Hessen beginnt mit der Umsetzung des Splittingtarifs im Interesse der Betroffenen so schnell wie möglich

Die hessische Steuerverwaltung startet diese Woche die Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur steuerlichen Gleichbehandlung von Verheirateten und eingetragenen Lebenspartnern beim Splittingtarif. „Das geschieht im Interesse der Betroffenen so schnell wie möglich“, sagte Finanzminister Dr. Thomas Schäfer am 20.08.2013 in Wiesbaden. Das Hessische Finanzministerium hat am 19.08.2013 einen Erlass an alle hessischen Finanzämter versandt, in dem die Verfahrensweise zur Umsetzung erläutert wird: Jetzt können die Finanzämter damit beginnen, auch eingetragenen Lebenspartnern bei den Steuerfestsetzungen den Splittingtarif zu gewähren, wenn die Voraussetzungen der Zusammenveranlagung vorliegen. Dies gilt in allen noch nicht bestandskräftigen Fällen rückwirkend ab dem Jahr 2001 – dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Lebenspartnerschaftsgesetzes.

Für die Zusammenveranlagung von Partnern einer eingetragenen Lebenspartnerschaft müssen nur noch rein technische Details angepasst werden. Bis zur Realisierung einer bundeseinheitlichen programmtechnischen Lösung wird die Finanzverwaltung zunächst mit den vorhandenen Programmen für die Zusammenveranlagung von Ehegatten arbeiten. Die Steuerbescheide werden daher personell nachbearbeitet, um insbesondere die Bezeichnungen Ehemann und Ehefrau durch Lebenspartner bzw. Lebenspartnerin zu ersetzen.

Die hessische Steuerverwaltung hat speziell hierfür eine automationsgestützte Übergangslösung entwickelt, mit der die Steuerbescheide für Lebenspartner in Fällen der Zusammenveranlagung optisch und im Aufbau mit Steuerbescheiden für Eheleute nahezu identisch sind. Trotz der technischen Hürden ist mit den ersten Steuerbescheiden auf der Grundlage des Splittingtarifs im Laufe des Monats September zu rechnen.

Quelle: FinMin Hessen, Pressemitteilung vom 20.08.2013

Volle Fahrtkosten bei Kundenbesuchen (BdSt NRW)

Der Bund der Steuerzahler unterstützt ein Musterverfahren zum vollen Fahrtkostenansatz für Selbständige.

Selbstständige und Unternehmer sollten sich nicht mit der niedrigeren Entfernungspauschale abspeisen lassen, wenn es um Fahrten zum Kunden geht. Wird nämlich ein Arbeitnehmer beim Kunden tätig, können die Fahrtkosten für Hin- und Rückfahrt steuerlich geltend gemacht werden. Bei Unternehmern will die Finanzverwaltung hingegen oft nur die Entfernungspauschale für den einfachen Weg anerkennen, wenn sie einen Kunden regelmäßig besuchen.

  • Durch ein Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf bekommen Unternehmer und Selbstständige nun Rückenwind: Das Gericht erlaubte den vollen Fahrtkostenansatz (Az. 10 K 829/11 E, vgl. hierzu unsereNews v. 12.4.2013). Das Finanzamt hat gegen diese steuerzahlerfreundliche Rechtsprechung Revision beim BFH eingelegt. Der Bund der Steuerzahler unterstützt das Revisionsverfahren, das dort unter dem Aktenzeichen X R 13/13 anhängig ist, als Musterverfahren.
  • Betroffene Unternehmer sollten sich auf dieses Verfahren berufen und den niedrigeren Ansatz der Entfernungspauschale bei Kundenbesuchen nicht akzeptieren, rät der Bund der Steuerzahler. Folgt der BFH der Vorinstanz, steht den Unternehmern der volle Fahrtkostenansatz zu. Unternehmer, die ihren Steuerbescheid mit einem Einspruch offenhalten, bekommen dann ggf. zu viel gezahlte Steuern zurück. Ein Einspruch muss binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheids eingelegt werden.

Quelle: Bund der Steuerzahler NRW, Pressemitteilung v. 19.8.2013

Einkommensteuerrechtliche Behandlung von Vorsorgeaufwendungen und Altersbezügen

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder hat das BMF sein Schreiben vom 13.09.2010, (BStBl 2010 I 681, LEXinform 5232914) aktualisiert und dabei insbesondere den Sonderausgabenabzug für Beiträge nach § 10 Abs. 1 und zur Besteuerung von Versorgungsbezügen nach § 19 Abs. 2 sowie von Einkünften nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG behandelt.

Das BMF geht ausführlich auf die folgenden Punkte ein:

  1. Abzug von Vorsorgeaufwendungen – § 10 EStG,
  2. Besteuerung von Versorgungsbezügen – § 19 Abs. 2 EStG,
  3. Besteuerung von Einkünften gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG,
  4. Besonderheiten beim Versorgungsausgleich,
  5. Anwendungsregelung.

Die vollständige Fassung des Schreibens finden Sie auf der Homepage des BMF.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 3 – S-2221 / 12 / 10010:004 | IV C 5 – S-2345 / 08 / 0001 vom 19.08.2013

Kindergeld für im Inland lebende Ausländer

Der 7. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat am 19. August 2013 in den Klageverfahren 7 K 111/13, 7 K 113/13, 7 K 112/13 und 7 K 9/10 entschieden, dass die Verfahren ausgesetzt und Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) darüber eingeholt werden, ob § 62 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) verfassungswidrig ist.

§ 62 Abs. 2 EStG regelt den Anspruch von im Inland lebenden Ausländern auf Kindergeld. Der 7. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts ist davon überzeugt, dass § 62 Abs. 2 EStG gegen das Gleichbehandlungsgebot des Artikel 3 Abs. 1 des Grundgesetzes verstößt. Die vom Gesetzgeber gewählten Differenzierungskriterien in § 62 Abs. 2 EStG halten nach Auffassung des Finanzgerichts einer verfassungsrechtlichen Prüfung nicht stand.

Die Begründung der Vorlagen und die Aktenzeichen des BVerfG werden demnächst auf der Internetseite des Niedersächsischen Finanzgerichts veröffentlicht.

Quelle: FG Niedersachsen, Pressemitteilung vom 20.08.2013 zu den Beschlüssen 7 K 111/13, 7 K 113/13, 7 K 112/13 und 7 K 9/10 vom 19.08.2013

BMF zur Veröffentlichung des BFH-Urteils zu sog. Reiseversicherungspaketen

Gegenstand des BFH-Urteils vom 13. Dezember 2011 sind die versicherungsteuerrechtliche Behandlung von sog. Versicherungspaketen, der laufende Anmeldungszeitraum i. S. des § 10 Abs. 4 VersStG a. F. sowie die Festsetzungsverjährung bei materiell-rechtlichen Haftungsansprüchen. Die amtlichen Leitsätze der Entscheidung lauten:

  1. Sind bei einer Mehrgefahrenversicherung („Versicherungspaket“) einzelne Versicherungen nach § 4 VersStG von der Besteuerung ausgenommen, kann eine Steuerbefreiung nur in Anspruch genommen werden, wenn das auf die steuerfreie Versicherung entfallende Versicherungsentgelt im Versicherungsvertrag gesondert ausgewiesen ist.
  2. „Laufender Anmeldungszeitraum“ i. S. des § 10 Abs. 4 VersStG ist jeder Anmeldungszeitraum nach Abschluss der Außenprüfung.
  3. Mit einem Nachforderungsbescheid gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 AO gegen den Versicherer wegen Versicherungsteuer macht die Finanzbehörde materiell-rechtlich einen Haftungsanspruch geltend. Wegen der Akzessorietät des Haftungsanspruchs ist
    der Erlass eines Nachforderungsbescheids nur rechtmäßig, wenn die Steuerschuld, für die der Versicherer als Entrichtungsschuldner haftet, entstanden ist und noch besteht.

Hierzu ergehen folgende Hinweise:

Zu 1.:

I.

  1. Generell gilt, dass der notwendige gesonderte Ausweis des Versicherungsentgelts grundsätzlich vor dem die Steuer auslösenden Ereignis (Zahlung/Entgegennahme der Zahlung/ Fälligkeit der Rechnung, § 5 Absatz 2 VersStG) im Versicherungsvertrag erfolgt sein muss; nachträgliche Aufteilungen für die Vergangenheit sind nicht möglich.
  2. Altverträge, d. h. Verträge, die vor der Verkündung des o.g. BFH-Urteils geschlossen wurden, und eine solche Aufteilung bisher nicht enthalten, müssen für eine steuerliche Begünstigung nicht zwingend angepasst werden; hier genügt es, wenn die Aufteilung in der Prämienrechnung zukünftig vorgenommen wird bzw. bei Erstellung der Rechnung vorgenommen worden ist. Eine nachträgliche Korrektur von Prämienrechnungen für die Vergangenheit ist ebenfalls nicht möglich.
  3. Neue Verträge, d. h. solche, die nach Verkündung des o.g. BFH-Urteils geschlossen wurden, müssen hingegen die Aufteilung des Versicherungsentgelts enthalten, anderenfalls kann ein abweichender Steuersatz, eine abweichende Bemessungsgrundlage oder eine Steuerbefreiung für einzelne Bestandteile eines Versicherungspakets keine Berücksichtigung finden; eine Aufteilung nur in der Prämienrechnung bei Neuverträgen ist hierfür nicht ausreichend.
  4. Das Erfordernis eines gesonderten Ausweises des auf die steuerfreie Versicherung entfallenden Versicherungsentgelts im Vertrag ist entsprechend anzuwenden auf sog. Versicherungspakete, die sich zusammensetzen aus Versicherungen mit unterschiedlichen Steuersätzen und/oder unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen. In diesen Fällen muss das Versicherungsentgelt für die einem abweichenden Steuersatz und/oder einer abweichenden Bemessungsgrundlage unterliegende(n) Versicherung(en) gesondert ausgewiesen sein.
  5. Soweit Komponenten eines „Versicherungspakets“ demselben Steuersatz unterliegen, ist ein zusammengefasster Ausweis möglich, wenn auch die Bemessungsgrundlagen identisch sind.

II.

Das BMF-Schreiben vom 22. Mai 2006 – IV C 2 – S 6400 – 2/06 – wird aufgehoben.

III.

Bei den nachfolgend dargestellten Sachverhalten ist zudem Folgendes zu beachten:

  1. Ist in einem Versicherungspaket – wie im Schiffsbereich üblich – die Seeschiffskaskoversicherung mit Interesseversicherungen verbunden und ist kein gesondertes Versicherungsentgelt für die dem abweichenden Steuersatz unterliegende Seeschiffskaskoversicherung ausgewiesen, wird für eine Übergangszeit bis zum 31.12.2013 nicht beanstandet, dass die Aufteilung des Versicherungsentgelts nach dem Verhältnis der im Vertrag (ggf. Deckungsnote) vereinbarten Versicherungssummen erfolgt.
  2. General- und Umsatzpolicen bei Transportgüterversicherungen sind keine sog. Versicherungspakete i. S. des o.g. BFH-Urteils, denn es werden dabei keine unterschiedlichen Versicherungen gegen unterschiedliche Gefahren miteinander verbunden, sondern alle Transporte während eines bestimmten Zeitraums zusammen versichert. Vielmehr gilt weiterhin das unter Ziffer 4. des BMF-Schreibens vom 22. Dezember 1995 – IV C 8 – S 6405 – 15/95 – Ausgeführte.

Zu 2.:

§ 10 Absatz 4 VersStG wurde durch Artikel 1 Nummer 9 des Gesetzes zur Änderung des Versicherungsteuergesetzes und des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (Verkehrsteueränderungsgesetz – VerkehrStÄndG) vom 5. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2431) dahingehend geändert, dass Steuerbeträge, die auf Grund einer Außenprüfung nachzuentrichten oder zu erstatten sind, zusammen mit der Steuer für den letzten Anmeldungszeitraum im Prüfungszeitraum festzusetzen sind. Diese Regelung ist am 12. Dezember 2012 in Kraft getreten und gilt für Festsetzungen von Nachforderungs- oder Erstattungsbeträgen ab diesem Zeitpunkt.

Zu 3.:

  1. Durch Artikel 1 Nummer 7 des o.g. Verkehrsteueränderungsgesetzes wurde § 7 VersStG grundlegend geändert. Die bisherige sog. „Haftung für die Steuer“, an die grundsätzlich die Pflicht zur Anmeldung und Entrichtung der Versicherungsteuer geknüpft war, wurde abgelöst von einer nichtakzessorischen Steuerentrichtungsschuld (§ 7 Absatz 2 i. V. m. Absatz 8 Satz 2 VersStG). Daneben wurde eine Haftung für die Steuerentrichtung eingeführt (§ 7 Absatz 7 VersStG). Hinsichtlich des Laufs der Festsetzungsfrist bestimmt§ 7 Absatz 8 Satz 4 VersStG, dass jeweils die Umstände maßgeblich sind, die in Bezug auf die jeweilige steuerpflichtige Person vorliegen; d. h. insbesondere ist für die Inanspruchnahme des Steuerentrichtungsschuldners der Ablauf der Festsetzungsfrist beim Versicherungsnehmer sowie für die Inanspruchnahme des Haftenden der Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerentrichtungsschuldner unbeachtlich. § 7 VersStG ist ebenfalls am 12. Dezember 2012 in Kraft getreten. Somit sind die Ausführungen des BFH zur Festsetzungsverjährung im Versicherungsteuer-recht nurmehr für solche Sachverhalte relevant, in denen unter Zugrundlegung der vom BFH aufgestellten Beurteilungsmaßstäbe im Zeitpunkt des Inkrafttretens der aufgezeigten gesetzlichen Neuregelungen am 12. Dezember 2012 bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war. In allen anderen Fällen bestimmt sich die Festsetzungsverjährung auf Grundlage des § 7 Absatz 8 VersStG.
  2. Neben der im Versicherungsteuergesetz verankerten speziellen Regelung hat der Gesetzgeber aus Anlass des o.g. Urteils des BFH auch in der Abgabenordnung eine generelle Regelung getroffen, die am 30. Juni 2013 in Kraft getreten ist. Durch Artikel 11 Nummer 18 des Gesetzes zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz-AmtshilfeRLUmsG) vom 26. Juni 2013 (BGBl. I S. 1809) wurde dem § 171 AO folgender Absatz 15 angefügt: „Soweit ein Dritter Steuern für Rechnung des Steuerschuldners einzubehalten und abzuführen oder für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten hat, endet die Festsetzungsfrist gegenüber dem Steuerschuldner nicht vor Ablauf der gegenüber dem Steuerentrichtungspflichtigen geltenden Festsetzungsfrist.“ Durch Artikel 12 desselben Gesetzes wurde dem § 10 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung folgender Absatz 11 angefügt: „§ 171 Absatz 15 der Abgabenordnung in der Fassung des Artikels 11 des Gesetzes vom 26. Juni 2013 (BGBl. I S. 1809) gilt für alle am 30. Juni 2013 noch nicht abgelaufenen Festsetzungsfristen.“ Hiernach sind die Ausführungen des BFH zur Festsetzungsverjährung für alle Steuern im Anwendungsbereich der Abgabenordnung überholt und nur noch auf solche Sachverhalte anzuwenden, in denen unter Zugrundelegung der vom BFH aufgestellten Beurteilungsmaßstäbe im Zeitpunkt des Inkrafttretens der genannten gesetzlichen Neuregelungen am 30. Juni 2013 bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war. In allen anderen Fällen bestimmt sich die Festsetzungsverjährung auf Grundlage des § 171 Absatz 15 AO i. V. m. § 10 Absatz 11 EGAO.
  3. § 7 Absatz 8 VersStG und § 171 Absatz 15 AO ergänzen einander:

