Anhörung im Bundestag: Weitgehend positives Feedback zum Investitions-Booster

📅 Veröffentlicht am 24. Juni 2025
✍️ Ihr Steuerberater-Team

Am 23. Juni 2025 fand im Finanzausschuss des Deutschen Bundestags eine Expertenanhörung zum geplanten Investitions-Booster der Bundesregierung statt. Der Gesetzentwurf (BT-Drs. 21/323) sieht unter anderem sogenannte Super-Abschreibungen vor – ein Instrument, mit dem Investitionen steuerlich attraktiver gemacht werden sollen. Die Rückmeldungen aus der Wissenschaft fielen überwiegend positiv aus.

💬 Was ist geplant?

Mit dem Investitions-Booster verfolgt die Bundesregierung das Ziel, private und unternehmerische Investitionen in Deutschland zu stärken. Im Kern stehen dabei:

  • Superabschreibungen auf Investitionen, die über die regulären Abschreibungsmöglichkeiten hinausgehen sollen.
  • Eine vereinfachte Verlustverrechnung und attraktivere Bedingungen für Unternehmen in Transformationsprozessen.
  • Diskussionen über eine Senkung der Körperschaftsteuer, um den Wirtschaftsstandort Deutschland international wettbewerbsfähiger zu machen.

🧠 Was sagen die Experten?

Wirtschaftswissenschaftler begrüßten die Stärkung investiver Anreize im Grundsatz. Als „wichtigen Impulsgeber“ bezeichneten mehrere Sachverständige die geplanten Maßnahmen.

Allerdings gibt es auch unterschiedliche Einschätzungen, welches Mittel wirtschaftspolitisch effektiver ist:

  • Einige Fachleute plädieren für Super-Abschreibungen als gezielte Investitionsanreize in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit.
  • Andere favorisieren eine dauerhafte Senkung der Körperschaftsteuer, um Unternehmensentscheidungen langfristig positiv zu beeinflussen.

🟢 Auch Thema: Steuergerechtigkeit

Parallel zur Beratung des Gesetzentwurfs wurde im Ausschuss auch ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (BT-Drs. 21/356) zum Thema Steuergerechtigkeit behandelt. Dieser stellt Fragen nach der Verteilung von Steuerlasten sowie der Wirksamkeit von Steuervergünstigungen.

🧾 Was bedeutet das für Unternehmen?

Sollte der Gesetzentwurf verabschiedet werden, ergeben sich für Unternehmen konkrete steuerliche Vorteile bei Investitionen – insbesondere bei Neuanschaffungen und Modernisierungen. Wer Investitionen für 2025/2026 plant, sollte die Entwicklungen genau beobachten und die geplanten Maßnahmen frühzeitig in seine Finanzplanung einbeziehen.


📌 Unser Tipp für Mandanten

Wir beobachten die Gesetzesentwicklung für Sie und zeigen Ihnen, wie Sie Investitionen steuerlich optimal nutzen können – sei es durch Sonderabschreibungen, Investitionsabzugsbeträge oder andere steuerliche Hebel.

📞 Sprechen Sie uns frühzeitig an, wenn Sie für Ihr Unternehmen Investitionen planen!


📚 Quelle: Deutscher Bundestag, Mitteilung vom 23.06.2025

Steuererklärung + Steuertipps für Rentner

Viele Rentnerinnen und Rentner glauben, sie könnten nur wenig bei der Steuererklärung geltend machen – meist denken sie an die kleine Werbungskostenpauschale oder ihre Krankenversicherung. Doch das Finanzamt erlaubt deutlich mehr! Mit den folgenden Tipps holen Sie sich als Ruheständler bares Geld vom Staat zurück. Es lohnt sich, genauer hinzusehen und die Möglichkeiten voll auszuschöpfen.

🛑 Rentenanpassungen + Steuererklärungspflicht

Wie jedes Jahr steigen ab Juli 2025 die Renten wieder! Das ist eine gute Nachricht, aber je höher Ihre Rente ist, desto eher kann es sein, dass Sie in die Steuerpflicht rutschen oder bereits sind. Eine Steuererklärung wird dann umso wichtiger.


Was Rentner 2025 von der Steuer absetzen können – 10 Tipps, die bares Geld bringen:

1. Werbungskosten richtig absetzen

Die Werbungskostenpauschale von 102 € wird vom Finanzamt automatisch berücksichtigt. Viele Rentner lassen es dabei bewenden, doch wer höhere Kosten hatte, kann diese darüber hinaus geltend machen. Sammeln Sie Belege für:

  • Gewerkschaftsbeiträge: Wenn Sie Mitglied in einer Gewerkschaft sind.
  • Mitgliedsbeiträge in Berufs- oder Interessenverbänden: Sofern diese im Zusammenhang mit Ihren früheren beruflichen Tätigkeiten oder dem Rentenbezug stehen.
  • Steuerberatungskosten: Der Anteil der Kosten, der auf die Ermittlung und Erklärung Ihrer Renteneinkünfte entfällt. Wenn Sie nur Renteneinkünfte haben, können dies die gesamten Kosten sein.
  • Rechtskosten bei Rentenstreitigkeiten oder Abfindungsverfahren: Auch Kosten für juristischen Beistand, die im Zusammenhang mit der Höhe oder dem Beginn Ihrer Rente stehen, sind absetzbar.
  • Kontoführungsgebühren: Pauschal können Sie 16 € ohne Nachweis absetzen. Haben Sie höhere Kosten, die direkt im Zusammenhang mit der Verwaltung Ihrer Rentenbezüge stehen (z.B. spezielle Gebühren für das Rentenkonto), können Sie auch mehr mit Nachweis geltend machen.

💡 Steuertipp: Gehen Sie Ihre Kontoauszüge vom letzten Jahr sorgfältig durch! Hier verstecken sich oft übersehene Kosten, die Sie als Werbungskosten ansetzen können.

2. Kranken- und Pflegeversicherung absetzen

Diese Beiträge gehören zu den größten Posten, die Sie als Sonderausgaben geltend machen können. Sie werden in der Anlage R (für Rentner) und der Anlage Vorsorgeaufwand eingetragen:

  • Gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung: Hierzu zählen Ihre eigenen Beiträge sowie ggf. Beiträge für mitversicherte Angehörige.
  • Zusatzversicherungen: Auch Beiträge für private Zusatzversicherungen, z.B. für Chefarztbehandlung, Zahnzusatzversicherungen, Heilpraktikerleistungen oder Sehhilfen, sind absetzbar.

