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Steuerberater

Beschwerde gegen die Insolvenzverfahrenseröffnung nach Eigenantrag?

Beschwerde gegen die Insolvenzverfahrenseröffnung nach Eigenantrag?

Kernaussage

Ein Insolvenzverfahren über das Vermögen einer natürlichen oder juristischen Person (Privatperson oder z. B. Gesellschaft) wird nur auf schriftlichen Antrag eröffnet. Antragsberechtigt sind der Schuldner selbst und dessen Gläubiger. Gegen die, auf Antrag eines Gläubigers erfolgte Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann der Schuldner Beschwerde einlegen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte hierzu aktuell zu entscheiden, ob eine Beschwerde des Schuldners auch dann zulässig ist, wenn der Eröffnungsgrund (Zahlungsunfähigkeit) nachträglich beseitigt wird und neben dem Antrag eines Gläubigers auch ein Eigenantrag des Schuldners existiert.

Sachverhalt

Eine Krankenkasse stellte gegen den Schuldner, einen Rechtsanwalt, wegen rückständiger Sozialversicherungsbeiträge einen Insolvenzantrag. Der Rechtsanwalt beantragte daraufhin ebenfalls die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen. Kurz nach Verfahrenseröffnung durch das Amtsgericht wurden die Beitragsrückstände beglichen; die Krankenkasse und der Rechtsanwalt nahmen jeweils ihre Eröffnungsanträge zurück. Die von dem Rechtsanwalt sodann gegen die Eröffnung eingelegte Beschwerde wurde von allen Instanzen als unzulässig verworfen.

Entscheidung

Wird das Insolvenzverfahren auf Antrag des Schuldners eröffnet, steht ihm gegen diese Entscheidung grundsätzlich kein Beschwerderecht zu, auch dann nicht, wenn neben dem Schuldner ein Gläubiger einen Eröffnungsantrag gestellt hat. So war es auch hier: der Rechtsanwalt war durch den Eröffnungsbeschluss nicht beschwert. Über die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Schuldners kann, wenn mehrere Anträge gestellt sind, nur einheitlich entschieden werden; die Insolvenzanträge sind miteinander zu verbinden. Infolge der Verbindung beruht die Eröffnung auch auf dem Antrag des Schuldners. Vorliegend war nicht ersichtlich, dass der Rechtsanwalt das Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit durch eine Veränderung der Umstände zwischen Stellung des Eigenantrags und der Verfahrenseröffnung in Frage stellen wollte. Weil der Anwalt selbst einen Eröffnungsantrag gestellt hatte, konnte er sich allenfalls auf einen späteren Wegfall des Eröffnungsgrundes berufen. Er konnte indes nicht geltend machen, es habe von Anfang an kein Eröffnungsgrund vorgelegen. Sind die Eröffnungsvoraussetzungen im Zeitpunkt der Eröffnungsentscheidung gegeben, kann diese nicht durch den nachträglichen Ausgleich der Forderung des Gläubigers zu Fall gebracht werden.

Konsequenz

Ein bloßer Sinneswandel des Schuldners nach Antragstellung, der nicht zur Rücknahme des Insolvenzantrags vor der Verfahrenseröffnung geführt hat, begründet keine Beschwer.

Nachweis von Krankheitskosten unterliegt strengen Regeln

Nachweis von Krankheitskosten unterliegt strengen Regeln

Kernproblem

Ändert sich eine langjährige Rechtsprechung zuungunsten der Finanzverwaltung, wird häufig der Versuch unternommen, durch Gesetzesänderung den ursprünglichen Rechtszustand wieder herbeizuführen. Beispiele hierzu sind die Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) zur steuerlichen Behandlung von Erstausbildungskosten bzw. des Erststudiums als Werbungskosten, zur Verneinung der Steuererstattungszinsen als Einnahmen aus Kapitalvermögen oder die Zulassung erleichterter Nachweispflichten zum Abzug von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen. Im letztgenannten Fall hatte der BFH im Jahr 2010 einen formalisierten Nachweis der medizinischen Notwendigkeit durch ein vorheriges amtsärztliches Attest mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelung für nicht erforderlich gehalten. Das heilte der Gesetzgeber mit dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 und führte den formalisierten Nachweis mit Wirkung für alle offenen Fälle ein. Es hat nicht lange gedauert, bis sich ein Finanzgericht mit der Verfassungsmäßigkeit dieser „Rückwirkung“ auseinandersetzen musste.

Sachverhalt

Im Streitfall hatten Eltern ihren an Legasthenie leidenden Sohn auf Empfehlung eines Facharztes sowie des schulpsychologischen Dienstes in einem Internat untergebracht. Den von den Eltern für das Jahr 2007 beantragten Abzug der selbst getragenen Internatskosten sowie für Heimfahrten des Sohnes als außergewöhnliche Belastungen lehnte das Finanzamt mangels Nachweis durch ein vorher ausgestelltes amtsärztliches Attest ab. Hiergegen klagten die Eltern beim Finanzgericht Münster.

Entscheidung

Die Finanzrichter wiesen die Klage mit Hinweis auf die neu eingeführte gesetzliche Forderung nach einem amtsärztlichen Attest bzw. einer Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung ab. Die gesetzliche Rückwirkung tolerierten die Richter als „ausnahmsweise zulässig“, denn der Gesetzgeber habe mit der Neuregelung lediglich die Rechtslage vor Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung festgeschrieben. Ein schutzwürdiges Vertrauen der Eltern bestehe auch nicht, weil der BFH seine Rechtsprechung erst Ende 2010 geändert habe. Somit bestand nach Auffassung der Richter für die Eltern im Streitjahr 2007 kein Anlass zu der Annahme, dass sie die streitigen Aufwendungen anders – als durch Vorlage eines amtsärztlichen Attestes – nachweisen könnten.

Konsequenz

Das Gericht hat die Revision beim BFH zugelassen. Sollte diese eingelegt werden, bietet sich in vergleichbaren Fällen die Möglichkeit, durch Einspruch und Antrag auf ein Ruhen des Verfahrens von einem positiven Ausgang zu profitieren.

Entfernungspauschale umfasst auch die 2. tägliche Fahrt zur Arbeit

Entfernungspauschale umfasst auch die 2. tägliche Fahrt zur Arbeit

Kernproblem

Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte werden mit der Entfernungspauschale abgegolten. Zur Abgeltung ist für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die regelmäßige Arbeitsstätte aufsucht, eine Pauschale von 30 Cent je vollen Entfernungskilometer anzusetzen. Das Gesetz sieht darüber hinaus keine zusätzliche Vergünstigung vor, wenn die Arbeitsstätte mehrfach täglich aufgesucht werden muss. Das war bis zum Jahr 2000 anders. Die damalige Regelung begünstigte auch weitere tägliche Fahrten, soweit sie durch einen zusätzlichen Arbeitseinsatz außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit oder durch eine Arbeitszeitunterbrechung von mindestens 4 Stunden veranlasst waren. Ein im Theater beschäftigter Chorsänger fühlte sich durch die jetzige Regelung zur Entfernungspauschale in seinen Grundrechten verletzt und klagte vor dem Finanzgericht.

Sachverhalt

Der Chorsänger hatte in den Streitjahren überwiegend (im Durchschnitt 166 Tage jährlich) zweimal täglich von zu Hause aus das Theater aufsuchen müssen, da er nach dem Arbeitsvertrag sowohl an den Proben als auch an den Aufführungen teilnehmen musste. Nach der früheren Regelung hätten die Voraussetzungen eines zusätzlichen Werbungskostenabzugs vorgelegen, denn die Pause zwischen Proben und Aufführungen betrug mindestens vier Stunden. Das Finanzamt lehnte den Ansatz der „Doppelfahrten“ ab. Der Sänger sah hierin einen Verstoß gegen das Netto-Prinzip und sah sich bei seiner Klage durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gegen das Werkstorprinzip gestärkt.

Entscheidung

Das Hessische Finanzgericht beließ es bei der Abgeltung durch „einfache“ Entfernungspauschale. Zwar läge nach eine Ungleichbehandlung zu solchen Arbeitnehmern vor, die trotz geringeren Aufwands für die Fahrten zur Arbeitsstätte ebenfalls die volle Entfernungspauschale erhielten, und auch das objektive Nettoprinzip sei durchbrochen. Die Richter tolerierten das jedoch im Interesse eines vereinfachten Steuerverfahrens und sahen keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung, weil es sich bei Mehrfachfahrten um untypische Sachverhalte handele. Hier stehe dem Gesetzgeber ein Typisierungsspielraum zu, in dessen Rahmen er sich auch bewegt habe. So hätte die bis zum Jahr 2000 geltende Regelung häufig zu zeitintensiven und aufwendigen Prüfungen geführt.

Konsequenz

Das Urteil ist zwar noch nicht rechtskräftig. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat allerdings bereits früher bei einem Opernsänger die „einfache“ Entfernungspauschale toleriert (ebenso das FG Sachsen-Anhalt – auch ein Opernsänger – und das FG Münster bei einem Verkäufer). Wenn kein Umdenkprozess beim BFH stattfindet, ist leider keine andere Entscheidung zu erwarten. Dies trifft dann nicht nur die offensichtlich verstärkt streitsuchenden Sänger, sondern insbesondere Berufsgruppen im Verkauf oder der Gastronomie.

Keine erweiterte Gewerbesteuerkürzung bei Betrieb einer Photovoltaikanlage

Keine erweiterte Gewerbesteuerkürzung bei Betrieb einer Photovoltaikanlage

Kernproblem

Die ausschließliche Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes durch eine natürliche Person oder Personengesellschaft stellt keinen Gewerbebetrieb dar, mit der Folge, dass auch keine Gewerbesteuerpflicht besteht. Etwas anderes gilt, wenn die Grundstücksverwaltung durch eine Kapitalgesellschaft erfolgt, da diese bereits kraft ihrer Rechtsform als Gewerbebetrieb gilt. Zur Vermeidung dieser gewerbesteuerlichen Schlechterstellung, sieht das Gewerbesteuergesetz eine Kürzung des Gewerbeertrags um den Teil, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt, vor. Voraussetzung ist allerdings, dass die Kapitalgesellschaft „ausschließlich“ einer entsprechenden begünstigten Tätigkeit nachgeht. Das Berliner Finanzgericht (FG) hatte aktuell zu entscheiden, ob der Betrieb von Photovoltaikanlagen auf den Dächern der vermieteten Objekte der gewerbesteuerlichen Begünstigung entgegensteht.

Sachverhalt

Die Steuerpflichtige war Eigentümerin mehrerer bebauter Grundstücke, die sie an Gewerbetreibende vermietete. Auf den Dächern ließ sie zwei Photovoltaikanlagen errichten. Der hieraus erzielte Strom wurde entgeltlich ins Stromnetz eingespeist. Im Anschluss an eine Betriebsprüfung vertrat die Finanzverwaltung die Auffassung, dass der Betrieb der Photovoltaikanlage eine schädliche gewerbliche Tätigkeit darstelle, die dem genannten „Ausschließlichkeitsgebot“ widerspreche. Die gewerbesteuerliche Begünstigung wurde entsprechend verwehrt. Die hiergegen gerichtete Klage beim FG Berlin-Brandenburg blieb erfolglos.

Entscheidung

In Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung qualifiziert das FG den Betrieb einer Photovoltaikanlage als Gewerbebetrieb, auch wenn die Stromlieferung nur an einen einzigen Stromerzeuger erfolgt. Diese Tätigkeit stelle auch kein unschädliches Nebengeschäft dar, die dem Begriff der Grundstücksverwaltung zuzurechnen sei. Dem Ausschließlichkeitsgebot wurde somit nicht entsprochen. Unerheblich sei, dass die Einnahmen der Steuerpflichtigen nur zu 5 % aus der Stromeinspeisung stammten. Offen gelassen hat das Gericht allerdings, wie zu entscheiden gewesen wäre, wenn das klagende Unternehmen den durch die Photovoltaikanlagen produzierten Strom ausschließlich für den eigenen Grundbesitz genutzt hätte.

Konsequenz

Die Revision beim Bundesfinanzhof wurde zugelassen, jedoch erscheinen die Erfolgsaussichten begrenzt. Ungeachtet dessen empfiehlt es sich in der Praxis, die Photovoltaikanlage im Rahmen eines gesonderten Betriebs zu führen, um unliebsame steuerliche Überraschungen wie im vorliegenden Fall zu vermeiden.

(Nur) Hälftiger Betriebsausgabenabzug im Rahmen einer Betriebsaufspaltung

(Nur) Hälftiger Betriebsausgabenabzug im Rahmen einer Betriebsaufspaltung

Kernproblem

Überlässt eine Besitzgesellschaft wesentliche Betriebsgrundlagen (z. B. Grundbesitz) an eine Betriebsgesellschaft und verfügen die an den beiden Gesellschaften beteiligten Personen über einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen, liegt regelmäßig eine Betriebsaufspaltung vor. Verzichtet nun die Besitzgesellschaft auf ihre Pachteinnahmen gegenüber der Betriebsgesellschaft, stellt sich die Frage, wie die in Zusammenhang mit dem verpachteten Betriebsvermögen stehenden Aufwendungen steuerlich zu behandeln sind. Hierüber hatte nunmehr das Finanzgericht Münster zu entscheiden.

Sachverhalt

Der inzwischen verstorbene Ehemann der Klägerin verpachtete im Rahmen einer Betriebsaufspaltung Anlagevermögen an eine GmbH, deren Mehrheitsgesellschafter er war. Aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten der GmbH verzichtete er ab 2002 vorübergehend auf die Zahlung des Pachtentgelts. Im Fall der Besserung der wirtschaftlichen Lage der GmbH sollte die Forderung wieder aufleben. Eine entsprechende Forderung buchte die Besitzgesellschaft indes nicht ein. Nach Auffassung des Finanzamts steht der Verzicht auf die Pachteinnahmen im mittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit zukünftigen Gewinnausschüttungen der GmbH. Es gelte daher das Halbabzugsverbot des Einkommensteuergesetzes, so dass die mit den verpachteten Gegenständen zusammenhängenden Aufwendungen nur hälftig zu berücksichtigen seien. Das Finanzgericht Münster wies die Klage, mit der die Klägerin den vollen Betriebsausgabenabzug begehrte, ab.

Entscheidung

Nach Auffassung der Richter ist der Verzicht auf die Pachteinnahmen gesellschaftlich veranlasst, da dadurch der Gewinn der GmbH und damit ihre finanzielle Ausstattung für eine Gewinnausschüttung erhöht wird. Eine Ausnahme gelte lediglich für den Fall, dass der Pachtverzicht einem Fremdvergleich standhalte. Dieser Nachweis konnte vorliegend insbesondere deshalb nicht erbracht werden, weil das Besitzunternehmen keine Forderungen in ihren Bilanzen ausgewiesen und damit die Besserungsklausel nicht umgesetzt habe. Ein fremder Dritter hätte auch keinen Verzicht ausgesprochen, ohne zu wissen, in welcher Höhe er später mit Nachzahlungen rechnen könne.

Konsequenz

Das Urteil steht in Einklang mit Entscheidungen anderer Finanzgerichte. Es entspricht auch der von der Finanzverwaltung vertretenen und mit Schreiben vom November 2010 veröffentlichten Auffassung. Da die Frage allerdings bislang höchstrichterlich nicht entschieden ist, hat das Finanzgericht die Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen.

Strafzumessung bei Steuerhinterziehung in Millionenhöhe

Strafzumessung bei Steuerhinterziehung in Millionenhöhe

Kernaussage

Wer Steuern hinterzieht, wird nach dem Gesetz mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. In besonders schweren Fällen, z. B. wenn der Steuerpflichtige in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt hat, kann die Freiheitsstrafe sogar bis zu zehn Jahre betragen. Der Bundesgerichtshof entschied dazu kürzlich, dass bei Steuerhinterziehung in Millionenhöhe zukünftig keine Bewährungsstrafe mehr in Betracht kommt.

Sachverhalt

Der angeklagte Steuerpflichtige war 2001 Mitgesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH. Diese und eine weitere Gesellschaft verkaufte er an eine AG für 80 Mio. DM. Zusätzlich zum gezahlten Kaufpreis erhielt er Aktien der AG im Wert von 7,2 Mio. DM als Gegenleistung dafür, dass er der AG den Kauf auch der anderen Gesellschaftsanteile ermöglicht hatte. Dieses Aktienpaket deklarierte er in seiner Einkommensteuererklärung wahrheitswidrig als weiteres Kaufpreiselement. Dadurch erlangte er die günstigere Versteuerung nach dem damals geltenden Halbeinkünfteverfahren für Veräußerungserlöse, so dass für das Jahr 2002 Einkommensteuer in Höhe von mehr als 890.000 EUR verkürzt wurde. Der Angeklagte war auch nach der Veräußerung weiter Geschäftsführer der GmbH, wofür ihm 2006 auch Tantiemen in Höhe von mehr als 570.000 EUR zustanden. Um die dafür zu entrichtende Lohnsteuer zu hinterziehen, veranlasste er – als „Gegenleistung“ für einen „Verzicht“ auf die Tantiemen – deren „Schenkung“ an seine Ehefrau und seine Kinder unter Fertigung falscher Unterlagen. Die an sich fällige Lohnsteuer wurde dadurch in Höhe von 240.000 EUR verkürzt. Insgesamt wurden mehr als 1,1 Mio. EUR Steuern hinterzogen. Das Landgericht verurteilte den Angeklagten zu zwei Jahren Freiheitsstrafe auf Bewährung.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof (BGH) wollte diese Milde nicht walten lassen und hob die Bewährungsstrafe auf. Zwar nahm das Landgericht richtigerweise in beiden Fällen einen besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung an. Die Strafzumessung des Landgerichts war aber fehlerhaft, denn gewichtige Gesichtspunkte (z. B. das Zusammenwirken mit dem Steuerberater beim Erstellen manipulierter Unterlagen) blieben bei der Strafzumessung außer Betracht, wurden also mildernd berücksichtigt. Das Landgericht hatte sich offenbar rechtsfehlerhaft von der Möglichkeit einer Strafaussetzung zur Bewährung leiten lassen. Bei einer Steuerhinterziehung im großen Ausmaß, d. h. in Millionenhöhe, kommt eine aussetzungsfähige Freiheitsstrafe (von im Höchstmaß zwei Jahren) aber nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe noch in Betracht; solche hatte das Landgericht hier nicht ausreichend dargetan.

Konsequenz

Das Urteil zeigt deutlich die Tendenz des BGH, Steuersünder künftig härter zu bestrafen. Bei Steuerhinterziehungen in Millionenhöhe und Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe sind Revisionen mit dem Ziel der Erreichung einer Bewährungsstrafe wohl in Zukunft als wenig aussichtsreich einzustufen. Es sei denn, es greifen besondere Milderungsgründe, wie z. B. ein im Wesentlichen steuerehrliches Verhalten des Täters im Tatzeitraum oder vor der Tat. Bedeutsam ist daher das Verhältnis der verkürzten zu den gezahlten Steuern. Auch ein frühzeitiges Geständnis, verbunden mit der Nachzahlung verkürzter Steuern kann strafmildernd wirken.

Ist die Doppelbelastung mit Umsatz- und Grunderwerbsteuer zulässig?

Ist die Doppelbelastung mit Umsatz- und Grunderwerbsteuer zulässig?

Rechtslage

Das Umsatzsteuergesetz (UStG) sieht eine Befreiung für Umsätze vor, die unter das Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) fallen. Wer nun glaubt, dass dies eine Doppelbelastung von Umsatz- und Grunderwerbsteuer ausschließt, der irrt, zumindest bisher. Die Sachlage kann sich nämlich durch eine neues Verfahren vor dem Bundesfinanzhof (BFH) ändern. Nach der Rechtsprechung des BFH können unter bestimmten Voraussetzungen der Kauf eines Grundstückes sowie der Vertrag über dessen Bebauung als einheitliches Vertragswerk qualifiziert werden. Dies hat zur Folge, dass nicht nur der Erwerb des Grundstücks der Grunderwerbsteuer unterliegt, sondern auch die Baukosten inklusive die darin enthaltene Umsatzsteuer. Einen Widerspruch zur der o. g. Steuerbefreiung sieht der BFH nicht.

Sachverhalt

Die Kläger, ein Ehepaar, schlossen im zeitlichen Zusammenhang mit dem Abschluss eines notariellen Kaufvertrags über ein unbebautes Grundstück einen Bauvertrag zwecks Errichtung einer Doppelhaushälfte ab. Das Finanzamt stellte fest, dass neben dem Bauträger noch ein Baubetreuungsunternehmen in die Bauplanung involviert war. Letzteres hatte wiederum die Erlaubnis des Veräußerers des Grundstücks, dieses anzubieten. Aufgrund dieser Verflechtungen wertete das Finanzamt Grundstückskauf- und Bauvertrag als einheitliches Vertragswerk. Als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer zog es den Kaufpreis des Grundstückes und die Baukosten heran. Hiergegen klagte das Ehepaar.

Entscheidung

Das Niedersächsische Finanzgericht hält die Festsetzung von Grunderwerbsteuer auf Basis der Baukosten für rechtswidrig. Der der Festsetzung zugrunde liegenden Rechtsprechung des BFH folgt das FG nicht, da es diese u. a. als Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht wertet.

Konsequenz

Das Finanzgericht hat die Revision zugelassen. Das Urteil des BFH ist abzuwarten. Bis dahin sollten entsprechende Veranlagungen bzw. Verfahren unter Verweis auf das anhängige Verfahren offen gehalten werden.

Investitionsabsicht bei Anschaffung einer Photovoltaikanlage

Investitionsabsicht bei Anschaffung einer Photovoltaikanlage

Kernproblem

Die Photovoltaikanlage mauserte sich in den vergangen Jahren durch staatliche Förderung und günstige Zinsen immer mehr zum Sparmodell. Wer den gewonnenen Strom zudem ins öffentliche Netz einspeist, wird steuerlich zum Unternehmer und Gewerbetreibenden. Dies rief nicht nur den Birkenstock-tragenden Ökobauern auf den Plan, sondern auch andere Berufsgruppen, die bis dahin nur wussten, dass der Strom aus der Steckdose kommt. So auch einen Rechtsanwalt, der auf die geplante Anschaffung einer Photovoltaikanlage einen Investitionsabzugsbetrag geltend machen wollte, um den daraus resultierenden steuerlichen Verlust mit anderen Einkünften zu verrechnen. Aber in Fällen der Betriebseröffnung sind an die Gewährung des Abzugsbetrags besondere Voraussetzungen geknüpft.

Sachverhalt

Der Anwalt erzielte auch Einkünfte aus der Vermietung eines Reiterhofs. In seiner Steuererklärung 2008 machte er einen Verlust aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage geltend, der aus einem 40 %igen Investitionsabzugsbetrag auf eine geplante Anschaffung resultierte. Die Anlage wurde allerdings erst im Jahr 2010 bestellt und auf der bestehenden Reithalle sowie einem ebenfalls neu errichteten Reitstall installiert. Der Anwalt konnte Angebote der beiden Investitionen aus Dezember 2009 vorlegen. Das Finanzamt lehnte den Abzug ab, weil im Fall der Betriebseröffnung die verbindliche Bestellung bis zum Ende des Abzugsjahres zu erfolgen habe. Der Anwalt sah die Investition als Ausfluss der Vermietung der Reithalle, so dass es sich nicht um eine Betriebsneugründung handele. Im Klageverfahren reichte er ein weiteres Angebot aus November 2008 nach. Dieses betraf jedoch eine Anlage höherer Kapazität und Anschaffungskosten, die auf der bestehenden Reithalle geplant, aber nicht realisiert wurde.

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage des Anwalts ab. Nach dem Gesetzeswortlaut sei die Begünstigung an eine im Abzugsjahr zu erfüllende Investitionsabsicht geknüpft. Eine Absicht ließe sich nur durch eine Prognose der Investitionstätigkeit auf der Grundlage objektivierter wirtschaftlicher Gegebenheiten überprüfen. Der Nachweis könne allerdings auch anders als durch eine verbindliche Bestellung der wesentlichen Betriebsgrundlagen erbracht werden. Bestehe aber lediglich eine vage Investitionsplanung ohne konkreten Investitionsentschluss, fehle es an einer hinreichenden Investitionsabsicht. Daran ändere auch die spätere Anschaffung innerhalb der dreijährigen Investitionsfrist nichts. So sei zu vermuten, dass der Anwalt im Jahr 2008 nur den Markt beobachtet habe. Allein aus dem Angebot des Jahres 2008 – zudem für eine abweichende Anlage – könne nichts anderes geschlossen werden.

Konsequenz

Weil der Betrieb der Photovoltaikanlage einen Gewerbebetrieb darstellt, kann kein Zusammenhang mit der Vermietungstätigkeit hergestellt werden. Es gelten damit strengere Anforderungen an den Nachweis der Investitionsabsicht.

Gilt die 1%-Regelung auch bei Mittagsheimfahrten nach Hause?

Gilt die 1%-Regelung auch bei Mittagsheimfahrten nach Hause?

Kernproblem

Zu sehr auf die Auskunft seiner Gemeindeverwaltung hatte sich ein hauptamtlicher Bürgermeister zu Beginn seiner Amtszeit verlassen, was die Besteuerung seines Dienstwagens angeht. Er bekam gesagt, dass das Fehlen eines Fahrtenbuchs bei Lohnsteuer-Außenprüfungen nie zu Beanstandungen geführt habe. So wurde das „Behördenfahrzeug“ des Bürgermeisters niemals Bestandteil eines geldwerten Vorteils, obwohl die Nutzung für Fahrten zwischen Wohnung und Rathaus und Zwischenheimfahrten am Mittag gestattet war. Ob hier die Landesfinanzverwaltung anderer Auffassung war?

Sachverhalt

Die Lohnsteuer-Außenprüfung hatte von der Dienstwagennutzung erfahren und wollte die Besteuerung des geldwerten Vorteils nach der 1%-Methode für die private Nutzung und des 0,03 %-Zuschlags für die Fahrten zum Rathaus vornehmen. Der Bürgermeister wehrte sich damit, dass ihm der Gemeinderat eine Privatnutzung des Dienstwagens untersagt und lediglich die morgendlichen und mittäglichen Fahrten zwischen Wohnung und Rathaus akzeptiert habe. Zudem sei ein Behördenfahrzeug kein betriebliches Fahrzeug. So habe sich der Bürgermeister ständig, z. B. wegen möglicher Feuerwehreinsätze, in Ruf- und Dienstbereitschaft befunden. Und wenn er sich in den Wagen setze und im Gemeindegebiet unterwegs sei, seien diese Fahrten grundsätzlich dienstlicher Natur, weil dadurch den Bürgern die Präsenz der Verwaltung vermittelt werde und es häufig dringende Gründe gebe, unterwegs anzuhalten und dienstlich tätig zu werden. Und zu guter Letzt sei es zu Vandalismusvorfällen vor dem Rathaus gekommen, die das Parken vor dem Privathaus rechtfertigten. Weil keine Einigung erzielt wurde, stritt man beim Finanzgericht (FG) weiter.

Entscheidung

Das FG Baden-Württemberg folgte der Auffassung des Finanzamts und berücksichtigte beide Bestandteile des geldwerten Vorteils. Zu Begründung führte das FG aus, dass auch Behördenfahrzeuge betriebliche Kraftfahrzeuge seien, die sich zum geldwerten Vorteil eignen. Somit seien auch die Fahrten zwischen Wohnung und Rathaus nicht allein wegen der damit verbundenen Präsenz im Gemeindegebiet grundsätzlich dienstlicher Natur. Zwar rechtfertige die bloße kommunalrechtliche Zulässigkeit einer privaten Nutzungsüberlassung keine Rückschlüsse auf eine tatsächliche Privatnutzung. Hierauf käme es aber im Streitfall nicht an, weil für mittägliche private Zwischenheimfahrten ein Werbungskostenabzug nicht möglich und damit auch nicht mit dem 0,03 %-Zuschlag abgegolten sei. Dieser zusätzliche Nutzungsvorteil könne vielmehr nur durch die Fahrtenbuch- oder 1 %-Regel steuerlich erfasst werden.

Konsequenz

Eine Lösung nach Gutsherrenart widersprach hier dem Gesetz. Den Bürgermeister hätte nur ein Fahrtenbuch gerettet, um den Sachbezug möglichst gering zu halten. Ohne Mittagsheimfahrt wäre lediglich der 0,03 %-Zuschlag zum Ansatz gekommen. Denn nach neuerer Rechtsprechung des BFH gibt es keinen Beweis des ersten Anscheins, dass der Arbeitnehmer einen ihm zu dienstlichen Zwecken überlassenen Pkw daneben auch privat nutzen darf.

Einkünfteerzielungsabsicht bei Verzugszinsen vorhanden?

Einkünfteerzielungsabsicht bei Verzugszinsen vorhanden?

Kernproblem

Wird man als Bürge in Anspruch genommen und muss zur Erfüllung der Zahlungsverpflichtung ein Darlehen aufnehmen, dann stellt sich nicht nur die Frage nach einem steuerlichen Abzug der Aufwendungen. Zumindest wenn sich später herausstellt, dass die Inanspruchnahme zu Unrecht erfolgte und die vor Gericht erstrittene Rückzahlung mit Zinseinnahmen verbunden ist, möchte das Finanzamt hieran beteiligt werden. Erscheint dieser Gedanke bereits verwegen, dann muss das erst recht für den Fall gelten, dass die aufgewendeten Darlehenszinsen steuerlich nicht abgezogen werden können. Aber genauso wollte es das Finanzamt.

Sachverhalt

Der Bürge einer GmbH, der aber nicht deren Gesellschafter war, wurde mit fast 1 Mio. EUR zu Unrecht in Anspruch genommen. Hiergegen klagte er vor dem Landgericht und bekam nach fast 10 Jahren im Jahr 2002 Recht. Die Bürgschaftssumme wurde wegen ungerechtfertigter Bereicherung zurückgezahlt und mit 256.000 EUR verzinst. Der Bürge selbst musste im Jahr der Inanspruchnahme ein Darlehen aufnehmen, für das er bis einschließlich zum Jahr 1998 fast 269.000 EUR an Zinsen zahlte. Unterm Strich blieb ihm also ein Verlust. Den Zinsertrag versteuerte das Finanzamt im Jahr 2002 nach Abzug von Rechtsanwaltskosten als Kapitaleinkünfte. Das Finanzgericht prüfte im Klageverfahren einen Totalüberschuss und war wie das Finanzamt der Auffassung, dass der Refinanzierungsaufwand unberücksichtigt bliebe, weil er im Zusammenhang mit der Bürgschaftsverpflichtung – nicht der Zinserträge – stehe. So ging es weiter zum Bundesfinanzhof (BFH).

Entscheidung

Diesmal gewann der Bürge. Die Steuerpflicht der Erträge als solche aus Kapitalvermögen bestätigte der BFH, weil Verzugszinsen aus ertragsteuerlicher Sicht keinen Schadensersatz, sondern Entgelt für die unfreiwillige Vorenthaltung zustehenden Kapitals darstellten. Jedoch stehe auch der Zinsaufwand in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den späteren Zinseinnahmen, denn bei einer erzwungenen Kapitalüberlassung reiche die Darlehensaufnahme zur Erfüllung der (letztlich nicht gerechtfertigten) Forderung aus. Eine besondere subjektive Bestimmung der Schuldzinsen für Zwecke der Erzielung von Verzugszinsen sei nicht erforderlich. Wenn es bei den Zinseinnahmen aus erzwungener Kapitalüberlassung lediglich auf die Steigerung der Leistungsfähigkeit ankäme (nicht die Einkünfteerzielungsabsicht), müsse gleiches auch für die Aufwendungen gelten.

Konsequenz

Weil nach periodenübergreifender Betrachtung durch Einbeziehung der Zinsaufwendungen (wenngleich nicht bei Verausgabung geltend gemacht) kein Totalgewinn zu erzielen war, schied auch ein Ansatz der Einnahmen im Jahr 2002 aus (Behandlung wie „Liebhaberei“).