Alle Beiträge von steuerschroeder.de

Steuerberater

Auskunftsanspruch von Konkurrenten gemeinnütziger Vereine

Auskunftsanspruch von Konkurrenten gemeinnütziger Vereine

Kernproblem

Auch gemeinnützige Organisationen können z. B. beim Krankentransport oder im Rahmen der Pflegebereiche im Wettbewerb mit gewerblichen Anbietern stehen. In diesen Fällen kann es ein entscheidender Wettbewerbsvorteil sein, wenn man seine Leistungen zum ermäßigten (7 % USt) statt zum vollen Steuersatz (19 % USt) anbieten kann. Die gewerblichen Anbieter können die Richtigkeit bzw. Fehlerhaftigkeit des ermäßigten Umsatzsteuersatzes der gemeinnützigen Organisation durch eine Konkurrentenklage überprüfen lassen. Hierzu ist das Wissen über den angewendeten Umsatzsteuersatz der gemeinnützigen Organisation notwendig.

Sachverhalt

Das klagende Unternehmen betreibt den gewerblichen Transport von Blutkonserven, Blutproben u. ä. Nach klägerischer Ansicht würde ein gemeinnütziger Verein vergleichbare Leistungen lediglich mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz in Rechnung stellen. Hierin sah die Klägerin eine Wettbewerbsverzerrung und verlangte vom beklagten Finanzamt Auskunft über die Besteuerung der Vereins-Umsätze zur Vorbereitung einer Konkurrentenklage. Das Finanzamt lehnte dies unter Verweis auf das Steuergeheimnis ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof (BFH) – wie auch bereits das Finanzgericht – bejaht den Auskunftsanspruch. Voraussetzung dafür ist nur, dass eine unzutreffende Besteuerung und eine davon ausgehende erhebliche Beeinträchtigung des Unternehmens ernstlich in Betracht kommen. Diesem steht dann auch nicht mehr das Steuergeheimnis entgegen. Im Rahmen der anschließend gegebenenfalls zu erhebenden Konkurrentenklage ist dann zu entscheiden, ob ein Rechtsschutzanspruch des Unternehmens tatsächlich gegeben ist.

Konsequenz

Die Entscheidung des BFH steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Sachen Konkurrentenklage. Durch steuerliche Begünstigungen soll bzw. darf der Wettbewerb nicht beeinträchtigt werden.

Voraussetzungen der Berichtigung einer fehlerhaften Bilanz

Voraussetzungen der Berichtigung einer fehlerhaften Bilanz

Kernaussage

Fehler in Bilanzen müssen grundsätzlich im Fehlerjahr berichtigt werden. Soweit eine Berichtigung im Fehlerjahr nicht mehr möglich ist, weil die Feststellungs- oder Veranlagungsbescheide bestandskräftig und nicht mehr änderbar sind, ist die Korrektur in der Schlussbilanz des ersten Jahres nachzuholen, in dem dies mit steuerlicher Wirkung möglich ist.

Sachverhalt

Eine bilanzierende GmbH erfasste im Jahresabschluss versehentlich eine Verbindlichkeit für Dezember 2005 nicht, buchte jedoch die Zahlung im Streitjahr 2006 als Betriebsausgabe. Die Steuerveranlagungen für 2005 waren zum Zeitpunkt der Fehlererkenntnis bestandskräftig. Das Finanzamt lehnte den Betriebsausgabenabzug für 2006 ab.

Entscheidung

Das Finanzgericht gab der Klage der GmbH statt. Eine Korrektur ist in der Schlussbilanz des ersten Jahres, welches steuerlich noch änderbar ist, nachzuholen. Damit wird der Betriebsausgabenabzug in 2006 gewährt. Es erfolgt keine gewinnneutrale Fehlerkorrektur in der Eröffnungsbilanz. Das Prinzip des formellen Bilanzzusammenhangs, nämlich dass die Eröffnungsbilanzwerte zum 1.1.2006 den Schlussbilanzwerten zum 31.12.2005 unter Einbezug des Bilanzierungsfehlers entsprechen, wird nicht durchbrochen.

Konsequenz

Das Finanzgericht hat die Revision zugelassen. Insoweit bleibt die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) abzuwarten, inwieweit und unter welchen Voraussetzungen der formelle Bilanzzusammenhang durchbrochen werden kann.

Beginn der Abschreibung bei Windkraftanlagen und Eigentumsübergang

Beginn der Abschreibung bei Windkraftanlagen und Eigentumsübergang

Kernproblem

Bei der Anschaffung von umfangreichem abnutzbarem Anlagevermögen können sich mehrere bilanzsteuerliche Fragen ergeben. So sind z. B. Wirtschaftsgüter zu definieren, der Abschreibungsbeginn zu untersuchen (zivilrechtliches vs. wirtschaftliches Eigentum) und Nutzungsdauern festzulegen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte die Anschaffung mehrerer Windkraftanlagen zu würdigen, die im Dezember geliefert, aber erst im Folgejahr zivilrechtlich abgenommen wurden.

Sachverhalt

Die Betreiberin eines Windparks schloss einen Kaufvertrag über den Erwerb von 2 Windkraftanlagen (WKA). Mit dem Lieferanten wurde vereinbart, dass dieser die Windkrafträder zu montieren und eine förmliche Abnahme nach einem Probebetrieb mit der ersten Hauptinspektion zu erfolgen habe. Die WKA wurde im Dezember 2000 errichtet, während die schriftliche Abnahme und anschließende Inbetriebnahme erst im März 2001 erfolgten. Die Betreiberin begehrte die Abschreibung erstmalig im Jahr 2000 und bekam vor dem Finanzgericht Recht, weil der Nachweis des wirtschaftlichen Übergangs nach Auffassung der Richter durch einen so genannten Inbetriebnahme-Check über die ordnungsgemäße Funktionsfähigkeit der WKA Ende Dezember 2000 gelang. Das Finanzamt war davon nicht überzeugt und zog vor den BFH.

Entscheidung

Der BFH definierte zunächst die jeweiligen Wirtschaftsgüter und urteilte, dass bei einem Windpark einerseits jede einzelne Windkraftanlage einschließlich des dazugehörigen Transformators sowie der verbindenden Verkabelung, andererseits die externe Verkabelung sowie die Zuwegung im Regelfall ein jeweils eigenständiges Wirtschaftsgut darstellen. Der Abschreibungsbeginn sei für jedes dieser 3 Wirtschaftsgüter eigenständig zu prüfen, aber von einer übereinstimmenden Nutzungsdauer auszugehen. Zwar könne die Abschreibung der WKA schon vor deren Inbetriebnahme beginnen; dies setze jedoch im Falle der Anschaffung Übergang von Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten auf den Erwerber voraus. Wenn am Bilanzstichtag nicht alle Einzelkriterien erfüllt seien, bedürfe es einer wertenden Beurteilung anhand der Verteilung von Chancen und Risiken, die aus dem zu bilanzierenden Vermögensgegenstand erwachsen. Die Erlangung des wirtschaftlichen Eigentums setze den Übergang der Gefahr des zufälligen Untergangs voraus, wenn der Werklieferer eine technische Anlage zu übereignen habe, die vom Erwerber erst nach erfolgreichem Abschluss eines Probebetriebs abgenommen wird.

Konsequenz

Der BFH hat den Fall an das Finanzgericht zurückverwiesen, um den Gefahrenübergang festzustellen. Indiz hierfür könnte der Versicherungsbeginn sein. Unabhängig davon kann sich für die Zuwegung ein eigener, d. h. früherer Abschreibungszeitraum ergeben, an deren Ende sich die anderen Wirtschaftsgüter auszurichten haben.

„Grüner Punkt“ und Umsatzsteuer

„Grüner Punkt“ und Umsatzsteuer

Kernfrage

Die DSD (Duale System Deutschland GmbH) berechnet ihren Lizenznehmern für das Zeichen „Grüner Punkt“ Nutzungsentgelte. Diese berechnen wiederum die Lizenznehmer (Produkthersteller) ihren Abnehmern weiter. Die Nutzungsentgelte der DSD unterliegen der Umsatzsteuer zum Normalsteuersatz (19 %). Fraglich war, ob dies auch für die durch die Lizenznehmer abgerechneten Nutzungsentgelte gilt, wenn Waren zum ermäßigten Steuersatz (7 %) geliefert werden.

Neue Verwaltungsanweisung

Nach Ansicht der Oberfinanzdirektion (OFD) Karlsruhe ist das den Abnehmern in Rechnung gestellte Nutzungsentgelt als Nebenleistung zur Warenlieferung zu qualifizieren. Demnach ist das Nutzungsentgelt mit dem Steuersatz abzurechnen, mit dem auch die entsprechende Warenlieferung abgerechnet wird. Das Nutzungsentgelt kann dabei in der Rechnung separat offen ausgewiesen oder verdeckt abgerechnet werden.

Konsequenzen

Liefern die Produkthersteller ihren Kunden Waren, die dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, so ist auch das Nutzungsentgelt für den „Grünen Punkt“ mit 7 % abzurechnen.

Abzug der Einfuhrumsatzsteuer ist unabhängig von deren Entrichtung

Abzug der Einfuhrumsatzsteuer ist unabhängig von deren Entrichtung

Kernaussage

Das deutsche Umsatzsteuergesetz (UStG) fordert für den Abzug der Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) als Vorsteuer deren vorherige Entrichtung.

Sachverhalt

Ein französisches Unternehmen entrichtete von 1992 bis 1995 die Einfuhrumsatzsteuer nicht. Die Finanzverwaltung konnte diese Forderung nicht mehr geltend machen, da sie diese im Rahmen der Insolvenz des Unternehmens zu spät angemeldet hatte. Streitig war, ob das Unternehmen die Einfuhrumsatzsteuer geltend machen konnte, obwohl es diese gar nicht entrichtet hatte.

Entscheidung

Der EuGH kommt zu dem Ergebnis, dass die Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) den Abzug der Einfuhrumsatzsteuer nicht von deren tatsächlicher vorheriger Entrichtung abhängig macht. Gefordert wird lediglich, dass der Unternehmer zur Zahlung der Einfuhrumsatzsteuer verpflichtet ist. Der Nachweis hierüber muss vom Unternehmen erbracht werden. Er kann über Dokumente erfolgen, die das Unternehmen als Empfänger oder Importeur sowie die geschuldete Einfuhrumsatzsteuer ausweisen. Allerdings setzt der Vorsteuerabzug voraus, dass das Unternehmen nicht in betrügerischer Absicht gehandelt hat.

Konsequenzen

Die Regelung des deutschen Umsatzsteuergesetzes, wonach der Vorsteuerabzug der Einfuhrumsatzsteuer von deren vorherigen Entrichtung abhängig ist, widerspricht den europarechtlichen Vorgaben. Die Unternehmen können unter Berufung auf die Mehrwertsteuersystemrichtlinie den Vorsteuerabzug somit auch schon vor deren Bezahlung geltend machen.

Tätigkeitsverweigerung kann Einbußen beim Arbeitslosengeld zur Folge haben

Tätigkeitsverweigerung kann Einbußen beim Arbeitslosengeld zur Folge haben

Rechtslage

Verhält sich ein Bezieher von Arbeitslosengeld versicherungswidrig, weil er trotz Belehrung über etwaige Sperrzeiten eine ihm angebotene Stelle ohne wichtigen Grund nicht annimmt, hat die Bundesagentur eine Sperrzeit festzusetzen. Das Bundessozialgericht hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob eine geringe Lohnhöhe einen solchen wichtigen Grund darstellen kann, der die Annahme des Jobangebotes unzumutbar macht. Gleichzeitig hatte es darüber zu entscheiden, welche Rechtslage die Länge der Sperrzeit bestimmt, wenn sich innerhalb der Sperrzeit die Rechtslage ändert.

Sachverhalt

Die Klägerin bezog Arbeitslosengeld. Auf ein Jobangebot der Bundesagentur nahm sie – belehrt über die Konsequenzen einer unzulässigen Ablehnung des Jobangebotes – an einem Bewerbungsgespräch teil. hier äußerte sie, der angebotene Stundenlohn von 6,00 EUR brutto sei unangemessen niedrig. Tatsächlich hätte die Klägerin bei Annahme der Stelle mehr verdient als sie Leistungen bezog. Darauf hin verhängte die Bundesagentur eine Sperrzeit von 12 Wochen und forderte anteilig Leistungen zurück. Die Sperrzeit lag über den Jahreswechsel, zu dem eine Gesetzesänderung in Kraft trat, nach der nur eine kürzere Sperrzeit möglich gewesen wäre. Mit ihrer Klage machte die Klägerin geltend, der angebotene Stundenlohn habe die Annahme des Jobangebots unzumutbar gemacht. Darüber hinaus habe sich die Sperrzeit nach der neuen Gesetzeslage zu richten.

Entscheidung

Das Bundessozialgericht gab der beklagten Bundesagentur Recht. Die Klägerin war über die Konsequenzen der Nichtannahme des Jobangebots belehrt worden, hatte dieses aber ohne wichtigen Grund abgelehnt. Der niedrige Stundenlohn sei jedenfalls nicht geeignet, einen wichtigen Grund darzustellen, weil er die Stelle nicht unzumutbar mache. Dies gelte insbesondere deshalb, weil die Annahme des Jobangebotes nicht dazu geführt hätte, dass die Klägerin weniger Nettolohn erhalten hätte als im Leistungsbezug. Im Hinblick auf die für die Länge der Sperrzeit maßgebliche Rechtslage sei das Recht anzuwenden, das im Zeitpunkt des die Sperre auslösenden Ereignisses existiere.

Konsequenz

Ein niedriger Stundenlohn ist nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts wohl nur noch dann ein wichtiger Grund, der die Ablehnung eines Jobangebotes zulässt, wenn der erzielbare Nettoverdienst unter den gewährten Leistungen liegt.

Neues Recht: Kinderbetreuungskosten ab 2012

Neues Recht: Kinderbetreuungskosten ab 2012

Rückblick

Die steuerliche Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten wurde ab dem Jahr 2012 gesetzlich neu geregelt. Die Neuregelung ist zwar einfacher, aber nicht unbedingt günstiger. Bisher wurde nach erwerbsbedingten und nicht erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten unterschieden. In beiden Fällen konnten 2/3 der Aufwendungen, höchstens 4.000 EUR je Kind und Jahr, abgesetzt werden. Das galt grundsätzlich für Kinder von 0-13 Jahren (oder bei Schwerbehinderung), soweit die Aufwendungen durch Vorlage einer Rechnung und Zahlung auf das Konto des Leistungserbringers nachgewiesen werden konnten. Als Pferdefuß der Regelung galt, dass im Fall zusammenlebender Ehegatten beide Elternteile einer Erwerbstätigkeit nachgehen mussten, um den Abzug als Werbungskosten oder Betriebsausgaben zu ermöglichen. War das nicht der Fall, konnte zumindest für Kinder im „Kindergartenalter“ von 3-5 Jahren ein Abzug als Sonderausgaben erfolgen. Der Sonderausgabenabzug galt dann ebenso für Kinder bis zu 13 Jahren, wenn sich der nicht erwerbstätige oder beide Elternteile in Ausbildung befanden oder längerfristig krank waren oder eine Behinderung vorlag.

Neue Rechtslage

Die Unterscheidung nach erwerbsbedingten und nicht erwerbsbedingten Kinderbetreuungskosten entfällt. Auf die persönlichen Anspruchsvoraussetzungen bei den Eltern, wie z. B. Erwerbstätigkeit oder Ausbildung, kommt es nicht mehr an. Somit können ab dem Jahr 2012 Kinderbetreuungskosten von Geburt der Kinder an bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres berücksichtigt werden (darüber hinaus wie bisher bei Behinderung). Damit wird der Kreis der Anspruchsberechtigten erweitert. Dafür ist aber nur noch ein Abzug als Sonderausgaben möglich. So wird im Fall von negativen Einkünften die „Vortragsfähigkeit“ der Kinderbetreuungskosten geraubt. Lediglich bei Anwendung außersteuerlicher Rechtsnormen werden Kinderbetreuungskosten weiterhin von den Einkünften abgezogen, soweit an steuerliche Einkommensbegriffe (z. B. Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte) angeknüpft wird. Das kann z. B. bei der Berechnung von Wohngeld der Fall sein.

Hinweise des Bundesfinanzministeriums

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat zur Neuregelung bereits ein Anwendungsschreiben erlassen. An den bisherigen allgemeinen Auslegungen der Finanzverwaltung hat sich bis auf die Aufnahme neuerer Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nichts Wesentliches geändert. Fallstricke können sich hier insbesondere für unverheiratete Elternteile ergeben. Zwar können diese grundsätzlich eine einvernehmliche Aufteilung der Abzugsbeträge gegenüber dem Finanzamt erklären. Wenn jedoch nur ein Elternteil den Kinderbetreuungsvertrag (z. B. mit der Kindertagesstätte) abschließt und das Entgelt von seinem Konto zahlt, kann der Abzugsbetrag weder vollständig noch anteilig dem anderen Elternteil als von ihm getragener Aufwand zugerechnet werden. Das sollte bereits bei Abschluss des Betreuungsvertrags oder spätestens der Zahlung bedacht werden, um den höchsten Steuervorteil auszuschöpfen.

Haftet ein Internetanschlussinhaber für illegales Surfen des Ehegatten?

Haftet ein Internetanschlussinhaber für illegales Surfen des Ehegatten?

Rechtslage

Immer wieder bieten Abmahnungen gegen den Anschlussinhaber eines Internetzugangs wegen Urheberrechtsverletzungen Grund zum Ärger. Nach der vielbeachteten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) im Jahr 2010 zum illegalen Download des Musiktitels „Sommer unseres Lebens“ besteht eine Haftung, sofern der WLAN- Anschluss nicht hinreichende Sicherungsmaßnahmen gegen die Benutzung durch außenstehende Dritte aufweist. Bei minderjährigen Kindern besteht eine Überwachungs- und Prüfpflicht. Für illegale Aktivitäten des Ehepartners hingegen wird nach Auffassung des Oberlandesgerichts Köln keine Haftung begründet.

Sachverhalt

Die Beklagte ist Anschlussinhaberin eines Internetzugangs, über den im November 2009 unter Verstoß gegen die Urheberrechte ein Computerspiel heruntergeladen und zugleich in Tauschbörsen angeboten wurde. Die Klägerin ist Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an dem Spiel und mahnte die Verletzung ab. Die Beklagte verteidigt sich damit, dass der (WPA-) verschlüsselte kabellose (WLAN-) Internetzugang mit einem individuellen Passwort vorwiegend von ihrem im April 2010 verstorbenen Ehemann genutzt wurde und dieser die in Rede stehende Verletzung ohne ihr Wissen und ihren Einfluss begangen habe.

Entscheidung

Die Klage wurde abgewiesen. Wird bei einer Rechtsverletzung die IP-Adresse festgestellt und der Anschlussinhaber ermittelt, spricht die tatsächliche Vermutung dafür, dass dieser auch die Rechtsverletzung begangen hat. Das bedeutet aber nicht, dass die Beklagte durch eigene Nachforschungen aufklären muss, wer der Täter der Rechtsverletzung ist. Besteht nach Vortrag der Beklagten die ernsthafte Möglichkeit der Alleintäterschaft eines anderen Nutzers des Internetanschlusses, hat die Klägerin diese Darstellung zu widerlegen. Dies unterließ die Klägerin hier aber. Insofern ging das Gericht von der Alleintäterschaft des Ehemanns aus. Auch eine Haftung der Beklagten schied aus, denn von einer anlasslosen Prüfungs- und Kontrollpflicht der Beklagte gegenüber ihrem Ehemann war nicht auszugehen.

Konsequenz

Die Frage der Haftung des Internetanschlussinhabers für die Verletzung von Urheberrechten durch im Haushalt lebende Familienangehörige ist nicht abschließend geklärt. Während z. B. die überwiegende Zahl an Gerichten eine Überwachungspflicht für minderjährige Kinder bejaht, sieht es bei volljährigen Kindern schon ganz anders aus. Die Frage der Haftung für Ehegatten wurde durch die vorliegende Entscheidung jedenfalls vorerst verneint. Das letzte Wort hat jetzt der BGH.

Abgehörte Selbstgespräche im Prozess verwertbar?

Abgehörte Selbstgespräche im Prozess verwertbar?

Kernaussage

Abgehörte Selbstgespräche sind strafrechtlich nicht verwertbar; auch nicht gegen Mitbeschuldigte.

Sachverhalt

In einem Mordprozess waren 3 Personen angeklagt. Als wichtigstes Beweismittel wurden Mitschnitte von Selbstgesprächen eines der Angeklagten in das Verfahren eingeführt. Auf den Mitschnitten waren Bemerkungen zu hören wie: „… die L. ist schon lange tot, die wird auch nicht wieder …“ oder auch „langweilig, der das Gehirn rauszuprügeln … kann ich dir sagen, ja und weg damit … werde auch keine mehr wegknallen … nö … wir haben sie tot gemacht“. Das Landgericht verurteilte die 3 Angeklagten aufgrund dieser geständnisgleichen Indizien wegen gemeinschaftlichen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe.

Entscheidung

Die hiergegen gerichtete Revision der Angeklagten hatte Erfolg. Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied, dass das Mitschneiden von Selbstgesprächen in den intimsten Kernbereich der eigenen Persönlichkeit eingreife. Daher seien die Mitschnitte nicht als Beweise verwertbar. Der Grund für diese Unverwertbarkeit liegt bereits in der verfassungsrechtlich gewährleisteten Möglichkeit, sich in einem letzten Rückzugsraum mit dem eigenen Ich befassen zu können, ohne staatliche Verfolgung fürchten zu müssen. So würden Gedanken typischerweise in Form eines „inneren Sprechens“ entwickelt. Dass dieses „innere Sprechen“ vor dem Hintergrund der nicht-öffentlichen Äußerungssituation sich gelegentlich zu „lautem Denken“ auswachse, kann hieran nichts ändern. Anders als bei Tagebüchern sei zudem das gesprochene Wort flüchtig und der laut Denkende müsse daher die spätere Enttarnung nicht fürchten. Weil durch den Mitschnitt des Selbstgesprächs der Kernbereich des Persönlichkeitsrechts verletzt sei, gelte das Beweisverwertungsverbot auch zugunsten der Mitangeklagten.

Konsequenz

Diese Entscheidung dürfte künftig in allen Strafverfahren eine Rolle spielen, in denen es zu Abhörmaßnahmen gekommen ist. War der Angeklagte bei der belastenden Äußerung allein, so dürfte dies zu einem Verwertungsverbot führen. Derartige Äußerungen dürfen bei der Urteilsfindung dann nicht berücksichtigt werden.

Sind Aufwendungen eines Musiklehrers für Fahrten zur Orchesterprobe Werbungskosten?

Sind Aufwendungen eines Musiklehrers für Fahrten zur Orchesterprobe Werbungskosten?

Kernproblem

Nachdem der Bundesfinanzhof (BFH) das so genannte Aufteilungsverbot gemischt veranlasster Aufwendungen gekippt hat, können sich nicht nur Las Vegas-Reisende Hoffnungen auf einen Steuerabzug machen. Denn über den damaligen Streitfall des BFH hinaus, in dem die obersten Richter einem EDV-Controller anteilige Reisekosten einer Computermesse in Nevadas Spielerstadt steuerlich anerkannt hatten, ist die Anzahl streitbefangener Sachverhalte fast unendlich. Von daher bleibt es spannend, wie die Finanzgerichte in Zukunft mit dem Aufteilungsproblem umgehen werden. Das gilt nicht nur für das Thema Reisen, sondern auch andere private Neigungen, wie Musik. Das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz beurteilte die Fahrtkosten eines Musiklehrers zu privaten Orchesterproben.

Sachverhalt

Der klagende Schullehrer war u. a. Fachlehrer für Musik. Für Fahrten zu Musikproben verschiedener Sinfonieorchester machte er in seinen Steuererklärungen Kosten für mehrere Jahre von jeweils ca. 2.500 EUR als Fortbildungsaufwendungen geltend. Honorare des Orchesters erhielt er nicht. Unter Vorlage verschiedener Bescheinigungen von Orchesterleitern argumentierte der studierte Musiker mit der stetigen Forderung seines Arbeitgebers, dem Land Rheinland-Pfalz, nach Weiterbildung. Die geforderte künstlerische Weiterbildung könne aber nur im Zusammenspiel mit gleichermaßen hoch ausgebildeten Musikern erfolgen. Das Finanzamt lehnte den Abzug ab, weil die über mehrere Jahre durchgeführten Fahrten zu Proben und Konzerten für einen nicht unwesentlichen privaten Aspekt sprechen würden.

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das FG verlangte für eine Abzugsfähigkeit den Nachweis eines konkreten Zusammenhangs zwischen den vermittelten Kenntnissen und der Berufstätigkeit. Für die berufliche Veranlassung des Kurses für einen Lehrer würde u. a. sprechen, dass er tatsächlich entsprechenden Unterricht erteilt habe, der Veranstalter des Lehrgangs ein anerkannter Verband oder die Schulverwaltung sei und Sonderurlaub erteilt worden sei. Ferner, dass das dienstliche Interesse an der Lehrgangsteilnahme bescheinigt sei, der Lehrgang mit einer Prüfung oder einem Zertifikat abgeschlossen werde und die erworbenen Fähigkeiten anschließend im Lehrberuf verwendet werden können bzw. sollen. Weil im entschiedenen Fall fast alle Indizien gegen eine berufliche Veranlassung sprachen, kam nach Auffassung der Richter einer etwaigen Verwertbarkeit der Kenntnisse und Fertigkeiten im schulischen Bereich eine völlig untergeordnete Bedeutung zu.

Konsequenz

Auch wenn der Fall trotz Nichtzulassung der Revision noch nicht bestandskräftig geworden ist, macht er deutlich, dass ein einfacher Verweis auf den Sinneswandel des BFH noch nicht ausreicht. Es gilt weiterhin, möglichst viele äußerlich erkennbaren Merkmale als Beweisanzeichen für eine berufliche Veranlassung zu sammeln.