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Beginn der Abschreibung bei Windkraftanlagen und Eigentumsübergang

Beginn der Abschreibung bei Windkraftanlagen und Eigentumsübergang

Kernproblem

Bei der Anschaffung von umfangreichem abnutzbarem Anlagevermögen können sich mehrere bilanzsteuerliche Fragen ergeben. So sind z. B. Wirtschaftsgüter zu definieren, der Abschreibungsbeginn zu untersuchen (zivilrechtliches vs. wirtschaftliches Eigentum) und Nutzungsdauern festzulegen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte die Anschaffung mehrerer Windkraftanlagen zu würdigen, die im Dezember geliefert, aber erst im Folgejahr zivilrechtlich abgenommen wurden.

Sachverhalt

Die Betreiberin eines Windparks schloss einen Kaufvertrag über den Erwerb von 2 Windkraftanlagen (WKA). Mit dem Lieferanten wurde vereinbart, dass dieser die Windkrafträder zu montieren und eine förmliche Abnahme nach einem Probebetrieb mit der ersten Hauptinspektion zu erfolgen habe. Die WKA wurde im Dezember 2000 errichtet, während die schriftliche Abnahme und anschließende Inbetriebnahme erst im März 2001 erfolgten. Die Betreiberin begehrte die Abschreibung erstmalig im Jahr 2000 und bekam vor dem Finanzgericht Recht, weil der Nachweis des wirtschaftlichen Übergangs nach Auffassung der Richter durch einen so genannten Inbetriebnahme-Check über die ordnungsgemäße Funktionsfähigkeit der WKA Ende Dezember 2000 gelang. Das Finanzamt war davon nicht überzeugt und zog vor den BFH.

Entscheidung

Der BFH definierte zunächst die jeweiligen Wirtschaftsgüter und urteilte, dass bei einem Windpark einerseits jede einzelne Windkraftanlage einschließlich des dazugehörigen Transformators sowie der verbindenden Verkabelung, andererseits die externe Verkabelung sowie die Zuwegung im Regelfall ein jeweils eigenständiges Wirtschaftsgut darstellen. Der Abschreibungsbeginn sei für jedes dieser 3 Wirtschaftsgüter eigenständig zu prüfen, aber von einer übereinstimmenden Nutzungsdauer auszugehen. Zwar könne die Abschreibung der WKA schon vor deren Inbetriebnahme beginnen; dies setze jedoch im Falle der Anschaffung Übergang von Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten auf den Erwerber voraus. Wenn am Bilanzstichtag nicht alle Einzelkriterien erfüllt seien, bedürfe es einer wertenden Beurteilung anhand der Verteilung von Chancen und Risiken, die aus dem zu bilanzierenden Vermögensgegenstand erwachsen. Die Erlangung des wirtschaftlichen Eigentums setze den Übergang der Gefahr des zufälligen Untergangs voraus, wenn der Werklieferer eine technische Anlage zu übereignen habe, die vom Erwerber erst nach erfolgreichem Abschluss eines Probebetriebs abgenommen wird.

Konsequenz

Der BFH hat den Fall an das Finanzgericht zurückverwiesen, um den Gefahrenübergang festzustellen. Indiz hierfür könnte der Versicherungsbeginn sein. Unabhängig davon kann sich für die Zuwegung ein eigener, d. h. früherer Abschreibungszeitraum ergeben, an deren Ende sich die anderen Wirtschaftsgüter auszurichten haben.

Mehrere Windkraftanlagen auf Grundstücken sind keine wirtschaftliche Einheit

Mehrere Windkraftanlagen auf Grundstücken sind keine wirtschaftliche Einheit

Kernfrage

Bewertungsrechtliche Feststellungen sind insbesondere im Bereich der Land- und Frostwirtschaft Grundlage für eine Vielzahl von Steuerfestsetzungen (z. B. Erbschaftsteuer) und/oder Ausgleichsansprüche (z. B. Höfeordnung). Während die Bewertung landwirtschaftlich genutzter Flächen in der Regel zu niedrigen Werten erfolgt, erhöhen sich diese Werte signifikant, wenn sich die Nutzung ändert. Dies ist jüngst insbesondere dann der Fall, wenn landwirtschaftliche Flächen mit Windanlagen bebaut werden, was zu einer (teilweisen) gewerblichen Nutzung führt. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte nun über die bewertungsrechtlichen Fragen einer Nutzung durch Windanlagen zu entscheiden.

Sachverhalt

Der Kläger hatte aus einer großen landwirtschaftlichen Fläche auf der Grundlage eines Nutzungsvertrages mit einem Windparkbetreiber Einzelgrundstücke zu einem Gesamtgrundstück verbunden. Dieses hatte er dem Windparkbetreiber zur Bebauung mit insgesamt 10 Windanlagen als Wegflächen zur Verfügung gestellt. Die Flächen um den Windpark sowie die nicht bebauten Flächen des Windparks selbst nutzte der Landwirt weiterhin für seinen landwirtschaftlichen Betrieb. Das Finanzamt sah sämtliche Einzelgrundstücke des Windparks als eine wirtschaftliche Einheit an und erließ für die einzelnen Grundstücke des Windparks einen einheitlichen Einheitswertbescheid, der wegen der wirtschaftlichen Einheit eine hohe Bewertung vorsah. Mit seiner hiergegen gerichteten Klage obsiegte der Kläger.

Entscheidung

Für sämtliche Grundstücke des Windparks sind selbstständige Einheitswertbescheide zu erlassen, so der BFH. Eine wirtschaftliche Einheit besteht nicht. Diese ergebe sich weder aus der katasterlichen Zusammenfassung der Windparkgrundstücke noch aus dem einheitlichen Nutzungsvertrag. Maßgeblich seien die tatsächlichen Verhältnisse, nach denen die einzelnen Windparkgrundstücke nicht unmittelbar aneinander angrenzten, sondern über Wege, die vornehmlich aber landwirtschaftlich genutzt würden, verbunden werden müssten. Hinzu komme, dass die gesamten unbebauten Flächen weiterhin landwirtschaftlich genutzt würden. Ein einheitlicher Nutzungsvertrag könne auch über mehrere wirtschaftlichen Einheiten geschlossen werden. Darüber hinaus verhielte es sich auch technisch so, dass die Windkraftanlagen für sich genommen jeweils selbstständige Anlagen darstellten.

Konsequenz

Die Entscheidung ist bewertungsrechtlich zu begrüßen. Windparkgrundstücke bleiben selbstständige Einheiten, so dass die sich aus der Feststellung einer wirtschaftlichen Einheit ergebende Höherbewertung nicht zum Tragen kommt. Dies ändert allerdings nichts an der Tatsache, dass die Nutzung landwirtschaftlicher Flächen zu einem Wechsel von landwirtschaftlicher in gewerbliche Nutzung führt.