    Im Versicherungsteuerrecht wird für die Bestimmung der Festsetzungsfrist bei einem Steuerentrichtungspflichtigen auf die Umstände abgestellt, die in Bezug auf seine Person vorliegen. Dies bedeutet in erster Linie, dass die in § 171 Absatz 4 AO normierte Hemmung des Ablaufs der Festsetzungsfrist unter den dort geregelten Voraussetzungen gegenüber demjenigen Steuerpflichtigen eintritt, bei dem eine Außenprüfung angeordnet und begonnen wird. Die Frage, ob die Steuer nach Abschluss einer bei einem Steuerentrichtungspflichtigen oder bei einem für die Steuerentrichtung Haftenden durchgeführten Außenprüfung und der Auswertung des Prüfungsergebnisses auch noch gegenüber dem Steuerschuldner bzw. bei Inanspruchnahme eines Haftenden noch gegenüber dem Steuerentrichtungspflichtigen festgesetzt werden könnte, ist nach § 7 Absatz 8 Satz 4 VersStG unmaßgeblich. § 171 Absatz 15 AO bestimmt, dass beim Steuerschuldner die Festsetzungsverjährung nicht früher eintritt als beim Steuerentrichtungspflichtigen. Wird bei Letzterem der Ablauf der Festsetzungsfrist durch eine Außenprüfung gehemmt, gilt dies nunmehr auch für den Steuerschuldner.

    Im Falle von Außenprüfungen bei einem Entrichtungspflichtigen im Bereich der Versicherungsteuer führen die jeweils anwendbaren Neuregelungen in § 7 Absatz 8 VersStG und § 171 Absatz 15 AO also dazu, dass wegen der Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist beim Entrichtungspflichtigen aufgrund der Außenprüfung auch der Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerschuldner gehemmt ist.

Das BMF-Schreiben wird in Kürze im Bundessteuerblatt Teil II zusammen mit dem BFH-Urteil veröffentlicht werden.

Quelle: BMF, Schreiben IV D 5 – S-6400 / 07 / 10003 vom 31.07.2013

Rente im Ausland + Steuererklärung

Grundsätzlich gilt, dass jeder Steuerpflichtige der Einkünfte nach § 49 Absatz 1 Nummer 7 oder Nummer 10 Einkommensteuergesetz bezieht, verpflichtet ist, eine Steuererklärung in Deutschland einzureichen.

Muss auch dann eine Steuererklärung eingereicht werden, wenn aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) Deutschland kein Besteuerungsrecht für die deutsche Rente zusteht?

Besteht zwischen Deutschland und Ihrem Wohnsitzstaat ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) und steht demnach Deutschland kein Besteuerungsrecht für die deutschen Renteneinkünfte zu, wird auf die Abgabe einer Einkommensteuererklärung in Deutschland verzichtet, wenn Sie Ihren Wohnsitz ausschließlich in einem der folgenden Länder haben:

  • Armenien
  • Aserbeidschan
  • Bolivien
  • Bosnien-Herzegowina
  • Bulgarien
  • Ecuador
  • Estland
  • Griechenland
  • Indien
  • Iran
  • Island
  • Japan
  • Kuwait
  • Lettland
  • Litauen
  • Luxemburg
  • Mauritius
  • Moldau
  • Mongolei
  • Russische Föderation
  • Serbien
  • Slowakei
  • Spanien
  • Sri-Lanka
  • Tschechien
  • Tunesien
  • Turkmenistan
  • Venezuela
  • Vereinigte Staaten von Amerika
  • Vietnam
  • Zypern

Achtung: Ungeachtet dessen ist das Finanzamt berechtigt, zur Abgabe einer Steuererklärung aufzufordern. Wenn Sie eine Aufforderung erhalten, sind Sie verpflichtet der Aufforderung nachzukommen und die Steuererklärung einzureichen.

Haben Sie Ihren Wohnsitz nicht in den hier genannten Staaten, sind Sie verpflichtet für alle Veranlagungszeiträume ab 2005 eine Einkommensteuererklärung einzureichen. Haben Sie ausschließlich Renteneinkünfte im Sinne des § 49 Absatz 1 Nummer 7 und/oder Nummer 10 EStG, ist das Finanzamt Neubrandenburg für Sie zuständig (andernfalls sehen Sie hier, welches Finanzamt für sie zuständig ist).

Aus Vereinfachungsgründen können Sie zunächst auch nur eine Einkommensteuererklärung für einen Veranlagungszeitraum abgeben. Das Finanzamt wird dann im Rahmen der Veranlagung unter Berücksichtigung der mit Deutschland geschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen feststellen, ob und in welcher Höhe tatsächlich eine Steuerschuld entstanden ist und inwieweit weitere Steuererklärungen einzureichen sind. Sollte der Einkommensteuerbescheid keine Steuerschuld ausweisen und steht fest, dass sich Ihre Einkünfte in den Folgejahren nicht wesentlich ändern werden, besteht die Möglichkeit, von der Pflicht zur Abgabe für weitere Jahre befreit zu werden. Diese Feststellung obliegt dem Finanzamt und gilt vorbehaltlich der Änderungen der steuerlichen Bestimmungen (Einkommensteuergesetz, DBA, etc.). Sofern eine Einkommensteuer festzusetzen ist, wird vorsorglich auf die Entstehung von Zinsen gemäß § 233a Abgabenordnung hingewiesen.

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Beschränkt steuerpflichtig oder unbeschränkt steuerpflichtig auf Antrag?

Im Folgenden werden die Unterschiede zwischen beschränkter und unbeschränkter Steuerpflicht dargelegt und die Voraussetzungen für die Behandlung als unbeschränkt Steuerpflichtiger erläutert.

Beschränkte Steuerpflicht:

Beschränkt einkommensteuerpflichtig nach § 1 Absatz 4 EStG sind Personen, die in Deutschland weder einen Wohnsitz haben, noch sich länger als 183 Tage in Deutschland aufhalten, jedoch bestimmte inländische Einkünfte gemäß § 49 EStG beziehen. Wenn Sie darüber hinaus ausländische Einkünfte erzielen oder inländische Einkünfte, die nicht in § 49 EStG genannt sind, bleiben diese bei der Veranlagung als beschränkt Steuerpflichtiger außer Ansatz.

Die Einkommensteuer bemisst sich bei beschränkt steuerpflichtigen Rentenbeziehern nach dem Grundtarif ohne Berücksichtigung des Grundfreibetrages (§ 50 Absatz 1 Satz 2 EStG). In der Grundtarif-Tabelle ist der Grundfreibetrag bereits für alle Steuerpflichtigen eingearbeitet. Für beschränkt Steuerpflichtige wird daher zur rechnerischen Ermittlung der zutreffenden Einkommensteuer zunächst das zu versteuernde Einkommen um den Grundfreibetrag erhöht und dann auf dieses erhöhte zu versteuernde Einkommen der Grundtarif nach § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG angewandt.

Zahlreiche persönliche und familienbezogene Vergünstigungen werden bei der Veranlagung zur beschränkten Steuerpflicht nicht berücksichtigt. So sind beispielsweise außergewöhnliche Belastungen steuerlich nicht absetzbar und das Ehegattensplitting kann nicht in Anspruch genommen werden.

Spenden und Mitgliedsbeiträge an politische Parteien und an unabhängige Wählervereinigungen werden jeweils zur Hälfte direkt von der Steuerschuld abgezogen, höchstens jedoch bis zu 825 Euro. Soweit die Zuwendungen an Parteien höher sind, werden sie bis zu 1.650 Euro als Sonderausgaben berücksichtigt.

Freibeträge für Kinder, einschließlich Betreuungs- und Ausbildungskosten, sowie der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende können ebenfalls nicht gewährt werden.

Werbungskosten sind in nachgewiesener Höhe nur absetzbar, wenn sie in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit inländischen Einkünften stehen. Bei Renteneinkünften wird ab dem Veranlagungszeitraum 2009 mindestens der Werbungskostenpauschbetrag berücksichtigt, wenn keine höheren mit den Einkünften im wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Werbungskosten nachgewiesen werden.

Zu verwenden ist der Vordruck ESt1C sowie die Anlage R für die Renteneinkünfte.

Unbeschränkte Steuerpflicht auf Antrag:

Sofern Ihr gesamtes Welteinkommen im Kalenderjahr mindestens zu 90 % der deutschen Einkommensteuer unterliegt, können Sie nach § 1 Absatz 3 EStG einen Antrag auf Behandlung als unbeschränkt Steuerpflichtiger stellen. Dies gilt auch, wenn Ihre Einkünfte, die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegen, nicht mehr als 6.136 Euro betragen. Dieser Betrag ist ab dem Jahr 2008 auf 7.664 Euro, ab 2009 auf 7.834 Euro und ab dem Jahr 2010 auf 8.004 Euro erhöht worden. Diese Beträge sind zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen notwendig und angemessen ist.

Aufgrund der Behandlung als unbeschränkt Steuerpflichtiger können unter Berücksichtigung der einzelnen Voraussetzungen – anders als bei beschränkter Steuerpflicht – personenbezogene Steuervergünstigungen sowie eine Reihe von familienbezogenen Vergünstigungen in Anspruch genommen werden, so dass diese Veranlagungsart zu einer geringeren Einkommensteuer führen kann.

Insbesondere können grundsätzlich Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und Aufwendungen für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse bzw. haushaltsnahe Dienstleistungen steuermindernd geltend gemacht werden. Des Weiteren kommen Steuerermäßigungen für Kinder und der Abzug von Unterhaltsaufwendungen an Angehörige in Betracht.

Im Gegensatz zur beschränkten Steuerpflicht müssen bei der unbeschränkten Steuerpflicht auch die ausländischen Einkünfte erklärt werden. Diese werden zwar nicht besteuert, aber zur Berechnung des Steuersatzes für die inländischen Einkünfte einbezogen (§ 32b Absatz 1 Nummer 5 EStG).

Die Einkommensteuer bemisst sich bei unbeschränkter Steuerpflicht nach dem Einkommensteuertarif. Einkünfte bis zur Höhe des Grundfreibetrages werden nicht besteuert (§ 32a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG)

Nach § 1 a EStG besteht die Möglichkeit mit dem Ehegatten zusammen veranlagt zu werden und von dem günstigeren Splittingtarif zu profitieren, wenn einer der beiden Ehegatten die Voraussetzungen zur Behandlung als unbeschränkt Steuerpflichtiger erfüllt. Darüber hinaus ist erforderlich, dass der antragstellende Ehegatte Staatsangehöriger eines EU oder EWR Staates ist, dass der jeweils andere Ehegatte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem EU oder EWR-Staat inne hat und dass die gemeinsamen Einkünfte die doppelten Grenzen des § 1 Absatz 3 Satz 2 EStG nicht überschreiten (§ 1a Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 EStG).

Falls die Voraussetzungen für den Antrag nach § 1 Absatz 3 EStG erfüllt sind und ein entsprechender Antrag gestellt wurde, ist eine Einkommensteuererklärung für unbeschränkt Steuerpflichtige abzugeben (Vordruck ESt1A), und zur Angabe der ausländischen Einkünfte eine ausgefüllte “Bescheinigung EU/EWR” beizufügen, wenn Sie Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates der EU oder des EWR sind, oder eine ausgefüllte “Bescheinigung außerhalb EU/EWR”, wenn Sie nicht Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates der EU oder des EWR sind.

Ausstellung von Steuerbescheinigungen für Kapitalerträge nach § 45a Abs. 2 und 3 EStG

Ausweis von Investmenterträgen bei betrieblichen Anlegern in der Steuererklärung Muster III

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt ergänzend zu den Ausführungen im BMF-Schreiben vom 20. Dezember 2012 (BStBl I 2013 Seite 36) für die Ausstellung von Steuerbescheinigungen nach Muster III Folgendes:

Bei der Ausstellung von Steuerbescheinigungen nach Muster III für Kapitalerträge nach § 45a Abs. 2 und 3 EStG bei betrieblichen Anlegern kann der Ausweis der Fondserträge, die dem Kapitalertragsteuerabzug unterlegen haben, in einer Summe in der Zeile „Kapitalerträge im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 1a EStG“ erfolgen.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 1 – S-1980-1 / 09 / 10010 vom 06.08.2013

Zur Einordnung eines Hummer HMC 4 als PKW bzw. LKW im Sinne des Kraftfahrzeugsteuergesetzes

Urteil vom 13. Juni 2013, Az. 13 K 3612/09 Kfz, NZB BFH II B 80/13

Finanzgericht Münster, 13 K 3612/09 Kfz

Datum: 13.06.2013
Gericht: Finanzgericht Münster
Spruchkörper: 13. Senat
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 13 K 3612/09 Kfz
Sachgebiet:
Finanz- und Abgaberecht
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

1Tatbestand

2Streitig ist die kraftfahrzeugsteuerrechtliche Behandlung des Fahrzeugs der Klägerin.

3Die Klägerin ist Halterin eines Hummer HMC 4 mit dem amtlichen Kennzeichen AAA-BB 001. Dieser Fahrzeugtyp basiert auf dem Hummer M998. Dieser wurde im Auftrag der US-Streitkräfte als „High Mobility Mulitpurpose Wheeled Vehicle“ (HMMWV) entwickelt und in wenigstens 15 verschiedenen Aufbauvarianten hergestellt. Das Fahrzeug der Klägerin war ihren Angaben nach ursprünglich mit einem Planenverdeck ausgestattet. Es ist jedoch bereits vor dem Erwerb durch sie mit einer vernieteten Trennwand zur Ladefläche, einem beladungsfähigen Metalldach und festen Türen versehen worden. Damit entstand eine von der Ladefläche abgeschlossene Kabine sowie eine offene Ladefläche im Heck des Wagens.

4Das Fahrzeug wurde am 14.02.2008 als „Lkw offener Kasten“ auf die Klägerin zugelassen. Ausweislich der Zulassungsbescheinigung Teil I verfügt das mit einem Dieselmotor versehene Fahrzeug über vier Sitzplätze. Die zulässige Gesamtmasse ist mit 3.500 kg, die Leermasse mit 2.590 kg angegeben. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 105 km/h.

5Mit Bescheid vom 10.03.2008 setzte der Beklagte die Kraftfahrzeugsteuer für die Zeit ab dem 14.02.2008 auf jährlich … € fest. Hierbei legte er die Aufbauart „Lkw – offener Kasten“ zugrunde. Mit Änderungsbescheid vom 15.12.2008 behandelte er das Fahrzeug der Klin. als Personenkraftwagen (Pkw) und nahm die Besteuerung nach dem Volumen des Hubraums sowie nach dem Emmissionsverhalten des Fahrzeugs vor. Der Beklagte setzte die jährliche Kfz-Steuer ab dem 14.02.2008 auf jährlich … € fest.

6Die Klägerin legte gegen den Kfz-Steuerbescheid vom 15.12.2008 Einspruch ein. Zur Begründung führte sie aus: Es handele sich um ein reines Transportfahrzeug mit Ladefläche und werde auch als ein solches genutzt. Es sei daher als für den Gütertransport gedacht anzusehen. Dies folge auch daraus, dass von der gesamten Nutzfläche von 4,9 m² lediglich 2 m² der Personenbeförderung dienten. Die der Beförderung von Gütern dienende Fläche sei daher größer als die für die Personenbeförderung zur Verfügung stehende Fläche. Insoweit sei insbesondere eine ebene Fläche im Innenraum, die bei offenen Fahrzeugen des Typs zur Ladefläche im rückwärtigen Bereich durchgängig sei, nicht zur Ladefläche hinzuzuzählen.

7Mit Einspruchsentscheidung vom 30.09.2009 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus: Das Fahrzeug weise im Wesentlichen die Merkmale eines Pkw auf. So verfüge es über vier vollwertig ausgestattete Sitzplätze und vier Türen. Alle Sitzplätze seien mit Sicherheitsgurten ausgestattet. Auch sei das Fahrzeug rundum verglast. Die offene Lademulde sei vom Fahrgastraum abgetrennt. Der Mittelteil im Fahrgastraum könne steuerrechtlich nicht als Ladefläche angesehen werden, weil er sich nicht zur Beförderung von Gütern eigne. Dies folge daraus, dass keine Absicherungsmöglichkeit der Ladung gegenüber den Fahrgästen gegeben sei. Auch sei die Ladefläche nur mit 1,478 m² anzunehmen, während die Bodenfläche des Fahrgastraums 4,4 m² ausmache. Damit sei die der Personenbeförderung dienende Bodenfläche größer als die Hälfte der gesamten Nutzfläche. Weiterhin spreche die geringe Zuladungsmöglichkeit gegen das Vorliegen eines PKW.

8Mit ihrer Klage vom 07.10.2009 wendet sich die Klägerin weiterhin gegen die Besteuerung ihres Fahrzeugs als Pkw. Zur Begründung führt sie aus: Es handele sich bei dem Fahrzeug um eine Version, die bereits im Original im Irakkrieg gefahren worden und über Australien und Österreich ins Bundesgebiet eingeführt worden sei. Sie verweist insoweit auf einen alten Fahrzeugbrief, aus dem hervorgeht, dass der bisherige Fahrzeugbrief Nr. … in Verlust geraten und im Bundesverkehrsblatt Nr. … vom … aufgeboten worden war. Die Eintragungen in Spalte A (unter anderem Bezeichnung des Fahrzeuges als „Lkw offener Kasten“) seien dem gesondert erstellten Gutachten nach § 21 StVO des TÜV …, Prüfstelle … vom … entnommen.

9Das Fahrzeug sei vom Hersteller als Lkw konzipiert und dementsprechend auch kraftfahrzeugsteuerrechtlich als solcher zu besteuern. Die von dem Beklagten durchgeführten Messungen seien unzutreffend. Der Mittelteil des Fahrzeuges zwischen den rechten und linken Sitzen sei als Ladefläche zu behandeln. Diese über dem Mitteltunnel befindliche Fläche sei nicht zur Personenbeförderung bestimmt und geeignet. Vielmehr diene sie zum Transport von Gütern. Das Fahrzeug verfüge über eine Gesamtfläche von 4,9 m², wovon 2 m² der Personenbeförderung dienten. Dieses Verhältnis spreche eindeutig für die Einstufung als Lkw. Außerdem sei auch zu berücksichtigen, dass die Dachfläche zum Transport geeignet und genutzt würde. Ebenso könnten die breiten Radkästen mit Hilfe von geeigneten Sicherungsmaßnahmen beladen werden. Gleiches gelte für den Mitteltunnel.

10Auch sei das Fahrzeug ursprünglich nicht mit einem Stahldach versehen gewesen und auch ohne die Trennwand, die jetzt zwischen der Ladefläche und der hinteren Sitzreihe eingebaut sei, gefertigt worden.

11Auch sei zu berücksichtigen, dass das gesamte Fahrzeug so konstruiert sei, dass der Schwerpunkt niedrig liege. Es könne im Gelände 41 Grad Böschungswinkel und 60 Grad Steigung überwinden. Um eine besonders hohe Bodenfreiheit zu erzielen, sei die Vorderachskonstruktion der des Mercedes Unimog nachempfunden worden. Das Fahrzeug sei grundsätzlich auch wattfähig. Hummer dieses Typs könnten bis zu einem Meter tiefes Wasser durchfahren. Das vorliegende Fahrzeug werde demnächst noch umgerüstet, weil die Auspuffanlage momentan noch nicht darauf ausgelegt sei.

12Für einen LKW spreche auch, dass sich die Türen bis nahezu 180 Grad öffnen ließen, um ein einfacheres Be- und Entladen zu ermöglichen. Auch sei der Motor, der von der Geräuschentwicklung her keinerlei Ähnlichkeit mit einem gängigen Pkw-Motor habe, durch eine Klappe vor dem Mitteltunnel vom Innenraum aus zugänglich. Die Zuladung betrage entgegen der Ansicht des Beklagten 2318 kg.

13Darüber hinaus sei das Fahrzeug bereits vor der Zulassung auf die Klägerin als Lkw behandelt worden. Die ursprünglich vorgenommene verkehrsrechtliche Einstufung als Lkw sei solange bindend, wie keine technischen oder sonstigen Veränderungen an dem Fahrzeug vorgenommen würden. Auch müsse berücksichtigt werden, dass nach Kennt-nis der Klägerin andere Finanzämter Fahrzeuge des gleichen Typs als Lkw behandeln würden. Außerdem sei die rückwirkende Änderung des Kfz-Steuerbescheides unzulässig.

14Während des Klageverfahrens erging unter dem 28.12.2010 wegen der Tarifänderung ein weiterer Änderungsbescheid, der gemäß § 68 FGO zum Gegenstand des finanzgerichtlichen Verfahrens geworden ist.

15Die Klägerin beantragt,

16unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 30.09.2009 die Kfz-Steuerbescheide vom 15.12.2008 und vom 28.12.2010 mit der Maßgabe zu ändern, dass das Fahrzeug als Lkw besteuert wird.

17Der Beklagte beantragt,

18              die Klage abzuweisen.

19Er vertritt die Auffassung, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug unter Berücksichtigung der Gesamtumstände um einen Pkw handele. Bei der kraftfahrzeugsteuerrechtlichen Behandlung bestehe keine Bindung an die verkehrsrechtliche Einstufung des Fahrzeugs. Im vorliegenden Fall spreche insbesondere das Verhältnis der zur Personenbeförderung dienenden Fläche des Fahrzeuginnenraums von 4,4 m² zu der Ladefläche von 1,478 m² dafür, dass das Fahrzeug vorwiegend zur Personenbeförderung geeignet und bestimmt sei. Darüber hinaus spreche die geringe Zuladung von 18,58 % gegen eine überwiegende Bestimmung zur Güterbeförderung.

20Der Berichterstatter hat am 19.02.2013 den Sach- und Streitstand mit den Beteiligten erörtert. Dabei wurden einverständlich folgende Maße des Fahrzeuges festgestellt:

21-          Breite der Ladefläche zwischen den Radkästen: 1,32 m

22-          Breite der Radkästen: 0,41 m

23-          Länge der Ladefläche von der Rückwand bis zur hochgeklappten Abdeckklappe: 1,11 m

24-          Breite des Fahrzeuginnenraums bei geschlossenen Türen: 1,95 m

25-          Länge des Fahrgastraumes von der Rückwand bis zum Bremspedal 1,94 m

26-          Breite des „Mitteltunnels“  0,81 m

27-          Abstand der die Oberfläche des Tunnels zum Boden des Fußraums 0,42m

28-          Länge des Mitteltunnels bis zur ersten vorderen Senkrechten unterhalb der Windschutzscheibe 1,81 m

29-          Länge des Mitteltunnels bis zum Beginn der am Ende des Mitteltunnels befindenden Abdeckplatte 1,61 m.

30Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Verlaufes der Erörterungstermins wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Steuerakten des Beklagten.

31Der Senat hat am 13.06.2013 mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift wird verwiesen.

32E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

33Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angegriffenen Kraftfahrzeugsteuerbescheide sowie die Einspruchsentscheidung sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.

34Der Beklagte hat das Fahrzeug der Klägerin zu Recht als Pkw nach § 8 Nr. 1 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes in der bis zum 31.12.2012 geltenden Fassung (KraftStG) in Verbindung mit § 9 Abs. 1 KraftStG besteuert.

35Das KraftStG enthält keine ausdrückliche Definition des Begriffs „PKW“. § 2 Abs. 2 Satz 1 KraftStG verweist lediglich auf die „jeweils geltenden verkehrsrechtlichen Vorschriften“, wenn nichts anderes bestimmt ist. Die verkehrsrechtlichen Vorschriften enthalten ebenfalls keine ausdrücklichen Bestimmungen des Begriffs des PKW (Entscheidungen des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 21.08.2006 VII B 333/05, BFHE 213, 281, BStBl II 2006, 721; vom 28.11.2006 VII R 11/06, BFHE 215, 568, BStBl II 2007, 338; vom 23.02.2007 IX B 222/06, BFH/NV 2007, 1351, und vom 01.10.2008 II R 63/07, BFHE 222, 100, BStBl II 2009, 20, jeweils m.w.N.). Der höchstrichterlichen Rechtsprechung liegt ein eigenständiger kraftfahrzeugsteuerrechtlicher PKW-Begriff zugrunde. Danach ist ein PKW ein Fahrzeug mit vier oder mehr Rädern, das nach seiner Bauart und Einrichtung zur Personenbeförderung geeignet und bestimmt ist (BFH-Beschlüsse in BFHE 213, 281, BStBl II 2006, 721, und vom 30.10.2008 II B 60/08, nicht veröffentlicht; BFH-Urteil vom 24.02.2010 II R 6/08, BFHE 228, 437, BStBl II 2010, 994).

36Die Abgrenzung zwischen LKW und PKW ist nach der objektiven Beschaffenheit des Fahrzeugs vorzunehmen. Als für die Einstufung bedeutsame Merkmale sind von der Rechtsprechung z.B. die Zahl der Sitzplätze, die verkehrsrechtlich zulässige Zuladung, die Größe der Ladefläche, die Ausstattung mit Sitzbefestigungspunkten und Sicherheitsgurten, die Verblechung der Seitenfenster, die Beschaffenheit der Karosserie und des Fahrgestells, die Motorisierung und die damit erreichbare Höchstgeschwindigkeit, das äußere Erscheinungsbild und bei Serienfahrzeugen die Konzeption des Herstellers anerkannt worden (vgl. hierzu BFH-Beschluss in BFH/NV 2007, 1351, und BFH-Urteil in BFHE 222, 100, BStBl II 2009, 20).

37Der Eignung und Bestimmung zur Personenbeförderung steht es grundsätzlich nicht entgegen, dass Fahrzeuge neben der Beförderung von Personen auch dem Transport von Gepäck oder anderer Güter im privaten oder gewerblichen Bereich dienen oder zu dienen bestimmt sind, wie dies z.B. bei Kombinationskraftwagen der Fall ist. Bestandteil des Regelungsplans des historischen Gesetzgebers war es nämlich, unter bestimmten Voraussetzungen auch solche Kraftfahrzeuge als PKW zu bezeichnen, die nach ihrer Bauart und Einrichtung geeignet und bestimmt sind, nicht nur Personen (einschließlich ihres üblichen Gepäcks) zu befördern, sondern einem weiteren Hauptzweck zu dienen (BFH-Urteile vom 22.06.20.1983 II R 64/82, BFHE 138, 493, BStBl II 1983, 747, und in BFHE 228, 437, BStBl II 2010, 994).

38Es ist daher anhand von Bauart und Einrichtung des Fahrzeugs zu beurteilen, ob ein LKW oder ein PKW vorliegt. Hierzu ist unter Berücksichtigung aller Merkmale die objektive Beschaffenheit des jeweiligen Fahrzeugs zu bewerten. Kein Merkmal kann dabei als alleinentscheidend angesehen werden; dies schließt nicht aus, dass einzelne Merkmale ein besonderes Gewicht haben und eine Zuordnung als PKW oder LKW nahelegen können (BFH-Beschluss in BFHE 213, 281, BStBl II 2006, 721, m.w.N.).

39Bei Fahrzeugen mit geschlossener Fahrgastkabine und offener Ladefläche, sogenannten Pickup-Fahrzeugen, kommt nach ständiger Rechtsprechung neben den anderen technischen Merkmalen der Größe der Ladefläche eine besondere, wenn auch nicht allein ausschlaggebende Bedeutung zu. Nach der Größe der Ladefläche lässt sich nämlich beurteilen, ob die Möglichkeit einer Nutzung des Fahrzeugs zur Lastenbeförderung gegenüber seiner Eignung zur Personenbeförderung Vorrang hat. Im Interesse praktikabler Zuordnungsmaßstäbe und der um der Rechtssicherheit willen geforderten Vorhersehbarkeit kraftfahrzeugsteuerrechtlicher Zuordnungen hat die Rechtsprechung es für gerechtfertigt erachtet, typisierend davon auszugehen, dass Fahrzeuge nicht vorwiegend der Lastenbeförderung zu dienen geeignet und bestimmt sind, wenn ihre Ladefläche oder ihr Laderaum nicht mehr als die Hälfte der gesamten Nutzfläche ausmacht (BFH-Urteil vom 01.08.2000 VII R 26/99, BFHE 194, 257, BStBl II 2001, 72; BFH-Beschlüsse vom 07.11. 2006 VII B 79/06, BFH/NV 2007, 778; vom 26.10.2006 VII B 125/06, BFH/NV 2007, 767; vom 10.02.2010 II B 96/09, BFH/NV 2010, 952).

40Diese Rechtsprechung führt jedoch nicht dazu, dass in den Fällen, in denen die Ladefläche größer als die für die Personenbeförderung vorgesehene Fläche ist, umgekehrt typisierend von der Eigenschaft des Fahrzeugs als LKW auszugehen ist. In diesen Fällen erfolgt die Abgrenzung vielmehr nach den allgemeinen Kriterien. Dabei ist die Größe der Ladefläche und ihr Verhältnis zur Fläche für die Personenbeförderung nur ein Gesichtspunkt im Rahmen der Gesamtabwägung, dem allerdings umso größere Bedeutung zukommt, je deutlicher die Ladefläche die Fläche für die Personenbeförderung überwiegt. Überwiegt die Ladefläche die zur Personenbeförderung indes nur unwesentlich, spricht dies eher dafür, dass das Fahrzeug nicht vorwiegend der Lastenbeförderung zu dienen geeignet und bestimmt ist. In die Berechnung der Ladefläche sind alle Flächen einzubeziehen, die geeignet sind, eine Ladung zu transportieren. Dazu gehören regelmäßig auch Ausbeulungen in den Laderaum, z.B. für Radkästen, die aufgrund ihres Abstandes zum oberen Rand der Ladekante und bei gegebener Belastbarkeit noch als Ladefläche (z.B. für Schüttgut oder für flache Gegenstände) genutzt werden können (BFH-Urteil vom 29.08.2012 II R 7/1, BFHE 239, 159, BStBl II 2013, 93).

41Gemessen an dieser Maßstäben, kann das Fahrzeug der Klägerin nicht als LKW eingeordnet werden:

42Das vorliegende Fahrzeug ist nach seiner Konzeption als ein taktisches Militärfahrzeug anzusehen. Mit ihm können Lasten und/oder Personen in und zu Einsatzgebieten transportiert werden. Das Fahrzeug lässt in seiner Grundkonstruktion eine Verwendung als reines Lastfahrzeug ebenso zu, wie als Mannschaftswagen für acht Personen. Mit Sonderaufbauten ist auch eine Verwendung als Waffenträger oder als Panzerfahrzeug möglich. Es ist, wie die Grundbezeichnung der militärischen Version schon besagt, als High Mobility Multipurpose Wheeled Vehicle, also universell verwendbares Radfahrzeug, konstruiert worden.

43Bei der von der Klägerin verwendeten Version handelt es sich um eine Version mit 4 Sitzen, Ladefläche und einem – nach unwidersprochenen Angaben der Klägerin – fest eingefügten, geschlossenen Aufbau. Das Fahrzeug entspricht somit im Grundsatz der Karosserieform eines Pickup-Fahrzeuges. Daher sind für die von der Klägerin verwendete Variante des Hummer die von der Rechtsprechung entwickelten – oben dargestellten – Grundsätze zur Abgrenzung von Lkw und Pkw anwendbar.

44Nach diesen handelt es sich bei dem Fahrzeug der Klägerin um einen PKW. Dafür spricht zunächst maßgeblich, dass die Ladefläche kleiner ist als die der Personenbeförderung zuzurechnende Ladefläche. Nach den vom Gericht festgestellten Maßen weist die Ladefläche inklusive der Radkästen eine Grundfläche von 2,14 m x 1,11 m, also 2,38 m2 auf. Die Fläche der Personenkabine beträgt 1,94 m x 1,95 m, also 3,78 m2.

45Diese Werte sind auch ohne weitere Korrektur gegenüberzustellen. Dabei lässt das Gericht zu Gunsten der Klägerin offen, ob im vorliegenden Einzelfall die Radkästen mit zur Ladefläche gezählt werden können. Dagegen spricht, dass sie selbst nicht mehr von einem Rand umgeben sind, also selber die Begrenzung der Ladefläche bilden. Sie können also nur mit zusätzlichen Sicherungsmaßnahme beladen werden, eine Beladung mit Schüttgütern dürfte nur mit zusätzlichen Anbauten möglich sein.

46Dies kann jedoch dahinstehen. Denn selbst der damit maximal anzunehmenden Ladefläche von 2,38 m2 steht eine um 1,4 m2  größere, der Personenbeförderung dienende Fläche von 3,78 m2 gegenüber. Diese ist nicht – wie die Klägerin meint – um die Fläche des sogen. Mitteltunnels zu korrigieren. Dieser nimmt mit einer Breite von 0,81 m und einer Länge von 1,81 m (wenn man nur die Länge bis zum Beginn der sich am Ende des Mitteltunnels befindenden Abdeckplatte rechnet: 1,61 m) eine Fläche von 1,466 m² (bzw. 1,30 m²) ein. Dieser Mitteltunnel ist Bestandteil des Innenraums. Die Oberfläche des Mitteltunels stellt sich im klägerischen Fahrzeug als eine ebene, glatte Fläche dar. Im militärischen Bereich kann sie zum Aufbau militärischer Ausrüstung wie z. B. einer Funkanlage, als Standplatz eines Schützen für ein eventuelles Bordgeschütz oder zur Ablage von Ausrüstungsgegenständen der Mitfahrer verwendet werden. Beides setzt aber dauerhafte Ein- oder Umbauten voraus. Solche sind im Fahrzeug der Klägerin nicht installiert; Vorrichtungen zum Lastentransport sind nicht vorhanden. Schwere Güter können darauf nicht abgelegt werden, ohne dass sie während der Fahrt Passagiere oder Fahrer gefährden würden. Mit ihrer Höhe von 42 cm über dem Bodenblech bietet sich der Mitteltunnel den Mitreisenden – in dem ansonsten unkomfortabel gestalteten Innenraum – auch als Armablage an und schafft seitliche Bewegungsfreiheit für Fahrer- und Beifahrer. In der von der Klägerin verwendeten Version des Fahrzeuges erweist sich der Mitteltunnel daher als funktionaler Bestandteil des Passagierraums, der auch nicht quotal als Ladefläche zu berücksichtigen ist.

47Die Ladefläche ist auch nicht – wie die Klägerin meint – um die Dachfläche der Personenkabine zu vergrößern. Zwar kann diese faktisch durchaus beladen werden. Dauerhafte Umbauten hierzu sind jedoch nicht erfolgt. Sie dient vorzugsweise der Abdeckung des Fahrgastraums.

48Gegenüber dem Überwiegen der Personenbeförderungsfläche über die Ladefläche fallen die von der Klägerin vorgetragenen Umstände, die ihrer Ansicht nach für einen LKW sprechen, nicht entscheidend ins Gewicht.

49Mit der Konstruktion der Vorderachse, der Geländegängigkeit und der Wattfähigkeit spricht die Klägerin konstruktive Merkmale an, die das Fahrzeug für Einsätze in unwegsamem Gelände qualifizieren. Dies sagt jedoch nichts über die Abgrenzung von PKW und LKW aus.

50Für die Auslegung des Fahrzeuges zum Lastentransport spricht – neben dem Vorhandensein einer Ladefläche – zwar die spartanische Innenausstattung des Fahrzeuges i.V.m. dem außerordentlich geringen Fahrkomfort im Hinblick auf Sitzposition und Geräuschentwicklung. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Fahrzeug um ein im Auftrag der Streitkräfte entwickeltes Militärfahrzeug handelt, welches letztlich dazu dient, seine Funktion insbesondere auch im Falle eines Kampfeinsatzes zu erfüllen. Solches Kriegsgerät ist bereits seiner Natur nach regelmäßig wenig komfortabel ausgestattet. Vielmehr stehen hier Zweckmäßigkeit und Effizienz im Vordergrund. Bei von vornherein zu militärischen Zwecken konstruierten Fahrzeugen sagt geringer Komfort im Innenraum daher wenig über die Fahrzeugart aus. Vielmehr sind auch Militärfahrzeuge, die zur Personenbeförderung verwendet werden, in der Regel wenig komfortabel. Der geringe Komfort des klägerischen Fahrzeugs vermag daher nicht zu einer Bewertung als Lkw zu führen.

51Letztlich spricht auch nicht die von der Klägerin behauptete Zuladungskapazität für dessen Eigenschaft als Lkw. Das Fahrzeug weist nach Angaben der Klägerin ein Leergewicht von 2364 kg auf. Nach Angaben der Klägerin ist es mit weiteren 2318 kg zu beladen. Dies würde zu einer Zulassungskapazität von 49,5 % des Gesamtgewichts führen und damit für eine Klassifizierung als Lkw sprechen. Allerdings ist sowohl im Fahrzeugbrief als auch in der Zulassungsbescheinigung Teil I das zulässige Gesamtgewicht des Fahrzeugs mit 3.500 kg bei einem Leergewicht von 2.590 kg angegeben. Diese Angaben sind nach § 2 Abs. 2 Satz 1 KraftStG für steuerliche Zwecke verbindlich (ebenso Strodthoff, Kommentar zum KraftStG § 2 Rdn. 3). Damit ist bis zu einer Veränderung dieser Eintragung durch Auf-oder Ablastung von einer Zulassungskapazität des Fahrzeugs von 910 kg, also 26 % des zulässigen Gesamtgewichts auszugehen. Dieser Wert kann nur als gering angesehen werden.

52Eine andere steuerliche Behandlung des Fahrzeuges ergibt sich auch nicht aus der zum 01.01.2013 in Kraft getretenen Novellierung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes, nachfolgend KraftStG n. F. (Artikel 2 des Gesetzes vom 05.12. 2012, BGBl. I S. 2431). Zwar sind danach für die Einordnung eines Fahrzeugs als PKW oder LKW gemäß §  2 Abs. 2 Nr. 2 „KraftStG n. F“. die Feststellungen der Zulassungsbehörden verbindlich. Führen die Feststellungen der Zulassungsbehörden hinsichtlich der Fahrzeugklassen und Aufbauarten jedoch zu einer niedrigeren Steuer als unter Berücksichtigung des § 2 Abs. 2a in der am 01.07 2010 geltenden Fassung, ist nach § 18 Abs. 12 KraftStG n. F. aber weiterhin der Tarif des § 9 Abs. 1 Nr. 2 KraftStG anzuwenden. Dies ist hier der Fall: Bei Anwendung neuen Rechts ergäbe sich für das klägerische Fahrzeug ein Steuersatz nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 KraftStG n. F. von 12,78 je 200 Kilogramm Gesamtgewicht oder einen Teil davon von dem Gesamtgewicht. Dies führte zu einer niedrigeren Steuer als der nach § 2 Abs. 2a KraftStG vom Beklagten für das Fahrzeug des Klägers rechnerisch zutreffend festgesetzten. Daher wäre nach 18 Abs. 12 KraftStG n. F. die Besteuerung mit dem Tarif des § 9 Abs. 1 Nr. 2 KraftStG vorzunehmen.

53Da sich bei Anwendung der zum 01.01.2013 in Kraft getretenen Neuregelung im Streitfall keine Änderung ergeben würde, kann offen bleiben, ob diese überhaupt auf zurückliegende Besteuerungszeiträume anwendbar ist (verneinend: Sächsisches FG, Urteil vom 01.03.2013 6 K 670/12, zitiert bei juris).

54Der Beklagte konnte die höhere Steuer auch nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 KraftStG zur Beseitigung der fehlerhaften Besteuerung als Lkw neu festsetzen. Nach dieser Vorschrift ist die Steuer zur Beseitigung des Fehlers neu festzusetzen, wenn eine Steuerfestsetzung fehlerhaft ist. Die Voraussetzungen für eine neue Steuerfestsetzung liegen im Streitfall vor. Denn die ursprüngliche Steuerfestsetzung nach dem verkehrsrechtlich zulässigen Gesamtgewicht war, wie sich aus dem bisher Ausgeführten ergibt, fehlerhaft.

55Die Klägerin kann sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen. Soweit verfahrensrechtlich eine Änderung des Kraftfahrzeugsteuerfestsetzung zulässig war, konnte diese auch von dem Beklagten vorgenommen werden, nachdem er von der fehlerhaften Besteuerung Kenntnis erlangt hat. Der Einstufung des Kraftfahrzeugs durch die Verkehrsbehörde oder der zuvor für die Besteuerung zuständigen Stelle als Lkw kommt keine Bindungswirkung für den hier streitigen Zeitraum zu (vgl. BFH-Beschlüsse vom 18.03.2008 II B 102/07, BFH/NV 2008, 1206 m. w. N.).

56Die Klägerin kann sich auch nicht auf eine behauptete abweichende Behandlung des Fahrzeugtyps durch andere Finanzämter berufen. Diese Beurteilung wäre unzutreffend und wurde für die Klägerin keinen Anspruch auf Gleichbehandlung begründen.

57Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

58Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Revisionszulassungsgründe des § 115 Abs. 2 FGO vorliegen.

In Kindergeldangelegenheiten ohne Kostenvorschuss zum Recht

Die Finanzgerichte in Düsseldorf, Köln und Münster erheben für Klagen in Kindergeldangelegenheiten seit dem 1. August 2013 keinen „Gebührenvorschuss“ mehr. War vor dem 1. August 2013 auch in Kindergeldstreitigkeiten bei Klageerhebung ein Gebührenvorschuss in Höhe von 220 Euro fällig, so entfällt dieser jetzt. Damit können Kindergeldberechtigte, die gegen eine aus ihrer Sicht unzutreffende Versagung von Kindergeld durch die Familienkassen klagen wollen, in Nordrhein-Westfalen ohne eine Gebührenvorauszahlung zu ihrem Recht kommen.

Diese Möglichkeit eröffnet das zum 1. August 2013 in Kraft getretene Kostenrechtsmodernisierungsgesetz. Durch das Gesetz entfällt seither in Kindergeldverfahren der Mindeststreitwert. Auch der in allen anderen Steuerstreitigkeiten grundsätzlich weiterhin bei Klageeinreichung fällige Gebührenvorschuss ist in Kindergeldstreitigkeiten nicht mehr zu zahlen – dies jedenfalls ist die Auffassung der drei nordrhein-westfälischen Finanzgerichte, die die nicht ganz eindeutige gesetzliche Neuregelung damit bürgerfreundlich verstehen und handhaben.

Quelle: FG Münster, Pressemitteilung vom 15.08.2013

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin