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Auffälligkeiten bei „Chi-Quadrat-Test“: kein Grund zur Umsatzschätzung

Auffälligkeiten bei „Chi-Quadrat-Test“: kein Grund zur Umsatzschätzung

Kernaussage

Im Rahmen der digitalen Betriebsprüfung werden insbesondere Fahrtenbücher, Spesenabrechnungen und Kassenbücher überprüft, da in diesen Bereichen Manipulationen besonders häufig festgestellt werden. Mit dem sog. „Chi-Quadrat-Test“ werden Verteilungseigenschaften einer statistischen Grundgesamtheit untersucht. Hierbei werden empirisch festgestellte und theoretisch erwartete Häufigkeiten verglichen und zugrunde gelegt, dass jeder Mensch Lieblingszahlen hat und diese unterbewusst bei Manipulationen in der Buchführung verwendet. Stellt der Prüfer fest, dass bestimmte Zahlen in der Buchhaltung von der statistischen Häufigkeit abweichen und einen Grenzwert überschreiten, wird von Manipulation ausgegangen. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz stellte nunmehr klar, dass der Test allein nicht geeignet ist, Beweis dafür zu erbringen, dass die Buchführung nicht ordnungsgemäß ist.

Sachverhalt

Die Klägerin betreibt einen Friseursalon. Anlässlich einer steuerlichen Außenprüfung für 2005 bis 2007 bemängelte der Prüfer, dass die Kassenbücher in Form von Excel-Tabellen geführt wurden und die Unveränderbarkeit der Kassenbucheintragungen damit nicht gewährleistet sei. Die im Rahmen der Prüfung erstellte Strukturanalyse und der darin enthaltende Chi-Quadrat-Test hätten eine 100 %ige Manipulationswahrscheinlichkeit ergeben. Das beklagte Finanzamt folgte dem Prüfer und erhöhte die erklärten Umsatzerlöse um jährlich 3.000 EUR. Die hiergegen gerichtete Klage war erfolgreich.

Entscheidung

Das Finanzamt hat nicht den ihm obliegenden Nachweis erbracht, dass das eingesetzte Kassenprogramm Manipulationen ermöglichte. Selbst wenn der Chi-Quadrat-Test zu Beanstandungen führt, so die Richter, sei dies nicht geeignet, Beweis dafür zu erbringen, dass die Buchführung nicht ordnungsgemäß sei. Auch begründe dies keine Zuschätzungsbefugnis. Vorliegend erscheine der Test ohnehin ungeeignet, denn ausgehend von der Preisliste des Friseursalons ergäben sich naturgemäß überdimensional häufig auftretende Zahlen.

Konsequenz

Noch immer sind viele Unternehmen nicht oder nicht genügend auf die digitale Betriebsprüfung vorbereitet. Dabei steht den Prüfern für ihre Nachforschungen eine Vielzahl von mathematisch-statistischen Methoden zur Verfügung. Im Hinblick auf die Analysemöglichkeiten der Betriebsprüfung gibt dieses Urteil Hoffnung, dass Steuerpflichtige nicht unschuldig dem Manipulationsvorwurf ausgesetzt sind. Zur Streitvermeidung bleibt die Simulation einer digitalen Betriebsprüfung die optimale Vorbereitung.