BFH sieht Fehler bei der Kaufpreisaufteilung bei Immobilienkäufen in der BMF-Arbeitshilfe

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem aktuellen Urteil (Az.: IX R 26/19) wesentliche systemische Defizite in der Arbeitshilfe des Bundesfinanzministeriums (BMF) zur Kaufpreisaufteilung bei Immobilienkäufen aufgedeckt. Diese Entscheidung betrifft insbesondere Steuerpflichtige, die den Kaufpreis von Grundstücken und Gebäuden für steuerliche Zwecke aufteilen müssen, etwa zur Bemessung der Absetzung für Abnutzung (AfA).

Der Fall im Überblick

Im verhandelten Fall ging es um die Kaufpreisaufteilung einer vermieteten Eigentumswohnung. Die Kläger hatten die vertraglich vereinbarte Kaufpreisaufteilung zugrunde gelegt, während das Finanzamt die BMF-Arbeitshilfe nutzte. Diese Arbeitshilfe wies jedoch einen deutlich niedrigeren Gebäudeanteil aus, was zu erheblich geringeren Abschreibungen führte.

Die Kläger argumentierten, dass die in der Arbeitshilfe zugrunde gelegten Werte weder die tatsächlichen Gegebenheiten noch die Marktverhältnisse korrekt widerspiegelten. Insbesondere sei der Gebäudeanteil massiv unterbewertet, während der Bodenwert überproportional hoch angesetzt wurde.

Kritikpunkte des BFH an der BMF-Arbeitshilfe

Der BFH stellte fest, dass die BMF-Arbeitshilfe grundlegende systemische Fehler aufweist:

  1. Einschränkung auf ein Bewertungsverfahren
    Die Arbeitshilfe verengt die Bewertung auf das vereinfachte Sachwertverfahren, ohne alternative Methoden wie das Ertragswertverfahren zu berücksichtigen. Dies widerspricht den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung, die eine flexible Anwendung verschiedener Bewertungsverfahren je nach Einzelfall verlangt.
  2. Keine Berücksichtigung regionaler Unterschiede
    Die Gebäudewerte in der Arbeitshilfe basieren auf bundesweiten Durchschnittswerten (NHK 2010), ohne regionale Faktoren zu berücksichtigen. Dies führt insbesondere in Ballungsgebieten mit hohen Bodenrichtwerten zu einer überproportionalen Gewichtung des Bodens und einer Unterbewertung des Gebäudes.
  3. Mangelnde Marktnähe
    Die ermittelten Werte spiegeln häufig nicht die tatsächlichen Marktverhältnisse wider. Gerade in Zeiten stark steigender Baukosten bleiben die in der Arbeitshilfe genutzten Daten hinter der Realität zurück.
  4. Fehlende Bindungswirkung
    Der BFH machte deutlich, dass die Arbeitshilfe weder eine Rechtsnorm noch eine bindende Verwaltungsanweisung darstellt. Sie ist lediglich ein Hilfsmittel der Finanzverwaltung und darf nicht de facto als bindend für Steuerpflichtige behandelt werden.

Konsequenzen des Urteils

Der BFH hob das vorinstanzliche Urteil auf und wies den Fall zur erneuten Verhandlung zurück. Das Finanzgericht muss nun die tatsächlichen Wertverhältnisse durch ein Gutachten eines unabhängigen, vereidigten Sachverständigen klären lassen.

Bedeutung für Steuerpflichtige

Dieses Urteil stärkt die Rechte von Steuerpflichtigen, die Kaufpreisaufteilungen für steuerliche Zwecke vornehmen müssen. Die Entscheidung unterstreicht, dass eine vertraglich vereinbarte Aufteilung Vorrang hat, sofern sie die tatsächlichen Wertverhältnisse abbildet und wirtschaftlich haltbar ist.

Steuerpflichtige sollten prüfen, ob die vom Finanzamt vorgenommene Kaufpreisaufteilung korrekt ist. Im Zweifel kann die Beauftragung eines unabhängigen Sachverständigen sinnvoll sein, um eine marktorientierte Bewertung sicherzustellen.

Fazit

Das Urteil des BFH zeigt, dass die BMF-Arbeitshilfe in ihrer aktuellen Form gravierende Schwächen aufweist. Steuerpflichtige sollten sich nicht scheuen, die Ergebnisse der Arbeitshilfe anzufechten, wenn diese offensichtlich von den tatsächlichen Gegebenheiten abweichen. Die Entscheidung betont die Notwendigkeit einer sachgerechten und individuellen Bewertung von Immobilien für steuerliche Zwecke.

BFH: Kosten im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft als Nachlassverbindlichkeiten

BFH, Urteil II R 43/22 vom 21.08.2024

Leitsatz

  1. Abzugsfähigkeit von Nachlassregelungskosten: Zu den als Nachlassregelungskosten abzugsfähigen Aufwendungen für die Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft können auch Kosten gehören, die im Rahmen der Teilung des Nachlasses für den Verkauf beweglicher Nachlassgegenstände durch Versteigerung anfallen, um die testamentarisch jedem Miterben zugewandten Geldbeträge zu erzielen.
  2. Öffentlichkeit bei Videoverhandlungen: Die Öffentlichkeit kann auch bei (teilweiser) Durchführung einer mündlichen Verhandlung mittels Bild- und Tonübertragung von einem anderen Ort nur im Gerichtssaal, nicht aber an dem anderen Ort, hergestellt oder ausgeschlossen werden.

Sachverhalt

Im verhandelten Fall ging es um die steuerliche Behandlung von Kosten, die im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft angefallen waren. Konkret entstanden diese Kosten durch die Versteigerung von beweglichen Nachlassgegenständen, um die testamentarisch vorgesehenen Geldbeträge für die Erben sicherzustellen.

Das Finanzamt hatte diese Kosten nicht als abzugsfähige Nachlassverbindlichkeiten anerkannt. Die Steuerpflichtigen argumentierten hingegen, dass diese Kosten unmittelbar mit der Nachlassregelung zusammenhängen und daher als Nachlassregelungskosten gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) abzugsfähig seien.

Entscheidung des BFH

Der BFH entschied zugunsten der Steuerpflichtigen und stellte fest, dass Kosten, die im Rahmen der Nachlassauseinandersetzung anfallen, unter bestimmten Voraussetzungen als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig sind. Insbesondere gilt:

  • Versteigerungskosten: Kosten, die für die Versteigerung von beweglichen Nachlassgegenständen anfallen, um testamentarisch bestimmten Geldbeträge zu erzielen, sind abzugsfähige Nachlassregelungskosten. Diese Ausgaben dienen der Umsetzung der testamentarischen Anordnungen und stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft.
  • Nachlassregelungskosten: Solche Kosten zielen darauf ab, den Nachlass zu regeln, und sind daher als Nachlassverbindlichkeiten im Sinne des ErbStG zu qualifizieren.

Relevanz der Videoverhandlung

Der BFH ging in seinem Urteil auch auf die Öffentlichkeit bei Videoverhandlungen ein und stellte klar:

  • Bei einer mündlichen Verhandlung, die teilweise über Bild- und Tonübertragung von einem anderen Ort durchgeführt wird, kann die Öffentlichkeit nur im Gerichtssaal hergestellt oder ausgeschlossen werden.
  • Eine Öffentlichkeit an dem anderen Ort ist rechtlich nicht vorgesehen.

Auswirkungen auf die Praxis

  1. Steuerliche Planung für Erbengemeinschaften:
    • Erben können Versteigerungskosten, die zur Nachlassregelung anfallen, als Nachlassverbindlichkeiten geltend machen. Dies kann die steuerliche Belastung im Rahmen der Erbschaftsteuer erheblich reduzieren.
  2. Wichtigkeit der Dokumentation:
    • Um die Abzugsfähigkeit der Kosten nachzuweisen, ist eine klare Dokumentation erforderlich, die den Zusammenhang der Ausgaben mit der Nachlassauseinandersetzung belegt.
  3. Regelungen bei Videoverhandlungen:
    • Gerichte und Verfahrensbeteiligte sollten bei der Organisation von Videoverhandlungen beachten, dass die Öffentlichkeit nur im Gerichtssaal hergestellt oder ausgeschlossen werden kann. Dies hat praktische Auswirkungen auf die Gestaltung von Hybrid-Verfahren.

Fazit

Das Urteil des BFH klärt wichtige Fragen zur steuerlichen Behandlung von Nachlassregelungskosten und bringt mehr Rechtssicherheit für Erbengemeinschaften. Gleichzeitig unterstreicht es die rechtlichen Anforderungen an die Öffentlichkeit bei Videoverhandlungen. Erben und Steuerberater sollten die Möglichkeiten zur steuerlichen Berücksichtigung solcher Kosten sorgfältig prüfen.

BFH: Steuerbarkeit des geldwerten Vorteils aus einer Nutzungsentgeltminderung nach Zeichnung weiterer Genossenschaftsanteile einer Bau- und Wohnungsgenossenschaft

BFH, Urteil VIII R 23/21 vom 22.10.2024

Leitsatz

  1. Steuerbarkeit des geldwerten Vorteils:
    • Ist die Minderung des Nutzungsentgelts für eine Genossenschaftswohnung durch den Erwerb zusätzlicher Genossenschaftsanteile veranlasst, so führt der dadurch entstehende geldwerte Vorteil zu Einnahmen aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
  2. Verbindlichkeit einer Auskunft:
    • Eine verbindliche Auskunft des Finanzamts gilt in persönlicher Hinsicht ausschließlich für den oder die Antragsteller.

Sachverhalt

Im vorliegenden Fall hatte ein Mitglied einer Bau- und Wohnungsgenossenschaft durch den Erwerb weiterer Genossenschaftsanteile eine Minderung des Nutzungsentgelts für seine Genossenschaftswohnung erreicht. Die Frage war, ob der dadurch erzielte geldwerte Vorteil als steuerpflichtige Einnahme aus Kapitalvermögen anzusehen ist.

Die Finanzverwaltung sah diesen Vorteil als steuerpflichtig an, da die Entgeltminderung unmittelbar mit den zusätzlichen Genossenschaftsanteilen verknüpft war. Der Steuerpflichtige argumentierte dagegen, dass es sich hierbei nicht um Einnahmen aus Kapitalvermögen handle.

Entscheidung des BFH

Der BFH entschied, dass die Minderung des Nutzungsentgelts durch den Erwerb weiterer Genossenschaftsanteile steuerpflichtig ist. Die zentrale Begründung lautet:

  • Der geldwerte Vorteil ist veranlasst durch die Kapitalbeteiligung an der Genossenschaft. Die Entgeltminderung steht in direktem Zusammenhang mit der Zeichnung der zusätzlichen Anteile und ist somit als Einnahme aus Kapitalvermögen zu werten.
  • Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 3 EStG sind Einnahmen aus Kapitalvermögen alle Erträge, die aus der Nutzung des Kapitalvermögens erzielt werden. Dazu gehören auch geldwerte Vorteile, die sich aus einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung an einer Genossenschaft ergeben.

Relevanz der verbindlichen Auskunft

Die Entscheidung des BFH stellt zudem klar, dass eine verbindliche Auskunft des Finanzamts nur für die Person gilt, die diese beantragt hat. Dritte können sich nicht auf die erteilte Auskunft berufen.

Auswirkungen auf die Praxis

  1. Steuerliche Konsequenzen für Genossenschaftsmitglieder:
    • Mitglieder von Bau- und Wohnungsgenossenschaften müssen den geldwerten Vorteil aus einer Nutzungsentgeltminderung als Einnahme aus Kapitalvermögen versteuern, wenn diese Minderung durch den Erwerb zusätzlicher Anteile erfolgt.
  2. Verbindlichkeit von Auskünften:
    • Steuerpflichtige sollten beachten, dass eine verbindliche Auskunft nur für den Antragsteller gilt. Um Rechtssicherheit zu erlangen, ist eine eigene Anfrage ratsam.
  3. Steuerplanung:
    • Genossenschaftsmitglieder sollten prüfen, ob die steuerlichen Auswirkungen des Erwerbs zusätzlicher Anteile in einem angemessenen Verhältnis zu den Vorteilen der Nutzungsentgeltminderung stehen.

Fazit

Das Urteil des BFH verdeutlicht, dass geldwerte Vorteile aus der Minderung von Nutzungsentgelten steuerlich als Einnahmen aus Kapitalvermögen behandelt werden, wenn sie durch den Erwerb von Genossenschaftsanteilen bedingt sind. Dies hat erhebliche Auswirkungen auf die steuerliche Behandlung von Genossenschaftsmitgliedern und erfordert eine sorgfältige Planung und Dokumentation.

BFH zur Änderung im Gesellschafterbestand einer grundbesitzenden Personengesellschaft

BFH, Urteil II R 28/21 vom 31.07.2024

Leitsatz

Für die Beurteilung der Frage, ob eine unmittelbar an der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligte Kapitalgesellschaft als neue Gesellschafterin im Sinne des § 1 Abs. 2a Satz 4 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) gilt, weil an ihr mindestens 90 % der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen, ist nur auf die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft abzustellen. Eine zuvor bereits bestehende Beteiligung des neuen Gesellschafters der Kapitalgesellschaft an der grundbesitzenden Personengesellschaft ist unerheblich.

Hintergrund

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit seinem Urteil klargestellt, wie Änderungen im Gesellschafterbestand von grundbesitzenden Personengesellschaften zu behandeln sind, wenn Kapitalgesellschaften beteiligt sind. Dabei wird der Fokus auf die Kapitalgesellschaft gelegt, sofern sie unmittelbar Gesellschafterin der grundbesitzenden Personengesellschaft ist. Entscheidend ist hierbei, ob mindestens 90 % der Anteile der Kapitalgesellschaft auf neue Gesellschafter übergehen.

Kernaussagen des Urteils

  1. Beteiligung an der Kapitalgesellschaft maßgeblich:
    • Die Beurteilung erfolgt ausschließlich auf Grundlage der Veränderungen im Gesellschafterbestand der Kapitalgesellschaft.
    • Vorherige Beteiligungen neuer Gesellschafter an der grundbesitzenden Personengesellschaft spielen keine Rolle.
  2. Relevanz des § 1 Abs. 2a Satz 4 GrEStG:
    • Diese Vorschrift regelt, wann eine grunderwerbsteuerliche Belastung eintritt, wenn sich der Gesellschafterbestand einer Personengesellschaft ändert.
    • Der BFH betont die strikte Anwendung auf die Kapitalgesellschaft, die unmittelbar Gesellschafterin ist.
  3. Keine Berücksichtigung vorheriger Verbindungen:
    • Eine bestehende Verbindung oder Beteiligung des neuen Gesellschafters an der grundbesitzenden Personengesellschaft vor der Änderung des Gesellschafterbestands der Kapitalgesellschaft bleibt unberücksichtigt.

Auswirkungen

Dieses Urteil hat erhebliche Bedeutung für die Praxis der Steuerberatung und Unternehmensstrukturierung. Es stellt klar:

  • Planungssicherheit: Unternehmen können sich bei der Gestaltung von Gesellschafterstrukturen darauf verlassen, dass nur die Anteile an der unmittelbar beteiligten Kapitalgesellschaft für die grunderwerbsteuerliche Beurteilung relevant sind.
  • Minimierung steuerlicher Risiken: Durch die klare Fokussierung auf die Kapitalgesellschaft wird das Risiko von unerwarteten grunderwerbsteuerlichen Belastungen reduziert.

Fazit

Mit seinem Urteil bringt der BFH mehr Klarheit in die Anwendung des § 1 Abs. 2a Satz 4 GrEStG. Die Entscheidung betont die Bedeutung der unmittelbaren Beteiligungsebene und vereinfacht die grunderwerbsteuerliche Beurteilung von Änderungen im Gesellschafterbestand grundbesitzender Personengesellschaften.

Besteuerung: Rat beschließt neue Vorschriften für Quellensteuerverfahren (FASTER)

Am 10. Dezember 2024 hat der Rat der Europäischen Union die FASTER-Richtlinie verabschiedet, die für sicherere und effizientere Verfahren bei der Entlastung von Doppelbesteuerung sorgen soll. Ziel ist es, grenzüberschreitende Investitionen zu erleichtern und gleichzeitig Steuerbetrug effektiver zu bekämpfen. Diese neuen Vorschriften sind ein bedeutender Schritt zur Stärkung der Kapitalmarktunion in der EU.

Worum geht es bei der FASTER-Richtlinie?

Die FASTER-Richtlinie („Faster and Safer Tax Relief“) richtet sich an Anleger, nationale Steuerbehörden und Finanzintermediäre wie Banken oder Investitionsplattformen. Sie zielt darauf ab:

  • Doppelbesteuerung bei grenzüberschreitenden Investitionen zu vermeiden,
  • die Verfahren zur Steuerentlastung zu vereinheitlichen und zu beschleunigen,
  • Steuerbetrug und Missbrauch zu verhindern.

Der ungarische Finanzminister Mihály Varga betonte, dass die Harmonisierung der Quellensteuerverfahren dazu beitragen wird, den Verwaltungsaufwand zu verringern und den grenzüberschreitenden Kapitalverkehr innerhalb der EU zu fördern.

Das Problem der Doppelbesteuerung

Derzeit erheben viele EU-Mitgliedstaaten Quellensteuer auf Dividenden und Zinsen aus grenzüberschreitenden Investitionen. Diese Einkünfte werden oft doppelt besteuert: Einmal im Quellenstaat und erneut im Wohnsitzstaat des Anlegers. Obwohl Doppelbesteuerungsabkommen existieren, sind die Verfahren zur Beantragung von Steuerentlastungen zwischen den Mitgliedstaaten uneinheitlich, oft langwierig und aufwendig. Zudem sind sie anfällig für Steuerbetrug.

Was ändert sich durch die FASTER-Richtlinie?

  1. Digitale EU-Bescheinigung über die steuerliche Ansässigkeit (eTRC): Die Richtlinie führt eine digitale Bescheinigung ein, mit der Anleger schneller und einfacher eine Entlastung von der Quellensteuer beantragen können. Die eTRC wird automatisiert durch die Mitgliedstaaten ausgestellt.
  2. Schnellverfahren: Zwei neue Schnellverfahren werden eingeführt, um die Steuerentlastung zu beschleunigen:
    • Steuererleichterung an der Quelle: Der reduzierte Steuersatz wird direkt bei der Zahlung angewandt.
    • Schnellerstattungssystem: Zu viel gezahlte Steuer wird innerhalb einer bestimmten Frist erstattet.
    Diese Verfahren sind verpflichtend für Dividenden aus öffentlich gehandelten Aktien. Mitgliedstaaten können ihre bestehenden Verfahren beibehalten, sofern sie bestimmte Kriterien erfüllen.
  3. Standardisierte Meldepflichten für Finanzintermediäre: Finanzintermediäre wie Banken oder Plattformen müssen Transaktionen standardisiert melden, um Steuerbetrug zu verhindern. Nationale Register und ein Europäisches Portal für zertifizierte Finanzintermediäre sollen den Prozess vereinfachen.
  4. Ermessen der Mitgliedstaaten: Mitgliedstaaten haben weiterhin Spielraum, zusätzliche Kontrollen vorzunehmen oder bestehende Systeme anzupassen. Sie müssen jedoch die neuen Vorschriften bis zum 31. Dezember 2028 in nationales Recht umsetzen. Ab dem 1. Januar 2030 gelten die Regelungen EU-weit.

Vorteile der neuen Vorschriften

  • Förderung von Investitionen: Harmonisierte und effiziente Verfahren sollen die Attraktivität der EU-Kapitalmärkte steigern.
  • Vereinfachung und Zeiteinsparung: Die Digitalisierung und Standardisierung reduzieren den Verwaltungsaufwand für Anleger und Steuerbehörden.
  • Bekämpfung von Steuerbetrug: Transparente Meldeverfahren und strengere Kontrollen erschweren Missbrauch.

Fazit

Die FASTER-Richtlinie ist ein Meilenstein für die Modernisierung der Quellensteuerverfahren in der EU. Sie bietet Anlegern und Finanzintermediären neue Möglichkeiten, grenzüberschreitend effizienter zu agieren. Zugleich stärkt sie das Vertrauen in den EU-Kapitalmarkt durch klare Regeln und effektive Mechanismen zur Missbrauchsbekämpfung.

Mit diesen Reformen zeigt die EU ihre Entschlossenheit, die Kapitalmarktunion weiter auszubauen und Steuergerechtigkeit zu fördern. Anleger, Unternehmen und Steuerberater sollten sich frühzeitig mit den neuen Regelungen vertraut machen, um die Vorteile voll auszuschöpfen.

Buchführungspflicht: Neue Grenzen 2024

Das Jahr 2024 bringt wichtige Änderungen für Gewerbetreibende mit sich. Mit dem Wachstumschancengesetz, das im Frühjahr 2024 verabschiedet wurde, wurden die Grenzen für die Buchführungspflicht angehoben. Wenn Sie Gewerbetreibender sind (kein Freiberufler), ist es jetzt besonders wichtig, Ihren Gewinn und Umsatz für 2024 zu prüfen.

Was hat sich geändert?

Bislang mussten Sie von der einfacheren Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) zur aufwändigeren Buchführung wechseln, wenn:

  • Ihr Gewinn 60.000 € überschritt oder
  • Ihr Jahresumsatz über 600.000 € hinausging.

Mit den neuen Regelungen gelten ab 2024 folgende Grenzwerte:

  • Gewinngrenze: 80.000 €
  • Umsatzgrenze: 800.000 €

Ab wann gilt die Buchführungspflicht?

Es reicht bereits aus, wenn eine dieser beiden Grenzen überschritten wird. Sobald das der Fall ist, sind Sie verpflichtet, ab dem Folgejahr die Buchführung einzuführen. Das bedeutet mehr Aufwand und Zeit für Ihre Buchhaltung.

Wechsel zur Sollversteuerung

Zusätzlich ist mit der Buchführungspflicht oft ein Wechsel zur Sollversteuerung verbunden. Das bedeutet:

  • Umsatzsteuer und Einkommensteuer müssen abgeführt werden, auch wenn eine gestellte Rechnung noch nicht bezahlt wurde.

Was können Sie tun?

Falls Sie knapp an den neuen Grenzwerten liegen und den Wechsel vermeiden möchten, sollten Sie jetzt handeln. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um die Buchführungspflicht zu umgehen:

  • Umsätze verlagern: Beispielsweise können Aufträge ins Folgejahr geschoben werden.
  • Investitionsabzugsbetrag bilden: In der Steuererklärung können bestimmte Investitionen vorab geltend gemacht werden, um den Gewinn zu senken.

Lassen Sie sich hierzu von einem Steuerberater beraten, um sicherzustellen, dass Sie alle legalen Gestaltungsmöglichkeiten optimal nutzen.

Ausnahme für Freiberufler

Freiberufler wie Rechtsanwälte, Steuerberater, Ärzte oder Künstler sind weiterhin von der Buchführungspflicht befreit – selbst wenn sie die neuen Grenzwerte überschreiten. Sie können jedoch freiwillig zur Buchführung wechseln. Das kann vorteilhaft sein, beispielsweise wenn Rücklagen gebildet werden sollen.

Fazit

Die neuen Regelungen bieten eine Erleichterung für viele Gewerbetreibende, können aber dennoch für andere zur Verpflichtung führen, ihre Buchhaltung grundlegend umzustellen. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, Ihre Zahlen für 2024 zu prüfen und gegebenenfalls rechtzeitig Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Ihr Steuerberater kann Ihnen hierbei entscheidend weiterhelfen.

Das Geschäftskonzept war Steuerhinterziehung in Millionenhöhe

Im Oktober 2024 entschied der Bundesgerichtshof (BGH) über einen brisanten Fall, bei dem ein Onlinehandelsunternehmen Umsatzsteuer in Millionenhöhe hinterzogen hatte. Das Urteil zeigt, wie komplex grenzüberschreitende Steuervergehen sind und liefert wichtige Erkenntnisse für die steuerliche Praxis.

Sachverhalt

Der Angeklagte (A) war Geschäftsführer und Gesellschafter einer T-GmbH, die mit einem chinesischen Konzern verbunden war. Die Gesellschaft importierte Elektronikprodukte aus China, lagerte diese in Hamburg und verkaufte sie über Plattformen wie Amazon und eBay an private Endkunden.

Um Umsatzsteuer zu hinterziehen, nutzte die T-GmbH 15 eBay-Accounts, besteuerte jedoch nur die Umsätze eines Accounts. Die restlichen Umsätze von über 45 Millionen Euro blieben unversteuert. Zusätzlich wurden keine notwendigen Registrierungen oder Umsatzsteuererklärungen in anderen EU-Ländern vorgenommen, obwohl die Lieferschwellen überschritten waren. Die Buchhaltung erfasste weder die betroffenen Verkäufe noch die damit verbundenen Einkaufsrechnungen und Einfuhrumsatzsteuern.

Urteil des Landgerichts und Revision

Das Landgericht verurteilte den Angeklagten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten. Gegen die T-GmbH wurde eine Einziehung des Wertes der Taterträge in Höhe von ca. 4,4 Millionen Euro angeordnet. Das Urteil basierte auf der Annahme, dass alle Lieferungen in das EU-Land mit dem niedrigsten Umsatzsteuersatz (Luxemburg) erfolgt seien. Sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft und die T-GmbH legten Revision ein.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Der BGH hob das Urteil teilweise auf und wies auf folgende Punkte hin:

  1. Unzureichende Feststellungen zur Steuerbarkeit der Umsätze:
    Das Landgericht hatte nicht geklärt, in welchen Ländern und in welchem Umfang die Lieferungen steuerbar waren. Wären die Lieferschwellen in anderen EU-Ländern überschritten worden, hätten die Umsätze dort und nicht in Deutschland versteuert werden müssen.
  2. Fehlerhafte Berücksichtigung von Vorsteuern:
    Das Landgericht hatte abzugsfähige Vorsteuern nicht ausreichend berücksichtigt. Von 830.000 Euro Einfuhrumsatzsteuer wurden lediglich 460.000 Euro als Vorsteuern geltend gemacht. Die Differenz hätte die Steuerverkürzung reduziert.
  3. Missbräuchliche Geltendmachung des Vorsteuerabzugs:
    Laut EuGH-Rechtsprechung ist der Vorsteuerabzug zu versagen, wenn ein Steuerpflichtiger unmittelbar an einer Steuerhinterziehung beteiligt ist. Im vorliegenden Fall lag jedoch kein missbräuchliches Verhalten vor, da die Steuerhinterziehung durch das Verschweigen steuerpflichtiger Umsätze und nicht durch unberechtigte Vorsteuerabzüge erfolgte.
  4. Rechtsfehler bei der Schätzung der Steuerverkürzung:
    Die Annahme, dass alle Lieferungen nach Luxemburg erfolgten, widersprach den Feststellungen des Landgerichts. Wären die Umsätze ausschließlich in Luxemburg steuerbar gewesen, hätte es an einem in Deutschland strafbaren Verhalten gefehlt.

Relevanz für die Praxis

Der Fall verdeutlicht:

  • Präzise Feststellungen sind entscheidend: Steuerpflichtige sollten sicherstellen, dass die Steuerbarkeit und Versteuerung von Umsätzen klar dokumentiert ist, insbesondere bei grenzüberschreitenden Geschäften.
  • Vorsteuerabzug bei Steuerhinterziehung: Eigene Steuerhinterziehung führt nicht automatisch zum Ausschluss des Vorsteuerabzugs, sofern kein direkter Zusammenhang besteht.
  • Bedeutung der Lieferschwellen: Unternehmen, die in der EU tätig sind, müssen die Lieferschwellen der Mitgliedstaaten im Blick behalten und sich rechtzeitig registrieren.

Fazit

Der BGH betont, wie wichtig eine differenzierte Betrachtung der Steuerbarkeit von Umsätzen und die Berücksichtigung von Vorsteuern ist. Steuerberater spielen eine zentrale Rolle dabei, Unternehmen in grenzüberschreitenden Steuerfragen rechtssicher zu beraten. Der vorliegende Fall zeigt, dass eine fehlerhafte steuerliche Gestaltung gravierende strafrechtliche und finanzielle Konsequenzen haben kann.

Quelle: Urteil des BGH vom 14.10.2020, 1 StR 213/19.

Sonderbericht zu schädlichen Steuerregelungen und Steuervermeidung

Der Europäische Rechnungshof (EuRH) hat am 28. November 2024 einen Sonderbericht zur Bekämpfung schädlicher Steuerregelungen und Steuervermeidung durch Unternehmen veröffentlicht. Nachfolgend die wichtigsten Erkenntnisse und Empfehlungen:

Schlussfolgerungen des EuRH

Der Bericht hebt hervor, dass der bestehende EU-Rechtsrahmen, bestehend aus den drei Richtlinien zur Bekämpfung der Steuervermeidung, DAC-6 und Mechanismen zur Beteiligung an Steuerstreitigkeiten, nur als erster Schritt bei der Bekämpfung von Steuervermeidung und schädlichen Steuerregelungen angesehen werden kann.

  • Unzureichende Umsetzung und Überwachung:
    Der Bericht bemängelt die mangelnde Effizienz der Umsetzung und das Fehlen eines geeigneten Überwachungssystems zur Bewertung der Wirksamkeit dieser Maßnahmen.
  • Uneinheitliche Anwendung:
    Das Urteil des EuGH vom 29. Juli 2024 (C-623/22) zeigt, dass unterschiedliche Interpretationen der DAC-6-Bestimmungen zu uneinheitlichen Meldepflichten führen. Dies birgt das Risiko, dass grenzüberschreitende Steuervereinbarungen in einigen Mitgliedstaaten nicht gemeldet werden, während sie in anderen gemeldet werden müssen.
  • Berufsgruppenspezifische Ausnahmeregelungen:
    Kritisiert werden die Ausnahmen für Berufsgruppen wie Anwälte, die einem Verschwiegenheitsgebot unterliegen. Diese Ausnahmen können laut EuRH insbesondere im grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr mit Drittstaaten zu Regelungslücken führen. Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) betrachtet dies mit Besorgnis, da das anwaltliche Berufsgeheimnis infrage gestellt wird.

Empfehlungen des EuRH

Auf Grundlage der Ergebnisse fordert der EuRH die Europäische Kommission auf, folgende Maßnahmen zu ergreifen:

  1. Klarstellung des EU-Rechtsrahmens:
    Uneinheitliche Interpretationen der DAC-6-Bestimmungen sollen durch präzisere Regelungen vermieden werden.
  2. Verbesserung der Berichtqualität:
    Die Qualität der DAC-6-Berichte muss erhöht werden, um die Aussagekraft der gemeldeten Daten zu steigern.
  3. Angemessenheit von Sanktionen:
    Die Wirksamkeit und Verhältnismäßigkeit von Sanktionen sollen sichergestellt werden, um Steuervermeidung effektiv zu bekämpfen.
  4. Unterstützung der Gruppe „Verhaltenskodex“:
    Diese Gruppe sollte verstärkt werden, um deren Handlungsspielraum bei der Bekämpfung schädlicher Steuerregelungen zu erweitern.
  5. Monitoring der Ergebnisse:
    Die Auswirkungen der Maßnahmen zur Bekämpfung schädlicher Steuerregelungen und Steuervermeidung sollten systematisch überwacht und bewertet werden.

Relevante Quellen

  • Presseerklärung (November 2024)
  • Sonderbericht des EuRH (November 2024)
  • Antworten der Kommission auf den Sonderbericht (November 2024)
  • Urteil des EuGH C-623/22 (Juli 2024)
  • Nachrichten aus Brüssel 11/2024 und 16/2023

Fazit

Der Sonderbericht zeigt, dass die EU im Bereich der Steuervermeidung und schädlicher Steuerregelungen noch große Herausforderungen zu bewältigen hat. Besonders die Uneinheitlichkeit der Meldepflichten und die Ausnahmeregelungen für Berufsgruppen wie Anwälte bergen Risiken, die angegangen werden müssen. Die Empfehlungen des EuRH bieten der EU-Kommission eine klare Grundlage, um die Effektivität der Maßnahmen zu steigern und Steuervermeidung nachhaltiger zu bekämpfen.

Quelle: Bundesrechtsanwaltskammer, Nachrichten aus Brüssel – Ausgabe 21/2024 vom 09.12.2024

Kein Irrtum bei der Erbschaftsausschlagung

Das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken hat mit Beschluss vom 14.08.2024 (8 W 102/23) klargestellt, dass ein rechtlich beachtlicher Irrtum über die Überschuldung eines Nachlasses nur dann vorliegt, wenn der Anfechtende sich in einem Irrtum über die Zusammensetzung des Nachlasses befand. Ein Irrtum über den Wert der einzelnen Nachlassgegenstände begründet hingegen kein Anfechtungsrecht.

Sachverhalt

Die Erblasserin, die im Alter von 106 Jahren ohne Testament verstorben war, lebte zuvor längere Zeit in einem Seniorenheim. Die Heim- und Pflegekosten wurden durch Mittel der Kriegsopferfürsorgestelle finanziert. Diese Leistungen wurden als Darlehen gewährt und durch eine Grundschuld an einem Haus der Erblasserin abgesichert. Nach ihrem Tod standen die Enkel und Urenkel als gesetzliche Erben fest.

Eine Enkelin schlug das Erbe aus und begründete dies mit einer vermuteten Überschuldung des Nachlasses. Zwei Urenkel nahmen die Erbschaft an. Später wurde das Haus der Erblasserin unter Mitwirkung einer gerichtlich bestellten Nachlasspflegerin verkauft. Nach Bekanntwerden eines vierstelligen Guthabens auf einem Bankkonto der Erblasserin widerrief die Enkelin ihre Erbausschlagungserklärung wegen Irrtums und beantragte einen Erbschein, der sie als Erbin zu einem Viertelanteil ausweisen sollte.

Das Nachlassgericht entsprach ihrem Antrag. Einer der Urenkel, der das Erbe nicht ausgeschlagen hatte, legte jedoch Beschwerde gegen diesen Beschluss ein.

Entscheidung des OLG Zweibrücken

Das OLG entschied, dass der Antrag der Enkelin auf Erteilung eines Erbscheins zurückzuweisen sei, da sie durch ihre wirksame Erbausschlagung keine Erbin geworden sei. Die Anfechtung der Ausschlagungserklärung wegen Irrtums sei nicht wirksam.

Beachtlicher Irrtum

Ein rechtlich beachtlicher Irrtum liegt vor, wenn der Anfechtende sich über die Zusammensetzung des Nachlasses irrt. Das Gericht stellte jedoch fest, dass der Irrtum der Enkelin über das Bankguthaben nicht ursächlich für die Ausschlagung gewesen sei. Auch wenn ihr das Konto bekannt gewesen wäre, hätte dies nichts an ihrer Einschätzung der Überschuldung des Nachlasses geändert.

Unbeachtlicher Irrtum über den Wert

Ein Irrtum über den Wert des Nachlasses, wie im Fall der Einschätzung des Verkaufserlöses des Hauses, ist rechtlich unbeachtlich. Die Enkelin hatte die Ausschlagung auf der Annahme gestützt, dass die Verbindlichkeiten höher seien als der Erlös aus dem Hausverkauf. Diese Fehleinschätzung begründet jedoch keinen Anfechtungsgrund.

Fazit

Das Urteil des OLG Zweibrücken verdeutlicht, dass eine Anfechtung einer Erbausschlagungserklärung wegen Irrtums nur in engen Grenzen möglich ist. Ein Irrtum über den Wert einzelner Nachlassgegenstände reicht nicht aus, um die Ausschlagung anzufechten. Erben sollten sich vor der Entscheidung zur Annahme oder Ausschlagung eines Erbes umfassend über die Zusammensetzung und den Wert des Nachlasses informieren.

Quelle: Pfälzisches Oberlandesgericht Zweibrücken

Änderung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO)

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat mit Schreiben IV D 1 – S 0062/24/10003 :001 vom 10.12.2024 wesentliche Änderungen des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO) bekanntgegeben. Die Änderungen treten im Zusammenhang mit dem Gesetz zur Modernisierung des Postrechts und dem Jahressteuergesetz 2024 in Kraft. Nachfolgend die wichtigsten Neuerungen:

Verlängerung der Bekanntgabefiktion

Ab dem 1. Januar 2025 werden die Bekanntgabefiktionen in der Abgabenordnung (AO) sowie im Verwaltungszustellungsgesetz (VwZG) von drei auf vier Tage verlängert. Dies gilt für Verwaltungsakte, die nach dem 31. Dezember 2024 zur Post gegeben, elektronisch übermittelt oder elektronisch zum Abruf bereitgestellt werden.

Ergänzungen zu § 87a AO

Die Neuregelung des § 87a Absatz 1 AO beschränkt die Übermittlung elektronischer Nachrichten und Dokumente an Finanzbehörden. Die Änderungen umfassen:

  1. Einschränkungen bei elektronischen Nachrichten
    • Elektronische Nachrichten und Dokumente dürfen nicht mehr mit einer qualifizierten elektronischen Signatur oder über das besondere elektronische Behördenpostfach übermittelt werden, sofern ein sicheres elektronisches Verfahren der Finanzbehörden zur Verfügung steht.
    • Ausnahmen gelten für Gerichte, Staatsanwaltschaften und gesetzlich vorgeschriebene Übermittlungen.
  2. Rechtsfolgen bei fehlerhafter Übermittlung
    • Dokumente, die entgegen § 87a AO übermittelt wurden, gelten mangels Zugangseröffnung nicht als zugegangen. Sie können keine Fristen wahren.

Anpassungen bei § 122 AO (Bekanntgabefiktion)

  • Der Begriff der „Dreitage-Regelungen“ wird ab dem 1. Januar 2025 durch „Viertage-Regelungen“ ersetzt.
  • Entsprechende Änderungen betreffen Formulierungen wie „am dritten Tag“, die nun „am vierten Tag“ lauten.

Weitere Anpassungen

  1. Änderungen zu § 108 AO
    • Die Regelung zur Berechnung von Fristen wird ebenfalls auf die Viertage-Regelungen umgestellt.
  2. Änderungen zu § 220 und § 355 AO
    • Fristen für die Bekanntgabe werden entsprechend auf vier Tage erweitert.
  3. Überarbeitung von Nummerierungen und Verweisen
    • Anpassungen der Nummerierungen und Verweise in § 87a AO sowie anderen relevanten Vorschriften.

Fazit

Die Änderungen des AEAO tragen der Modernisierung des Postrechts und der Digitalisierung Rechnung. Unternehmen und Steuerpflichtige sollten die neuen Bekanntgabefiktionen und Übermittlungsbeschränkungen beachten, um Rechtsnachteile zu vermeiden. Steuerberater und Rechtsanwälte können bei der Umsetzung und Einhaltung der neuen Vorschriften unterstützen.

Quelle: Bundesministerium der Finanzen

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin