Anstieg der Preise für Nahrungsmittel indes hat sich mit 21,8 % weiter verstärkt (Jan.: +20,2 %; Dez.: +20,4 %; Nov.: +20,6%). Gegenüber Januar stiegen die Verbraucherpreise um voraussichtlich 0,8 %. Bei stagnierenden Energiepreisen verteuerten sich vor allem die Preise für Nahrungsmittel (+2,4 %). Aber auch die Kerninflationsrate (ohne Nahrungsmittel und Energie) stieg im Februar mit +5,7 % erneut etwas stärker als in den Vormonaten (Jan.: +5,6 %; Dez.: +5,2 %). Dies zeigt, dass der Preisdruck an Breite gewinnt.

Nach wie vor tragen die Energieträger trotz der jüngsten Entspannungen im Vorjahresvergleich maßgeblich zum Preisauftrieb bei. Aufgrund der überwiegend milden Witterung und der recht hohen Füllstände der Gasspeicher sind die Preise für Erdgas an den Spotmärkten seit den Höchstwerten Ende August tendenziell rückläufig. Der TTF Base Load liegt derzeit mit 44 Euro/MWh inzwischen 66 % unter dem Niveau des Vorjahres und 19 % unter dem des Vormonats. Die Weitergabe an die Endverbraucher*innen erfolgt jedoch verzögert. Im März dürfte sich der Verbraucherpreisanstieg aufgrund des Basiseffekts im Vorjahresvergleich spürbar verringern: Im März 2022 kam es im Gefolge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine zu einem Energiepreisschock an den Märkten, der zu einem spürbaren Anstieg der Inflation führte. Dieser Effekt fällt ab März 2023 im Vorjahresvergleich heraus.

Aktuellen Umfragen des ifo Instituts zufolge planen auch deutlich weniger Unternehmen ihre Preise in den nächsten drei Monaten zu erhöhen, als dies zuvor noch der Fall war. Ein Großteil der gestiegenen Kosten dürfte bereits an die Kunden weitergegeben worden sein.

Auf den vorgelagerten Absatzstufen zeigt sich ein nachlassender Preisdruck bei Energie. Die Erzeugerpreise sind im Januar im Vormonatsvergleich zum vierten Mal in Folge zurückgegangen (-1,0 %), vor allem weil sich die Energiepreise verringert haben (-5,0 %). Die Verkaufspreise im Großhandel nahmen im Januar im Vergleich zum Dezember leicht zu (+0,2 %). Im Vorjahresvergleich schwächte sich der Anstieg zum vierten Mal hintereinander ab (+10,6 %). Die Importpreise gaben im Januar um 1,2 % gegenüber dem Vormonat nach (+6,6 % ggü. Vorjahr).

Entwicklung am Arbeitsmarkt bleibt beständig

Der Arbeitsmarkt zeigt – angesichts des gesamtwirtschaftlichen Abschwungs im vierten Quartal 2022 – einen weiterhin unauffälligen, beständigen Verlauf. Der Anstieg der registrierten Arbeitslosigkeit fiel im Februar in mit +2.000 Personen gering aus. Die Erwerbstätigkeit legte im Januar weiter spürbar zu (+64.000 Personen). Bei der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung gab es im Dezember ebenfalls ein merkliches Plus (+46.000 Personen). Die Inanspruchnahme der Kurzarbeit erhöhte sich im Dezember auf rund 180 Tausend Personen. Sie dürfte laut einer ifo Umfrage bis zum Februar weiter leicht gestiegen sein und ihr höchstes Niveau seit Juni 2022 erreicht haben.

Die Frühindikatoren von IAB und ifo senden diesmal uneinheitliche Signale: Das IAB-Arbeitsmarktbarometer ist im Februar zum vierten Mal in Folge gestiegen und spricht für eine positive Entwicklung in den kommenden Monaten (starkes Beschäftigungswachstum, abnehmende Arbeitslosigkeit insb. durch zunehmende Integration ukrainischer Geflüchteter). Das ifo Beschäftigungsbarometer ist gefallen, liegt aber dennoch per saldo für die meisten Bereiche im positiven Bereich. Angesichts des Fachkräftemangels blieben die Unternehmen weiterhin auf Personalsuche. Lauf der regelmäßigen Betriebsbefragung des IAB hatte die Zahl der offenen Stellen im Schlussquartal 2022 einen neues Allzeithoch von 1,98 Mio. erreicht.

Quelle: BMWK, Pressemitteilung vom 15.03.2023

BFH: Sozialversicherungsrente und Art. 19 Abs. 4 DBA-Italien 1989

Leitsatz

Nach Art. 19 Abs. 4 DBA-Italien 1989 können Ruhegehälter und alle anderen wiederkehrenden oder einmaligen Bezüge, die auf Grund der Sozialversicherungsgesetzgebung eines Vertragsstaates von diesem Staat, einem seiner Länder, einer ihrer Gebietskörperschaften oder einer ihrer juristischen Personen des öffentlichen Rechts gezahlt werden, nur in diesem Staat besteuert werden, wenn der Empfänger Staatsangehöriger dieses Staates ist, ohne Staatsangehöriger des anderen Vertragsstaates zu sein. Eine darauf beruhende Zuordnung des Besteuerungsrechts für die Leibrentenzahlungen der DRVB (Sozialversicherungsrente) an einen in Italien ansässigen deutschen Staatsangehörigen an den „Kassenstaat“ Deutschland ist (insoweit abweichend zum Senatsbeschluss vom 25.07.2011 – I B 37/11, BFH/NV 2011, 1879) nicht rechtsfehlerhaft.

Quelle: BFH, Urteil I R 17/19 vom 17.08.2022

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