Einkommensteuerbescheid für Erblasser: Nichtigkeit bei unzutreffender Bezeichnung des Rechtsnachfolgers

Einkommensteuerbescheid für Erblasser: Nichtigkeit bei unzutreffender Bezeichnung des Rechtsnachfolgers

Kernaussage
Steuerbescheide müssen, um wirksam zu werden, gegenüber dem zutreffenden Steuerpflichtigen bekanntgegeben werden. Bestandteil des Steuerbescheides ist damit die zutreffende Bezeichnung des Empfängers. Verstirbt der Steuerpflichtige, sind Steuerbescheide, die gegenüber ihm noch zu erlassen sind, gegenüber den Rechtsnachfolgern (= die Erben) mit Rechtsnachfolgezusatz bekannt zu geben. Das Finanzgericht Münster hatte jetzt darüber zu entscheiden, wie die zutreffende Bezeichnung des Rechtsnachfolgers von Todes wegen zu erfolgen hat, damit der Steuerbescheid wirksam werden kann.

Sachverhalt
Im Rahmen eines Nachlassverfahrens war zunächst Nachlasspflegschaft angeordnet, weil die Erblage unbekannt war. Die Finanzverwaltung gab einen ersten Einkommensteuerbescheid für den Erblasser zunächst gegenüber dem Nachlasspfleger bekannt, der hiergegen Einspruch einlegte. Im Laufe des Einspruchsverfahrens wurde ein Erbschein erteilt. Der Erblasser war von einer Erbengemeinschaft beerbt worden. Einer der Erben gab eine Einkommensteuererklärung für den Erblasser über seine Steuerberater ab. Der andere Erbe widersprach der Einkommensteuererklärung. Schlussendlich gab die Finanzverwaltung geänderte Einkommensteuerbescheide sowohl gegenüber den Steuerberatern des einen Erben als auch gegenüber dem anderen Erben bekannt. Die Einkommensteuerbescheide wichen inhaltlich voneinander ab und benannten weder die einzelnen Mitglieder der Erbengemeinschaft noch enthielten sie einen Hinweis auf eine Gesamtschuldnerschaft der Erben. Der Kläger beantragte daraufhin die Feststellung, dass der geänderte Einkommensteuerbescheid nichtig und damit unwirksam sei.

Entscheidung
Das Finanzgericht Münster gab dem Kläger Recht. Der Steuerbescheid sei deshalb nichtig, weil er an offensichtlichen schweren Mängeln leide, die auch nicht durch Auslegung zu beheben seien. Hierfür sei insbesondere entscheidend, dass der geänderte Einkommensteuerbescheid, unabhängig davon, dass er an den falschen Empfänger gerichtet gewesen sei, nicht die Namen aller Erben bzw. aller Mitglieder der Erbengemeinschaft enthalten habe. Dies lasse keine weitergehende Auslegung des Bescheides zu. Die Entscheidung ist jedoch noch nicht rechtskräftig. Das Revisionsverfahren ist beim Bundesfinanzhof anhängig.

Konsequenz
In Fällen, in denen Steuerbescheide gegenüber einem Erblasser an dessen Erben bekannt zu geben sind, bedeutet die Entscheidung aus unserer Sicht, dass diese nur dann wirksam werden können, wenn mindestens alle Erben namentlich bzw. als Mitglieder einer Erbengemeinschaft zutreffend benannt sind.

AIFM-Umsetzungsgesetz

AIFM-Umsetzungsgesetz

Kernaussage
Am 23.12.2013 wurde das AIFM-Umsetzungsgesetz (auch AIFM-Steuer-Anpassungsgesetz) im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Hierdurch wurden das Investmentsteuergesetz und verschiedene andere Steuergesetze geändert.

Gesetzeszweck
Das AIFM-Umsetzungsgesetz dient zum einen der Anpassung diverser steuerrechtlicher Regelungen – insbesondere des Investmentsteuerrechts – und außersteuerrechtlicher Normen an das Kapitalanlagegesetzbuch. Zum anderen wird mit einer Ergänzung des Investmentsteuergesetzes die Einführung eines Pension-Asset-Pooling-Vehikels in Deutschland ermöglicht. Zudem werden in diesem Gesetz verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen des Investmentsteuerrechts beseitigt.

Einzelne wichtige Änderungen
Aus steuerlicher Sicht sind insbesondere die veränderten bilanziellen Regelungen bei der Übertragung von Pensionsverpflichtungen von Bedeutung. So soll nun unterbunden werden, dass unterbewerte Pensionsverpflichtungen durch einen entgeltlichen Schuldbeitritt innerhalb von Konzernen gehoben werden und damit Abzugspotential generiert wird („Hebung stiller Lasten“). Daneben wurde das sogenannte „Goldfinger-Modell“ durch Änderungen beim Progressionsvorbehalt ausgebremst. Beim Goldfinger-Modell gründet der Steuergestalter eine Personengesellschaft im Ausland. Die ausländische Gesellschaft soll mit Gold handeln und gewerblich tätig sein. Zwischen Deutschland und dem ausländischen Staat muss ein Doppelbesteuerungsabkommen bestehen, so dass das Besteuerungsrecht der Einkünfte dem ausländischen Staat zugerechnet wird. In der Folge werden die ausländischen Einkünfte nicht in Deutschland versteuert. Sie wirken sich aber auf den deutschen Steuersatz aus (Progressionsvorbehalt). Dabei erhöhen ausländische Gewinne den Steuersatz. Ausländische Verluste senken ihn (negativer Progressionsvorbehalt). Ein hoher ausländischer Verlust kann den Steuersatz auf 0 %drücken, so dass die übrigen Einkünfte in Deutschland unversteuert bleiben. Ein hoher ausländischer Gewinn erhöht den Steuersatz aber auf maximal 45 %. Ist der eigene Steuersatz sehr hoch, wirkt sich eine weitere Steuersatzerhöhung kaum aus. Genau diesen Effekt nutzt das Goldfinger-Modell: Im ersten Jahr sorgt ein hoher ausländischer Verlust dafür, dass die deutschen Einkünfte nicht versteuert werden. Im nächsten Jahr verpufft der steuerlich nachteilige Effekt der hohen ausländischen Einkünfte.

Umfang einer SCHUFA-Auskunft

Umfang einer SCHUFA-Auskunft

Kernaussage
Ein SCHUFA-Score stellt eine Prognose über das künftige Verhalten von Personengruppen dar, die auf der Grundlage von statistisch-mathematischen Analyseverfahren berechnet wird. Es handelt sich nicht um die Bewertung der Bonität eines konkreten Verbrauchers, sondern um die Einschätzung der Kreditwürdigkeit einer Gruppe, der dieser Einzelne angehört. Die SCHUFA muss Verbrauchern keine umfassende Auskunft zur Berechnung der Score-Werte geben. Eine Auskunftsverpflichtung besteht nur darüber, welche personenbezogenen, kreditrelevanten Daten gespeichert sind und in die Berechnung mit eingeflossen sind.

Sachverhalt
Die Beklagte, die Wirtschaftsauskunftei SCHUFA, sammelt und speichert personenbezogene Daten, die für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit des Betroffenen relevant sein können. Dabei erstellt sie sogenannte Score-Werte, die aussagen sollen, mit welcher Wahrscheinlichkeit der Betroffene seine Verbindlichkeiten zukünftig erfüllen wird. Nach der gescheiterten Finanzierung eines Autokaufs wollte die Klägerin von der Beklagten erfahren, wie die Bewertung ihrer Kreditwürdigkeit zustande gekommen war und weshalb sie als nicht ausreichend kreditwürdig eingestuft wurde. Die Beklagte übersandte ihr eine Bonitätsauskunft und eine „Datenübersicht nach § 34 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)“. Dies genügte der Klägerin nicht, weshalb sie Auskunft über die Berechnung der einzelnen Score-Werte verlangte. Die Klage wurde in allen 3 Instanzen im Wesentlichen abgewiesen.

Entscheidung
Der Bundesgerichtshof (BGH) ist der Ansicht, dass die Beklagte lediglich zur Auskunft über die bei ihr gespeicherten personenbezogenen Daten verpflichtet ist, die für das Scoring verwendet werden. Diese Auskunft hat die Beklagte durch die an die Klägerin übermittelten Daten erfüllt. Sie hat der Klägerin sämtliche zu ihrer Person gespeicherten Daten sowie die an Dritte übermittelten und aktuellen Wahrscheinlichkeitswerte mitgeteilt. Ein darüber hinausgehender Auskunftsanspruch zu den Elementen des Scoringverfahrens, wie Gewichtung und Angaben zu Vergleichsgruppen, besteht nicht. Die Beklagte hat ein schutzwürdiges Interesse an der Geheimhaltung dieser Berechnungsformel.

Konsequenz
Betroffene sollten ihren Auskunftsanspruch stets geltend machen. So können die konkreten Umstände erkannt werden, die für die Ermittlung des Score-Werts relevant sind. Fehlerhafte Daten können anderenfalls erhebliche Konsequenzen für die Kreditwürdigkeit des Einzelnen haben.

Niedersächsisches Finanzgericht: Solidaritätszuschlaggesetz ist verfassungswidrig

Niedersächsisches Finanzgericht: Solidaritätszuschlaggesetz ist verfassungswidrig

Kernaussage
Das Niedersächsische Finanzgericht (FG) hält eine erneute Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bezüglich der Frage, ob das Solidaritätszuschlaggesetz 1995 (SolZG) verfassungswidrig ist, aufgrund neuer Argumente für geboten. Dasselbe Klageverfahren wurde bereits schon einmal ausgesetzt und dem BVerfG vorgelegt. Dieses hat die Richtervorlage damals als unzulässig verworfen.

Sachverhalt
Streitig ist, ob der Solidaritätszuschlag, den das Finanzamt für das Jahr 2007 beim Kläger auf rund 940 EUR festgesetzt hat auf einer verfassungsmäßigen Grundlage, dem SolZG, beruht. Da der Solidaritätszuschlag eine Ergänzungsabgabe darstellt, ist dieser nach Auffassung des Klägers nicht dauerhaft zu erheben. Das FG legte dem BVerfG mit Beschluss vom 25.11.2009 die Rechtsfrage vor, ob das SolZG gegen die Finanzverfassung und damit gegen das allgemeine Freiheitsrecht des Steuerpflichtigen verstößt. Das BVerfG hat durch eine Kammerentscheidung die Unzulässigkeit der ersten Vorlage festgestellt. Erneut versucht das FG eine Sachentscheidung des BVerfG zu erreichen.

Entscheidung
Das FG ist der Auffassung, der Solidaritätszuschlag verstoße gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz, da inländische Einkünfte sowohl untereinander (gewerbliche und nicht gewerbliche Einkünfte), als auch im Vergleich zu ausländischen Einkünften ungleich behandelt werden. So erfolgt eine (teilweise) Entlastung durch bestimmte Reduzierungen der Bemessungsgrundlagen. Die Begünstigung gewerblicher Einkünfte war vom Gesetzgeber ausdrücklich nicht gewollt. Die eingeschränkte Einbeziehung ausländischer Einkünfte wurde durch das BMF bestätigt. Zudem verweist das FG auf die Rechtsstaatlichkeit des Besteuerungseingriffs als Teil der verfassungsmäßigen Ordnung. Die Gesetzgebungs- beziehungsweise Gesetzfortführungskompetenz für den Solidaritätszuschlag sei im Streitjahr 2007 nicht mehr gegeben, sodass der Solidaritätszuschlag keine zulässige Ergänzungsabgabe darstellt. Ein Verstoß gegen das allgemeine Freiheitsrecht des Steuerpflichtigen und gegen das Rechtsstaatsprinzip wird festgestellt. Ziel einer Ergänzungsabgabe ist zudem die Deckung vorübergehender Bedarfsspitzen im Bundeshaushalt, was mit gleichzeitigen Steuersenkungen, die in den letzten Jahren mehrfach zu verzeichnen waren, unvereinbar ist.

Konsequenz
Es bleibt abzuwarten, ob das BVerfG in die Sachprüfung über die Verfassungswidrigkeit des Solidaritätszuschlaggesetzes 1995 einsteigt und die nicht von der Hand zu weisenden Argumente des FG würdigen wird.

Kosten für Erstausbildungsstudium sind nicht abziehbar

Kosten für Erstausbildungsstudium sind nicht abziehbar

Kernproblem
Nach heutiger Gesetzeslage sind die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, weder Werbungskosten noch Betriebsausgaben. Eine Ausnahme gilt nur bei einem Zusammenhang mit einem Dienstverhältnis, wie es zum Beispiel bei Beamtenanwärtern der Fall ist. Stattdessen wird bei der Einkommensteuer ein Sonderausgabenabzug gewährt, der ab dem Jahr 2012 bis zu 6.000 EUR (vorher 4.000 EUR) beträgt. Wenn jedoch im Ausbildungsjahr keine Einkünfte erzielt werden, läuft der Abzug ins Leere, während eine steuerliche Einordnung als Werbungskosten oder Betriebsausgaben die Möglichkeit ließe, einen Verlustvortrag anzusammeln. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte im Jahr 2011 in Abweichung seiner bis dahin geltenden Rechtsprechung entschieden, dass auch Kosten für ein Erststudium in voller Höhe als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar sein können. Der Gesetzgeber konterte unmittelbar danach mit einer Gesetzesänderung und stellte die alte Gesetzeslage wieder her. Eine Vielzahl ehemaliger Studenten hatte daraufhin Verlustfeststellungen beantragt, weil sie eine verfassungswidrige Rückwirkung vermuteten.

Sachverhalt
Das Musterverfahren führte ein heutiger Rechtsanwalt, der im Wesentlichen die Kosten seiner „Studentenbude“ während des Jurastudiums für die Jahre 2004 und 2005 als vorweggenommene Betriebsausgaben aus selbständiger Arbeit abziehen wollte. Nach der geänderten Rechtsprechung des BFH beantragte er im Nachhinein die Feststellung von Verlustvorträgen, weil sein Jurastudium final im Zusammenhang mit seiner inzwischen ausgeübten Berufstätigkeit als Rechtsanwalt gestanden habe. Das Finanzamt lehnte den Antrag mit dem Beistand des Finanzgerichts ab, weil es die Gesetzesänderung nur als Klarstellung ansah. Über das von dem Rechtsanwalt vorgeworfene Rückwirkungsverbot musste jetzt der BFH in der Revision entscheiden.

Entscheidung
Der VIII. Senat des BFH erachtet die Neuregelung als verfassungsgemäß. Sie verstoße weder gegen das Rückwirkungsverbot noch gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes in dessen Ausprägung durch das Prinzip der Leistungsfähigkeit und das Gebot der Folgerichtigkeit. Der Gesetzgeber habe nur das langjährige und auch bis 2011 vom BFH anerkannte grundsätzliche Abzugsverbot für Kosten der beruflichen Erstausbildung nochmals bestätigt. Ein schutzbedürftiges Vertrauen habe erst ab Veröffentlichung der Urteile im August 2011 vorliegen können, nicht aber in den Streitjahren.

Konsequenz
Es ist nicht ausgeschlossen, dass gegen die Entscheidung Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingelegt wird. Solange sollte überlegt werden, Einsprüche weiterhin offenzuhalten, zumal beim VI. Senat des BFH mehrere Verfahren in gleicher Sache anhängig sind.

BMF: Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten bei Vermietung

BMF: Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten bei Vermietung

Kernproblem
Werden Erhaltungsaufwendungen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung mittels Darlehen finanziert, sind die Schuldzinsen als Werbungskosten abzugsfähig. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte im Jahr 2005 entschieden, dass der Zusammenhang mit der Einkunftsart auch nach einer etwaigen Veräußerung des Objekts fortbestehe und die Zinsen als nachträgliche Werbungskosten abziehbar bleiben. Im Unterschied zur Rechtsprechung bei Gewinneinkunftsarten galt das auch unabhängig davon, ob der Veräußerungserlös zur Schuldentilgung ausgereicht hätte. An einer unveränderten Anwendung der Grundsätze möchte das Bundesfinanzministerium (BMF) nicht mehr festhalten, nachdem sich die Rechtsprechung des BFH durch Urteile der jüngsten Vergangenheit geändert hat. Zum Zweck der steuerlichen Gleichbehandlung hat das BMF eine neue Verwaltungsanweisung erlassen.

Neues BMF-Schreiben
Der nachträgliche Werbungskostenabzug für Schuldzinsen bei darlehensfinanzierten Erhaltungsaufwendungen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung setzt nunmehr voraus, dass nach Veräußerung des Mietobjekts der Veräußerungserlös nicht ausreicht, um die Darlehensverbindlichkeit zu tilgen. Der durch die tatsächliche Verwendung des Darlehens zur Finanzierung sofort abziehbarer Werbungskosten geschaffene Zusammenhang mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung bleibt zwar grundsätzlich nach Beendigung der Vermietungstätigkeit bestehen. Wird der Veräußerungserlös aber nicht zur Tilgung dieses Darlehens verwendet, kann eine daneben bestehende beziehungsweise neu entstehende relevante private Motivation für die Beibehaltung des Darlehens den ursprünglich gesetzten wirtschaftlichen Veranlassungszusammenhang überlagern und damit durchbrechen. Bestehen im Zusammenhang mit dem veräußerten Mietobjekt mehrere Darlehensverbindlichkeiten, ist für die steuerliche Anerkennung der Verwendung des Veräußerungserlöses zur Tilgung der Verbindlichkeiten – entsprechend der Beurteilung durch einen ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsmann – entscheidend, dass die Darlehen nach Maßgabe der konkreten Vertragssituationen marktüblich und wirtschaftlich unter Berücksichtigung der Zinskonditionen abgelöst werden.

Zeitliche Anwendung
Die neuen Rechtsgrundsätze sind erstmals anzuwenden auf entsprechende Schuldzinszahlungen, wenn das obligatorische Veräußerungsgeschäft des Mietobjekts nach dem 31.12.2013 rechtswirksam abgeschlossen ist. Wurde das obligatorische Veräußerungsgeschäft des Mietobjekts vor dem 1.1.2014 rechtswirksam abgeschlossen, bleibt das bisher angewandte Recht weiter auf entsprechende Schuldzinszahlungen anwendbar.

Auch für verheiratete Kinder gibt es Kindergeldanspruch

Auch für verheiratete Kinder gibt es Kindergeldanspruch

Kernproblem
Für volljährige Kinder steht den Eltern Kindergeld zu, wenn sich die Kinder in Berufsausbildung befinden und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Nach langjähriger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) erlosch der Kindergeldanspruch für ein volljähriges Kind grundsätzlich mit dessen Eheschließung, weil die Unterhaltsverpflichtung der Eltern infolge der Heirat und der zivilrechtlich vorrangigen Verpflichtung des Ehegatten regelmäßig entfiel. Ein Anspruch auf Kindergeld blieb nur erhalten, wenn die Einkünfte des Ehepartners für den vollständigen Unterhalt des Kindes nicht ausreichten und das Kind auch nicht über ausreichende eigene Mittel verfügte (sogenannter Mangelfall). Seit dem Jahr 2012 ist Kindergeld unabhängig von den eigenen Einkünften und Bezügen des Kindes zu gewähren. An der Rechtsauffassung der Familienkassen hat sich aber in Bezug auf verheiratete Kinder nichts geändert. Ob das rechtens ist, hat der BFH jetzt entschieden.

Sachverhalt
Im Streitjahr 2012 hatte der Vater für seine 21-jährige Tochter, die sich in Ausbildung befand, Kindergeld beantragt. Die Tochter war seit dem Vorjahr verheiratet und bezog aus ihrer Ausbildung Einkünfte von über 8.300 EUR. Der Vater hatte selbst keinen Unterhalt geleistet. Die Familienkasse lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass sich die Tochter mit ihrem eigenen Einkommen und dem Unterhaltsbeitrag des Ehemannes selbst unterhalten könne. Im Klageverfahren vor dem Finanzgericht wurde dem Vater das Kindergeld zugesprochen, weil es seit dem Jahr 2012 nicht mehr auf die Höhe des Einkommens und der Bezüge ankomme und damit auch der Unterhaltsanspruch gegen den Ehemann unerheblich sei. Die Familienkasse ging in Revision.

Entscheidung
Der BFH hat dem Vater das Kindergeld zugesprochen. Nachdem bereits im Jahr 2010 das bis dahin ungeschriebene Erfordernis einer „typischen Unterhaltssituation“ (im Fall eines Kindes in Vollzeiterwerb) durch den BFH aufgegeben wurde, könne nach Auffassung des Senats seit der Gesetzesänderung mit Wirkung ab Januar 2012 nicht mehr an der früheren Rechtsprechung festgehalten werden. Damit sei der sog. Mangelfallrechtsprechung die Grundlage entzogen. Der BFH hat durch seine Entscheidung gegen die in der zentralen Dienstanweisung für die Familienkassen niedergelegte Verwaltungsauffassung entschieden.

Konsequenz
Alle hiervon betroffenen Eltern sollten das Kindergeld rückwirkend ab Januar 2012 beantragen, soweit das verfahrensrechtlich möglich und die übrigen Voraussetzungen für die Berücksichtigung des Kindes erfüllt sind. Ein gut verdienender Ehepartner ist dabei „unschädlich“.

Aufrechnung zwischen Gehaltsansprüchen des Geschäftsführers und Haftungsansprüchen

Aufrechnung zwischen Gehaltsansprüchen des Geschäftsführers und Haftungsansprüchen

Kernaussage
Besteht vor Insolvenzeröffnung eine Aufrechnungslage zwischen rückständigen Gehaltsansprüchen des Geschäftsführers und den Ansprüchen aus der Haftung des Geschäftsführers für Zahlungen nach Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung ist diese insolvenzrechtlich nicht geschützt. Insofern greift ein Aufrechnungsverbot ein, weil der Geschäftsführer die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erworben hat.

Sachverhalt
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen einer GmbH. Er nimmt den Beklagten, der Geschäftsführer der GmbH war, auf Erstattung von Zahlungen der Schuldnerin im Monat vor Insolvenzantragstellung in Anspruch. Der Beklagte verteidigt sich dahingehend, dass die GmbH nicht zahlungsunfähig gewesen sei und er nicht schuldhaft gehandelt habe. Das Landgericht gab der Klage statt. Im Berufungsverfahren erklärte der Beklagte die Aufrechnung gegen die Klageforderung mit einem Teil seiner rückständigen Gehaltsforderungen, die in einem weiteren Verfahren durch Urteil als Insolvenzforderung rechtskräftig festgestellt wurden. Von weiterem Verteidigungsvorbringen wurde Abstand genommen. Wegen der Aufrechnung wurde die Klage nunmehr abgewiesen.

Entscheidung
Der Bundesgerichtshof (BGH) gab dem Kläger Recht. Die bestehende Aufrechnungslage ist insolvenzrechtlich nicht geschützt, weil ein Aufrechnungsverbot eingreift. Die erklärte Aufrechnung ist insolvenzrechtlich unwirksam, wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat. Vorliegend hat der Beklagte die Aufrechnungslage durch verbotene Zahlungen in der Krise der GmbH herbeigeführt, die eine Benachteiligung der Insolvenzgläubiger zur Folge hatten. Zwar führten die Zahlungen zu einem Haftungsanspruch der Schuldnerin gegen den Beklagten, zugleich ermöglichten sie aber auch die Aufrechnung, ohne die der Beklagte nur eine Insolvenzforderung hätte geltend machen können. Die Herstellung der Aufrechnungslage durch den Beklagten führte zu einer inkongruenten Deckung.

Konsequenz
Die Frage, ob der Haftungsanspruch gegen den Geschäftsführer für verbotene Zahlungen generell die Aufrechnung ausschließt, musste nicht mehr entschieden werden. Ein Geschäftsführer kann in der Insolvenz der GmbH mit seinen rückständigen Gehaltsforderungen nicht gegen die Forderungen des Insolvenzverwalters gegen ihn aufrechnen, wenn er die Aufrechnungslage durch verbotene Zahlungen herbeigeführt hat.

Geschäftsführer: Vortrag zu etwaigen stillen Reserven oder in Bilanz nicht abgebildeten Werten

Geschäftsführer: Vortrag zu etwaigen stillen Reserven oder in Bilanz nicht abgebildeten Werten

Kernaussage
Hat der Insolvenzverwalter durch Vorlage einer Handelsbilanz und den Vortrag, dass keine stillen Reserven sowie keine aus der Bilanz nicht ersichtliche Vermögenswerte vorhanden sind, die Überschuldung einer GmbH dargelegt, genügt der wegen Zahlungen nach Insolvenzreife in Anspruch genommene Geschäftsführer seiner sekundären Darlegungslast nicht, wenn er lediglich von der Handelsbilanz abweichende Werte behauptet. Der in Anspruch genommene Geschäftsführer hat vielmehr substantiiert zu etwaigen stillen Reserven oder in der Bilanz nicht abgebildeten Werten vorzutragen.

Sachverhalt
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der A-GmbH, die eine Modeboutique betrieb. Die Beklagte war Geschäftsführerin der A-GmbH. Die Bilanz der A-GmbH wies einen durch Eigenkapital nicht gedeckten Fehlbetrag aus. Nachdem die A-GmbH erstmals im August 2005 ihre Miete nicht mehr bezahlen konnte, erhöhten sich bis August 2008 die unbezahlten Mietverbindlichkeiten. Die Vermieterin kündigte daraufhin das Mietverhältnis fristlos. Der Kläger behauptet, die A-GmbH sei spätestens seit 31.12.2007 überschuldet und zahlungsunfähig gewesen und verlangt von dem Geschäftsführer Schadensersatz. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hob das Urteil auf und verwies den Rechtsstreit zurück. Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers zum Bundesgerichtshof (BGH).

Entscheidung
Der BGH hob die Vorentscheidung auf. Das Berufungsgericht hatte zu Unrecht einen Verfahrensfehler angenommen. In der Sache zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Kläger nach Vorlage der Handelsbilanz, aus der sich die Überschuldung ergab, seiner Darlegungslast durch den Vortrag genügt habe, es seien keine stillen Reserven und auch keine sonstigen aus der Handelsbilanz nicht ersichtlichen Vermögenswerte vorhanden gewesen. In dieser Situation ist es Sache des beklagten Geschäftsführers, im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast vorzutragen, welche stillen Reserven oder sonstigen für eine Überschuldungsbilanz maßgeblichen Werte in der Handelsbilanz nicht abgebildet sind. Hierzu reicht es nicht aus, lediglich von der Handelsbilanz abweichende Werte zu behaupten. Der in Anspruch genommene Geschäftsführer hat vielmehr substantiiert zu stillen Reserven oder sonstigen in der Handelsbilanz nicht abgebildeten Werten vorzutragen.

Konsequenz
Die Entscheidung zeigt in interessanter Weise die Anforderungen an die Darlegungslast bei einer bilanziellen Überschuldung.

Die spanische Steuer auf den Einzelhandelsverkauf bestimmter Mineralöle verstößt gegen das Unionsrecht

Die Wirkungen dieses Urteils sind nicht zeitlich zu beschränken, da die spanische Regierung und die Generalität de Catalunya nicht gutgläubig handelten, als sie diese Steuer während eines Zeitraums von mehr als zehn Jahren aufrechterhielten.

Die Verbrauchsteuerrichtlinie betrifft u. a. Mineralöle wie Benzin, Diesel, Heizöl und Kerosin. Sie enthält Regeln für die Erhebung von Verbrauchsteuern in der Union, durch die verhindert werden soll, dass der Handelsverkehr durch zusätzliche indirekte Steuern übermäßig behindert wird. Nach der Richtlinie können jedoch auf Mineralöle andere indirekte Steuern als die durch sie eingeführte harmonisierte Verbrauchsteuer erhoben werden, wenn zwei kumulative Voraussetzungen erfüllt sind. Zum einen müssen diese Steuern eine oder mehrere besondere Zielsetzungen verfolgen. Zum anderen müssen sie die Besteuerungsgrundsatze der Verbrauchsteuern oder der Mehrwertsteuer in Bezug auf die Besteuerungsgrundlage sowie die Berechnung, die Steuerentstehung und die steuerliche Überwachung beachten.

Spanien führte eine Steuer auf den Einzelhandelsverkauf bestimmter Mineralöle (im Folgenden: IVMDH) ein und stützte sich dabei auf die letztgenannte Möglichkeit der Richtlinie. Diese Steuer war dazu bestimmt, die neuen auf die Autonomen Gemeinschaften Spaniens im Gesundheitsbereich übertragenen Zuständigkeiten sowie mögliche Umweltausgaben zu finanzieren. Die IVMDH war in Spanien vom 1. Januar 2002 bis 31. Dezember 2012 in Kraft und wurde anschließend in die harmonisierte Verbrauchsteuer auf Mineralöle integriert.

Die Transportes Jordi Besora SL, ein im Gebiet der Autonomen Gemeinschaft Katalonien niedergelassenes Gütertransportunternehmen, zahlte als Endverbraucher einen Betrag von 45.632,38 Euro als IVMDH für die Steuerjahre 2005 bis 2008. Da diese Gesellschaft die IVMDH für mit der Richtlinie unvereinbar hielt, beantragte sie die Erstattung des genannten Betrags. In diesem Zusammenhang hat das Tribunal Superior de Justicia de Catalunya (Oberster Gerichtshof von Katalonien, Spanien) den Gerichtshof gefragt, ob die IVMDH mit der Verbrauchsteuerrichtlinie vereinbar ist.

In seinem Urteil vom 27.02.2014 stellt der Gerichtshof fest, dass die IVMDH gegen die Verbrauchsteuerrichtlinie verstößt.

Der Gerichtshof ist der Auffassung, dass eine solche Steuer keine besondere Zielsetzung im Sinne der Verbrauchsteuerrichtlinie hat. Damit eine Zielsetzung besonders ist, darf sie nicht reine Haushaltszwecke verfolgen. Im vorliegenden Fall sind die Einnahmen aus der IVMDH den Autonomen Gemeinschaften zugewiesen worden, um die Ausübung bestimmter Zuständigkeiten dieser Gemeinschaften zu finanzieren. Die Stärkung der Autonomie einer Gebietskörperschaft durch die Einräumung der Befugnis zur Steuererhebung ist aber eine rein fiskalische Zielsetzung, die als solche keine besondere Zielsetzung darstellt. Außerdem ergibt sich die Tatsache, dass die Einnahmen aus dieser Steuer nach dem nationalen Gesetz zwingend für die Finanzierung von Ausgaben im Gesundheitswesen zu verwenden sind, aus einer bloßen internen Organisationsvorschrift für den Haushalt Spaniens und genügt somit nicht, um bei der Steuer von einer besonderen Zielsetzung auszugehen. Andernfalls konnte jede Zielsetzung als besonders angesehen werden, was der durch die Richtlinie eingeführten harmonisierten Verbrauchsteuer jede praktische Wirksamkeit nähme.

Damit bei einer Steuer wie der IVMDH von einer besonderen Zielsetzung ausgegangen werden kann, muss sie, so der Gerichtshof, selbst darauf gerichtet sein, den Gesundheits- und den Umweltschutz zu gewährleisten. Dies wäre insbesondere der Fall, wenn die Einnahmen aus dieser Steuer zwingend dafür zu verwenden waren, die sozialen und die umweltbezogenen Kosten zu senken, die auf spezifische Weise mit dem Verbrauch der mit der Steuer belasteten Mineralöle zusammenhangen, so dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Verwendung der Einnahmen und der Zielsetzung der fraglichen Steuer bestünde. Die Einnahmen aus der IVMDH müssen jedoch von den Autonomen Gemeinschaften für gesundheitsbezogene Ausgaben im Allgemeinen und nicht für gesundheitsbezogene Ausgaben, die auf spezifische Weise mit dem Verbrauch der besteuerten Mineralöle zusammenhangen, verwendet werden. Solche allgemeinen Ausgaben können aber durch die Einnahmen aus jedweder Steuer finanziert werden.

Zudem sieht die spanische Regelung keinen Mechanismus vor, durch den die Verwendung der Einnahmen aus der IVMDH zu Umweltzwecken im Voraus festgelegt wurde. In diesem Fall kann bei der IVMDH nur dann davon ausgegangen werden, dass sie selbst auf die Gewährleistung des Umweltschutzes gerichtet ist, wenn diese Steuer hinsichtlich ihrer Struktur, insbesondere des Steuergegenstands und des Steuersatzes, derart gestaltet ist, dass sie die Steuerpflichtigen davon abhält, Mineralöle zu verwenden, oder die Verwendung anderer Erzeugnisse mit weniger schädlichen Auswirkungen auf die Umwelt fordert. Dies ist hier jedoch nicht der Fall.

Die Generalität de Catalunya und die spanische Regierung haben beantragt, die Wirkungen des vorliegenden Urteils zeitlich zu beschränken, falls der Gerichtshof feststellen sollte, dass die IVMDH gegen das Unionsrecht verstößt. Sie weisen insbesondere darauf hin, dass die IVMDH zu zahlreichen Verfahren geführt habe und dass die Verpflichtung zur Erstattung dieser Steuer, deren Aufkommen im Zeitraum von 2002 bis 2011 sich auf ungefähr 13 Milliarden Euro belaufen habe, die Finanzierung der öffentlichen Gesundheit in den Autonomen Gemeinschaften gefährden wurde.

Der Gerichtshof weist darauf hin, dass die zeitliche Beschränkung der Wirkungen eines Urteils nur ausnahmsweise zulässig ist, sofern zwei Kriterien erfüllt sind, nämlich guter Glaube der Betroffenen und die Gefahr schwerwiegender Störungen. Im vorliegenden Fall kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Generalität de Catalunya und die spanische Regierung gutgläubig handelten, als sie die IVMDH während eines Zeitraums von mehr als zehn Jahren aufrechterhielten. Der Gerichtshof kommt daher zu dem Ergebnis, dass die Wirkungen des Urteils nicht zeitlich zu beschränken sind. Er hat nämlich bereits im Jahr 2000 über eine Steuer mit vergleichbaren Merkmalen wie die IVMDH entschieden. Außerdem hat die Kommission den spanischen Behörden bereits im Jahr 2001 mitgeteilt, dass die Einführung einer solchen Steuer gegen das Unionsrecht verstieße. Darüber hinaus hat die Kommission im Jahr 2003 (dem auf das Inkrafttreten der IVMDH folgenden Jahr) wegen dieser Steuer ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Spanien eingeleitet.

Der Gerichtshof weist darauf hin, dass nach ständiger Rechtsprechung die finanziellen Konsequenzen, die sich aus einem im Vorabentscheidungsverfahren ergangenen Urteil für einen Mitgliedstaat ergeben konnten, für sich allein nicht die zeitliche Begrenzung der Wirkungen dieses Urteils rechtfertigen. Ware dies nicht so, wurden die schwersten Verstöße günstiger behandelt, da sie es sind, die die bedeutendsten finanziellen Auswirkungen für die Mitgliedstaaten haben können. Zudem wurde eine allein auf diese Art von Erwägungen gestutzte zeitliche Beschränkung der Wirkungen eines Urteils darauf hinauslaufen, dass der gerichtliche Schutz der Rechte, die die Steuerpflichtigen aus den Steuervorschriften der Union herleiten, wesentlich eingeschränkt wäre.

Quelle: EuGH, Pressemitteilung vom 27.02.2014 zum Urteil C-82/12 vom 27.02.2014

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin