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Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des HGB

elektronische Vorab-Fassung*
Deutscher Bundestag Drucksache 17/13617
17. Wahlperiode 21. 05. 2013
Gesetzentwurf
der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Handelsgesetzbuchs
A. Problem und Ziel
Mit dem Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister
sowie das Unternehmensregister (EHUG) im Jahre 2006 wurden grundlegende
Änderungen bezüglich der Durchsetzung der Offenlegungspflicht vorgenommen. Mit dem EHUG wurde dem Bundesamt für Justiz die Durchsetzung der
Offenlegungspflichten übertragen. Das neue Ordnungsgeldverfahren hat sich im
Grundsatz bewährt. Das zeigt sich auch darin, dass, nachdem technische Anlaufschwierigkeiten überwunden wurden, nun seit mehreren Jahren über 90 Prozent
der mehr als 1,1 Millionen betroffenen Kapitalgesellschaften ihre Rechnungslegungsunterlagen rechtzeitig offenlegen. Nachdem inzwischen fünf Jahre seit
Einführung des EHUG verstrichen sind, hat der Deutsche Bundestag am 29.
November 2012 eine Entschließung verabschiedet (Bundestagsdrucksache
17/11702), nach der es an der Zeit sei, zu prüfen, ob Änderungsbedarf an dem
seit 2006 geltenden Ordnungsgeldverfahren besteht.
Dabei hat der Deutsche Bundestag an Erleichterungen insbesondere bezüglich
der Offenlegungspflicht angeknüpft, die durch die sogenannte Micro-Richtlinie
(Richtlinie 2012/6/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.
März 2012 zur Änderung der Richtlinie 78/660/EWG des Rates über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen hinsichtlich
Kleinstbetrieben, ABl. L 81 vom 21.3.2012, S. 3) ermöglicht und mit dem
Kleinstkapitalgesellschaften-Bilanzrechtsänderungsgesetz (MicroBilG) vom
20. Dezember 2012 im deutschen Recht eingeführt wurden.
Ziel ist es, die Regelungen des EHUG-Ordnungsgeldverfahrens behutsam zu
modernisieren, um einerseits das aufgrund zwingender europäischer Vorgaben
notwendige effektive Verfahren weiterhin zu gewährleisten und andererseits in
Einzelfällen Härten zu mildern.
B. Lösung
Die Modernisierung der Regelungen des EHUG-Ordnungsgeldverfahrens bezieht sich auf drei Bereiche, die in der Entschließung des Deutschen Bundestages angesprochen wurden:
– eine Senkung der Mindestordnungsgelder für Kleinstkapitalgesellschaften
und kleine Kapitalgesellschaften;
* Wird nach Vorliegen der lektorierten Druckfassung durch diese ersetzt.elektronische Vorab-Fassung
-2-
– das Verschulden und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und
– die Einführung eines Verfahrens, um eine einheitliche Rechtsprechung in
Ordnungsgeldverfahren zu erreichen.
C. Alternativen
Keine.
D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Die vorgesehene Herabsetzung der Ordnungsgeldhöhe führt zu Mindereinnahmen des Bundes in Höhe von ca. 20 Millionen Euro jährlich, beginnend ab dem
Kalenderjahr 2014. Diese Mindereinnahmen entsprechen der vom Deutschen
Bundestag geforderten Minderung der Belastung des Mittelstands durch gegen
ihn gerichtete Sanktionen und stärken damit die Liquidität des Mittelstands.
Eine Kompensation im Einzelplan 07 ist nicht möglich.
Auswirkungen auf die Haushalte der Länder und Kommunen sind nicht zu erwarten.
E. Erfüllungsaufwand
E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger wird nicht verursacht.
E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Die im Entwurf vorgesehenen Regelungen berühren ausschließlich das Sanktionsverfahren wegen Verletzung einer bereits geregelten Informationspflicht der
Wirtschaft. Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft wird daher weder verursacht
noch gesenkt.
Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten
Bürokratiekosten entstehen nicht.
E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Für den Bund entsteht Erfüllungsaufwand beim Bundesamt für Justiz, das die
Ordnungsgeldverfahren durchzuführen hat. Die Neuregelungen werden voraussichtlich zu keinem Mehraufwand führen. Ein Anstieg der bereits hohen Fallzahlen beim Bundesamt für Justiz wird nicht erwartet. Mittelfristig wird vielmehr erwartet, dass die neuen Regelungen zur Erhöhung der Akzeptanz des
Verfahrens und der Offenlegungspflicht beitragen und die Fallzahlen damit
insgesamt zurückgehen.
Für Länder und Kommunen entsteht kein Erfüllungsaufwand.
F. Weitere Kosten
Sonstige Auswirkungen auf Kosten für die Wirtschaft, für soziale Sicherungssysteme, auf Einzelpreise, das Preisniveau und insbesondere das Verbraucherpreisniveau sind nicht zu erwarten. elektronische Vorab-Fassung
-3-
Anlage 1
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Handelsgesetzbuchs
Der Text des Gesetzentwurfs und der Begründung ist gleich lautend
mit der Bundestagsdrucksache 17/13221. elektronische Vorab-Fassung
-4-
Anlage 2
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates
Der Nationale Normenkontrollrat hat den Entwurf geprüft.
I. Zusammenfassung
Bürgerinnen und Bürger Keine Auswirkungen
Wirtschaft Keine Auswirkungen
Verwaltung Marginale Auswirkungen
Der Nationale Normenkontrollrat hat im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags keine Bedenken
gegen das Regelungsvorhaben.
II. Im Einzelnen
1. Regelungsinhalt
Mit dem Entwurf werden die Regelungen über das Ordnungsgeldverfahren wegen versäumter Offenlegung
von Rechnungslegungsunterlagen bei Kapitalgesellschaften geändert. Im Wesentlichen handelt es sich um:
• Senkung der Höhe der Ordnungsgelder für Kleinstkapitalgesellschaften, kleine Kapitalgesellschaften und sonstige Kapitalgesellschaften;
• Einführung eines Verfahrens zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand;
• Einführung einer zulassungsbedürftigen Rechtsbeschwerde gegen Beschwerdeentscheidungen des
Landgerichts Bonn, das bundesweit zentral in Ordnungsgeldverfahren entscheidet.
2. Erfüllungsaufwand
Das Regelungsvorhaben hat keine Auswirkungen auf den Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft und die
Bürgerinnen und Bürger, da hier das Sanktionsverfahren bei Nichterfüllung bereits bestehender Pflichten
(Offenlegung von Rechnungslegungsunterlagen) geregelt wird.
Der Erfüllungsaufwand für die öffentliche Verwaltung wird sich nach Aussage des Ressorts voraussichtlich nicht wesentlich ändern. Laut Ressort erwartet das für Ordnungsgeldverfahren zuständige Bundesamt
für Justiz infolge der Regelungen zur Senkung der Höhe der Ordnungsgelder, der Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand und der Rechtsbeschwerde nur geringfügigen Mehraufwand. Das Ressort geht davon aus,
dass die vorgesehenen Änderungen die Akzeptanz der Offenlegungspflichten stärkt.
Der Nationale Normenkontrollrat hat im Rahmen seines Mandats keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.

Bundesrat fordert längere Verjährungsfrist bei Steuerhinterziehung

elektronische Vorab-Fassung*
Deutscher Bundestag Drucksache 17/13664
17. Wahlperiode 29. 05. 2013
Gesetzentwurf
des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung von
Steuerstraftaten
A. Problem und Ziel
Angleichung der Verjährungsfrist für die strafrechtliche Verfolgung von Steuerhinterziehung an die
Festsetzungsfrist bei hinterzogenen Steuern.
B. Lösung
Für alle Fälle einer Steuerhinterziehung wird die Verjährungsfrist für die Strafverfolgung auf zehn
Jahre festgelegt.
C. Alternativen
Keine.
D. Kosten der öffentlichen Hand
Von der Umsetzung des Gesetzentwurfs sind Steuermehreinnahmen in nicht bezifferbarer Höhe zu
erwarten.
Der Vollzug ist mit den vorhandenen Ressourcen zu bewältigen.
E. Sonstige Kosten
Kosten für die Wirtschaft: Keine.
Kosten für soziale Sicherungssysteme: Keine.
* Wird nach Vorliegen der lektorierten Druckfassung durch diese ersetzt.elektronische Vorab-Fassungelektronische Vorab-Fassung
Anlage 1
Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Bekämpfung von
Steuerstraftaten
Vom …
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Änderung der Abgabenordnung
§ 376 Absatz 1 der Abgabenordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Oktober 2002
(BGBl. I S. 3866; 2003 I S. 61), die zuletzt durch … geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:
„(1) Die Verjährungsfrist für Fälle der Steuerhinterziehung (§ 370) beträgt zehn Jahre.“
Artikel 2
Änderung des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung
In Artikel 97 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung vom 14. Dezember 1976 (BGBl. I S.
3341, 1977 S. 667), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 1. November 2011 (BGBl. I S.
2131) geändert worden ist, wird in § 23 folgender Satz angefügt:
㤠376 der Abgabenordnung in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes zur Verbesserung der
Bekämpfung von Steuerstraftaten vom … (BGBl. I S. … [Einsetzen: Ausfertigungsdatum und
Seitenzahl der Verkündung des vorliegenden Änderungsgesetzes]) gilt für alle bei Inkrafttreten
dieses Gesetzes noch nicht abgelaufenen Verjährungsfristen.“
Artikel 3
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. elektronische Vorab-Fassung
– 2 –
Begründung
A. Allgemeiner Teil
Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt. Sie schädigt das Steueraufkommen und damit das
Gemeinwesen. Es ist deshalb Aufgabe des Staates, für eine wirksame Bekämpfung von
Steuerhinterziehung Sorge zu tragen. Dies erfordert auch eine Angleichung der Fristen, innerhalb
derer eine strafrechtliche Verfolgung von Steuerhinterziehung und der Festsetzung der verkürzten
Steuern möglich ist.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1 (Änderung der Abgabenordnung)
Nach § 169 Absatz 2 Satz 2 AO beträgt die steuerliche Festsetzungsfrist zehn Jahre, soweit eine
Steuer hinterzogen wurde. Unter Berücksichtigung der An- und Ablaufhemmungen nach §§ 170
und 171 AO können hinterzogene Steuern im Einzelfall auch noch nach mehr als zehn Jahren
festgesetzt und erhoben werden.
Bis zum Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2009 enthielt die Abgabenordnung für die
Steuerhinterziehung nach § 370 AO keine eigenständige Regelung zur Verfolgungsverjährung. Es
galten die allgemeinen Regelungen des Strafgesetzbuches mit der Folge einer grundsätzlich
fünfjährigen Verfolgungsverjährungsfrist nach § 78 Absatz 3 Nummer 4 StGB.
Mit dem Jahressteuergesetz 2009 wurde für Taten im Sinne des § 370 Absatz 3 AO
(Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall) eine von § 78 StGB abweichende
Sonderregelung in § 376 Absatz 1 AO geschaffen. In diesen Fällen besteht eine grundsätzliche
Parallelität zwischen Steuerfestsetzungsverjährung und steuerstrafrechtlicher
Verfolgungsverjährung. Die strafrechtliche Ahndung bei Steuerhinterziehung in besonders
schweren Fällen kann sich so auf einen längeren Zeitraum erstrecken, das Strafrisiko für den
Hinterzieher steigt. Dadurch kann Steuerhinterziehung wirkungsvoller bekämpft werden.
Handelt es sich hingegen nicht um eine Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall,
besteht nach wie vor eine erhebliche Diskrepanz zwischen der Steuerfestsetzungsverjährung, die in
der Regel zehn Jahre beträgt, und der Strafverfolgungsverjährung, die bei einer
Steuerhinterziehung im Sinne des § 370 Absatz 1 AO fünf Jahre beträgt.
Nicht zuletzt im Hinblick auf die Fülle der seit dem Jahre 2010 aufgedeckten
Steuerhinterziehungsfälle im Zusammenhang mit ausländischen Vermögensanlagen sollten alle
Steuerstraftaten möglichst (gleich) lang strafrechtlich geahndet werden können. Denn besonders in
diesen Fällen ist die Diskrepanz zwischen der regulären Steuerfestsetzungsfrist von zehn Jahren
und der Strafverfolgungsverjährung von fünf Jahren bei Steuerhinterziehungen im Sinne des § 370
Absatz 1 AO – wenn keines der in § 370 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 bis Nummer 5 AO
ausdrücklich aufgeführten Regelbeispiele erfüllt ist – mit Blick auf den Unrechtsgehalt
unsachgemäß und erschwert die strafrechtliche Ahndung.
Überdies führt das Auseinanderfallen der Steuerfestsetzungsverjährung und der
Strafverfolgungsverjährung auch in Selbstanzeigefällen zu Verwerfungen, da sich eine wirksame
Berichtigungserklärung nach § 371 Absatz 1 AO zwar auf alle strafrechtlich nicht verjährten
Zeiträume beziehen muss, die Steuern aber für alle nicht festsetzungsverjährten
Besteuerungszeiträume nachträglich festgesetzt werden müssen und ohne entsprechende
Berichtigungserklärung für diese Jahre häufig nicht mehr sachgerecht ermittelt werden können. Das elektronische Vorab-Fassung
– 3 –
läuft im Ergebnis auch der Intention des § 371 AO in der Fassung durch das
Schwarzgeldbekämpfungsgesetz 2011 zuwider: Die Straffreiheit sollte ausdrücklich daran geknüpft
werden, dass ein Steuerhinterzieher jedenfalls bezogen auf eine Steuerart „reinen Tisch macht“. De
facto ist das in Fällen der Steuerhinterziehung nach § 370 Absatz 1 AO dann nicht der Fall, wenn
die Berichtigungserklärung im Sinne des § 371 Absatz 1 AO für die nicht
strafverfolgungsverjährten (fünf) Besteuerungszeiträume abgegeben wird und damit wirksam ist, in
Ansehung der steuerrechtlich zusätzlich relevanten weiteren fünf Veranlagungszeiträume aber
keine Offenlegung erfolgt und unter Umständen ganz bewusst eine möglicherweise zu niedrige
Schätzung der Besteuerungsgrundlagen durch die Finanzbehörden in Kauf genommen wird.
Die Änderung tritt am Tag nach der Verkündung des Gesetzes in Kraft. Sie gilt dabei nur für Fälle
von Steuerhinterziehung, die bei Inkrafttreten des Gesetzes noch nicht verjährt sind.
Zu Artikel 2 (Änderung des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung)
§ 23 Absatz 2 EGAO stellt klar, dass die Neuregelung der Verfolgungsverjährungsfrist für alle
noch nicht verjährten Sachverhalte gilt. Die Regelung dient der Rechtssicherheit.
Zu Artikel 3 (Inkrafttreten)
Die Änderungen durch das vorliegende Änderungsgesetz treten am Tag nach der Verkündung in
Kraft. elektronische Vorab-Fassung
– 4 –
Anlage 2
Stellungnahme der Bundesregierung
Die Bundesregierung nimmt zum Entwurf des Bundesrates für ein Gesetz zur Verbesserung der
Bekämpfung von Steuerstraftaten (BR-Drs. 339/13 – Beschluss) wie folgt Stellung:
Die Bundesregierung hält den Vorschlag des Bundesrates, für alle Fälle einer Steuerhinterziehung
die Verjährungsfrist für die Strafverfolgung auf zehn Jahre festzulegen, nicht für überzeugend.
Der Vorschlag zielt auf eine Verlängerung der Verfolgungsverjährung bei Steuerhinterziehung
(§ 370 Abgabenordnung – AO) in allen Fällen und nicht nur in besonders schweren Fällen auf zehn
Jahre. Eine derartige Verlängerung begegnet Bedenken im Vergleich zu anderen Straftatbeständen
sowie im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Mit dem Jahressteuergesetz 2009 wurde bereits als Ausnahme zu den geltenden Regeln über die
Verjährung in §§ 78 ff. Strafgesetzbuch (StGB) für Fälle der besonders schweren
Steuerhinterziehung, die durch Regelbeispiel konkretisiert sind, eine zehnjährige
Verfolgungsverjährung geschaffen (§ 376 Abs. 1 AO). Die Verfolgungsverjährung betrug bis dahin
– wie bei mit vergleichbarer Strafandrohung bedrohten Delikten – fünf Jahre. Bereits diese
Verlängerung der Strafverfolgungsverjährung war rechtssystematisch umstritten.
Eine weitere Ausdehnung der Verjährungsverlängerung auch auf Fälle einfacher Steuerhinterziehung würde der Systematik des Strafrechts, die auch für das Nebenstrafrecht gilt, deutlich
widersprechen. Denn schon gegen die geltende Regelung des § 376 Abs. 1 AO wurde eingewandt,
dass diese Norm gegen den Gleichheitsgrundsatz (Artikel 3 Grundgesetz) verstoße, weil die
Verjährungsregelung von der vergleichbarer Delikte (Diebstahl, §242 StGB, Betrug, § 263 StGB
und Untreue, § 266 StGB) abweiche. Selbst für Subventionsbetrug (§ 264 StGB), der sich auch
gegen den Staat richten kann, beträgt die Verjährungsfrist nur fünf Jahre.
Infolge einer Verlängerung der strafrechtlichen Verfolgbarkeit der einfachen Steuerhinterziehung
auf zehn Jahre würde ein Betrug zu Lasten des Staates länger verfolgbar sein als ein Betrug zu
Lasten einer privaten Person. Dogmatisch würde dies auch der Wertung der neueren
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs widersprechen, der gerade seine Rechtsprechung zur
Steuerhinterziehung seiner Rechtsprechung zum Betrug angenähert hat.
Neben den rechtssystematischen Bedenken droht aus Sicht der Bundesregierung auch ein Verstoß
gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Die vom Bundesrat vorgeschlagene Verlängerung der Strafverfolgungsverjährung hätte zur Folge,
dass jede in der Praxis noch so geringfügige Falschangabe in einer Steuererklärung wie z. B. die
wahrheitswidrige Angaben eines zu langen Fahrweges zwischen Wohnung und Arbeitsstätte oder
die falsche Behauptung, man nutze den eigenen PKW zwischen Wohnung und Arbeit, obwohl
tatsächlich die Fahrgemeinschaft genutzt wird, zu einer strafrechtlichen Verfolgbarkeit von zehn
Jahren führen würde. Dies begegnet Bedenken im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit.
Nach Auffassung der Bundesregierung ist der Vorschlag des Bundesrates vor dem Hintergrund der
seit dem Jahre 2010 aufgedeckten Steuerhinterziehungsfälle im Zusammenhang mit dem Ausland
zu sehen. Gerade in diesen Fällen dürfte bereits das geltende Recht dem Ziel des Bundesrates
gerecht werden. In diesen Fällen handelt es sich in der Regel gerade nicht um die Fälle, die von der
jetzt geforderten Verlängerung erfasst würden, sondern regelmäßig ohnehin der zehnjährigen
Verlängerungsfrist unterliegen.

Offenlegungspflichten von Kleinstkapitalgesellschaften

Eine Entlastung im Falle von Verstößen gegen Offenlegungspflichten sieht ein Gesetzentwurf der Bundesregierung für Kleinstkapitalgesellschaften und kleine Kapitalgesellschaften vor. In der Vorlage (BT-Drs. 17/13617 – PDF, 125 KB) heißt es, die Höhe der Mindestordnungsgelder solle gesenkt werden. Das im Jahr 2006 beschlossene Ordnungsgeldverfahren habe sich zwar im Prinzip bewährt. Ziel des Gesetzentwurfs sei es nun aber, unter anderem „in Einzelfällen Härten zu mildern“.

 

elektronische Vorab-Fassung*
Deutscher Bundestag Drucksache 17/13617
17. Wahlperiode 21. 05. 2013
Gesetzentwurf
der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Handelsgesetzbuchs
A. Problem und Ziel
Mit dem Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister
sowie das Unternehmensregister (EHUG) im Jahre 2006 wurden grundlegende
Änderungen bezüglich der Durchsetzung der Offenlegungspflicht vorgenommen. Mit dem EHUG wurde dem Bundesamt für Justiz die Durchsetzung der
Offenlegungspflichten übertragen. Das neue Ordnungsgeldverfahren hat sich im
Grundsatz bewährt. Das zeigt sich auch darin, dass, nachdem technische Anlaufschwierigkeiten überwunden wurden, nun seit mehreren Jahren über 90 Prozent
der mehr als 1,1 Millionen betroffenen Kapitalgesellschaften ihre Rechnungslegungsunterlagen rechtzeitig offenlegen. Nachdem inzwischen fünf Jahre seit
Einführung des EHUG verstrichen sind, hat der Deutsche Bundestag am 29.
November 2012 eine Entschließung verabschiedet (Bundestagsdrucksache
17/11702), nach der es an der Zeit sei, zu prüfen, ob Änderungsbedarf an dem
seit 2006 geltenden Ordnungsgeldverfahren besteht.
Dabei hat der Deutsche Bundestag an Erleichterungen insbesondere bezüglich
der Offenlegungspflicht angeknüpft, die durch die sogenannte Micro-Richtlinie
(Richtlinie 2012/6/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.
März 2012 zur Änderung der Richtlinie 78/660/EWG des Rates über den Jahresabschluss von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen hinsichtlich
Kleinstbetrieben, ABl. L 81 vom 21.3.2012, S. 3) ermöglicht und mit dem
Kleinstkapitalgesellschaften-Bilanzrechtsänderungsgesetz (MicroBilG) vom
20. Dezember 2012 im deutschen Recht eingeführt wurden.
Ziel ist es, die Regelungen des EHUG-Ordnungsgeldverfahrens behutsam zu
modernisieren, um einerseits das aufgrund zwingender europäischer Vorgaben
notwendige effektive Verfahren weiterhin zu gewährleisten und andererseits in
Einzelfällen Härten zu mildern.
B. Lösung
Die Modernisierung der Regelungen des EHUG-Ordnungsgeldverfahrens bezieht sich auf drei Bereiche, die in der Entschließung des Deutschen Bundestages angesprochen wurden:
– eine Senkung der Mindestordnungsgelder für Kleinstkapitalgesellschaften
und kleine Kapitalgesellschaften;
* Wird nach Vorliegen der lektorierten Druckfassung durch diese ersetzt.elektronische Vorab-Fassung
-2-
– das Verschulden und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und
– die Einführung eines Verfahrens, um eine einheitliche Rechtsprechung in
Ordnungsgeldverfahren zu erreichen.
C. Alternativen
Keine.
D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Die vorgesehene Herabsetzung der Ordnungsgeldhöhe führt zu Mindereinnahmen des Bundes in Höhe von ca. 20 Millionen Euro jährlich, beginnend ab dem
Kalenderjahr 2014. Diese Mindereinnahmen entsprechen der vom Deutschen
Bundestag geforderten Minderung der Belastung des Mittelstands durch gegen
ihn gerichtete Sanktionen und stärken damit die Liquidität des Mittelstands.
Eine Kompensation im Einzelplan 07 ist nicht möglich.
Auswirkungen auf die Haushalte der Länder und Kommunen sind nicht zu erwarten.
E. Erfüllungsaufwand
E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger wird nicht verursacht.
E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Die im Entwurf vorgesehenen Regelungen berühren ausschließlich das Sanktionsverfahren wegen Verletzung einer bereits geregelten Informationspflicht der
Wirtschaft. Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft wird daher weder verursacht
noch gesenkt.
Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten
Bürokratiekosten entstehen nicht.
E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Für den Bund entsteht Erfüllungsaufwand beim Bundesamt für Justiz, das die
Ordnungsgeldverfahren durchzuführen hat. Die Neuregelungen werden voraussichtlich zu keinem Mehraufwand führen. Ein Anstieg der bereits hohen Fallzahlen beim Bundesamt für Justiz wird nicht erwartet. Mittelfristig wird vielmehr erwartet, dass die neuen Regelungen zur Erhöhung der Akzeptanz des
Verfahrens und der Offenlegungspflicht beitragen und die Fallzahlen damit
insgesamt zurückgehen.
Für Länder und Kommunen entsteht kein Erfüllungsaufwand.
F. Weitere Kosten
Sonstige Auswirkungen auf Kosten für die Wirtschaft, für soziale Sicherungssysteme, auf Einzelpreise, das Preisniveau und insbesondere das Verbraucherpreisniveau sind nicht zu erwarten. elektronische Vorab-Fassung
-3-
Anlage 1
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Handelsgesetzbuchs
Der Text des Gesetzentwurfs und der Begründung ist gleich lautend
mit der Bundestagsdrucksache 17/13221. elektronische Vorab-Fassung
-4-
Anlage 2
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates
Der Nationale Normenkontrollrat hat den Entwurf geprüft.
I. Zusammenfassung
Bürgerinnen und Bürger Keine Auswirkungen
Wirtschaft Keine Auswirkungen
Verwaltung Marginale Auswirkungen
Der Nationale Normenkontrollrat hat im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags keine Bedenken
gegen das Regelungsvorhaben.
II. Im Einzelnen
1. Regelungsinhalt
Mit dem Entwurf werden die Regelungen über das Ordnungsgeldverfahren wegen versäumter Offenlegung
von Rechnungslegungsunterlagen bei Kapitalgesellschaften geändert. Im Wesentlichen handelt es sich um:
• Senkung der Höhe der Ordnungsgelder für Kleinstkapitalgesellschaften, kleine Kapitalgesellschaften und sonstige Kapitalgesellschaften;
• Einführung eines Verfahrens zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand;
• Einführung einer zulassungsbedürftigen Rechtsbeschwerde gegen Beschwerdeentscheidungen des
Landgerichts Bonn, das bundesweit zentral in Ordnungsgeldverfahren entscheidet.
2. Erfüllungsaufwand
Das Regelungsvorhaben hat keine Auswirkungen auf den Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft und die
Bürgerinnen und Bürger, da hier das Sanktionsverfahren bei Nichterfüllung bereits bestehender Pflichten
(Offenlegung von Rechnungslegungsunterlagen) geregelt wird.
Der Erfüllungsaufwand für die öffentliche Verwaltung wird sich nach Aussage des Ressorts voraussichtlich nicht wesentlich ändern. Laut Ressort erwartet das für Ordnungsgeldverfahren zuständige Bundesamt
für Justiz infolge der Regelungen zur Senkung der Höhe der Ordnungsgelder, der Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand und der Rechtsbeschwerde nur geringfügigen Mehraufwand. Das Ressort geht davon aus,
dass die vorgesehenen Änderungen die Akzeptanz der Offenlegungspflichten stärkt.
Der Nationale Normenkontrollrat hat im Rahmen seines Mandats keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.

Ungerechtfertigte Erstattung von Kapitalertragsteuer

 Die Bundesregierung kann den fiskalischen Gesamtschaden und die Gesamtsteuerausfälle durch ungerechtfertigte Erstattung von Kapitalertragsteuer im Zusammenhang mit um den Dividendenstichtag über ausländische Banken gehandelten Aktien nicht beziffern.

Die Gestaltungen seien verdeckt erfolgt, heißt es in der Antwort der Bundesregierung (BT-Drs. 17/13638 – PDF, 168 KB) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (BT-Drs. 17/13233 – PDF, 72 KB). Die Antwort enthält eine umfassende Darstellung dieser nach einer Gesetzesänderung nicht mehr möglichen Gestaltungen.

elektronische Vorab-Fassung*
Deutscher Bundestag Drucksache 17/13638
17. Wahlperiode 24 05. 2013
Seite 1, Mai 30, 2013, /data/bt_vorab/1713638.fm, Frame
Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 23. Mai 2013
übermittelt.
Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext.
Antwort
der Bundesregierung
auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Harald Koch, Richard
Pitterle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 17/13233 –
Steuerausfälle durch ungerechtfertigte Erstattungen von Kapitalertragsteuer
Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r
In der Vergangenheit sind vermehrt Fälle aufgetreten, in denen Anlegerinnen
und Anleger eine Erstattung der Kapitalertragsteuer erreichen konnten, wenngleich sie keine Kapitalertragsteuer abgeführt hatten. Dies betraf insbesondere Fälle, in denen um den Dividendenstichtag Aktien über ausländische Kreditinstitute gehandelt wurden. Die Bundesregierung führte hierzu auf die Schriftliche Frage 40 auf Bundestagsdrucksache 17/11787 des Abgeordneten Richard Pitterle der Fraktion DIE LINKE. aus: „Bei dieser Art von Aktiengeschäften wurde nach der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Rechtslage versucht, durch Leerverkäufe von Aktien das Auseinanderfallen der Personen, die die
Kapitalertragsteuer erheben (die ausschüttende Aktiengesellschaft) und die Kapitalertragsteuer bescheinigen (die depotführende Bank des Aktionärs), in Verbindung mit der börsenüblichen Lieferfrist von zwei Tagen auszunutzen und ungerechtfertigte Steuererstattungsansprüche geltend zu machen.“ Nach Ansicht der Bundesregierung seien derartige Gestaltungen durch eine Neuregelung des Kapitalertragsteuerabzugsverfahrens im Rahmen des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2009/65/EG zur Koordinierung der Rechtsund Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren – OGAW-IV-Umsetzungsgesetz (OGAW-IVUmsG) – mit Wirkung ab 1. Januar 2012 nicht mehr möglich. Gleichwohl bleibt die Frage offen, in welcher Höhe dem Staat Einnahmen entgangen sind und inwieweit Kapitalanlageinstitute rechtsmissbräuchlich die beschriebenen Gestaltungen befördert haben. Weiterhin gilt es zu klären, welche Erkenntnisse die Bundesregierung über derartige Gestaltungen in der Vergangenheit bereits hatte und durch geeignete Maßnahmen diesen entgegengetreten ist.
1. Unter Ausnutzung welcher Rechtsnormen und Erhebungsverfahren wurden die beschriebenen Gestaltungen im Einzelnen umgesetzt, insbesondere in Bezug auf
a) die Anlageform,
b) die Einschaltung eines Kreditinstituts,
c) die Lieferungsfrist der Wertpapiere,
d) die Möglichkeit von Leerverkäufen,
e) den Ort des Kreditinstituts,
f) die technische Abwicklung des Börsenhandels,
g) die Art der Kapitaleinkünfte,
h) die Erhebung der Kapitalertragsteuer,
i) die Ausstellung der Bescheinigung über erhobene Kapitalertragsteuer
(bitte mit Begründung)?

2. Wie wurden die beschriebenen Gestaltungen im Zusammenspiel mit den unter der in Frage 1 genannten Rechtsnormen und Erhebungsverfahren technisch umgesetzt?

3. Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, in denen die beschriebenen Gestaltungen nicht über Aktiengeschäfte erfolgten (bitte mit Darstellung)?

4. Welche Funktion und Bedeutung hatten bei der Umsetzung der beschriebenen Gestaltungen in- und ausländische Kreditinstitute (bitte mit Darstellung und Begründung)?

Die Fragen 1 bis 4 werden wegen des Sachzusammenhangs zusammengefasst beantwortet.
Bei dem Gestaltungsmodell der Cum/Ex-Geschäfte mit Leerverkäufen über ausländische Banken um den Dividendenstichtag wurde versucht, unter der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Rechtslage durch planmäßiges und abgestimmtes Verhalten von mindestens zwei Marktteilnehmern das Auseinanderfallen der Personen, die Kapitalertragsteuer erheben (vgl. Nummer 1) und Kapitalertragsteuer bescheinigen (vgl. Nummer 2), auszunutzen, um unberechtigte Steueransprüche geltend zu machen. Um dies zu erreichen, wurden auch die geltenden Modalitäten in der Abwicklung börslicher und außerbörslicher Geschäfte (vgl. Nummer 3) und die Dividendenregulierung von girosammelverwahrten Aktien (vgl. Nummer 4) gezielt genutzt. Die Grundlagen und das Grundprinzip dieses Modells sind an Hand der bisherigen Erkenntnisse ausgehend von der Praxis der Abwicklung von Börsengeschäften, der Besonderheiten der Girosammelverwahrung und der bis 31. Dezember 2011 geltenden Regelungen zur Ausstellung von Steuerbescheinigungen im Folgenden dargestellt. Im Ergebnis wurde über das Gestaltungsmodell versucht, das auch nach alter Rechtslage bestehende Grundprinzip des steuerlichen Erstattungsverfahrens zu
unterlaufen, wonach nur Kapitalertragsteuer an Antragsteller erstattet werden kann, die zuvor auch abgeführt wurde.

