Freiberufler – Nachweis ingenieurähnlicher Kenntnisse

1. Eignung einer Tätigkeit zum Nachweis ingenieurähnlicher Kenntnisse

2. Umfang der Begutachtung durch einen Sachverständigen

BFH v. 11.07.1991 – IV R 73/90

Leitsatz

1. Eine Tätigkeit ist zum Nachweis ingenieurähnlicher Kenntnisse nicht geeignet, wenn sie auch anhand von Formelsammlungen und praktischen Erfahrungen ausgeübt werden kann, selbst wenn sie vielfach auch von Ingenieuren ausgeübt wird.

2. Wird mit der Begutachtung der Tätigkeit des Steuerpflichtigen ein Sachverständiger beauftragt, so ist es in der Regel nicht erforderlich, daß er den Steuerpflichtigen einer Wissensprüfung unterzieht. Es ist ausreichend, aber auch erforderlich, wenn er feststellt, ob die Tätigkeit des Steuerpflichtigen so anspruchsvoll ist, daß sie der Tiefe und der Breite nach zumindest das Wissen eines Kernbereichs eines Fachstudiums voraussetzt.

Gesetze

EStG § 18 Abs. 1
Instanzenzug

FG Baden-Württemberg

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger zu 2 (Kläger) absolvierte eine Ausbildung als Modellbauer und als technischer Zeichner. 1969 trat er in die Firma X-GmbH, einem Fertigungsbetrieb für Sitzmöbel, Tische und Konferenzanlagen, ein und erhielt 1978 die eigenverantwortliche Leitung der Modell-Entwicklungsabteilung übertragen. Mit diesem Aufgabenbereich war er bis zu seinem Ausscheiden betraut. Er war dabei verantwortlich für die technische Realisierung von neuen Erzeugnissen mit dem Schwerpunkt bei der Entwicklung neuer Stuhl- und Tischmöbel. Zusammen mit firmenfremden freiberuflichen Designern entwickelte er Neuprodukte der X-GmbH, und zwar sowohl gestalterisch als auch mit technischen Neuerungen. Seine Tätigkeit erstreckte sich von der Ausarbeitung von Anschauungs- und Funktionsmodellen bis zur Konstruktion im Detail und der Erstellung von Prototypen. Darüber hinaus hatte er die Gestaltung und Konstruktion von Sondermodellen übernommen. Durch seine Fortbildungsbemühungen eignete sich der Kläger nach seinem Vortrag einen einem Ingenieur vergleichbaren Kenntnisstand an und erwarb auch verschiedene Patente und Gebrauchsmuster. Ende Juni 1983 schied der Kläger aus der Firma aus und setzte seine bisherige Tätigkeit in erweitertem Umfang selbständig fort. Er arbeitete als ständiger Berater verschiedener Firmen, die ihn mit Entwicklungsaufgaben beauftragten.

In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1983 bezeichnete sich der Kläger als Produktdesigner, seinen Betrieb als Studio für Produktentwicklung. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt – FA -) folgte seinem Begehren, als Freiberufler behandelt zu werden, nicht und versagte daher die Gewährung des Freibetrags nach § 18 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der im Streitjahr geltenden Fassung. Außerdem erließ er für die Streitjahre 1983 und 1984 Gewerbesteuer-Meßbescheide.

Hiergegen wandte sich der Kläger nach erfolglosem Einspruch mit der zum Finanzgericht (FG) erhobenen Klage. Er machte geltend, er sei freiberuflich tätig, weil er eine einem Architekten oder Ingenieur ähnliche Tätigkeit ausübe. Produktdesign werde wie jene Berufsbildungsgänge als ordentliches Studienfach an Hochschulen gelehrt. Der Klage waren zahlreiche Unterlagen über Arbeiten des Klägers sowie Nachweise seiner Fortbildungsbemühungen auf dem Gebiet des technischen Zeichners, der Raumgestaltung und Raumtechnik sowie dem der elektronischen Datenverarbeitung beigefügt.

Das FG holte ein Gutachten darüber ein, ob die Tätigkeit des Klägers (zumindest von Gelegenheit zu Gelegenheit) Vorkenntnisse voraussetze, die denjenigen eines Ingenieurs klassischer Vorbildung entsprächen und ohne eine solche die Ergebnisse seiner Tätigkeit nicht denkbar wären. Der Gutachter gelangte zusammenfassend zu dem Ergebnis, die Ausübung der Tätigkeit des Klägers setze zwar Vorkenntnisse voraus, die der klassischen Vorbildung eines Ingenieurs entsprächen. Diese Vorkenntnisse seien jedoch beim Kläger nicht vorhanden. Die Vorgehensweise des Klägers sei deshalb anders als die eines Ingenieurs mit entsprechender Ausbildung. Er greife verstärkt auf seinen 18jährigen Erfahrungsschatz zurück und unterstütze von ihm angenommene Werte bei der Dimensionieren durch Versuche. Ergebnis seien dann ingenieurgerechte Entwürfe in einem relativ breiten Arbeitsspektrum.

Unter Zugrundelegung dieses Gutachtens wies das FG die Klage ab.

Die Revision gegen sein Urteil ließ das FG wegen grundsätzlicher Bedeutung zu.

Mit der Revision verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter.

Die Kläger beantragen sinngemäß, unter Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und der Einspruchsentscheidung vom 7. Januar 1987 die Gewerbesteuer-Meßbescheide 1983 und 1984 vom 29. August 1985 aufzuheben (nur Kläger zu 2) und den Einkommensteuerbescheid 1983 in der Weise zu ändern, daß der Freibetrag für freie Berufe gewährt wird.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Gründe

Die Revision ist nicht begründet.

Der Kläger war in den Streitjahren nicht freiberuflich i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG tätig. Insbesondere übte er nicht den Beruf des Ingenieurs aus. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist Ingenieur i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG nur derjenige, der das Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule, einer Fachhochschule, einer Ingenieurschule oder den Betriebsführerlehrgang an einer Bergschule abgeschlossen hat (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 5. Oktober 1989 IV R 154/86, BFHE 158, 409 , BStBl II 1990, 73 , m. w. N.). Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger nach den Feststellungen des FG nicht.

Der Kläger hat auch nicht einen dem Ingenieurberuf ähnlichen Beruf i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ausgeübt.

Ein Beruf ist einem der Katalogberufe des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ähnlich, wenn er in wesentlichen Punkten mit ihm verglichen werden kann (BFH-Urteil vom 25. April 1978 VIII R 149/74 , BFHE 125, 369 , BStBl II 1978, 565 ). Dazu gehören die Vergleichbarkeit

(1) der Ausbildung und

(2) der beruflichen Tätigkeit.

Es genügt demnach nicht, daß der Steuerpflichtige eine  Tätigkeit  ausübt, die auch von Ingenieuren ausgeübt wird.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die  Ausbildung  als „ein in aller Regel zulässiges und sachlich einleuchtendes Differenzierungskriterium für die Zuordnung zu einem Katalogberuf i. S. des § 18 EStG ” bezeichnet (Beschluß vom 9. Oktober 1990 2 BvR 146/90, Steuerrechtsprechung in Karteiform – StRK -, Einkommensteuergesetz 1975 , § 18 Abs. 1, Rechtsspruch 59). Für die Zugehörigkeit zu einem „ähnlichen Beruf” reicht es aus, wenn der Steuerpflichtige Kenntnisse, die den aufgrund der für den Katalogberuf vorgesehenen Ausbildung erworbenen vergleichbar sind, durch die Teilnahme an Kursen oder durch Selbststudium erworben hat. Ist der Nachweis der erforderlichen Kenntnisse in dieser Form nicht möglich, kann der Steuerpflichtige sie durch seine eigene praktische Tätigkeit belegen (BFH-Urteile vom 18. Juni 1980 I R 109/77 , BFHE 132, 16 , BStBl II 1981, 118 , 120; vom 10. November 1988 IV R 63/86, BFHE 155, 109, BStBl II 1989, 198).

Im Streitfall hat das FG aufgrund des eingeholten Sachverständigengutachtens festgestellt, daß dem Kläger die üblicherweise durch die Ingenieurausbildung vermittelten theoretischen Kenntnisse fehlen. Der Sachverständige hatte dem Kläger 13 mit dessen Entwürfen im Zusammenhang stehende Fachfragen gestellt, die dieser zum überwiegenden Teil nicht beantworten konnte. Die Feststellungen des FG sind für das Revisionsgericht nach § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bindend. Sie sind verfahrensrechtlich einwandfrei zustande gekommen und verstoßen entgegen der Auffassung der Kläger nicht gegen die Denkgesetze.

Allerdings hat der Sachverständige die Auffassung geäußert, die Arbeit des Klägers erfordere an sich die Kenntnisse eines Ingenieurs, er löse die ihm gestellten Aufgaben jedoch auf andere Weise, nämlich aufgrund seiner praktischen Berufserfahrung. Hierin liegt kein unauflöslicher Widerspruch.

Wie sich aus dem Zusammenhang des Gutachtens ergibt, meint der Sachverständige mit seiner Äußerung, daß die vom Kläger erbrachten Leistungen gewöhnlich von ausgebildeten Ingenieuren erbracht werden. Derartige Sachverhalte kommen häufig vor. Sie hängen damit zusammen, daß zahlreiche Ingenieure – der größeren Nachfrage wegen – in Aufgabenbereichen tätig sind, die auch von erfahrenen Praktikern ohne theoretische Ausbildung, sei es aufgrund ihrer Berufserfahrung, sei es mittels Formelsammlungen, wahrgenommen werden können. Übt ein Autodidakt eine solche Tätigkeit aus, ist sie nicht geeignet, den Nachweis der erforderlichen theoretischen Kenntnisse zu erbringen:

Ingenieurähnliche Kenntnisse können nur dann mittels der eigenen Berufstätigkeit des Steuerpflichtigen nachgewiesen werden, wenn diese besonders anspruchsvoll ist und sowohl der Tiefe als auch der Breite nach zumindest das Wissen eines Kernbereichs eines Fachstudiums voraussetzt (BFH-Urteile in BFHE 132, 16 , BStBl II 1981, 118 , 120; in BFHE 158, 409, BStBl II 1990, 73; ähnlich BVerfG in StRK, Einkommensteuergesetz 1975, § 18 Abs. 1, Rechtsspruch 59). Soll nämlich von der Art der ausgeübten Tätigkeit auf den Kenntnisstand und die Qualifikation des Berufsausübenden geschlossen werden, so muß sich diese Tätigkeit an der allgemeinen Aufgabenbeschreibung des Vergleichsberufs messen lassen (BFH-Urteil vom 21. Februar 1986 III R 183, 184/82, BFH/NV 1986, 603).

Hierin liegt keine unzulässige Bevorzugung des Ingenieurs, der in einem nicht ausbildungsadäquaten Aufgabenbereich tätig ist. Denn dieser vermag auch relativ einfach erscheinende Probleme anhand seiner umfassenden theoretischen Ausbildung in einem größeren Zusammenhang zu sehen und damit sicherer zu beurteilen als derjenige, der nur auf seine praktische Berufserfahrung zurückgreifen kann (BFH-Urteil vom 22. Januar 1988 III R 43-44/85, BFHE 152, 345 , BStBl II 1988, 497 ). Zudem hat der Senat entschieden, daß auch ein Autodidakt, der (in früheren Jahren) durch den fachlichen Anspruch und die Breite seiner Tätigkeit seine theoretischen Kenntnisse nachgewiesen hat, ebenso wie der ausgebildete Ingenieur oder Architekt Freiberufler bleibt, wenn er in späteren Jahren eine Tätigkeit ausübt, die zwar auch von Ingenieuren und Architekten ausgeübt wird, jedoch nicht deren Kenntnisstand voraussetzt (Urteil vom 12. Oktober 1989 IV R 118-119/87, BFHE 158, 413 , BStBl II 1990, 64 , zu einem Bauleiter).

In der Regel wird es in Fällen wie dem hier zu beurteilenden nicht erforderlich sein, daß der Sachverständige den Steuerpflichtigen einer Art Examen unterzieht. Es genügt, wenn er feststellt, ob dessen Tätigkeit so anspruchsvoll ist, daß sie sowohl der Tiefe als auch der Breite nach zumindest das Wissen eines Kernbereichs eines Fachstudiums voraussetzt (BFH-Urteil in BFHE 132, 16 , BStBl II 1981, 118 , 120), oder ob sie auch anhand von Formelsammlungen oder praktischen Erfahrungen ausgeübt werden kann. Dementsprechend sollte bereits in dem dem Sachverständigen vom FG erteilten Auftrag tunlichst darauf hingewiesen werden, daß eine Tätigkeit nicht bereits dann geeignet ist, ingenieurähnliche Kenntnisse zu dokumentieren, wenn sie auch – oder sogar überwiegend – von Ingenieuren ausgeübt wird.

Keine Verteilung des Übergangsgewinns bei Buchwerteinbringung

Zurückbehalten von Forderungen bei Praxiseinbringung

Leitsatz

Geht ein Steuerpflichtiger vor Einbringung seiner Einzelpraxis in eine neu gegründete Sozietät von der Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG zum Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG über, so hat er jedenfalls bei Buchwerteinbringung keinen Anspruch auf Billigkeitsverteilung eines etwa dabei entstehenden Übergangsgewinns.

Gesetze

EStG § 4 Abs. 1 und 3
UmwStG § 24
Instanzenzug

Niedersächsisches FG

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) unterhielt als Steuerberater bis zum 30. Juni 1988 eine eigene Praxis und ermittelte seinen Gewinn daraus durch Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) . Zum 1. Juli 1988 gründete er mit einem weiteren Steuerberater, seinem jetzigen Prozessbevollmächtigten, eine Sozietät, in die er seine Praxis zum Buchwert einbrachte. Forderungen und Verbindlichkeiten bis zur Einbringung standen dem Kläger weiterhin persönlich zu. Zur Abgeltung des hälftigen Praxiswerts und der materiellen Wirtschaftsgüter erbrachte der eintretende Sozius eine Bareinlage in Höhe von 415 000 DM. Nachdem die Sozietät zum 1. Juli und 31. Dezember 1988 sowie zum 31. Dezember 1989 bilanziert hatte, ging sie zum 1. Januar 1990 zur Einnahmen-Überschussrechnung über.

Der Kläger nahm eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG für das Rumpfwirtschaftsjahr vom 1. Januar bis 30. Juni 1988 vor und erstellte einen Jahresabschluss zum 30. Juni 1988. Den sich daraus ergebenden Übergangsgewinn von 382 018,70 DM beantragte er unter Hinweis auf Abschn. 19 Abs. 1 Satz 8 der Einkommensteuer-Richtlinien 1987 (EStR 1987 ) im Streitjahr lediglich mit einem Drittel zu versteuern. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt – FA -) lehnte dies mit der Begründung ab, die Einbringung sei wirtschaftlich einer Praxisveräußerung gleichzustellen, für die eine Verteilung des Übergangsgewinns ebenfalls nicht in Betracht komme.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) vom 29. November 1999 ist in juris unter dem Az. XII 343/96 veröffentlicht.

Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts und trägt im Wesentlichen vor: Die Zuzahlung des eintretenden Sozius habe nur den Praxiswert abgegolten, während die Forderungen zwar eingebracht, aber anschließend ihm, dem Kläger, allein über Sonderbilanzen zugerechnet worden seien. Er habe also praktisch seinen Betrieb in der Sozietät fortgeführt und daher Anspruch auf die Anwendung der Billigkeitsregelung des Abschn. 19 Abs. 1 Satz 8 EStR 1987 , andernfalls die Besteuerungsgleichheit verletzt sei. Hilfsweise werde geltend gemacht, dass der Übergangsgewinn bei der Gewinnfeststellung der Sozietät zu berücksichtigen sei.

Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 1988 mit der Maßgabe zu ändern, dass der Übergangsgewinn nur zu einem Drittel erfasst wird.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Gründe

Während des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens änderte das FA den angefochtenen Bescheid zur Steuerfreistellung des Existenzminimums für die Kinder des Klägers gemäß § 53 EStG und ermäßigte die Einkommensteuer um 386 DM auf 227 593 DM

Die Revision ist mit der Maßgabe unbegründet, dass die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage gegen den Einkommensteueränderungsbescheid 1988 vom 14. November 2000 abzuweisen war (§ 127 der Finanzgerichtsordnung – FGO – ).

I. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der während des Verfahrens über die Nichtzulassungsbeschwerde ergangene Einkommensteueränderungsbescheid vom 14. November 2000, der zum Gegenstand des Verfahrens gemacht wurde. Darüber sind sich die Beteiligten einig.

1. Obwohl der Änderungsbescheid zum Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden ist, bedarf es im Streitfall keiner Aufhebung des Urteils mit Zurückverweisung des Rechtsstreits zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 127 FGO ), weil die Sache spruchreif ist. Hinsichtlich der Streitfrage, ob dem Kläger die Gewinnkorrekturen aus dem Übergang zum Bestandsvergleich auf drei Jahre zu verteilen sind, hat sich durch die Änderung des ursprünglich angefochtenen Bescheids kein neuer Sachverhalt ergeben. Die Entscheidung des Senats in der Sache selbst setzt aber voraus, dass er das FG-Urteil ungeachtet dessen aufhebt, dass es keinen Rechtsfehler erkennen lässt. Denn dieses Urteil betraf einen Verwaltungsakt, der nicht mehr Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist (s. etwa Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 29. Juli 1992 II R 39/89 , BFHE 168, 431 , BStBl II 1993, 63 , m. w. N.).

2. Mit der Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils fallen die Feststellungen des FG allerdings nicht fort. Das finanzgerichtliche Verfahren leidet nicht an einem Verfahrensmangel, so dass die tatsächlichen Feststellungen des FG bis zur Beendigung des Prozesses bestehen bleiben und ungeachtet der Aufhebung der Vorentscheidung Grundlage der weiteren Entscheidung des Senats sind (BFH-Urteil vom 20. Juli 1988 II R 164/85 , BFHE 154, 13 , BStBl II 1988, 955 ). Der Senat hält den vom Kläger geltend gemachten Verfahrensmangel nicht für durchgreifend. Von einer Begründung wird gemäß § 126 Abs. 6 FGO insoweit abgesehen.

II. Der erkennende Senat entscheidet auf Grund seiner Befugnis aus den §§ 121 und 100 FGO in der Sache selbst. Die Klage ist als unbegründet abzuweisen. Im Ergebnis zutreffend hat das FA eine Verteilung der Gewinnzuschläge aus dem der Einbringung vorangegangenen Übergang zur Bilanzierung abgelehnt.

1. Geht ein Steuerpflichtiger von der Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG zur Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG über, so erfordert der Wechsel vom Zu- und Abflussprinzip zum Realisationsprinzip die Vornahme von Zu- und Abrechnungen, damit sich Geschäftsvorfälle nicht doppelt oder (andererseits) überhaupt nicht auswirken (ständige Rechtsprechung seit dem Urteil des Reichsfinanzhofs – RFH – vom 7. Dezember 1938 VI 774/37, RStBl 1939, 172; s. auch Senatsurteile vom 28. Mai 1968 IV R 202/67 , BFHE 92, 555, BStBl II 1968, 650 , und vom 24. Januar 1985 IV R 155/83, BFHE 143, 78, BStBl II 1985, 255, sowie aus jüngerer Zeit Senatsbeschluss vom 23. August 1995 IV B 78/94, BFH/NV 1996, 119).

a) Erfolgt der Übergang zum Bestandsvergleich im Zusammenhang mit der Einbringung eines Betriebs in eine Personengesellschaft, so erhöht ein dabei entstehender Übergangsgewinn den laufenden Gewinn des einbringenden Steuerpflichtigen im letzten Wirtschaftsjahr vor der Einbringung (s. Senatsurteil vom 13. Dezember 1979 IV R 69/74, BFHE 129, 380 , BStBl II 1980, 239 ; a. A. BFH-Urteil vom 18. Dezember 1964 VI 236/63 , Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung – HFR – 1965, 311 ). Insofern wird der Übergangsgewinn nicht anders behandelt als die Zurechnungen, die sich aus dem vor der Aufgabe oder der Veräußerung eines Betriebs mit Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG gebotenen fiktiven Bestandsvergleich ergeben (Senatsurteil vom 23. November 1961 IV 98/60 S, BFHE 74, 535, BStBl III 1962, 199 ). Der Übergangsgewinn ist danach dem Einbringenden und nicht der Gesellschaft im Wege der Gewinnfeststellung zuzurechnen.

b) Das FA hat diese Parallele zur Betriebsveräußerung auch seiner Ablehnung einer Billigkeitsverteilung im Streitfall zugrunde gelegt. Für den Fall der Betriebsveräußerung vertritt der Senat in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass die Hinzurechnungen zum laufenden Gewinn nicht nach Abschn. 19 Abs. 1 Satz 8 EStR 1987 (jetzt R 17 Abs. 1 Satz 4 EStR 2001 ) auf drei Jahre verteilt werden können (Urteile vom 3. August 1967 IV 30/65, BFHE 90, 17, BStBl III 1967, 755 , und vom 11. August 1983 IV R 156/80, nicht veröffentlicht – NV – juris, sowie Beschluss vom 23. August 1991 IV B 69/90, BFH/NV 1992, 512).

Die EStR lehnen eine Billigkeitsverteilung für den Fall der Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs nicht ausdrücklich ab, sondern regeln seit jeher nur den Fall, dass der Steuerpflichtige die Verteilung des Übergangsgewinns gewählt hat, den Betrieb aber vor Ablauf dieses Verteilungszeitraums veräußert oder aufgibt; dann erhöhen die noch nicht berücksichtigten Beträge den laufenden Gewinn des letzten Wirtschaftsjahrs (R 17 Abs. 1 Satz 5 EStR 2001 ; ebenso schon Abschn. 19 Abs. 1 Satz 9 EStR 1987 ).

c) Der Senat hat den Grund für diese Beschränkung der Billigkeitsmaßnahme darin gesehen, dass die infolge des Wechsels der Gewinnermittlungsart veranlasste Gewinnkorrektur die Existenz eines fortbestehenden Betriebs nicht gefährden soll; ein Billigkeitsgedanke, der bei der Veräußerung oder Aufgabe eines Betriebs aber nicht zum Zuge kommt (BFH in BFHE 90, 17, BStBl III 1967, 755 , und BFH-Urteil IV R 156/80, NV). Ob diese Erwägungen auch auf den bislang noch nicht entschiedenen Fall von Gewinnkorrekturen anzuwenden sind, die im Zusammenhang mit der Erstellung einer Einbringungsbilanz anfallen, kann dahinstehen. Auch die Frage, ob die vom FG vorgenommene Gleichsetzung der Einbringung mit einer Betriebsveräußerung nach dem Beschluss des Großen Senats des BFH vom 18. Oktober 1999 GrS 2/98 (BFHE 189, 465, BStBl II 2000, 123) noch Bestand haben kann (s. etwa Offerhaus, in Festschrift für Widmann, S. 441, 450 ff.), bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Denn abgesehen davon, dass es dem Senat verwehrt ist, die Billigkeitsregelung in Abschn. 19 Abs. 1 Satz 8 EStR 1987 auf den Fall der Einbringung eines Betriebs in eine Personengesellschaft auszudehnen, fehlt es insoweit bereits an einer sachlichen Rechtfertigung für eine Billigkeitsmaßnahme.

2. Rechtsgrundlage der Gewinnkorrekturen beim Übergang zum Bestandsvergleich ist der Gewinnbegriff des § 4 Abs. 1 EStG (vgl. Kanzler, Finanz-Rundschau – FR – 1999, 225, 227, m. w. N.), der es erfordert, den Steuerpflichtigen so zu stellen, als hätte er von Anfang an bilanziert (s. nur Senatsurteil vom 1. Oktober 1992 IV R 97/91, BFHE 169, 180 , BStBl II 1993, 284 ). Der Übergang zum Bestandsvergleich dient daher nicht nur der Ermittlung eines Veräußerungs- oder Einbringungsgewinns, sondern ,,bezweckt auch eine dem Gewinnbegriff des Einkommensteuergesetzes entsprechende Erfassung des laufenden Gewinns“ (BFH in BFHE 129, 380 , BStBl II 1980, 239 ). Die sich daraus ergebenden Gewinnerhöhungen entsprechen dem Gesetzesplan, der Billigkeitsregelungen allenfalls rechtfertigen kann, wenn ein solcher Wechsel der Gewinnermittlungsart zwingend, d. h. auf Grund gesetzlicher Vorschriften, wie etwa des Eintritts in die Buchführungspflicht, vorzunehmen ist. Die EStR gehen insoweit darüber hinaus, als sie eine Billigkeitsverteilung der Gewinnhinzurechnungen auf zwei oder drei Jahre auch für den Fall eines freiwilligen Übergangs zum Bestandsvergleich zulassen, für den weder eine sachliche noch eine persönliche Härte zu bejahen ist.

Auch im Streitfall bedurfte es keines Übergangs zum Bestandsvergleich, weil die Einbringung zum Buchwert erfolgen sollte und für diesen Fall auf die Erstellung einer Einbringungs- und einer Übergangsbilanz verzichtet werden konnte (BFH in BFHE 189, 465 , BStBl II 2000, 123 , zu C. II. 1. der Entscheidungsgründe; s. auch Widmann, Deutsche Steuer-Zeitung 1985, 387). Wenn sich der Kläger gleichwohl für die Erstellung einer Einbringungsbilanz entschieden hatte, so, weil, er die Sofortversteuerung seiner Honorarforderungen herbeiführen wollte. Unter diesen Umständen besteht kein Anspruch auf eine Billigkeitsmaßnahme, zumal eine Sofortversteuerung der dem Einbringenden zustehenden Honorare auch hätte vermieden werden können, wenn der Kläger diese von der Einbringung ausgenommen hätte (s. nur Widmann/ Mayer, Umwandlungsrecht, § 24 UmwStG 1977 Rz. 157).

Schließlich konnte der Senat nicht unberücksichtigt lassen, das die Sozietät 18 Monate nach der Einbringung wieder zur Einnahmen-Überschussrechnung unter Ansatz eines Übergangsverlustes in beträchtlicher Höhe zurückgekehrt ist.

Entscheidungen des Finanzgerichts Düsseldorf

Folgende Entscheidungen hat das Finanzgericht Düsseldorf mit Datum von heute (04.03.2013) veröffentlicht:

– FG Düsseldorf Beschluss vom 14.12.2012 – 1 K 2309/09 E: Verfassungswidrigkeit der sog. Reichensteuer im Veranlagungszeitraum 2007

Im Streitfall bezog ein Arbeitnehmer im Jahr 2007 ein Gehalt von über 1,5 Mio. €. Das Finanzamt unterwarf die betreffenden Einkünfte dem für Einkommen über 250.000 € (Ledige) bzw. 500.000 € (Verheiratete) geltenden Spitzensteuersatz von 45 %. Dagegen wandte sich der Arbeitnehmer und machte eine Ungleichbehandlung geltend: Selbständige Unternehmer und Freiberufler, die gleich hohe Einkünfte erzielten, unterlägen nämlich nur dem Spitzensteuersatz von 42 %.

Dem ist das Finanzgericht Düsseldorf gefolgt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Tatsache, dass im Jahr 2007 Arbeitnehmer mit Lohn- und Gehaltseinkünften sowie Steuerpflichtige mit Miet- oder Zinseinkünften einem Steuersatz von 45 % unterworfen würden, andere Steuerpflichtige dagegen maximal 42 % zahlten, stelle eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung dar. Ein Rechtfertigungsgrund sei vom Gesetzgeber nicht angeführt worden.

Das Finanzgericht Düsseldorf hat die streitige Rechtsfrage dem Bundesverfassungsgericht zur Klärung vorgelegt.1

– FG Düsseldorf Urteil vom 27.06.2012 – 4 K 4372/08 VE: Energiesteuerbefreiung eines Firmenjets

Die Beteiligten stritten um die Energiesteuerbefreiung eines Firmenjets. Die Klägerin, eine Tochtergesellschaft eines internationalen Konzerns, hatte die Aufgabe, ein Firmenflugzeug zu betreiben und das dafür erforderliche Personal zu stellen. Neben Trainings- und Werkstattflügen führte die Gesellschaft fast ausschließlich Flüge für das Management des Konzerns und seiner Tochtergesellschaften durch. Sie beantragte beim Hauptzollamt die Vergütung der für den Treibstoff bezahlten Energiesteuer, soweit dieser für dienstliche Flüge verwendet worden war. Dies wurde ihr unter Hinweis darauf, dass sie kein gewerbliches Luftfahrtunternehmen betreibe, versagt.

Das Finanzgericht Düsseldorf hat der Klage stattgegeben. Da die Klägerin Flüge für andere Konzerngesellschaften durchgeführt habe, diene ihr Flugzeug gewerblichen Zwecken und nicht der privaten nichtgewerblichen Luftfahrt. Es komme nicht darauf an, ob die Gesellschaft luftverkehrsrechtlich als Luftfahrtunternehmen zugelassen sei und andere Passagiere befördern dürfe. Die Gesellschaft erfülle daher die Voraussetzungen für eine Energiesteuerbefreiung.

Das Finanzgericht Düsseldorf hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Weitere aktuelle Entscheidungen

– FG Düsseldorf Urteil 21.11.2012 – 7 K 3613/12 GE (Erfordernisse einer ordnungsgemäßen Anzeige nach dem Grunderwerbsteuergesetz);

– FG Düsseldorf Urteil 11.12.2012 – 10 K 4050/10 E (Keine Besteuerung der Barabfindungen bei sog. Altaktienbeständen anlässlich der Einführung der Abgeltungssteuer zum 1. Januar 2009);

– FG Düsseldorf Urteil vom 14.01.2013 – 11 K 2439/10 (Nachweise für die Berücksichtigung einer Spende an eine spanische Stiftung);

– FG Düsseldorf Urteil vom 28.11.2012 – 15 K 4263/11 Kg (Kindergeldanspruch eines im Inland lebenden Vaters für sein in Polen bei – nicht kindergeldberechtigten – Pflegeeltern lebendes Kind);

– FG Düsseldorf Urteil vom 10.01.2013 – 16 K 2855/12 Kg
– FG Düsseldorf Urteil vom 10.01.2013 – 16 K 3495/12 Kg (Gewährung von Kindergeld unter Anwendung der neuen EG-Verordnung Nr. 883/2004 und der Durchführungsverordnung EG-Verodnung Nr. 987/2009).

Finanzgericht Düsseldorf

Reichensteuer teilweise verfassungswidrig?

Einkommensteuer; Reichensteuer teilweise verfassungswidrig?

Der 1. Senat des FG Düsseldorf ist davon überzeugt, dass die Reichensteuer insoweit verfassungswidrig ist, als der Gesetzgeber im Zusammenhang mit der Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 45 % gleichzeitig eine auf Gewinneinkünfte beschränkte Tarifbegrenzung (Entlastungsbetrag) eingeführt hat. Aus diesem Grund hat er sich mit Beschluss vom 14. 12. 2012 zur Klärung der Frage an das BVerfG gewandt. Die als „Reichensteuer” bezeichnete Erhöhung der Einkommensteuer für besonders hohe Einkommen trat mit dem StÄndG 2007 (BGBl 2006 I S. 1652 ) zum 1. 1. 2007 in Kraft. Ab einem zu versteuernden Einkommen von derzeitig 250.731 € für Ledige bzw. ab 501.462 € bei Zusammenveranlagung beträgt der Spitzensteuersatz 45 %. Dieser Steuersatz galt im Veranlagungszeitraum 2007 allerdings nicht für die Gewinneinkünfte, was damit begründet wurde, dass zum 1. 1. 2008 eine Unternehmensteuerreform (BGBl 2007 I S. 1912 ) in Kraft trat (§ 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 EStG a. F., § 32c EStG a. F.).

Anmerkung:

Die Frage, ob die Reichenbesteuerung im Jahr 2007 gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, ist im Streitfall entscheidungserheblich. Sollte die Vereinbarkeit mit dem Gleichheitsgrundsatz nicht gegeben sein, ist es nicht ausgeschlossen, dass der Gesetzgeber eine für die Kläger des Ausgangsverfahrens günstige Regelung schafft und etwa zu einem einheitlichen Spitzensteuersatz von 42 % zurückkehrt. Liegt ein Gleichheitsverstoß vor, hat der Gesetzgeber jedoch verschiedene Möglichkeiten, den Verfassungsverstoß zu beseitigen. In diesem Fall müsste das Klageverfahren bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber ausgesetzt werden.

EDV-Berater – freiberufliche oder gewerbliche Tätigkeit

Abgrenzung freiberufliche Tätigkeit zum Gewerbebetrieb – Vergleichbarkeit der Ausbildung

Ein aktuelles Urteil zeigt, dass es für im EDV-Bereich selbstständig tätige Nicht-Akademiker fast unmöglich ist, als Freiberufler anerkannt zu werden und damit von der Gewerbesteuer befreit zu sein.

Leitsatz

  1. 1.            Eine dem Ingenieurberuf ähnliche Tätigkeit liegt vor, sofern sie in Ausbildung und berufliche Tätigkeit im wesentlichen Punkten mit dem Katalogberuf vergleichbar ist.
  2. 2.            Im Rahmen der Vergleichbarkeit der Katalogberufe des § 18 EStG kann das für ein Ingenieurstudium erforderliche Grundlagenwissen in Mathematik nicht durch besondere Kenntnisse in anderen Bereichen ersetzt werden.

Gesetze

EStG § 15 Abs. 2 Satz 1
EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2
GewStG § 2 Abs. 1
Verfahrensstand:  Diese Entscheidung ist vorläufig nicht rechtskräftig

Tatbestand

Strittig ist, ob die Klägerin im Streitjahr freiberufliche oder gewerbliche Einkünfte erzielt hat.

Die Klägerin ist …. Nach ihren eigenen Angaben besitzt sie seit 1989 Erfahrungen im EDV-Bereich und war ausweislich ihres Lebenslaufs nach einer gut achtmonatigen Ausbildung zum Systemverwalter SAP R3 in 1994/1995 überwiegend als SAP R3 Beraterin tätig. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den in den Akten vorhandenen Lebenslauf der Klägerin verwiesen.

Eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung im Jahr 2003 führte zu einer Überprüfung des Finanzamts, ob die Klägerin möglicherweise gewerbliche Einkünfte erzielt habe. … Die Anfrage des Finanzamts vom 28.04.2004, welche Tätigkeiten ab dem Veranlagungszeitraum 1998 im Einzelnen tatsächlich ausübt wurden, folgte eine allgemeine, nicht auf bestimmte Auftraggeber bezogene Tätigkeitsbeschreibung. Arbeitsverträge könnten nicht vorgelegt werden, da sie freiberuflich tätig sei und nur Auftragsbestätigungen erhalte. Das Finanzamt legte daraufhin im Schreiben vom 04.08.2004 dar, dass, wenn die Klägerin tatsächlich unterrichtend tätig sei, dies im Gegensatz zu ihren Angaben in der Steuererklärung stehe, wonach sie sich selbst als EDV-Beraterin (Systemsoftwareentwicklung) bezeichne. Ohne konkreten Nachweis hinsichtlich der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit werde es daher davon ausgehen, dass die Klägerin als EDV-Beraterin tätig sei. Auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) V R 11/85 werde verwiesen. …. Diese Angaben reichten dem Finanzamt für die Streitjahre ab 1998 nicht aus; es forderte nochmals Angaben zur konkret ausgeübten Tätigkeit und erließ für das Jahr 2003 am 21.09.2004 einen Gewerbesteuermessbescheid.

Die Klägerin legte am 30.09.2004 Einspruch ein und verwies auf das noch nicht abgeschlossene Verfahren für die Vorjahre. ….

Nachdem die Klägerin dieser Aufforderung nicht nachkam, wurde der Einspruch wegen Gewerbesteuermessbetrags … 2003 mit am 22.06.2006 zur Post gegebenen Entscheidung zurückgewiesen.

In ihrer Klagebegründung für die Streitjahre … und 2003 trug die Klägerin vor, sie sei freiberufliche IT – Systemprogrammiererin. Sie habe im Wesentlichen neue Software erstellt und Programmierleistungen selbständig erbracht. … Die Gewerbesteuermessbescheide seien aufzuheben.

Das Finanzamt vertrat die Auffassung, die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass sie eine ingenieurähnliche Tätigkeit ausgeübt habe. Insbesondere sei nicht ersichtlich, dass sie über die erforderliche Ausbildung verfüge.

Am 16.04.2007 hat das Gericht einen Beweisbeschluss erlassen, wonach Beweis erhoben werden sollte, ob die konkrete Tätigkeit der Klägerin ingenieurähnlich ist, weil sie sich durch klassische ingenieurmäßige Vorgehensweise (Planung, Konstruktion und Überwachung) auszeichnet, und ob die praktischen Arbeiten der Klägerin in Verbindung mit ihrem Ausbildungsgang den Schluss zulassen, dass sie, obwohl sie kein Ingenieur- oder Informatikstudium abgeschlossen hat, (bereits) in den Streitjahren über ingenieurähnliche Kenntnisse verfügte, die ihrer Breite und Tiefe nach denjenigen des an einer Fachhochschule oder wissenschaftlichen Hochschule ausgebildeten Ingenieurs oder Diplominformatikers entsprechen.

….

Der vom Gericht bestellte Sachverständige A. kam in seinem Gutachten vom 29.09.2010 unter Würdigung der von der Klägerin vorgelegten Arbeitsproben zu dem Ergebnis, dass er nicht abschließend beurteilen könne, ob die Kenntnisse der Klägerin ingenieurmäßig seien, weil das Wissen in dem Fach Mathematik von ihm nicht beurteilt werden könne. …

… Daraufhin wurden die Verfahren für 1998 – 2001 von diesem Verfahren abgetrennt.

….

Die Klägerin trägt vor, sie sei ingenieurmäßig tätig geworden. Auch der Sachverständige habe festgestellt, dass ihr nur Kenntnisse im Fall Mathematik und daher allenfalls 7 % des geforderten Wissens fehlten. 93 % des Wissens wäre daher dem eines Diplom-Informatikers vergleichbar. Da das Gericht schriftsätzlich zu erkennen gegeben habe, dass es der Auffassung sei, die Breite und Tiefe der Ausbildung sei nicht nachgewiesen, werde vorsorglich eine Wissensprüfung beantragt. Sie selbst sei aber der Auffassung, bei dieser Sachlage sei eine Wissensprüfung nicht angezeigt.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den geänderten Gewerbesteuermessbescheid 2003 vom 10.10.2011 sowie die davor ergangenen Gewerbesteuermessbescheide insgesamt aufzuheben;

hilfsweise,

für den Fall der Klagabweisung die Revision zuzulassen.

Der Beklagte hat … beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Gericht hat am 27.02.2012 beschlossen, dass Beweis erhoben werden soll, ob die Klägerin in den Streitjahren über ingenieurähnliche Kenntnisse verfügte, die ihrer Breite und Tiefe nach denjenigen des an einer Fachhochschule oder wissenschaftlichen Hochschule ausgebildeten Ingenieurs oder Diplominformatikers entsprechen, durch Vornahme einer Wissensprüfung. Mit der Durchführung der Wissensprüfung wurde der B. beauftragt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.05.2012 verwiesen.

Dem Gericht lagen die den Streitfall betreffenden Akten des Finanzamts vor.

Gründe

I. ….

II. Die Klage ist nicht begründet.

Die selbständige Betätigung der Klägerin in den Streitjahren stellt sich….nicht als Ausübung eines freien Berufs dar.

1. Da die Klägerin unbestritten wegen fehlenden Studiums nicht als Ingenieur tätig war, kommt im Streitfall nur eine dem Ingenieurberuf ähnliche Tätigkeit in Betracht, sofern sie in Ausbildung und beruflicher Tätigkeit in wesentlichen Punkten mit dem Katalogberuf vergleichbar ist. Die danach in Tiefe und Breite –einem Ingenieur– vergleichbaren Kenntnisse kann nach ständiger BFH-Rechtsprechung auch ein Diplom-Informatiker geltend machen, weil das Studium der Informatik an einer (Fach-)Hochschule dem der traditionellen Ingenieurwissenschaften gleichwertig ist, auch wenn das Ingenieurstudium im Grundsatz allgemeiner sein kann. Dies gilt auch, wenn der Steuerpflichtige

–ohne entsprechende Hochschulausbildung– nachweisen kann, dass er sich das Wissen eines Diplom-Informatikers in vergleichbarer Breite und Tiefe auf andere Weise im Wege der Fortbildung und/oder des Selbststudiums oder ggf. anhand eigener praktischer Arbeiten angeeignet hat, sofern die erworbenen Kenntnisse der Tiefe und der Breite nach dem Wissen des Kernbereichs des jeweiligen Fachstudiums entsprechen. Dies erfordert Erfahrungen und Kenntnisse in allen Kernbereichen des Katalogberufs. Dementsprechend kann auch ein EDV-Berater geltend machen, einen ingenieurähnlichen Beruf auszuüben (BFH-Urteile vom 16.12.2008 VIII R 27/07 , HFR 2009, 898 ; vom 18.04.2007 XI R 29/06, BFHE 218, 65 , BStBl II 2007, 781 jeweils mit zahlreichen Nachweisen).

2. Ausweislich des eingeholten Gutachtens ist die Klägerin auf dem Fachgebiet Entwicklung, Implementierung und Betreuung von Software tätig gewesen. Derartige Tätigkeiten sind bei Anlegung der dargelegten Grundsätze für den Ingenieurberuf typische Tätigkeiten (vgl. BFH-Urteil vom 22.09.2009 VIII R 63/06 , BFHE 227, 386 , BStBl II 2010, 466). In diesem Bereich besitzt die Klägerin nach den Feststellungen des Sachverständigen A. profunde Kenntnisse.

Jedoch ist der Nachweis, dass die Klägerin über die erforderlichen Kenntnisse der Breite und der Tiefe nach verfügt, nicht gelungen.

a) Die Klägerin hat im Fach Mathematik keine nennenswerten Kenntnisse durch Ausbildungsnachweise belegen können. Der Sachverständige A. hat in seinem Gutachten festgestellt, auch ihre vorgelegten praktischen Arbeiten hätten einen Bezug zu mathematischen Grundkenntnisses nicht herstellen können. In der Berufstätigkeit der Klägerin sah er auch keine Gelegenheit dafür, dass sie sich diese Kenntnisse „on the job” angeeignet haben könnte. Es sah daher den Themenblock „Mathematik” nicht als ausreichend abgedeckt an (Tz. 4.5.4).

Die Klägerin irrt, wenn sie der Auffassung ist, angesichts der Feststellung des Sachverständigen, dass ihr nur Kenntnisse im Fall Mathematik und daher allenfalls 7 % des geforderten Wissens fehlten, sei ihr Wissen mit 93 % des Wissens dem eines Diplom-Informatikers vergleichbar. Derartige Würdigungen werden zwar gerichtsbekannt auch von anderen Sachverständigen in ihren Privat- oder Gerichtsgutachten vertreten. Dabei wird aber übersehen, dass zu beurteilen ist, ob die Klägerin mit ihren vorhandenen Kenntnissen ein Fachhochschulstudium mit einem Abschluss bestanden hätte. Nur dann ist ihr Wissen der Tiefe und der Breite nach mit dem eines Diplom-Informatikers vergleichbar.

Der erkennende Senat teilt die Auffassung des BFH, wonach der Nachweis eines vergleichbar umfänglichen Wissens ein sachgerechter und verfassungsrechtlich zulässiger Maßstab für die Abgrenzung gewerblicher und freiberuflicher Tätigkeiten ist. Denn das in einem förmlichen Studiengang vermittelte Grundlagenwissen ist für die spätere Tätigkeit schon deshalb nicht als überflüssig anzusehen, weil bei typisierender Betrachtung ein Steuerpflichtiger, der über ein gründliches und umfassendes theoretisches Wissen verfügt, insbesondere seltener in der Praxis auftretende Probleme in einem größeren Zusammenhang zu sehen und damit sicherer zu beurteilen vermag als jemand, der aufgrund überwiegend praktischer Erfahrung sich ein Spezialwissen angeeignet hat (BFH-Urteil vom 18.04.2007 XI R 29/06 , BFHE 218, 65 , BStBl II 2007, 781 m.w.N.).

Da die Prüfung im Grundlagenfach Mathematik bei einem Diplom-Wirtschaftsinformatiker (FH) mit Studienabschluss vor dem Streitjahr 2003 in einer Fachprüfung mindestens mit ausreichend bestanden werden muss und bei einem nicht ausreichenden Ergebnis nicht durch andere Prüfungsleistungen ausgeglichen werden kann (so die einschlägigen Prüfungsordnungen verschiedener Fachhochschulen), konnten die Kenntnisse der Klägerin im Streitfall allenfalls durch eine Wissensprüfung belegt werden (vgl. dazu BFH-Urteil vom 16.12.2008 VIII R 27/07 , HFR 2009, 898 unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 19.09.2002 IV R 74/00 , BStBl II 2003 , 27 ; Urteil des Finanzgericht Rheinland-Pfalz vom 07.09.2011 1 K 1586/09 , nv, juris).

b) Da die Tätigkeit der Klägerin im Streitjahr ingenieurmäßig war und sich nach den Feststellungen im schriftlichen Sachverständigengutachten erkennen ließ, dass die Klägerin über hinreichende Kenntnisse verfügen könnte, war auf Antrag der Klägerin eine Wissensprüfung vorzunehmen (BFH-Beschluss vom 16.06.2005 IV B 187/03 , BFH/NV 2005, 2015 ). Denn der erkennende Senat ist aufgrund fehlender Sachkunde im Bereich der Informatik nicht in der Lage, den Wissensstand der Klägerin zu überprüfen.

aa) Nach den Feststellungen des Sachverständigen A. sind die vorhandenen Kenntnisse der Klägerin, die vorwiegend im SAP R3 -Bereich tätig ist, am ehesten mit denen eines Wirtschaftsinformatikers vergleichbar. Der Sachverständige A. hat ihren Wissensstand anhand der für die Fachhochschule Köln geltenden Studienbedingungen überprüft. Die Klägerin hat gegen diese Einschätzung keine Einwendungen erhoben.

bb) Der Sachverständige A. hielt in seinem Gutachten nur die mathematischen Kenntnisse für nicht ausreichend nachgewiesen. In dem Bereich „Grundlagen der Informatik und Systemarchitekturen” (Tz. 4.5.3), der auch die Grundlagen der theoretischen Informatik umfasst, konnte die Klägerin seinen Feststellungen nach ihre Ausbildung nur in geringem Umfang belegen. Der Sachverständige hat aber „bei der Zuordnung von Ausbildungs- und Fachliteraturthemen zu diesen Themenblöcken bewusst davon abgesehen, Wissenskomponenten den Themenblöcken Grundlagen Informatik und Systemarchitekturen zuzuordnen”, weil die Abgrenzung schwierig sei und sich eher mit einer pauschalen Schätzung über die Gesamtheit der Fortbildung bemessen lasse, da sowohl in Hardware- und in Software-Fachthemen der hier vorliegenden Besonderheit auch Fragen der Grundlagen Informatik und Systemarchitekturen enthalten seien. Aufgrund der (langjährigen) „beruflichen Praxis auf ihrem speziellen Tätigkeitsfeld der Systementwicklung” attestierte er ihr Kenntnisse, die weit höher seien, als sie sich aus einer formalen Betrachtung ergäben. Da die (bei einem Fachhochschulstudium) geforderte Stundenzahl um mehr als das 10-fache überschritten sei, habe sie, wenn man ihr zubillige, dass nur 5 % dieser Zeit mit den Themen der Grundlagen der Informatik und Systemarchitekturen belegt seien, die gestellte Anforderung bereits erfüllt. Er resümierte, dass deshalb die Kenntnisse insgesamt denen eines Fachhochschulabsolventen ebenbürtig seien.

Der Senat vermochte diese Würdigung des Sachverständigen A. nicht nachzuvollziehen. Diese Einschätzung beruht nicht auf der besonderen Sachkunde des Sachverständigen. Wenn in Teilbereichen Kenntnisse vorhanden sind, die weit über das geforderte Maß hinausgehen, andererseits aber in Teilbereichen überhaupt keine Kenntnisse vorhanden sind, sind die Grundlagen in ihrer Breite nicht nachgewiesen. Dies gilt umso mehr, als der Sachverständige hier mehrere relevante Prüfungsfächer des Grundlagenbereiches miteinander vermengt und einheitlich gewürdigt hat. Mit der vorgenannten Rechtsprechung ist dies nicht zu vereinbaren. Auch wenn Teilbereiche von Grundlagenfächern zum ausreichend abgedeckten Wissensstand der Klägerin gehören, vermögen sie die an einer Fachhochschule erworbenen Fähigkeiten ihrer Tiefe und Breite nach grundsätzlich nicht zu ersetzen. Gerade die Ausbildung der Breite nach und nicht ein Spezialwissen wird von der höchstrichterlichen Rechtsprechung gefordert, um eine Vergleichbarkeit mit einem freien Beruf herstellen zu können.

Die Klägerin hat nach Auffassung des Senats durch eigene Weiterbildungsmaßnahmen und durch ihre Arbeitsproben Kenntnisse im Bereich der Mathematik, der Theoretischen Informatik und der Systemarchitekturen nicht belegt. Aus ihrem beruflichen Werdegang als so genannter Seiteneinsteiger mit einer Vorausbildung, die nichts mit EDV zu tun hatte, kann auch nicht geschlossen werden, dass sie sich über ihre Spezialisierung auf Unix und SAP R3 hinaus grundlegend mit weitergehenden Fragestellungen auseinandergesetzt hätte. Zumindest ergab sich dafür keine berufsbedingte Notwendigkeit. Der erkennende Senat, der für den gesamten Gerichtsbezirk im Rahmen seiner Spezialzuständigkeit für die Abgrenzung von gewerblichen Einkünften zu anderen Einkunftsarten zuständig ist und daher häufiger Fallgestaltungen wie solche im Streitfall zu beurteilen hat, kann die Feststellung des Sachverständigen A., dass die theoretischen Fächer „sich ein Berufstätiger nur mit besonderer, zielgerichteter Anstrengung nachträglich aneignen kann” (Tz. 4.5.10), uneingeschränkt bestätigen. Aus diesen Gründen kommt auch den durch Selbststudium (angeblich) erworbenen Kenntnissen, die ein Steuerpflichtiger anhand von Literaturlisten nachweisen will, nur eingeschränkte Beweiskraft zu.

cc) Entgegen der Auffassung der Klägerin war aus vorgenannten Gründen die Wissensprüfung nicht auf das Fach Mathematik zu beschränken. Steht wie im Streitfall fest, dass das Wissen der Klägerin zumindest auch in den genannten Grundlagenfächern Theoretische Informatik und Systemarchitekturen nicht belegt wurde, hat gem. § 82 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 404a Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) das Gericht zu bestimmen, welche Tatsachen von dem (für die Wissensprüfung beauftragten) Sachverständigen zu begutachten sind. Denn dem Finanzgericht obliegt es aufgrund seiner Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO ), die tatsächlichen Kenntnisse der Klägerin festzustellen.

dd) Eine Wissenprüfung ist in mündlicher Verhandlung durchzuführen. Zwar kommt der Beurteilung des Sachverständigen, ob die Wissensprüfung bestanden ist, aufgrund dessen Sachkunde vorrangige Bedeutung zu. Dem Gericht ist es aber nach der Durchführung einer solchen Wissensprüfung vorzunehmenden Beweiswürdigung vorbehalten festzustellen, ob im Einzelfall ein Rückschluss von den Ergebnissen der Prüfung auf den Kenntnisstand des Steuerpflichtigen in früheren Jahren aufgrund besonderer Umstände in Zweifel zu ziehen ist (BFH-Urteil vom 16.12.2008 VIII R 27/07 , HFR 2009, 898 ). Eine solche Beweiswürdigung ist nach Auffassung des Senats nur dann möglich, wenn das Gericht bei der Wissensprüfung zugegen war.

ee) Der Sachverständige B. hat die Wissensprüfung in den Grundlagenfächern Mathematik und Theoretische Informatik als nicht ausreichend und damit als nicht bestanden beurteilt. Nach Auffassung des Sachverständigen hatte die Klägerin nahezu keine Kenntnisse im Bereich der Grundlagen der theoretischen Informatik. In Mathematik waren wesentliche Grundbegriffe der Klägerin überhaupt nicht bekannt. Insoweit wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.05.2012 verwiesen. Diese Würdigung konnte das Gericht nicht nur nachvollziehen, sondern es hätte selbst, ohne über ausreichende Sachkenntnisse zu verfügen, nach dem Ablauf der Wissensprüfung diese so beurteilt. Obwohl der Sachverständige in den Grundlagenfächern verschiedene Bereiche prüfte und wiederholt Hilfestellungen leistete, konnten die Fragen von der Klägerin überhaupt nicht oder nur in geringem Umfang beantwortet werden.

Das Gericht ist auch davon überzeugt, dass die Klägerin ihr ursprünglich vorhandenes Wissen nicht einfach nur vergessen hatte. Zum einen kam ihr auch dann, wenn der Sachverständige ihr „Brücken bauen” wollte, keine Erinnerung; zum anderen hat sie selbst mehrfach betont, solche Fragestellungen kämen in ihrer praktischen Tätigkeit niemals vor oder aber sie frage einen Diplom-Informatiker, wenn bei ihr derartige Probleme auftauchten.

II. Da die Klage abzuweisen war, fallen der Klägerin die Kosten des Verfahrens gem. § 135 Abs. 1 FGO zu Last. ….

III. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.

Können Rabatte von dritter Seite Arbeitslohn darstellen?

Können Rabatte von dritter Seite Arbeitslohn darstellen?

Kernproblem

Zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gehören neben Gehältern und Löhnen auch andere Bezüge und Vorteile, die im Rahmen des Dienstverhältnisses gewährt werden. Dabei ist gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht oder unter welcher Bezeichnung oder Form sie gewährt werden. Arbeitslohn kann ausnahmsweise auch bei der Zuwendung eines Dritten anzunehmen sein, wenn sie Entgelt des Arbeitnehmers für eine Leistung im Rahmen des Dienstverhältnisses mit seinem Arbeitgeber darstellt. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich jüngst mit der Frage des Arbeitslohns von dritter Seite bei Rabattgewährung beschäftigt.

Sachverhalt
Der Lieferant eines Krankenhauses räumte den etwa 750 Krankenhaus-Mitarbeitern Vorteile beim Erwerb von Apothekenartikeln ein. Die Mitarbeiter erhielten bei der Bestellung von ihrem Arbeitsplatz aus einen Nachlass auf den üblichen Apothekenendpreis. Die Bezahlung erfolgte durch die Arbeitnehmer. Weil das Krankenhaus jedoch die Bekanntmachung des Mitarbeiter-Vorteilsprogramms und die Lieferung am Arbeitsplatz duldete, gelangte das Finanzamt anlässlich einer Lohnsteuer-Außenprüfung zu dem Ergebnis, dass Arbeitslohn von dritter Seite vorläge. Die Klage des Krankenhauses gegen den Haftungsbescheid sah das Finanzgericht als begründet an, weil nach dessen Überzeugung das eigene Interesse des Lieferanten an einer Kundengewinnung und Gewinnmaximierung durch Synergieeffekte Anlass der Vorteilsgewährung war. Die Finanzverwaltung zog weiter zum BFH.

Entscheidung
Der BFH wies die Revision zurück. Arbeitslohn liege nicht vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsbeziehungen oder wegen sonstiger nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt werde. Hierbei sei das vom Finanzgericht gewürdigte eigene Interesse des Lieferanten naheliegend. Allein der Umstand, dass der Preisnachlass nicht auch Arbeitnehmern anderer (nicht belieferter) Krankenhäuser gewährt werde, könne den Veranlassungszusammenhang zwischen Vorteilsgewährung und Arbeitsleistung nicht begründen. Davon sei erst auszugehen, wenn der Arbeitgeber z. B. einen ihm zustehenden Vorteil an seine Mitarbeiter weitergebe. Zwar könne die Mitwirkung des Arbeitgebers an der Rabattgewährung für Arbeitslohn sprechen; zwingend sei das jedoch nicht. Allein die Informationsgestellung (Schwarzes Brett) und Duldung der Auslieferung ließe kein aktives Mitwirken erkennen.

Konsequenz
Nach der Verwaltungsauffassung reicht das Mitwirken des Arbeitgebers für Arbeitslohn aus. Hieran kann nach dieser Entscheidung nicht mehr festgehalten werden.

Eigener Hausstand auch bei Mehrgenerationenhaushalt?

Eigener Hausstand auch bei Mehrgenerationenhaushalt?

Kernproblem

Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen, sind Werbungskosten. Das gilt unabhängig vom Familienstand. Wohnen jedoch Alleinstehende im Haus der Eltern, bezweifelt das Finanzamt häufig das Vorliegen eines eigenen Haushalts. Wenn der Finanzbeamte stutzig wird und nach den Kosten im „Hotel Mama“ fragt, fehlen nicht selten die Argumente oder noch besser Belege einer Kostenübernahme. Dabei gibt die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) Anlass zur Hoffnung.

Sachverhalt
Der in den Streitjahren 31-jährige nichtselbstständige Sohn unterhielt einen Haushalt im elterlichen Mehrgenerationenhaus. Das Haus verfügte über 5 Wohn- bzw. Schlafzimmer, 2 Badezimmer und eine Küche. Davon waren 2 Zimmer und ein Bad in den über einen separaten Eingang erreichbaren Kellerräumen belegen, in denen der Sohn lebte. In dem im Keller gelegenen Bad befand sich die einzige Waschmaschine des Hauses, die die Eltern mitbenutzten. Dagegen nutzte der Sohn die Küche und den einzigen Telefonanschluss im Reich der Eltern mit. Eine Miete wurde nicht bezahlt. Es war jedoch vereinbart, dass der Sohn neben der Erledigung schwerer körperlicher Arbeiten im Garten die Kosten für Versicherungen, Reparaturen sowie Grundsteuer tragen sollte, während die Eltern alle Betriebskosten (Strom, Heizung, Wasser) übernahmen. Das Finanzamt sah hierin keinen eigenen Haushalt und lehnte den beantragten Werbungskostenabzug – ebenso wie das Finanzgericht – ab.

Entscheidung
Der BFH wies den Fall an das Finanzgericht zurück mit der Begründung, dass ein eigener Hausstand auch im Rahmen eines Mehrgenerationenhaushalts (mit den Eltern) geführt werden könne. Zwar sei die Entgeltlichkeit ein gewichtiges Indiz, aber keine unerlässliche Voraussetzung für das Vorliegen eines eigenen Haushalts. So könne sich der kleinfamilientypische Haushalt der Eltern im Laufe der Zeit zu einem wohngemeinschaftsähnlichen, gemeinsamen und mitbestimmten Mehrgenerationenhaushalt oder gar zum Haushalt des erwachsenen Kindes wandeln, in den die Eltern (z. B. wegen Krankheit oder Pflegebedürftigkeit) aufgenommen sind.

Konsequenz
Für die weitere Beurteilung kommt es dem BFH insbesondere auf Größe und Ausstattung der zur Verfügung stehenden Räume mit eigenen Möbeln und Haushaltsgegenständen sowie die Art und Weise der Haushaltsführung im Mehrgenerationenhaushalt an. Dagegen sieht es der BFH als unerheblich an, ob die überlassenen Räume den bewertungsrechtlichen Anforderungen genügen, etwa weil man sich ein Bad oder die Küche teilen muss.

Dacherneuerung als Herstellungskosten oder Erhaltungsaufwand?

Dacherneuerung als Herstellungskosten oder Erhaltungsaufwand?

Kernproblem

Die Frage, ob vom Steuerpflichtigen getätigte Aufwendungen als Herstellungskosten oder als (sofort abzugsfähige) Erhaltungsaufwendungen zu behandeln sind, führt häufig zu Streitigkeiten mit dem Finanzamt. Zu den Herstellungskosten zählen einerseits Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die erstmalige Herstellung eines Vermögensgegenstandes anfallen. Andererseits qualifizieren aber auch Kosten, die aufgrund von Erweiterungen oder für eine über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen, als Herstellungskosten. Ob eine Erweiterung auch angenommen werden kann, wenn der „Mehrraum“ tatsächlich nicht nutzbar ist und lediglich aus praktischen Zwängen verursacht wurde, war Gegenstand eines Verfahrens vor dem Finanzgericht (FG) München.

Sachverhalt
Die Kläger sind Eheleute, deren vermietetes Einfamilienhaus ein undichtes Flachdach hatte. Im Zuge von Sanierungs- und Wärmedämmungsmaßnahmen im Streitjahr 2006 wurde schließlich ein Satteldach installiert. Im diesem Zusammenhang wurde auch ein Kniestock von 1,3 m Höhe errichtet. Das (weder verputzte noch ausgebaute) Dachgeschoss konnte nur durch eine Zugleiter in der Garage erreicht werden, zudem war aufgrund von Sicherheitsbestimmungen die Nutzung als Wohn- und Aufenthaltsraum untersagt. Die Kläger machten die angefallenen Aufwendungen als Erhaltungsaufwendungen bei den Vermietungseinkünften geltend. Im Anschluss an eine Ortsbesichtigung durch das Finanzamt behandelte diese die angefallenen Aufwendungen jedoch als Herstellungskosten. Die hiergegen gerichtete Klage blieb erfolglos.

Entscheidung
Die Richter teilten die Auffassung der Finanzverwaltung, wonach durch die Baumaßnahme sowohl eine Erweiterung als auch eine wesentliche Verbesserung eingetreten sei. Ausreichend hierfür sei bereits, dass der Dachboden trotz der statischen Unwägbarkeiten zumindest als Abstellraum genutzt werden könne; insoweit sei somit eine Nutzungserweiterung eingetreten. Als irrelevant betrachteten die Richter die Frage, ob für die Nutzung zu Wohnzwecken weitere Baumaßnahmen erforderlich sind.

Konsequenz
Steuerpflichtige sollten beachten, dass für die Abgrenzung zwischen Herstellungskosten und Erhaltungsaufwendungen eine Berücksichtigung von Begleitumständen wie praktische Zwänge nicht in Betracht kommt. Ausschließliches Abgrenzungsmerkmal ist, ob aus der Maßnahme eine Nutzungserweiterung resultiert. Die Nutzungserweiterung muss dabei nicht zwingend die Nutzung zu Wohnzwecken sein.

Keine Teilwertabschreibung wegen Unverzinslichkeit einer Forderung

Keine Teilwertabschreibung wegen Unverzinslichkeit einer Forderung

Kernproblem

Die konzerninterne Vergabe zinsloser Darlehen an Tochter- oder Schwestergesellschaften ist nicht nur ein betriebswirtschaftliches Mittel zur Krisenbewältigung, sondern zuweilen auch ein gern genutztes steuerliches Gestaltungsinstrument (z. B. durch „Auftrocknen“ steuerlicher Verlustvorträge). Die steuerbilanzielle Behandlung beim Darlehensnehmer ist unstreitig: Die Verbindlichkeit ist in Abhängigkeit von der Darlehenslaufzeit und mit einem Zinssatz von 5,5 % gewinnerhöhend abzuzinsen. Beim Darlehensgeber besteht hingegen Uneinigkeit: Die Forderung ist zunächst unstreitig zu Anschaffungskosten bzw. zum Nominalwert zu aktivieren. Es stellt sich bei Aufstellung des Jahresabschlusses jedoch die Frage, ob die für eine steuerbilanzielle Abschreibung zwingend notwendige „voraussichtlich dauernde Wertminderung“ aufgrund der Unverzinslichkeit gegeben ist.

Sachverhalt
Die Klägerin ist eine GmbH, die ihrer Tochtergesellschaft (ebenfalls GmbH) im Jahr 2003 Darlehen in Höhe von insgesamt 1,8 Mio. EUR ausreichte. Die Darlehen waren unverzinslich und hatten eine Laufzeit von 9 Jahren. Die Klägerin nahm in der Handels- und Steuerbilanz eine Abschreibung auf 1,1 Mio. EUR vor, die unter Berücksichtigung der Darlehenslaufzeit und einem Zinssatz von 5,5 % dem abgezinsten Wert der Forderung entsprach. Die Finanzverwaltung lehnte eine Abschreibung ab und begründete dies mit der nur vorübergehenden Wertminderung der Forderung. Die Klage gegen die entsprechend geänderten Steuerbescheide blieb in allen Instanzen erfolglos.

Entscheidung
Die Unverzinslichkeit einer im Anlagevermögen gehaltenen Darlehensforderung alleine rechtfertigt nach Auffassung der Richter keine voraussichtlich dauerhafte Wertminderung, so dass eine Abschreibung auf den unstreitig niedrigeren Teilwert unzulässig ist. Die Bestimmung des Tatbestandsmerkmals „voraussichtlich dauernd“ habe unter Berücksichtigung der Eigenart des jeweils in Rede stehenden Wirtschaftsguts zu erfolgen. Im Fall der Darlehensforderung erfolge jedoch spätestens im Fälligkeitszeitpunkt eine Rückzahlung zum Nominalwert, so dass von einer nur vorübergehenden Wertminderung auszugehen sei.

Konsequenz
Wenngleich die Auffassung des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht frei von Zweifeln ist, überrascht die Entscheidung keineswegs. Sie steht in Einklang mit einer jüngst ergangenen Entscheidung, wonach auch der gesunkene Wechselkurs von festverzinslichen Wertpapieren keine Dauerhaftigkeit der Wertminderung begründet, da am Ende der Laufzeit des Wertpapiers der Inhaber den Nominalwert vergütet bekommt. Ungeachtet dessen ist die zwischenzeitliche Gesetzesänderung zu beachten, wonach Abschreibungen auf im Betriebsvermögen einer GmbH gehaltene Darlehensforderungen gegen andere Konzerngesellschaften regelmäßig steuerlich nicht (mehr) geltend gemacht werden können.

Verpflichtender Rückstellungsansatz bei geltend gemachter Klage

Verpflichtender Rückstellungsansatz bei geltend gemachter Klage

Kernproblem

Rückstellungen sind in Handels- und Steuerbilanz für Verbindlichkeiten zu bilden, die wirtschaftlich in der Vergangenheit verursacht sind und die dem Grunde und/oder der Höhe nach ungewiss sind. Die Inanspruchnahme durch einen Dritten muss dabei wahrscheinlich sein, was nach ständiger Rechtsprechung der Fall ist, wenn mehr Gründe dafür als dagegen sprechen. Vorliegend bestand zwischen Steuerpflichtigem und Finanzverwaltung Uneinigkeit dahingehend, ob eine gegen den Steuerpflichtigen anhängige Klage stets und unabhängig von den Erfolgsaussichten der Klage zur Passivierung einer Rückstellung führt.

Sachverhalt
Die Klägerin ist eine Partnerschaftsgesellschaft, die zum 1.1.2004 durch Umwandlung einer Kapitalgesellschaft (AG) entstanden ist. Im Jahr 2003 war gegen die AG eine Klage anhängig, für die im darauffolgenden Jahr auch ein Prozessvergleich i. H. v. 50 % der eingeklagten Summe vereinbart wurde. Eine Rückstellung in der Bilanz auf den 31.12.2003 bildete die AG indes nicht. Vielmehr machte die Klägerin den gezahlten Schadenersatz in 2004 als laufende Betriebsausgabe geltend. Nach Auffassung der Finanzverwaltung wäre hingegen bereits in der

Bilanz der AG auf den31.12.2003eine entsprechende Rückstellung zu bilden gewesen. Hiergegen klagte die Partnerschaftsgesellschaft vor dem Finanzgericht (FG) Schleswig-Holstein und verlor.

Entscheidung
Eine Rückstellung ist nach Ansicht der Richter im Fall eines im Klagewege gegen den Kaufmann geltend gemachten Anspruchs grundsätzlich immer zu bilden und zwar unabhängig von der Prüfung der Erfolgsaussichten. Dies gebiete das dem Handelsgesetzbuch (HGB) zugrunde liegende Vorsichtsprinzip, wonach der Kaufmann grundsätzlich damit rechnen muss, dass ein für ihn ungünstiges Urteil ergeht, er also den Prozess verliert. Eine Ausnahme gelte lediglich für den Fall, dass die Klage dem Grund und/oder der Höhe nach offensichtlich willkürlich angestrengt worden ist.

Konsequenz
Der Streitfall ist offensichtlich besonders gelagert, ist es doch zumeist der Steuerpflichtige, der gewinnmindernd die Passivierung einer Rückstellung begehrt. Vorliegend konnte der Steuerpflichtige aus der Rückstellungsbildung indes keinen steuerlichen „Vorteil“ erzielen, da dieser lediglich zur Erhöhung des (steuerlich irrelevanten) Übergangsverlusts im Rahmen der Umwandlung geführt hätte. Zu beachten ist abschließend, dass das Urteil nicht rechtskräftig ist und die Revision zum Bundesfinanzhof wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen wurde.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin