Lohnsteuer-Freibeträge können ab 2016 für zwei Jahre beantragt werden

„Ab dem 1. Oktober können Sie den Lohnsteuer-Freibetrag für das Jahr 2016 beantragen. Er erhöht Ihr monatliches Nettoeinkommen sofort“, so Andrea Heck, die Präsidentin der Oberfinanzdirektion Karlsruhe.

Dieses Jahr lohnt sich der Kontakt mit dem Finanzamt gleich doppelt: „Sie können den Freibetrag für zwei Jahre auf einmal beantragen“, erläutert Heck. Wenn sich die persönlichen Verhältnisse nicht ändern, gilt der Freibetrag für 2016 und das Folgejahr 2017.

Der Antrag für einen Freibetrag lohnt sich vor allem bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die hohe Werbungskosten haben, wie z.B. Fahrtkosten bei Berufspendlern. Der Freibetrag wird vom Finanzamt als elektronisches Lohnsteuerabzugsmerkmal (ELStAM) gespeichert und dem Arbeitgeber automatisch mitgeteilt.

Für den Antrag stehen zwei Vordrucke zur Verfügung: der „Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung 2016“ und der „Vereinfachte Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung 2016“. Auf beiden Vordrucken kann man die zweijährige Geltungsdauer des Freibetrags durch Ankreuzen beantragen. Die ausgefüllten Anträge können auch per Post an das Finanzamt geschickt werden.

„Beantragen Sie Ihren Freibetrag für zwei Jahre. Damit ersparen Sie sich im nächsten Jahr den Gang zum Finanzamt“, empfiehlt Heck. Die erforderlichen Formulare erhalten Sie nicht nur imFinanzamt, sondern auch im Internet unter www.fa-baden-wuerttemberg.de.

Quelle: Oberfinanzdirektion Karlsruhe , Pressemitteilung Nr. 9/2015

Umsetzung der Mobilitätsrichtlinie

Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf (18/6283) zur Umsetzung der EU-Mobilitäts-Richtlinie vorgelegt. Die Richtlinie aus dem Jahr 2014 sieht Mindestvorschriften zur Erhöhung der Mobilität von Arbeitnehmern zwischen den Mitgliedstaaten vor. So sollen durch die Verbesserung des Erwerbs und der Wahrung von Zusatzrentenansprüchen Hindernisse abgebaut werden, die sich aus Regelungen zur betrieblichen Altersversorgung ergeben können. Der Gesetzentwurf sieht nun vor, die Vorgaben der Richtlinie in das Betriebsrentengesetz zu übernehmen. Im Einkommensteuergesetz soll es Anpassungen bei der Bildung von Pensionsrückstellungen und der Abzugsfähigkeit von Zuwendungen an Unterstützungskassen geben.

Quelle: Deutscher Bundestag

Widerrufsrecht bei Immobilienfinanzierung

Das Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie ist bei Sachverständigen in einer Anhörung im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz am 14.10.2015 auf ein geteiltes Echo gestoßen. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/5922) umfasst neben Regelungen zur Umsetzung der Richtlinie, die umfassend den Bereich der Vermittlung und Vergabe von Immobilienkrediten regelt, auch weitere Aspekte. So soll etwa Transparenz bei Dispositionskrediten hergestellt werden.

Die grundlegende Richtlinie stieß auf Kritik bei Olaf Langner (Deutsche Kreditwirtschaft). Sie sei Ausdruck von „Regulierungswut“ und nütze weder der Kreditwirtschaft noch den Verbrauchern. Vielmehr kämen auf die Kreditwirtschaft erhebliche Kosten zu, die im Gesetzentwurf nicht richtig dargestellt worden seien. Beim Sparkassenverband, für den Langner tätigt ist, werde allein die Einführung zu Kosten von rund 30 Millionen Euro führen. Problematisch sei zudem der Ansatz, die vorgeschriebene vorvertragliche Kreditwürdigkeitsprüfung nicht nur aufsichtsrechtlich, sondern auch zivilrechtlich zu verankern und entsprechende Sanktionen vorzusehen. Die genutzten Rechtsbegriffe müssten daher nachgebessert werden. Langner begrüßte die geplante Einschränkung des Widerrufsrechts bei fehlerhafter Widerrufsbelehrung. Dessen grundsätzlicher Gedanke – nämlich dem Verbraucher 14 Tage Zeit zu geben, über die Kaufentscheidung nachzudenken – sei in diesem Bereich inzwischen „pervertiert“ worden.

Kai-Oliver Knops (Universität Hamburg) warnte hinsichtlich des Widerrufsrechts hingegen vor einem Auseinanderdriften der Rechtslage. So sei bei Verbraucherdarlehen kein Erlöschen des Widerrufsrechts bei fehlerhafter Widerrufsbelehrung durch den Darlehensgeber vorgesehen. Die sei auch bei Immobiliendarlehen sinnvoll, es handle sich schließlich um sehr komplizierte Verträge. Zudem sei das Widerrufsrecht nicht, wie von manchen behauptet, auf Ewigkeit ausgelegt. Vielmehr reiche es, wenn die Bank den Verbraucher im Nachgang über sein Recht richtig belehre. Das gelte auch für bereits abgeschlossen Alt-Verträge.

Lutz Heer (Bundesverband Deutscher Vermögensberater) ging vor allem auf die Folgen für die Immobilienkreditvermittlerwirtschaft ein. Er mahnte Nachbesserungen im Bereich der „Alten Hasen“-Regelung an, also für jene Vermittler, die bei Inkrafttreten bereits fünf Jahre in dem Feld tätig waren und keine neue Sachkundeprüfung ablegen sollen. Hier bestünden im Entwurf sowohl mit Hinblick auf die Qualifizierungsvorgaben nach der Gewerbeordnung als auch in Hinblick auf den Nachweis der ununterbrochenen Tätigkeit noch Probleme. Zudem verwies Heer auf den erheblichen Aufwand, der auf die Branche mit der Umsetzung zukomme. So müssten selbst im Idealfall bis zu 15.000 Vermittler nachgeprüft werden, was in der vorgesehenen Zeit bis zur Umsetzung nicht machbar sei. Hier sei über ein Moratorium nachzudenken.

Frank-Christian Pauli (Verbraucherzentralen Bundesverband) thematisiere unter anderem die geplante Neuregelung zu Dispo-Zinsen. Nach dem Entwurf sollen Banken ihren Zinssatz auf der Webseite transparent ausweisen und den Kunden bei dauerhafter Überziehung ihres Kontos alternative Finanzierungsmöglichkeiten anbieten. Diese Regelung sei nicht zielführend. Wichtiger sei es, die Verbraucher zu Stellen der Budget- und Schuldnerberatung zu schicken. Die Ausgabe von Beratungsgutscheinen durch die Banken – und damit eine Beteiligung an den Kosten der Beratung – sei auch im Interesse der Kreditwirtschaft, betonte Pauli.

Ähnlich äußerte sich Rechtsanwalt Achim Tiffe aus Hamburg. Die Beratung sei schon deswegen vorzuziehen, weil „verletzlichen Haushalten“, die nicht über die Kreditwürdigkeit für alternative Finanzierungen verfügten, von Banken gar nicht geholfen werden könne. Tiffe und Pauli regten zudem eine Deckelung von Dispo-Zinsen an. Die von Kritikern gerade im Kontext der aktuellen Niedrigzinsphase als zu hoch angesehenen Zinssätze seien Ausdruck eines „Marktversagens“, sagte Tiffe.

Quelle: Deutscher Bundestag

Leichterer BAföG-Bezug für Geduldete

Die Bundesregierung will den erleichterten Bezug ausbildungsbegleitender Hilfen für geduldete Flüchtlinge früher als geplant umsetzen. Das sieht ein Gesetzentwurf (18/6284) zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII – Sozialhilfe) und weiterer Vorschriften vor. So soll eine bereits für den August 2016 geplante Senkung der Voraufenthaltsdauer für Geduldete und bestimmte Personengruppen mit einer Aufenthaltserlaubnis von vier Jahren auf 15 Monate vorgezogen werden. Durch entsprechende Änderungen im Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) und im SGB III könnten diese Personen gezielt bestimmte ausbildungsfördernde Leistungen früher in Anspruch nehmen, schreibt die Regierung.

Im SGB III sind darüber hinaus rechtsbereinigende Änderungen geplant, die sich durch den Eintritt der vollen Arbeitnehmerfreizügigkeit für kroatische Staatsbürger zum 1. Juli 2015 ergeben.

Im SGB XII werden die Nachweispflichten der Bundesländer in Bezug auf die Kosten für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung neu geregelt. Diese Notwendigkeit ergebe sich aus dem Umstand, dass der Bund seit dem 1. Januar 2014 diese Kosten den Ländern voll erstattet, heißt es zur Begründung. Außerdem werden die Vorschriften über die Anrechnung von Einkommen präzisiert sowie einige redaktionelle Änderungen im SGB XII vorgenommen. Darüber hinaus soll in der Statistik der Berichtszeitraum für Leistungen zur Deckung von Bedarfen für Bildung und Teilhabe erweitert werden, um diese Leistungen künftig besser erfassen zu können.

Der Gesetzentwurf enthält ferner Änderungen bei der Alterssicherung und der Krankenversicherung der Landwirte. Unter anderem sollen die Hinzuverdienstmöglichkeiten im Rentenalter verbessert werden, heißt es im Entwurf.

Quelle: Deutscher Bundestag

Erweiterung der Gewerbesteuer abgelehnt

Der Finanzausschuss hat am 14.10.2015 einen Antrag der Fraktion Die Linke (18/3838) zur Erweiterung der Gewerbesteuer-Pflicht abgelehnt. Die Fraktion hatte gefordert, alle selbständigen Tätigkeiten sollten in Zukunft von der Gewerbesteuer erfasst werden. Eine Ausnahme soll es nur für die Land- und Forstwirtschaft geben. Der Ausschuss lehnte den Antrag mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD ab, die Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen waren dafür. Die Fraktion die Linke argumentierte, die Einbeziehung der freien Berufe, die bisher nicht gewerbesteuerpflichtig sind, stärke die Einnahmen der Städte und Gemeinden und werde helfen, die Hebesätze zu stabilisieren. Es müsse durch die Ausweitung der Steuerpflicht nicht zu einer höheren steuerlichen Belastung kommen. Es solle einen angemessenen Freibetrag geben. Außerdem bleibe bei Einbeziehung in die Gewerbesteuer grundsätzlich die Möglichkeit, Gewerbesteuerzahlungen an die Gemeinde mit der Einkommensteuerschuld zu verrechnen.

Zur Begründung erklärte die Fraktion, viele Kommunen seien längst nicht mehr in der Lage, die Verhältnisse vor Ort aktiv zu gestalten. Ihre Handlungsfähigkeit sei stark eingeschränkt. „Eine nachhaltige Verbesserung der Situation der Kommunalfinanzen lässt sich nur erreichen, wenn die Einnahmen gestärkt werden“, stellt die Fraktion fest. Daher müsse die Gewerbesteuer zu einer Gemeindewirtschaftssteuer weiterentwickelt werden. Die Beteiligung der Freiberufler an der Steuer sei gerechtfertigt, weil sie ebenfalls die kommunale Infrastruktur in Anspruch nehmen würden.

Quelle: Deutscher Bundestag

Pfändbarkeit einer Internet-Domain

Mit am 15.10.2015 veröffentlichtem Urteil vom 16.09.2015 (Az. 7 K 781/14 AO) hat der 7. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden, dass das Finanzamt die Ansprüche aus einem Internet-Domainvertrag pfänden kann.

Geklagt hatte eine Genossenschaft, die als Registrierungsstelle Internet-Domains verwaltet und betreibt. Die Genossenschaft hatte mit einem Unternehmer, der Inhaber eines Onlineshops für Unterhaltungselektronik war, einen Vertrag über die Registrierung einer Internet-Domain geschlossen, in dem sie sich u. a. zur Zurverfügungstellung und Unterhaltung einer Internet-Domain verpflichtet hatte. Aufgrund rückständiger Steuern des Unternehmers pfändete das beklagte Finanzamt u. a. dessen Anspruch auf Aufrechterhaltung der Registrierung der Internet-Domain für seinen Onlineshop. Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage begehrte die Genossenschaft die Aufhebung der Pfändung.

Der 7. Senat des Finanzgerichts Münster wies die Klage ab. Bei den Rechten des Unternehmers aus dem Domainvertrag handele es sich, so der Senat, um pfändbare Vermögensrechte im Sinne der abgabenrechtlichen Pfändungsvorschriften. Gegenstand der Pfändung sei dabei nicht die Internet-Domain als solche, die nur eine technische Adresse im Internet darstelle, sondern die Gesamtheit der schuldrechtlichen Ansprüche, die dem Domain-Inhaber gegenüber der Vergabestelle aus dem Registrierungsvertrag zustünden. Das beklagte Finanzamt habe mit der Pfändung auch keine pfändungsfremden Ziele verfolgt, sondern sich das Zugriffsrecht auf die Ansprüche des Unternehmers aus dem Domainvertrag gesichert. Die Genossenschaft könne als Drittschuldnerin in Anspruch genommen werden, da sie Schuldnerin der Ansprüche aus dem Domainvertrag sei. Der Umstand, dass für die Genossenschaft durch eine zunehmende Zahl solcher Pfändungen zukünftig ein nicht unerheblicher Arbeits- und Verwaltungsaufwand ausgelöst werden könne, sei dabei unerheblich.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage hat der Senat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Quelle: FG Münster, Pressemitteilung vom 15.10.2015 zum Urteil 7 K 781/14 vom 16.09.2015

 

Kosten der künstlichen Befruchtung einer in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung lebenden Frau nicht steuerlich abzugsfähig

Mit Urteil vom 23. Juli 2015 (Az. 6 K 93/13 E) hat der 6. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden, dass Kosten für die künstliche Befruchtung einer unfruchtbaren Frau, die in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung lebt, keine außergewöhnlichen Belastungen darstellen.

Die Klägerin, die mit einer anderen Frau in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft lebte, konnte aufgrund einer Unfruchtbarkeit ohne medizinischen Eingriff nicht schwanger werden. Sie ließ daraufhin in Dänemark eine In-vitro-Fertilisation unter Verwendung von Samenzellen eines Spenders durchführen. Die hierfür entstandenen Kosten machte sie in ihrer Einkommensteuererklärung als außergewöhnliche Belastungen geltend, was das Finanzamt ablehnte.

Der Senat wies die hiergegen erhobene Klage ab. Zwar stelle die Unfruchtbarkeit der Klägerin eine Krankheit dar, die grundsätzlich zu außergewöhnlichen Belastungen führen könne. Die Aufwendungen für die künstliche Befruchtung seien jedoch – anders als bei verschiedengeschlechtlichen Paaren – nicht zwangsläufig entstanden. Dies folge daraus, dass die Kinderlosigkeit der Klägerin nicht ausschließlich Folge ihrer Unfruchtbarkeit war. Vielmehr sei auch aufgrund ihrer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft die Zeugung eines Kindes auf natürlichem Wege ausgeschlossen gewesen. Einer solchen Kinderlosigkeit komme kein Krankheitswert zu.

Dieses Ergebnis verstoße nicht gegen den Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG. Die Ungleichbehandlung der Klägerin im Verhältnis zu verschiedengeschlechtlichen Paaren sei vielmehr aufgrund der unterschiedlichen biologischen Ausgangslage gerechtfertigt. Auch verpflichte Art. 6 Abs. 1 GG den Staat nicht, das Entstehen von Familien durch Förderung der künstlichen Befruchtung zu unterstützen. Die Revision ist beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VI R 47/15 anhängig.

Quelle: FG Münster, Mitteilung vom 15.10.2015 zum Urteil 6 K 93/13 E vom 23.07.2015 (nrkr – BFH-Az.: VI R 47/15)

 

Kein Sonderausgabenabzug fiktiver Kirchensteuern im Billigkeitswege

Mit Urteil vom 15. September 2015 (Az. 5 K 257/15) hat der 5. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden, dass ein Steuerpflichtiger, der keiner Kirche angehört, nicht aus Billigkeitsgründen zum Sonderausgabenabzug für fiktive Kirchensteuerbeträge berechtigt ist.

Das Finanzamt veranlagte den Kläger, der keiner Religionsgemeinschaft angehört, zur Einkommensteuer. Da sich der Kläger hierdurch gegenüber Kirchenmitgliedern benachteiligt sah, beantragte er, die Einkommensteuer aus Billigkeitsgründen insoweit niedriger festzusetzen, als ein Sonderausgabenabzug in Höhe von 9% der veranlagten Einkommensteuer berücksichtigt wird. Diesen Antrag lehnte das Finanzamt ab, da der Gesetzgeber nur die anerkannten Religionsgemeinschaften begünstigen wolle.

Die hiergegen erhobene Klage wies der Senat ab. Dem Finanzamt seien bei der Ablehnung des Billigkeitsantrags keine Ermessensfehler unterlaufen. Die Besteuerung des Klägers sei insbesondere nicht sachlich unbillig. Im Gegensatz zu kirchenangehörigen Steuerpflichtigen habe er weder Kirchensteuern noch vergleichbare Zahlungen geleistet. Ein Sonderausgabenabzug setze nach dem Gesetz allerdings Aufwendungen voraus. Unabhängig davon sei eine steuerliche Begünstigung von Kirchenbeiträgen an anerkannte Religionsgemeinschaften sachlich gerechtfertigt, zumal die Kirchen Zwecke verfolgten, die als förderungswürdig im steuerlichen Sinne anzusehen seien. Selbst wenn ein solcher Sonderausgabenabzug sachlich nicht gerechtfertigt und damit verfassungswidrig wäre, könnte der Kläger eine Gleichstellung nicht im Billigkeitswege durch Abzug fiktiver Kirchensteuern erreichen.

Quelle: FG Münster, Mitteilung vom 15.10.2015 zum Urteil 5 K 257/15 vom 15.09.2015

 

Nachweis eines niedrigeren Grundbesitzwerts in Anwachsungsfällen durch Anteilskaufpreise nicht zulässig

Wird eine Grundbesitz haltende Personengesellschaft durch Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters aufgelöst und wächst ihr Vermögen dem verbleibenden Gesellschafter an, löst dieser Vorgang Grunderwerbsteuer aus. Im Verfahren über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts kann der gemeine Wert nicht aus den vereinbarten Anteilskaufpreisen oder den Abfindungszahlungen abgeleitet werden. Dies hat der 3. Senat des Finanzgerichts Münster mit Urteilen vom 12. Februar 2015 (Az. 3 K 336/14 F), vom 12. August 2015 (Az. 3 K 1531/14 F) und vom 10. September 2015 (Az. 3 K 3308/13 F) entschieden.
In den Urteilsfällen war den Klägern im Rahmen der Anwachsung Grundbesitz zugefallen. Das jeweilige Belegenheitsfinanzamt nahm für Grunderwerbsteuerzwecke gesonderte Feststellungen der Grundbesitzwerte nach Maßgabe der §§ 145 ff. BewG vor. Die Kläger begehrten demgegenüber niedrigere Feststellungen nach den jeweiligen gemeinen Werten, die sie aus Anteilskaufpreisen oder Abfindungszahlungen herleiteten.

Der Senat wies die Klagen ab. Eine Bewertung mit einem niedrigeren gemeinen Wert sei zwar gemäß § 138 Abs. 4 BewG möglich. Als Nachweis hierfür seien allerdings gesellschaftsrechtliche Vereinbarungen nicht geeignet. Soweit für einen Gesellschaftsanteil ein Kaufpreis oder eine Abfindung gezahlt werde, handele es sich hierbei nicht um einen Grundstückskauf. Dies gelte selbst dann, wenn der Grundbesitz das alleinige Vermögen der Gesellschaft bildet, denn der Anteil umfasse nicht allein das Sachvermögen, sondern auch die darüber hinausgehenden Gesellschafterrechte. Der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts könne vielmehr nur durch ein Gutachten erfolgen, das in allen Urteilsfällen nicht vorgelegen hat. Der Bundesfinanzhof hat gegen die Entscheidung vom 12. Februar 2015 (Az. 3 K 336/14 F) die Revision zugelassen. Das Verfahren ist dort unter dem Aktenzeichen II R 47/15 anhängig.

Quelle: FG Münster, Mitteilung vom 15.10.2015 zu den Urteilen 3 K 336/14 vom 12.02.2015 (nrkr – BFH-Az.: II R 47/15), 3 K 1531/14 vom 12.08.2015 und 3 K 1531/14 vom 10.09.2015

 

Lohn- und umsatzsteuerliche Behandlung von Betriebsveranstaltungen

Rechtslage nach dem „Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“

Mit dem Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 22. Dezember 2014 (BGBl. I S. 2417, BStBl 2015 I S. 58) wurde die Besteuerung von Zuwendungen an Arbeitnehmer im Rahmen von Betriebsveranstaltungen gesetzlich geregelt. Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gelten bei der Anwendung des am 1. Januar 2015 in Kraft getretenen § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG die folgenden Grundsätze:

1. Begriff der Betriebsveranstaltung

2. Begriff der Zuwendung

3. Arbeitnehmer

4. Freibetrag
a) Berechnung des Freibetrags
b) Offenstehen der Betriebsveranstaltung für alle Arbeitnehmer
c) Freibetrag für maximal zwei Betriebsveranstaltungen jährlich

5. Besteuerung der Zuwendungen

6. Reisekosten

7. Auswirkungen der gesetzlichen Änderung auf die Umsatzsteuer

8. Zeitliche Anwendung

 

  1. Begriff der Betriebsveranstaltung

 

Betriebsveranstaltungen sind Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter, z. B. Betriebsausflüge, Weihnachtsfeiern, Jubiläumsfeiern. Ob die Veranstaltung vom Arbeitgeber, Betriebsrat oder Personalrat durchgeführt wird, ist unerheblich. Eine Be-triebsveranstaltung liegt nur vor, wenn der Teilnehmerkreis sich überwiegend aus Betriebsan-gehörigen, deren Begleitpersonen und gegebenenfalls Leiharbeitnehmern oder Arbeitnehmern anderer Unternehmen im Konzernverbund zusammensetzt.

 

Die Ehrung eines einzelnen Jubilars oder eines einzelnen Arbeitnehmers z. B. bei dessen Aus-scheiden aus dem Betrieb, auch unter Beteiligung weiterer Arbeitnehmer, ist keine Betriebs-veranstaltung; zu Sachzuwendungen aus solchem Anlass vgl. R 19.3 Absatz 2 Nummer 3 und 4 LStR. Auch ein so genanntes Arbeitsessen (R 19.6 Absatz 2 LStR) ist keine Betriebsveran-staltung.

 

Erfüllt eine Veranstaltung des Arbeitgebers nicht den Begriff der Betriebsveranstaltung, ist nach allgemeinen Grundsätzen zu prüfen, ob es sich bei geldwerten Vorteilen, die der Arbeit-geber seinen Arbeitnehmern im Rahmen dieser Veranstaltung gewährt, um Arbeitslohn nach § 19 EStG handelt.

 

  1. Begriff der Zuwendung

 

Zuwendungen anlässlich einer Betriebsveranstaltung sind alle Aufwendungen des Arbeitge-bers einschließlich Umsatzsteuer unabhängig davon, ob sie einzelnen Arbeitnehmern indivi-duell zurechenbar sind oder ob es sich um einen rechnerischen Anteil an den Kosten der Be-triebsveranstaltung handelt, die der Arbeitgeber gegenüber Dritten für den äußeren Rahmen der Betriebsveranstaltung aufwendet.

 

Zuwendungen anlässlich einer Betriebsveranstaltung sind insbesondere:

  1. a) Speisen, Getränke, Tabakwaren und Süßigkeiten,
  2. b) die Übernahme von Übernachtungs- und Fahrtkosten (siehe auch Tz. 6),
  3. c) Musik, künstlerische Darbietungen sowie Eintrittskarten für kulturelle und sportliche Veranstaltungen, wenn sich die Veranstaltung nicht im Besuch der kulturellen oder sportli-chen Veranstaltung erschöpft,
  4. d) Geschenke. Dies gilt auch für die nachträgliche Überreichung der Geschenke an solche Ar-beitnehmer, die aus betrieblichen oder persönlichen Gründen nicht an der Betriebsveran-staltung teilnehmen konnten, nicht aber für eine deswegen gewährte Barzuwendung,
  5. e) Zuwendungen an Begleitpersonen des Arbeitnehmers,
  6. f) Barzuwendungen, die statt der in a) bis c) genannten Sachzuwendungen gewährt werden, wenn ihre zweckentsprechende Verwendung sichergestellt ist,
  7. g) Aufwendungen für den äußeren Rahmen, z. B. für Räume, Beleuchtung oder Eventmana-ger.

 

Als Aufwendungen für den äußeren Rahmen sind auch die Kosten zu erfassen, die nur zu ei-ner abstrakten Bereicherung des Arbeitnehmers führen, wie z. B. Kosten für anwesende Sa-nitäter, für die Erfüllung behördlicher Auflagen, Stornokosten oder Trinkgelder. Keine Auf-wendungen für den äußeren Rahmen nach Tz. 2 Buchstabe g) sind die rechnerischen Selbst-kosten des Arbeitgebers, wie z. B. die anteiligen Kosten der Lohnbuchhaltung für die Erfas-sung des geldwerten Vorteils der Betriebsveranstaltung oder die anteilige AfA sowie Kosten für Energie- und Wasserverbrauch bei einer Betriebsveranstaltung in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers.

Die gesetzliche Regelung stellt nicht darauf ab, ob es sich um übliche Zuwendungen handelt. Auch unübliche Zuwendungen, wie z. B. Geschenke, deren Wert je Arbeitnehmer 60 Euro übersteigt, oder Zuwendungen an einzelne Arbeitnehmer aus Anlass – nicht nur bei Gelegen-heit – einer Betriebsveranstaltung unterfallen daher § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1a EStG.

 

  1. Arbeitnehmer

 

  • 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1a EStG erfasst Zuwendungen des Arbeitgebers an seine akti-ven Arbeitnehmer, seine ehemaligen Arbeitnehmer, Praktikanten, Referendare, ähnliche Per-sonen sowie Begleitpersonen.

 

Aus Vereinfachungsgründen wird es nicht beanstandet, wenn auch Leiharbeitnehmer bei Be-triebsveranstaltungen des Entleihers sowie Arbeitnehmer anderer konzernangehöriger Unter-nehmen einbezogen werden.

 

Die Anwendbarkeit der Regelung auf Leiharbeitnehmer und Arbeitnehmer anderer konzern-angehöriger Unternehmen setzt voraus, dass hinsichtlich dieser Personengruppen die weiteren Voraussetzungen (Offenstehen der Betriebsveranstaltung für alle Angehörigen dieser Perso-nengruppe) des § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1a EStG erfüllt sind.

 

  1. Freibetrag

 

Soweit die unter Tz. 2 aufgeführten Zuwendungen den Betrag von 110 Euro je Betriebsveran-staltung und teilnehmendem Arbeitnehmer nicht übersteigen, gehören sie nicht zu den Ein-künften aus nichtselbständiger Arbeit, wenn die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht. Dies gilt für bis zu zwei Be-triebsveranstaltungen jährlich.

 

  1. a) Berechnung des Freibetrags

 

Die Höhe der dem einzelnen Arbeitnehmer gewährten Zuwendungen berechnet sich wie folgt:

 

Alle nach der Tz. 2. zu berücksichtigenden Aufwendungen sind zu gleichen Teilen auf alle bei der Betriebsveranstaltung anwesenden Teilnehmer aufzuteilen. Sodann ist der auf eine Begleitperson entfallende Anteil der Aufwendungen dem jeweiligen Arbeitnehmer zuzurech-nen. Für die Begleitperson ist kein zusätzlicher Freibetrag von 110 Euro anzusetzen.

Beispiel:

Die Aufwendungen für eine Betriebsveranstaltung betragen 10.000 Euro. Der Teilneh-merkreis setzt sich aus 75 Arbeitnehmern zusammen, von denen 25 von je einer Person begleitet werden.

Die Aufwendungen sind auf 100 Personen zu verteilen, so dass auf jede Person ein geldwerter Vorteil von 100 Euro entfällt. Sodann ist der auf die Begleitperson entfal-lende geldwerte Vorteil dem jeweiligen Arbeitnehmer zuzurechnen. 50 Arbeitnehmer haben somit einen geldwerten Vorteil von 100 Euro, der den Freibetrag von 110 Euro nicht übersteigt und daher nicht steuerpflichtig ist. Bei 25 Arbeitnehmern beträgt der geldwerte Vorteil 200 Euro; nach Abzug des Freibetrags von 110 Euro ergibt sich für diese Arbeitnehmer ein steuerpflichtiger geldwerter Vorteil von jeweils 90 Euro.

 

Die 44-Euro-Freigrenze des § 8 Absatz 2 Satz 11 EStG ist für Zuwendungen anlässlich von Betriebsveranstaltungen nicht anwendbar.

 

  1. b) Offenstehen der Betriebsveranstaltung für alle Arbeitnehmer

 

Voraussetzung für die Gewährung des Freibetrags ist, dass die Betriebsveranstaltung allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht. Veranstaltungen, die nur für ei-nen beschränkten Kreis der Arbeitnehmer von Interesse sind, sind nach § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1a Satz 3 EStG begünstigte Betriebsveranstaltungen, wenn sich die Begrenzung des Teilnehmerkreises nicht als eine Bevorzugung bestimmter Arbeitnehmergruppen darstellt. Als begünstigte Betriebsveranstaltungen sind deshalb auch solche Veranstaltungen anzuerkennen, die z. B.

– jeweils nur für eine Organisationseinheit des Betriebs, z. B. Abteilung, durchgeführt wer-den, wenn alle Arbeitnehmer dieser Organisationseinheit an der Veranstaltung teilnehmen können,

– nur für alle im Ruhestand befindlichen früheren Arbeitnehmer des Unternehmens veranstaltet werden (Pensionärstreffen),

– nur für solche Arbeitnehmer durchgeführt werden, die bereits im Unternehmen ein rundes (10-, 20-, 25-, 30-, 40-, 50-, 60-jähriges) Arbeitnehmerjubiläum gefeiert haben oder  i. V. m. der Betriebsveranstaltung feiern (Jubilarfeiern). Dabei ist es unschädlich, wenn neben den Jubilaren auch ein begrenzter Kreis anderer Arbeitnehmer, wie z. B. die enge-ren Mitarbeiter und Abteilungsleiter des Jubilars, Betriebsrats-/Personalratsvertreter oder auch die Familienangehörigen des Jubilars eingeladen werden. Der Annahme eines 40-, 50- oder 60-jährigen Arbeitnehmerjubiläums steht nicht entgegen, wenn die Jubilarfeier zu einem Zeitpunkt stattfindet, der höchstens fünf Jahre vor den bezeichneten Jubiläums-dienstzeiten liegt.

 

  1. c) Freibetrag für maximal zwei Betriebsveranstaltungen jährlich

 

Der Freibetrag gilt für bis zu zwei Betriebsveranstaltungen jährlich. Nimmt der Arbeitnehmer an mehr als zwei Betriebsveranstaltungen teil, können die beiden Veranstaltungen, für die der Freibetrag gelten soll, ausgewählt werden. Dient die Teilnahme eines Arbeitnehmers an einer Betriebsveranstaltung der Erfüllung beruflicher Aufgaben, z. B. wenn der Personalchef oder Betriebsrats-/Personalratsmitglieder die Veranstaltungen mehrerer Abteilungen besuchen, ist der auf diesen Arbeitnehmer entfallende Anteil an den Gesamtaufwendungen kein Arbeits-lohn.

 

  1. Besteuerung der Zuwendungen

 

Für die Erhebung der Lohnsteuer gelten die allgemeinen Vorschriften; § 40 Absatz 2 EStG ist anwendbar. Das gilt für alle steuerpflichtigen Zuwendungen an Arbeitnehmer aus Anlass  – nicht nur bei Gelegenheit – einer Betriebsveranstaltung.

 

Arbeitslohn aus Anlass von Betriebsveranstaltungen i. S. der Tz. 4 Buchstabe b kann mit 25 % pauschal besteuert werden (§ 40 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 EStG). Eine solche Pau-schalierung der Lohnsteuer kommt von vornherein nicht in Betracht, wenn es sich bei der Veranstaltung nicht um eine Betriebsveranstaltung im Sinne der Tz. 1 handelt.

 

R 40.2 Absatz 1 Nummer 2 LStR ist ab dem Jahr 2015 insoweit überholt, als dort eine geson-derte Pauschalierung der Lohnsteuer bei nicht üblichen Zuwendungen vorgesehen ist. Auch nicht übliche Zuwendungen gehören zu den maßgebenden Gesamtkosten einer Betriebsveran-staltung.

 

Zuwendungen aus Anlass von Betriebsveranstaltungen an Arbeitnehmer von anderen Unter-nehmen im Konzernverbund sowie an Leiharbeitnehmer durch den Entleiher können wahl-weise vom Zuwendenden oder vom Arbeitgeber versteuert werden. § 40 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 EStG ist auch insoweit anwendbar. Wendet der Zuwendende die Freibetragsrege-lung an, hat sich der Zuwendende beim Arbeitgeber zu vergewissern, dass für den Arbeit-nehmer die unter Tz. 4 Buchstabe c) dieses Schreibens dargestellten Voraussetzungen erfüllt sind.

 

  1. Reisekosten

 

Reisekosten liegen ausnahmsweise vor, wenn die Betriebsveranstaltung außerhalb der ersten Tätigkeitsstätte des Arbeitnehmers stattfindet, die Anreise der Teilnahme an der Veranstal-tung dient und die Organisation dem Arbeitnehmer obliegt. Steuerfreie Erstattungen durch den Arbeitgeber sind nach den Grundsätzen des § 3 Nummer 13 oder 16 EStG zulässig.

Beispiel 1: 

Arbeitgeber A veranstaltet einen Betriebsausflug. Mitarbeiter, die an einem anderen Standort tätig sind, reisen für den Betriebsausflug zunächst zur Unternehmenszentrale an. Diese Fahrtkosten – sowie ggf. im Zusammenhang mit der An- und Abreise entste-hende Verpflegungspauschalen und Übernachtungskosten – gehören nicht zu den Zu-wendungen anlässlich der Betriebsveranstaltung, sondern können als Reisekosten vom Arbeitgeber steuerfrei erstattet werden.

 

Beispiel 2:

Arbeitgeber A veranstaltet einen Betriebsausflug. Für die Fahrt vom Unternehmen zum Ausflugsziel organisiert er eine gemeinsame Busfahrt. Die Kosten hierfür zählen zu den Zuwendungen anlässlich der Betriebsveranstaltung.

 

Beispiel 3:

Der Betriebsausflug beginnt mit einer ganztägigen Fahrt auf einem Fahrgastschiff. Am nächsten Tag wird die Betriebsveranstaltung am Zielort fortgesetzt. Sowohl die über-nommenen Fahrtkosten als auch die Übernachtungskosten gehören zu den Zuwendun-gen anlässlich der Betriebsveranstaltung.

 

 

  1. Auswirkungen der gesetzlichen Änderung auf die Umsatzsteuer

 

Die gesetzlichen Änderungen, insbesondere die Ersetzung der bisherigen lohnsteuerlichen Freigrenze durch einen Freibetrag, haben grundsätzlich keine Auswirkungen auf die umsatz-steuerrechtlichen Regelungen.

 

Ob eine Betriebsveranstaltung vorliegt und wie die Kosten, die auf den einzelnen Arbeitneh-mer entfallen, zu berechnen sind, bestimmt sich nach den o. g. lohnsteuerrechtlichen Grund- sätzen.

 

Von einer überwiegend durch das unternehmerische Interesse des Arbeitgebers veranlassten, üblichen Zuwendung ist umsatzsteuerrechtlich im Regelfall auszugehen, wenn der Betrag je Arbeitnehmer und Betriebsveranstaltung 110 € einschließlich Umsatzsteuer nicht überschrei-tet. Übersteigt dagegen der Betrag, der auf den einzelnen Arbeitnehmer entfällt, pro Veran-staltung die Grenze von 110 € einschließlich Umsatzsteuer, ist von einer überwiegend durch den privaten Bedarf des Arbeitnehmers veranlassten unentgeltlichen Zuwendung auszugehen.

 

Durch die LStÄR 2015 vom 22. Oktober 2014, BStBl I S. 1344, wurde die sog. Aufmerksam-keitsgrenze auf 60 € erhöht. Zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsanwendung wird dieser Betrag auch in Abschnitt 1.8 Absatz 3 Satz 2 UStAE übernommen.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden  der Länder wird der Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) vom 1. Oktober 2010,    BStBl I S. 846, der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 7. Oktober 2015  – III C 2 – S 7282/13/10001 (2015/0874602) -, BStBl I S. XXX, geändert worden ist, wie folgt geändert:

 

  1. Abschnitt 1.8 wird wie folgt geändert:
  2. a) In Absatz 3 Satz 2 UStAE wird die Betragsangabe „40 €“ durch die Betragsangabe „60 €“ ersetzt.
  3. b) In Absatz 4 Satz 3 Nr. 6 Satz 4 UStAE wird der Klammerzusatz gestrichen.

 

 

  1. In Abschnitt 15.15 Abs. 2 wird das Beispiel 3 wie folgt gefasst:

 

„Beispiel 3:

1Unternehmer U mit zur Hälfte steuerfreien, den Vorsteuerabzug ausschließenden Aus-gangsumsätzen bezieht Leistungen für die Durchführung eines Betriebsausfluges. 2Die Kosten pro Arbeitnehmer betragen

  1. a) 80
  2. b) 200 €

 

Zu a)

1Die Aufwendungen für den Betriebsausflug stellen Aufmerksamkeiten dar, weil sie den Betrag von 110 € nicht übersteigen (vgl. Abschnitt 1.8 Abs. 4 Satz 3 Nr. 6). 2Da die Überlassung dieser Aufmerksamkeiten keinen Wertabgabentatbestand erfüllt, fehlt es an einem steuerbaren Ausgangsumsatz, dem die Leistungsbezüge direkt und un-mittelbar zugeordnet werden können. 3Für den Vorsteuerabzug ist deshalb die Ge-samttätigkeit des U maßgeblich. 4U kann daher die Hälfte der Aufwendungen als Vor-steuer abziehen.

Zu b)

1Die Aufwendungen für den Betriebsausflug stellen grundsätzlich keine Aufmerk-samkeiten dar, weil sie den Betrag von 110 € übersteigen (vgl. Abschnitt 1.8 Abs. 4 Satz 3 Nr. 6). 2Es liegt eine Mitveranlassung durch die Privatsphäre der Arbeitnehmer vor. 3Bei Überschreiten des Betrags von 110 € besteht für U kein Anspruch auf Vor-steuerabzug, sofern die Verwendung bereits bei Leistungsbezug beabsichtigt ist. 4Dementsprechend unterbleibt eine Wertabgabenbesteuerung. 5Maßgeblich ist hierfür, dass sich ein Leistungsbezug zur Entnahme für unternehmensfremde Privatzwecke und ein Leistungsbezugs für das Unternehmen gegenseitig ausschließen. 6Der nur mittelbar verfolgte Zweck, – das Betriebsklima zu fördern, – ändert hieran nichts (vgl. BFH-Ur-teil vom 9. 12. 2010, V R 17/10, BStBl 2012 II S. 53).“

 

  1. Zeitliche Anwendung

 

Dieses Schreiben gilt im Hinblick auf die lohn- und einkommensteuerlichen Regelungen für alle nach dem 31. Dezember 2014 endenden Lohnzahlungszeiträume sowie für nach dem 31. Dezember 2014 beginnende Veranlagungszeiträume. R 19.5 LStR 2015 ist für diese Zeit-räume nicht mehr anzuwenden.

 

Die Grundsätze dieses Schreibens gelten für die Umsatzbesteuerung von Sachzuwendungen und Betriebsveranstaltungen, die nach dem 31. Dezember 2014 ausgeführt wurden. Aus Ver-einfachungsgründen ist es nicht zu beanstanden, wenn die Grundsätze dieses Schreibens erst auf die Umsatzbesteuerung von Sachzuwendungen und Betriebsveranstaltungen angewendet werden, die ab dem Tag nach der Veröffentlichung des Schreibens im Bundessteuerblatt Teil I ausgeführt werden.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 5 – S-2332 / 15 / 10001 vom 14.10.2015

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin