Alle Beiträge von steuerschroeder.de

Steuerberater

Sonderregelung für Kleinunternehmer – Neufassung des § 19 UStG und Einführung des § 19a UStG zum 1. Januar 2025

BMF, Schreiben vom 18.03.2025 – Koordinierter Ländererlass, Az. III C 3 – S 7360/00027/044/105

Mit Wirkung zum 1. Januar 2025 bringt das Jahressteuergesetz 2024 (JStG 2024) umfassende Änderungen für Kleinunternehmer im Umsatzsteuerrecht. Neben der Neufassung des § 19 UStG wird durch die Einführung des neuen § 19a UStG ein grenzüberschreitendes Meldeverfahren etabliert. Ziel ist die Umsetzung der EU-Richtlinie 2020/285, die eine Harmonisierung der Kleinunternehmerregelungen innerhalb der EU anstrebt.


Wesentliche Inhalte der Neuregelung

1. § 19 UStG – Besteuerung der Kleinunternehmer

Die Vorschrift wurde vollständig neu gefasst. Wichtigste Änderungen:

  • Umsatzsteuerbefreiung statt Steuerfreiheit durch Verzicht: Die Umsätze von Kleinunternehmern gelten künftig grundsätzlich als steuerfrei, statt wie bisher nur von der Steuerpflicht befreit zu sein.
  • Anwendungsbereich auf EU-Unternehmer ausgeweitet: Unternehmer mit Sitz in anderen EU-Mitgliedstaaten können künftig ebenfalls von der deutschen Kleinunternehmerregelung Gebrauch machen, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind.
  • Verzicht auf die Anwendung bindet weiterhin für fünf Jahre, auch wenn dieser vor dem 1. Januar 2025 erklärt wurde.

2. § 19a UStG – Besonderes Meldeverfahren

Mit dem neuen § 19a UStG wird ein Meldeverfahren für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung in anderen EU-Mitgliedstaaten eingeführt. Dieses erlaubt es in Deutschland ansässigen Unternehmern, von der Kleinunternehmerregelung auch in anderen Staaten der EU zu profitieren – unter Nutzung eines zentralisierten Verfahrens.


Steuerlicher Praxisbezug: Umgang mit Rechnungen

Eine wichtige Änderung ergibt sich im Umgang mit Steuerausweisen durch Kleinunternehmer:

  • Wird nach dem 1. Januar 2025 von einem Kleinunternehmer Umsatzsteuer in einer Rechnung ausgewiesen, so greift nicht mehr § 14c Abs. 2 UStG (unberechtigter Steuerausweis).
  • Stattdessen findet § 14c Abs. 1 UStG (unrichtiger Steuerausweis) Anwendung – allerdings nicht, wenn der Aussteller die Leistung tatsächlich erbracht hat und der Rechnungsempfänger ein Endverbraucher ist.
  • Das bisherige BMF-Schreiben vom 27.02.2024 (BStBl I S. 361) bleibt weiter anwendbar – mit der genannten Maßgabe.

Weitere Folgeänderungen

Zur Umsetzung der neuen Regelungen wurden zusätzlich Änderungen in folgenden Vorschriften vorgenommen:

  • §§ 15, 15a, 20, 24 und 27a UStG
  • Einführung von § 34a UStDV
  • Anpassung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses (UStAE) – Änderungsschreiben vom 13.03.2025.

Fazit

Die Neuregelung modernisiert die Besteuerung kleiner Unternehmen und bringt diese in Einklang mit europarechtlichen Vorgaben. Gleichzeitig wird die grenzüberschreitende Tätigkeit von Kleinunternehmern vereinfacht. Für betroffene Unternehmer ist es nun besonders wichtig, ihre Rechnungsstellung, Verzichtserklärungen und Steuererklärungen entsprechend den neuen Vorgaben zu prüfen und ggf. anzupassen.


Quelle: Bundesministerium der Finanzen – BMF-Schreiben vom 18.03.2025

Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde gegen Beschwerdeentscheidung des Bundesfinanzhofs

BVerfG, Pressemitteilung vom 18.03.2025 zum Beschluss 1 BvR 2267/23 vom 21.02.2025

Mit Beschluss vom 21. Februar 2025, veröffentlicht am 18. März 2025, hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) einer Verfassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) stattgegeben. Die Entscheidung stärkt den Anspruch auf effektiven Rechtsschutz und setzt zugleich Grenzen für die Anforderungen an die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde.