1. Verfahren zur Erhebung der Kapitalertragsteuer

Bei der Kapitalertragsteuer auf Dividenden galt nach der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Rechtslage das Schuldnerprinzip (gemäß § 44 Absatz 1 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) a. F.). Der Schuldner der Kapitalerträge – bei Dividendenzahlungen somit die ausschüttende Aktiengesellschaft – war selbst zum Einbehalt und zur Abführung der Kapitalertragsteuer verpflichtet, d. h. es fand zum Zeitpunkt der Ausschüttung einer Dividende durch die Aktiengesellschaft (als Schuldner der Dividende) der Steuerabzug statt und nicht erst bei Auszahlung der Dividende durch ein Kreditinstitut an den Aktionär. Erst mit Wirkung ab 2012 wurde durch das OGAW-IV-Umsetzungsgesetz vom 22. Juni 2011 (BGBl I S. 1126) bei girosammelverwahrten Aktien die Verpflichtung zum Einbehalt der Kapitalertragsteuer auf die auszahlenden Kreditinstitute verlagert (§ 44 Absatz 1 Satz 4 Nummer 3 EStG in der ab dem 1. Januar 2012 anzuwendenden Fassung).

2. Praxis der Ausstellung von Steuerbescheinigungen nach der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Rechtslage

Die Bescheinigung der auf die Aktionäre entfallenden Kapitalertragsteuer erfolgte durch die depotführenden Kreditinstitute der Aktionäre (§ 45a Absatz 3 EStG). Diese Vorgehensweise ist der Tatsache geschuldet, dass die ausschüttende Aktiengesellschaft typischerweise ihre Aktionäre nicht oder zumindest nicht alle kennt. Diese Kenntnis hatte nur die depotführende Stelle, die die Aktien für den Aktionär am Dividendenstichtag verwahrt. Die bis Ende 2011 geltende Rechtslage hatte zur Folge, dass die Person, die die Kapitalertragsteuer abführte (= ausschüttende Aktiengesellschaft) nicht mit der
Person identisch war, die die Kapitalertragsteuer bescheinigte (depotführendes Kreditinstitut).

3. Praxis der Abwicklung von Börsengeschäften

Die Abwicklung von Aktiengeschäften über die Börse richtet sich nach den jeweiligen für den Börsenplatz geltenden Börsenbedingungen. Für Geschäfte an der Frankfurter Wertpapierbörse gelten beispielsweise die „Bedingungen für Geschäfte an der Frankfurter Wertpapierbörse“. Diese Bedingungen werden gemäß § 12 Absatz 2 des Börsengesetzes durch den Börsenrat erlassen. In den Bedingungen für Geschäfte an den deutschen Wertpapierbörsen ist festgelegt, dass Börsengeschäfte am zweiten Tag nach Geschäftsabschluss zu erfüllen sind. Am zweiten Tag nach Geschäftsabschluss  at der Verkäufer die Wertpapiere an den Käufer zu liefern und der Käufer der Wertpapiere den Kaufpreis zu zahlen (§ 4 der Bedingungen für Geschäfte an der Frankfurter Wertpapierbörse, § 15 der Bedingungen für Geschäfte an den deutschen Wertpapierbörsen). Bei Aktienerwerben über die Börse fallen somit das Verpflichtungs- (= Kauf an der Börse) und das Erfüllungsgeschäft (= Umbuchung der Aktienbestände) zeitlich auseinander.
Der Inhalt der Lieferverpflichtung wird am Tag des Geschäftsabschlusses fixiert. Die Börsenbedingungen treffen deshalb die Regelung, dass Wertpapiere mit den Rechten und Pflichten zu liefern sind, die bei Geschäftsabschluss bestanden (§ 20 der Bedingungen für Geschäfte an der Frankfurter Wertpapierbörse, § 29 der Bedingungen für die Geschäfte an den deutschen Wertpapierbörsen). Einen Anspruch auf Dividende haben diejenigen Aktionäre, die Eigentümer der Aktie zu einem bestimmten von der Hauptversammlung festgelegten Stichtag sind (sog. Dividendenstichtag). In der Regel wird als Dividendenstichtag der Tag, an dem die Hauptversammlung stattfindet, festgelegt. Da Wertpapiere mit den Rechten und Pflichten zu liefern sind, die bei Geschäftsabschluss bestanden, ist der Veräußerer bei Geschäftsabschlüssen bis
zum Dividendenstichtag einschließlich verpflichtet, Aktien mit Dividendenberechtigung zu übertragen. Der Veräußerer ist zur Lieferung von Aktien einschließlich Dividende (cum Dividende) verpflichtet, denn am Tage des Geschäftsabschlusses waren die Aktien des Veräußerers „cum Dividende“ ausgestattet. Das heißt ein Verkäufer, der die Aktien unmittelbar vor oder auch am Tag der Hauptversammlung verkauft, muss aufgrund der Börsenbedingungen dem Käufer einen Anspruch auf die Dividende verschaffen.

4. Dividendenregulierung girosammelverwahrter Aktien

Börsennotierte Aktien werden grundsätzlich nicht mehr im Rahmen der traditionellen Sonderverwahrung, bei der die Bestände für jeden Kunden getrennt verwahrt werden (§ 2 Absatz 1 des Depotgesetzes) sondern weit überwiegend in der Sammelverwahrung (§ 5 DepotG) verwahrt. Bei der Girosammelverwahrung erfolgt die Verwahrung der Aktien durch eine Wertpapiersammelbank i. S. d. § 1 Absatz 3 Depotgesetz. In Deutschland erfolgt die Girosammelverwahrung durch Clearstream Banking AG in der Funktion als zentraler Verwahrer inländischer Aktien (Zentralverwahrer). Geschäftspartner der Clearstream Banking AG sind ausschließlich inländische und ausländische Kreditinstitute. Das heißt die Clearstream Banking AG verwahrt die Aktien ausschließlich im Auftrag von Kreditinstituten. Dabei ist der Clearstream Banking AG nicht bekannt, ob und in welchem Umfang die Kreditinstitute selbst Eigentümer der Aktien sind oder ob die Kreditinstitute die Aktien lediglich im Auftrag ihrer Kunden verwahren lassen. Clearstream Banking AG kennt somit nicht die tatsächlichen Eigentümer der Aktien. Den Eigentümer kennt jeweils nur das Kreditinstitut, welches die Aktien im Eigenbesitz oder für ihre Kunden hält.Als Zentralverwahrer übernimmt Clearstream Banking AG auch zentral die Regulierung von Dividendenausschüttungen deutscher Aktien. In der Girosammelverwahrung erfolgt die Dividendenregulierung durch Clearstream Banking AG gemäß Nummer 15 Absatz 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Clearstream Banking AG am Ende des Tages der Hauptversammlung. In einem ersten Schritt werden die Dividenden auf Grundlage der bei Clearstream Banking Frankfurt gebuchten Bestände am Ende des Tages der Hauptversammlung über Clearstream und die Depotbanken der Aktionäre an diese verteilt. Da es – wie oben beschrieben – bei Börsengeschäften nach Geschäftsabschluss noch zwei Tage dauert, bis Aktien auf den Erwerber umgebucht werden, enthalten die für die Dividendenverteilung relevanten Bestände bei der Clearstream Banking AG noch nicht Erwerbsvorgänge, die am Tag der Hauptversammlung und am vorherigen Tag durchgeführt wurden. In einem zweiten Schritt reguliert die Clearstream Banking AG diese bei der Verteilung der Dividende noch unberücksichtigten Erwerbsvorgänge kurz vor und am Dividendenstichtag. Dieser zweite Schritt, in dem noch offene Verkaufs- und Kaufpositionen bei der Dividendenregulierung berücksichtigt werden, wird als Market Claim Prozesses bezeichnet (vgl. Nummer 

 

Umsatzsteuer-Umrechnungskurse Mai 2013

Umsatzsteuer-Umrechnungskurse Mai 2013 und monatlich fortgeschriebene Gesamtübersicht für das Jahr 2013

entsprechend BMF-Schreiben vom 3. Juni 2013 – IV D 3 – S 7329/13/10001 (2013/0511800) –

Gemäß § 16 Abs. 6 Satz 1 UStG wird die monatlich fortgeschriebene Gesamtübersicht für das Jahr 2013 über die bekannt gegebenen Umsatzsteuer-Umrechnungskurse veröffentlicht.

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Steuerermäßigung für Dichtheitsprüfung von Abwasserleitungen

Wer seine Abwasseranlage mittels einer Rohrleitungskamera auf Dichtheit prüfen lässt, erhält eine Steuerermäßigung von 20 % der Kosten. Dies hat der 14. Senat des Finanzgerichts Köln mit Urteil vom 18.10.2012 (Az. 14 K 2159/12) entschieden.

In dem Verfahren hatte ein Hauseigentümer für die Dichtheitsprüfung der Abwasserleitung seines privat genutzten Wohnhauses 357,36 Euro gezahlt. Er beantragte hierfür in seiner Einkommensteuererklärung 2010 die steuerliche Begünstigung für Handwerkerleistungen. Das Finanzamt lehnte dies mit der Begründung ab, dass die Dichtheitsprüfung mit einer Gutachtertätigkeit vergleichbar sei. Für diese komme nach einem Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen vom 15.02.2010 eine Steuerermäßigung nicht in Betracht.

Dem folgte der 14. Senat des Finanzgerichts Köln nicht und gewährte dem Kläger die beantragte Steuerermäßigung. Die Dichtheitsprüfung sei eine konkrete Grundlage für die Sanierung der Rohrleitung und damit Teil der Aufwendungen für deren Instandsetzung. Sie sei mithin als steuerbegünstigte Handwerkerleistung nach § 35a Abs. 3 EStG zu beurteilen.

Gegen das Urteil hat das Finanzamt Revision beim Bundesfinanzhof in München eingelegt. Das Verfahren ist unter dem Aktenzeichen VI R 1/13 anhängig.

Nach § 35a Abs. 3 EStG vermindert sich für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen die tarifliche Einkommensteuer auf Antrag um 20 % der Lohnaufwendungen, derzeit höchstens 1.200 Euro, soweit die Kosten nicht anderweitig abziehbar sind. Voraussetzung für die Steuerermäßigung ist, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist.

Quelle: FG Köln, Pressemitteilung vom 03.06.2013 zum Urteil 14 K 2159/12 vom 18.10.2012

Bayern, Hessen und Sachsen fordern steuerliche Entlastung für Normalverdiener

Mit der Forderung nach steuerlicher Entlastung mittlerer Einkommen, einheitlichen Regeln für Umweltzonen und Bürokratieabbau für Handwerker gehen Bayern, Hessen und Sachsen in die am 05.06.2013 beginnende Konferenz der Wirtschaftsminister. Ledigen mit weniger als 42.000 Euro und Verheirateten mit weniger als 84.000 Euro Jahreseinkommen solle der Solidaritätszuschlag erlassen werden, schlugen die Minister Martin Zeil (Bayern), Florian Rentsch (Hessen) und Sven Morlok (Sachsen) vor.

„Damit würden vor allem mittlere Einkommen entlastet, die von der kalten Progression besonders stark betroffen sind“, erklärten die Minister. „Es ist ein Skandal, dass die rotgrüne Mehrheit im Bundesrat das auf die Beseitigung dieses Effektes abzielende Gesetzesvorhaben der christlich-liberalen Bundesregierung gestoppt hat. Mit der Umgestaltung des Solidaritätszuschlags erreichen wir aber ähnliche Entlastungswirkungen, ohne dass der Bundesrat dies blockieren kann. Die rechnerischen Einnahmeausfälle von rund vier Milliarden Euro würden durch positive Anreizeffekte verkleinert und wären vor dem Hintergrund der insgesamt erfreulichen Ergebnisse der Steuerschätzung verkraftbar.“

Not tut nach Auffassung von Zeil, Rentsch und Morlok auch eine Vereinheitlichung der Regelungen für Umweltzonen: „In Deutschland existieren 57 Umweltzonen mit unterschiedlichen Einfahrtsbeschränkungen, Gebührenordnungen und Ausnahmeregelungen. Dies ist für Unternehmen eine unzumutbare bürokratische Belastung, besonders für Handwerk, Einzelhändler, Güterkraftverkehrsunternehmer, Busunternehmer und Schaustellergewerbe.“

Hohen bürokratischen Aufwand für kleine Unternehmen sehen die Minister auch bei der Abrechnung der Sozialversicherungsbeiträge, deren Fälligkeitstermine 2005 vorverlegt worden waren, um die Sozialkassen zu stärken. „Das führt überall dort zu Doppelarbeit, wo Arbeitnehmer auf Stundenbasis entlohnt werden; hier muss nämlich zunächst vorläufig und dann später noch einmal endgültig abgerechnet werden. Handwerk und Handel sind von daher besonders betroffen.“

Die Situation der Sozialkassen habe sich aber entspannt, so dass der Grund der Maßnahme entfallen sei, argumentieren die Minister. Dagegen sei es ungewiss, wie sich die Lage der Banken auf die Finanzierung kleiner und mittlerer Unternehmen auswirken werde. „Deshalb wäre eine Liquiditätsstärkung um rund 25 Milliarden Euro, wie sie eine Verlegung der Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge bewirken würde, gesamtwirtschaftlich sinnvoll.“

Quelle: Wirtschaftsministerium Bayern, Pressemitteilung vom 02.06.2013

EU Kommission fordert vom VEREINIGTEN KÖNIGREICH Gewährleistung, dass Freizeitboote keinen steuervergünstigten Kraftstoff nutzen

Die Europäische Kommission hat das Vereinigte Königreich aufgefordert, seine Rechtsvorschriften so zu ändern, dass privat genutzte Freizeitboote wie Luxusjachten nicht länger niedrig besteuerten Kraftstoff nutzen können, der für Fischereifahrzeuge gedacht ist. Gemäß den EU-Vorschriften zur steuerlichen Kennzeichnung von Kraftstoffen sind Kraftstoffe, die einem niedrigeren Steuersatz unterliegen, mit Farbstoffen zu kennzeichnen. Fischereifahrzeuge beispielsweise können Kraftstoff verwenden, der einem niedrigeren Steuersatz unterliegt oder steuerbefreit ist; Freizeitboote dagegen müssen Kraftstoff verwenden, auf den der normale Steuersatz anfällt.

Laut geltendem Recht sind Kraftstoffhändler im Vereinigten Königreich nicht gezwungen, getrennte Tanks vorzusehen für gekennzeichneten Kraftstoff, für den ein niedriger Steuersatz gilt, und für regulären Kraftstoff, der dem normalen Steuersatz unterliegt. Folglich können Freizeitboote den Fischereifahrzeugen vorbehaltenen Kraftstoff tanken, sie riskieren allerdings hohe Strafen, wenn sie sich in einem anderen Mitgliedstaat aufhalten und dort von den lokalen Behörden kontrolliert werden.

Die Aufforderung der Kommission ergeht in Form einer mit Gründen versehenen Stellungnahme. Sollte sie innerhalb von zwei Monaten keine zufriedenstellende Antwort erhalten, kann sie das Vereinigte Königreich vor dem Gerichtshof der Europäischen Union verklagen.

 

RICHTLINIE 95/60/EG DES RATES vom 27. November 1995 über die steuerliche Kennzeichnung von Gasöl und Kerosin

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 99,

auf Vorschlag der Kommission (1),

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments (2),

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses (3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

Die in dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen der Gemeinschaft sind nicht nur notwendig, sondern unerläßlich, wenn die Ziele des Binnenmarkts erreicht werden sollen. Diese Ziele können nicht von den Mitgliedstaaten allein erreicht werden. Überdies ist ihre Verwirklichung auf Gemeinschaftsebene bereits in der Richtlinie 92/81/EWG (4), insbesondere in Artikel 9, vorgesehen. Dementsprechend steht die vorliegende Richtlinie im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip.

In der Richtlinie 92/82/EWG (5) sind die Mindestsätze der Verbrauchsteuer für bestimmte Mineralöle und insbesondere für die verschiedenen Kategorien von Gasöl und Kerosin festgelegt.

Für das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarkts bedarf es nunmehr gemeinsamer Vorschriften für die steuerliche Kennzeichnung von Gasöl und Kerosin, die nicht zum normalen Satz versteuert worden sind, der für diese als Treibstoff verwendeten Mineralöle gilt.

Bestimmten Mitgliedstaaten sollte – aufgrund besonderer nationaler Gegebenheiten – erlaubt werden, von den in dieser Richtlinie festgelegten Bestimmungen abzuweichen.

In der Richtlinie 92/12/EWG (6) sind die Bestimmungen über das allgemeine System für verbrauchsteuerpflichtige Waren festgelegt. In Artikel 24 jener Richtlinie ist insbesondere die Einsetzung eines Verbrauchsteuerausschusses vorgesehen, der sich mit der Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften für den Verbrauchsteuerbereich befaßt.

Bestimmte technische Fragen, die die Merkmale des Produkts betreffen, das zur steuerlichen Kennzeichnung von Gasöl und Kerosin zu verwenden ist, sollten nach Maßgabe des genannten Artikels behandelt werden –

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

 

 

Artikel 1

(1) Unbeschadet der einzelstaatlichen Vorschriften über die steuerliche Kennzeichnung wenden die Mitgliedstaaten für folgende Waren ein System der steuerlichen Kennzeichnung an, das dieser Richtlinie entspricht:

– alle Gasöle des KN-Codes 2710 00 69, die in den steuerrechtlich freien Verkehr im Sinne von Artikel 6 der Richtlinie 92/12/EWG übergeführt und entweder von der Steuer befreit oder zu einem anderen als dem in Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 92/82/EWG festgesetzten Verbrauchsteuersatz versteuert worden sind;

– Kerosin des KN-Codes 2710 00 55, das in den steuerrechtlich freien Verkehr im Sinne von Artikel 6 der Richtlinie 92/12/EWG übergeführt und entweder von der Steuer befreit oder zu einem anderen als dem in Artikel 8 Absatz 1 der Richtlinie 92/82/EWG festgesetzten Verbrauchsteuersatz versteuert worden ist.

(2) Die Mitgliedstaaten können Ausnahmen von der Verwendung des in Absatz 1 bezeichneten steuerlichen Kennzeichnungssystems aus Gründen der öffentlichen Gesundheit, der Sicherheit oder aus anderen technischen Gründen gestatten, sofern sie entsprechende Steueraufsichtsmaßnahmen ergreifen.

Außerdem kann Irland gemäß Artikel 21 Absatz 4 der Richtlinie 92/12/EWG beschließen, den Kennzeichnungsstoff nicht zu verwenden oder seine Verwendung nicht zu genehmigen. In diesem Fall unterrichtet Irland die Kommission, die die anderen Mitgliedstaaten entsprechend unterrichtet.

 

Artikel 2

(1) Der Kennzeichnungsstoff besteht aus einer bestimmten Zusammensetzung chemischer Zusätze, die spätestens vor der Überführung der betreffenden Mineralöle in den steuerrechtlich freien Verkehr unter Steueraufsicht zugesetzt werden.

Allerdings

– können die Mitgliedstaaten im Fall einer direkten, nicht über ein Steuerlager vorgenommenen Lieferung unter Steueraussetzung aus einem anderen Mitgliedstaat vorschreiben, daß der Kennzeichnungsstoff zugesetzt wird, bevor das Produkt das Versandsteuerlager verläßt;

– können die Mitgliedstaaten, die dies vor dem 1. Januar 1996 praktiziert haben, in bestimmten Ausnahmefällen oder -situationen gestatten, daß der Kennzeichnungsstoff zugesetzt wird, nachdem die betreffenden Mineralöle unter Steueraufsicht in den steuerrechtlich freien Verkehr übergeführt worden sind. Die Mitgliedstaaten, die dies praktizieren, unterrichten die Kommission. Die Kommission unterrichtet die anderen Mitgliedstaaten entsprechend. In diesem Fall können die Mitgliedstaaten die zum Zeitpunkt der Überführung in den freien Verkehr gezahlte Verbrauchsteuer zurückerstatten;

– kann Dänemark das Zusetzen des Kennzeichnungsstoffes bis zum Zeitpunkt des Endverkaufs im Einzelhandel hinausschieben, sofern die Waren unter Steueraufsicht verbleiben.

(2) Der zu verwendende Kennzeichnungsstoff wird nach dem Verfahren des Artikels 24 der Richtlinie 92/12/EWG bestimmt.

 

Artikel 3

Die Mitgliedstaaten ergreifen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, daß eine mißbräuchliche Verwendung der gekennzeichneten Produkte verhindert wird und daß insbesondere die betreffenden Mineralöle nicht zur Verbrennung in Kraftfahrzeugmotoren verwendet oder im Treibstofftank von Kraftfahrzeugen aufbewahrt werden dürfen, es sei denn, eine solche Verwendung ist in besonderen, von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten festgelegten Fällen erlaubt.

Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, daß die Verwendung der betreffenden Mineralöle in den in Absatz 1 genannten Fällen als Zuwiderhandlung gegen das innerstaatliche Recht des betreffenden Mitgliedstaats gilt. Jeder Mitgliedstaat trifft die geeigneten Maßnahmen, um sicherzustellen, daß diese Richtlinie in vollem Umfang angewandt wird, und legt insbesondere die Sanktionen fest, die bei einem Verstoß gegen die genannten Maßnahmen zu verhängen sind; diese Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.

 

Artikel 4

Die Mitgliedstaaten können neben dem Kennzeichnungsstoff gemäß Artikel 1 Absatz 1 einen einzelstaatlichen Kennzeichnungsstoff oder eine Farbe zusetzen.

Den betreffenden Mineralölen dürfen keine anderen als die in den Gemeinschaftsvorschriften oder den Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats vorgesehenen Kennzeichnungsstoffe oder Farben zugesetzt werden.

 

Artikel 5

(1) Die Mitgliedstaaten erlassen die erforderlichen Vorschriften, um dieser Richtlinie zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Bestimmungen, die nach dem Verfahren des Artikels 2 erlassen werden, nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis.

Wenn die Mitgliedstaaten diese Vorschriften erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme.

(2) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem unter diese Richtlinie fallenden Gebiet erlassen.

 

Artikel 6

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

 

Geschehen zu Brüssel am 27. November 1995.

Im Namen des Rates

Der Präsident

P. SOLBES MIRA

 

(1) ABl. Nr. C 15 vom 18. 1. 1994, S. 18.

(2) ABl. Nr. C 128 vom 9. 5. 1995, S. 178.

(3) ABl. Nr. C 133 vom 16. 5. 1994, S. 35.

(4) ABl. Nr. L 316 vom 31. 10. 1992, S. 12. Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 94/74/EG (ABl. Nr. L 365 vom 31. 12. 1994, S. 46).

(5) ABl. Nr. L 316 vom 31. 10. 1992, S. 19. Richtlinie geändert durch die Richtlinie 94/74/EG (ABl. Nr. L 365 vom 31. 12. 1994, S. 46).

(6) ABl. Nr. L 76 vom 23. 3. 1992, S. 1. Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 94/74/EG (ABl. Nr. L 365 vom 31. 12. 1994, S. 46).

Doppelbesteuerungsabkommen: Abfindungen bei Wohnsitzwechsel ins Ausland

Zur Frage der Ausstellung von Freistellungsbescheinigungen in den Fällen des Wegzugs von Arbeitnehmern bitte ich folgende Auffassung zu vertreten:

Die Prüfung, ob und zu welchem Zeitpunkt der inländische Wohnsitz tatsächlich mit steuerrechtlicher Wirkung aufgegeben worden ist, ist im Veranlagungsverfahren für das Jahr des Wegzugs unter Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalls abschließend zu prüfen. Dies gilt auch in den Fällen, in denen die Auszahlung auf ein nachfolgendes Kalenderjahr hinausgeschoben wird. Ggf. ist für das Jahr des Wohnsitzwechsels der Steuerpflichtige zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung aufzufordern (Hinweis auf § 149 Abs. 1 Satz 2 AO) und zeitnah zu veranlagen. Bestehen Zweifel über den genauen Zeitpunkt des Wechsels ist ggf. auch für den nachfolgenden Veranlagungszeitraum eine Einkommensteuerklärung anzufordern. Für die Prüfung der steuerlich anzuerkennenden Aufgabe des inländischen Wohnsitzes und des Wechsels von der unbeschränkten zur beschränkten Einkommensteuerpflicht bei inländischen Einkünften i.S.d. § 49 EStG sind Kenntnisse des gesamten Steuerfalls erforderlich, die dem Betriebsstättenfinanzamt grundsätzlich nicht vorliegen (Hinweis auf meine Verfügung zu Wegzugsfällen vom 31.7.2006, S 1343 – 4 – StO 112). Beantragt deshalb ein bisher unbeschränkt steuerpflichtiger Arbeitnehmer die Ausstellung einer Freistellungsbescheinigung (LSt 3 E) beim Betriebsstättenfinanzamt mit der Begründung, er habe seinen Wohnsitz verlegt, hat das bisher für ihn zuständige FA dem Betriebsstättenfinanzamt auf entsprechende Rückfrage zu bestätigen, zu welchem Zeitpunkt der inländische Wohnsitz mit steuerlicher Wirkung aufgegeben worden ist. Dies gilt auch in den Fällen, in denen der Arbeitnehmer seinen Wohnsitz beispielsweise zum Jahresende 2006 aufgibt und für 2007 erstmals beschränkt einkommensteuerpflichtig wird. Erst nach Bestätigung kann das Betriebsstätten-FA über eine mögliche Steuerbefreiung nach Punkt E des Vordrucks LSt 3 E im Rahmen einer tatsächlich bestehenden beschränkten Steuerpflicht entscheiden.

Für das Jahr des Wegzugs sind deshalb Einkommensteuererklärungen anzufordern. Ich bitte darauf zu achten, dass die Angaben vollständig sind, insbesondere ausländische Einkünfte erklärt und Zeiten der Nichtbeschäftigung erläutert werden sowie die Folgerungen aus der Wohnsitzaufgabe konsequent umgesetzt worden sind (z.B. durch Einstellung der Zahlung von Kindergeld bzw. Arbeitslosengeld). Das Ergebnis der Prüfung und der Zeitpunkt des Wechsels der Ansässigkeit sind aktenkundig zu machen. Der Zeitpunkt des Zuflusses der Abfindung ist anhand des individuell geschlossenen Abfindungsvertrags zu prüfen. Sollte in besonders gelagerten Einzelfällen nach den Gesamtumständen des Einzelfalls erkennbar sein, dass der Auszahlungszeitpunkt der Abfindung ausschließlich auf Wunsch des Stpfl. hinausgeschoben worden ist, um weiße Einkünfte zu erzielen, bitte ich ggf. einen Gestaltungsmissbrauch i.S.d. § 42 AO zu prüfen und mich über derartige Fälle zu unterrichten.

Weiter ist zu prüfen, ob die Abfindung (teilweise) Bestandteile enthält, für die Deutschland auch nach Wegzug das Besteuerungsrecht hat (Hinweis auf Tz. 2.1 der Verfügung vom 26.10.2006, S 2300 – 45 – StO 211). Soweit endgültig eine (teilweise) Freistellung der Abfindungszahlung in Deutschland erfolgt, bitte ich eine Spontanauskunft an den anderen Staat über die Abfindungszahlung und die (anteilige) Freistellung im Inland zu fertigen. Hinsichtlich der Anwendung der Fünftel-Regelung bei Progressionsvorbehalt verweise ich auf § 32b Abs. 2 Nr. 2 EStG.

Auf das BMF-Schreiben zur steuerlichen Behandlung von Arbeitslohn nach dem Doppelbesteuerungsabkommen vom 14.9.2006, IV B 6 – S 1300 – 367/06, BStBl 2006l S. 532 sowie meine Bearbeitungshinweise zu Tz. 6.3 des o.a. BMF-Schreibens (Vfg. vom 26.10.2006, S 2300 – 45 – StO 211) weise ich hin. OFD Hannover, 15.12.2006, S 2369 – 24 – StO 211

Wann beginnt Frist zur Erklärung der fristlosen Kündigung eines Geschäftsführers?

Wann beginnt Frist zur Erklärung der fristlosen Kündigung eines Geschäftsführers?

Kernaussage
Nach dem Gesetz können Dienstverhältnisse aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Frist gekündigt werden. Die Kündigung muss dabei innerhalb von 2 Wochen ab dem Zeitpunkt erfolgen, an dem der Kündigungsberechtigte von dem wichtigen Grund erfährt. Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied aktuell, dass diese 2-wöchige Frist zur Erklärung der fristlosen Kündigung eines Geschäftsführeranstellungsvertrags erst ab positiver Kenntnis des Kündigungsberechtigten vom Kündigungsgrund läuft.

Sachverhalt
Der Kläger war zunächst Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft der Stadtsparkasse Düsseldorf, dann Geschäftsführer der beklagten GmbH, deren alleinige Gesellschafterin die Tochtergesellschaft ist. Im Jahr 2000 unterzeichnete der Kläger einen Beratervertrag der Tochtergesellschaft mit einem Kölner Kommunalpolitiker für die beabsichtigte Auflage eines Fonds unter Beteiligung der Stadtsparkasse Düsseldorf, ihrer Tochtergesellschaft und der Stadtsparkasse Köln. Nach dem Vortrag der beklagten GmbH beruhte dies auf einer Absprache zwischen dem Vorstandsvorsitzenden der Stadtsparkasse Köln und dem Vorstandsvorsitzenden der Stadtsparkasse Düsseldorf, nach der der Kommunalpolitiker keine Beratungsleistung erbringen sollte. Der Kommunalpolitiker erhielt ein jährliches Honorar von 200.000 DM, das vereinbarungsgemäß von der Stadtsparkasse Köln erstattet wurde. Im Jahr 2004 wurde der Beratervertrag mit teilweiser Rückwirkung aufgehoben. Nach der Veröffentlichung von Presseberichten, nach denen es sich um einen Scheinberatervertrag gehandelt habe und die zum Rücktritt des Kommunalpolitikers als Bürgermeister führten, wurde der Kläger am 16.2.2009 als Geschäftsführer der beklagten GmbH abberufen und sein Anstellungsvertrag fristlos gekündigt. Der Kläger verlangt die Feststellung, dass die Kündigung seines Dienstverhältnisses unwirksam sei und bekam schließlich vor dem Oberlandesgericht Recht.

Entscheidung
Die Richter urteilten, die außerordentliche Kündigung sei wegen Versäumung der Kündigungsfrist unwirksam gewesen. Der Bundesgerichtshof (BGH) allerdings sah die Feststellungen des Oberlandesgerichts zur Verfristung der Kündigungserklärung als nicht ausreichend an. Die Frist begann erst mit positiver Kenntnis der neuen Geschäftsführer der Tochtergesellschaft vom Kündigungsgrund zu laufen. Grobfahrlässige Unkenntnis genügt nicht, so dass keine Pflicht der Geschäftsführer bestand, aus Anlass der Aufhebung des Beratervertrags zu ermitteln, ob er nur zum Schein abgeschlossen wurde.

Konsequenz
Das Oberlandesgericht wird jetzt im zweiten Rechtsgang abschließend klären müssen, wann die neue Geschäftsführung positive Kenntnis vom Kündigungsgrund hatte. Jedenfalls gilt: Die 2-Wochen-Ausschluss-Frist beginnt, wenn der Kündigungsberechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige positive Kenntnis von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen hat und ihm deshalb die Entscheidung über die Zumutbarkeit einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses möglich ist Mit dem Ablauf der Frist verfällt das Recht zur außerordentlichen Kündigung endgültig. Unbenommen dessen kann der Arbeitgeber eine ordentliche Kündigung aussprechen.