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Aussetzung der Vollziehung

Antrag auf Aussetzung der Vollziehung + Voraussetzungen



Was bedeutet die Aussetzung der Vollziehung?

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Wenn Sie mit einem Steuerbescheid und der daraus folgenden Steuerzahlung nicht einverstanden sind, können Sie einen Rechtsbehelf (Einspruch bzw. Klage) einlegen. Doch was passiert in der Zwischenzeit mit der Steuerschuld? Müssen Sie die geforderten Steuern trotzdem zahlen, bis über Ihren Rechtsbehelf entschieden wird?

Die Antwort lautet: Nicht unbedingt. Sie können beim Finanzamt eine sog. Aussetzung der Vollziehung (AdV) beantragen. Die Aussetzung der Vollziehung bedeutet, dass der Steuerpflichtige die Steuer vorläufig nicht zahlen muss, bis über seinen Einspruch oder seine Klage gegen den Steuerbescheid entschieden ist. Damit vermeiden Sie mögliche Säumniszuschläge oder Vollstreckungsmaßnahmen. Soweit der Einspruch bzw. die Klage verloren wird, werden Aussetzungszinsen von 0,5 Prozent für jeden Monat, also 6 Prozent pro Jahr erhoben.

Enthält Ihr Steuerbescheid Ihrer Ansicht nach einen Fehler, können Sie sich gegen ihn wehren. Bitte legen Sie in diesem Fall Einspruch gegen Ihren Steuerbescheid ein. Im folgenden Video erklärt Ihnen das Finanzamt der Zukunft einfach und schnell, was Sie bei einem Einspruch gegen Ihren Steuerbescheid beachten müssen.


Einspruch und Aussetzung der Vollziehung: Wenn Sie gegen einen Steuerbescheid Einspruch eingelegt haben, können Sie unter Umständen die Aussetzung der Vollziehung beantragen. Das bedeutet, dass die Steuerforderung vorläufig nicht vollstreckt wird, bis über den Einspruch entschieden ist.

Hier sind einige Tipps für den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung:

  • Antrag auf AdV so schnell wie möglich stellen (mit Einspruch).
  • Den Antrag auf AdV ausführlich und schlüssig begründen.
  • Alle relevanten Unterlagen beifügen.
  • Es handelt sich um einen Eilantrag. Wenn die Bearbeitung des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung nicht vor Fälligkeit erfolgt ist, beim Finanzamt nachfragen.

Eine Aussetzung der Vollziehung ist also eine Möglichkeit, sich vor einer ungerechtfertigten Steuerforderung zu schützen. Allerdings sollten Sie sich bewusst sein, dass dies nur eine vorübergehende Lösung ist. Wenn Ihr Einspruch abgelehnt wird, müssen Sie die Steuerschuld nachzahlen, gegebenenfalls mit Zinsen.


Antrag auf Aussetzung der Vollziehung

Wenn Sie eine Aussetzung der Vollziehung beantragen wollen, sollten Sie dies schriftlich tun und Ihre Gründe ausführlich darlegen. Außerdem sollten Sie den Antrag möglichst mit dem Einspruch innerhalb der Rechtsbehelfsfrist (einen Monat nach Erhalt des Steuerbescheids) stellen. Wenn Sie zu lange warten, kann das Finanzamt Ihren Einspruch als unzulässig ablehnen.


Allerdings müssen Sie für eine Aussetzung der Vollziehung gute Gründe vorbringen. Das Finanzamt wird Ihrem Antrag nur stattgeben, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Steuerbescheids bestehen oder wenn die Vollziehung für Sie eine unbillige Härte darstellen würde.

Top Aussetzung der Vollziehung


1. Allgemeine Grundsätze

Aussetzungssachen sind Sofortsachen, über die unverzüglich vor allen anderen Sachen zu entscheiden ist (Abschnitt 3.2.3 Abs. 2 FAGO). In Vertretungsfällen entscheidet der Vertreter.


Es ist so zügig zu entscheiden, dass Maßnahmen wie Kontobearbeitungssperren allenfalls ausnahmsweise zu treffen sind.

Voraussetzung für die Aussetzung der Vollziehung ist, dass der Verwaltungsakt bzw. der maßgebliche Grundlagenbescheid angefochten ist.

Für die Aussetzung der Vollziehung genügt ein schlüssiger Sachvortrag. Bei der Bearbeitung ist der gesetzliche Ermessensspielraum im Interesse des Steuerpflichtigen voll auszuschöpfen (AEAO zu § 361 Tz. 2.4). Dies bedeutet nicht, dass Aussetzung auf „Verdacht” zu gewähren ist. Bei der Entscheidung über den Aussetzungsantrag sind die Erfolgsaussichten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht einzuschätzen. Die Zweifel, die zur Aussetzung der Vollziehung geführt haben, sind zielstrebig auszuräumen.


Dabei gelten im Aussetzungsverfahren die gleichen Feststellungs- und Beweislastregeln wie im Hauptsacheverfahren. Bestehen auch nach Auswertung der präsenten Beweismittel Unsicherheiten, hat die Abwägung der Erfolgsaussichten daher unter Zugrundelegung der allgemeinen Feststellungs- und Beweislastregeln zu erfolgen. Insofern können Zweifel auch im Aussetzungsverfahren zu Lasten des Steuerpflichtigen gehen, wenn diesen die Feststellungs- und Beweislast trifft. Beispielsweise trägt der Unternehmer auch im Aussetzungsverfahren die Feststellungslast für die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs, so dass sich entsprechende Unsicherheiten zum Nachteil des Steuerpflichtigen auswirken (BFH-Urteil vom 26.8.2004, V B 243/03, BFH/NV 2005 S. 255).

Im Aussetzungsverfahren können nur präsente (d.h. in den Akten vorhandene, gegenwärtige) Beweismittel gewürdigt werden (insbesondere eingereichte Urkunden, aber auch mitgebrachte Zeugen). Allein das Fehlen präsenter Beweismittel rechtfertigt keine Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung. Aus der Natur des Aussetzungsverfahrens als summarischem (Eil-)Verfahren folgt, dass Beweiserhebungen hinsichtlich nicht präsenter Beweismittel allein dem Hauptsacheverfahren vorbehalten sind.

Soweit der Steuerpflichtige im Hauptsacheverfahren weitere Beweismittel, Aufstellungen oder ähnliches beizubringen hat, ist es angebracht, ihm hierfür eine Frist zu setzen und die Unterlagen konkret zu benennen. Hierbei kann ausnahmsweise eine befristete Aussetzung der Vollziehung in Betracht kommen. Sofern der Steuerpflichtige keine beachtlichen Hinderungsgründe vorbringt, bestehen nach ergebnislosem Ablauf der Frist grundsätzlich keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit, weil aus der Verletzung der Mitwirkungspflicht im Rahmen der Beweiswürdigung für den Steuerpflichtigen negative Schlüsse gezogen werden können (vgl. im einzelnen Tipke/Kruse, § 90 AO Tz. 7; BFH-Urteil vom 15.2.1989, BStBl 1989 II S. 462). Da der Einspruch in der Regel entscheidungsreif ist, sollte nach fruchtlosem Ablauf der Frist über den Einspruch entschieden werden.

In Schätzungsfällen ist zu prüfen, ob die Schätzungsgrundsätze beachtet sind. Ist dies der Fall, mögen zwar – naturgemäß – Zweifel bestehen, ob die geschätzten Besteuerungsgrundlagen der Höhe nach mit den tatsächlichen Zahlen übereinstimmen. Es bestehen jedoch keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Schätzungsbescheides.

Die gewährte Aussetzung der Vollziehung ist bekannt zu geben. Die Aufgabe zur Post ist aktenkundig zu vermerken, weil nur bekannt gegebene Verwaltungsakte mit dem bekannt gegebenen Inhalt Wirkungen entfalten.

Bestehen Zweifel an der wirksamen Bekanntgabe der Aussetzungsverfügung, sind – vor Eintritt der Zahlungsverjährung – verjährungsunterbrechende Maßnahmen zu ergreifen.

Die Aussetzung der Vollziehung ist in der Rechtsbehelfsliste zu vermerken, ebenso ihre Beendigung und die Festsetzung von Aussetzungszinsen.

Durch sorgfältige und gewissenhafte Eintragungen bzw. Bearbeitung und Prüfung ist eine Überwachung der Aussetzung der Vollziehung gewährleistet. Damit ist sichergestellt, dass alle erforderlichen Maßnahmen zeitnah ergriffen und die Gründe zu getroffenen Entscheidungen aktenkundig gemacht werden. Dem Sachgebietsleiter ermöglichen Vordrucke und Listen eine Prüfung der ordnungsgemäßen Abwicklung. Der hierdurch bedingte Arbeitsaufwand muss im Interesse einer effektiven Überwachung, zeitnahen Steuererhebung und Sicherung des Steueranspruchs in Kauf genommen werden. Die Korrektur vermeidbarer Fehler im Arbeitsablauf führt oft zu einem höheren Aufwand an Arbeitszeit (z.B. Eingaben des Steuerpflichtigen, Bereinigen des Kontos oder ähnliches).

Die jährlich vom Rechenzentrum aus dem GEV-Programm zur Verfügung gestellten Überwachungslisten bzw. Prüfhinweise sind zusätzliches Hilfsmittel, um Fälle aufzudecken, in denen trotz ordnungsgemäßer Abwicklung – aus welchen Gründen auch immer – die Aussetzung der Vollziehung im Erhebungskonto nicht zutreffend beendet wurde (vgl. Tz. 10).

Sie sollen aber die Überwachung und Wiedervorlage der Aussetzung der Vollziehung nicht ersetzen.

Besondere Aufmerksamkeit verlangen die Fälle der Aussetzung eines Folgebescheids. Es reicht nicht, auf die Mitteilung des Feststellungsfinanzamts zu warten. Der Stand des Verfahrens ist insbesondere im Hinblick auf die Frist des § 171 Abs. 10 AO mindestens einmal jährlich bei dem Feststellungsfinanzamt zu erfragen. Der Eingang der Stellungnahme ist zu überwachen.

Auch im Bereich der ruhenden Fälle sind nicht unerhebliche Steuerbeträge von der Vollziehung ausgesetzt. Nur bei regelmäßiger Überwachung des Ruhensgrundes kann dieser Bestand gering gehalten werden.

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2. Verhältnis Aussetzung der Vollziehung zur Entscheidung in der Hauptsache

Die Gründe, die zur Aussetzung geführt haben, sind für die weiteren Ermittlungen im Rechtsbehelfsverfahren bestimmend. Durch sie wird vorgegeben, welche Sachverhaltsermittlungen im Rahmen der Ersterörterung vorzunehmen bzw. welche Rechtsfragen zu klären sind.

Vor Abgabe des Einspruchs an die Rechtsbehelfsstelle sollte über den Aussetzungsantrag entschieden worden sein. Die Entscheidung ist auf der Abgabeverfügung zu dokumentieren. Dabei soll der Betrag der ausgesetzten Steuerforderung (ggf. in geschätzter Höhe) angegeben werden.

In der Rechtsbehelfsstelle sind Einsprüche mit hohen ausgesetzten Beträgen vorrangig zu bearbeiten. Soweit möglich, ist zu vermeiden, dass derartige Fälle zu Altfällen werden. Es gehört daher zu den wesentlichen Aufgaben der Sachgebietsleiter der Rechtsbehelfsstellen, für eine Gewichtung und zügige Erledigung dieser Einsprüche Sorge zu tragen.

In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass eine zeitnahe Erledigung dieser Einsprüche insoweit auch im Interesse der Steuerpflichtigen liegt, als die Zinsforderung mit der Dauer des Verfahrens erheblich ansteigt.

Ist der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt worden, ist der Rechtsbehelf im allgemeinen entscheidungsreif, weil keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen. Über den Einspruch ist dann möglichst kurzfristig zu entscheiden.

Eine ggf. erforderliche Einspruchsentscheidung in Sachen Aussetzung der Vollziehung kann zeitgleich mit der Hauptsacheentscheidung erfolgen Hierbei kann weitgehend auf die Gründe der Einspruchsentscheidung in der Hauptsache verwiesen werden.

Soweit im Klageverfahren durch das Finanzgericht Aussetzung der Vollziehung gewährt wurde, bestehen nach Auffassung des Finanzgerichts offensichtlich ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes. Die Begründung ist intensiv zu prüfen. In geeigneten Fällen ist eine Erledigung durch außergerichtliche Einigung oder in der mündlichen Verhandlung anzustreben.

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3. Verfahrensablauf mit Prüfungsschema bei Eingang eines Aussetzungsantrags im Zusammenhang mit einem Einspruch

3.1 Ist der Rechtsbehelf zulässig?

3.2 Ist der angefochtene Verwaltungsakt vollziehbar?

3.3 Bestehen bei summarischer Prüfung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes?

• Ab wann bestehen diese Zweifel?

• In welcher Höhe (steuerliche Auswirkung) bestehen diese Zweifel?

• Erscheint die Aussetzung/Aufhebung der Vollziehung über die Abschlusszahlung hinaus zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig (vgl. AEAO zu § 361 Tz. 4.6.1)?

3.4 Ist ausnahmsweise eine Kontobearbeitungssperre erforderlich?

3.5 Ist die Unterrichtung der Erhebungsstelle erforderlich?

Wenn ja, z.B. weil über den Aussetzungsantrag nicht vor Ausstellung einer Rückstandsanzeige entschieden werden kann oder bereits eine Rückstandsanzeige ausgestellt ist, hat die Unterrichtung der Erhebungsstelle stets mit Vordruck Nr. 605/210 zu erfolgen; die telefonische Unterrichtung der Erhebungsstelle reicht nicht aus.

Soll ausnahmsweise Aussetzung der Vollziehung rückwirkend ab Fälligkeit gewährt werden, ist wegen der Folgewirkungen (AEAO zu § 361 Tz. 7 / insbesondere: Aufhebung bereits getroffener Vollstreckungsmaßnahmen) eine Kontaktaufnahme mit der Erhebungsstelle stets erforderlich. Außerdem ist dem Gesichtspunkt einer möglichen Gefährdung des Steueranspruchs) (siehe Tz. 4) besondere Aufmerksamkeit zu widmen.

3.6 Ist der Steueranspruch gefährdet?

Wenn ja, ist Sicherheitsleistung zu fordern ? – vgl. Tz. 4 –

Kommt danach eine Aussetzung der Vollziehung nicht in Betracht, ist der Antrag mit entsprechender Begründung unverzüglich abzulehnen. Wird Aussetzung der Vollziehung vor Fälligkeit beantragt, aber erst nach Fälligkeit ganz oder teilweise abgelehnt, kann im Allgemeinen eine Nachfrist gewährt werden. Eine mögliche Nachfristgewährung – auch in den Fällen, in denen einem Antrag nur teilweise entsprochen wird – ist über die Erhebungsstelle mit AWS 550 anzuweisen (vgl. Vordruck Nr. 605/145). Gegebenenfalls ist eine gesetzte Kontobearbeitungssperre zu verkürzen und/oder die Erhebungsstelle zu benachrichtigen (vgl. Vordruck Nr. 605/210).

Liegen Aussetzungsgründe vor, wird die Aussetzung der Vollziehung mit Vordruck Nr. 605/200 bzw. 605/205 (Grundlagenbescheid) verfügt.

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4. Aussetzung der Vollziehung gegen Sicherheitsleistung

Nach § 361 Abs. 2 Satz 3 AO kann die Finanzbehörde die Aussetzung der Vollziehung von einer Sicherheitsleistung abhängig machen. Diese Ermessensentscheidung ist in jedem Aussetzungsfall zu treffen und aktenkundig zu machen (z.B. Tz. 4 im Vordruck Nr. 605/200).

Voraussetzung für die Anforderung einer Sicherheitsleistung ist die Gefährdung des Steueranspruchs. Diese liegt bereits dann vor, wenn die wirtschaftliche Lage des Steuerpflichtigen die alsbaldige Begleichung der Steuerschuld nach ihrer endgültigen Festsetzung fraglich erscheinen lässt (BFH-Beschluss vom 22.6.1967, BStBl 1967 III S. 512) oder die Vollstreckung gefährdet ist (BFH-Beschlüsse vom 3.2.1977, BStBl 1977 II S. 351, und vom 14.2.1984, BStBl 1984 II S. 443). Dies ist beispielsweise dann zu bejahen, wenn nach Aktenlage Zweifel bestehen, ob der Steuerpflichtige die ausgesetzten Beträge neben den laufenden Steuern und den übrigen Verbindlichkeiten aus seinem Vermögen bzw. seinen frei verfügbaren Einkünften begleichen kann.

Die Anordnung einer Sicherheitsleistung kann auch bei vorhandenem Vermögen (Grundstück) ermessensgerecht sein, wenn dieses erheblich belastet ist (vgl. FG München vom 14.10.2002, 13 V 3420/02).

Stark schwankende Einkünfte in der Vergangenheit legen ebenfalls die Annahme eines Sicherungsbedürfnisses nahe.

Geschäftsbeziehungen zum Ausland oder Vermögen im Ausland begründen für sich alleine in der Regel keine Gefährdung des Steueranspruchs, wenn die Beitreibung durch zwischenstaatliche Amtshilfe zu den gleichen Bedingungen wie im Inland sichergestellt ist (Einzelheiten siehe BMF-Merkblatt zur zwischenstaatlichen Amtshilfe bei der Steuererhebung – BStBl 2004 I S. 66). Da dies in der Praxis aber auch bei vielen EU-Ländern nur eingeschränkt der Fall ist, ist eine sorgfältige Prüfung des Sicherungsbedürfnisses erforderlich. Grundsätzlich anders verhält es sich ohnehin bei Vermögen in Ländern (z.B. USA, Kanada, Schweiz, Türkei), mit denen kein Vollstreckungs- und Sicherungsabkommen besteht (vgl. z.B. FG Düsseldorf, Urteil vom 8.8.2003, 10 V 3341/03 A (E), rkr., EFG 2003 S. 1718, Vermögen in der Türkei, und FG München, Urteil vom 18.11.2002, 4 V 4118/02, Vermögen in der Schweiz).

Resultiert die Steuerforderung aus einem steuerlich unehrlichen Verhalten, spricht eine erhöhte Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Steuerbürger grundsätzlich dem FA gegenüber zahlungsunwillig ist und auch in Zukunft, also auch während der Dauer des Rechtsbehelfsverfahrens möglicherweise Maßnahmen ergreifen könnte, die dem FA die spätere Beitreibung der Steuerforderungen erschweren könnten (z.B.: Verbringung von Vermögen ins Ausland). In Steuerfahndungsfällen ist daher die Prüfung der Anordnung einer Sicherheitsleistung unerlässlich.

Sicherheitsleistung ist insbesondere zu fordern, je mehr der Anspruch gefährdet ist, je geringer die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs sind bzw. je höher der ausgesetzte Betrag ist.

Die Höhe der Steuerforderung begründet jedoch für sich allein keine Gefährdung des Steueranspruches (vgl. BFH-Beschluss vom 10.10.2002, VII S 28/01, BFH/NV 2003 S. 12). Die Gefährdung muss sich vielmehr aufgrund der konkreten Vermögenslage abzeichnen, z.B. bei einer im Verhältnis zum laufenden Einkommen und zum vorhandenen Vermögen sehr hohen auszusetzenden Steuerforderung.

Eine voraussichtlich lange Prozessdauer allein rechtfertigt keine Sicherheitsleistung.

Über einen langen Zeitraum können sich jedoch – auch ohne aktives Zutun des Steuerpflichtigen – die Beitreibungsmöglichkeiten wesentlich verschlechtern (z.B. durch Verringerung der Einnahmen/Einkünfte, Arbeitslosigkeit, Zahlungsschwierigkeiten von Geschäftspartnern, Verschlechterung der konjunkturellen Lage etc.). In solchen Fällen ist das Sicherungsbedürfnis regelmäßig zu überprüfen.

Sicherheit darf nicht gefordert werden, wenn und soweit es dem Steuerpflichtigen trotz zumutbarer Anstrengung nicht möglich ist, Sicherheit zu leisten (Ausnahme: Aussetzung der Vollziehung wegen unbilliger Härte; vgl. AEAO zu § 361 Tz. 9.2.3).


Es darf einem Steuerpflichtigen nicht allein wegen fehlender Mittel für eine Sicherheitsleistung der vorläufige Rechtsschutz im Wege der Aussetzung der Vollziehung verweigert werden (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgericht vom 22.9.2009, 1 BvR 1305/09).

Auch Krankheit, hohe Unterhaltsverpflichtungen oder hohes Alter, verbunden mit einer zu erwartenden vorweggenommenen Erbfolgeregelung, können zu einer absehbaren Verschlechterung der Zahlungsfähigkeit und einer Gefährdung des Steueranspruchs führen. In derartigen Fällen ist auch nach bereits erfolgter Aussetzung der Vollziehung in regelmäßigen Abständen die Anforderung einer Sicherheitsleistung zu prüfen.

Die Anordnung einer Sicherheitsleistung muss erkennen lassen, dass die Finanzbehörde ihr Ermessen ausgeübt hat und von welchen Gesichtspunkten sie bei ihrer Entscheidung ausgegangen ist (AEAO zu § 121 Tz. 2).

Hat das FA die Gefährdung des Steueranspruchs dargelegt, ist es Sache des Steuerbürgers, Umstände darzulegen und glaubhaft und zumachen, die eine Aussetzung der Vollziehung ohne Sicherheitsleistung rechtfertigen (BFH-Beschluss vom 4.2.1998, VIII S 6/97, BFH/NV 1998 S. 987).

Wegen der Eilbedürftigkeit der Aussetzungssachen ist über die Aussetzung/Aufhebung der Vollziehung und die Anordnung einer Sicherheitsleistung zeitnah in einem Verwaltungsakt zu entscheiden. Vorherige Erörterungen sind auf Ausnahmefälle zu beschränken.

Die Aussetzung/ Aufhebung der Vollziehung steht unter der aufschiebenden Bedingung, dass eine bestimmte Sicherheit zu leisten ist. Sie wird daher erst wirksam, wenn die Sicherheit erbracht ist und darf auch erst dann im Erhebungskonto aufgezeichnet werden.

Die Sicherheitsleistung ist in bestimmter Höhe anzugeben (Hinweis auf BFH-Urteil vom 31.10.1973, BStBl 1974 II S. 118). Die Art der in § 241 AO genannten Sicherheiten bleibt dem Steuerpflichtigen grundsätzlich freigestellt (BFH-Urteil vom 5.2.1964, BStBl 1964 II S. 217). Rechtswidrig ist es daher, die Art der Sicherheitsleistung zu bestimmen (z.B.: Die Sicherheitsleistung ist durch Bankbürgschaft zu erbringen). Es bietet sich jedoch im Einzelfall an, auf geeignete Sicherheiten – insbesondere nach Aktenlage erkennbare – hinzuweisen. Werden andere als die in § 241 AO bezeichneten Sicherheiten angeboten, entscheidet die Finanzbehörde über die Annahme nach ihrem Ermessen (§ 245 AO). Im übrigen wird auf die Anweisungen in der AO-Kartei NRW §§ 241-248 AO Karte 2 sowie im AEAO zu §§ 241 – 248 und in der Vollstreckungskartei NRW § 258 AO Karte 3 verwiesen. Über die Annahme der angebotenen Sicherheiten entscheidet die die Aussetzung der Vollziehung anordnende Stelle im Finanzamt.

Da bei Gewährung einer Aussetzung/ Aufhebung der Vollziehung gegen Sicherheitsleistung die Vollstreckbarkeitsvoraussetzungen erst entfallen, wenn die Sicherheit erbracht worden ist, wird dem Steuerpflichtigen zur Vermeidung zwischenzeitlicher Vollstreckungsmaßnahmen von der Erhebungsstelle aus Billigkeitsgründen (§ 258 AO) eine Frist eingeräumt, die regelmäßig nicht mehr als vier Wochen betragen soll. Zu diesem Zweck wird dem zuständigen Erhebungsbezirk die Aussetzungsverfügung zur Mitzeichnung zugeleitet. Darüber hinaus ist in Fällen, in denen wegen der Aussetzungsbeträge noch keine maschinelle Mahnung ergangen ist, regelmäßig eine Kontobearbeitungssperre zu setzen.

Die Erhebungsstelle hat die auszusetzenden Beträge in einem Aktenvermerk festzuhalten und die von ihr gewährte Frist zu überwachen. Anträgen auf Verlängerung der Frist kann nur in begründeten Ausnahmefällen stattgegeben werden. Hierüber entscheidet die Erhebungsstelle nach Rücksprache mit der die Aussetzung der Vollziehung anordnenden Stelle des Finanzamts. Nach ergebnislosem Ablauf der Frist ist die Vollstreckung unverzüglich einzuleiten oder fortzuführen.

Wird Sicherheitsleistung gefordert, darf die Aussetzung der Vollziehung erst nach Erbringen der Sicherheit – die in Verwahrung zu nehmen ist (Vordruck Nr. 767/2) – im Erhebungskonto aufgezeichnet werden.

Die Anforderung der Sicherheitsleistung kann als unselbständige Nebenbestimmung in Form einer aufschiebenden Bedingung nur zusammen mit der Entscheidung über die Aussetzung/Aufhebung der Vollziehung angefochten werden (Hinweis auf BFH-Beschlüsse vom 20.6.1979, BStBl 1979 II S. 666, und vom 22.7.1980, BStBl 1980 II S. 658). Entsprechende Einsprüche hindern das Vollstreckungsverfahren nicht, es sei denn, sie sind offensichtlich begründet.

Soll eine Aussetzung der Vollziehung, die bisher ohne Sicherheitsleistung gewährt war, nachträglich nur noch gegen Sicherheitsleistung erfolgen, so ist dies durch den in der Aussetzungsverfügung enthaltenen Widerrufsvorbehalt grundsätzlich gedeckt. Voraussetzung ist jedoch, dass sich die Verhältnisse seit Gewährung der Aussetzung der Vollziehung geändert haben (BFH-Urteil vom 9.10.1975, BStBl 1976 II S. 53). Dies ist z.B. dann der Fall, wenn sich nach der für das Folgejahr eingereichten Bilanz die Vermögenslage erheblich verschlechtert hat.

Sind höhere Beträge ohne Sicherheitsleistung ausgesetzt, so ist – insbesondere bei über Jahre sich hinziehenden Klageverfahren – zu prüfen, ob nachträgliche Sicherheiten gefordert werden können.

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5. Aussetzung der Vollziehung nach Änderung des angefochtenen Steuerbescheides im Einspruchsverfahren

Wird der angefochtene Steuerbescheid geändert, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Einspruchsverfahrens (§ 365 Abs. 3 AO). Der Änderungsbescheid nimmt den ursprünglichen Steuerbescheid in seinen Regelungsinhalt mit auf. Solange der Änderungsbescheid Bestand hat, entfaltet der ursprüngliche Bescheid keine Wirkung mehr (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 25.10.1972, BStBl 1973 II S. 231). Infolgedessen ist der Änderungsbescheid die alleinige Grundlage für die Erhebung der Steuer. Da der Steuerbescheid zudem stets nur in der Gestalt ausgesetzt werden kann, in der ihn die Behörde erlassen hat, wird der Verwaltungsakt über die Aussetzung der Vollziehung des ursprünglichen Steuerbescheids mit Wirkung ab Bekanntgabe des Änderungsbescheids gegenstandslos. Die gewährte Aussetzung der Vollziehung endet in diesen Fällen unabhängig von der jeweiligen Befristung („bis einen Monat nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Einspruch”) bereits mit Bekanntgabe des Änderungsbescheids.

Erhebungstechnisch wird das Ablaufdatum mit Aufzeichnung der Änderungsfestsetzung programmgesteuert verkürzt (Fach 124 Teil 2 Tz. 1 DA-ADV); dabei wird als Ablaufdatum der Aussetzung allerdings das Datum eingesetzt, das drei Tage und einen Monat nach dem Absendetag des Änderungsbescheids liegt. Die Festsetzungsstelle wird hierüber durch Prüfhinweis (PH 613) unterrichtet und hat zu klären, ob das Ablaufdatum zu Recht programmgesteuert geändert worden ist (Fach 143 Teil 2 DA-ADV i.V.m. der DDV-Auskunft, Aufgabe „Erhebungshinweise” Nr. 0613).

Ist der ursprüngliche Steuerbescheid unabhängig vom Einspruchsverfahren – z.B. nach §§ 173 Abs. 1, 175 Abs. 1 Nr. 1 AO – geändert worden, bleiben die Voraussetzungen für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes regelmäßig auch nach Erlass des Änderungsbescheides weiterhin erfüllt. Je nach Art und Umfang der Änderung können sich allerdings Auswirkungen auf die Höhe der auszusetzenden Beträge ergeben (z.B. durch die Tarifprogression bei der Einkommensteuer). Aber auch eine Änderung des Steuerbescheids aus Anlass des Rechtsbehelfsverfahrens (Teilabhilfe) muss nicht notwendig zur Beseitigung sämtlicher ernstlichen Zweifel im Sinne des § 361 AO führen. Vielmehr können die ernstlichen Zweifel, die zur Aussetzung der Vollziehung des ursprünglichen Steuerbescheids geführt haben, hinsichtlich des Änderungsbescheids noch insoweit fortbestehen, als dem Einspruchsbegehren nicht entsprochen worden ist.

Wird ein von der Vollziehung ganz oder teilweise ausgesetzter Steuerbescheid im Verlauf des Rechtsbehelfsverfahrens mit der Folge geändert, dass der neue Bescheid gemäß § 365 Abs. 3 AO zum Gegenstand des Rechtsbehelfsverfahrens wird, so ist die Vollziehung des Änderungsbescheides von Amts wegen insoweit auszusetzen, als weiterhin Zweifel tatsächlicher oder rechtlicher Art bestehen.

Die Aussetzung der Vollziehung ist erneut zu verfügen und bekannt zu geben.

Nach Änderung des § 68 FGO mit Wirkung vom 1.1.2001 durch das 2. FGOÄndG vom 19.12.2000 (BGBl 2000 I S 1757f.) wird auch ein im gerichtlichen Verfahren geänderter Bescheid automatisch Gegenstand des anhängigen Verfahrens. Die oben dargestellten im Einspruchsverfahren zu beachtenden Grundsätze gelten entsprechend (AEAO zu § 361 Tz. 8.2.2).

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6. Beendigung der Aussetzung der Vollziehung/ Neugewährung im Klageverfahren

Aussetzung der Vollziehung ist grundsätzlich für einen Verfahrensabschnitt zu gewähren. In Ausnahmefällen ist die Aussetzung der Vollziehung zu befristen bzw. bis zur rechtskräftigen Entscheidung (einschl. Klage- und Revisionsverfahren) auszusprechen. Zur Auslegung der Bestimmung über die Dauer der Aussetzung der Vollziehung in der Aussetzungsverfügung siehe BFH-Urteil vom 18.2.1997, BStBl 1997 II S. 339.

Die Aussetzung der Vollziehung endet – ohne dass es eines besonderen Hinweises bedarf – zu dem in der Aussetzungsverfügung bestimmten und bekannt gegebenen Termin.

Erfolgt im maschinellen Verfahren eine Änderung der Steuerfestsetzung, so wird eine im Erhebungskonto aufgezeichnete Aussetzung der Vollziehung (mit Ausnahme bei Vorauszahlungen) programmgesteuert verkürzt (siehe Fach 124 Teil 2 DA-ADV) und in maschinellen Bescheiden dem Steuerpflichtigen mitgeteilt.

Die Auswirkungen einer Änderung der Steuerfestsetzung im maschinellen Verfahren sind bereits in Tz. 5 dargestellt.

Die Verkürzung der Aussetzung der Vollziehung wird mit dem Prüfhinweis 613 angezeigt. Der Prüfhinweis entfällt, wenn bei der Änderung der Veranlagung der Erläuterungstext 704 angewiesen wird.

Zu beachten ist, dass die vorgenannte programmgesteuerte Verkürzung der Aussetzung der Vollziehung nur dann erfolgen kann, wenn zum Rechenlauf der Steuerfestsetzung die Aussetzung der Vollziehung bereits im Erhebungskonto aufgezeichnet ist. Die Änderungsanweisungen in WinGF sollten daher erst erfolgen, nachdem die Aussetzungsverfügung von der Erhebungsstelle zurückgegeben worden ist.

In den übrigen Fällen ist der Steuerpflichtige grundsätzlich über die Beendigung der Aussetzung der Vollziehung – durch Vordruck Nr. 605/203 – zu informieren. Durch personelle Anweisungen ist ggf. sicherzustellen, dass die sich aus der Beendigung der Aussetzung der Vollziehung ergebenden Folgen von den zuständigen Stellen umgesetzt werden (z.B. Mitteilung an die Erhebungsstelle mit Vordruck Nr. 605/203; Mitteilung an das Wohnsitzfinanzamt, die Gemeinde, die Erhebungsstelle bei Haftungsbescheiden).

Da die Aussetzung der Vollziehung grundsätzlich nur für einen Verfahrensabschnitt gewährt wird, ist in einem anschließenden Klage- und Revisionsverfahren eine Aussetzung der Vollziehung neu (ggf. von Amts wegen) zu prüfen. Eine Aussetzung der Vollziehung ist dabei nur zu rechtfertigen, wenn eine Rechtsfrage oder ausnahmsweise der Sachverhalt streitig ist bzw. ein neuer Sachvortrag erfolgt. Die im Verhältnis geringe Zahl der Aussetzungen durch die Gerichte lässt darauf schließen, dass in der Vergangenheit in zahlreichen Fällen ohne erneute Prüfung, d.h. lediglich im Hinblick auf das anhängige Gerichtsverfahren Aussetzung der Vollziehung gewährt worden ist.

Eine interne Verlängerung gibt es nicht. Die Aussetzungsverfügung ist erneut bekannt zu geben (vgl. Tz. 1).

Siehe auch Aussetzung der Vollziehung im Klageverfahren beim Finanzgericht

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7. Grundlagen- und Folgebescheide

Bei Grundlagenbescheiden (Feststellungs-, Einheitswert-, Gewerbesteuermessbescheiden etc.) beschränkt sich die Prüfung der Gefährdung des Steueranspruchs darauf, ob für die Aussetzung der Vollziehung des Folgebescheides eine Sicherheitsleistung wegen hoher Erfolgsaussichten auszuschließen ist. Die Prüfung der Gefährdung erfolgt nur beim Folgebescheid.

Den für Folgebescheide zuständigen Stellen ist mit Vordruck Nr. 605/207 Mitteilung zu machen. Eine kassenmäßige Abwicklung entfällt.

Für die Mitteilung der Aussetzung der Vollziehung eines Gewerbesteuermessbescheides an die Gemeinde ist ebenfalls der Vordruck 605/207 zu verwenden.

Bei Aussetzung der Vollziehung des Folgebescheides sind folgende Fragen zu prüfen:

• Ist die Vollziehung des Grundlagenbescheides ausgesetzt? Wenn nein, ist der Antrag (bezüglich des Folgebescheides) grundsätzlich unzulässig (BStBl 1988 II S. 240)?

• Ist der Folgebescheid vollziehbar?

• In welcher Höhe ergibt sich eine Auswirkung?

• Liegen die Voraussetzungen für eine unbeschränkte Aussetzung/Aufhebung der Vollziehung vor (= wesentliche Nachteile)? Die Voraussetzungen sind im Rahmen der Aussetzung des Folgebescheides zu prüfen.

• Hat das Betriebsfinanzamt die Sicherheitsleistung ausgeschlossen? Wenn nicht, ist der Steueranspruch nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten gefährdet?

• Ist Sicherheitsleistung zu fordern?

Die Aussetzung der Vollziehung ist mit Vordruck Nr. 605/201 zu gewähren, im übrigen wird auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen. Die Aussetzung der Vollziehung ist durch Wiedervorlage zu überwachen. Durch geeignete Maßnahmen ist sicherzustellen, dass die entsprechenden Veranlagungsvorgänge nicht vernichtet werden. Denkbar ist eine in der Veranlagungsstelle gesondert geführte Wiedervorlage, in der sich die Vorgänge und Veranlagungsunterlagen zu den Aussetzungen der Folgebescheide befinden.

Für die Beendigung der Aussetzung der Vollziehung gelten die Grundsätze unter Tz. 6 entsprechend mit der Besonderheit, dass die Entscheidung im Grundlagenverfahren (Einspruchsentscheidung, Gerichtsurteil etc.), die eine Beendigung der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides bewirkt, auch die Beendigung der Aussetzung der Vollziehung des Folgebescheides bedeutet. Wird der Grundlagenbescheid erneut ausgesetzt, ist auch eine neue Aussetzung der Vollziehung des Folgebescheides zu verfügen und bekannt zu geben.

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8. Besonderheiten

8.1 Die Aussetzung der Vollziehung eines Haftungsbescheides darf nicht im Erhebungskonto aufgezeichnet werden, weil dadurch die Vollstreckung und die Berechnung von Säumniszuschlägen gegen den Steuerschuldner unterdrückt wird. Es erfolgt nur eine Mitteilung an die Erhebungsstelle.

8.2 Entgegen der Ausgestaltung des § 361 Abs. 1 AO als Ermessensnorm ist grundsätzlich Aussetzung der Vollziehung zu gewähren, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen. Nur im Ausnahmefall kann es ermessensgerecht sein, auch bei ernstlichen Zweifeln (insbesondere an der Verfassungsmäßigkeit – sog. Massenverfahren –) die Aussetzung der Vollziehung abzulehnen, wenn das öffentliche Interesse an einer ordnungsgemäßen Haushaltsführung gegenüber dem Rechtsschutzbedürfnis des Einzelnen Vorrang hat (AEAO zu § 361 Tz. 2.5.4).

8.3 Sollen Vorauszahlungsbeträge ausgesetzt werden, die noch nicht in der Arbeitsdatei gespeichert sind, so ist eine zusätzliche Ausfertigung der Aussetzungsverfügung der Erhebungsstelle zuzuleiten. Die Erhebungsstelle hat die Aussetzung jeweils nach Sollstellung der Vorauszahlungen anzuweisen (siehe Fach 124 Teil 1 Tz. 2.5 DA-ADV).

8.4 Wird die Vollziehung eines Steuerbescheids durch gerichtlichen Beschluss nach § 69 Abs. 3 FGO nur hinsichtlich der festgesetzten Steuer ausgesetzt, so ist zu prüfen, inwieweit Aussetzung der Vollziehung von Amts wegen auch hinsichtlich der übrigen, von der Höhe der Steuer abhängigen Abgaben (Kirchensteuer, Zinsen nach § 233a AO, Solidaritätszuschlag) zu gewähren ist (§ 69 FGO). Eine hiernach gebotene Aussetzung ist dem Steuerpflichtigen bekannt zu geben und ebenso wie die durch Gerichtsbeschluss angeordnete Aussetzung der Vollziehung des Steuerbescheids zum Erhebungskonto anzuweisen.

8.5 In Fällen, in denen zwar die Vollziehung des Steuerbescheides auszusetzen ist, bei Erfolg des Rechtsbehelfs aber andere Steuerbescheide zuungunsten des Rechtsbehelfsführers zu ändern sind, kann die Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheids nicht auf den Unterschiedsbetrag begrenzt werden (AEAO zu § 361 Tz. 4.6.2).

8.6 Soll eine Aussetzung der Vollziehung zu einem Sollkonto angewiesen werden, zu dem gleichzeitig eine Stundung aufzuzeichnen ist, so hat die Erhebungsstelle das Sollkonto aufzuteilen (Sollsplitting, siehe hierzu Fach 124 Teil 1 DA-ADV).

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9. Rechtsgrundlagen der Aussetzung der Vollziehung und zu beachtende Weisungen

9.1 Anwendungserlass zur AO (AEAO)

9.2 AEAO zu § 237: Aussetzungszinsen

9.3 AEAO zu § 240 Nr. 6b): Nachfrist im Falle eines rechtzeitig gestellten, aber nach Fälligkeit abgelehnten AdV-Antrags

9.4 Abschnitt 5 Abs. 4 VollstrA: Unterrichtung der Erhebungsstelle über einen vorliegenden AdV-Antrag

9.5 Fach 124 DA-ADV: Ablauf im Erhebungsverfahren

9.6 § 22 BuchO-ADV (Fach 1 Teil 1 DA-ADV, bundeseinheitlich) und AV zu § 22 BuchO-ADV i.V.m. Fach 5 Teil 85 DA-ADV: maschinelle Rechtsbehelfsverwaltung

9.7 Abschnitt 3.1.14 der EB zu Abschnitt 4.3 FAGO

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10. Liste bzw. Prüfhinweise der nicht bis zum Jahresende auslaufenden Aussetzungen der Vollziehung

Mit Ausnahme von Aussetzungen der Vollziehung bei Folgebescheiden ist auch im Hinblick auf Abschnitt 2.3.9.2 der EB zu Abschnitt 2.1 der FAGO davon auszugehen, dass der überwiegende Teil der Aussetzungen der Vollziehung Fälle betrifft, die bereits an die Rechtsbehelfsstelle abgegeben worden sind. Die Prüfhinweise sind daher zunächst von der Rechtsbehelfsstelle abzuarbeiten und anschließend an die Veranlagungsbezirke oder sonst betroffenen Stellen weiter zu leiten. Alle bearbeiteten PH sind an den zuständigen Koordinator spätestens bis 01.12. zurückzugeben, der anhand der Liste die vollständige Bearbeitung der PH überwacht. Die PH dürfen nicht in der Akte abgeheftet werden, sondern sind zentral beim Koordinator aufzubewahren, damit sie bei einer späteren Überprüfung zur Verfügung stehen. Ich habe keine Bedenken, den Hauptsachbearbeiter der Rechtsbehelfsstelle als Koordinator einzusetzen.

Das Ergebnis der Prüfung (Aussetzung der Vollziehung besteht zu Recht/ist zu beenden; Gefährdung des Steueranspruchs geprüft) ist durch Namenszeichen des Bearbeiters und – nach den Regeln des Zeichnungsrechts – des Sachgebietsleiters zu bestätigen.

Bei der Bearbeitung der nach Prüfung durch die Rechtsbehelfsstelle noch offenen Fälle durch die Veranlagungsbezirke oder sonst betroffenen Stellen werden hauptsächlich Folgeaussetzungen eine Rolle spielen. Das Ergebnis der unter Tz. 1 angesprochenen Anfrage ist in der Liste festzuhalten.

Im sogenannten Vorschaltbereich kann auf die Zeichnung durch den Sachgebietsleiter nicht verzichtet werden. Mit der Zeichnung bestätigt der Sachgebietsleiter, dass auch er sich von der Rechtmäßigkeit der Aussetzung der Vollziehung überzeugt hat, und er die Frage der Gefährdung des Steueranspruchs untersucht hat.

Bei mehr als zwei Jahre zurückliegenden Aussetzungsverfügungen ist neben dem Fortbestand der Aussetzung der Vollziehung erneut die Frage nach der Gefährdung des Anspruchs (siehe oben Tz. 4) aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Situation des Steuerpflichtigen zu stellen und zu dokumentieren.

Der vollständige Abschluss der Arbeiten ist vom eingesetzten Koordinator festzustellen. Die Arbeiten sind so zu terminieren, dass ggf. notwendige Maßnahmen – insbesondere die Beendigung der Aussetzung der Vollziehung – vor dem 31.12. wirksam werden.

Soweit nicht bereits in der Vergangenheit festgestellt, ist anhand der Liste zu prüfen, ob in Klagesachen Aussetzungen der Vollziehung ausdrücklich verfügt, insbesondere auch bekannt gegeben worden sind, oder ob die Aussetzung der Vollziehung lediglich intern „verlängert” worden ist (vgl. Tz. 1).

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11. Vordrucke

Vordruck Nr.

Bezeichnung

605/40

Festsetzung von Aussetzungszinsen

605/42a

Anfrage an die Erhebungsstelle – Zinsen auf Erstattungsbeträge/Aussetzungszinsen

605/84A

Eingang einer FG/BFH-Entscheidung – Vor Rechtskraft

605/84B

Eingang einer FG/BFH-Entscheidung – Nach Rechtskraft

605/134

Erledigung Einspruch/Änderungsantrag

605/143

Einspruchsentscheidung AdV

605/145

Aufforderung zur Begründung des Einspruchs und ggf. Ablehnung. AdV

605/147

Einspruchsentscheidung – Allgemein

605/148

Einspruchsentscheidung – einheitlich und gesonderte Feststellung

605/149

Einspruchsentscheidung – personelle Abrechnung durch EHSt

605/200

Aussetzung der Vollziehung

605/201

AdV – Folgebescheid

605/203

Ablauf der AdV – Mitteilung

605/205

AdV – Grundlagenbescheid

605/207

Mitteilung über AdV-Grundlagenbescheid/ Beendigung der AdV

605/210

Unterrichtung der Erhebungsstelle gemäß Abschn. 5 Abs. 4 VollstrA

Bearbeitungsgrundsätze, FinMin Nordrhein-Westfalen, 16.11.2010, S 0363

Normenkette § 361 AO.

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Aussetzung der Vollziehung im Klageverfahren

Wenn der Einspruch gegen den Steuerbescheid (teilweise) keinen Erfolg hatte, kann Klage bei Finanzgericht (FG) erhoben werden. Die vom Finanzamt festgesetzte Steuer muss trotz Klageerhebung grundsätzlich gezahlt werden. Auch im das Klageverfahren kann ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) gestellt werden.

Damit ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung beim Finanzgericht zulässig ist, muss das Finanzamt zuvor einen entsprechenden Antrag ganz oder teilweise abgelehnt haben.

Grundsätzlich musst also zuerst beim Finanzamt einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt werden. Wurde der Antrag beim Finanzamt abgelehnt, kann man sich an das Finanzgericht wenden.

Es ist wichtig, dass der Antrag beim Finanzamt erst dann beim Finanzgericht gestellt wird, wenn der Antrag beim Finanzamt abgelehnt wurde. Wurde der Antrag beim Finanzamt bewilligt, fehlt es an der Voraussetzung für einen Antrag beim Finanzgericht.

Ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung beim Finanzgericht ist auch schon vor Erhebung der Klage möglich, wenn sich die Sache noch im Einspruchsverfahren befindet und das Finanzamt den im Einspruchsverfahren gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt hat.


Voraussetzung ist, dass der AdV-Antrag zulässig ist und dass er als Eilmaßnahme begründet sein muss.

Ein gestellter Antrag beim FG ist nur zulässig ist, wenn das Finanzamt einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zuvor ganz oder teilweise abgelehnt hat oder wenn die Vollstreckung droht. Ist die beantragte Aussetzung der Vollziehung für den Zeitraum des Einspruchsverfahrens gewährt worden, muss für ein anschließendes Klageverfahren ein erneuter Antrag beim Finanzamt gestellt werden, bevor das Finanzgericht angerufen werden kann. Das Finanzamt muss also einen bei ihm gestellten AdV-Antrag ganz oder teilweise abgelehnt haben. Die ablehnende Entscheidung durch das Finanzamt muss also bereits im Zeitpunkt der Antragstellung bei Gericht vorliegen.

Hinweis: Es liegt keine ablehnende Entscheidung des Finanzamts über einen Antrag auf Aussetzung vor, wenn das Finanzamt die Vollziehung ausgesetzt hat und diese Aussetzung der Vollziehung einen Monat nach Ergehen der Einspruchsentscheidung endet. Bevor Aussetzung beim Finanzgericht beantragt wird, ist - nach Ergehen der Einspruchsentscheidung - zunächst erneut die Aussetzung der Vollziehung beim Finanzamt zu beantragen.

Ausnahme: Nur in folgenden Fällen kann ein bei Gericht gestellter Antrag auf Aussetzung der Vollziehung auch ohne vorhergehende ablehnende Entscheidung des Finanzamts zulässig sein, nämlich dann, wenn entweder das Finanzamt über einen Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder die Vollstreckung des angefochtenen Steuerbescheids droht (d.h. Vollstreckungsmaßnahmen zeitlich unmittelbar bevorstehen oder bereits begonnen haben).

Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung kann entweder schriftlich oder zu Protokoll der Rechtsantragstelle des Gerichts gestellt werden. Ein schriftlicher Antrag muss dieselben Anforderungen erfüllen wie eine Klageschrift (siehe Klageverfahren).

Was muss ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung enthalten?

  • Bezeichnung des Antragstellers bzw. der Antragstellerin
  • Bezeichnung des Antragsgegners
  • Bezeichnung des angefochtenen Verwaltungsakts
  • Bezeichnung des Gegenstandes des Antragsbegehrens
  • Aussetzungsantrag
  • Antragsbegründung einschließlich der zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel
  • Urschriften oder Abschriften des angefochtenen Bescheides und der Entscheidung im Vorverfahren
  • Urschriften oder Abschriften der Entscheidung, mit der der Antragsgegner die AdV abgelehnt hat
  • Mitteilung von Tatsachen, nach denen der AdV-Antrag zulässig erscheint
  • Mitteilung, ob Einverständnis mit einer Entscheidung des Rechtsstreits durch den/die Berichterstatter/in besteht

Der AdV-Antrag ist begründet, wenn die Rechtmäßigkeit des Steuerbescheids ernstlich zweifelhaft ist und/ oder die Vollziehung für den Steuerpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte darstellt. Das Finanzgericht prüft das Vorbringen der Beteiligten lediglich im summarisch. Anders als im Klageverfahren, welches erst entschieden wird, wenn dem Finanzgericht alle zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel benannt und die erforderlichen Beweise erhoben worden sind, gilt für das AdV-Verfahren, dass der Sachverhalt nicht vollständig aufgeklärt sein muss.

Die Aussetzungsentscheidung des Gerichts hat nur vorläufigen Charakter. Insbesondere ist die Entscheidung nicht verbindlich für die noch zu treffende Entscheidung des Gerichts im Klageverfahren.

Aussetzungszinsen

Wenn die Aussetzung der Vollziehung im Wege der vorläufigen Regelung gewährt wird, der Einspruch oder die Klage jedoch endgültig keinen Erfolg haben, muss die / der Steuerpflichtige für den Zeitraum, für den die Vollziehung ausgesetzt war, Aussetzungszinsen zahlen (0,5 v. H. des ausgesetzten Betrags monatlich). Umgekehrt werden zunächst gezahlte Beträge im Falle einer späteren Erstattung in gleicher Höhe zugunsten des Steuerpflichtigen verzinsen.

Berechnen Sie die Aussetzungszinsen:

Zinsen auf Steuernachzahlungen und Steuererstattungen

Steuernachzahlung (+) oder Steuererstattung (-)
Euro

Datum des Steuerbescheides
dd.mm.jjjj

Zinssatz

Bescheid für das Jahr
z. B. 2020

 


Die Frage, ob die Höhe der Aussetzungszinsen verfassungsgemäß ist, beschäftigt seit einiger Zeit die Gerichte und die Steuerpflichtigen. Aussetzungszinsen sind Zinsen, die für die Dauer der Aussetzung der Vollziehung einer Steuerforderung zu zahlen sind.

Das Bundesverfassungsgericht hat im Juli 2021 entschieden, dass die Verzinsung von Steuernachzahlungen und -erstattungen in Höhe von 6 Prozent pro Jahr für die Zeit ab 2014 verfassungswidrig ist, weil sie gegen den allgemeinen Gleichheitssatz und das Übermaßverbot verstößt. Der Zinssatz sei angesichts der langanhaltenden Niedrigzinsphase realitätsfern und führe zu einer erheblichen Ungleichbehandlung von Steuergläubigern und -schuldnern. Der Gesetzgeber wurde aufgefordert, eine Neuregelung mit Wirkung ab 2019 zu treffen.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bezog sich jedoch ausdrücklich nur auf die Nachzahlungs- und Erstattungszinsen und nicht auf die Aussetzungszinsen oder andere Steuernebenforderungen wie Stundungs- oder Hinterziehungszinsen. Der Gesetzgeber hat daher auch nur den Zinssatz für die Nachzahlungs- und Erstattungszinsen auf 1,8 Prozent pro Jahr gesenkt, während er für die anderen Zinsarten bei 6 Prozent pro Jahr geblieben ist.

Dies hat zu der Frage geführt, ob die Höhe der Aussetzungszinsen ebenfalls verfassungswidrig ist oder ob es dafür eine Rechtfertigung gibt. Die Finanzgerichte haben dazu unterschiedliche Auffassungen vertreten. Das Finanzgericht Münster hat in zwei Urteilen vom März 2023 entschieden, dass der Zinssatz von 0,5 Prozent pro Monat bei Aussetzungszinsen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet. Das Gericht hat argumentiert, dass sich die Aussetzungszinsen von den Nachzahlungs- und Erstattungszinsen dadurch unterscheiden, dass der Steuerpflichtige bei der Aussetzung der Vollziehung eine bewusste Entscheidung trifft, die Steuer vorläufig nicht zu zahlen. Er kann damit einen Liquiditätsvorteil erzielen, den er aber auch verzinslich am Kapitalmarkt anlegen könnte. Außerdem kann er anstelle der Aussetzung der Vollziehung den streitigen Steuerbetrag zahlen oder einen zinsgünstigen Kredit aufnehmen und damit die Aussetzungszinsen vermeiden. Das Gericht hat daher eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung zu Steuerschuldnern, bei denen keine Aussetzungszinsen anfallen, verneint.

Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat hingegen in einem Urteil vom Februar 2023 entschieden, dass an der Rechtmäßigkeit von Aussetzungszinsen ernstliche Zweifel bestehen. Das Gericht hat sich dem Beschluss des Bundesfinanzhofs vom September 2018 angeschlossen, in dem dieser die Verfassungsmäßigkeit des Zinssatzes von 6 Prozent pro Jahr bei den Aussetzungszinsen bereits für Zeiträume ab 2012 bezweifelt hat. Das Gericht hat ausgeführt, dass der Sinn und Zweck der Zinsregelungen in allen Fällen darin besteht, Liquiditätsvorteile abzuschöpfen, die sich aus der Nichtzahlung der Steuer ergeben.

Der 6. Senat des Finanzgerichts Münster hat mit Urteil vom 08.03.2023 (Az. 6 K 2094/22 E) und der 3. Senat des Finanzgerichts Münster hat mit einem im Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung ergangenen Beschluss vom 10.02.2023 (Az. 3 V 2464/22) entschieden, dass der Zinssatz von 0,5 % pro Monat bei Aussetzungszinsen – anders als bei Nachzahlungszinsen – keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet. In beiden Fällen wollten die Steuerpflichtigen den zur Höhe von Nachzahlungszinsen von ebenfalls 0,5 % pro Monat ergangenen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 08.07.2021 (Az. 1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17) auf die für die Dauer der Aussetzung der Vollziehung zu zahlenden Zinsen übertragen. In diesem Beschluss hatte das Bundesverfassungsgericht aufgrund der Niedrigzinsphase die Höhe der Nachzahlungszinsen ab 2014 für verfassungswidrig, das Gesetz aber erst ab 2019 für unanwendbar erklärt.

Beide Senate des Finanzgerichts Münster lehnten eine Übertragung dieser Rechtsprechung auf Aussetzungszinsen ab. Das Bundesverfassungsgericht habe ausdrücklich darauf abgestellt, dass Nachzahlungszinsen durch eine verzögerte Bearbeitung der Finanzämter anfallen könnten, ohne dass der Steuerpflichtige hierauf Einfluss nehmen könne. Demgegenüber bestehe anstelle der Aussetzung der Vollziehung die Möglichkeit, den streitigen Steuerbetrag – ggf. über die Beschaffung eines zinsgünstigen Kredits – zu bezahlen und damit die Aussetzungszinsen zu vermeiden. Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung zu Steuerschuldnern, bei denen keine Aussetzungszinsen anfallen, liege aufgrund dieser bewussten Entscheidung nicht vor.

Der 3. Senat des Finanzgerichts Münster hat seine ablehnende Entscheidung zusätzlich darauf gestützt, dass das im Aussetzungsverfahren wegen verfassungsrechtlicher Zweifel erforderliche besondere Aussetzungsinteresse fehle, denn weder habe das Bundesverfassungsgericht Aussetzungszinsen oder einen vergleichbaren Tatbestand für nichtig erklärt noch drohten dem Antragsteller irreparable Nachteile aus der Verzinsung. Der Beschluss ist rechtskräftig.

Gegen das Urteil des 6. Senats des Finanzgerichts Münster ist ein Revisionsverfahren beim Bundesfinanzhof (Az. EIN 298/23) anhängig.

Quelle: FG Münster, Pressemitteilung vom 03.04.2023 zum Urteil 6 K 2094/22 E vom 08.03.2023 (nrkr) und zum Beschluss 3 V 2464/22 vom 10.02.2023 (rkr)

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Aktuelles + weitere Infos

Steuerschulden

Wenn Sie Steuerschulden oder finanziellen Schwierigkeiten haben, dann ist die Aussetzung der Vollziehung nicht das richtige Rechtsmittel. Dafür gibt es in der Abgabenordnung (AO) und der Zivilprozessordnung (ZPO) verschiedene Möglichkeiten.

  1. Vollstreckungsschutz bei Steuerschulden: Wenn Sie Steuerschulden haben und eine Vollstreckung durch das Finanzamt droht, können Sie unter bestimmten Voraussetzungen einen Antrag auf Vollstreckungsaufschub stellen. Dies ist in der Regel möglich, wenn die sofortige Einziehung der Schuld eine erhebliche Härte für den Schuldner darstellen würde und der Anspruch des Staates nicht gefährdet erscheint.

  2. Stundung: Eine Möglichkeit ist die Stundung der Steuerschuld. Hierbei wird die Fälligkeit der Schuld auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Für die Stundung können Zinsen anfallen.

  3. Ratenzahlungen: Eine weitere Möglichkeit kann die Vereinbarung von Ratenzahlungen mit dem Finanzamt sein, um die Steuerschuld über einen längeren Zeitraum zu begleichen.

  4. Insolvenzverfahren: In einem Insolvenzverfahren gibt es ebenfalls Regelungen zum Vollstreckungsschutz. Während des Verfahrens ist eine Vollstreckung für einzelne Forderungen in der Regel nicht möglich.

Für spezifische Fragen im Zusammenhang mit Steuerschulden, ist es ratsam, sich an einen Steuerberater zu wenden. Er kann eine individuelle Beratung bieten und dabei helfen, die beste Vorgehensweise in Ihrer Situation zu ermitteln.

Rechtsgrundlagen zum Thema: Vollziehung

UStG 
UStG § 13c Haftung bei Abtretung, Verpfändung oder Pfändung von Forderungen

AO 
AO § 231 Unterbrechung der Verjährung

AO § 235 Verzinsung von hinterzogenen Steuern

AO § 237 Zinsen bei Aussetzung der Vollziehung

AO § 251 Vollstreckbare Verwaltungsakte

AO § 284 Vermögensauskunft des Vollstreckungsschuldners

AO § 285 Vollziehungsbeamte

AO § 286 Vollstreckung in Sachen

AO § 287 Befugnisse des Vollziehungsbeamten

AO § 288 Zuziehung von Zeugen

AO § 290 Aufforderungen und Mitteilungen des Vollziehungsbeamten

AO § 291 Niederschrift

AO § 292 Abwendung der Pfändung

AO § 296 Verwertung

AO § 304 Versteigerung ungetrennter Früchte

AO § 305 Besondere Verwertung

AO § 306 Vollstreckung in Ersatzteile von Luftfahrzeugen

AO § 307 Anschlusspfändung

AO § 308 Verwertung bei mehrfacher Pfändung

AO § 310 Pfändung einer durch Hypothek gesicherten Forderung

AO § 315 Wirkung der Einziehungsverfügung

AO § 318 Ansprüche auf Herausgabe oder Leistung von Sachen

AO § 322 Verfahren

AO § 324 Dinglicher Arrest

AO § 326 Persönlicher Sicherheitsarrest

AO § 334 Ersatzzwangshaft

AO § 339 Pfändungsgebühr

AO § 340 Wegnahmegebühr

AO § 341 Verwertungsgebühr

AO § 342 Mehrheit von Schuldnern

AO § 345 Reisekosten und Aufwandsentschädigungen

AO § 361 Aussetzung der Vollziehung

AO § 231 Unterbrechung der Verjährung

AO § 235 Verzinsung von hinterzogenen Steuern

AO § 237 Zinsen bei Aussetzung der Vollziehung

AO § 251 Vollstreckbare Verwaltungsakte

AO § 284 Vermögensauskunft des Vollstreckungsschuldners

AO § 285 Vollziehungsbeamte

AO § 286 Vollstreckung in Sachen

AO § 287 Befugnisse des Vollziehungsbeamten

AO § 288 Zuziehung von Zeugen

AO § 290 Aufforderungen und Mitteilungen des Vollziehungsbeamten

AO § 291 Niederschrift

AO § 292 Abwendung der Pfändung

AO § 296 Verwertung

AO § 304 Versteigerung ungetrennter Früchte

AO § 305 Besondere Verwertung

AO § 306 Vollstreckung in Ersatzteile von Luftfahrzeugen

AO § 307 Anschlusspfändung

AO § 308 Verwertung bei mehrfacher Pfändung

AO § 310 Pfändung einer durch Hypothek gesicherten Forderung

AO §312 Pfändung einer Forderung aus indossablen Papieren

AO § 315 Wirkung der Einziehungsverfügung

AO § 318 Ansprüche auf Herausgabe oder Leistung von Sachen

AO § 322 Verfahren

AO § 324 Dinglicher Arrest

AO § 326 Persönlicher Sicherheitsarrest

AO § 334 Ersatzzwangshaft

AO § 339 Pfändungsgebühr

AO § 340 Wegnahmegebühr

AO § 341 Verwertungsgebühr

AO § 342 Mehrheit von Schuldnern

AO § 345 Reisekosten und Aufwandsentschädigungen

AO § 361 Aussetzung der Vollziehung

UStAE 
UStAE 13c.1. Haftung bei Abtretung, Verpfändung oder Pfändung von Forderungen

UStAE 27b.1. Umsatzsteuer-Nachschau

UStAE 13c.1. Haftung bei Abtretung, Verpfändung oder Pfändung von Forderungen

UStAE 27b.1. Umsatzsteuer-Nachschau

GewStR 
GewStR R 1.7 Aussetzung der Vollziehung von Gewerbesteuermessbescheiden

UStR 
UStR 182b. Haftung bei Abtretung, Verpfändung oder Pfändung von Forderungen

UStR 182c. Haftung bei Änderung der Bemessungsgrundlage

UStR 282b. Umsatzsteuer-Nachschau

AEAO 
AEAO Zu § 89 Beratung, Auskunft:

AEAO Zu § 120 Nebenbestimmungen zum Verwaltungsakt:

AEAO Zu § 122 Bekanntgabe des Verwaltungsakts:

AEAO Vor §§ 130, 131 Rücknahme und Widerruf von Verwaltungsakten:

AEAO Zu § 171 Ablaufhemmung:

AEAO Zu § 172 Aufhebung und Änderung von Steuerbescheiden:

AEAO Zu § 196 Prüfungsanordnung:

AEAO Zu § 226 Aufrechnung:

AEAO Zu § 233a Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen:

AEAO Zu § 235 Verzinsung von hinterzogenen Steuern:

Zu § 237 Zinsen bei Aussetzung der Vollziehung:

AEAO Zu § 240 Säumniszuschläge:

AEAO Zu § 251 Insolvenzverfahren:

Vor § 347 Außergerichtliches Rechtsbehelfsverfahren:

AEAO Zu § 350 Beschwer:

AEAO Zu § 361 Aussetzung der Vollziehung:

ErbStG 3 7 9
ErbStR 13b.1 13b.2
EStH 10.1 50a.2
StbVV 
§ 40 StBVV Verfahren vor den Verwaltungsbehörden

GewStH 1.7
KStH 8c
LStH 38.1 42e
GrStR 2
StBerG 
§ 164a StBerG Verwaltungsverfahren und finanzgerichtliches Verfahren

BGB 135 161 184 458 525 526 527 528 883 1990 2016 2115 2193 2194 2196 2217

Weitere Informationen zu diesem Thema aus dem Steuer-Blog:


BFH Urteile zu diesem Thema und weiteres:


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