Hintergrund des Verfahrens

Die Beschwerdeführerin hatte erfolglos versucht, einen Aufwand aus einer Schuldübernahmeverpflichtung für eine Pensionszusage steuerlich geltend zu machen. Nachdem das Finanzgericht ihre Klage abwies, legte sie beim Bundesfinanzhof Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ein. Sie rügte unter anderem die Verfassungswidrigkeit der einschlägigen Norm des Einkommensteuergesetzes – wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG – und machte die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend.

Der BFH wies die Beschwerde mit der Begründung zurück, die Beschwerdeführerin habe nicht hinreichend dargelegt, dass eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zugunsten ihrer Rechtsauffassung konkrete, vorteilhafte Folgen für sie haben würde. Insbesondere habe sie nicht plausibel gemacht, dass eine etwaige Verwerfung der Norm durch das BVerfG zu einer rückwirkenden Neuregelung oder zu einer Übergangsregelung für offene Fälle führen könnte.

Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts

Das Bundesverfassungsgericht hob den Beschluss des BFH nun auf. Die Entscheidung des BFH verletze das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Die Anforderungen an die Substantiierung der Nichtzulassungsbeschwerde seien überspannt worden. Der BFH habe von der Beschwerdeführerin verlangt, zukünftige Entwicklungen – insbesondere das Ergebnis eines Verfahrens vor dem BVerfG sowie den politischen Umsetzungswillen des Gesetzgebers – verlässlich vorherzusagen. Solche Prognosen seien jedoch mit unübersehbaren Unsicherheiten behaftet und nicht zumutbar.

Das Bundesverfassungsgericht stellte klar, dass selbst Fachgerichte bei einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG nicht zu einer solchen Einschätzung verpflichtet sind – umso weniger könne eine solche Anforderung an eine Privatperson gestellt werden.

Konsequenzen der Entscheidung

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat weitreichende Bedeutung über den Einzelfall hinaus. Sie verdeutlicht, dass die Darlegungslast bei Nichtzulassungsbeschwerden nicht überzogen werden darf – insbesondere dann nicht, wenn sie auf eine mögliche Verfassungswidrigkeit einer Norm gestützt werden. Der Bundesfinanzhof muss nun erneut über die Zulassung der Revision entscheiden und dabei die verfassungsrechtlichen Maßstäbe beachten, die das BVerfG mit dieser Entscheidung klargestellt hat.


Quelle: Bundesverfassungsgericht – Pressemitteilung vom 18.03.2025

Steueroptimierung von Ausschüttungen als Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft

Als Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft (z.B. GmbH) ist es entscheidend, die steuerlichen Auswirkungen von Gewinnausschüttungen zu prüfen. Denn hier liegen oft Möglichkeiten, Ihre Steuerlast signifikant zu reduzieren.

Sie haben die Wahl zwischen zwei Besteuerungsmethoden:

Grundsätzlich stehen Ihnen als Gesellschafter zwei Wege zur Besteuerung Ihrer Ausschüttungen offen:

  • Die Kapitalertragsteuer (Abgeltungsteuer):
    • Dies ist der Standardfall. Hier wird eine pauschale Steuer von 25 % auf Ihre Ausschüttungen erhoben, zuzüglich 5,5 % Solidaritätszuschlag.
    • Ein jährlicher Sparerpauschbetrag von 1.000 € (2.000 € für Ehepaare) kann hierbei steuermindernd berücksichtigt werden.
  • Das Teileinkünfteverfahren (TEV):
    • Diese Option steht Ihnen offen, wenn Ihre Beteiligung an der Kapitalgesellschaft mindestens 25 % beträgt oder wenn Sie als Geschäftsführer mit einer Beteiligung von mindestens 1 % tätig sind.
    • Beim TEV werden 60 % der Ausschüttungen mit Ihrem persönlichen Einkommensteuersatz versteuert, während 40 % steuerfrei bleiben.
    • Zudem können Sie 60 % Ihrer tatsächlichen Werbungskosten geltend machen, ohne durch den Sparerpauschbetrag eingeschränkt zu sein.

Ein Rechenbeispiel zur Verdeutlichung:

Betrachten wir ein Beispiel: Sie erhalten eine Ausschüttung von 50.000 €, Ihr persönlicher Steuersatz beträgt 30 %, Ihre Beteiligung 25 % und Sie hatten 5.000 € Werbungskosten.

  • Kapitalertragsteuer:
    • Steuerlast: 13.187,50 €
  • Teileinkünfteverfahren:
    • Steuerlast: 8.545,50 €

In diesem Fall wäre das TEV deutlich vorteilhafter.

Tipp: Rechner Teileinkünfteverfahren

Wichtige Aspekte, die Sie beachten sollten:

  • Antragspflicht: Das TEV muss beim Finanzamt beantragt und in Ihrer Steuererklärung (Anlage KAP) angegeben werden.
  • Bindungsdauer: Ihr Antrag gilt für das Antragsjahr und die folgenden vier Jahre. Ein Widerruf ist möglich, ein erneuter Antrag danach jedoch nicht.
  • Individuelle Prüfung: Die Wahl der optimalen Methode hängt von Ihrer individuellen Situation ab, insbesondere von Ihrem persönlichen Steuersatz und der Höhe Ihrer Ausschüttungen.

Handlungsempfehlungen:

  • Prüfen Sie regelmäßig, welche Besteuerungsmethode für Ihre aktuelle Situation am vorteilhaftesten ist.
  • Ziehen Sie bei komplexen Sachverhalten oder größeren Ausschüttungen einen Steuerberater zurate.
  • Berücksichtigen Sie bei Ihrer Entscheidung auch langfristige Entwicklungen.

Hinweis:

  • Dieser Ratgeber dient der allgemeinen Information und ersetzt keine individuelle Steuerberatung.
  • Die Steuerlichen gesetzte können sich jederzeit ändern, eine Regelmäßige Überprüfung der eigenen Lage ist daher Ratsam.

Ich hoffe, dieser Steuertipp hilft Ihnen weiter.

Fahrtenbuch nicht nachträglich leserlich machen

Ein Fahrtenbuch dient als wichtiger Nachweis für die betriebliche Nutzung eines Fahrzeugs. Auch wenn es verlockend erscheint, vor einer Betriebsprüfung noch einmal an der Lesbarkeit zu feilen, kann dies gravierende Folgen haben. Der Grund: Stellt der Betriebsprüfer fest, dass das Fahrtenbuch nachträglich bearbeitet wurde, verliert es seine Wirksamkeit.

Mindestangaben im Fahrtenbuch

Gemäß R 8.1 Abs. 9 Nr. 2 Satz 3 LStR (Lohnsteuerrichtlinie) sollte ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch folgende Angaben enthalten:

  • Datum und Kilometerstand zu Beginn und Ende jeder einzelnen Fahrt;
  • Reiseziel und Reiseroute;
  • Reisezweck und aufgesuchte Geschäftspartner;
  • Nachweis der privaten Fahrten.

Anforderungen des Finanzamts an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch

Ein anerkanntes Fahrtenbuch muss:

  • Datum und Ziel der jeweiligen Fahrten ausweisen,
  • vollständig und lückenlos geführt sein,
  • „in sich geschlossen“ sein,
  • frei von nachträglichen Änderungen oder Ergänzungen sein.

BFH urteilt über nachträgliche Änderungen

In einem Fall vor dem Bundesfinanzhof (BFH, Urteil vom 13.11.2012, VI R 3/12, BFH/NV 2013 S. 526) wurde ein handschriftlich geführtes Fahrtenbuch geprüft.

Obwohl die Grundaufzeichnungen Datum, Uhrzeit, Kilometerstände und gefahrene Kilometer enthielten, fehlten detaillierte Angaben zu Reiseroute und Ziel. Stattdessen war lediglich „Außendienst“ vermerkt. Die genauen Angaben zu besuchten Personen oder Firmen wurden aus einer separaten, elektronisch geführten Liste des Arbeitgebers entnommen.

Der BFH erkannte das Fahrtenbuch nicht an, da es nicht vollständig und nicht „in sich geschlossen“ war. Bereits in einem früheren Urteil (BFH, Urteil vom 1.3.2012, VI R 33/10, BStBl 2012 II S. 505) hatte der BFH klargestellt, dass nachträglich erstellte oder ergänzte Aufzeichnungen nicht anerkannt werden.

Fazit:

Egal ob elektronisch oder handschriftlich: Ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch muss von Beginn an korrekt geführt werden. Alle relevanten Informationen sollten unmittelbar nach der jeweiligen Fahrt eingetragen werden. Eine nachträgliche Ergänzung oder Korrektur kann zur Verwerfung des Fahrtenbuchs durch das Finanzamt führen.

Wer sein Fahrtenbuch nachträglich verschönert oder korrigiert, riskiert die steuerliche Anerkennung. Daher sollten alle Angaben von Anfang an präzise, vollständig und leserlich dokumentiert werden.

Tipp: Eine saubere und leserliche Schrift ist natürlich vorteilhaft, aber sie sollte von Anfang an beachtet werden und nicht erst im Nachhinein optimiert werden.

Ertragsteuerliche Hinweise zum Betrieb einer Photovoltaikanlage nach § 3 Nr. 72 EStG

Steuerliche Behandlung von Photovoltaikanlagen

Das Finanzministerium hat klargestellt, dass eine Photovoltaikanlage im Sinne von § 3 Nr. 72 EStG aus Solarmodulen, Wechselrichtern und einem Einspeisezähler besteht. Für die Steuerbefreiung ist die Summe der gebäudebezogenen Leistungsgrenzen maßgeblich.

Beispiel 1: Eine Anlage mit insgesamt 80 kW (peak) verteilt auf verschiedene Gebäude bleibt steuerfrei. Auch bei einer Erhöhung auf 90 kW (peak) bleibt die Steuerbefreiung erhalten, solange die gebäudebezogenen Grenzen nicht überschritten werden.

Besonderheit: Bis zu 10 % der Gesamtleistung dürfen sich außerhalb von Gebäuden befinden (z. B. auf Gartenflächen), ohne dass dies die Steuerbefreiung gefährdet.

Liebhabereiprüfung und Eigenverbrauch

Der eigenverbrauchte Strom ist mit den Herstellungskosten anzusetzen, die sich aus den prognostizierten Betriebsausgaben und der erwarteten Gesamtstrommenge ergeben.

Beispiel 2:

  • 250.000 kWh in 20 Jahren,
  • 30.000 € Betriebsausgaben,
  • Herstellungskosten: 0,12 €/kWh.
  • Bei 40 % Eigenverbrauch entstehen steuerlich anzusetzende Einnahmen von 12.000 €.

Betriebsausgabenüberhänge nach § 3c EStG

Sind ausschließlich steuerfreie Einnahmen vorhanden, können nachlaufende Betriebsausgaben nicht berücksichtigt werden. Einsprüche hierzu werden unter einer speziellen ID in der Steuerverwaltung erfasst. Ein Revisionsverfahren beim BFH (Az. III R 35/24) ist anhängig, wodurch betroffene Einspruchsverfahren nach § 363 Abs. 2 Satz 2 AO ruhen.

Investitionsabzugsbeträge nach § 7g Abs. 3 EStG

Ob Investitionsabzugsbeträge aus Vorjahren nachträglich rückgängig gemacht werden müssen, ist Gegenstand aktueller Klageverfahren. Betroffene Steuerpflichtige können mit Zustimmung ein Ruhen ihres Verfahrens beantragen.

Gewerbliche Infizierung und Betriebsaufgabe

Der Betrieb einer steuerbefreiten Photovoltaikanlage führt nicht mehr zur gewerblichen Infektion einer Mitunternehmerschaft. Falls die steuerliche Verstrickung bis zum 31. Dezember 2023 nicht wiederhergestellt wurde, gilt die Betriebsaufgabe rückwirkend zum 1. Januar 2022. Die stillen Reserven müssen dann aufgedeckt und versteuert werden.

Fazit: Steuerpflichtige, die eine PV-Anlage betreiben, sollten sich über die ertragsteuerlichen Auswirkungen bewusst sein und die aktuellen Entwicklungen der Finanzverwaltung sowie anhängige Gerichtsverfahren im Blick behalten.

Vorsteuerabzug bei Photovoltaikanlagen durch Mieterstromlieferung

Mit Urteil vom 18. Februar 2025 (Az. 15 K 128/21 U) hat das Finanzgericht Münster entschieden, dass die Lieferung von Mieterstrom eine eigenständige Hauptleistung darstellt und nicht als Nebenleistung zur umsatzsteuerfreien Wohnraumvermietung anzusehen ist. Dies hat zur Folge, dass Vermieter beim Erwerb einer Photovoltaikanlage (PV-Anlage) einen vollen Vorsteuerabzug geltend machen können.

Hintergrund des Falls

Der Kläger, Eigentümer eines umsatzsteuerfrei vermieteten Mehrfamilienhauses, installierte eine PV-Anlage auf dem Gebäude und lieferte den erzeugten Strom an seine Mieter. Die Abrechnung erfolgte über die Betriebskosten. Zusätzlich deckte er nicht durch die PV-Anlage produzierten Strom durch externen Bezug und Weiterleitung an die Mieter ab.

Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug aus der Anschaffung der PV-Anlage zur Hälfte. Es argumentierte, dass die Stromlieferung eine unselbstständige Nebenleistung zur umsatzsteuerfreien Wohnraumvermietung sei und daher der Vorsteuerabzug anteilig ausgeschlossen sei.

Entscheidung des Finanzgerichts Münster

Der 15. Senat des Finanzgerichts Münster gab der Klage vollumfänglich statt:

  • Die PV-Anlage wird vollständig für steuerpflichtige Ausgangsumsätze des Klägers genutzt.
  • Die Stromlieferung ist eine eigenständige Hauptleistung und nicht als unselbstständige Nebenleistung zur Vermietung anzusehen.
  • Dies gilt sowohl für den mit der PV-Anlage erzeugten als auch für den extern bezogenen Strom.

Das Gericht stellte heraus, dass eine einheitliche Leistung nur dann vorliegt, wenn mehrere Leistungen so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine wirtschaftliche Gesamtheit bilden. Dies ist bei der Stromlieferung im vorliegenden Fall nicht gegeben:

  1. Wahlfreiheit der Mieter: Die Mieter konnten den Stromanbieter frei wählen, was das gesetzliche Koppelungsverbot von Miet- und Energieversorgungsverträgen nach § 42a Abs. 2 Energiewirtschaftsgesetz unterstreicht.
  2. Unabhängige Abrechnung: Der Stromverbrauch wurde über individuelle Zähler erfasst und separat abgerechnet.
  3. Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs: Bereits in früheren Urteilen (z. B. XI R 8/21 vom 17. Juli 2024) wurde festgehalten, dass Verbrauchskosten für Wasser, Strom und Wärme als eigenständige Leistungen anzusehen sind.

Bedeutung der Entscheidung

Die Entscheidung stärkt die steuerliche Behandlung von Mieterstrommodellen und bestätigt, dass Vermieter beim Erwerb von PV-Anlagen einen Vorsteuerabzug geltend machen können. Sie zeigt auch, dass die bisherige Verwaltungsauffassung in Abschnitt 4.12.1 Abs. 5 Satz 3 UStAE nicht bindend ist, wenn objektive Kriterien für eine Hauptleistung erfüllt sind.

Quelle: Finanzgericht Münster, Newsletter März 2025

Beteiligungsquote nach § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG: Natürliche Personen als Maßstab bei Personengesellschaften

Das Finanzgericht (FG) Münster hat entschieden, dass bei der Berechnung der Beteiligungsquote im Sinne von § 3c Abs. 2 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) bei einer Personengesellschaft nicht auf die Gesellschaft selbst, sondern auf die dahinterstehenden natürlichen Personen abzustellen ist (Urteil vom 28.01.2025, Az. 2 K 3123/21 F).

Hintergrund des Falls

Die klagende KG ist alleinige Gesellschafterin zweier Kapitalgesellschaften und hatte diesen Darlehen gewährt. Nach Ausfall der Darlehen nahm sie Teilwertabschreibungen vor. Das Finanzamt wandte daraufhin das Teilabzugsverbot nach § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG an, da die Klägerin an den Darlehensnehmerinnen mit mehr als 25 % beteiligt sei. Die Klägerin argumentierte dagegen, dass nicht die Gesellschaft selbst, sondern die beteiligten Gesellschafter als Steuerpflichtige betrachtet werden müssten.

Entscheidung des Finanzgerichts

Der 2. Senat des FG Münster gab der Klage vollumfänglich statt und stellte klar:

  • Das Teilabzugsverbot gilt für Betriebsausgaben, die im Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen nach § 3 Nr. 40 EStG stehen. Dies betrifft auch Wertminderungen von Darlehensforderungen, sofern der Darlehensgeber zu mehr als 25 % am Stammkapital der darlehensnehmenden Gesellschaft beteiligt ist.
  • Im Fall einer Personengesellschaft sind nicht die Gesellschaft selbst, sondern die dahinterstehenden natürlichen Personen als Steuerpflichtige zu berücksichtigen. Da keiner der Gesellschafter unmittelbar oder mittelbar mehr als 25 % der Anteile hielt, war das Teilabzugsverbot nicht anwendbar.
  • § 3c Abs. 2 Satz 2 EStG unterscheidet sich insoweit von § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG, der auf den „Gesellschafter“ abstellt.

Bedeutung der Entscheidung

Diese Entscheidung ist für Personengesellschaften von großer Tragweite. Sie stellt klar, dass das Teilabzugsverbot nicht automatisch bei einer Beteiligung der Personengesellschaft an einer Kapitalgesellschaft greift, sondern die individuellen Beteiligungsquoten der natürlichen Personen ausschlaggebend sind. Steuerpflichtige, die sich gegen die Anwendung des Teilabzugsverbots wehren möchten, sollten daher die Durchrechnung der Beteiligungsquote sorgfältig prüfen.

Die vom FG Münster zugelassene Revision beim Bundesfinanzhof (Az. IV R 6/25) wurde mittlerweile zurückgenommen, sodass das Urteil rechtskräftig ist.

Quelle: Finanzgericht Münster, Newsletter März 2025

Keine Aussetzung der Vollziehung der neuen Grundsteuer

Seit Einführung der neuen Grundsteuerregelung mehren sich Einsprüche gegen die entsprechenden Bescheide. Viele Eigentümer hoffen darauf, dass sie bis zu einer endgültigen Klärung keine Grundsteuer zahlen müssen. Doch das Sächsische Finanzgericht hat nun klargestellt, dass es keine generelle Aussetzung der Vollziehung geben wird.

Sächsisches Finanzgericht lehnt Eilanträge ab

In mehreren Verfahren hat das Sächsische Finanzgericht Anträge auf Aussetzung der Vollziehung von Grundsteuerbescheiden kostenpflichtig und ohne Zulassung der Beschwerde abgelehnt (z. B. 2 V 127/25, 2 V 130/25, 1 V 86/25, 5 V 198/25, 5 V 181/25). Seit Jahresbeginn gingen dort Hunderte von Anträgen ein, überwiegend von Bürgerinnen und Bürgern, die steuerlich nicht vertreten sind und mit einem standardisierten Text die Verfassungsmäßigkeit der neuen Grundsteuerregelung in Frage stellen.

Die Antragsteller möchten erreichen, dass sie bis zur endgültigen Entscheidung keine Grundsteuer zahlen müssen. In den meisten Fällen sind die dazugehörigen Einspruchsverfahren bei den Finanzämtern derzeit ruhend gestellt. Der Bund Deutscher Finanzrichter bestätigt, dass ähnliche Anträge auch bei anderen Finanzgerichten bundesweit eingehen.

Keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit

Das Finanzgericht stellte klar, dass es keine durchgreifenden Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der neuen Grundsteuer gibt. Zudem wurde betont, dass auch das öffentliche Interesse an einer geordneten Haushaltsführung berücksichtigt werden muss. Gemeinden sind auf die Grundsteuereinnahmen angewiesen und haben ein legitimes Interesse daran, dass diese Einnahmen – wenn auch vorläufig – weiterfließen.

Ein weiterer Punkt: Die Antragsteller konnten nicht ausreichend darlegen, warum ihnen die vorläufige Zahlung der Grundsteuer derart schwere Nachteile bringen würde, dass diese über dem öffentlichen Interesse an der Durchsetzung des Gesetzes stehen.

Formelle Voraussetzungen oft nicht erfüllt

Neben den inhaltlichen Argumenten stellte das Finanzgericht auch fest, dass in vielen Fällen bereits die formellen Voraussetzungen für eine Aussetzung der Vollziehung fehlen. So hatten viele Antragsteller keinen Einspruch gegen die entsprechenden Bescheide eingelegt oder keinen vorherigen Aussetzungsantrag bei der Finanzbehörde gestellt.

Fazit

Die Entscheidung des Sächsischen Finanzgerichts zeigt deutlich, dass Steuerpflichtige nicht ohne Weiteres von der Zahlung der Grundsteuer befreit werden. Wer eine Aussetzung der Vollziehung erreichen möchte, muss nicht nur stichhaltige verfassungsrechtliche Argumente liefern, sondern auch formale Voraussetzungen erfüllen. Für betroffene Eigentümer kann es ratsam sein, sich steuerrechtlich beraten zu lassen, um mögliche rechtliche Schritte optimal zu gestalten.

Die Tätigkeit eines Tätowierers kann künstlerisch sein, sodass die durch sie erzielten Einkünfte solche aus selbstständiger Arbeit sind

FG Düsseldorf, Mitteilung vom 14.03.2025 zum Urteil 4 K 1875/23 G, AO vom 18.02.2025 (nrkr)

Hintergrund des Verfahrens

Der 4. Senat des Finanzgerichts Düsseldorf hatte zu entscheiden, ob die Einkünfte eines Tätowierers als gewerblich oder freiberuflich einzustufen sind, insbesondere ob eine künstlerische Tätigkeit im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG vorliegt.

Der Klagende war seit 2013 als Tätowierer tätig. In seiner Einkommensteuererklärung 2019 hatte er seinen Gewinn als freiberufliche Einkünfte angegeben. Das Finanzamt war jedoch der Ansicht, dass es sich um Einkünfte aus Gewerbebetrieb handelt und setzte einen Gewerbesteuermessbetrag fest.

Argumentation des Klägers

  • Der Kläger sehe sich als Tattoodesigner und Tätowierkünstler.
  • Sein Arbeitsprozess sei eine kreative und eigenschöpferische Tätigkeit, bei der er keine vorgefertigten Motive verwende.
  • Jedes Tattoo werde individuell entworfen und nur ein einziges Mal gestochen.
  • Er nehme mit seinen Motiven an Ausstellungen und Wettbewerben teil, was den künstlerischen Charakter seiner Arbeit unterstreiche.

Argumentation des Finanzamts

  • Trotz kreativer Elemente sei die Tätigkeit handwerklich geprägt, da der Schwerpunkt auf der manuell-technischen Umsetzung liege.
  • Tätowierungen seien als Gebrauchskunst einzuordnen, die sich durch Auftrags- und Weisungsgebundenheit auszeichne.
  • Eine steuerrechtlich relevante künstlerische Tätigkeit liege daher nicht vor.

Entscheidung des Finanzgerichts Düsseldorf

Der 4. Senat gab der Klage statt und hob den Gewerbesteuermessbescheid auf. Das Gericht stellte fest, dass die Tätowierkunst des Klägers eine künstlerische Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG darstellt.

  1. Einstufung als zweckfreie Kunst
    • Die Tätowierungen des Klägers seien mit Gemälden vergleichbar, da ihnen kein Gebrauchswert jenseits der ästhetischen Gestaltung zukomme.
    • Die Einordnung als zweckfreie Kunst führe dazu, dass die Tätigkeit als künstlerisch einzustufen sei.
  2. Ungeeignetheit der Weisungsgebundenheit als Abgrenzungskriterium
    • Die Differenzierung zwischen Auftragsarbeiten und freier Kunst sei nicht entscheidend.
    • Auch auftragsgebundene Kunstwerke könnten als zweckfreie Kunst gelten.
  3. Gebrauchskunst als künstlerische Tätigkeit
    • Selbst wenn Tätowierungen als Gebrauchskunst einzustufen wären, handele es sich nach überzeugung des Senats um eine künstlerische Tätigkeit.
  4. Kunstfreiheit nach dem Grundgesetz
    • Eine Verneinung der Eigenschöpferischen Leistung eines Tätowierers würde einer unzulässigen Unterscheidung zwischen „hoher“ und „niederer“ Kunst gleichkommen.
    • Dies widerspräche dem grundgesetzlichen Schutz der Kunstfreiheit.

Auswirkungen auf die Praxis

  • Tätowierer können als Künstler anerkannt werden und müssen in diesem Fall keine Gewerbesteuer zahlen.
  • Die individuelle Gestaltung und Eigenschöpferische Leistung ist ein wesentliches Kriterium für die steuerrechtliche Anerkennung.
  • Weisungsgebundenheit ist kein ausreichendes Kriterium, um eine künstlerische Tätigkeit zu verneinen.
  • Dieses Urteil könnte weitreichende Auswirkungen auf die steuerliche Einordnung kreativer Berufe haben.

Fazit

Das FG Düsseldorf hat mit diesem Urteil eine wegweisende Entscheidung für die steuerliche Behandlung von Tätowierern getroffen. Die Einstufung als freiberufliche künstlerische Tätigkeit entlastet Betroffene von der Gewerbesteuer und stärkt die Anerkennung von Tätowierungen als Kunstform.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Revision wurde zugelassen.

Quelle: Finanzgericht Düsseldorf, Newsletter März 2025

Ernstliche Zweifel an einem Ansatz des Bodenrichtwerts für baureifes Land zur Ermittlung eines Grundsteuerwerts für ein in einem Landschaftsschutzgebiet belegenes Grundstück

FG Düsseldorf, Mitteilung vom 14.03.2025 zum Beschluss 11 V 2128/24 A (BG) vom 09.01.2025 (rkr)

Hintergrund des Verfahrens

Der 11. Senat des Finanzgerichts Düsseldorf hatte über einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung eines Grundsteuerwertbescheids zu entscheiden. Streitgegenständlich war die Bewertung eines 522 m² großen Grundstücks, das in einem Landschaftsschutzgebiet liegt.

Das Finanzamt hatte den Grundsteuerwert basierend auf einem Bodenrichtwert von 630 Euro pro Quadratmeter für baureifes Land festgesetzt. Der Antragsteller hielt diese Bewertung für unzutreffend, da das Grundstück nicht bebaubar sei und lediglich als Gartenfläche genutzt werde.

Argumentation des Antragstellers

  • Das Grundstück sei nicht bebaubar und werde als Gartenfläche genutzt.
  • Eine E-Mail des Gutachterausschusses der Stadt bestätige, dass für vergleichbare landwirtschaftliche Flächen mit der Nutzungsart Grünland ein Bodenrichtwert von 3,50 Euro pro Quadratmeter gelte.
  • Der Antragsteller beantragte daher, den Bodenrichtwert auf maximal 3,50 Euro pro Quadratmeter anzusetzen.

Entscheidung des Finanzgerichts

Das Finanzamt passte den Ansatz des Bodenrichtwerts während des Verfahrens teilweise an und setzte 78,25 Euro pro Quadratmeter an, entsprechend 12,5 % des Bodenrichtwerts für baureifes Land. Das Finanzamt argumentierte:

  • Das Grundstück sei keinem der vier Entwicklungszustände nach § 3 Abs. 1 bis 4 ImmowertV 2022 zuzuordnen.
  • Wenn vom Gutachterausschuss kein spezifischer Bodenrichtwert für solche Flächen ermittelt werde, sei der Grundsteuerwert gemäß § 247 Abs. 3 BewG abzuleiten.

Das Finanzgericht Düsseldorf gab dem Antragsteller weitgehend Recht und entschied, dass ein Bodenrichtwert von mehr als 10,50 Euro pro Quadratmeter nicht nachvollziehbar sei.

  • Die Fläche sei als „sonstige Fläche“ im Sinne des § 3 Abs. 5 ImmowertV 2022 einzustufen.
  • Es sei nicht erkennbar, wie das Finanzamt zu der Berechnung des Bodenrichtwerts gekommen sei.
  • Der Senat orientierte sich an literaturbasierten Bewertungsmethoden, die den zwei- bis vierfachen Wert von Grünland annehmen, und setzte den Wert auf 10,50 Euro pro Quadratmeter fest (dreifacher Grünland-Wert).

Fazit

  • Das FG Düsseldorf hat erhebliche Zweifel an der Anwendbarkeit des Bodenrichtwerts für baureifes Land auf nicht bebaubare Flächen.
  • Eine abstrakte Herleitung des Werts ohne klare Begründung ist nicht ausreichend.
  • Die Entscheidung könnte weitreichende Auswirkungen auf die Bewertung von Grundstücken in Landschaftsschutzgebieten haben.

Der Beschluss ist rechtskräftig.

Quelle: Finanzgericht Düsseldorf, Newsletter März 2025