💡 Steuertipp: Tragen Sie alle Beiträge ein, die aus Ihrem Rentenbescheid und Ihren privaten Versicherungsnachweisen hervorgehen. Fragen Sie bei Ihrer Krankenkasse nach einer jährlichen Beitragsbescheinigung, falls Sie diese nicht automatisch erhalten.

3. Weitere Versicherungen als Sonderausgaben

Neben den Gesundheitskosten sind oft auch andere Versicherungen absetzbar. Prüfen Sie, ob Sie Beiträge gezahlt haben für:

  • Sterbegeldversicherung: Diese dient der Absicherung der Bestattungskosten.
  • Unfallversicherung: Sofern sie ausschließlich private Risiken abdeckt.
  • Privathaftpflichtversicherung: Eine der wichtigsten privaten Versicherungen und steuerlich absetzbar.
  • Kfz-Haftpflicht: Ein Anteil der Prämie ist als Sonderausgabe abziehbar.

💡 Steuertipp: Fordern Sie von Ihren Versicherungsgesellschaften die jährlichen Beitragsrechnungen an. Auch in sogenannten Kombi-Versicherungen sind oft steuerlich relevante Anteile enthalten, die nicht sofort ersichtlich sind.

4. Kirchensteuer und Spenden

  • Kirchensteuer: Die gezahlte Kirchensteuer kann in voller Höhe als Sonderausgabe abgesetzt werden. Sie wird meist automatisch vom Rententräger oder der Bank abgeführt und ist auf den entsprechenden Bescheinigungen ausgewiesen.
  • Spenden: Geldspenden an gemeinnützige Organisationen oder politische Parteien sind bis zu bestimmten Grenzen abzugsfähig. Bei Spenden bis 300 € pro Jahr genügt ein einfacher Nachweis wie ein Kontoauszug oder der Beleg der Überweisung. Bei höheren Beträgen benötigen Sie eine offizielle Spendenquittung (Zuwendungsbestätigung).

💡 Steuertipp: Auch kleine Beträge summieren sich. Dokumentieren Sie regelmäßig alle Spenden, auch wenn es nur wenige Euro sind.

5. Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen absetzen

Kosten, die Ihnen aufgrund von Krankheit entstehen und nicht von der Krankenkasse übernommen werden, können als außergewöhnliche Belastungen absetzbar sein – allerdings erst ab einer zumutbaren Eigenbelastung, die das Finanzamt individuell berechnet (abhängig von Einkommen, Familienstand und Kinderzahl). Sammeln Sie daher Belege für:

  • Zahnersatz, Brillen, Hörgeräte: Auch Sehhilfen und Hörgeräte, die privat angeschafft werden.
  • Reha-Kosten, Krankenhaus-Zuzahlungen: Eigenanteile und Fahrtkosten hierzu.
  • Fahrtkosten zum Arzt: Ob mit dem eigenen Pkw (mit 0,30 €/km), Taxi oder öffentlichen Verkehrsmitteln. Dokumentieren Sie die Fahrten genau.
  • Frei verkäufliche Medikamente: Wichtig ist hier eine ärztliche Bescheinigung oder ein Rezept, das die Notwendigkeit dieser Medikamente bestätigt.

💡 Steuertipp: Bewahren Sie immer die Rechnung, das Rezept oder die ärztliche Verordnung auf – auch bei Homöopathie und Naturheilverfahren.

6. Behinderten-Pauschbetrag

Wer einen amtlich festgestellten Grad der Behinderung (GdB) hat, kann ohne Einzelnachweis von Pauschbeträgen profitieren. Diese reichen von 384 € (bei GdB 20) bis zu 7.400 € (bei GdB 95 oder 100 mit Merkzeichen H oder Bl).

💡 Steuertipp: Auch bei Pflegebedürftigkeit kann unter Umständen ein Grad der Behinderung beantragt werden. Eine Anerkennung bringt nicht nur Steuervorteile, sondern oft auch weitere Vergünstigungen im Alltag.

7. Handwerkerkosten

Lassen Sie Arbeiten in Ihrem Zuhause ausführen, können Sie einen Teil der Kosten von der Steuer absetzen. Bis zu 1.200 € pro Jahr können Sie sich zurückholen (20 % von maximal 6.000 € Arbeitslohn). Dies gilt für:

  • Renovierungs-, Reparatur- und Modernisierungsarbeiten in Ihrem selbst genutzten Haushalt.
  • Auch bei Eigentumswohnungen können die anteiligen Handwerkerleistungen, die über die Hausgeldabrechnung abgerechnet werden, geltend gemacht werden.

Hinweis: Es sind nur die Lohnkosten (keine Materialkosten) absetzbar. Die Zahlung muss per Überweisung erfolgen – Barzahlungen werden vom Finanzamt nicht anerkannt!

8. Hilfe im Haushalt oder bei Pflege

Für haushaltsnahe Dienstleistungen können Sie bis zu 4.000 € pro Jahr (20 % von maximal 20.000 €) absetzen. Dazu gehören:

  • Putzhilfe, Gartenpflege, Fensterputzer
  • Betreuungsleistungen (z.B. durch Alltagshelfer, Haushaltshilfen)
  • Pflegeleistungen im eigenen Haushalt (z.B. häusliche Krankenpflege)

💡 Steuertipp: Bewahren Sie unbedingt die Rechnung und den Überweisungsnachweis auf. Auch Kosten für Minijob-Kräfte (im Haushalt angemeldet!) sind begünstigt.

9. Kapitalerträge clever zurückholen (Anlage KAP)

Viele Rentner haben neben ihrer Rente auch Sparguthaben, Festgelder oder Wertpapiere. Banken führen die Abgeltungssteuer (pauschal 25 % zzgl. Soli und ggf. Kirchensteuer) automatisch ab.

  • Günstigerprüfung: Liegt Ihr persönlicher Steuersatz (aufgrund Ihrer Renteneinkünfte und anderer Einkünfte) unter 25 %, kann sich die sogenannte Günstigerprüfung lohnen. Das Finanzamt prüft dann, ob die Besteuerung mit Ihrem individuellen, niedrigeren Steuersatz günstiger wäre als die pauschale Abgeltungssteuer. In diesem Fall erhalten Sie die zu viel gezahlte Steuer zurück.
  • Sparer-Pauschbetrag: Nutzen Sie unbedingt den Sparer-Pauschbetrag von 1.000 € pro Person (ab 2023; bis 2022 waren es 801 €). Kapitalerträge bis zu dieser Höhe sind steuerfrei. Stellen Sie sicher, dass Sie bei Ihren Banken Freistellungsaufträge eingerichtet haben, um eine unnötige Abführung von Steuern zu vermeiden.

💡 Steuertipp: Füllen Sie immer die „Anlage KAP“ aus und kreuzen Sie das Feld für die „Günstigerprüfung“ an – oft gibt es hier Steuern zurück, ohne dass Sie es erwartet hätten!

10. Computer, Telefon & Internet – ja, auch als Rentner!

Diese Kosten sind nicht generell absetzbar. Doch es gibt Ausnahmen:

  • Bei vermieteten Immobilien: Wenn Sie Immobilien besitzen und vermieten, können Sie anteilige Kosten für Kommunikation (Telefon, Internet) und Computer für die Verwaltung der Vermietung als Werbungskosten geltend machen.
  • Bei ehrenamtlicher Tätigkeit mit Aufwandsentschädigung: Wer ein Ehrenamt ausübt und dafür eine steuerpflichtige Aufwandsentschädigung erhält, kann anteilige Kosten für Computer und Internet als Werbungskosten absetzen.
  • Bei freiberuflicher Nebentätigkeit: Üben Sie neben der Rente noch eine selbstständige oder freiberufliche Nebentätigkeit aus (z.B. als Kursleiter, Dozent, Berater), sind die entsprechenden Kosten als Betriebsausgaben absetzbar.

💡 Steuertipp: Immer wenn Sie ein steuerpflichtiges Einkommen erzielen (neben der Rente), sind anteilige Betriebsausgaben oder Werbungskosten für Computer, Telefon und Internet möglich. Bis zu 50 % der Kosten sind oft realistisch und werden vom Finanzamt anerkannt.


Fazit: Steuererklärung lohnt sich – auch im Ruhestand!

Viele Rentner verschenken Jahr für Jahr Hunderte Euro, weil sie keine Steuererklärung abgeben oder zu wenige absetzbare Posten geltend machen. Doch mit etwas Überblick über die absetzbaren Kosten holen Sie sich bares Geld zurück und entlasten Ihre Finanzen im Ruhestand.


🛑 Abgabefrist nicht vergessen:

Abgabefrist: Die Abgabefrist für die Steuererklärung 2024 endet für diejenigen, die sie selbst erstellen, am 31. Juli 2025.

Steuertipp: Wenn Sie merken, dass Sie die Frist nicht einhalten können oder sich unsicher sind, beantragen Sie rechtzeitig eine Fristverlängerung beim Finanzamt oder schalten Sie einen Steuerberater ein. Die Frist mit Steuerberater verlängert sich dann automatisch bis zum 30.04.2026.

Wir helfen Ihnen gerne dabei, Ihre Steuererklärung optimal zu gestalten und alle Ihnen zustehenden Abzüge geltend zu machen!


Hinweis: Die hier bereitgestellten Informationen dienen der allgemeinen Orientierung und ersetzen keine individuelle steuerliche Beratung. Ihre persönliche Situation kann abweichende Regelungen erforderlich machen. Gerne prüfen wir in einem persönlichen Gespräch, welche Steuervorteile Sie als Rentner optimal nutzen können. Kontaktieren Sie uns für einen Beratungstermin!

FG Niedersachsen: Keine „Schattenveranlagung“ durch das Betriebsstätten-Finanzamt bei Lohnsteuerfehlern

📅 Urteil vom 16.04.2025 – 9 K 155/22
📍 Revision zugelassen – BFH-Az. VI R 8/25
Quelle: Mitteilung vom 18.06.2025


⚖ Hintergrund: Wer haftet bei fehlerhaft einbehaltener Lohnsteuer?

Im Mittelpunkt des Urteils steht die Frage, ob das Betriebsstätten-Finanzamt verpflichtet ist, bei fehlerhafter Lohnsteuerabführung eine sogenannte Schattenveranlagung durchzuführen – also fiktiv zu ermitteln, wie hoch die tatsächliche Einkommensteuer des betroffenen Arbeitnehmers gewesen wäre, um die Arbeitgeberhaftung zu begrenzen.

Das Finanzgericht Niedersachsen (FG) hat dies klar verneint – mit wichtigen Folgen für Arbeitgeber, insbesondere bei beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern.


🧾 Der Streitfall im Überblick

  • Eine GmbH hatte für zwei in den Niederlanden lebende Arbeitnehmer (Ehepaar) Lohnsteuer nach Klasse I einbehalten – statt korrekt nach Klasse VI, da es sich um mehrere Beschäftigungen handelte.
  • Nach einer Lohnsteuerprüfung erließ das Betriebsstätten-Finanzamt einen Haftungsbescheid für den Zeitraum 2016–2019.
  • Die GmbH argumentierte: Die tatsächliche Einkommensteuerschuld der Arbeitnehmer sei niedriger als die zu Unrecht einbehaltene Lohnsteuer – und legte Einkommensteuerbescheide bzw. Berechnungen aus den Niederlanden vor.
  • Für Jahre ohne Einkommensteuerbescheide verlangte sie eine „Schattenveranlagung“ durch das Finanzamt – also eine hypothetische Ermittlung der Einkommensteuer zum Zweck der Haftungsbegrenzung.

📌 Die Entscheidung des FG Niedersachsen

Das Gericht stellt klar:

Das Betriebsstätten-Finanzamt ist nicht verpflichtet, eine „Schattenveranlagung“ vorzunehmen, wenn eine Einkommensteuerveranlagung mangels Festsetzungsverjährung nicht mehr möglich ist oder keine amtlichen Steuerbescheide vorliegen.

Zentrale Begründung:

  • Die Haftung des Arbeitgebers richtet sich nach § 42d EStG ausschließlich auf die Lohnsteuer, nicht auf die tatsächliche Einkommensteuerschuld.
  • Es besteht eine klare Trennung zwischen dem Lohnsteuerabzugsverfahren (§ 38–42d EStG) und dem Veranlagungsverfahren (§ 46 EStG).
  • Eine hypothetische Prüfung der tatsächlichen Steuerschuld durch das Betriebsstätten-Finanzamt würde eine systemwidrige Vermischung der Zuständigkeiten bedeuten.
  • Der Gesetzgeber hat bewusst festgelegt, dass der Haftungsumfang sich an der Jahreslohnsteuer orientiert – selbst wenn diese im Nachhinein höher als die tatsächliche Steuerschuld ausfällt.

💡 Was bedeutet das für Arbeitgeber?

➕ Klare, aber strenge Regelung:

  • Wer Lohnsteuer falsch berechnet oder einbehält, haftet im Zweifel vollumfänglich auf die zu Unrecht abgeführten Beträge – auch wenn der Arbeitnehmer tatsächlich weniger Einkommensteuer geschuldet hätte.
  • Eine Korrektur durch Vorlage von ausländischen Steuerbescheiden oder Schätzungen genügt nicht, sofern kein rechtskräftiger Einkommensteuerbescheid in Deutschland existiert.
  • Das Finanzamt ist nicht verpflichtet, „fiktiv“ nachzuveranlagen.

👥 Praxisrelevanz insbesondere bei:

  • Grenzgängern und beschränkt Steuerpflichtigen
  • Mehrfachbeschäftigungen mit fehlerhafter Steuerklassenwahl
  • Lohnsteuer-Außenprüfungen mit Rückwirkungscharakter
  • Fehlender Veranlagung wegen Verjährung oder unterlassener Erklärung

✅ Unsere Empfehlung

  1. Lohnsteuerpflichten bei beschränkt Steuerpflichtigen besonders prüfen
    → z. B. korrekte Steuerklasse, Abzugsbeträge, Meldepflichten
  2. Haftungsrisiko durch Dokumentation und Korrektur minimieren
    → frühzeitig auf Fehler reagieren, Fristen beachten
  3. Keine Entlastung durch spätere Einkommensteuerberechnungen erwarten
    → Vermeidung von Nachforderungen durch korrekten Erstabzug
  4. Bei unklarer Rechtslage frühzeitig Einspruch und Beratung einholen

📞 Beratung gewünscht?

Wir unterstützen Sie bei:

  • Prüfung Ihrer Lohnsteuerverpflichtungen für ausländische Mitarbeiter
  • Haftungsvermeidung bei Steuerabzug
  • Kommunikation mit dem Betriebsstätten-Finanzamt
  • Einspruchs- und Klageverfahren

Hinweis: Die dargestellten Informationen ersetzen keine individuelle Beratung. Für eine rechtsverbindliche Einschätzung Ihres Falls sprechen Sie uns bitte direkt an.

BFH: Zins-Swaps nur bei durchgängiger betrieblicher Veranlassung als Betriebsausgabe abziehbar

📅 Urteil vom 10.04.2025 – BFH VI R 11/22
📍 Pressemitteilung Nr. 40/25 vom 20.06.2025


⚖️ Worum geht es?

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat klargestellt:
Zins-Swap-Verträge können als Betriebsausgabe anerkannt werden – aber nur, wenn sie von Anfang an durchgängig betrieblich veranlasst sind und konsequent als solche behandelt werden.

Im Streitfall ging es um einen Unternehmer, der Swap-Geschäfte abschloss, um das Zinsniveau für eine geplante Betriebserweiterung abzusichern. Die Finanzverwaltung sah darin jedoch keine betriebliche Veranlassung, sondern eine private Spekulation – mit steuerlich negativen Folgen.


🔍 Was ist passiert?

  • Ein Weingutsbesitzer plante eine Expansion und wollte sich das damalige Zinsniveau sichern.
  • Er schloss 2011/2012 zwei Forward-Zins-Swap-Verträge, obwohl der konkrete Finanzierungsbedarf erst mehrere Jahre später (2015) eintrat.
  • Als der Marktzins zwischenzeitlich fiel, wurde das Projekt mit günstigeren Darlehen umgesetzt – die Swap-Verträge liefen jedoch weiter und führten zu hohen Ausgleichszahlungen.
  • Diese machte der Unternehmer als Betriebsausgaben geltend.

🧾 Die Entscheidung des BFH

Der BFH bestätigte grundsätzlich:

Zins-Swaps können Betriebsausgaben sein, wenn sie zur Absicherung eines betrieblichen Zinsänderungsrisikos abgeschlossen werden.

Aber: Voraussetzung ist eine enge inhaltliche Verbindung zum betrieblichen Darlehen (Laufzeit, Höhe, Zweck) – oder zumindest ein nachvollziehbares Finanzierungskonzept, wenn der Swap dem Darlehen zeitlich vorgelagert ist.

❗ Entscheidend: Die betriebliche Behandlung muss von Anfang an erfolgen – insbesondere:

  • Verbuchung von Swap-Ausgleichszahlungen als laufender betrieblicher Aufwand
  • Gutschriften der Bank ebenfalls als betriebliche Einnahmen
  • Keine nachträgliche Zuordnung im Jahresabschluss

Im Urteilsfall war dies nicht erfüllt – die Aufwendungen wurden erst rückwirkend im Jahresabschluss zugeordnet. Der BFH ließ daher offen, ob eine betriebliche Veranlassung überhaupt vorlag, da bereits die formale Behandlung fehlerhaft war.


📌 Was bedeutet das für Unternehmer?

💡 Swap-Verträge – diese Punkte sollten Sie unbedingt beachten:

AnforderungWarum sie wichtig ist
📑 Finanzierungskonzept dokumentierenSwap muss betriebliches Ziel verfolgen (z. B. Zinsabsicherung)
🧾 Laufende Buchhaltung beachtenAusgleichszahlungen müssen zeitnah und betrieblich verbucht werden
🔗 Konnexität zum Darlehen prüfenLaufzeit, Betrag und Zweck sollten möglichst genau übereinstimmen
❌ Keine private SpekulationSteuerlich riskant und nicht abziehbar

👥 Für wen ist das Urteil besonders relevant?

  • Unternehmen mit Zinsabsicherungsstrategien
  • Land- und Forstwirte, die Fremdfinanzierungen über Jahre planen
  • Steuerberater, die bei Jahresabschluss oder Investitionsfinanzierung unterstützen
  • Unternehmer, die Swap-Verträge auch außerhalb konkreter Kredite abschließen

✅ Unser Fazit

Zinsswaps können ein sinnvolles Absicherungsinstrument sein – aber nur dann steuerlich wirksam, wenn sie:

von Anfang an klar betrieblich begründet sind
nachweislich dokumentiert wurden
durchgehend korrekt verbucht werden


Hinweis: Dieser Beitrag ersetzt keine steuerliche Einzelfallberatung. Für Ihre individuelle Situation bieten wir Ihnen gern eine fundierte Prüfung und Begleitung an.

BFH: Riester-Kapital darf nicht zur Tilgung eines Ehegatten-Darlehens verwendet werden

📅 Urteil vom 02.04.2025 – BFH X R 6/22
📍 Veröffentlicht am 21.06.2025
Quelle: Bundesfinanzhof


⚖️ Worum geht es?

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass die Tilgung eines von dem Ehegatten aufgenommenen Darlehens nicht als begünstigte wohnungswirtschaftliche Verwendung im Sinne des § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gilt – selbst wenn die Immobilie gemeinsam genutzt wird.

Damit grenzt der BFH die Verwendungsmöglichkeit des im Riester-Vertrag angesparten geförderten Kapitals deutlich ein.


🧾 Der Leitsatz im Wortlaut:

„Die Tilgung eines von dem Ehegatten des Zulageberechtigten aufgenommenen Darlehens ist keine nach § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes begünstigte wohnungswirtschaftliche Verwendung des in einem Altersvorsorgevertrag gebildeten geförderten Kapitals.“


📌 Was bedeutet das für die Praxis?

❌ Kein steuerlich begünstigter Einsatz bei „fremdem“ Darlehen

  • Selbst wenn das Wohnobjekt gemeinsam bewohnt oder wirtschaftlich genutzt wird, ist die Darlehenstilgung nur dann förderfähig, wenn das Darlehen auf den Riester-Sparer selbst läuft.
  • Ein Darlehen des Ehegatten fällt nicht unter die begünstigten Verwendungszwecke nach § 92a EStG.
  • Eine mittelbare Verwendung – etwa zur Entlastung des Familienbudgets – genügt nicht.

🏠 Hintergrund: Riester & wohnungswirtschaftliche Verwendung

Nach § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG darf das geförderte Altersvorsorgekapital unter bestimmten Voraussetzungen unschädlich entnommen werden – z. B. zur:

  • Tilgung eines Immobiliendarlehens (nur beim Zulageberechtigten selbst)
  • Anschaffung/Herstellung selbstgenutzten Wohneigentums
  • Entschuldung von bestehenden Immobilienfinanzierungen

➡️ Dabei ist stets entscheidend: Verfügungsberechtigt und vertraglich gebunden muss der Riester-Sparer selbst sein.


💡 Beratungshinweis für Mandanten

  • Prüfen Sie genau, auf wen das Immobiliendarlehen lautet, bevor Riester-Kapital zur Tilgung eingesetzt wird.
  • Eine Tilgung des Ehegattendarlehens führt zu einer schädlichen Verwendung – mit Rückzahlung der Zulagen und Steuervorteile.
  • Vor einer Entnahme empfiehlt sich eine verbindliche Auskunft bei der ZfA (Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen) oder die steuerliche Beratung durch unsere Kanzlei.

👥 Für wen ist das Urteil besonders relevant?

  • Ehepaare mit gemeinsam bewohnter Immobilie, aber einseitiger Darlehensaufnahme
  • Riester-Sparer mit dem Wunsch, gefördertes Kapital flexibel im Immobilienkontext einzusetzen
  • Mandanten mit bestehenden oder geplanten Entnahmen nach § 92a EStG

✅ Unsere Leistungen für Sie

  • Prüfung geplanter wohnwirtschaftlicher Entnahmen
  • Gestaltungsberatung zur optimalen Riester-Nutzung bei Immobilienfinanzierung
  • Kommunikation mit ZfA und Begleitung bei Rückforderungen
  • Unterstützung bei der Korrektur von bereits erfolgten schädlichen Verwendungen

Hinweis: Dieser Beitrag dient der allgemeinen Orientierung und ersetzt keine individuelle steuerliche Beratung. Die konkrete Einordnung Ihrer persönlichen Situation erfordert eine Einzelfallprüfung.

BFH: Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO im finanzgerichtlichen Verfahren – Spruchkörper nicht zuständig

📅 Beschluss vom 30.05.2025, BFH IX B 19/25
📍 Quelle: Bundesfinanzhof, Mitteilung vom 21.06.2025


⚖️ Hintergrund: DSGVO trifft Finanzgerichtsbarkeit

In seinem aktuellen Beschluss hat der Bundesfinanzhof (BFH) klargestellt, wer bei einem Auskunftsverlangen nach Art. 15 DSGVO im finanzgerichtlichen Verfahren richtiger Ansprechpartner ist. Die Entscheidung betrifft insbesondere Fälle, in denen Verfahrensbeteiligte Einsicht in personenbezogene Daten im Zusammenhang mit einem anhängigen finanzgerichtlichen Verfahren verlangen.


📌 Der Leitsatz im Wortlaut

„Ein im gerichtlichen Verfahren gestellter Auskunftsanspruch nach Art. 15 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) richtet sich nicht gegen den zur Entscheidung über den Rechtsstreit berufenen Spruchkörper, sondern gegen die Behördenleitung als Datenverantwortlichen im Sinne von Art. 4 Nr. 7 DSGVO.“


🧾 Was bedeutet das konkret?

✅ Wer ist datenschutzrechtlich verantwortlich?

Nicht der Senat (Spruchkörper), der über die finanzgerichtliche Sache entscheidet, sondern die Verwaltung des Gerichts bzw. Gerichtsleitung ist datenschutzrechtlich verantwortlich im Sinne von Art. 4 Nr. 7 DSGVO.

➡️ Ein Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO ist daher nicht im Rahmen des Verfahrens beim Spruchkörper geltend zu machen, sondern bei der Gerichtsverwaltung.


👤 Relevanz für Steuerpflichtige & Berater

Gerade im Rahmen von steuerlichen Verfahren vor Finanzgerichten kommt es immer wieder vor, dass Mandanten Einsicht in ihre gespeicherten Daten verlangen – etwa zur Prüfung von Verfahrensfehlern oder zur Vorbereitung weiterer Rechtsmittel.

Diese Entscheidung macht deutlich:

  • Ein Antrag nach Art. 15 DSGVO ist kein prozessualer Antrag im finanzgerichtlichen Verfahren
  • Zuständig ist ausschließlich die Verwaltung des Gerichts
  • Der Spruchkörper selbst wird nicht zur Bearbeitung verpflichtet

💡 Unser Hinweis aus Beratungssicht

  • Möchte Ihr Mandant Auskunft über verfahrensbezogene personenbezogene Daten erhalten, z. B. gespeicherte Informationen über Richter, Sachbearbeiter, Vermerke o. ä., so ist die DSGVO kein „Beweismittel“ im Verfahren selbst
  • Der Antrag muss außerhalb des eigentlichen Gerichtsverfahrens gestellt werden – bei der Behördenleitung des Gerichts

📞 Unterstützung für Ihre Mandanten

Als steuerliche Prozessvertretung prüfen wir für Sie:

  • Zulässigkeit und Erfolgsaussichten eines DSGVO-Auskunftsersuchens
  • Abgrenzung zu Einsichtsrechten nach § 91 AO und § 364 AO
  • Prozessuale Auswirkungen im Rahmen finanzgerichtlicher Verfahren
  • Datenschutzkonforme Akteneinsichts- und Informationsstrategien

Hinweis: Dieser Beitrag dient der allgemeinen Information und ersetzt keine individuelle Rechtsberatung. Für eine Prüfung Ihres konkreten Anliegens stehen wir Ihnen gern zur Verfügung.

BFH: Tilgungsbestimmung eines Dritten bei Steuerschuld – Anfechtung wegen Drohung möglich

📅 Urteil vom 19.03.2025, BFH X R 20/23
📍 Quelle: Bundesfinanzhof, veröffentlicht am 20.06.2025


🔍 Hintergrund des Falls

Im Fokus des Urteils steht die Frage, ob und unter welchen Bedingungen ein Dritter, der eine fremde Steuerschuld bezahlt, seine Tilgungsbestimmung nachträglich anfechten kann – insbesondere, wenn er sich zur Zahlung durch Drohung gezwungen sah.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat hierzu in seinem Urteil vom 19. März 2025 grundlegende Aussagen zur Auslegung und Anfechtbarkeit von Tilgungsbestimmungen getroffen.


📌 Die Leitsätze im Überblick

  1. Eine Tilgungsbestimmung (§ 225 Abs. 1 AO) ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, auf die die Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB sowie die Vorschriften der §§ 116 ff. BGB entsprechend anwendbar sind.
  2. Auch ein Dritter, der auf eine fremde Steuerschuld leistet (§ 48 Abs. 1 AO), gibt eine solche Tilgungsbestimmung ab.
  3. Erfolgt die Zahlung aufgrund einer Drohung im Sinne des § 123 Abs. 1 Alt. 2 BGB, kann diese Tilgungsbestimmung angefochten werden. Wird wirksam angefochten, gilt sie gemäß § 142 BGB von Anfang an als nichtig.
  4. In diesem Fall kann dem Dritten ein Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO zustehen.

⚖️ Was bedeutet das für die Praxis?

1. Tilgungsbestimmungen sind rechtlich anfechtbar

Das Urteil bestätigt, dass Tilgungsbestimmungen – etwa zur Zuordnung einer Zahlung auf bestimmte Steuerarten oder Zeiträume – nicht rein verwaltungsintern sind, sondern zivilrechtlichen Anfechtungsregeln unterliegen.

2. Drohung durch Finanzverwaltung?

Sollte eine Finanzbehörde oder ein Dritter den Zahler unter unzulässigen Druck setzen, kann eine so entstandene Tilgungsweisung nachträglich aufgehoben werden – mit Rückforderungsanspruch.

3. Bedeutung für Geschäftsführer, Gesellschafter & Familienangehörige

In der Praxis kommt es häufiger vor, dass nahestehende Personen freiwillig (oder unter Druck) Schulden eines Unternehmens oder Familienangehörigen begleichen. Diese sollten künftig sorgfältig prüfen, ob und wie sie die Tilgungsbestimmung abgeben – und unter welchen Umständen ein Rückforderungsanspruch bestehen könnte.


💡 Mandantenhinweis

Wenn Sie als Dritter auf eine fremde Steuerschuld gezahlt haben – etwa als Gesellschafter, Bürge oder Ehepartner – und sich dabei unter Druck gesetzt fühlten, prüfen wir gern, ob eine Anfechtung möglich ist und ein Erstattungsanspruch gegenüber dem Finanzamt besteht.


✅ Unsere Leistungen für Sie

  • Prüfung der Tilgungsbestimmungen in Steuerkonten
  • Anfechtungs- und Rückerstattungsanträge gegenüber dem Finanzamt
  • Vertretung bei strittiger Zahlung Dritter
  • Schutz vor persönlichen Haftungs- und Zahlungsrisiken im Steuerverfahren

Hinweis: Dieser Beitrag dient der allgemeinen Orientierung und ersetzt keine individuelle rechtliche oder steuerliche Beratung. Für eine rechtssichere Einzelfallprüfung stehen wir Ihnen gern zur Verfügung.

BFH: Wann ein Kostenfestsetzungsverfahren zu lange dauert


München (BFH). Wer vor Gericht Recht bekommt, hat oft Anspruch auf Erstattung seiner Verfahrenskosten. Doch was passiert, wenn die Festsetzung dieser Kosten unverhältnismäßig lange dauert? Der Bundesfinanzhof (BFH) hat hierzu mit seinem Urteil vom 6. November 2024 (Az. X K 7/22) wichtige Klarstellungen getroffen und die Grenzen einer noch angemessenen Verfahrensdauer bei Kostenfestsetzungs- und Erinnerungsverfahren definiert. Dies ist von großer Relevanz für alle, die auf die zügige Abwicklung ihrer Kostenansprüche warten.

Das Problem: Überlange Verfahrensdauer

In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass die eigentliche Klärung eines Rechtsstreits abgeschlossen ist, die anschließende Kostenfestsetzung oder ein Erinnerungsverfahren jedoch unnötig viel Zeit in Anspruch nimmt. Dies führt nicht nur zu Frustration bei den Betroffenen, sondern kann auch erhebliche finanzielle Auswirkungen haben, wenn Auslagen über lange Zeit nicht erstattet werden. Das Gesetz sieht in § 198 GVG (Gerichtsverfassungsgesetz) die Möglichkeit vor, bei überlanger Verfahrensdauer eine Entschädigung zu beantragen. Doch wann ist ein Verfahren tatsächlich „überlang“?

Die wesentlichen Erkenntnisse des BFH-Urteils

Der BFH hat mit seinem aktuellen Urteil zwei zentrale Punkte klargestellt:

  1. Einheitliches Gerichtsverfahren: Das Gericht stellte klar, dass das finanzgerichtliche Kostenfestsetzungsverfahren und ein sich gegebenenfalls anschließendes Erinnerungsverfahren als ein (einheitliches) Gerichtsverfahren im Sinne des § 198 Abs. 1, Abs. 6 Nr. 1 Halbsatz 1 GVG anzusehen sind. Dies bedeutet, dass die gesamte Dauer vom Antrag bis zur abschließenden Entscheidung für die Prüfung einer überlangen Verfahrensdauer relevant ist. Eine Begrenzung des Klagebegehrens auf einen bestimmten Verfahrensabschnitt (z.B. nur das Erinnerungsverfahren) ist dennoch möglich.
  2. Typisierung der angemessenen Dauer: Um Rechtsvereinfachung und Typisierung zu gewährleisten, hat der BFH eine Vermutung für eine noch angemessene Dauer festgelegt:
    • Im Kostenfestsetzungsverfahren (durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle) wird eine angemessene Dauer angenommen, wenn dieser gut sechs Monate nach Einleitung des Verfahrens (durch den Kostenfestsetzungsantrag) mit Maßnahmen zur Vorbereitung einer Entscheidung beginnt.
    • Im Erinnerungsverfahren (durch den Richter) wird eine angemessene Dauer angenommen, wenn dieser gut zwölf Monate nach Einlegung der Erinnerung mit Maßnahmen zur Vorbereitung einer Entscheidung beginnt.
    Entscheidend ist hierbei, dass ab diesen Zeitpunkten nicht für „nennenswerte Zeiträume“ Inaktivität herrscht. Wird eine der genannten Fristen ohne sachlichen Grund überschritten oder kommt es danach zu längeren Phasen der Untätigkeit, kann dies auf eine überlange Verfahrensdauer hindeuten und einen Entschädigungsanspruch begründen.

Was bedeutet das?

Dieses Urteil gibt sowohl betroffenen Mandanten als auch uns als Steuerberatern eine klarere Orientierung. Bei der Überwachung von Kostenfestsetzungsverfahren können wir nun präzisere Zeitfenster ansetzen.

  • Fristen im Blick behalten: Wenn Ihr Kostenfestsetzungsantrag oder eine Erinnerung in die Länge gezogen wird, sollten Sie prüfen, ob die vom BFH genannten Zeitgrenzen überschritten werden.
  • Dokumentation ist entscheidend: Halten Sie den Verlauf des Verfahrens und jegliche Kommunikation mit dem Gericht fest. Dies ist für eine etwaige Entschädigungsklage unerlässlich.
  • Möglicher Entschädigungsanspruch: Bei Überschreitung der angemessenen Dauer kann ein Anspruch auf Entschädigung nach § 198 GVG entstehen, der sich pro Monat der Verzögerung auf 1.200 Euro beläuft.

Fazit

Das Urteil des BFH schafft mehr Rechtssicherheit und Transparenz im Umgang mit verzögerten Kostenfestsetzungsverfahren. Es unterstreicht die Bedeutung einer zügigen Justiz und stärkt die Rechte der Verfahrensbeteiligten.

Sie haben Fragen zur Dauer Ihres Kostenfestsetzungsverfahrens oder vermuten eine überlange Verfahrensdauer? Sprechen Sie uns an! Wir prüfen Ihren individuellen Fall und beraten Sie zu Ihren Möglichkeiten.


Quelle: Bundesfinanzhof, Urteil X K 7/22 vom 06.11.2024. Das vollständige Urteil finden Sie auf der Homepage des BFH.

💼 Zinsaufwand bei Pool-Finanzierung von Investmentanteilen – BFH XI R 39/20 (13.12.2023)

Quelle: Bundesfinanzhof, Beschluss XI R 39/20 vom 13. Dezember 2023 (seit 28.03.2024 abrufbar, amtliche Veröffentlichung 20.06.2025)


🧾 Hintergrund: Zinsaufwand & steuerfreie Investmenterträge

Im Streit stand die Frage, ob Kreditzinsen aus einer sogenannten Pool-Finanzierung für den Kauf von Fondsanteilen steuerlich abziehbar sind, obwohl die daraus erzielten Erträge steuerfrei waren (z. B. wegen Doppelbesteuerungsabkommen und Anwendung des InvStG).

Wesentliche Entscheidungspunkte des BFH:

  1. Werbungskosten/Betriebsausgaben von Investmentfonds-Anteilinhabern können beim Fondsvermögen nicht abgezogen werden – das regelt § 3 InvStG haufe.de+4bundesfinanzhof.de+4datenbank.nwb.de+4.
  2. Damit greift auch ein Ansatz nach § 3c Abs. 1 EStG nicht, da es hier an einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen Zinsaufwand und steuerfreien Einnahmen fehlt, wenn zugleich ein mittelbarer, nicht auflösbarer Zusammenhang mit nicht steuerfreien Erträgen besteht efv-online.de+5bdo.de+5datenbank.nwb.de+5.

🔍 Kernpunkte im Detail

1. Kein Abzug beim Fonds

Nach § 3 InvStG darf nicht am Anteilinhaber-Ebene gekürzt werden – es zählt ausschließlich das Fondsvermögen selbst datenbank.nwb.de+3bundesfinanzhof.de+3bdo.de+3. Daher sind Anleger-Aufwendungen wie Zinsen oder Depotgebühren irrelevant für die Fondserträge.

2. § 3c Abs. 1 EStG – Prüfung wirtschaftlicher Nähe

Nach § 3c Abs. 1 EStG dürfen Kosten im unmittelbaren Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen nicht abgezogen werden. Der BFH stellte klar:

  • Mittelbare Kosten – wie Pool-Finanzierungszinsen, die auch auf nicht steuerfreie Zwecke entfallen – entfalten kein Abzugsverbot, weil kein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang besteht gesetze-bayern.de+7datenbank.nwb.de+7bundesfinanzhof.de+7.
  • Entscheidend ist die tatsächliche Verwendungsabsicht des Kredits. Eine Aufteilung nach rechnerischen Anteilen genügt nicht.

💡 Praktische Bedeutung für Mandanten

  • Pool-Finanzierung für Fondsanteile: Zinszahlungen können steuerlich geltend gemacht werden, wenn sie auch nicht-steuerfreie Zwecke mit bedienen – es besteht kein Abzugsverbot nach § 3c EStG.
  • Keine „automatische“ Kürzung von Zinsen bei steuerfreien Fondserträgen.
  • Wichtig: Dokumentation der Verwendung ist entscheidend – bei gemischtem Einsatz des Darlehens ist eine klar nachvollziehbare Zweckklärung erforderlich.

👨‍⚖️ Beispiel aus der Praxis

Eine Anstalt des öffentlichen Rechts finanziert Fondsanteile via Pool-Darlehen. Erträge aus Immobilienfonds sind steuerfrei mangels deutscher Besteuerung. Die Zinskosten entfielen rein rechnerisch anteilig auch auf diese steuerfreien Erträge. Dieser nur mittelbare Zusammenhang reichte laut BFH nicht für eine Kürzung durch § 3c EStG – die Zinsen waren abzugsfähig datenbank.nwb.de.


✅ Unsere Empfehlung

  1. Analyse Ihrer Finanzierungsstrukturen: Prüfen Sie, wie Zinsaufwendungen entstehen und für welche Zwecke sie verwendet wurden.
  2. Dokumentieren Sie Kreditzwecke eindeutig, insbesondere bei Mischfinanzierungen.
  3. Pool-Finanzierungen zulässig – solange kein unmittelbarer Zusammenhang zu rein steuerfreien Einnahmen besteht.
  4. Rechtssichere Beratungsunterstützung bei Fonds-Investments und Abzugsfähigkeit von Finanzierungskosten.

📞 Unser Angebot

Wir prüfen gerne in einem kostenfreien Erstgespräch, ob Ihre Finanzierungskosten steuerlich abziehbar sind – und beraten Sie über erforderliche Nachweisdokumente zur Verteidigung bei Betriebs- oder Sonderprüfungen.


Hinweis: Dieser Beitrag dient der generellen Information und ersetzt keine individuelle steuerliche Beratung. Bei konkreten Fragestellungen erstellen wir gern ein Mandatsangebot.

Umsatzsteuer-Sonderprüfung: 1,63 Milliarden Euro Mehrergebnis im Jahr 2024

Veröffentlicht am 20. Juni 2025
Quelle: Bundesministerium der Finanzen (BMF, Mitteilung vom 19.06.2025)


📌 Was ist passiert?

Nach aktuellen Zahlen des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) haben Umsatzsteuer-Sonderprüfungen im Jahr 2024 zu einem Mehrergebnis von rund 1,63 Milliarden Euro geführt.

Diese Summe ergibt sich ausschließlich aus Sonderprüfungenohne die Ergebnisse aus allgemeinen Betriebsprüfungen oder Steuerfahndungen.


🔍 Zahlen und Fakten im Überblick

  • 63.733 Sonderprüfungen wurden 2024 durchgeführt
  • 1.630 Prüfer waren im Jahresdurchschnitt im Einsatz
  • Ø 39 Prüfungen pro Prüfer
  • Ø Mehrergebnis pro Prüfer: rund 1 Mio. Euro

➡️ Die Zahlen zeigen: Umsatzsteuer-Sonderprüfungen sind ein effektives Prüfungsinstrument – und werden zunehmend unabhängig vom Betriebsprüfungsturnus eingesetzt, betriebssgrößenunabhängig.


🎯 Was bedeutet das für Unternehmer?

Der Fokus der Finanzverwaltung auf die Umsatzsteuer nimmt weiter zu. Auch kleinere und mittlere Unternehmen geraten verstärkt ins Visier – unabhängig davon, ob sie sonst im Prüfturnus liegen oder nicht.

Typische Schwerpunkte einer Sonderprüfung:

  • Fehlerhafte Rechnungsstellungen
  • Nicht oder falsch geltend gemachter Vorsteuerabzug
  • Unvollständige Leistungsnachweise (insbesondere bei innergemeinschaftlichen Lieferungen)
  • Unzulässige Differenzbesteuerung oder unberechtigter Nullsteuersatz

💡 Unsere Empfehlung aus Beratungssicht:

1. Umsatzsteuerprozesse regelmäßig prüfen

Viele Fehler entstehen durch Routine oder fehlende Dokumentation. Ein interner Umsatzsteuer-Check spart im Zweifel hohe Nachzahlungen.

2. Auf korrekte Rechnungen achten

Rechnungsangaben nach § 14 UStG müssen vollständig und formal korrekt sein – sonst droht der Verlust des Vorsteuerabzugs.

3. Export- und EU-Geschäfte besonders im Blick behalten

Innergemeinschaftliche Lieferungen und Reverse-Charge-Verfahren sind beliebte Prüffelder.

4. Digitalisierte Abläufe sinnvoll nutzen

Digitale Prüfpfade, saubere Archivierung und GoBD-konforme Systeme erleichtern die Verteidigung im Prüfungsfall erheblich.


👥 Wie wir Sie unterstützen

Unsere Kanzlei bietet Ihnen:

  • Umsatzsteuer-Checks für Selbstständige und Unternehmen
  • Dokumentenprüfung auf Vorsteuer-Risiken
  • Unterstützung bei laufenden oder angekündigten Prüfungen
  • Prüfungsvorbereitung und Schulungen für Ihr Team
  • Begleitung bei der Kommunikation mit der Finanzverwaltung

✅ Frühzeitig prüfen statt nachzahlen

Die Zahlen des BMF zeigen deutlich: Jeder zehnte Betrieb ist statistisch von einer Sonderprüfung betroffen – unabhängig von Branche oder Umsatzgröße.

Lassen Sie uns gemeinsam sicherstellen, dass Ihre Umsatzsteuerprozesse stabil und prüfungssicher sind.


Hinweis: Dieser Beitrag dient der allgemeinen Information und ersetzt keine individuelle steuerliche Beratung. Für eine persönliche Analyse Ihrer Umsatzsteuerprozesse stehen wir Ihnen gern zur Verfügung.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin