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Vorfälligkeitsentschädigung

Vorfälligkeitsentschädigung Berechnung + als Werbungskosten steuerlich absetzen



Wer ein (Immobilien-) Darlehen vorzeitig ablösen möchte, muss der Bank eine sog. Vorfälligkeitsentschädigung zahlen. Die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie zum Beispiel der Restlaufzeit des Kredits, dem ursprünglichen Zinssatz, dem aktuellen Marktzinsniveau, der Höhe des Darlehens und der Art des Kredits (z.B. Festzinsdarlehen oder variables Darlehen). In der Regel berechnet sich die Vorfälligkeitsentschädigung aus dem entgangenen Zinsgewinn, den die Bank bei vorzeitiger Rückzahlung des Kredits hat.

Es gibt verschiedene Methoden zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung, die von Bank zu Bank unterschiedlich sein können. In Deutschland ist die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung gesetzlich geregelt und richtet sich nach den Bestimmungen des § 502 BGB. Dabei darf die Vorfälligkeitsentschädigung maximal 1% des Restdarlehensbetrags betragen, wenn die Restlaufzeit des Kredits weniger als ein Jahr beträgt, und maximal 0,5% des Restdarlehensbetrags, wenn die Restlaufzeit des Kredits länger als ein Jahr beträgt.

Wie hoch eine Vorfälligkeitsentschädigung für Ihr Darlehen ist, können Sie mit unserem Vorfälligkeitsentschädigungsrechner berechnen.


Vorfälligkeitsentschädigung berechnen


Kreditsumme Euro

Zinssatz %

Tilgungssatz %

Zinsbindungsfrist

Kredit-Kündigung nach

Anlagerendite des Kreditinstituts %

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die tatsächliche Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung von Bank zu Bank und von Fall zu Fall unterschiedlich sein kann und dass es sinnvoll ist, sich vor einer vorzeitigen Rückzahlung des Kredits bei der Bank über die genauen Bedingungen und die zu erwartende Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung zu informieren.

Die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung ist oftmals viel zu hoch von der Bank berechnet! Hat die Berechnung eine niedrigere Vorfälligkeitsentschädigung ergeben, schreiben Sie Ihre Bank an.

Top Vorfälligkeitsentschädigung


Rechtliches

Man kann zunächst grundsätzlich drei Fallgruppen unterscheiden:

  • Erwirkt ein Kreditnehmer nach Erhalt der Darlehenssumme das Einverständnis der Klägerin zur vorzeitigen Rückzahlung des Darlehens, hat er den von den Beteiligten als Vorfälligkeitsentschädigung) bezeichneten Betrag zu zahlen (a).
  • Verweigert der Kreditkunde bereits die Abnahme des vereinbarten Darlehens, muß er die in Nr. XI des Darlehensvorvertrages festgelegte sog. Nichtabnahmeentschädigung von 1 v. H. der vorgesehenen Darlehenssumme entrichten (b).
  • Kommt es schließlich in seinem Bereich zu einem anderweitigen, die Durchführung des Vertrages beeinträchtigenden Ereignis mit der Folge, daß die Klägerin vor Auszahlung des Kredits die Darlehenszusage widerrufen und nach Auszahlung des Kredits das Darlehen zurückfordern kann, hat der Kreditnehmer die sog. Nichtabnahmeentschädigung und ggf. zusätzlich den als Vorfälligkeitsentschädigung bezeichneten Betrag zu entrichten (c).


Bei einem Immobilienkredit nennt der Kreditgeber die Bedingungen für eine vorzeitige vollständige oder teilweise Rückzahlung des Kredits. In der Rubrik "Ablöseentschädigung" weist der Kreditgeber den Verbraucher auf die im Falle einer vorzeitigen Rückzahlung mögliche Vorfälligkeitsentschädigung hin und gibt sofern möglich deren Höhe an.

Der Kreditgeber erläutert, wie die Vorfälligkeitsentschädigung berechnet wird, und gibt den potenziellen Höchstbetrag der Entschädigung an oder – falls dies nicht möglich ist – macht dem Verbraucher in einem anschaulichen Beispiel deutlich, wie hoch die Entschädigung bei Zugrundelegung unterschiedlicher möglicher Szenarien ausfällt. Gegebenenfalls erläutert der Kreditgeber die Möglichkeit und die Bedingungen für die Übertragung des Kredits auf einen anderen Kreditnehmer oder eine andere Immobilie.


§ 502 Vorfälligkeitsentschädigung

(1) Der Darlehensgeber kann im Fall der vorzeitigen Rückzahlung eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung für den unmittelbar mit der vorzeitigen Rückzahlung zusammenhängenden Schaden verlangen, wenn der Darlehensnehmer zum Zeitpunkt der Rückzahlung Zinsen zu einem gebundenen Sollzinssatz schuldet. Bei Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen gilt Satz 1 nur, wenn der gebundene Sollzinssatz bei Vertragsabschluss vereinbart wurde.

(2) Der Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung ist ausgeschlossen, wenn

  1. die Rückzahlung aus den Mitteln einer Versicherung bewirkt wird, die auf Grund einer entsprechenden Verpflichtung im Darlehensvertrag abgeschlossen wurde, um die Rückzahlung zu sichern, oder
  2. im Vertrag die Angaben über die Laufzeit des Vertrags, das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers oder die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unzureichend sind.

(3) Bei Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen darf die Vorfälligkeitsentschädigung folgende Beträge jeweils nicht überschreiten:

  1. 1 Prozent des vorzeitig zurückgezahlten Betrags oder, wenn der Zeitraum zwischen der vorzeitigen und der vereinbarten Rückzahlung ein Jahr nicht überschreitet, 0,5 Prozent des vorzeitig zurückgezahlten Betrags,
  2. den Betrag der Sollzinsen, den der Darlehensnehmer in dem Zeitraum zwischen der vorzeitigen und der vereinbarten Rückzahlung entrichtet hätte.

Siehe auch § 502 BGB Vorfälligkeitsentschädigung

Top Vorfälligkeitsentschädigung


Vorfälligkeitsentschädigung als Werbungskosten steuerlich absetzen

Die Vorfälligkeitsentschädigung ist grundsätzlich nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar.

Wird jedoch ein zur Finanzierung eines vermieteten Grundstücks aufgenommenes Darlehen unter Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung getilgt, das Grundstück jedoch weiterhin zur Vermietung genutzt, ist die Vorfälligkeitsentschädigung als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar (BFH vom 6.12.2005 – BStBl 2006 II S. 265). Für im Zuge der Veräußerung gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung BMF vom 27.7.2015 (BStBl I S. 581).


Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus VuV nach Veräußerung des Mietobjekts oder nach Wegfall der Einkünfteerzielungsabsicht



BFH-Urteil Vorfälligkeitsentschädigung

Mit Urteil vom 11. Februar 2014 - IX R 42/13 - (BStBl 2015 II S. 633) hat der BFH zur steuerlichen Behandlung von Vorfälligkeitsentschädigungen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung entschieden, dass ein Steuerpflichtiger die für die vorzeitige Ablösung seiner Darlehensschuld zu zahlende Vorfälligkeitsentschädigung, um sein Mietobjekt lastenfrei zu veräußern, auch dann nicht „ersatzweise“ als Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung abziehen kann, wenn der Veräußerungsvorgang nicht nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu besteuern ist. Seine bisherige Rechtsprechung, wonach in Veräußerungsfällen ausnahmsweise ein Werbungskostenabzug für zulässig erachtet wurde, weil die Vorfälligkeitsentschädigung als Finanzierungskosten eines neu angeschafften Vermietungsobjekts galt, gab der BFH mit dieser Entscheidung ausdrücklich auf.

Aktuelle BFH-Rechtsprechung (FinMin Hamburg, 29.10.2015, S 2211 - 2015/001 - 52)

In mehreren aktuellen Entscheidungen hat der BFH zur Abziehbarkeit von nachträglichen Schuldzinsen bei den Vermietungseinkünften Stellung genommen. Mit BMF-Schreiben vom 27.7.2015 (BStBl 2015 I S. 581) hat die Verwaltung sich zur Anwendung der neuen Rechtsprechungsgrundsätze geäußert. Die BMF-Schreiben vom 28.3.2013 (BStBl 2013 I S. 508) und vom 15.1.2014 (BStBl 2014 I S. 108) sind mit der Neuregelung durch das BMF-Schreiben vom 27.7.2015 außer Kraft getreten.

– BFH vom 20.6.2012, IX R 67/10 (BStBl 2013 II S. 275)

Auch im Falle steuerbarer Grundstücksveräußerungen i.S. des § 23 EStG sind Schuldzinsen für Anschaffungskosten eines Mietobjekts als nachträgliche Werbungskosten abziehbar. Hierbei ist jedoch auch der Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung zu beachten, wonach der Abzug nur möglich ist, wenn und soweit der Veräußerungserlös nicht zur Darlehenstilgung ausreicht.

– BFH vom 8.4.2014, IX R 45/13 (BStBl 2015 II S. 635)

Ein nachträglicher Schuldzinsenabzug bei den Vermietungseinkünften ist auch dann möglich, wenn der Verkauf des Mietobjekts kein privates Veräußerungsgeschäft i.S. des § 23 EStG darstellt. Mit BMF-Schreiben vom 27.7.2015, a.a.O. hat sich die bisherige Verwaltungsauffassung geändert. Nunmehr kommt es für einen nachträglichen Werbungskostenabzug nicht mehr darauf an, ob der Grundstücksverkauf ein privates Veräußerungsgeschäft ist oder nicht.

Für die steuerliche Behandlung der Schuldzinsen ist vielmehr die Verwendung des Veräußerungserlöses maßgeblich:

• Wird der Erlös zur Schuldentilgung verwendet, sind nur die Schuldzinsen für einen etwaigen nicht tilgbaren Darlehensteil weiterhin abzugsfähig (Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung).

• Bei Anschaffung einer neuen Einkunftsquelle steht das Darlehen in einem neuen Veranlassungszusammenhang mit der Folge des Schuldzinsenabzugs bei der neuen Einkunftsquelle (Surrogationsbetrachtung).

– BFH vom 21.1.2014, IX R 37/12 (BStBl 2015 II S. 631)

Ein nachträglicher Schuldzinsenabzug ist ausgeschlossen, wenn die Einkünfteerzielungsabsicht bereits vor der Veräußerung des Mietobjekts entfallen ist (z.B. Selbstnutzung vor dem Verkauf).

– BFH vom 11.2.2014, IX R 42/13 (BStBl 2015 II S. 633)

Eine Vorfälligkeitsentschädigung, die zur Ablösung einer Darlehensverbindlichkeit zwecks lastenfreier Veräußerung der Immobilie gezahlt wird, stellt keine ersatzweisen Werbungskosten dar, wenn ein steuerbarer Veräußerungsvorgang i.S. des § 23 EStG nicht vorliegt.

Dagegen liegen im Falle einer nach § 23 EStG steuerbaren Veräußerung Veräußerungskosten vor.

Steuerliche Behandlung der Schuldzinsen

Die Behandlung der Schuldzinsen richtet sich nach dem Zeitpunkt der Grundstücksveräußerung:

• Schuldzinsen bei Veräußerungsgeschäft nach dem 31.12.1998

Ein Schuldzinsenabzug ist vorzunehmen, wenn und soweit die Verbindlichkeiten nicht durch den Veräußerungserlös getilgt werden können (Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung). Es kommt nicht mehr darauf an, ob die Veräußerung ein steuerbarer Veräußerungsvorgang i.S. des § 23 EStG ist. Voraussetzung ist, dass die Einkünfteerzielungsabsicht bis zur Veräußerung bestanden hat.

• Schuldzinsen bei Veräußerungsgeschäft vor dem 1.1.1999

Ein Schuldzinsenabzug nach Veräußerung des Mietobjekts ist nicht möglich.

• Vorfälligkeitsentschädigungen mit Veräußerungsgeschäft ab dem 27.7.2015

Vorfälligkeitsentschädigungen stehen in einem neuen Veranlassungszusammenhang mit der Veräußerung und dürfen nicht als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden. Lediglich im Falle eines steuerbaren Veräußerungsvorgangs i.S. des § 23 EStG sind die Schuldzinsen als Veräußerungskosten abziehbar.

• Vorfälligkeitsentschädigungen mit Veräußerungsgeschäft bis zum 26.7.2015

Der ausnahmsweise zugelassene Abzug einer Vorfälligkeitsentschädigung als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (Vorfälligkeitsentschädigung als Finanzierungskosten eines neu erworbenen Mietobjektes) ist noch bei Veräußerungen vor dem 27.7.2015 anwendbar.

Normenkette

EStG § 21

EStG § 23


Anwendung der BFH-Urteile vom 21.1.2014, IX R 37/12 (BStBl 2015 II S. …), vom 11.2.2014, IX R 42/13 (BStBl 2015 II S. … und vom 8.4.2014, IX R 45/13 (BStBl 2015 II S. …)

Mit Urteil vom 20.6.2012, IX R 67/10 (BStBl 2013 II S. 275) hatte der BFH unter Aufgabe seiner früheren Rechtsauffassung zur Frage der Abziehbarkeit nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung entschieden, dass Schuldzinsen für ein zur Anschaffung eines Mietobjekts aufgenommenes Darlehen auch nach einer gemäß § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG steuerbaren Veräußerung der Immobilie weiter als (nachträgliche) Werbungskosten abgezogen werden können, wenn und soweit der Veräußerungserlös nicht zur Tilgung der Darlehensverbindlichkeit ausreicht.

Der BFH hat in dem Urteil vom 21.1.2014, IX R 37/12 (BStBl 2015 II S. …) die Rechtsauffassung vertreten, dass ein fortdauernder Veranlassungszusammenhang von nachträglichen Schuldzinsen mit früheren Einkünften i.S. des § 21 EStG nicht anzunehmen ist, wenn der Steuerpflichtige zwar ursprünglich mit Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt hat, seine Absicht zu einer (weiteren) Einkünfteerzielung jedoch bereits vor der Veräußerung des Mietobjekts aus anderen Gründen weggefallen ist.

Mit Urteil vom 11.2.2014, IX R 42/13 (BStBl 2015 II S. …) hat der BFH zur steuerlichen Behandlung von Vorfälligkeitsentschädigungen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung entschieden, dass ein Steuerpflichtiger die für die vorzeitige Ablösung seiner Darlehensschuld zwecks lastenfreier Veräußerung seines Mietobjekts zu entrichtende Vorfälligkeitsentschädigung auch dann nicht „ersatzweise” als Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung abziehen kann, wenn der Veräußerungsvorgang nicht nach § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG steuerbar ist. Seine bisherige Rechtsprechung, wonach in Veräußerungsfällen wegen Beurteilung der Vorfälligkeitsentschädigung als Finanzierungskosten eines neu erworbenen Mietobjekts ausnahmsweise ein Werbungskostenabzug für zulässig erachtet wurde, gab der BFH mit dieser Entscheidung ausdrücklich auf.

Den Abzug von nachträglichen Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Falle der nicht nach § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG steuerbaren Veräußerung der Immobilie hat der BFH mit Urteil vom 8.4.2014, IX R 45/13 (BStBl 2015 II S. …) für den Fall bejaht, dass der Grundsatz des Vorranges der Schuldentilgung beachtet wurde. Für den nachträglichen Werbungskostenabzug ist nach Ansicht des BFH entscheidungserheblich, wie der Veräußerungserlös verwendet wird. Bei Einsatz des Veräußerungserlöses für die Anschaffung einer neuen Einkunftsquelle (z.B. eine neue zur Vermietung bestimmte Immobilie) besteht der Zusammenhang am neuen Mietobjekt fort (Surrogationsbetrachtung). Wird hingegen keine neue Immobilie oder anderweitige Einkunftsquelle angeschafft, kommt es für den Werbungskostenabzug darauf an, ob der Veräußerungserlös ausreicht, um das Darlehen zu tilgen.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gelten zur Abziehbarkeit von Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach Veräußerung des Mietobjekts oder nach Wegfall der Einkünfteerzielungsabsicht sowie von Vorfälligkeitsentschädigungen unter Anwendung der vorgenannten Urteile folgende Rechtsgrundsätze:


1.) Schuldzinsen für fremdfinanzierte Anschaffungs-/Herstellungskosten eines Mietobjekts nach dessen Veräußerung

1.1. Rechtswirksam nach dem 31.12.1998 getätigte Grundstücksveräußerungen

Schuldzinsen, die auf Verbindlichkeiten entfallen, welche der Finanzierung von Anschaffungskosten oder Herstellungskosten einer zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzten Immobilie dienten, können nach deren Veräußerung weiter als nachträgliche Werbungskosten abgezogen werden, wenn und soweit die Verbindlichkeiten nicht durch den Veräußerungserlös hätten getilgt werden können (sog. Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung). Der Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung gilt jedoch so lange nicht, als der Schuldentilgung Auszahlungshindernisse hinsichtlich des Veräußerungserlöses oder Rückzahlungshindernisse entgegenstehen. Voraussetzung ist, dass die Absicht, (weitere) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, nicht bereits vor der Veräußerung der Immobilie aus anderen Gründen weggefallen ist (BFH vom 21.1.2014, a.a.O.).

Es ist für den Werbungskostenabzug unmaßgeblich, ob die Veräußerung innerhalb der zehnjährigen Veräußerungsfrist erfolgt und gemäß § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG steuerbar ist (BFH-Urteil vom 8.4.2014, a.a.O.).

Bestehen im Zusammenhang mit dem veräußerten Mietobjekt mehrere Darlehensverbindlichkeiten, ist für die steuerliche Anerkennung der Verwendung des Veräußerungserlöses zur Tilgung der Verbindlichkeiten – entsprechend der Beurteilung durch einen ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsmann – entscheidend, dass die Darlehen nach Maßgabe der konkreten Vertragssituationen marktüblich und wirtschaftlich unter Berücksichtigung der Zinskonditionen abgelöst werden.

Die vorgenannten Rechtsgrundsätze zum nachträglichen Schuldzinsenabzug sind entsprechend auf Refinanzierungs- oder Umschuldungsdarlehen anzuwenden, soweit die Valuta des Umschuldungsdarlehens nicht über den abzulösenden Restdarlehensbetrag hinausgeht und die Umschuldung sich im Rahmen einer üblichen Finanzierung bewegt (BFH-Urteil vom 8.4.2014, a.a.O.).


1.2. Rechtswirksam vor dem 1.1.1999 getätigte Grundstücksveräußerungen

Bei Grundstücksveräußerungen, bei denen die Veräußerung auf einem vor dem 1.1.1999 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrag oder gleichstehenden Rechtsakt beruht, ist für Schuldzinsen, die auf die Zeit nach der Veräußerung oder dem Wegfall der Einkünfteerzielungsabsicht entfallen, kein nachträglicher Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zulässig. Denn die Schuldzinsen stehen nicht mehr mit dieser Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang i.S. von § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 1 EStG. Sie sind vielmehr als Gegenleistung für die Überlassung von Kapital anzusehen, das im privaten Vermögensbereich nicht mehr der Erzielung von Einkünften dient (BFH-Urteil vom 12.11.1991, IX R 15/90, BStBl 1992 II S. 289).


2.) Im Zuge der Veräußerung gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung für die Ablösung einer Fremdfinanzierung der Anschaffungs-/Herstellungskosten des Mietobjekts

Eine Vorfälligkeitsentschädigung ist wirtschaftlich betrachtet das Ergebnis einer auf vorzeitige Ablösung gerichteten Änderung des Darlehensvertrages. Der ursprünglich durch die Darlehensaufnahme zur Finanzierung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Mietobjekts begründete wirtschaftliche Zusammenhang mit der bisherigen Vermietungstätigkeit wird bei Leistung einer Vorfälligkeitsentschädigung im Zuge der Veräußerung überlagert bzw. von einem neuen, durch die Veräußerung ausgelösten Veranlassungszusammenhang ersetzt (BFH-Urteil vom 11.2.2014, a.a.O.).

Eine Vorfälligkeitsentschädigung stellt in diesem Fall infolge des Veranlassungszusammenhangs mit der Veräußerung keine nachträglichen Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, sondern Veräußerungskosten bei der Ermittlung der Einkünfte i.S. des § 23 Absatz 3 i.V.m. § 23 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 EStG dar.

Die bisherige Rechtsprechung, wonach der BFH in der Vergangenheit ausnahmsweise einen Werbungskostenabzug im Bereich der Vermietungseinkünfte zugelassen hat (vgl. BFH-Urteil vom 23.4.1996, IX R 5/94, BStBl 1996 II S. 595), ist durch das Urteil vom 11.2.2014 (a.a.O.) überholt.

Diese bisherigen Rechtsgrundsätze sind letztmals auf Vorfälligkeitsentschädigungen anzuwenden, wenn das obligatorische Veräußerungsgeschäft des Mietobjekts vor dem 27.7.2015 rechtswirksam abgeschlossen wurde.


3.) Schuldzinsen für fremdfinanzierte Anschaffungs-/Herstellungskosten eines Mietobjekts nach Wegfall der Einkünfteerzielungsabsicht

Für Schuldzinsen, die in der Zeit nach Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht vor der Veräußerung des Mietobjekts gezahlt werden, ist kein nachträglicher Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zulässig. Derartige Schuldzinsen stehen nicht mehr mit den Einkünften gemäß § 21 Absatz 1 Nummer 1 EStG in wirtschaftlichem Zusammenhang, sondern sind Gegenleistung für die Kapitalüberlassung, die im privaten Vermögensbereich nicht mehr der Erzielung von Einkünften dient (BFH-Urteil vom 21.1.2014, a.a.O.). Der Anwendungsbereich des § 23 EStG ist mangels eines Veräußerungstatbestandes nicht gegeben.


4.) Schuldzinsen für fremdfinanzierte laufende sofort abziehbare Werbungskosten (Erhaltungsaufwendungen) nach Veräußerung des Mietobjekts

4.1. Rechtswirksamer Abschluss des Veräußerungsgeschäfts nach dem 31.12.2013

Voraussetzung für den nachträglichen Werbungskostenabzug von Schuldzinsen bei fremdfinanzierten sofort abziehbaren Werbungskosten (Erhaltungsaufwendungen) ist, dass der Erlös aus der Veräußerung des Mietobjekts nicht ausreicht, um die Darlehensverbindlichkeit zu tilgen. Der durch die tatsächliche Verwendung des Darlehens zur Finanzierung sofort abziehbarer Werbungskosten geschaffene Zusammenhang mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung bleibt zwar grundsätzlich nach Beendigung der Einkünfteerzielung bestehen. Wird der Veräußerungserlös aber nicht zur Tilgung dieses Darlehens verwendet, kann eine daneben bestehende bzw. neu entstehende relevante private Motivation für die Beibehaltung des Darlehens den ursprünglich gesetzten wirtschaftlichen Zusammenhang überlagern und damit durchbrechen.

Zum Bestehen mehrerer Darlehensverbindlichkeiten im Zusammenhang mit dem veräußerten Mietobjekt siehe Tz. 1.1.


4.2. Rechtswirksamer Abschluss des Veräußerungsgeschäfts vor dem 1.1.2014

Wurde das obligatorische Veräußerungsgeschäft des Mietobjekts vor dem 1.1.2014 rechtswirksam abgeschlossen, bleibt das BMF-Schreiben vom 3.5.2006 (BStBl 2006 I S. 363) weiter anwendbar. Danach kommt es in diesen Fällen unter Zugrundelegung der zwischenzeitlich überholten Rechtsgrundsätze (BFH-Urteil vom 12.10.2005, IX R 28/04, BStBl 2006 II S. 407) aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht darauf an, ob ein bei einer Veräußerung des Objekts erzielbarer Erlös zur Tilgung des Darlehens ausgereicht hätte, da der durch die tatsächliche Verwendung des Darlehens geschaffene Zusammenhang auch nach Aufgabe der Einkünfteerzielung für bestehen bleibend erachtet wurde.


5.) Im Zuge der Veräußerung gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung für die Ablösung einer Fremdfinanzierung sofort abziehbarer Werbungskosten (Erhaltungsaufwendungen) des Mietobjekts

Die Rechtsgrundsätze unter Tz. 2 zu den Vorfälligkeitsentschädigungen für die Ablösung einer Restschuld fremdfinanzierter Anschaffungs-/Herstellungskosten eines Mietobjekts im Zuge dessen Veräußerung gelten in analoger Anwendung des BFH-Urteils vom 11.2.2014 (a.a.O.) entsprechend.


6.) Schuldzinsen für fremdfinanzierte laufende sofort abziehbare Werbungskosten (Erhaltungsaufwendungen) eines Mietobjekts nach Wegfall der Einkünfteerzielungsabsicht

Die Rechtsgrundsätze unter 3.) zu Schuldzinsen für fremdfinanzierte Anschaffungs-/ Herstellungskosten eines Mietobjekts nach Wegfall der Einkünfteerzielungsabsicht gelten in analoger Anwendung des BFH-Urteils vom 21.1.2014 (a.a.O.) entsprechend.

Sie sind erstmals auf Schuldzinszahlungen anzuwenden, wenn die Einkünfteerzielungsabsicht nach dem 31.12.2014 aufgegeben wurde. Wurde die Einkünfteerzielungsabsicht vorher aufgegeben, bleibt das BMF-Schreiben vom 3.5.2006 (a.a.O.) weiter auf entsprechende Schuldzinszahlungen anwendbar.

Dieses BMF-Schreiben ersetzt die BMF-Schreiben vom 28.3.2013 (BStBl 2013 I S. 508) und vom 15.1.2014 (BStBl 2014 I S. 108) und ist vorbehaltlich besonderer Regelungen in den einzelnen Tz. in allen offenen Fällen anzuwenden.

Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

BMF, 27.7.2015, IV C 1 - S 2211/11/10001

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1

Fundstellen

BStBl I, 2015, 581


§ 9 EStG – Vorfälligkeitsentschädigung bei konkreter neuer Investition abziehbar

Eine Vorfälligkeitsentschädigung gehört bei einer Grundstücksveräußerung grundsätzlich zu den Veräußerungskosten. Die Aufwendungen können aber auch Werbungskosten darstellen, wenn es sich um Finanzierungsaufwand für die Anschaffung einer neuen Mietimmobilie handelt. Diese Voraussetzung liegt vor, sofern der Entschluss zum Neukauf bereits konkret zum Zeitpunkt der Veräußerung feststeht. Hierzu reicht nach dem Urteil des FG Hamburg allerdings noch nicht die Absicht aus, mit dem Verkaufspreis der alten Immobilie ein neues Objekt erwerben zu wollen. Spätestens bei Abschluss des Verkaufsvertrags muss vielmehr bereits unwiderruflich feststehen, wie über die erhaltenen Gelder verfügt wird.

Im Urteilsfall war die konkrete Mittelverwendung noch nicht geklärt. Hier hatte eine Grundstücksgemeinschaft lediglich ihre Absicht dokumentiert, den nach der Ablösung des Darlehens verbleibenden Restbetrag in eine neue Immobilie zu investieren. Ein konkretes Objekt sollte allerdings erst nach Abwicklung des Verkaufs gesucht werden. Somit stand es den Gesellschaftern frei, das Geld auch anderweitig zu verwenden. In diesem Fall besteht zwischen Verkauf und Neuerwerb kein wirtschaftlicher Zusammenhang. Die Vorfälligkeitsentschädigung zählt dann nicht zu den Werbungskosten bei künftigen Mieteinkünften.

Praxishinweis: Ratsam ist es, ein solches Darlehen noch während der Vermietung abzulösen. Liegt dieser Termin zumindest ein Jahr vor der späteren Veräußerung, spricht der zeitliche Abstand für Werbungskosten. Möglich ist auch, das ursprünglich zur Finanzierung eines Mietgrundstücks dienende Darlehen einer anderen Einkunftsart zuzuordnen. Wird der Verkaufserlös zur Geldanlage genutzt, handelt es sich anschließend um Werbungskosten bei den Kapitaleinkünften. Hierbei akzeptiert das FG Düsseldorf sogar eine Abweichung zwischen Darlehen und Anlagesumme von 5 v.H. Fundstellen: FG Hamburg 10.6.05, VII 93/04, FG Düsseldorf 13.11.02, 16 K 1831/00 E, EFG 04, 1676, Revision unter VIII R 34/04


Vorfälligkeitsentschädigung bei Immobilienverkauf keine Werbungskosten

Mit Urteil vom 11. Februar 2014 IX R 42/13 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass eine Vorfälligkeitsentschädigung grundsätzlich nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar ist.

Die Klägerin veräußerte ein von ihr im Jahre 1999 erworbenes und seitdem vermietetes Immobilienobjekt im Jahr 2010. Im Veräußerungsvertrag hatte sich die Klägerin zur lastenfreien Übertragung des Grundstückes verpflichtet. Im Zuge der Ablösung einer Restschuld aus den zur Finanzierung der Anschaffungskosten des Objekts aufgenommenen Darlehen hatte die Klägerin Vorfälligkeitsentschädigungen zu leisten, die sie im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend machte. Das Finanzamt berücksichtigte die Vorfälligkeitsentschädigungen nicht. Klage und Revision der Klägerin hatten keinen Erfolg.


Schuldzinsen, die mit Einkünften in einem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, zählen nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes zu den Werbungskosten. Der Begriff der Schuldzinsen umfasst auch eine zur vorzeitigen Ablösung eines Darlehens gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung; denn diese ist Nutzungsentgelt für das auf die verkürzte Laufzeit in Anspruch genommene Fremdkapital. Im Streitfall konnte die Klägerin die geleisteten Vorfälligkeitsentschädigungen gleichwohl nicht bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend machen; es fehlte insoweit an einem wirtschaftlichen Zusammenhang (sog. Veranlassungszusammenhang) mit steuerbaren Einkünften. Zwar beruht eine Vorfälligkeitsentschädigung auf dem ursprünglichen Darlehen, das mit Blick auf die Finanzierung der Anschaffungskosten einer fremdvermieteten Immobilie aufgenommen wurde. Jedoch ist das für die Annahme eines Veranlassungszusammenhangs maßgebliche „auslösende Moment“ nicht der seinerzeitige Abschluss des Darlehensvertrags, sondern gerade dessen vorzeitige Ablösung. Diese mit der Darlehensgläubigerin vereinbarte Vertragsanpassung hat die Klägerin aber nur vorgenommen, weil sie sich zur lastenfreien Veräußerung des Grundstücks verpflichtet hatte. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang besteht daher gerade nicht zwischen der Vorfälligkeitsentschädigung und der vormaligen Vermietung der Immobilie, sondern zwischen der Vorfälligkeitsentschädigung und der Veräußerung der Immobilie.


Der BFH hat betont, dass auch seine aktuelle Rechtsprechung zum Abzug nachträglicher Schuldzinsen (BFH-Urteil vom 20. Juni 2012 IX R 67/10, BFHE 237, 368, BStBl II 2013, 275; siehe auch BFH-Urteil vom 8. April 2014 IX R 45/13, www.bundesfinanzhof.de, Pressemitteilung Nr. 37/14 vom 14. Mai 2014) an diesem Ergebnis nichts zu ändern vermochte. Denn die Klägerin konnte die im Veräußerungszeitpunkt noch bestehenden Darlehensverbindlichkeiten vollständig durch den aus der Veräußerung der Immobilie erzielten Erlös tilgen.
Urteil vom 11.02.14 IX R 42/13, BFH Pressemitteilung Nr. 47/14 vom 25.6.2014

Eine Vorfälligkeitsentschädigung, die wegen der vorzeitigen Ablösung eines betrieblichen Darlehens im Zusammenhang mit einer Betriebsveräußerung zu zahlen ist, ist jedenfalls dann Teil der Veräußerungskosten, wenn der Veräußerungserlös zur Tilgung der Verbindlichkeit ausreicht (BFH vom 25.1.2000 - BStBl II S. 458).

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Rechtsgrundlagen zum Thema: Vorfälligkeitsentschädigung

UStAE 
UStAE 4.8.2. Gewährung und Vermittlung von Krediten

UStAE 4.8.2. Gewährung und Vermittlung von Krediten

UStR 
UStR 57. Gewährung und Vermittlung von Krediten

EStH 16.12 21.2 23
GewStH 8.1.1
BGB 490 493 502 504 505d 507

Weitere Informationen zu diesem Thema aus dem Steuer-Blog:


BFH Urteile zu diesem Thema und weiteres:


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