Elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale

Erstmaliger Abruf der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale durch den Arbeitgeber und Anwendungsgrundsätze für den Einführungszeitraum 2013  
Nach § 52b EStG in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz – AmtshilfeRLUmsG) vom 26. Juni 2013 (BGBl. I Seite 1809) sind im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder für den Lohnsteuerabzug ab dem Kalenderjahr 2013 die folgenden Regelungen zu beachten:
I. Starttermin  
Mit Schreiben vom 19. Dezember 2012 – IV C 5 – S 2363/07/0002-03, DOK 2012/1170782 – (BStBl I Seite 1258, ELStAM-Startschreiben) hat das Bundesministerium der Finanzen als Starttermin für das Verfahren der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM- Verfahren) den 1. November 2012 festgelegt. Ab diesem Zeitpunkt können die Arbeitgeber die ELStAM der Arbeitnehmer mit Wirkung ab dem 1. Januar 2013 abrufen. Der Arbeitgeber hat das ELStAM-Verfahren grundsätzlich für laufenden Arbeitslohn, der für einen nach dem 31. Dezember 2012 endenden Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird, und für sonstige Bezüge, die nach dem 31. Dezember 2012 zufließen, anzuwenden.
II. Einführungszeitraum für das ELStAM-Verfahren
Nach der Regelung in § 52b Absatz 5 Satz 2 EStG ist für die Einführung des ELStAM- Verfahrens ein Zeitraum zu bestimmen (Einführungszeitraum). Auf der Grundlage dieser Vorschrift wird hiermit das Kalenderjahr 2013 als Einführungszeitraum bestimmt. Damit wird insbesondere den Arbeitgebern ein längerer Umstellungszeitraum auf das ELStAM-Verfahren angeboten, um auch eventuelle technische und organisatorische Probleme, die bei einem gleichzeitigen Einstieg aller Arbeitgeber zu einem festen Termin entstehen könnten, zu vermeiden. Daraus folgt auch, dass der Arbeitgeber die ELStAM spätestens für den letzten im Kalenderjahr 2013 endenden Lohnzahlungszeitraum abzurufen und anzuwenden hat. Ein Abruf mit Wirkung ab 2014 ist verspätet.
 Seite 3  Weil im Einführungszeitraum das Lohnsteuerabzugsverfahren nach Maßgabe der Regelungen für das Papierverfahren oder für das ELStAM-Verfahren durchgeführt werden kann, sind abweichend vom BMF-Schreiben vom 6. August 2013 – IV C 5 – S 2363/13/10003, DOK 2013/0563339 – (BStBl I Seite xxx) die folgenden Regelungen zu beachten.
III. Arbeitgeber
1. Papierverfahren im Einführungszeitraum
Solange der Arbeitgeber im Einführungszeitraum das ELStAM-Verfahren nicht anwendet, sind für den Lohnsteuerabzug folgende Papierbescheinigungen zugrunde zu legen: 1. Die Lohnsteuerkarte 2010 oder  2. eine vom Finanzamt nach § 52b Absatz 3 EStG ausgestellte Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug 2011, 2012 oder 2013 (Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013).
Sind von den unter Nummer 1 und 2 genannten Papierbescheinigungen abweichende Lohn- steuerabzugsmerkmale anzuwenden, kann sie der Arbeitnehmer anhand folgender amtlicher Bescheinigungen nachweisen: 1. Mitteilungsschreiben des Finanzamts zur „Information über die erstmals elektronisch gespeicherten Daten für den Lohnsteuerabzug (Elektronische Lohnsteuerabzugs- merkmale)“ nach § 52b Absatz 9 EStG i. d. Fassung des Jahres 2012, 2. Ausdruck oder sonstige Papierbescheinigung des Finanzamts mit den ab dem 1. Januar 2012 oder zu einem späteren Zeitpunkt im Übergangszeitraum 2012 und Einführungs- zeitraum 2013 gültigen ELStAM oder 3. Besondere Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug (Tz. III. 2) aufgrund abweichender Meldedaten (§ 52b Absatz 5a Satz 3 EStG)  bis zur Bereitstellung der ELStAM nach Aufhebung der Abrufsperre, längstens bis zum Ablauf der Gültigkeit (§ 52b Absatz 5a Satz 4 und 5 EStG).
Die in den vor dem 1. Januar 2013 ausgestellten Ausdrucken oder sonstigen Papierbescheini- gungen eingetragenen Lohnsteuerabzugsmerkmale (Steuerklasse, Zahl der Kinderfreibeträge, Freibetrag, Hinzurechnungsbetrag, Kirchensteuerabzugsmerkmal, Faktor) bleiben weiterhin gültig und sind dem Lohnsteuerabzug im Einführungszeitraum zugrunde zu legen (§ 52b Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 EStG). Ein erneuter Antrag des Arbeitnehmers ist hierfür nicht erforderlich.
Das Mitteilungsschreiben des Finanzamts nach § 52b Absatz 9 EStG i. d. Fassung des Jahres 2012 ist nur dann für den Arbeitgeber maßgebend, wenn ihm gleichzeitig die Lohnsteuerkarte 2010 oder die Ersatzbescheinigung 2011 für das erste Dienstverhältnis des Arbeitnehmers vorliegt (Steuerklassen I bis V). Hingegen ist der Ausdruck bzw. die sonstige Papierbeschei- nigung des Finanzamts mit den ab dem 1. Januar 2012 oder zu einem späteren Zeitpunkt im Einführungszeitraum 2013 gültigen Lohnsteuerabzugsmerkmalen für den Arbeitgeber maßgebend, wenn ihm gleichzeitig die Lohnsteuerkarte 2010 oder die Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013 für das erste Dienstverhältnis des Arbeitnehmers vorliegt (Steuerklassen I bis V).  
#Legt der Arbeitnehmer ein Mitteilungsschreiben des Finanzamts nach § 52b Absatz 9 EStG i. d. Fassung des Jahres 2012, einen Ausdruck bzw. eine sonstige Papierbescheinigung des Finanzamts oder eine Besondere Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug dem Arbeitgeber zum Zweck der Berücksichtigung beim Lohnsteuerabzug vor, sind allein die ausgewiesenen Lohnsteuerabzugsmerkmale auf der zuletzt ausgestellten amtlichen Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug maßgebend. Sämtliche auf einer Lohnsteuerkarte 2010 oder einer zu einem früheren Zeitpunkt ausgestellten Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013 oder einer anderen zu einem früheren Zeitpunkt ausgestellten amtlichen Bescheinigung eingetragenen Lohnsteuer- abzugsmerkmale werden überschrieben. Diese vereinfachte Nachweismöglichkeit besteht auch dann, wenn der Arbeitnehmer im Kalenderjahr 2013 in ein neues erstes Dienstverhältnis wechselt.  
Somit sind die zuletzt eingetragenen Lohnsteuerabzugsmerkmale – unabhängig von der ein- getragenen Gültigkeit – vom Arbeitgeber zunächst auch noch für das Lohnsteuerabzugsver- fahren im Einführungszeitraum zu berücksichtigen. Der Arbeitgeber braucht nicht zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die einzelnen Lohnsteuerabzugsmerkmale dem Grunde bzw. der Höhe nach noch vorliegen.
Zur Verpflichtung des Arbeitgebers zur Entgegennahme und Aufbewahrung der vom Finanz- amt ausgestellten Papierbescheinigungen vgl. Tz. III. 9.
Ist auf der Lohnsteuerkarte 2010 eine Lohnsteuerbescheinigung erteilt und die Lohnsteuer- karte an den Arbeitnehmer herausgegeben worden, kann der Arbeitgeber bei fortbestehendem Dienstverhältnis die Lohnsteuerabzugsmerkmale der Lohnsteuerkarte 2010 im Einführungs- zeitraum 2013 weiter anwenden, wenn der Arbeitnehmer schriftlich bestätigt, dass die Lohn- steuerabzugsmerkmale der Lohnsteuerkarte 2010 auch weiterhin für den Lohnsteuerabzug im Einführungszeitraum 2013 zutreffend sind (§ 52b Absatz 1 Satz 5 EStG). Eine amtliche Be- scheinigung ist hierfür nicht vorgesehen, so dass eine formlose Erklärung des Arbeitnehmers als Nachweis ausreicht. Diese schriftliche Bestätigung ist als Beleg zum Lohnkonto zu neh- men.
Für unbeschränkt einkommensteuerpflichtige ledige Arbeitnehmer, die im Kalenderjahr 2013 während des Einführungszeitraums ein Ausbildungsverhältnis als erstes Dienstverhältnis beginnen, kann der Arbeitgeber die Vereinfachungsregelung des § 52b Absatz 4 EStG anwen- den. In diesen Fällen kann der Arbeitgeber den Lohnsteuerabzug ohne Vorlage einer Lohn- steuerkarte 2010 oder Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013 nach der Steuerklasse I vorneh- men. Dazu hat der Auszubildende seinem Arbeitgeber die Identifikationsnummer, den Tag der Geburt und ggf. die rechtliche Zugehörigkeit zu einer steuererhebenden Religionsgemein-
 Seite 5  schaft mitzuteilen und schriftlich zu bestätigen, dass es sich um ein erstes Dienstverhältnis handelt.
Wurde die vorstehende Vereinfachungsregelung bereits im Kalenderjahr 2011 oder 2012 in Anspruch genommen, kann im Einführungszeitraum 2013 die Lohnsteuer weiterhin nach der Steuerklasse I ermittelt werden. Voraussetzung hierfür ist eine schriftliche Bestätigung des Auszubildenden, dass es sich weiterhin um sein erstes Dienstverhältnis handelt.
2. Bescheinigung bei unzutreffenden ELStAM und Sperrung des Arbeitgeberabrufs (Besondere Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug)
Bei Einführung des ELStAM-Verfahrens bzw. dem erstmaligen Abruf der ELStAM durch den Arbeitgeber kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Finanzverwaltung für den Arbeitnehmer aufgrund fehlerhafter Meldedaten materiell unzutreffende ELStAM bereitstellt, da die Finanzämter nicht befugt sind, in der ELStAM-Datenbank gespeicherte Meldedaten zu ändern. Es können auch aus anderen Gründen unzutreffende ELStAM gespeichert sein, deren Berichtigung aus technischen Gründen nicht zeitnah möglich ist.
Hat das Finanzamt in diesen Fällen eine Besondere Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug ausgestellt (§ 52b Absatz 5a Satz 3 EStG, Tz. V. 2), wird der Arbeitgeberabruf durch das Finanzamt gesperrt, sog. Vollsperrung. Meldet der Arbeitgeber oder sein Vertreter den Arbeitnehmer trotz erfolgter Sperrung an, erhält er die Mitteilung „Keine Anmelde- berechtigung“. Die Regelungen des § 39e Absatz 6 Satz 8 EStG (Lohnsteuerabzug nach Steuerklasse VI) sind nicht anzuwenden, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die Besondere Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug vorgelegt hat.
Der Arbeitgeber darf die Lohnsteuerabzugsmerkmale dieser Besonderen Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug nur dann für den angegebenen Zeitraum anwenden, wenn ihm die Lohnsteuerkarte 2010 oder eine Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013 des Arbeitnehmers mit einer der Steuerklassen I bis V (erstes Dienstverhältnis) vorliegt. Zur Anwendung der kalenderjahrbezogen bescheinigten Lohnsteuerabzugsmerkmale vgl. Tz. V. 2.
Erfolgte die Sperrung der ELStAM vor dem erstmaligen Abruf durch den Arbeitgeber, hat der Arbeitnehmer und nicht das Finanzamt dem Arbeitgeber die Aufhebung der Sperrung mitzuteilen (Tz. IV und V. 2). Dazu hat der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber das Infor- mationsschreiben seines Wohnsitzfinanzamts über die Aufhebung der Sperrung auszu- händigen. Aufgrund dieser Mitteilung hat der Arbeitgeber den beschäftigten Arbeitnehmer erstmalig in der ELStAM-Datenbank anzumelden (Tz. III. 4) und die entsprechenden ELStAM abzurufen. Diese Grundsätze gelten auch bei einem Arbeitgeberwechsel während der Dauer der Sperrung. Hat das Finanzamt die ELStAM nach ihrem erstmaligen Abruf gesperrt, wird dem Arbeit- geber die Aufhebung der Sperrung durch Bereitstellung sog. Änderungslisten automatisch
 Seite 6  mitgeteilt. Daraufhin hat der Arbeitgeber die bereitgestellten ELStAM abzurufen und ab der dem Abruf folgenden Lohnabrechnung anzuwenden.
3. Unzutreffende ELStAM aus anderen Gründen
Bei unzutreffenden ELStAM, die auf vom Finanzamt zu bildenden Merkmalen beruhen (z. B. Freibetrag aus dem Lohnsteuerermäßigungsverfahren, Steuerklassenkombination bei Ehegat- ten, Beantragung der Steuerklasse II), korrigiert das Finanzamt auf Veranlassung des Arbeit- nehmers die ELStAM in der Datenbank. Daraufhin werden dem Arbeitgeber die zutreffenden ELStAM zur Verfügung gestellt.
Nimmt das Finanzamt die Korrektur vor dem erstmaligen Abruf vor (z. B. bei Feststellung des Fehlers im Rahmen des Ermäßigungsverfahrens), werden dem Arbeitgeber beim erstmali- gen Abruf die zutreffenden ELStAM bereitgestellt. Der vom Finanzamt in diesem Fall aus- gestellte Ausdruck der ELStAM (Tz. V. 2) kann auch vor dem erstmaligen Arbeitgeberabruf nach den Grundsätzen der Tz. III. 1 dem Lohnsteuerabzug zugrunde gelegt werden.
Nimmt das Finanzamt die Korrektur nach dem erstmaligen Abruf vor, werden dem Arbeit- geber die zutreffenden ELStAM bereitgestellt (sog. Änderungsmitteilung), die rückwirkend auf den Zeitpunkt des erstmaligen Abrufs angewendet werden können. Zur Beschleunigung der Korrektur eines unzutreffenden Lohnsteuerabzugs kann der in diesem Fall ausgestellte Ausdruck der ELStAM (Tz. V. 2) vor dem Abruf der korrigierten ELStAM nach den Grundsätzen der Tz. III. 1 dem Lohnsteuerabzug zugrunde gelegt werden.
4. Erstmaliger Einsatz des ELStAM-Verfahrens nach dem Starttermin
Nach dem Starttermin hat der Arbeitgeber oder sein Vertreter die beschäftigten Arbeitnehmer im Einführungszeitraum für den Einsatz des ELStAM-Verfahrens in der ELStAM-Datenbank anzumelden. Dazu soll der Arbeitgeber sämtliche Arbeitnehmer einer lohnsteuerlichen Betriebsstätte zeitgleich in das ELStAM-Verfahren einbeziehen. Um den Arbeitgebern den Einstieg in das ELStAM-Verfahren zu erleichtern, bestehen abweichend davon aber keine Bedenken, die Arbeitnehmer im Einführungszeitraum auch stufenweise (zu verschiedenen Zeitpunkten) in das ELStAM-Verfahren zu überführen. Wählt der Arbeitgeber diese Möglich- keit, hat er für den Lohnsteuerabzug – bezogen auf die jeweilige Betriebsstätte – sowohl die Regelungen für das Papierverfahren als auch für das ELStAM-Verfahren zu beachten.
 Seite 7  Der Arbeitgeber soll dem Arbeitnehmer den Zeitpunkt für die erstmalige Anwendung der ELStAM zeitnah mitteilen. Eine Mitteilung des erstmaligen Abrufs der ELStAM gegenüber dem Betriebsstättenfinanzamt ist nicht erforderlich. Bei der Anmeldung in der ELStAM- Datenbank hat der Arbeitgeber auch anzugeben, ob es sich um ein erstes oder ein weiteres Dienstverhältnis des Arbeitnehmers handelt. Diese Angaben sind für die programmgesteuerte Bildung der Lohnsteuerklasse erforderlich.
Ein erstes Dienstverhältnis darf der Arbeitgeber während des Einführungszeitraums nur anmelden, wenn ihm für den betreffenden Arbeitnehmer – die Lohnsteuerkarte 2010 oder – eine vom Finanzamt ausgestellte Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug 2011, 2012 oder 2013 (Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013) mit einer der Steuerklassen I bis V vorliegt oder wenn – er im Rahmen der Vereinfachungsregelung für Auszubildende (§ 52b Absatz 4 EStG) den Lohnsteuerabzug ohne Vorlage einer Lohnsteuerkarte 2010 oder einer Ersatz- bescheinigung nach der Steuerklasse I vorgenommen hat oder – er die Lohnsteuerabzugsmerkmale der Lohnsteuerkarte 2010 nach § 52b Absatz 1 Satz 5 EStG aufgrund einer Erklärung des Arbeitnehmers weiter angewendet hat (§ 52b Absatz 5 Satz 5 EStG). Diese Grundsätze gelten – mit Ausnahme der Fälle des § 52b Absatz 1 Satz 5 EStG (Anwen- dung der Lohnsteuerabzugsmerkmale 2010 ohne Lohnsteuerkarte 2010) – auch bei Begrün- dung eines neuen Dienstverhältnisses im Einführungszeitraum. Für unbeschränkt einkom- mensteuerpflichtige ledige Arbeitnehmer, die im Einführungszeitraum nach Einstieg des Arbeitgebers in das ELStAM-Verfahren ein Ausbildungsverhältnis als erstes Dienstverhältnis beginnen, kann der Arbeitgeber ein erstes Dienstverhältnis ohne Vorlage einer Lohnsteuer- karte 2010 oder einer Ersatzbescheinigung anmelden, wenn der Auszubildende seinem Arbeitgeber dies entsprechend schriftlich bestätigt.
5. ELStAM bei verschiedenen Lohnarten
Auch wenn der Arbeitgeber verschiedenartige Bezüge zahlt, sind diese aufgrund des Grund- satzes eines einheitlichen Dienstverhältnisses zu einem Arbeitgeber zusammenzurechnen. In den folgenden Fällen handelt es sich um ein einheitliches Dienstverhältnis, so dass die Lohn- steuer für die Bezüge einheitlich und nach denselben ELStAM zu erheben ist. Der Abruf von ELStAM für ein zweites Dienstverhältnis des Arbeitnehmers durch denselben Arbeitgeber ist nicht möglich.
Beispiele für die Zahlung verschiedenartiger Bezüge:
 Seite 8  • Ein Arbeitnehmer erhält vom Arbeitgeber neben einer Betriebsrente noch Arbeitslohn für ein aktives Dienstverhältnis; die Lohnsteuer wird nicht pauschal erhoben. • Ein Arbeitnehmer erhält vom Arbeitgeber Hinterbliebenenbezüge und eigene Ver- sorgungsbezüge oder Arbeitslohn für ein aktives Dienstverhältnis. • Ein Arbeitnehmer ist in Elternzeit und arbeitet gleichwohl beim selben Arbeitgeber weiter.
Behandelt der Arbeitgeber solche Bezüge bei der Durchführung des Lohnsteuerabzugs wie Bezüge aus unterschiedlichen Dienstverhältnissen, sind für Lohnabrechnungszeiträume, die vor dem 1. Januar 2015 enden, bzw. für sonstige Bezüge, die vor dem 1. Januar 2015 zu- fließen, die vom Arbeitgeber abgerufenen ELStAM für einen der gezahlten Bezüge anzu- wenden. Für den jeweils anderen Bezug ist die Steuerklasse VI ohne weiteren Abruf von ELStAM für ein zweites Dienstverhältnis zu Grunde zu legen. Für den Lohnsteuereinbehalt von Versorgungsbezügen nach der Steuerklasse VI ist § 39b Absatz 2 Satz 5 Nummer 1 EStG zu berücksichtigen, wonach kein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag anzusetzen ist. Die Lohnsteuerbescheinigung ist entsprechend den getrennt abgerechneten Bezügen auszustellen und an die Finanzverwaltung zu übermitteln.
6. Anwendung der abgerufenen ELStAM
Nach erfolgreichem Abruf der ELStAM hat der Arbeitgeber für die angemeldeten Arbeitneh- mer die Vorschriften des ELStAM-Verfahrens (§§ 38 bis 39e EStG, Regelverfahren) anzu- wenden. Danach sind die vom Arbeitgeber oder seinem Vertreter abgerufenen ELStAM grundsätzlich für die nächste auf den Abrufzeitpunkt folgende Lohnabrechnung anzuwenden und im Lohnkonto aufzuzeichnen (§§ 52b Absatz 5 Satz 3, 41 Absatz 1 Satz 2 EStG; Ausnahme vgl. Tz. III. 7).
Eine erneute Anwendung der Lohnsteuerabzugsmerkmale nach der Lohnsteuerkarte 2010 und den vom Finanzamt ausgestellten Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013 und der weiteren unter Tz. III. 1 genannten Papierbescheinigungen ist grundsätzlich nicht mehr möglich (§ 52b Absatz 5a Satz 1 und 2 EStG; Ausnahme vgl. Tz. III. 7). Dieser Grundsatz ist auch dann zu beachten, wenn ein späterer Abruf oder eine spätere Anwendung der ELStAM aufgrund technischer Störungen nicht möglich ist. In diesen Fällen sind die Regelungen des § 39c EStG (Einbehaltung der Lohnsteuer ohne Lohnsteuerabzugsmerkmale) anzuwenden.
Scheitert allerdings der erstmalige Abruf der ELStAM während des Einführungszeitraums aufgrund technischer Probleme, kann der Arbeitgeber bis zum vorletzten Lohnzahlungszeit- raum des Einführungszeitraums weiterhin das Papierverfahren und die Regelungen des § 52b EStG anwenden.
Weichen die erstmals abgerufenen ELStAM von den auf der Lohnsteuerkarte 2010, einer vom Finanzamt ausgestellten Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013 und den weiteren unter Tz. III. 1 genannten Papierbescheinigungen eingetragenen bzw. im Lohnkonto aufgezeich- neten Lohnsteuerabzugsmerkmalen ab, besteht für den Arbeitgeber weder eine Korrektur- pflicht nach § 41c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG noch eine Anzeigepflicht nach § 41c Absatz 4 i. V. m. Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG, da er bei Berücksichtigung der vom Arbeitnehmer vorgelegten Lohnsteuerkarte 2010, der vom Finanzamt ausgestellten Ersatz- bescheinigung 2011, 2012, 2013 und den weiteren unter Tz. III. 1 genannten Papier- bescheinigungen vorschriftsmäßig gehandelt hat. Abweichungen können z. B. dann auftreten, wenn der Arbeitnehmer seiner Anzeigeverpflichtung im Papierverfahren bei Änderungen der Lohnsteuerabzugsmerkmale zu seinen Ungunsten nicht nachgekommen ist (z. B. Steuerklasse III oder II anstatt I).
7. Verzicht auf sofortige Anwendung der abgerufenen ELStAM
Nichtanwendung der erstmals abgerufenen ELStAM Abweichend von Tz. III. 6 kann der Arbeitgeber nach § 52b Absatz 5a Satz 7 EStG auf eine sofortige Anwendung der im Einführungszeitraum erstmals abgerufenen ELStAM einmalig verzichten. Statt dessen kann er den Lohnsteuerabzug für die Dauer von bis zu sechs Kalendermonaten weiter nach den Merkmalen der Lohnsteuerkarte 2010, einer vom Finanzamt ausgestellten Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013 und der weiteren unter Tz. III. 1 genannten Papierbescheinigungen bzw. nach den im Lohnkonto aufgezeichneten Lohnsteuerabzugsmerkmalen durchführen. Der 6-Monats-Zeitraum gilt auch dann, wenn dieser über das Ende des Einführungszeitraums (31. Dezember 2013) hinausreicht.
Für eine verzögerte Anwendung der erstmals abgerufenen ELStAM ist die Zustimmung des Arbeitnehmers erforderlich. Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, solch eine betriebsinterne Abstimmung lohnsteuerlich zu dokumentieren; es sind keine Aufzeichnungen im Lohnkonto erforderlich.
In diesem 6-Monats-Zeitraum kann der Arbeitgeber insbesondere die Funktionsfähigkeit der eingesetzten Lohnabrechnungsprogramme absichern. Ferner ermöglicht diese Regelung, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die abgerufenen ELStAM zur Überprüfung vorab mitteilt. Hierfür – aber auch für eine spätere Prüfung der ELStAM – stellt die Finanzverwaltung einen Vordruck (Vordruck „Bescheinigung zur Überprüfung der elektronischen Lohnsteuerabzugs- merkmale (ELStAM)“) im Internetangebot der obersten Finanzbehörden der Länder und in einer Formulardatenbank der Bundesfinanzverwaltung unter der Internetadresse https://www.formulare-bfinv.de in der Rubrik Formularcenter/Formularkatalog/Steuerformulare/Lohnsteuer zur Einsicht und zum Abruf bereit.
 Nichtanwendung der erstmals abgerufenen ELStAM nach erstmaligem Lohnsteuerabzug Der Arbeitgeber kann ferner nach § 52b Absatz 5a Satz 7 und 8 EStG und abweichend von Tz. III. 6 auf freiwilliger Basis und mit Zustimmung des Arbeitnehmers den Lohnsteuerabzug nach den Merkmalen der Lohnsteuerkarte 2010 oder einer vom Finanzamt ausgestellten Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013 und der weiteren unter Tz. III. 1 genannten Papier- bescheinigungen bzw. nach den im Lohnkonto aufgezeichneten Lohnsteuerabzugsmerkmalen für die Dauer von bis zu sechs Kalendermonaten durchführen, wenn die erstmalige Anwendung der im Einführungszeitraum erstmals abgerufenen ELStAM zu einem vom bisherigen Verfahren abweichenden Lohnsteuerabzug führt. In diesem Zeitraum kann der Arbeitnehmer mit dem Finanzamt die Abweichungen der ELStAM von den bislang berücksichtigten Lohnsteuerabzugsmerkmalen aufklären. Auch hierzu kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Abweichungen zwischen den im Lohnkonto aufgezeichneten Lohnsteuerabzugsmerkmalen und den ELStAM durch den Vordruck „Bescheinigung zur Überprüfung der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM)“ mitteilen.
Der 6-Monats-Zeitraum gilt auch dann, wenn dieser über das Ende des Einführungszeitraums (31. Dezember 2013) hinausreicht.
Lohnsteuerabzug nach Korrektur der ELStAM bzw. nach Ablauf des 6-Monats-Zeitraums Nach Vorlage der Besonderen Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug (z. B. bei unzu- treffenden Meldedaten) durch den Arbeitnehmer oder nach Eingang einer sog. Änderungs- mitteilung zum Abruf der vom Finanzamt korrigierten ELStAM hat der Arbeitgeber diese Merkmale entsprechend Tz. III. 2 bzw. III. 3 anzuwenden. Spätestens nach Ablauf des 6-Monats-Zeitraums hat der Arbeitgeber die (erstmals) abgerufenen ELStAM anzuwenden, wenn der Arbeitnehmer keine Besondere Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug vorgelegt hat oder keine sog. Änderungsmitteilung zum Abruf der vom Finanzamt korrigierten ELStAM eingeht, z. B. weil die (erstmals) bereitgestellten ELStAM zutreffend sind.
Keine Rückrechnungsverpflichtung des Arbeitgebers Wendet der Arbeitgeber die Regelungen des § 52b Absatz 5a Satz 7 und 8 EStG an, besteht für ihn weder eine Rückrechnungs-/Korrekturpflicht noch eine Anzeigeverpflichtung für den 6-Monats-Zeitraum bzw. auf den 1. Januar 2013 (vgl. Tz. III. 6).
8. Beendigung des Dienstverhältnisses bei Anwendung des ELStAM-Verfahrens
Hat der Arbeitgeber die ELStAM des Arbeitnehmers bereits angewendet, hat der Arbeitgeber den Tag der Beendigung des Dienstverhältnisses (z. B. in Fällen des Arbeitgeberwechsels) der Finanzverwaltung unverzüglich mitzuteilen (sog. Abmeldung, § 39e Absatz 4 Satz 5 EStG). Eine solche elektronische Abmeldung ist auch dann erforderlich, wenn das Finanzamt den Arbeitgeberabruf gesperrt hat (vgl. Tz. III. 2).
9. Entgegennahme und Aufbewahrung der Lohnsteuerkarte 2010/Papier- bescheinigung(en)
Der Arbeitgeber hat auch im Einführungszeitraum die Lohnsteuerkarte 2010, Ersatz- bescheinigung für 2011, 2012, 2013 und die weiteren unter Tz. III. 1 genannten Papier- bescheinigungen entgegenzunehmen, aufzubewahren sowie die darauf eingetragenen Lohnsteuerabzugsmerkmale in das Lohnkonto zu übernehmen. Die so aufgezeichneten Lohnsteuerabzugsmerkmale sind dem Lohnsteuerabzug im Einführungszeitraum bis zur erstmaligen Anwendung der ELStAM für den jeweiligen Arbeitnehmer zugrunde zu legen.
Auf Anforderung hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Einführungszeitraum die vor- gelegten Bescheinigungen (Tz. III. 1) zur Änderung nicht mehr zutreffender Lohnsteuer- abzugsmerkmale durch das Finanzamt vorübergehend zu überlassen oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses vor Ablauf des Kalenderjahres 2014 innerhalb einer angemessenen Frist auszuhändigen (§ 52b Absatz 1 Satz 3 Nummer 2 und 3 EStG).
Die Lohnsteuerkarte 2010, Ersatzbescheinigung für 2011, 2012, 2013 und die weiteren unter Tz. III. 1 genannten Papierbescheinigungen dürfen erst nach Ablauf des Kalenderjahres 2014 vernichtet werden (§ 52b Absatz 1 Satz 4 EStG).
10. Härtefallregelung
Weil der Einführungszeitraum zum 31. Dezember 2013 endet, können Härtefallanträge auf Nichtteilnahme am ELStAM-Verfahren (§ 39e Absatz 7 EStG) für das Kalenderjahr 2013 frühestens mit Wirkung ab dem letzten Lohnzahlungszeitraum in 2013 gestellt werden. Bis zu diesem Zeitpunkt steht das Papierverfahren ohnehin zur Verfügung.
IV. Arbeitnehmer
Papierverfahren vor Einsatz des ELStAM-Verfahrens Bis zum erstmaligen Einsatz des ELStAM-Verfahrens im Einführungszeitraum sind für den Nachweis der Lohnsteuerabzugsmerkmale die Regelungen für die Papierbescheinigungen in Tz. III. 1 zu beachten. Die Vereinfachungsregelung für Auszubildende nach § 52b Absatz 4 EStG kann weiterhin angewandt werden (Tz. III. 4).
Sind aufgrund geänderter Lebensverhältnisse für das Kalenderjahr 2013 gegenüber den Verhältnissen des Jahres 2012 abweichende Lohnsteuerabzugsmerkmale (Freibetrag, Hinzurechnungsbetrag, Kirchensteuerabzugsmerkmal, Faktor) maßgebend, kann das Finanzamt auf Antrag des Arbeitnehmers die Lohnsteuerkarte 2010 oder die Ersatz- bescheinigung für 2011 oder 2012, 2013 berichtigen. Weicht die Eintragung der Steuerklasse oder die Zahl der Kinderfreibeträge auf der Lohnsteuerkarte 2010, der Ersatzbescheinigung 2011 oder 2012 oder der weiteren unter Tz. III. 1 genannten Papierbescheinigungen von den Verhältnissen zu Beginn des Kalenderjahres 2013 zu Gunsten des Arbeitnehmers ab oder ist die Steuerklasse II bescheinigt und entfallen die Voraussetzungen für die Berücksichtigung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende (§ 24b EStG) im Laufe des Kalenderjahres 2013, besteht auch im Jahr 2013 – wie bisher – eine Anzeigepflicht des Arbeitnehmers gegenüber dem Finanzamt (§ 52b Absatz 2 Satz 2 und 3 EStG).
Wechselt der Arbeitnehmer im Einführungszeitraum seinen Arbeitgeber, hat er sich die Lohn- steuerkarte 2010 oder die Ersatzbescheinigung 2011, 2012, 2013 sowie die weiteren unter Tz. III. 1 genannten Papierbescheinigungen vom bisherigen Arbeitgeber aushändigen zu lassen und dem neuen Arbeitgeber vorzulegen.
Lohnsteuerermäßigungsverfahren 2013 Für die Berücksichtigung von Freibeträgen nach § 39a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 und 5 bis 8 EStG ist zu beachten, dass die für die Kalenderjahre 2010, 2011 oder 2012 bescheinigten Beträge in 2013 ohne weiteren Antrag nur für den Zeitraum des Papierverfahrens bis zum Einsatz des ELStAM-Verfahrens im Einführungszeitraum gelten.
Entspricht ein für das Kalenderjahr 2010, 2011 oder 2012 eingetragener Freibetrag im Kalen- derjahr 2013 nicht mehr den tatsächlichen Verhältnissen, z. B. Minderung des Freibetrags aufgrund geringerer Fahrtkosten für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeits- stätte als Werbungskosten, ist der Arbeitnehmer zwar nicht verpflichtet, die Anpassung des Freibetrags auf den dem Arbeitgeber vorliegenden Bescheinigungen (Tz. III. 1) zu veran- lassen. Unterbleibt jedoch ein Antrag auf Herabsetzung des Freibetrags, kann dies zu Nachzahlungen im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung führen.
Sollen Freibeträge auch bei Anwendung der ELStAM durch den Arbeitgeber in 2013 (weiter) berücksichtigt werden, sind diese grundsätzlich im Rahmen des Lohnsteuerermäßigungs- verfahrens für 2013 neu zu beantragen. Entsprechendes gilt für das Faktorverfahren (§ 39f EStG), die Steuerklasse II bei volljährigen Kindern sowie für antragsgebundene Kinderzähler, sofern nicht bereits für das Kalenderjahr 2012 eine mehrjährige Berücksichtigung des Kindes beantragt worden ist. Pauschbeträge für behinderte Menschen und Hinterbliebene werden weiterhin in der Regel mehrjährig berücksichtigt.
Korrektur der ELStAM nach Einsatz des ELStAM-Verfahrens Stellt die Finanzverwaltung im Einführungszeitraum dem Arbeitgeber ELStAM bereit, die nach Auffassung des Arbeitnehmers unzutreffend sind, kann er beim Wohnsitzfinanzamt eine Berichtigung der ELStAM beantragen (vgl. Tz. III. 2 und 3). Macht der Arbeitgeber von der Regelung im § 52b Absatz 5a Satz 7 und 8 EStG (Verzicht auf sofortige Anwendung der abgerufenen ELStAM) Gebrauch, bedarf dies der Zustimmung des Arbeitnehmers (Tz. III. 7).
Zur Erleichterung der Kommunikation zwischen Arbeitnehmer und Finanzamt in Abwei- chungsfällen kann der Arbeitnehmer den Vordruck „Antrag auf Korrektur der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM)“ verwenden, der im Internetangebot der obersten Finanzbehörden der Länder und in einer Formulardatenbank der Bundesfinanzverwaltung unter der Internetadresse https://www.formulare-bfinv.de in der Rubrik Formularcenter/Formularkatalog/Steuerformulare/Lohnsteuer zur Einsicht und zum Abruf bereit steht.
Auf die Verpflichtung des Arbeitnehmers, den Arbeitgeber über die vom Finanzamt mit- geteilte Aufhebung einer Abrufsperre zu informieren, wird hingewiesen (Tz. III. 2 und V. 2).
V. Finanzamt
1. Lohnsteuerermäßigungsverfahren 2013
Sind beim Arbeitnehmer im Rahmen des Lohnsteuerermäßigungsverfahrens für das Kalen- derjahr 2013 Freibeträge zu berücksichtigen, hat das Finanzamt diese Lohnsteuerabzugs- merkmale in der ELStAM-Datenbank zu speichern. In diesen Antragsfällen ist dem Arbeitnehmer stets ein Ausdruck der ELStAM mit den ab 2013 geltenden Merkmalen zur Vorlage beim Arbeitgeber auszustellen. Gleiches gilt, wenn der Arbeitnehmer für das Kalenderjahr 2013 die Berücksichtigung eines Kinderzählers, der Steuerklasse II, eines Faktors oder einer anderen Steuerklassenkombination bei Ehegatten beantragt hat.
2. Unzutreffende ELStAM
Allgemeines Werden dem Arbeitgeber ELStAM bereitgestellt, die nach Auffassung des Arbeitnehmers unzutreffend sind, hat das Wohnsitzfinanzamt auf Antrag des Arbeitnehmers die gebildeten ELStAM zu prüfen und sie ggf. zu ändern.
Unzutreffende ELStAM und Sperrung des Arbeitgeberabrufs Entsprechen die programmgesteuert gebildeten ELStAM nicht den tatsächlichen Verhält- nissen des Arbeitnehmers und sind somit unzutreffend (z. B. wegen fehlerhafter Meldedaten), hat das Finanzamt auf Antrag des Arbeitnehmers eine Besondere Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug auszustellen (§ 52b Absatz 5a Satz 3 EStG) und den Arbeitgeberabruf zu sperren, sog. Vollsperrung (vgl. Tz. III. 2). Die Besondere Bescheinigung für den Lohnsteuer- abzug kann für das Kalenderjahr 2013 und 2014 ausgestellt werden, wobei der Faktor (§ 39f EStG) sowie Freibeträge nach § 39a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 und 5 bis 8 EStG stets nur bezogen auf ein Kalenderjahr zu bescheinigen sind.
Hat das Finanzamt ein sog. Fehlerticket erstellt, wird ihm die Korrektur der Unstimmigkeiten bzw. Fehler in der ELStAM-Datenbank mitgeteilt. Im Anschluss daran hat das Finanzamt die Sperrung aufzuheben. Erfolgte die Sperrung nach dem erstmaligen Abruf der ELStAM, erhält der Arbeitgeber automatisch eine sog. Änderungsmitteilung mit den korrigierten ELStAM. Erfolgte die Sperrung bereits vor dem erstmaligen Abruf, ist deren Aufhebung dem Arbeit- nehmer zur Information des Arbeitgebers mitzuteilen (Informationsschreiben, vgl. Tz. III. 2). In diesem Fall hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer erstmalig in der ELStAM-Datenbank anzumelden.
Lebenspartnerschaften Derzeit übermitteln die Meldebehörden lediglich die Information an die Finanzverwaltung, dass es sich bei dem Arbeitnehmer um einen Lebenspartner handelt. Neben dem Merkmal der Lebenspartnerschaft wird die Identifikationsnummer des anderen Lebenspartners derzeit noch nicht mitgeteilt. Daher ist eine programmgesteuerte Bildung der für Ehegatten möglichen Steuerklassenkombinationen für Lebenspartner im ELStAM-Verfahren noch nicht möglich.
Die Berücksichtigung der für Ehegatten möglichen Steuerklassen und Steuerklassen- kombinationen beim Lohnsteuerabzug durch den Arbeitgeber setzt in diesen Fällen einen Antrag beim zuständigen Wohnsitzfinanzamt voraus. Da diese Lohnsteuerabzugsmerkmale noch nicht automatisiert gebildet werden können, stellt das Finanzamt nach § 52b Absatz 5a Satz 3 EStG (vgl. Tz. III. 2) eine Besondere Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug aus, die der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber für die Durchführung des Lohnsteuerabzugs vorzulegen hat. Der Arbeitgeberabruf für die ELStAM ist entsprechend zu sperren.
Nach der technischen Umsetzung der programmgesteuerten Bildung von Steuerklassen- kombinationen für Lebenspartnerschaften gelten die für Ehegatten zu beachtenden Rege- lungen entsprechend. Sollen die automatisch gebildeten Steuerklassen aus Sicht der Lebens- partner nicht zur Anwendung kommen, kann eine abweichende Steuerklassenkombination beim zuständigen Finanzamt beantragt werden; Vordruck „Antrag auf Steuerklassenwechsel bei Ehegatten/Lebenspartnern“). Ein solcher Antrag gilt nicht als Änderung der Steuerklassen im Sinne des § 39 Absatz 6 Satz 3 EStG. Das Recht, einmal jährlich die Steuerklasse zu
 Seite 15  wechseln, bleibt davon unberührt (§ 39 Absatz 6 Satz 4 EStG). Ebenso gilt eine Änderung der Steuerklassen bei Wiederaufnahme der Lebenspartnerschaft nicht als Steuerklassenwechsel.
Leben die Lebenspartner dauernd getrennt, haben sie dies dem Finanzamt unverzüglich anzuzeigen (Vordruck „Erklärung zum dauernden Getrenntleben“). Dadurch wird – ungeachtet eines etwaigen Steuerklassenwechsels im Trennungsjahr – ab Beginn des darauf folgenden Jahres die Steuerklasse I gebildet.
Unzutreffende ELStAM aus anderen Gründen Betreffen die für den Arbeitnehmer bereitgestellten unzutreffenden ELStAM vom Finanzamt zu bildende Merkmale (z. B. Freibetrag aus dem Lohnsteuerermäßigungsverfahren, Steuer- klassenkombination bei Ehegatten, Beantragung der Steuerklasse II), korrigiert es auf Veran- lassung des Arbeitnehmers die ELStAM, die daraufhin dem Arbeitgeber elektronisch zum Abruf bereitgestellt werden.
Wird die Korrektur vor dem erstmaligen Abruf der ELStAM durchgeführt, z. B. im Lohn- steuerermäßigungsverfahren, werden dem Arbeitgeber die zutreffenden ELStAM beim erstmaligen Abruf bereitgestellt. Nimmt der Arbeitgeber bereits am ELStAM-Verfahren teil, erhält der Arbeitgeber die zutreffenden ELStAM mit der nächsten sog. Änderungsmitteilung bereitgestellt.
Dem Arbeitnehmer ist stets ein Ausdruck der ELStAM (ggf. mit Freibetrag) zur Vorlage beim Arbeitgeber auszuhändigen. Nimmt der Arbeitgeber noch nicht am ELStAM-Verfahren teil, hat er den Ausdruck entsprechend den Grundsätzen der Tz. III. 1 und 3 zu berücksichtigen.
3. Keine Rückforderung der Papierbescheinigungen
Das Finanzamt hat die im Rahmen des Lohnsteuerermäßigungsverfahrens 2013 ausgestellten Bescheinigungen für den Lohnsteuerabzug 2013 und der weiteren unter Tz. III. 1 genannten Papierbescheinigungen nicht zurückzufordern.
Dieses Schreiben ist ab dem 1. November 2012 anzuwenden.
Dieses Schreiben steht ab sofort für eine Übergangszeit auf den Internetseiten des Bundesministeriums der Finanzen (http://www.bundesfinanzministerium.de) unter der Rubrik – Themen – Steuern – Steuerarten – Lohnsteuer – BMF-Schreiben/Allgemeines – zur Einsicht und zum Abruf bereit. Es wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Voller Fahrtkostenabzug für „fliegendes“ Personal

FG Münster, Pressemitteilung vom 01.08.2013 zum Urteil 11 K 4527/11 E vom 02.07.2013

Der 11. Senat des Finanzgerichts Münster hat in einem am 01.08.2013 veröffentlichten Urteil vom 2. Juli 2013 (Az. 11 K 4527/11 E) entschieden, dass bei einer Flugbegleiterin der Werbungskostenabzug für Fahrten zwischen Wohnung und Einsatzflughafen nicht auf die sog. Entfernungspauschale von 0,30 Euro pro Entfernungskilometer begrenzt ist, sondern Werbungskosten in Höhe der tatsächlichen Fahrtkosten zu berücksichtigen sind. Die Entscheidung dürfte – ungeachtet der ab 2014 geltenden gesetzlichen Neuregelung des Reisekostenrechts – für eine Vielzahl von Steuerpflichtigen relevant sein.

Die Klägerin war als Kabinenchefin für eine Fluggesellschaft tätig. Sie hatte in ihrer Einkommensteuererklärung 2010 für die Fahrten von ihrem Wohnort zum Einsatzflughafen in Frankfurt Werbungskosten in Höhe der sog. Entfernungspauschale geltend gemacht. Außerdem hatte sie den Abzug von Aufwendungen für ihr häusliches Arbeitszimmer begehrt. Das Finanzamt erkannte die Fahrtkosten, nicht aber die Aufwendungen für das Arbeitszimmer an. Im Laufe des finanzgerichtlichen Klageverfahrens, das die Klägerin zunächst allein wegen des streitigen Arbeitszimmers angestrengt hatte, beantragte sie die Berücksichtigung von Fahrtkosten in Höhe von 0,30 Euro pro tatsächlich gefahrenem Kilometer. Sie war der Meinung, dass ihr – folge man der neuesten, geänderten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes – der volle Fahrtkostenabzug zustehe, weil sie keine regelmäßige Arbeitsstätte habe.

Der 11. Senat des Finanzgerichts Münster gab der Klägerin Recht – sowohl in Bezug auf die Fahrtkosten als auch die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer. Der Senat stellte klar, dass die gesetzlich vorgesehene Beschränkung des Werbungskostenabzuges auf die sog. Entfernungspauschale (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG) lediglich Fahrten zwischen Wohnort und „regelmäßiger Arbeitsstätte“ erfasse. „Regelmäßige Arbeitsstätte“ sei nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes jedoch nur noch der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers. Es genüge nicht mehr, dass der Arbeitnehmer den Betrieb seines Arbeitgebers mit einer gewissen Nachhaltigkeit aufsuche. Erforderlich sei vielmehr auch, dass der qualitative Schwerpunkt der Tätigkeit des Arbeitnehmers dort liege. Die Klägerin sei jedoch schwerpunktmäßig nicht im Flughafen in Frankfurt, sondern im Flugzeug tätig. Sie übe somit eine sog. Auswärtstätigkeit aus und könne daher Fahrtkosten in Höhe von 0,30 Euro pro tatsächlich gefahrenem Kilometer in Abzug bringen.

Erfolgreich war die Klägerin auch in Bezug auf die Kosten für das häusliche Arbeitszimmer in Höhe von 1.250 Euro. Diese hatte das Finanzamt nicht anerkannt, weil die Klägerin nicht nachgewiesen habe, dass ihr kein „anderer Arbeitsplatz“ im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG zur Verfügung stehe. Auch dies sah der 11. Senat des Finanzgerichts Münster anders. Er war davon überzeugt, dass der Klägerin kein „anderer Arbeitsplatz“ für die von ihr zu erledigenden Arbeiten zur Verfügung gestanden habe. Insbesondere der im Rahmen der Flugvorbereitung genutzte, lediglich mit allgemeinen Sitzgelegenheiten und einem kleinen fahrbaren Tisch ausgestattete sog. Briefing-Raum sei kein „anderer Arbeitsplatz“.

Das Gericht hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Quelle: FG Münster

Abgrenzung Werkvertrag oder unzulässige Arbeitnehmerüberlassung

Abgrenzung Werkvertrag oder unzulässige Arbeitnehmerüberlassung

Kernfrage
Die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung, also das Verleihen von Arbeitnehmern, war seit je her genehmigungspflichtig. Seit Ende 2011 haben sich die Zulässigkeitsvoraussetzungen noch verschärft. Gleichzeitig ist das Umgehen einer Arbeitnehmerüberlassung durch den Abschluss von Werkverträgen, nicht zuletzt um Lohnkosten zu senken, ein häufiges Mittel, das in letzter Zeit regelmäßig medial thematisiert worden ist. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hatte jetzt über die Abgrenzung zwischen einem zulässigen Werkvertrag und einer unzulässigen, weil ohne Genehmigung ausgeübten, Arbeitnehmerüberlassung zu entscheiden.

Sachverhalt
Die Klägerin war bei einem Unternehmen beschäftigt, das seinerseits mit einem Schlachthof einen Werkvertrag geschlossen hatte, nach der das Unternehmen für den Schlachthof Verpackungsleistungen erbrachte. Dabei erhielt die Klägerin von ihrem Arbeitgeber einen Lohn der um ein Drittel niedriger lag, als der Lohn der Verpackungsmitarbeiter des Schlachthofs. Mit ihrer Klage machte sie Ansprüche auf Zahlung des Lohns der Schlachthofmitarbeiter geltend. Ihre Klage begründete sie damit, dass der Schlachthof durch seine Mitarbeiter bestimmt habe, wie ihre Arbeit eingeteilt werde, welche Arbeiten sie zu verrichten habe und auch im Übrigen ihr gegenüber weisungsberechtigt gewesen sei.

Entscheidung
Das Gericht gab der Klägerin Recht, weil kein Werkvertrag vorgelegen habe. Vielmehr lag im Verhältnis des Arbeitgebers zum Schlachthof eine Arbeitnehmerüberlassung vor. Maßgeblich für die Abgrenzung sei dabei das Weisungsrecht und die Eingliederung in den Schlachthofbetrieb. Insbesondere die Tatsache, dass die Klägerin nach dem Bedarf und auf Weisung des Schlachthofs eingesetzt worden sei, spreche dagegen, dass der Arbeitgeber der Klägerin ein eigenes Werk gegenüber dem Schlachthof geschuldet habe. Hinzu komme, dass es darüber hinaus so gewesen sei, dass der Schlachthof unmittelbare Weisungskompetenz über die Klägerin gehabt habe, was für eine Eingliederung in den Schlachthofbetrieb spreche und gegen die Annahme eines Werkvertrags, bei dem die Klägerin Weisungen von ihrem eigenen Arbeitgeber erhalten hätte.

Konsequenz
Die Entscheidung macht deutlich, dass die Abgrenzung zwischen Arbeitnehmerüberlassung und Werkvertrag nicht in den vertraglichen Abreden zwischen den Unternehmen liegt, sondern in der tatsächlichen Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses und dem täglichen Arbeitsleben. Kommt es hier zu Eingliederung bzw. zum Wechsel des Weisungsrechts, dann wird ein Werkvertrag nicht mehr anzunehmen sein.

Welche Beweiskraft hat eine Postzustellungsurkunde?

Welche Beweiskraft hat eine Postzustellungsurkunde?

Kernaussage
Die Postzustellungsurkunde begründet als öffentliche Urkunde den vollen Beweis der in ihr bezeugten Tatsachen, nämlich das Einlegen des Schriftstücks in den zum Wohn- oder Geschäftsraum gehörenden Briefkasten und dass der Postbedienstete unter der angegebenen Anschrift weder den Adressaten persönlich noch eine zur Entgegennahme einer Ersatzzustellung in Betracht kommende Person angetroffen hat. Der Gegenbeweis kann nur durch den Beweis der Unrichtigkeit der in der Zustellungsurkunde bezeugten Tatsachen geführt werden. Die Möglichkeit, dass die in der Zustellungsurkunde bezeugten Tatsachen zutreffen, genügt, um von der Richtigkeit dieser Tatsachen auszugehen.

Sachverhalt
Der Kläger war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH. Diese hatte erhebliche Steuerrückstände und geriet im Jahr 2008 in Insolvenz, weshalb das beklagte Finanzamt den Kläger mit Bescheid vom 9.1.2008 in Haftung nahm. Der Bescheid wurde per Zustellungsurkunde an die Meldeadresse des Klägers versandt. In der Zustellungsurkunde war vermerkt, dass der Postbedienstete das Schriftstück in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt hatte. Der Kläger legte am 17.7.2010 gegen den Haftungsbescheid Einspruch ein und behauptete, der Bescheid sei ihm nie zugegangen. Eine Zustellung sei zudem nicht möglich gewesen, da das Haus, in dem er wohne, über 4 Briefkästen mit identischer Namensbezeichnung verfüge. Der Postbedienstete habe somit keine ordnungsgemäße Zuordnung zwischen Briefkasten und Wohnung des Klägers vornehmen können.

Entscheidung
Das Finanzgericht wies die Klage ab. Der Haftungsbescheid ist bestandskräftig, denn er wurde dem Kläger wirksam per Zustellungsurkunde bekannt gegeben. Der Kläger hat nicht den vollen Gegenbeweis der Unrichtigkeit der Zustellungsurkunde erbracht. Insofern muss die Beweiswirkung der Zustellungsurkunde vollständig entkräftet und jede Möglichkeit der Richtigkeit der in ihr bezeugten Tatsachen ausgeschlossen sein. Lediglich Zweifel an der Richtigkeit der Zustellungsurkunde reichen nicht aus. Nach Klägervortrag bestand zumindest die Möglichkeit, dass der Postbedienstete von vorhandenen Briefkästen den richtigen Briefkasten auswählte.

Konsequenz
Die Postzustellungsurkunde hat ihre entscheidende Bedeutung in Rechtsbehelfsverfahren, denn der Zeitpunkt der Zustellung ist für die Fristberechnung entscheidend.

Übernachtung zu 7 %, Frühstück zu 19 %: kann es dabei bleiben?

Übernachtung zu 7 %, Frühstück zu 19 %: kann es dabei bleiben?

Kernaussage
Über das Steuergeschenk der Regierung an Hoteliers, in dem ab dem ab 2010 der Steuersatz für Übernachtungen auf 7 % gesenkt wurde, wurde viel diskutiert. Nicht thematisiert wurde dabei, ob die Regelung überhaupt rechtskonform ist, sofern es die Beibehaltung des Regelsteuersatzes für das mit der Übernachtung in Verbindung stehende Frühstück betrifft. Anfängliche Zweifel wurden mit Einführung der Regelung seitens des Bundesfinanzministeriums (BMF) als unzutreffend abgetan. Ein Urteil des Finanzgerichts (FG) Münster hat die Frage, wenn auch in anderem Zusammenhang, nun wieder aufgegriffen.

Sachverhalt
Ein Reiseveranstalter, der spätere Kläger, bot Pauschalreisepakete für Reisen ins EU-Ausland an, die neben der Unterbringung auch die Verpflegung der Reisenden umfasste. Strittig war, ob die Verpflegung, soweit sie an Unternehmer erbracht wurde, in Deutschland steuerbar war. Der Kläger qualifizierte die Verpflegung als unselbständige Nebenleistung zur Unterbringung. Sie war demnach am Belegenheitsort des jeweiligen Hotels steuerbar, also nicht in Deutschland. Das Finanzamt hingegen sah in der Verpflegung eine selbständige Leistung, die im Inland zu versteuern ist. Hiergegen wandte sich der Kläger.

Entscheidung
Das FG Münster teilt die Ansicht des Klägers, dass die Verpflegung als Nebenleistung zur Unterbringung nicht in Deutschland steuerbar ist.

Konsequenz
Das FG folgt einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH), dass vom BMF mit einem Nichtanwendungserlass belegt worden war. Das FG sieht angesichts des vorliegenden Urteils des BFH zurecht auch keinen Anlass, die Revision zuzulassen. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass das Urteil lediglich die Frage der Besteuerung in Deutschland betraf. Wird dies verneint, weil der Umsatz im Ausland steuerbar ist, so muss in der Praxis die dortige steuerliche Erfassung geprüft werden. Ferner ist dem Urteil des BFH zufolge die Aussage, dass die Verpflegung als Nebenleistung zur Unterbringung zu qualifizieren ist, nicht nur auf Reiseveranstalter beschränkt; sie betrifft z. B. auch Hoteliers. Da Nebenleistungen umsatzsteuerlich das Schicksal der Hauptleistung teilen, muss sich nicht nur der Ort der Besteuerung der Verpflegung an der Hauptleistung orientieren, sondern auch der Steuersatz. Es ist daher fraglich, ob der Steuersatz von 19 % insbesondere für das Frühstück im Hotel aufrecht erhalten werden kann. Die nun zu erwartende Diskussion und möglichen Gerichtsverfahren hätten vermieden werden können, wenn auf diese wenig sinnvolle Ausnahmeregelung verzichtet worden wäre.

Umsatzsteuerliche Organschaft und Insolvenz

Umsatzsteuerliche Organschaft und Insolvenz

Kernaussage
Ist eine Kapitalgesellschaft wirtschaftlich, finanziell und organisatorisch in ein anderes Unternehmen eingegliedert (Organschaft), verliert die Kapitalgesellschaft (Organgesellschaft) umsatzsteuerlich ihre Selbständigkeit. Die Abführung der Umsatzsteuer aus Umsätzen der Organgesellschaft obliegt dem Organträger. Die Insolvenz des Organträgers oder der Organgesellschaft kann zur Beendigung der Organschaft führen.

Neue Verwaltungsanweisung
Die Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt a. M. stellt in einer aktuellen Verfügung die Rechtsfolgen der Insolvenz im Hinblick auf die Organschaft dar. So ist für den Fortbestand der Organschaft nicht nur entscheidend, über welche Gesellschaft (Organträger oder -gesellschaft) das Insolvenzverfahren eröffnet wird, sondern auch die Form der Bestellung des Insolvenzverwalters (starker oder schwacher vorläufiger Insolvenzverwalter). Ergibt sich hieraus eine Beendigung der Organschaft, so bedarf es der korrekten Zurechnung der Umsätze und der entstandenen Vorsteuerbeträge zum bisherigen Organträger bzw. zur ehemaligen Organgesellschaft. Entscheidend ist hier der Zeitpunkt der Leistungserbringung. Die Verfügung gibt hierzu ausführliche Beispiele.

Konsequenzen
Die Verfügung bietet sich als Lektüre für von der Insolvenz betroffene Unternehmen und deren Berater an, ebenso für Insolvenzverwalter selbst.

BMF duldet günstigere Bewertungsmethode für Sachbezüge

BMF duldet günstigere Bewertungsmethode für Sachbezüge

Kernproblem
Bezieht ein Arbeitnehmer Einnahmen, die nicht in Geld bestehen (sog. Sachbezüge), sind diese vom Arbeitgeber zu bewerten und unterliegen der Lohnsteuer. Dabei gelten 2 Bewertungsmethoden: Gehören die gewährten Vorteile zur typischen Liefer- oder Leistungspalette des Arbeitgebers (z. B. das Brötchen beim Bäcker), dann greifen zu Gunsten des Arbeitnehmers ein Bewertungsabschlag von 4 % und zusätzlich ein Rabattfreibetrag von jährlich 1.080 EUR. Grundlage dafür ist allerdings nicht der günstigste Marktpreis, sondern der Preis, zu dem der Arbeitgeber die Waren oder Dienstleistungen seinen Kunden allgemein anbietet. Das war bisher der ausgezeichnete Preis. Dagegen richtet sich die zweite Bewertungsmethode nach den um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreis am Abgabeort. Das ist der günstigste Preis am Markt und kann auch allgemein zugängliche Internetangebote einbeziehen. Das Finanzamt will im Fall von Personalrabatten nur die erstgenannte Methode anwenden, obwohl das trotz Bewertungsabschlag und Freibetrag ungünstiger sein kann. Dem hat der Bundesfinanzhof (BFH) jedoch widersprochen.

BMF-Schreiben nach Änderung der Rechtsprechung
Der BFH hat seine Rechtsprechung im vergangenen Jahr weiterentwickelt. Wesentlich ist, dass sich der Preis bei der Bewertung von Personalrabatten nach dem am Ende von Verkaufsverhandlungen stehenden letzten Angebot richtet. Damit sind auch übliche Rabatte abzuziehen. Alternativ lässt jetzt auch endlich das Bundesfinanzministerium (BMF) in seinem neuen Erlass eine günstigere Bewertung mit dem Marktpreis zu. Aber was bedeutet das in der Praxis? Der Arbeitgeber kann das bisherige Bewertungsverfahren beibehalten und berücksichtigt zudem seine üblichen Rabatte. Der Arbeitnehmer kann dann im Veranlagungsverfahren einen günstigeren Marktpreis nachweisen und den bisher versteuerten Arbeitslohn korrigieren. Natürlich kann diese Arbeit bereits der Arbeitgeber beim Lohnsteuerabzug übernehmen und den Nachweis als Beleg zum Lohnkonto nehmen.

Beispiel des BMF
Ein Möbelhändler, der seinen Kunden üblicherweise 10 % Rabatt einräumt, verkauft an einen Arbeitnehmer im Januar einen Schrank und im Februar eine Couch für je 3.000 EUR. Die Möbel sind mit je 5.000 EUR ausgezeichnet. Der Händler kann vom Preis nach Rabatt von je 4.500 EUR den Bewertungsabschlag von 4 % abziehen und kommt damit auf 4.320 EUR, so dass der Vorteil 1.320 EUR beträgt. Nach Abzug des Freibetrags ist ein Arbeitslohn von 240 EUR (Schrank) und 1.320 EUR (Couch) zu versteuern. Kann der Arbeitnehmer im Veranlagungsverfahren den Couchpreis eines anderen Händlers für 4.000 EUR nachweisen (z. B. aus dem Internet, aber zeitgleich mit dem Kauf), ist eine Kürzung des Arbeitslohns um 320 EUR möglich.

Zeitliche Anwendung
Die günstigere Regelung kann in allen offenen Fällen angewendet werde.

Anspruch auf Einsicht in Geschäftsunterlagen ist nicht pfändbar

Anspruch auf Einsicht in Geschäftsunterlagen ist nicht pfändbar

Kernaussage
Jedem einzelnen Gesellschafter, der in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste eingetragen ist, steht ein gesetzliches umfassendes Informationsrecht auf Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft und Einsicht in ihre Unterlagen zu. Das Recht ist untrennbar mit der Gesellschafterstellung verbunden und ist nicht pfändbar.

Sachverhalt
Der Gläubiger hat die Geschäftsanteile des Schuldners an einer GmbH sowie die damit zusammenhängenden Ansprüche auf Erteilung von Auskunft über die Angelegenheiten der GmbH und Einsicht in die Bücher und Abschriften gepfändet. Gegen den Pfändungsbeschluss hat sich der Schuldner mittels des Rechtsbehelfs der so genannten Erinnerung gewehrt, soweit die Informationsrechte betroffen waren. Das Amtsgericht wies den Rechtsbehelf zunächst zurück. Der Bundesgerichtshof (BGH) gab schließlich dem Schuldner Recht.

Entscheidung
Die Auskunfts- und Einsichtsrechte des Schuldners gegen die GmbH sind nicht zusammen mit dem Geschäftsanteil mit gepfändet. Grundsätzlich erstreckt sich die Pfändung auch auf alle Nebenrechte, die im Falle der Abtretung mit auf den neuen Gläubiger übergehen. Die Informationsrechte sind allerdings nicht derartige Nebenrechte und nicht pfändbar. Sie sind Ausfluss der Gesellschafterstellung und mit dieser untrennbar verbunden. Zudem kann dahinstehen, ob und in welchem Umfang die Ausübung des Informationsrechts einem anderen überlassen werden kann, denn auch hieraus ergibt sich keine Pfändbarkeit. Das Informationsrecht ist prinzipiell unbeschränkt; es findet seine Grenze erst in einer nicht zweckentsprechenden Wahrnehmung. Zudem ergibt sich als Ausfluss der gesellschaftlichen Treuepflicht eine verstärkte Verschwiegenheitsverpflichtung des Gesellschafters, die die Weitergabe von Informationen zu gesellschaftsfremden Zwecken oder an gesellschaftsfremde Dritte untersagt.

Konsequenz
Das Urteil ist zum Schutze der Gesellschaft zu begrüßen. Jedoch zeigt sich deutlich, dass Eintritts- oder Einziehungsklauseln im Gesellschaftsvertrag aufgenommen werden sollten. Damit können die übrigen Gesellschafter durch Übernahme oder Einziehung des (gepfändeten) Geschäftsanteils das Eindringen eines Dritten in den Gesellschafterkreis verhindern.

Anspruch des Insolvenzverwalters gegen das Finanzamt auf Erteilung von Konto-Auszügen für den Schuldner

Anspruch des Insolvenzverwalters gegen das Finanzamt auf Erteilung von Konto-Auszügen für den Schuldner

Kernaussage
Ein Insolvenzverwalter, der im Besteuerungsverfahren vom Finanzamt einen Kontoauszug für den Insolvenzschuldner verlangt, hat lediglich einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung. Dies hat kürzlich der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden.

Sachverhalt
Kläger war der Insolvenzverwalter über das Vermögen eines Rechtsanwalts, dem Ende 2005 die Zulassung entzogen worden war. Mitte 2006 meldete das Finanzamt Forderungen aus offenen Steuerverbindlichkeiten des Rechtsanwalts beim Kläger zur Insolvenztabelle an. Dier beantragte daraufhin beim Finanzamt die Erteilung eines Kontoauszugs, um die ordnungsgemäße Bearbeitung des Insolvenzverfahrens sicherstellen zu können. Den Antrag lehnte das Finanzamt ab und meinte, ein Insolvenzverwalter habe keinen Anspruch auf Erteilung von Übersichten oder Aktenauszügen, aus denen der Zufluss von Zahlungen an das Finanzamt ersichtlich sei. Die hiergegen gerichtet Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.

Entscheidung
Der klagende Insolvenzverwalter hat nur einen Anspruch gegen das Finanzamt auf ermessenfehlerfreie Entscheidung. Die Anspruchsgrundlage hierfür ergibt sich unmittelbar aus dem Rechtsstaatsprinzip und dem Prozessgrundrecht, denn die Abgabenordnung (AO) sieht zu Gunsten des Steuerpflichtigen weder ein Recht auf Akteneinsicht noch auf Auskunft aus den Besteuerungsakten vor. Im Streitfall kam auch ein Anspruch auf Informationserteilung aus einem Landesgesetz nicht in Betracht, weil ein solches nicht existierte. Voraussetzung für die Auskunftserteilung ist, dass der Insolvenzverwalter ein berechtigtes Interesse darlegt und dass keine Gründe gegen die Auskunftserteilung sprechen. Das Finanzamt wird danach die begehrte Auskunft erteilen, wenn der Insolvenzverwalter substantiiert darlegt, dass die Auskunft zur Erfüllung der steuerlichen Pflichten des Insolvenzschuldners oder zur Prüfung der vom Finanzamt angemeldeten Insolvenzforderungen erforderlich ist. Daran fehlte es jedoch im Streitfall.

Konsequenz
Es reicht insbesondere nicht aus, wenn der Insolvenzverwalter die Auskunft im Hinblick auf die ordnungsgemäße Bearbeitung des Insolvenzverfahrens beantragt. Zwar muss der Insolvenzverwalter auch prüfen, ob er die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Gemeinschuldner an das Finanzamt geleisteten Zahlungen anfechten und im Interesse der Insolvenzgläubiger zurückfordern kann. Zu diesem Zweck muss ihm das Finanzamt aber keine Auskunft erteilen.

Anpassung von Genussscheinbedingungen nach EAV-Abschluss

Anpassung von Genussscheinbedingungen nach EAV-Abschluss

Kernaussage
Bei den Genussrechten handelt sich um ein gesetzlich nicht geregeltes Wertpapier. Die konkrete Ausgestaltung variiert daher. Enthalten die Genussscheinbedingungen keine Regelung für den Fall, dass das emittierende Unternehmen als abhängige Gesellschaft einen Gewinnabführungsvertrag abschließt, sind die Ausgabebedingungen der Genussscheine ergänzend auszulegen und anzupassen.

Sachverhalt
Die Parteien streiten um die Bedienung von Genussscheinen nach Abschluss eines Gewinnabführungsvertrages. Die Klägerin ist Eigentümerin von 22 Genussscheinen der Beklagten. Diese hatten eine Laufzeit bis zum 31.12.2012. In den Genussscheinbedingungen wird u. a. geregelt, dass die Inhaber eine dem Gewinnanteil der Aktionäre vorgehende jährliche Ausschüttung aus dem Bilanzgewinn erhalten. Durch die Ausschüttung darf aber kein Bilanzverlust entstehen. Ferner nehmen die Inhaber am laufenden Verlust in voller Höhe teil. Im Zusammenhang mit einer Verschmelzung schloss die Beklagte einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag ab. Die außenstehenden Aktionäre der Beklagten erhielten deshalb einen Ausgleich und eine Abfindung je Stückaktie. Im Jahr 2009 entstand für die Beklagte ein fiktiver Jahresfehlbetrag, der allerdings durch Erträge aus Verlustübernahmen aufgrund des Gewinnabführungsvertrags ausgeglichen wurde. Zahlungen auf die Genussscheine leistete die Beklagte daher nicht. Außerdem kürzte sie die Rückzahlungsansprüche der Genussscheininhaber. Die hiergegen gerichtete Klage hielt der Bundesgerichtshof (BGH) für begründet.

Entscheidung
Infolge des von der Beklagten abgeschlossenen Gewinnabführungsvertrages ist die Klägerin als Genussscheinberechtigte in ähnlicher Weise schutzbedürftig wie ein außenstehender Aktionär. Enthalten die Genussscheinbedingungen keine Regelung für den Fall des Abschlusses eines Gewinnabführungsvertrages, so sind sie entsprechend anzupassen. Die ergänzende Vertragsauslegung hat konkret so auszusehen, dass auf die Genussscheine die vollen ursprünglich vorgesehenen Ausschüttungen erbracht werden müssen, unabhängig von der künftigen Ertragslage. Die Rückzahlungsansprüche dürfen nicht herabgesetzt werden, sofern die Prognose hinsichtlich der Ertragsentwicklung der Gesellschaft bei Abschluss des Gewinnabführungsvertrages entsprechend positiv war.

Konsequenz
Es empfiehlt sich, bereits bei der Ausgabe von Genussscheinen vertraglich zu regeln, wie im Falle des Abschlusses von Unternehmensverträgen zu verfahren ist.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin