Fahrergestellung als Lohn

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 15.5.2013, VI R 44/11

Fahrergestellung als Lohn

Leitsätze

Überlässt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte einen Fahrer, führt das dem Grunde nach zu einem lohnsteuerrechtlich erheblichen Vorteil. Der Vorteil bemisst sich grundsätzlich nach dem üblichen Endpreis am Abgabeort einer vergleichbaren von fremden Dritten erbrachten Leistung (§ 8 Abs. 2 Satz 1 EStG).

Tatbestand

1
I. Streitig ist, ob ein vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellter Dienstwagen samt Fahrer für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte als geldwerter lohnsteuerlicher Vorteil zu erfassen ist.
2
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war seit 1. Juli 2001 nichtselbständig tätig. Im Rahmen einer bei seinem Arbeitgeber durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung wurde festgestellt, dass der Kläger in den Streitjahren (2001 bis 2003) ein Dienstfahrzeug mit Fahrer zur Verfügung hatte, das er auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nutzen konnte. Auf der Grundlage eines von der Lohnsteuer-Außenprüfung als mangelhaft beurteilten Fahrtenbuches gelangte der Prüfer zu der Überzeugung, dass der Kläger an vielen Tagen direkte Fahrten zwischen seinem Wohnort in A und seiner Tätigkeitsstätte in B durchgeführt habe. Die Lohnsteuer-Außenprüfung vertrat die Auffassung, dass der Nutzungsvorteil für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nach der so genannten 0,03 %-Zuschlagsregelung anzusetzen sowie für die Vorteile aus der Fahrergestellung entsprechend R 31 Abs. 10 Nr. 2 Buchst. a der Lohnsteuer-Richtlinien in den in den Streitjahren geltenden Fassungen um 50 % zu erhöhen sei. Die Lohnsteuer-Außenprüfung nahm jeweils eine Arbeitsstätte in C (6 km Entfernung) sowie B (34 km Entfernung) an und ermittelte so anhand einer durchschnittlichen Entfernung von 20 km und Anschaffungskosten des genutzten Dienstfahrzeugs in Höhe von 67.800 DM (34.665 EUR) einen bisher vom Arbeitgeber nicht versteuerten Arbeitslohn in Höhe von 1.220,40 DM (2001) und jeweils 3.736,80 EUR (2002, 2003).
3
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) schloss sich dem an und erhöhte mit jeweils nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung geänderten Einkommensteuerbescheiden vom 30. Juni 2005 die festgesetzten Einkommensteuern der Streitjahre.
4
Nach erfolglosem Einspruch änderte das FA im Klageverfahren mit weiteren Änderungsbescheiden die Einkommensteuerfestsetzungen der Streitjahre 2002 und 2003, berücksichtigte dabei mit der Entfernungspauschale Werbungskosten in Höhe von jeweils 1.802 EUR und setzte die Einkommensteuern dementsprechend herab. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) machten dagegen weiterhin geltend, dass für die Fahrten zwischen der Wohnung und den Arbeitsstätten in B und C kein geldwerter Vorteil anzusetzen sei, weil sie zur Erfüllung der Dienstpflichten durchgeführt worden seien. Dem Kläger habe auch kein personengebundenes Fahrzeug zur Verfügung gestanden, sondern ein Fahrzeug des Fuhrparks, mit dem auch andere Dienstgeschäfte erfüllt worden seien. Die geänderten Bescheide seien dementsprechend aufzuheben.
5
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 239 veröffentlichten Gründen abgewiesen.
6
Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.
7
Sie beantragen sinngemäß,

das Urteil des FG Sachsen-Anhalt vom 19. April 2011  4 K 1690/05, den Einkommensteuerbescheid für 2001 vom 30. Juni 2005 sowie die Einkommensteuerbescheide für 2002 und für 2003 jeweils vom 30. Juni 2005 i.d.F. vom 4. Januar 2006 sowie die Einspruchsentscheidung vom 25. Oktober 2005 aufzuheben.

8
Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung). Die bisherigen Feststellungen des FG tragen nicht dessen Entscheidung, dass der Kläger mit dem ihm überlassenen Dienstwagen arbeitstäglich Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte durchgeführt hat.
10
1. Ob eine Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) vorliegt, beurteilt sich nach den Grundsätzen, die für den Werbungskostenabzug für Fahrten zwischen Wohnung und (regelmäßiger) Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG gelten (Senatsurteil vom 4. April 2008 VI R 85/04, BFHE 221, 11, BStBl II 2008, 887).
11
a) Regelmäßige Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG ist nur der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers und damit der Ort, an dem der Arbeitnehmer seine aufgrund des Dienstverhältnisses geschuldete Leistung zu erbringen hat. Dies ist im Regelfall der Betrieb oder eine Betriebsstätte des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, also fortdauernd und immer wieder aufsucht (ständige Rechtsprechung, z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 28. März 2012 VI R 48/11, BFHE 237, 82, BStBl II 2012, 926; vom 22. September 2010 VI R 54/09, BFHE 231, 127, BStBl II 2011, 354; jeweils m.w.N.).
12
b) Nach früherer Rechtsprechung des BFH konnte ein Arbeitnehmer auch mehrere regelmäßige Arbeitsstätten nebeneinander innehaben. Diese Rechtsprechung hat der Senat jedoch zwischenzeitlich aufgegeben (Urteile vom 19. Januar 2012 VI R 23/11, BFHE 236, 351, BStBl II 2012, 472; VI R 36/11, BFHE 236, 353, BStBl II 2012, 503; VI R 32/11, BFH/NV 2012, 936; vom 9. Juni 2011 VI R 36/10, BFHE 234, 160, BStBl II 2012, 36; VI R 55/10, BFHE 234, 164, BStBl II 2012, 38; VI R 58/09, BFHE 234, 155, BStBl II 2012, 34). Denn dieser ortsgebundene Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers kann nur an einem Ort liegen. Nur insoweit kann sich der Arbeitnehmer auf die immer gleichen Wege einstellen und so (etwa durch Fahrgemeinschaften, öffentliche Verkehrsmittel oder eine zielgerichtete Wohnsitznahme in der Nähe der regelmäßigen Arbeitsstätte) auf eine Minderung der Wegekosten hinwirken.
13
c) Ist der Arbeitnehmer in mehreren betrieblichen Einrichtungen des Arbeitgebers tätig, sind deshalb die Umstände des Einzelfalles zu würdigen und der ortsgebundene Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit zu bestimmen. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, welcher Tätigkeitsstätte der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber zugeordnet worden ist, welche Tätigkeit er an den verschiedenen Arbeitsstätten im Einzelnen wahrnimmt oder wahrzunehmen hat und welches konkrete Gewicht dieser Tätigkeit zukommt. Allein der Umstand, dass der Arbeitnehmer eine Tätigkeitsstätte im zeitlichen Abstand immer wieder aufsucht, reicht für die Annahme einer regelmäßigen Arbeitsstätte jedenfalls dann nicht aus, wenn der Steuerpflichtige fortdauernd und immer wieder verschiedene Betriebsstätten seines Arbeitgebers aufsucht. Der regelmäßigen Arbeitsstätte muss vielmehr hinreichend zentrale Bedeutung gegenüber den weiteren Tätigkeitsorten zukommen.
14
2. Das FG ist teilweise von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Zutreffend hat es zwar entschieden, dass unabhängig von der 1 %-Regelung die 0,03 %-Regelung dann zur Anwendung kommt, wenn das Kfz ausschließlich für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, nicht aber für eine sonstige private Nutzung überlassen wird (BFH-Urteile in BFHE 231, 127, BStBl II 2011, 354; vom 6. Oktober 2011 VI R 56/10, BFHE 235, 383, BStBl II 2012, 362). Es hat allerdings nicht beachtet, dass ein Arbeitnehmer nicht mehr als eine regelmäßige Arbeitsstätte innehaben kann, auch wenn er fortdauernd und immer wieder verschiedene Betriebsstätten seines Arbeitgebers aufsucht. Die Vorentscheidung ist daher aufzuheben. Die Sache ist allerdings nicht spruchreif. Denn die bisher getroffenen Feststellungen lassen keine Beurteilung zu, ob und gegebenenfalls wo der Kläger eine regelmäßige Arbeitsstätte innehatte und wie oft er diese mit dem Dienstwagen aufgesucht hat.
15
a) Das FG wird im zweiten Rechtsgang insbesondere aufzuklären haben, ob der Kläger überhaupt eine regelmäßige Arbeitsstätte innehatte. Dazu wird zu prüfen sein, ob und gegebenenfalls welcher der Tätigkeitsstätten des Klägers eine hinreichend zentrale Bedeutung gegenüber den weiteren Tätigkeitsorten zukommt. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, ob und welcher betrieblichen Einrichtung seines Arbeitgebers der Kläger zugeordnet war, welche Tätigkeit er an den verschiedenen Arbeitsstätten im Einzelnen wahrnahm oder wahrzunehmen hatte und welches Gewicht diesen Tätigkeiten jeweils zukam (z.B. BFH-Urteil in BFHE 234, 164, BStBl II 2012, 38).
16
b) Sollte das FG zu dem Ergebnis gelangen, dass der Kläger an einer regelmäßigen Arbeitsstätte tätig gewesen war, wird weiter zu berücksichtigen sein, dass nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats die 0,03 %-Zuschlagsregelung nur soweit zur Anwendung kommt, wie der Arbeitnehmer den Dienstwagen tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nutzt (Urteil vom 22. September 2010 VI R 57/09, BFHE 231, 139, BStBl II 2011, 359). Es wird deshalb festzustellen sein, wann der Kläger jeweils diese eine regelmäßige Tätigkeitsstätte aufgesucht hat. Weiter wird zu beachten sein, dass die 0,03 %-Regelung als Korrekturvorschrift zwar die Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte erfasst, aber nicht zur Anwendung kommt, soweit der Kläger Dienstreisen unmittelbar von der Wohnung aus angetreten hat (Urteil in BFHE 231, 127, BStBl II 2011, 354, Rz 26).
17
c) Soweit der Kläger für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht nur einen Dienstwagen, sondern auch einen Fahrer zur Verfügung hatte, führt das dem Grunde nach zu einem lohnsteuerrechtlich erheblichen Vorteil.
18
aa) Der Senat hält die in seinem Urteil in BFHE 231, 127, BStBl II 2011, 354, Rz 28 geäußerten Zweifel an seiner bisherigen Rechtsprechung (Urteil vom 27. September 1996 VI R 84/95, BFHE 181, 181, BStBl II 1997, 147) im Ergebnis nicht für durchgreifend. Für die Annahme eines Vorteils kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer in dem mit Fahrer überlassenen Fahrzeug bereits auf dem Weg zur regelmäßigen Arbeitsstätte büromäßige Tätigkeiten tatsächlich ausübt oder ausüben könnte. Entscheidend ist vielmehr, dass der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer für eine Aufgabe, die Angelegenheit des Arbeitnehmers ist, eine Dienstleistung in Form der Personalüberlassung zur Verfügung stellt, die für sich betrachtet einen Wert hat. Diese Personalüberlassung betrifft auch nicht den unmittelbaren betrieblichen Bereich des Arbeitgebers, den er mit Arbeitsmitteln und Personal auszustatten hat, um den eigentlichen Arbeitsprozess zu fördern. Die vom Arbeitgeber erbrachte Leistung der Beförderung des Arbeitnehmers von der Wohnung zur Arbeitsstätte ist weiter keine bloße nicht einkommensteuerbare Aufmerksamkeit, sondern grundsätzlich einkommensteuerbar, sofern nicht die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 32 EStG greift (vgl. Pflüger in Herrmann/Heuer/Raupach, § 19 EStG Rz 135). Insofern ist eine solche Personalüberlassung ein vom Arbeitgeber zugewendeter Vorteil, dem ein Entlohnungscharakter für das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft zukommt.
19
Anders als in dem vom Senat mit Urteil in BFHE 231, 127, BStBl II 2011, 354 entschiedenen Streitfall führt der hier als Arbeitslohn zu erfassende Vorteil aus der arbeitgeberseitigen Gestellung eines Fahrers zu einem höheren Ansatz der Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit. Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte sind nach der in den Streitjahren (2001 bis 2003) geltenden und bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt unveränderten Rechtslage zwar beruflich veranlasste Fahrten, die nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG grundsätzlich zum Werbungskostenabzug berechtigen. Aber der Kläger kann diese Aufwendungen nur im Rahmen der für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte geltenden Höchstbeträge abziehen. Nach § 9 Abs. 2 EStG sind indessen durch die Entfernungspauschale sämtliche Aufwendungen abgegolten, die durch die Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte veranlasst sind. Insoweit saldieren sich Einnahmen und Erwerbsaufwendungen des Klägers nicht.
20
bb) Der Wert des vom Arbeitgeber erlangten Vorteils ist, wie alle nicht in Geld bestehenden Einnahmen, mit dem um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreis am Abgabeort anzusetzen (§ 8 Abs. 2 Satz 1 EStG). Zutreffend hat deshalb das FG dazu ausgeführt, dass der für eine Fahrergestellung zusätzlich erlangte geldwerte Vorteil zu schätzen ist und dass für diese Schätzung der Listenpreis des gefahrenen Fahrzeugs nicht sachgerecht ist. Maßstab zur Bewertung des Vorteils ist der Wert einer von einem fremden Dritten bezogenen vergleichbaren Dienstleistung; dieser Wert kann, muss aber nicht den zeitanteiligen Personalkosten des Arbeitgebers entsprechen. Denn der Wert eines vom Arbeitgeber erlangten Vorteils bildet sich nicht stets und unmittelbar in den Kosten ab, die der Arbeitgeber selbst dafür aufgewendet hat. Angesichts dessen wird das FG den Wert der vom Arbeitgeber erlangten Dienstleistung zu schätzen und anzusetzen haben.

Besteuerung der Abfindung für den Verzicht auf einen künftigen Pflichtteilsanspruch

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 16.5.2013, II R 21/11

Besteuerung der Abfindung für den Verzicht auf einen künftigen Pflichtteilsanspruch

Leitsätze

Die Abfindung, die ein künftiger gesetzlicher Erbe an einen anderen Erben für den Verzicht auf einen künftigen Pflichtteilsanspruch zahlt, ist eine freigebige Zuwendung des künftigen gesetzlichen Erben an den anderen und kann nicht als fiktive freigebige Zuwendung des künftigen Erblassers an diesen besteuert werden.

Tatbestand

1
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) verzichtete durch den notariell beurkundeten Erbschaftsvertrag vom 14. Februar 2006 gegenüber seinen drei Brüdern für den Fall, dass er durch letztwillige Verfügung von der Erbfolge seiner Mutter (M) ausgeschlossen sein sollte, auf die Geltendmachung seines Pflichtteilsanspruchs einschließlich etwaiger Pflichtteilsergänzungsansprüche gegen eine von den Brüdern zu zahlende Abfindung von je 150.000 EUR. Die Vertragsparteien waren sich darüber einig, dass der Vertrag auch dann Bestand haben soll und die gezahlten Abfindungen nicht zurückzugewähren sind, wenn der Kläger nach dem Tod der M nicht Erbe wird und keinen Pflichtteilsanspruch erwirbt.
2
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) war im Hinblick auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 25. Januar 2001 II R 22/98 (BFHE 194, 440, BStBl II 2001, 456) der Ansicht, die Zahlung der Abfindungen an den Kläger sei als Schenkung der M an diesen zu besteuern, und setzte dementsprechend gegen den Kläger Schenkungsteuer fest. Der Einspruch blieb erfolglos.
3
Das Finanzgericht (FG) hob durch das in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 1267 veröffentlichte Urteil den Schenkungsteuerbescheid und die Einspruchsentscheidung mit der Begründung auf, die von den Brüdern an den Kläger gezahlten Abfindungen könnten nicht als Schenkung der M an den Kläger besteuert werden.
4
Mit der Revision vertritt das FA die Auffassung, es habe die Abfindungszahlungen zu Recht als Schenkung der M an den Kläger besteuert. Der Kläger sei zwar nicht aus dem Vermögen der M bereichert worden, es liege aber ein fiktiver Erwerb des Klägers von M vor. Es gehe nämlich um eine wertmäßige Teilhabe des Klägers am Vermögen der M. Beim Eintritt des Erbfalls seien demgemäß die Abfindungszahlungen gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) als Kosten zur Erlangung des Erwerbs der Brüder des Klägers als Erben abzuziehen.
5
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
6
Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7
II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG hat zu Recht angenommen, dass die Abfindungszahlungen der Brüder an den Kläger nicht als Schenkung der M an diesen besteuert werden können.
8
1. Gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird.
9
a) Eine freigebige Zuwendung setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass die Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt und die Zuwendung (objektiv) unentgeltlich ist (BFH-Urteile vom 23. November 2011 II R 33/10, BFHE 237, 179, BStBl II 2012, 473, Rz 20, und vom 30. Januar 2013 II R 6/12, BFH/NV 2013, 846, Rz 11), und in subjektiver Hinsicht den Willen des Zuwendenden zur Freigebigkeit (BFH-Urteile vom 15. Dezember 2010 II R 41/08, BFHE 232, 210, BStBl II 2011, 363, Rz 9, und in BFH/NV 2013, 846, Rz 11).
10
b) Schließen künftige gesetzliche Erben einen Vertrag gemäß § 311b Abs. 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs –BGB– (früher § 312 Abs. 2 BGB), wonach der eine auf seine künftigen Pflichtteils(ergänzungs)ansprüche gegen Zahlung eines Geldbetrages verzichtet, stellt die Zahlung eine freigebige Zuwendung des Zahlenden i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG dar. Die Steuerklasse richtet sich indes nicht nach dem Verhältnis des Zuwendungsempfängers (Verzichtenden) zum Zahlenden, sondern zum künftigen Erblasser (BFH-Urteil in BFHE 194, 440, BStBl II 2001, 456; insoweit a.A. Hartmann, Umsatzsteuer- und Verkehr-steuer-Recht 2001, 255, 258 f.).
11
Da die Abfindung in einem solchen Fall aus dem Vermögen des künftigen gesetzlichen Erben geleistet wird, liegt eine freigebige Zuwendung von diesem an den Empfänger der Abfindung vor. Es ist nicht möglich, stattdessen eine fiktive freigebige Zuwendung des künftigen Erblassers an den Empfänger der Abfindungszahlung zu besteuern. Für die Beurteilung dieser Abfindungsleistung als freigebige Zuwendung des künftigen Erblassers, die auch dazu führen würde, dass dieser gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG neben dem Zuwendungsempfänger Schuldner der Schenkungsteuer ist, gibt es keine gesetzliche Grundlage. Wie der BFH bereits im Urteil in BFHE 194, 440, BStBl II 2001, 456 ausgeführt hat, ist der Sondertatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG nicht anwendbar, wenn ein künftiger gesetzlicher Erbe gegenüber einem anderen gegen Zahlung eines Geldbetrages auf seine künftigen Pflichtteils(ergänzungs)ansprüche verzichtet. § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG ist ebenfalls nicht einschlägig. Die Vorschrift betrifft lediglich bestimmte Abfindungen nach Eintritt des Erbfalls.
12
Dass ein künftiger gesetzlicher Erbe die Abfindung, die er an einen anderen für den Verzicht auf einen künftigen Pflichtteils(ergänzungs)anpruch zahlt, beim Eintritt des Erbfalls gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG als Nachlassverbindlichkeit vom Erwerb abziehen kann (BFH-Urteil in BFHE 194, 440, BStBl II 2001, 456, unter II.2.d), beruht darauf, dass die Abfindung aus seinem Vermögen geleistet wur-de, und lässt nicht den Schluss zu, dass sie als fiktive freigebige Zuwendung des Erblassers an deren Empfänger zu besteuern ist.
13
2. Das FA hat demnach zu Unrecht die Abfindungszahlungen der Brüder als Schenkung der M an den Kläger besteuert. Die von den Brüdern gezahlten Abfindungen stellen vielmehr drei getrennt zu besteuernde freigebige Zuwendungen der Brüder an den Kläger dar. Wie diese Besteuerung im Einzelnen zu erfolgen hat, kann im Streitfall auf sich beruhen.

Stellungnahme der Bundessteuerberaterkammer zu dem Entwurf eines Einführungsschreibens zur Reform des steuerlichen Reisekostenrechts ab 1. Januar 2014

20.08.2013

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir bedanken uns für die Übersendung des o. g. Entwurfs und nehmen die Gelegenheit zur Stellungnahme gern wahr.

Unsere Ausführungen im Einzelnen finden Sie anliegend.

Mit freundlichen Grüßen
i. V.

Jörg Schwenker
Geschäftsführer

Anlage

Stellungnahme der Bundessteuerberaterkammer zu dem Entwurf einesEinführungsschreibens zur Reform des steuerlichen Reisekostenrechts ab 1. Januar 2014

Vorbemerkungen

Die bisherigen Regelungen zum steuerlichen Reisekostenrecht wurden mit dem Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des steuerlichen Reisekostenrechts vom 20. Februar 2013 umgestaltet. Die Neuregelungen treten zum 1. Januar 2014 in Kraft.

Die vorgeschlagenen Vereinfachungen im steuerlichen Reisekostenrecht sind grundsätzlich positiv zu bewerten. Die gesetzliche Definition der ersten Tätigkeitsstätte kann dazu beitragen, Streitigkeiten zu vermeiden, zumal in erster Linie auf die arbeits- und dienstrechtliche Vereinbarung abgestellt wird. Der Arbeitgeber hat damit die Möglichkeit, seine Arbeitnehmer, soweit möglich, einer Tätigkeitsstätte zuzuordnen. Zu begrüßen ist auch die zweistufige Staffelung bei den Verpflegungsmehraufwendungen, die zu einer Erleichterung bei der Erfassung der Abwesenheitszeiten führt.

Wir halten es für sehr wichtig, eine rechtzeitige Veröffentlichung des Anwendungsschreibens durch das Bundesministerium der Finanzen anzustreben. Eine grundlegende Reform des Reisekostenrechts erfordert zwangsläufig erheblichen Umstellungsaufwand bei Unternehmen und Steuerberatern. Angepasst werden müssen neben den Prozessen in den Unternehmen auch interne Reisekostenrichtlinien sowie die Abrechnungsprogramme und Reisekostenvordrucke.

Wir bedauern es sehr, dass die Zeit nicht für eine Erprobung der Neuregelungen in einer kurzen Testphase ausgereicht hat. Es wird sich erst in den nächsten Monaten zeigen, ob die Regelungen praxistauglich ausgestaltet worden sind.

Nach kritischer Durchsicht des Einführungsschreibens durch die Bundessteuerberaterkammer ist das Anwendungsschreiben nach unserer Auffassung grundsätzlich gelungen, da viele Dinge klargestellt wurden und die Neuregelungen ausführlich anhand von vielen Beispielen erläutert worden sind.

Folgende grundlegende Punkte möchten wir an dieser Stelle ansprechen:

Wir halten es für erforderlich für die Fälle, in denen sich Regelungen in den Lohnsteuerrichtlinien und im Anwendungsschreiben widersprechen, klarzustellen, dass die Regelungen im Anwendungsschreiben grundsätzlich Vorrang haben. Eine solche Klarstellung fehlt bisher und ist bis zur Einarbeitung der neuen Regelungen in die Lohnsteuerrichtlinien dringend vorzunehmen.

Des Weiteren ist nach Auffassung der Bundessteuerberaterkammer die Orientierung an betragsmäßig fest vorgeschriebene Höchstgrenzen an einigen Stellen im Gesetz und im Anwendungsschreiben als problematisch einzustufen. So wurde im Gesetz beispielsweise eine Beitragsgrenze für übliche Mahlzeiten i. H. v. 60,00 € oder eine Höchstgrenze von 1.000,00 € zur Erstattung von Unterkunftskosten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung festgelegt. Nach unserer Auffassung wäre es sachgerecht, eine im Gesetz vorgesehene automatische Anpassung an zukünftige Preissteigerungen vorzunehmen.

Dies könnte z. B. bei der Höchstgrenze zur Erstattung der Unterkunftskosten durch einen Bezug (fünffacher Sachbezugswert = 1.060,00 €) zur Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) erreicht werden, die regelmäßig angepasst wird. Das hätte gegenüber einem festen Betrag den Vorteil, dass zukünftig in § 8 ff. EStG keine Beträge geändert werden müssten. Es würde zudem der erwartenden hohen Inflationsrate Rechnung tragen und der neue Verrechnungssatz würde schon frühzeitig vor Beginn eines neuen Jahres feststehen.

In Bezug auf die Details des Anwendungsschreibens sehen wir an einigen Stellen noch Klarstellungsbedarf, den wir nachfolgend erläutern möchten:

1.    Erste Tätigkeitsstätte Rz. 5 bis 12

Im Gesetz heißt es in § 9 Abs. 4 Satz 5 EStG :

„Je Dienstverhältnis hat der Arbeitnehmer höchstens eine erste Tätigkeitsstätte“sowie in § 9 Abs. 4a Satz 4 EStG „ Hat der Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte.“

Anhand dieser Formulierungen und auch anhand der Beispiele 14 bis 17 in Rz. 37 ist es auch möglich, dass der Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte hat.

Zur Klarstellung und zur Vermeidung von Missverständnissen sollte dies auch nochmal im Anwendungsschreiben in Rz. 5 bis 12 eindeutig formuliert werden. Wir schlagen folgende Formulierung vor:

Wenn die Voraussetzungen nach § 9 Abs. 4 Satz 1 bis 4 EStG nicht vorliegen, liegt keine erste Tätigkeitsstätte vor.

Eine große Anzahl an Arbeitnehmern ist typischerweise an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten oder auf einem Fahrzeug tätig (früherer Begriff der Einsatzwechseltätigkeit). In diesem Zusammenhang halten wir es für sinnvoll, entsprechend R 9.4 Abs. 2 LStR an dieser Stelle klarstellend zu formulieren, dass eine Auswärtstätigkeit vorliegt, wenn der Arbeitnehmer bei seiner individuellen beruflichen Tätigkeit typischerweise nur an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten oder auf einem Fahrzeug tätig wird.

2.    Tätigwerden „auch nicht in geringem Umfang“, Rz. 6

In Rz. 6 heißt es:

„Die Zuordnung eines Arbeitnehmers zu einer betrieblichen Einrichtung allein aus tarifrechtlichen, mitbestimmungsrechtlichen oder organisatorischen Gründen (z. B. Personalaktenführung) ohne dass der Arbeitnehmer in dieser Einrichtung – auch nicht in geringem Umfang – tätig werden soll, ist keine Zuordnung i. S. d. § 9 Abs. 4 EStG.“

In der Praxis wird die Abgrenzung, ob der Arbeitnehmer in dieser Einrichtung im geringen Umfang tätig ist oder nicht, kaum oder nur sehr schwer möglich sein. An dieser Stelle fehlen noch Ausführungen bzw. Beispiele, was mit dieser Formulierung gemeint ist.

Es stellt sich die Frage, ob allein ein regelmäßiges Aufsuchen der betrieblichen Einrichtung, z. B. um ein Kundendienstfahrzeug, Material, Auftragsbestätigungen, Stundenzettel, Krankmeldungen oder ähnliches abzuholen oder abzugeben, als in geringem Umfang tätig werden beurteilt wird oder nicht. An dieser Stelle möchten wir ein Beispiel aus dem Anwendungsschreiben herausgreifen und in modifizierter Form wie folgt darstellen:

Modifiziertes Beispiel 9

Ein Kundendienstmonteur, der von seinem Arbeitgeber einer betrieblichen Einrichtung aus organisatorischen Gründen zugeordnet ist, sucht den Betrieb seines Arbeitgebers regelmäßig auf, um den Firmenwagen samt Material zu übernehmen, die Auftragsbestätigungen in Empfang zu nehmen und die Stundenzettel vom Vortag abzugeben.

Fraglich ist, ob die betriebliche Einrichtung als erste Tätigkeitsstätte gewertet werden kann. Es ist nicht klar, ob allein das regelmäßige Aufsuchen der betrieblichen Einrichtung als in geringem Umfang tätig werden eingestuft werden kann oder nicht.

Um hier Abgrenzungsprobleme zu vermeiden, muss klargestellt werden, was mit dieser Formulierung gemeint ist. Ein Bezug zu Rz. 26 wäre hier sinnvoll.

3.    Übliche Mahlzeit – 60,00 €-Grenze

Unseren Bemerkungen möchten wir voranstellen, dass die Grenze um 20,00 € angehoben wurde. Diese Maßnahme war notwendig, weil solche Werte regelmäßig an die Preissteigerungen in Deutschland angepasst werden sollten. Daher unterstützen wir diese Maßnahme in vollem Umfang. Dennoch gibt es bei dieser Regelung noch Klarstellungsbedarf.

In Rz. 62 heißt es:

„Für die Prüfung der 60,00 €-Grenze kommt es auf den Preis (einschließlich Umsatzsteuer) an, den der Dritte dem Arbeitgeber in Rechnung stellt.“

Es ist nicht klar, ob ein freiwillig gezahltes Trinkgeld oder Garderobengelder in die 60,00 €-Grenze einzubeziehen sind oder nicht. Aus Vereinfachungsgründen sollte klargestellt werden, dass Trinkgelder und Garderobengelder nicht in die 60,00 €-Grenze einzubeziehen sind.

Weiter heißt es in Rz. 62:

„Ist der Preis der Mahlzeit in der Rechnung eines Dritten nicht beziffert, weil die Mahlzeit im Rahmen eines Gesamtpreises z. B. mit einer Fortbildungsveranstaltung berechnet wird, ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im Einzelfall zu beurteilen, ob es sich um eine „übliche“ Beköstigung i. S. d. § 8 Abs. 2 Satz 8 EStG gehandelt hat oder ob ein höherer Wert der Mahlzeit als 60,00 € anzunehmen ist.“

Nach unserer Auffassung führt diese Regelung in der Praxis immer zu Nachforschungs- und Diskussionsbedarf. Vor dem Hintergrund des Vereinfachungsgedankens, der die Reisekostenreform geprägt hat, regen wir Folgendes an: Wenn die Mahlzeit im Rahmen eines Gesamtpreises berechnet wird, soll aus Vereinfachungsgründen davon ausgegangen werden, dass die 60,00 €-Grenze nicht überschritten wurde.

4.    Rz. 63 – Ausstellung der Bewirtungsrechnung auf den Arbeitgeber

Die Gestellung einer Mahlzeit ist vom Arbeitgeber veranlasst, wenn die Rechnung auf den Arbeitgeber ausgestellt ist. In der Praxis wird zumindest bei Kleinbetragsrechnungen (bis 150,00 €) der Name und die Anschrift des Arbeitgebers auf der Rechnung fehlen. Erst kürzlich hat der Bundesfinanzhof (Urteil vom 18. April 2012, Az. X R 57/09) Folgendes entschieden:

„Die über Bewirtungen in einer Gaststätte ausgestellten Rechnungen i. S. d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG müssen, sofern es sich nicht um Rechnungen über Kleinbeträge i. S. d. UStDV handelt, den Namen des bewirtenden Steuerpflichtigen enthalten (Anschluss an das BFH-Urteil vom 27. Juni 1990, Az. I R 168/85).“

Um hier eine einheitliche Behandlung auch aus Praktikabilitätsgründen bei unterschiedlichen Steuerarten sicherzustellen, sollte formuliert werden, dass bei Kleinbetragsrechnungen die Rechnung nicht auf den Arbeitgeber ausgestellt werden muss. Die Erstattung der Verpflegungskosten und die Vorlage des Beleges sollten ausreichen, um die Gestellung der Mahlzeit als vom Arbeitgeber veranlasst anzusehen.

 

Hessen beginnt mit der Umsetzung des Splittingtarifs im Interesse der Betroffenen so schnell wie möglich

Die hessische Steuerverwaltung startet diese Woche die Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur steuerlichen Gleichbehandlung von Verheirateten und eingetragenen Lebenspartnern beim Splittingtarif. „Das geschieht im Interesse der Betroffenen so schnell wie möglich“, sagte Finanzminister Dr. Thomas Schäfer am 20.08.2013 in Wiesbaden. Das Hessische Finanzministerium hat am 19.08.2013 einen Erlass an alle hessischen Finanzämter versandt, in dem die Verfahrensweise zur Umsetzung erläutert wird: Jetzt können die Finanzämter damit beginnen, auch eingetragenen Lebenspartnern bei den Steuerfestsetzungen den Splittingtarif zu gewähren, wenn die Voraussetzungen der Zusammenveranlagung vorliegen. Dies gilt in allen noch nicht bestandskräftigen Fällen rückwirkend ab dem Jahr 2001 – dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Lebenspartnerschaftsgesetzes.

Für die Zusammenveranlagung von Partnern einer eingetragenen Lebenspartnerschaft müssen nur noch rein technische Details angepasst werden. Bis zur Realisierung einer bundeseinheitlichen programmtechnischen Lösung wird die Finanzverwaltung zunächst mit den vorhandenen Programmen für die Zusammenveranlagung von Ehegatten arbeiten. Die Steuerbescheide werden daher personell nachbearbeitet, um insbesondere die Bezeichnungen Ehemann und Ehefrau durch Lebenspartner bzw. Lebenspartnerin zu ersetzen.

Die hessische Steuerverwaltung hat speziell hierfür eine automationsgestützte Übergangslösung entwickelt, mit der die Steuerbescheide für Lebenspartner in Fällen der Zusammenveranlagung optisch und im Aufbau mit Steuerbescheiden für Eheleute nahezu identisch sind. Trotz der technischen Hürden ist mit den ersten Steuerbescheiden auf der Grundlage des Splittingtarifs im Laufe des Monats September zu rechnen.

Quelle: FinMin Hessen, Pressemitteilung vom 20.08.2013

Volle Fahrtkosten bei Kundenbesuchen (BdSt NRW)

Der Bund der Steuerzahler unterstützt ein Musterverfahren zum vollen Fahrtkostenansatz für Selbständige.

Selbstständige und Unternehmer sollten sich nicht mit der niedrigeren Entfernungspauschale abspeisen lassen, wenn es um Fahrten zum Kunden geht. Wird nämlich ein Arbeitnehmer beim Kunden tätig, können die Fahrtkosten für Hin- und Rückfahrt steuerlich geltend gemacht werden. Bei Unternehmern will die Finanzverwaltung hingegen oft nur die Entfernungspauschale für den einfachen Weg anerkennen, wenn sie einen Kunden regelmäßig besuchen.

  • Durch ein Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf bekommen Unternehmer und Selbstständige nun Rückenwind: Das Gericht erlaubte den vollen Fahrtkostenansatz (Az. 10 K 829/11 E, vgl. hierzu unsereNews v. 12.4.2013). Das Finanzamt hat gegen diese steuerzahlerfreundliche Rechtsprechung Revision beim BFH eingelegt. Der Bund der Steuerzahler unterstützt das Revisionsverfahren, das dort unter dem Aktenzeichen X R 13/13 anhängig ist, als Musterverfahren.
  • Betroffene Unternehmer sollten sich auf dieses Verfahren berufen und den niedrigeren Ansatz der Entfernungspauschale bei Kundenbesuchen nicht akzeptieren, rät der Bund der Steuerzahler. Folgt der BFH der Vorinstanz, steht den Unternehmern der volle Fahrtkostenansatz zu. Unternehmer, die ihren Steuerbescheid mit einem Einspruch offenhalten, bekommen dann ggf. zu viel gezahlte Steuern zurück. Ein Einspruch muss binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheids eingelegt werden.

Quelle: Bund der Steuerzahler NRW, Pressemitteilung v. 19.8.2013

Einkommensteuerrechtliche Behandlung von Vorsorgeaufwendungen und Altersbezügen

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder hat das BMF sein Schreiben vom 13.09.2010, (BStBl 2010 I 681, LEXinform 5232914) aktualisiert und dabei insbesondere den Sonderausgabenabzug für Beiträge nach § 10 Abs. 1 und zur Besteuerung von Versorgungsbezügen nach § 19 Abs. 2 sowie von Einkünften nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG behandelt.

Das BMF geht ausführlich auf die folgenden Punkte ein:

  1. Abzug von Vorsorgeaufwendungen – § 10 EStG,
  2. Besteuerung von Versorgungsbezügen – § 19 Abs. 2 EStG,
  3. Besteuerung von Einkünften gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG,
  4. Besonderheiten beim Versorgungsausgleich,
  5. Anwendungsregelung.

Die vollständige Fassung des Schreibens finden Sie auf der Homepage des BMF.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 3 – S-2221 / 12 / 10010:004 | IV C 5 – S-2345 / 08 / 0001 vom 19.08.2013

Kindergeld für im Inland lebende Ausländer

Der 7. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts hat am 19. August 2013 in den Klageverfahren 7 K 111/13, 7 K 113/13, 7 K 112/13 und 7 K 9/10 entschieden, dass die Verfahren ausgesetzt und Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) darüber eingeholt werden, ob § 62 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) verfassungswidrig ist.

§ 62 Abs. 2 EStG regelt den Anspruch von im Inland lebenden Ausländern auf Kindergeld. Der 7. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts ist davon überzeugt, dass § 62 Abs. 2 EStG gegen das Gleichbehandlungsgebot des Artikel 3 Abs. 1 des Grundgesetzes verstößt. Die vom Gesetzgeber gewählten Differenzierungskriterien in § 62 Abs. 2 EStG halten nach Auffassung des Finanzgerichts einer verfassungsrechtlichen Prüfung nicht stand.

Die Begründung der Vorlagen und die Aktenzeichen des BVerfG werden demnächst auf der Internetseite des Niedersächsischen Finanzgerichts veröffentlicht.

Quelle: FG Niedersachsen, Pressemitteilung vom 20.08.2013 zu den Beschlüssen 7 K 111/13, 7 K 113/13, 7 K 112/13 und 7 K 9/10 vom 19.08.2013

BMF zur Veröffentlichung des BFH-Urteils zu sog. Reiseversicherungspaketen

Gegenstand des BFH-Urteils vom 13. Dezember 2011 sind die versicherungsteuerrechtliche Behandlung von sog. Versicherungspaketen, der laufende Anmeldungszeitraum i. S. des § 10 Abs. 4 VersStG a. F. sowie die Festsetzungsverjährung bei materiell-rechtlichen Haftungsansprüchen. Die amtlichen Leitsätze der Entscheidung lauten:

  1. Sind bei einer Mehrgefahrenversicherung („Versicherungspaket“) einzelne Versicherungen nach § 4 VersStG von der Besteuerung ausgenommen, kann eine Steuerbefreiung nur in Anspruch genommen werden, wenn das auf die steuerfreie Versicherung entfallende Versicherungsentgelt im Versicherungsvertrag gesondert ausgewiesen ist.
  2. „Laufender Anmeldungszeitraum“ i. S. des § 10 Abs. 4 VersStG ist jeder Anmeldungszeitraum nach Abschluss der Außenprüfung.
  3. Mit einem Nachforderungsbescheid gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 AO gegen den Versicherer wegen Versicherungsteuer macht die Finanzbehörde materiell-rechtlich einen Haftungsanspruch geltend. Wegen der Akzessorietät des Haftungsanspruchs ist
    der Erlass eines Nachforderungsbescheids nur rechtmäßig, wenn die Steuerschuld, für die der Versicherer als Entrichtungsschuldner haftet, entstanden ist und noch besteht.

Hierzu ergehen folgende Hinweise:

Zu 1.:

I.

  1. Generell gilt, dass der notwendige gesonderte Ausweis des Versicherungsentgelts grundsätzlich vor dem die Steuer auslösenden Ereignis (Zahlung/Entgegennahme der Zahlung/ Fälligkeit der Rechnung, § 5 Absatz 2 VersStG) im Versicherungsvertrag erfolgt sein muss; nachträgliche Aufteilungen für die Vergangenheit sind nicht möglich.
  2. Altverträge, d. h. Verträge, die vor der Verkündung des o.g. BFH-Urteils geschlossen wurden, und eine solche Aufteilung bisher nicht enthalten, müssen für eine steuerliche Begünstigung nicht zwingend angepasst werden; hier genügt es, wenn die Aufteilung in der Prämienrechnung zukünftig vorgenommen wird bzw. bei Erstellung der Rechnung vorgenommen worden ist. Eine nachträgliche Korrektur von Prämienrechnungen für die Vergangenheit ist ebenfalls nicht möglich.
  3. Neue Verträge, d. h. solche, die nach Verkündung des o.g. BFH-Urteils geschlossen wurden, müssen hingegen die Aufteilung des Versicherungsentgelts enthalten, anderenfalls kann ein abweichender Steuersatz, eine abweichende Bemessungsgrundlage oder eine Steuerbefreiung für einzelne Bestandteile eines Versicherungspakets keine Berücksichtigung finden; eine Aufteilung nur in der Prämienrechnung bei Neuverträgen ist hierfür nicht ausreichend.
  4. Das Erfordernis eines gesonderten Ausweises des auf die steuerfreie Versicherung entfallenden Versicherungsentgelts im Vertrag ist entsprechend anzuwenden auf sog. Versicherungspakete, die sich zusammensetzen aus Versicherungen mit unterschiedlichen Steuersätzen und/oder unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen. In diesen Fällen muss das Versicherungsentgelt für die einem abweichenden Steuersatz und/oder einer abweichenden Bemessungsgrundlage unterliegende(n) Versicherung(en) gesondert ausgewiesen sein.
  5. Soweit Komponenten eines „Versicherungspakets“ demselben Steuersatz unterliegen, ist ein zusammengefasster Ausweis möglich, wenn auch die Bemessungsgrundlagen identisch sind.

II.

Das BMF-Schreiben vom 22. Mai 2006 – IV C 2 – S 6400 – 2/06 – wird aufgehoben.

III.

Bei den nachfolgend dargestellten Sachverhalten ist zudem Folgendes zu beachten:

  1. Ist in einem Versicherungspaket – wie im Schiffsbereich üblich – die Seeschiffskaskoversicherung mit Interesseversicherungen verbunden und ist kein gesondertes Versicherungsentgelt für die dem abweichenden Steuersatz unterliegende Seeschiffskaskoversicherung ausgewiesen, wird für eine Übergangszeit bis zum 31.12.2013 nicht beanstandet, dass die Aufteilung des Versicherungsentgelts nach dem Verhältnis der im Vertrag (ggf. Deckungsnote) vereinbarten Versicherungssummen erfolgt.
  2. General- und Umsatzpolicen bei Transportgüterversicherungen sind keine sog. Versicherungspakete i. S. des o.g. BFH-Urteils, denn es werden dabei keine unterschiedlichen Versicherungen gegen unterschiedliche Gefahren miteinander verbunden, sondern alle Transporte während eines bestimmten Zeitraums zusammen versichert. Vielmehr gilt weiterhin das unter Ziffer 4. des BMF-Schreibens vom 22. Dezember 1995 – IV C 8 – S 6405 – 15/95 – Ausgeführte.

Zu 2.:

§ 10 Absatz 4 VersStG wurde durch Artikel 1 Nummer 9 des Gesetzes zur Änderung des Versicherungsteuergesetzes und des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (Verkehrsteueränderungsgesetz – VerkehrStÄndG) vom 5. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2431) dahingehend geändert, dass Steuerbeträge, die auf Grund einer Außenprüfung nachzuentrichten oder zu erstatten sind, zusammen mit der Steuer für den letzten Anmeldungszeitraum im Prüfungszeitraum festzusetzen sind. Diese Regelung ist am 12. Dezember 2012 in Kraft getreten und gilt für Festsetzungen von Nachforderungs- oder Erstattungsbeträgen ab diesem Zeitpunkt.

Zu 3.:

  1. Durch Artikel 1 Nummer 7 des o.g. Verkehrsteueränderungsgesetzes wurde § 7 VersStG grundlegend geändert. Die bisherige sog. „Haftung für die Steuer“, an die grundsätzlich die Pflicht zur Anmeldung und Entrichtung der Versicherungsteuer geknüpft war, wurde abgelöst von einer nichtakzessorischen Steuerentrichtungsschuld (§ 7 Absatz 2 i. V. m. Absatz 8 Satz 2 VersStG). Daneben wurde eine Haftung für die Steuerentrichtung eingeführt (§ 7 Absatz 7 VersStG). Hinsichtlich des Laufs der Festsetzungsfrist bestimmt§ 7 Absatz 8 Satz 4 VersStG, dass jeweils die Umstände maßgeblich sind, die in Bezug auf die jeweilige steuerpflichtige Person vorliegen; d. h. insbesondere ist für die Inanspruchnahme des Steuerentrichtungsschuldners der Ablauf der Festsetzungsfrist beim Versicherungsnehmer sowie für die Inanspruchnahme des Haftenden der Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerentrichtungsschuldner unbeachtlich. § 7 VersStG ist ebenfalls am 12. Dezember 2012 in Kraft getreten. Somit sind die Ausführungen des BFH zur Festsetzungsverjährung im Versicherungsteuer-recht nurmehr für solche Sachverhalte relevant, in denen unter Zugrundlegung der vom BFH aufgestellten Beurteilungsmaßstäbe im Zeitpunkt des Inkrafttretens der aufgezeigten gesetzlichen Neuregelungen am 12. Dezember 2012 bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war. In allen anderen Fällen bestimmt sich die Festsetzungsverjährung auf Grundlage des § 7 Absatz 8 VersStG.
  2. Neben der im Versicherungsteuergesetz verankerten speziellen Regelung hat der Gesetzgeber aus Anlass des o.g. Urteils des BFH auch in der Abgabenordnung eine generelle Regelung getroffen, die am 30. Juni 2013 in Kraft getreten ist. Durch Artikel 11 Nummer 18 des Gesetzes zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz-AmtshilfeRLUmsG) vom 26. Juni 2013 (BGBl. I S. 1809) wurde dem § 171 AO folgender Absatz 15 angefügt: „Soweit ein Dritter Steuern für Rechnung des Steuerschuldners einzubehalten und abzuführen oder für Rechnung des Steuerschuldners zu entrichten hat, endet die Festsetzungsfrist gegenüber dem Steuerschuldner nicht vor Ablauf der gegenüber dem Steuerentrichtungspflichtigen geltenden Festsetzungsfrist.“ Durch Artikel 12 desselben Gesetzes wurde dem § 10 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung folgender Absatz 11 angefügt: „§ 171 Absatz 15 der Abgabenordnung in der Fassung des Artikels 11 des Gesetzes vom 26. Juni 2013 (BGBl. I S. 1809) gilt für alle am 30. Juni 2013 noch nicht abgelaufenen Festsetzungsfristen.“ Hiernach sind die Ausführungen des BFH zur Festsetzungsverjährung für alle Steuern im Anwendungsbereich der Abgabenordnung überholt und nur noch auf solche Sachverhalte anzuwenden, in denen unter Zugrundelegung der vom BFH aufgestellten Beurteilungsmaßstäbe im Zeitpunkt des Inkrafttretens der genannten gesetzlichen Neuregelungen am 30. Juni 2013 bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war. In allen anderen Fällen bestimmt sich die Festsetzungsverjährung auf Grundlage des § 171 Absatz 15 AO i. V. m. § 10 Absatz 11 EGAO.
  3. § 7 Absatz 8 VersStG und § 171 Absatz 15 AO ergänzen einander:

    Im Versicherungsteuerrecht wird für die Bestimmung der Festsetzungsfrist bei einem Steuerentrichtungspflichtigen auf die Umstände abgestellt, die in Bezug auf seine Person vorliegen. Dies bedeutet in erster Linie, dass die in § 171 Absatz 4 AO normierte Hemmung des Ablaufs der Festsetzungsfrist unter den dort geregelten Voraussetzungen gegenüber demjenigen Steuerpflichtigen eintritt, bei dem eine Außenprüfung angeordnet und begonnen wird. Die Frage, ob die Steuer nach Abschluss einer bei einem Steuerentrichtungspflichtigen oder bei einem für die Steuerentrichtung Haftenden durchgeführten Außenprüfung und der Auswertung des Prüfungsergebnisses auch noch gegenüber dem Steuerschuldner bzw. bei Inanspruchnahme eines Haftenden noch gegenüber dem Steuerentrichtungspflichtigen festgesetzt werden könnte, ist nach § 7 Absatz 8 Satz 4 VersStG unmaßgeblich. § 171 Absatz 15 AO bestimmt, dass beim Steuerschuldner die Festsetzungsverjährung nicht früher eintritt als beim Steuerentrichtungspflichtigen. Wird bei Letzterem der Ablauf der Festsetzungsfrist durch eine Außenprüfung gehemmt, gilt dies nunmehr auch für den Steuerschuldner.

    Im Falle von Außenprüfungen bei einem Entrichtungspflichtigen im Bereich der Versicherungsteuer führen die jeweils anwendbaren Neuregelungen in § 7 Absatz 8 VersStG und § 171 Absatz 15 AO also dazu, dass wegen der Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist beim Entrichtungspflichtigen aufgrund der Außenprüfung auch der Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerschuldner gehemmt ist.

Das BMF-Schreiben wird in Kürze im Bundessteuerblatt Teil II zusammen mit dem BFH-Urteil veröffentlicht werden.

Quelle: BMF, Schreiben IV D 5 – S-6400 / 07 / 10003 vom 31.07.2013

Rente im Ausland + Steuererklärung

Grundsätzlich gilt, dass jeder Steuerpflichtige der Einkünfte nach § 49 Absatz 1 Nummer 7 oder Nummer 10 Einkommensteuergesetz bezieht, verpflichtet ist, eine Steuererklärung in Deutschland einzureichen.

Muss auch dann eine Steuererklärung eingereicht werden, wenn aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens (DBA) Deutschland kein Besteuerungsrecht für die deutsche Rente zusteht?

Besteht zwischen Deutschland und Ihrem Wohnsitzstaat ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) und steht demnach Deutschland kein Besteuerungsrecht für die deutschen Renteneinkünfte zu, wird auf die Abgabe einer Einkommensteuererklärung in Deutschland verzichtet, wenn Sie Ihren Wohnsitz ausschließlich in einem der folgenden Länder haben:

  • Armenien
  • Aserbeidschan
  • Bolivien
  • Bosnien-Herzegowina
  • Bulgarien
  • Ecuador
  • Estland
  • Griechenland
  • Indien
  • Iran
  • Island
  • Japan
  • Kuwait
  • Lettland
  • Litauen
  • Luxemburg
  • Mauritius
  • Moldau
  • Mongolei
  • Russische Föderation
  • Serbien
  • Slowakei
  • Spanien
  • Sri-Lanka
  • Tschechien
  • Tunesien
  • Turkmenistan
  • Venezuela
  • Vereinigte Staaten von Amerika
  • Vietnam
  • Zypern

Achtung: Ungeachtet dessen ist das Finanzamt berechtigt, zur Abgabe einer Steuererklärung aufzufordern. Wenn Sie eine Aufforderung erhalten, sind Sie verpflichtet der Aufforderung nachzukommen und die Steuererklärung einzureichen.

Haben Sie Ihren Wohnsitz nicht in den hier genannten Staaten, sind Sie verpflichtet für alle Veranlagungszeiträume ab 2005 eine Einkommensteuererklärung einzureichen. Haben Sie ausschließlich Renteneinkünfte im Sinne des § 49 Absatz 1 Nummer 7 und/oder Nummer 10 EStG, ist das Finanzamt Neubrandenburg für Sie zuständig (andernfalls sehen Sie hier, welches Finanzamt für sie zuständig ist).

Aus Vereinfachungsgründen können Sie zunächst auch nur eine Einkommensteuererklärung für einen Veranlagungszeitraum abgeben. Das Finanzamt wird dann im Rahmen der Veranlagung unter Berücksichtigung der mit Deutschland geschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen feststellen, ob und in welcher Höhe tatsächlich eine Steuerschuld entstanden ist und inwieweit weitere Steuererklärungen einzureichen sind. Sollte der Einkommensteuerbescheid keine Steuerschuld ausweisen und steht fest, dass sich Ihre Einkünfte in den Folgejahren nicht wesentlich ändern werden, besteht die Möglichkeit, von der Pflicht zur Abgabe für weitere Jahre befreit zu werden. Diese Feststellung obliegt dem Finanzamt und gilt vorbehaltlich der Änderungen der steuerlichen Bestimmungen (Einkommensteuergesetz, DBA, etc.). Sofern eine Einkommensteuer festzusetzen ist, wird vorsorglich auf die Entstehung von Zinsen gemäß § 233a Abgabenordnung hingewiesen.

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Beschränkt steuerpflichtig oder unbeschränkt steuerpflichtig auf Antrag?

Im Folgenden werden die Unterschiede zwischen beschränkter und unbeschränkter Steuerpflicht dargelegt und die Voraussetzungen für die Behandlung als unbeschränkt Steuerpflichtiger erläutert.

Beschränkte Steuerpflicht:

Beschränkt einkommensteuerpflichtig nach § 1 Absatz 4 EStG sind Personen, die in Deutschland weder einen Wohnsitz haben, noch sich länger als 183 Tage in Deutschland aufhalten, jedoch bestimmte inländische Einkünfte gemäß § 49 EStG beziehen. Wenn Sie darüber hinaus ausländische Einkünfte erzielen oder inländische Einkünfte, die nicht in § 49 EStG genannt sind, bleiben diese bei der Veranlagung als beschränkt Steuerpflichtiger außer Ansatz.

Die Einkommensteuer bemisst sich bei beschränkt steuerpflichtigen Rentenbeziehern nach dem Grundtarif ohne Berücksichtigung des Grundfreibetrages (§ 50 Absatz 1 Satz 2 EStG). In der Grundtarif-Tabelle ist der Grundfreibetrag bereits für alle Steuerpflichtigen eingearbeitet. Für beschränkt Steuerpflichtige wird daher zur rechnerischen Ermittlung der zutreffenden Einkommensteuer zunächst das zu versteuernde Einkommen um den Grundfreibetrag erhöht und dann auf dieses erhöhte zu versteuernde Einkommen der Grundtarif nach § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG angewandt.

Zahlreiche persönliche und familienbezogene Vergünstigungen werden bei der Veranlagung zur beschränkten Steuerpflicht nicht berücksichtigt. So sind beispielsweise außergewöhnliche Belastungen steuerlich nicht absetzbar und das Ehegattensplitting kann nicht in Anspruch genommen werden.

Spenden und Mitgliedsbeiträge an politische Parteien und an unabhängige Wählervereinigungen werden jeweils zur Hälfte direkt von der Steuerschuld abgezogen, höchstens jedoch bis zu 825 Euro. Soweit die Zuwendungen an Parteien höher sind, werden sie bis zu 1.650 Euro als Sonderausgaben berücksichtigt.

Freibeträge für Kinder, einschließlich Betreuungs- und Ausbildungskosten, sowie der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende können ebenfalls nicht gewährt werden.

Werbungskosten sind in nachgewiesener Höhe nur absetzbar, wenn sie in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit inländischen Einkünften stehen. Bei Renteneinkünften wird ab dem Veranlagungszeitraum 2009 mindestens der Werbungskostenpauschbetrag berücksichtigt, wenn keine höheren mit den Einkünften im wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Werbungskosten nachgewiesen werden.

Zu verwenden ist der Vordruck ESt1C sowie die Anlage R für die Renteneinkünfte.

Unbeschränkte Steuerpflicht auf Antrag:

Sofern Ihr gesamtes Welteinkommen im Kalenderjahr mindestens zu 90 % der deutschen Einkommensteuer unterliegt, können Sie nach § 1 Absatz 3 EStG einen Antrag auf Behandlung als unbeschränkt Steuerpflichtiger stellen. Dies gilt auch, wenn Ihre Einkünfte, die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegen, nicht mehr als 6.136 Euro betragen. Dieser Betrag ist ab dem Jahr 2008 auf 7.664 Euro, ab 2009 auf 7.834 Euro und ab dem Jahr 2010 auf 8.004 Euro erhöht worden. Diese Beträge sind zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen notwendig und angemessen ist.

Aufgrund der Behandlung als unbeschränkt Steuerpflichtiger können unter Berücksichtigung der einzelnen Voraussetzungen – anders als bei beschränkter Steuerpflicht – personenbezogene Steuervergünstigungen sowie eine Reihe von familienbezogenen Vergünstigungen in Anspruch genommen werden, so dass diese Veranlagungsart zu einer geringeren Einkommensteuer führen kann.

Insbesondere können grundsätzlich Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen und Aufwendungen für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse bzw. haushaltsnahe Dienstleistungen steuermindernd geltend gemacht werden. Des Weiteren kommen Steuerermäßigungen für Kinder und der Abzug von Unterhaltsaufwendungen an Angehörige in Betracht.

Im Gegensatz zur beschränkten Steuerpflicht müssen bei der unbeschränkten Steuerpflicht auch die ausländischen Einkünfte erklärt werden. Diese werden zwar nicht besteuert, aber zur Berechnung des Steuersatzes für die inländischen Einkünfte einbezogen (§ 32b Absatz 1 Nummer 5 EStG).

Die Einkommensteuer bemisst sich bei unbeschränkter Steuerpflicht nach dem Einkommensteuertarif. Einkünfte bis zur Höhe des Grundfreibetrages werden nicht besteuert (§ 32a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG)

Nach § 1 a EStG besteht die Möglichkeit mit dem Ehegatten zusammen veranlagt zu werden und von dem günstigeren Splittingtarif zu profitieren, wenn einer der beiden Ehegatten die Voraussetzungen zur Behandlung als unbeschränkt Steuerpflichtiger erfüllt. Darüber hinaus ist erforderlich, dass der antragstellende Ehegatte Staatsangehöriger eines EU oder EWR Staates ist, dass der jeweils andere Ehegatte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem EU oder EWR-Staat inne hat und dass die gemeinsamen Einkünfte die doppelten Grenzen des § 1 Absatz 3 Satz 2 EStG nicht überschreiten (§ 1a Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 EStG).

Falls die Voraussetzungen für den Antrag nach § 1 Absatz 3 EStG erfüllt sind und ein entsprechender Antrag gestellt wurde, ist eine Einkommensteuererklärung für unbeschränkt Steuerpflichtige abzugeben (Vordruck ESt1A), und zur Angabe der ausländischen Einkünfte eine ausgefüllte “Bescheinigung EU/EWR” beizufügen, wenn Sie Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates der EU oder des EWR sind, oder eine ausgefüllte “Bescheinigung außerhalb EU/EWR”, wenn Sie nicht Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates der EU oder des EWR sind.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin