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BMWE vereinfacht exist-Gründungsförderung – Weniger Bürokratie, digitale Verfahren und neue IP-Dealdatenbank

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat die Förderlandschaft für innovative Gründungen spürbar modernisiert. Mit umfangreichen Vereinfachungen im exist-Programm und der neuen IP-Dealdatenbank setzt das Ministerium ein klares Signal für mehr Effizienz, Transparenz und Gründerfreundlichkeit.

Parlamentarische Staatssekretärin und Mittelstandsbeauftragte Gitta Connemann MdB bringt es auf den Punkt:

„Gründerinnen und Gründer brauchen keine komplizierten Formulare und Antragsverfahren, sondern klare Prozesse und schnelle Entscheidungen.“

Die Neuerungen sollen Start-ups den Weg von der Idee zur Marktreife erheblich erleichtern.


1. Digitalisierung: Antragstellung vollständig online

Ein großer Schritt:
Das Schriftformerfordernis entfällt. Anträge können nun komplett digital eingereicht werden – ebenso werden Förderbescheide ausschließlich digital erteilt.

✔ Schnellere Bearbeitungszeiten
✔ Weniger Papier
✔ Moderne und zeitgemäße Verwaltungspraxis


2. Weniger Formulare, weniger Aufwand

Gerade zu Projektbeginn wurden Gründerinnen und Gründer bisher durch umfangreiche Formvorschriften belastet. Das ändert sich jetzt:

  • Die Anzahl der Antragsformulare im exist-Gründungsstipendium wurde halbiert.
  • Das Ideenpapier wurde deutlich verschlankt.

Damit sollen Barrieren abgebaut und der Zugang zur Förderung erleichtert werden.


3. Mehr Pauschalen statt Einzelabrechnungen

Ein weiterer Meilenstein für weniger Bürokratie:

  • Sachmittel können künftig pauschal beantragt und abgerechnet werden.
  • Beleglisten entfallen.

Dies gilt sowohl für das exist-Gründungsstipendium als auch für exist Women.
Ergebnis: Mehr Zeit für das Produkt – weniger Zeit für Formulare.


4. Vereinfachte Projektdurchführung

Auch während der Projektlaufzeit wird es einfacher:

  • Weniger Auflagen
  • Reduzierte Meilensteine
  • Weniger Dokumentationspflichten

Dies betrifft sowohl das exist-Gründungsstipendium als auch den exist-Forschungstransfer. Hochschulen und Teams profitieren gleichermaßen.


5. Bessere Kommunikation & neue Website

Eine klarere und einheitlichere Darstellung der Fördervoraussetzungen sowie eine nutzerfreundliche Website sollen dafür sorgen, dass Gründungsteams schneller verstehen, welche Schritte notwendig sind.


6. Neue IP-Dealdatenbank: Mehr Transparenz bei Patenten & Lizenzen

Besonders innovativ ist die neue vom BMWi beauftragte IP-Dealdatenbank, umgesetzt durch die TU Berlin.

Warum das wichtig ist:

Viele technologieorientierte Gründungen sind auf Patente und andere Schutzrechte angewiesen, die oft bei Hochschulen liegen. Die neue Datenbank soll:

  • Transparenz über Bewertungsmaßstäbe schaffen
  • den Wert von IP und Know-how besser verständlich machen
  • Verhandlungen beschleunigen
  • frühzeitig Klarheit für Investorengespräche schaffen
  • den bisher langwierigen IP-Übertragungsprozess deutlich verkürzen

Dies erleichtert den Übergang von der Forschung in den Markt – ein kritischer Schritt für Deep-Tech-Start-ups.


Fazit: Ein starkes Signal für ein modernes Gründungsökosystem

Mit den Neuerungen schafft das BMWi ein deutlich gründerfreundlicheres Umfeld:

✔ Digitalisierung statt Papierform
✔ Weniger Bürokratie
✔ Schnellere Entscheidungen
✔ Transparente IP-Prozesse
✔ Bessere Unterstützung für wissenschaftsbasierte Start-ups

Die Maßnahmen sind ein klares Bekenntnis zur Stärkung des Innovationsstandortes Deutschland.

Gewerbesteuer: Billigkeitsmaßnahmen für Wohnungsunternehmen bei Unterbringung von Ukraine-Geflüchteten (bis 2026)

Die Finanzverwaltungen der Länder haben gemeinsam mit dem Bundesministerium der Finanzen neue Billigkeitsregelungen veröffentlicht, die Wohnungsunternehmen steuerlich entlasten sollen, wenn sie Wohnraum oder Unterstützungsleistungen für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine bereitstellen. Grundlage ist ein koordinierter Ländererlass vom 24. November 2025 (FinMin Baden-Württemberg, FM3-G 1425-4/4).

Wir fassen die wichtigsten Punkte für die Praxis zusammen.


1. Hintergrund: Engagement der Wohnungswirtschaft

Viele Wohnungsunternehmen stellen seit Beginn des Ukraine-Krieges möblierte Wohnungen oder weitere Unterstützungsleistungen für Geflüchtete bereit. Grundsätzlich sind Einnahmen aus der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG gewerbesteuerlich begünstigt (erweiterte Kürzung).

Strittig ist jedoch oft, ob zusätzliche Leistungen – insbesondere möblierte Überlassungen – die Kürzung gefährden könnten.

Der neue Erlass schafft hier Klarheit.


2. Möblierte Wohnungsüberlassung bis Ende 2026 unschädlich

Für Einnahmen aus der entgeltlichen Überlassung von möbliertem Wohnraum an Ukraine-Geflüchtete gilt:

Bis zum 31. Dezember 2026 wird aus Billigkeitsgründen nicht geprüft, ob dadurch Gewerblichkeit begründet wird.

Das bedeutet:
Die erweiterte Kürzung bleibt erhalten, selbst wenn die Überlassung möblierter Wohnungen theoretisch den Rahmen der reinen Grundstücksverwaltung überschreiten könnte.


3. Unterstützungsleistungen: Erträge bis 5 % weiterhin unschädlich

Neben dem Wohnraum stellen viele Unternehmen weitere Leistungen wie z. B. zur Verfügung:

  • Nahrungsmittel
  • Hygieneartikel
  • Kleidung
  • sonstige Sachleistungen

Diese Erträge sind für die erweiterte Kürzung nur dann unschädlich, wenn:

  1. eine unmittelbare Vertragsbeziehung zwischen Wohnungsunternehmen und den geflüchteten Mietern besteht, und
  2. die Erträge im Wirtschaftsjahr nicht höher als 5 % der Einnahmen aus der Überlassung des gesamten Grundbesitzes sind (§ 9 Nr. 1 Satz 3 Buchst. c GewStG).

Damit wird verhindert, dass umfangreiche Nebenleistungen die Grundstücksverwaltung steuerlich in Gewerblichkeit überführen.


4. Vermietung an Kommunen: Flüchtlinge gelten als „mittelbare Mieter“

Viele Wohnungsunternehmen vermieten Wohnungen nicht direkt, sondern:

  • an Gemeinden,
  • Landkreise,
  • oder andere juristische Personen des öffentlichen Rechts.

Diese überlassen den Wohnraum anschließend an Ukraine-Geflüchtete.

Der Erlass stellt klar:

Für die Jahre 2022 bis 2026 gelten die Geflüchteten aus Billigkeitsgründen als mittelbare Mieter des Grundstücksunternehmens.

Damit wird die 5-%-Grenze des § 9 Nr. 1 Satz 3 Buchst. c GewStG nicht verletzt, obwohl die Personen formal nicht in einem unmittelbaren Mietverhältnis stehen.


5. Geltungszeitraum und Rechtsgrundlage

  • Die Billigkeitsmaßnahmen gelten für die Veranlagungszeiträume 2022 bis 2026.
  • Die Regelungen wurden länderübergreifend abgestimmt und im Einvernehmen mit dem BMF veröffentlicht.

Damit besteht bundesweit eine einheitliche Verwaltungsauffassung.


6. Fazit: Rechtssicherheit für Wohnungsunternehmen

Die neuen Billigkeitsregelungen schaffen dringend benötigte Sicherheit:

✔ Möblierte Überlassung bleibt bis 2026 unschädlich
✔ Zusätzliche Leistungen bleiben bis 5 % der Mieteinnahmen zulässig
✔ Vermietungen an Kommunen gelten als mittelbare Vermietung an die Geflüchteten

Für Wohnungsunternehmen und Immobiliengesellschaften bedeutet das:
Keine Gefahr für die erweiterte Kürzung – trotz zusätzlicher Unterstützungsleistungen.

Digitale Steuerbescheide ab 2026: Was sich wirklich ändert – und wo der Gesetzgeber zurückrudert

Die Digitalisierung der Steuerverwaltung schreitet voran – allerdings nicht so schnell, wie ursprünglich geplant. Der Deutsche Steuerberaterverband (DStV) informiert über wichtige Änderungen bei der Bekanntgabe von Verwaltungsakten ab 2026. Besonders relevant: Die Pflicht der Finanzbehörden, digitale Bescheide auszustellen, wurde um ein Jahr verschoben.

Wir zeigen, was ab 2026 gilt, was erst 2027 kommt und worauf Steuerpflichtige und Berater jetzt achten sollten.


1. Hintergrund: Gesetzgeber korrigiert eigenen Zeitplan

Im Herbst 2024 hatte der Bundestag die weitreichende Reform der elektronischen Bekanntgabe beschlossen. Kurz vor dem Starttermin hat das Parlament jedoch im Rahmen des Gesetzes zur Anpassung des Mindeststeuergesetzes am 13. November 2025 nachgebessert – weitgehend unbeachtet in der Öffentlichkeit.

Die geplanten Neuregelungen werden nun nur teilweise umgesetzt:

  • Die vollständige Umstellung auf digitale Bescheide wird verschoben.
  • Der Starttermin für die Pflicht zur elektronischen Bereitstellung wird von 2026 auf 2027 verlegt.
  • Die Möglichkeit, digitale Bescheide ohne Einwilligung zuzustellen, bleibt bereits ab 2026 bestehen.

Der Bundesrat wird die Änderungen voraussichtlich noch 2025 bestätigen.


2. § 122a AO neu: Digitale Bekanntgabe ohne Einwilligung

Die überarbeitete Fassung des § 122a AO legt fest:

Finanzbehörden dürfen Verwaltungsakte digital durch Bereitstellung zum Datenabruf bekannt geben – ohne Einwilligung des Steuerpflichtigen.

Dieser Grundsatz gilt bereits ab 2026.

Das bedeutet:

  • Steuerbescheide können elektronisch im ELSTER-Postfach oder über angebundene Schnittstellen bereitgestellt werden.
  • Der Steuerpflichtige muss hierfür nicht mehr vorher zustimmen.
  • Die Finanzverwaltung entscheidet selbst, ob sie den Bescheid digital oder in Papierform versendet.

3. Pflicht zur elektronischen Bereitstellung kommt erst ab 2027

Ursprünglich sollte gelten:

Wenn eine Steuererklärung elektronisch übermittelt wurde, muss der Steuerbescheid ab 2026 ebenfalls elektronisch bereitgestellt werden.

Doch diese Pflicht verschiebt der Gesetzgeber auf 2027.

Damit entsteht für 2026 eine Übergangssituation:

  • Finanzämter dürfen digitale Bescheide bekannt geben.
  • Sie müssen es aber noch nicht.
  • Steuerpflichtige müssen mit beiden Zustellformen rechnen – digital und Papier.

Der DStV kritisiert diese einseitige Verschiebung zugunsten der Finanzverwaltung deutlich.


4. Widerspruchsrecht: Papier bleibt auf Antrag möglich

Trotz Digitalisierung bleibt die Papierform weiterhin bestehen – wenn der Steuerpflichtige dies verlangt.

Wichtiges zum Antrag:

  • Der Widerspruch gegen digitale Zustellung ist formlos,
  • ohne Begründung,
  • ab sofort möglich,
  • gilt aber nur für zukünftige Bescheide.

Eine rückwirkende Änderung ist ausgeschlossen.


5. Was bedeutet das für 2026 in der Praxis?

Steuerpflichtige und Berater sollten sich auf Folgendes einstellen:

  • Bescheide können digital oder per Post kommen.
  • Es besteht das Risiko, dass digitale Bescheide übersehen werden – mit Auswirkungen auf Einspruchsfristen.
  • Kanzleien müssen ihre internen Prozesse prüfen:
    • Posteingang überwachen
    • ELSTER-Postfächer regelmäßig abrufen
    • Mandanten informieren
  • Eine Einwilligung zum digitalen Bescheid ist aktuell noch möglich – aber unklar ist, wie lange dies von den Finanzämtern akzeptiert wird.

Wer sicherstellen möchte, ab 2026 digitale Bescheide zu erhalten, sollte frühzeitig Kontakt zum Finanzamt aufnehmen.


6. Empfehlungen des DStV

Der Deutsche Steuerberaterverband rät:

  • Jetzt bereits digitale Prozesse implementieren oder optimieren.
  • Automatisierte Abrufe und Fristenkontrollen einrichten.
  • Mandanten aktiv über die neue Rechtslage informieren.
  • Bei Bedarf frühzeitig eine Einwilligung oder einen Widerspruch zur Zustellform erklären.

Der DStV wird die Umsetzung weiter beobachten und über technische oder verfahrensrechtliche Änderungen berichten.


Fazit

Ab 2026 wird die digitale Bekanntgabe von Steuerbescheiden Realität – aber nicht in voller Breite. Die Pflicht zur elektronischen Zustellung wird auf 2027 verschoben, während die Finanzämter schon ab 2026 nach eigenem Ermessen digital zustellen dürfen.

Für Steuerpflichtige bedeutet das:

  • Mehr Unsicherheit,
  • mehr Verantwortung,
  • aber auch mehr Chancen, Prozesse zu digitalisieren.

Wer rechtzeitig vorbereitet ist, profitiert vom reibungsloseren Ablauf und geringeren Papieraufwand.

EU aktualisiert Steuerabkommen mit Schweiz, Liechtenstein, Andorra, Monaco und San Marino – mehr Transparenz und neues Regelwerk ab 2026

Der Rat der Europäischen Union hat am 20. November 2025 wichtige Aktualisierungen der bestehenden Steuerkooperationsabkommen mit fünf Drittstaaten beschlossen: Schweiz, Liechtenstein, Andorra, Monaco und San Marino. Die neuen Protokolle schaffen einen modernen, erweiterten Rahmen für Transparenz, Informationsaustausch und Zusammenarbeit im Kampf gegen Steuerhinterziehung.

Mehr Transparenz: Erweiterter Informationsaustausch

Die überarbeiteten Abkommen spiegeln die neuesten internationalen Standards der OECD wider. Ein zentraler Bestandteil ist die Erweiterung des automatischen Informationsaustauschs:

  • E-Geld-Produkte
  • Digitale Währungen / Krypto-Assets

Damit geht die EU einen weiteren Schritt hin zu vollständiger Transparenz bei Finanzkonten – auch über klassische Bankkonten hinaus.

Durch die neuen technischen und rechtlichen Vorgaben sollen Steuerbehörden künftig deutlich umfassendere und aktuellere Daten erhalten.

Neuer Rahmen für Zusammenarbeit bei Mehrwertsteuer und Steuerbetrug

Die Protokolle schaffen zudem einen neuen Kooperationsrahmen in folgenden Bereichen:

  • Beitreibung der Mehrwertsteuer (MwSt.)
  • Bekämpfung von Steuerbetrug
  • Bekämpfung von Steuerhinterziehung

Dieser Bereich war bisher in den bilateralen Verträgen nicht oder nur eingeschränkt geregelt. Die neue Struktur soll die Zusammenarbeit spürbar verbessern – insbesondere bei komplizierten grenzüberschreitenden Fällen.

Verschärfte Sorgfalts- und Meldepflichten

Mit den neuen Abkommen werden die Anforderungen an Finanzinstitute sowie andere meldepflichtige Akteure deutlich verschärft:

  • Ausbau der Due-Diligence-Pflichten
  • Schnellere und vollständigere Meldeverfahren
  • Effizientere Nutzung der gemeldeten Informationen durch Steuerbehörden

Ziel ist es, dass Behörden schneller reagieren und potenzielle Risiken frühzeitig erkennen können.

Inkrafttreten zum 1. Januar 2026

Die überarbeiteten Abkommen sollen am 1. Januar 2026 in Kraft treten. Bis dahin werden die technischen und rechtlichen Voraussetzungen geschaffen.

Darüber hinaus kündigte der Rat an, dass die EU ihre steuerpolitische Zusammenarbeit mit der Schweiz weiter vertiefen will – ein Hinweis auf mögliche weitere Modernisierungen oder neue Initiativen.

Fazit

Mit der Aktualisierung der Abkommen stärkt die EU ihre internationale Steuertransparenz und erweitert den Anwendungsbereich auf moderne Finanzprodukte wie E-Geld und digitale Währungen. Für Steuerpflichtige und Finanzinstitutionen bedeutet dies mehr Pflichten, aber auch mehr Rechtssicherheit im grenzüberschreitenden Informationsaustausch.

Landesrechtliches Verbot einer kommunalen Übernachtungsteuer ist verfassungsgemäß – Bayerischer Verfassungsgerichtshof weist Popularklage ab

Der Bayerische Verfassungsgerichtshof (BayVerfGH) hat mit Entscheidung vom 14. November 2025 (Az. Vf. 3-VII-23) bestätigt, dass der Freistaat Bayern Kommunen weiterhin verbieten darf, eine kommunale Übernachtungsteuer – oft auch „Bettensteuer“ oder „City Tax“ genannt – zu erheben. Die von der Landeshauptstadt München sowie zwei weiteren bayerischen Städten eingereichte Popularklage blieb damit ohne Erfolg.

Hintergrund: Gesetzliche Erweiterung des Steuerverbots 2023

Der bayerische Landesgesetzgeber hatte im März 2023 den Katalog unzulässiger kommunaler Verbrauch- und Aufwandsteuern in Art. 3 Abs. 3 Satz 1 KAG erweitert. Die Übernachtungsteuer wurde ausdrücklich als unzulässige Steuerart aufgenommen und damit landesweit ausgeschlossen.

Mehrere Großstädte in Bayern wehrten sich gegen diese Regelung. Sie sahen darin einen Eingriff in ihre kommunale Finanzhoheit und damit eine Verletzung des Selbstverwaltungsrechts nach Art. 11 Abs. 2 Satz 2 und Art. 83 Abs. 2 Satz 2 der Bayerischen Verfassung (BV).

Entscheidung des Gerichts: Kein Verstoß gegen die Bayerische Verfassung

Der Verfassungsgerichtshof wies die Popularklage jedoch als unbegründet ab. Die Kernaussagen:

1. Keine originäre Besteuerungskompetenz der Gemeinden betroffen

Die Gemeinden verfügen nicht über eine originäre Kompetenz, örtliche Aufwandsteuern nach Belieben einzuführen. Ihre Steuerhoheit ist abgeleitet und kann vom Landesgesetzgeber ausgestaltet oder eingeschränkt werden.

Das landesrechtliche Verbot der Übernachtungsteuer verletzt daher nicht den Kernbereich der gemeindlichen Finanzautonomie.

2. Kernbereich der Finanzhoheit bleibt unberührt

Das Gericht stellte fest, dass das Verbot keine unzulässige Einschränkung der kommunalen Selbstverwaltung darstellt. Die wichtigsten Einnahmequellen wie Grundsteuer, Gewerbesteuer oder kommunale Gebühren bleiben unberührt.

Eine Übernachtungsteuer sei eine zusätzliche Option, nicht aber ein verfassungsrechtlich garantierter Bestandteil kommunalen Finanzhandelns.

3. Verbot ist nicht unverhältnismäßig

Auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit ist das Verbot verfassungsgemäß:

  • Der Landesgesetzgeber darf für einheitliche wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen sorgen.
  • Die Regelung verhindert Flickenteppiche verschiedener Steuerarten innerhalb Bayerns.
  • Der Eingriff in die kommunalen Gestaltungsmöglichkeiten ist gering und sachlich gerechtfertigt.

Bedeutung für Kommunen und Tourismuswirtschaft

Das Urteil schafft Rechtssicherheit:
Bayerische Gemeinden dürfen weiterhin keine Übernachtungsteuer erheben – unabhängig vom Tourismusaufkommen oder eigenen Einnahmeinteressen.

Für die Tourismus- und Hotelbranche bedeutet das eine stabile und einheitliche Rechtslage in Bayern. Unternehmen müssen keine zusätzlichen lokalen Belastungen befürchten, wie sie in anderen Bundesländern existieren.

Ausblick

Während Städte wie München sich zusätzliche Einnahmequellen im Bereich des Städtetourismus erhofft hatten, wird der Freistaat Bayern an seinem restriktiven Kurs festhalten. Der BayVerfGH hat deutlich gemacht, dass der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Kommunalabgabenrechts einen weiten Gestaltungsspielraum besitzt.


Quelle: Bayerischer Verfassungsgerichtshof, Pressemitteilung vom 21.11.2025

Aktivrente: Was die Bundesregierung plant und wie das Modell funktionieren soll

Der demografische Wandel stellt Deutschland vor erhebliche Herausforderungen. Immer mehr Menschen erreichen das Rentenalter, während gleichzeitig die geburtenstarken Jahrgänge der Baby-Boomer aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden. Die Folge: Ein zunehmender Fachkräftemangel, der bereits heute zahlreiche Branchen belastet und künftig noch stärker zu spüren sein dürfte.

Um diesem Trend entgegenzuwirken und das vorhandene Arbeitspotenzial der älteren Generation besser zu nutzen, plant die Bundesregierung die Einführung der sogenannten Aktivrente.


Was möchte die Bundesregierung mit der Aktivrente erreichen?

Die Aktivrente soll Anreize schaffen, über das reguläre Renteneintrittsalter hinaus weiterzuarbeiten. Die Bundesregierung reagiert damit auf zwei Entwicklungen:

  • Überalterung der Gesellschaft und steigende Lebenserwartung
  • Akuter Fachkräftemangel in nahezu allen Wirtschaftsbereichen

Durch die Aktivrente sollen ältere Menschen, die weiterhin arbeiten möchten oder können, steuerlich entlastet werden. Laut Berechnungen könnten dadurch rund 168.000 Rentner zusätzlich für den Arbeitsmarkt gewonnen werden – ein bedeutender Beitrag zur Entlastung der deutschen Wirtschaft.


Wie soll die Aktivrente funktionieren?

Kern der Reform ist ein steuerlicher Freibetrag für Beschäftigte im Rentenalter:

✔ Steuerfreie Einkünfte bis 2.000 Euro pro Monat

Rentnerinnen und Rentner dürfen nach Erreichen des Regelrenteneintrittsalters bis zu 2.000 Euro monatlich steuerfrei aus einer nichtselbstständigen Beschäftigung hinzuverdienen.

✔ Versteuerung nur des darüber hinausgehenden Einkommens

Jeder Euro über dieser Grenze unterliegt der normalen Besteuerung.

✔ Arbeitgeber zahlen weiterhin Sozialversicherungsbeiträge

Auch wenn der arbeitende Rentner selbst keine eigenen Arbeitnehmerbeiträge mehr leistet, soll der Arbeitgeber die vollen Sozialversicherungsbeiträge tragen.
Damit sollen die Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung finanziell gestärkt werden.

✔ Generationen- und Verteilungsgerechtigkeit

Die Bundesregierung betont, dass die Aktivrente sowohl die Sozialkassen stabilisiert als auch die Belastung zwischen den Generationen fairer verteilt.


Welche Einkünfte sind nicht betroffen?

Einige Einkommensarten fallen nicht unter die Aktivrente:

  • Geringfügige Beschäftigungen (Minijobs)
    → Hier gelten bereits heute steuerliche Vergünstigungen.
  • Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit
    → Für diese Tätigkeiten sollen keine zusätzlichen Anreize geschaffen werden.

Damit richtet sich die Aktivrente vor allem an arbeitnehmerähnliche Beschäftigungen, bei denen ein echter Mehrwert für die Wirtschaft durch Erfahrung und Fachwissen erzielt werden kann.


Fazit: Ein Modell mit klaren Zielen – aber auch offenen Fragen

Die Aktivrente soll ältere Menschen entlasten, die bereit sind, weiterzuarbeiten, und gleichzeitig die Arbeitskräftebasis der deutschen Wirtschaft stärken. Das Konzept liefert steuerliche Anreize und stärkt zusätzlich die Sozialversicherungen.

Wie stark die Aktivrente tatsächlich genutzt wird – und wie groß der Beitrag zur Lösung des Fachkräftemangels sein kann – wird jedoch maßgeblich davon abhängen, wie attraktiv Arbeitgeber entsprechende Arbeitsplätze gestalten.

Neue Regeln für Bewirtungsaufwendungen ab 2025: BMF passt Nachweispflichten an E-Rechnung an

Mit Schreiben vom 19.11.2025 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) die Anforderungen an den steuerlichen Nachweis von Bewirtungsaufwendungen neu gefasst. Grund ist die Einführung der verpflichtenden E-Rechnung für Umsätze zwischen inländischen Unternehmern ab dem 1. Januar 2025.

Das neue Schreiben ersetzt das bisherige BMF-Schreiben vom 30. Juni 2021 und gilt für alle Bewirtungen ab dem 1. Januar 2025. Für Bewirtungen bis 31.12.2024 bleibt das alte Schreiben anwendbar.


Was bleibt unverändert?

Die Grundsätze des Betriebsausgabenabzugs nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG und R 4.10 EStR bleiben bestehen:

✔ Nur geschäftliche Bewirtungen sind zu 70 % als Betriebsausgabe abziehbar.
✔ Die Bewirtung muss angemessen sein.
✔ Der Bewirtungsbeleg bleibt erforderlich.
✔ Zusätzlich muss der Steuerpflichtige Anlass, Teilnehmer und die Höhe der Aufwendungen zeitnah und schriftlich dokumentieren.


Was ist neu durch die E-Rechnung?

Durch die verpflichtende E-Rechnung ergeben sich wichtige Änderungen beim Bewirtungsnachweis:

1. Bewirtungsbeleg = E-Rechnung

Bei Bewirtungen mit einem gastronomischen Unternehmer muss der Bewirtungsbeleg nun grundsätzlich:

➡️ eine E-Rechnung nach EN 16931 sein
(also eine strukturiert maschinenlesbare Rechnung, typischerweise im XRechnung- oder ZUGFeRD-Format).

2. Papierrechnungen sind nur noch in Ausnahmefällen möglich

Eine Papier- oder PDF-Rechnung ist nur noch zulässig, wenn:

  • der Bewirtungsbetrieb Kleinunternehmer ist,
  • ein gesetzlicher Ausnahmetatbestand greift, oder
  • es sich um Umsätze handelt, für die keine E-Rechnungspflicht besteht.

3. Elektronischer Bewirtungsbeleg muss aufbewahrt werden

Unternehmer müssen künftig:

✔ die E-Rechnung digital speichern,
✔ sicherstellen, dass sie unveränderbar archiviert wird,
✔ die Rechnung elektronisch in der Buchführung verarbeiten.

Der klassische Bewirtungsbeleg in Papierform ist ab 2025 regelmäßig nicht mehr ausreichend.


Was passiert mit dem handschriftlichen Bewirtungsbogen?

Der „Bewirtungsbogen“ bleibt weiterhin erforderlich – allerdings:

➡️ Anlass, Teilnehmer und geschäftlicher Kontext dürfen digital oder schriftlich ergänzt werden.
➡️ Die Hinweise müssen zeitnah erfolgen (Grundsatz: innerhalb von 10 Tagen).

Die bisherige Kombination
Papierrechnung + handschriftlicher Bewirtungsnachweis
wird ab 2025 regelmäßig ersetzt durch:

E-Rechnung + digitaler/analoger Bewirtungsnachweis


Praxishinweise für Unternehmen

Restaurant darüber informieren, dass eine E-Rechnung benötigt wird.
Buchhaltungssoftware und DMS prüfen, ob E-Rechnungen verarbeitet werden können.
✔ Bewirtungsrichtlinie im Unternehmen aktualisieren.
✔ Regelungen für Mitarbeiter (z. B. auf Geschäftsreisen) anpassen.
✔ Falls das Restaurant nur Papier- oder PDF-Rechnungen ausstellt:
→ prüfen, ob ein Ausnahmefall vorliegt – sonst kein Betriebsausgabenabzug möglich.


Fazit

Die Einführung der E-Rechnung hat nun auch unmittelbare Auswirkungen auf die Bewirtungsaufwendungen. Unternehmen müssen darauf achten, dass ab 2025:

🔹 eine ordnungsgemäße E-Rechnung vorliegt

🔹 der Bewirtungsnachweis weiterhin vollständig geführt wird

🔹 die digitale Archivierung den GoBD entspricht

Nur dann können die Aufwendungen weiterhin steuerlich berücksichtigt werden.

BFH: Aufteilung des Kaufpreises bei denkmalgeschützten Immobilien – Ertragswertverfahren auch bei Denkmalschutz zulässig

Mit Urteil vom 7. Oktober 2025 (Az. IX R 26/24) hat der Bundesfinanzhof klargestellt, wie ein Gesamtkaufpreis für eine denkmalgeschützte Immobilie aufzuteilen ist, um die Bemessungsgrundlage für die Absetzung für Abnutzung (AfA) korrekt zu bestimmen. Das Urteil schafft Rechtssicherheit für Anleger, Vermieter und Berater – insbesondere im Bereich der steuerlich oft attraktiven Denkmalimmobilien.


1. Kernaussage: Gesamtkaufpreis muss zwingend aufgeteilt werden

Wird eine denkmalgeschützte Immobilie zu einem Gesamtkaufpreis erworben, gilt weiterhin:

➡️ Eine Aufteilung in Grund und Boden sowie Gebäude ist zwingend erforderlich, da nur der Gebäudeanteil der AfA unterliegt.

Der BFH konkretisiert das Vorgehen:

Schritte der Kaufpreisaufteilung:

  1. Bodenwert und Gebäudewert sind zunächst separat zu ermitteln.
  2. Anschlagsweise Multiplikation oder freie Schätzwerte reichen nicht aus.
  3. Erst danach sind die Anschaffungskosten im Verhältnis dieser Wertanteile aufzuteilen.

Damit bestätigt der BFH seine bisherige Linie zur Kaufpreisaufteilung, wendet diese aber nun ausdrücklich auch auf denkmalgeschützte Objekte an.


2. Ertragswertverfahren ist auch bei Denkmalschutz zulässig

Ein entscheidender Punkt des Urteils:

➡️ Das allgemeine Ertragswertverfahren (§ 28 ImmoWertV 2021) ist auch bei einer Denkmalimmobilie ein zulässiges Wertermittlungsverfahren.

Das ist bemerkenswert, denn bei denkmalgeschützten Gebäuden wird häufig argumentiert, dass:

  • Mietbindungen,
  • hohe Sanierungskosten oder
  • Verwendungsrestriktionen durch die Denkmalpflege

eine ertragswertorientierte Bewertung unpassend machen könnten.

Der BFH stellt klar:

✔ Das Ertragswertverfahren bleibt ein reguläres und zulässiges Instrument,
✔ selbst wenn Denkmalschutz zu höheren Aufwendungen und Einschränkungen führt,
✔ solange die Grundsätze der ImmoWertV eingehalten werden.

Optional können natürlich auch Vergleichs- oder Sachwertverfahren angewendet werden – aber das Ertragswertverfahren darf nicht pauschal ausgeschlossen werden.


3. Warum das Urteil wichtig ist

Für Eigentümer und Investoren:

  • Mehr Rechtssicherheit bei steuerlichen Gestaltungen
  • Höhere Transparenz bei der Kaufpreisaufteilung
  • Klarer Rahmen für AfA-Bemessungsgrundlagen

Für Denkmal-Objekte:

  • Auch hier bleibt der Bodenwert nicht AfA-fähig
  • Der Gebäudeanteil wird durch das Ertragswertverfahren oft niedriger,
    was wiederum AfA-Potential realistisch abbildet
  • Gleichzeitig verhindert das Urteil steuerliche Überhöhungen im Gebäudewert

Für Finanzämter und Berater:

  • Bewertungsgutachten müssen nachvollziehbar und methodisch korrekt sein
  • „vereinfachte“ oder pauschale Kaufpreisaufteilungen sind angreifbar
  • Die Bodenrichtwerte und marktkonformen Gebäudemieten bleiben zentrale Faktoren

4. Praktische Hinweise für die Beratung

Bewertungsgutachten sollten methodisch sauber nach ImmoWertV aufgebaut sein.
Bei Denkmalobjekten zusätzlich:

  • Berücksichtigung denkmalbedingter Auflagen
  • potenzielle Einschränkungen bei Modernisierung
  • Mietpreisgestaltung und Bewirtschaftungskosten
    Frühzeitige Abstimmung mit Finanzamt sinnvoll, insbesondere bei großen Sanierungsobjekten.
    Anschaffungskostenbelege, Gutachten und Aufteilungsdokumentation sorgfältig archivieren – wichtig bei Betriebsprüfung.

5. Fazit

Der BFH stärkt die Rechtssicherheit bei der steuerlichen Behandlung von Denkmalimmobilien:
Auch für geschützte Objekte ist das Ertragswertverfahren ein vollwertiges Mittel zur Kaufpreisaufteilung – und die strenge Linie zur zwingenden Trennung von Boden- und Gebäudewert wird bestätigt.

Für Anleger in Denkmalimmobilien bedeutet das:

➡️ Keine Sonderregelungen im Bewertungsverfahren
➡️ Transparente und nachvollziehbare Aufteilungsmethodik
➡️ Klare AfA-Bemessungsgrundlagen

Ein wichtiges Urteil für den Immobilienmarkt – und ein weiteres Signal für die Harmonisierung der Bewertungspraxis.

BMF legt Entwurf für neue Zurechnungsbesteuerung bei ausländischen Familienstiftungen vor

Mit Schreiben vom 18. November 2025 hat das Bundesministerium der Finanzen den Entwurf einer umfassenden Neu­fassung des § 15 AStG veröffentlicht. Die Regelung betrifft die sog. Zurechnungsbesteuerung bei ausländischen Familienstiftungen – ein Bereich, der seit Jahrzehnten steuerlich besonders sensibel und beratungsintensiv ist.

Der Entwurf steht bis 15. Januar 2026 zur Stellungnahme und soll die Zurechnungsbesteuerung an die seit 2021 reformierte Hinzurechnungsbesteuerung (§§ 7 ff. AStG) angleichen.

Zielsetzung des BMF:
➡️ Vereinheitlichung, Vereinfachung, Missbrauchsabwehr und höhere Rechtssicherheit


1. Hintergrund: Reformbedarf seit ATAD-Umsetzungsgesetz

Die Zurechnungsbesteuerung existiert seit 1972 und erfasst Einkünfte aus ausländischen Familienstiftungen, die deutschen Begünstigten zugerechnet werden. Seit der Reform der Hinzurechnungsbesteuerung (2021) war die Regelung des § 15 AStG systematisch nicht mehr konsistent.

Der neue Entwurf soll diese Inkonsistenzen beseitigen – durch:

  • Annäherung an die CFC-Regeln (Hinzurechnungsbesteuerung),
  • Niedrigsteuergrenzen,
  • Einbeziehung mittelbarer Berechtigungen,
  • präzisere Missbrauchsvermeidung,
  • und eine Modernisierung des Entlastungsnachweises nach EuGH- und BFH-Rechtsprechung.

2. Die wichtigsten Reformelemente im Überblick

1) Systematische Annäherung an die Hinzurechnungsbesteuerung (§§ 7 ff. AStG)

✔ Einbeziehung unmittelbarer und mittelbarer Bezugs- und Anfallsberechtigungen
✔ Einführung einer Niedrigsteuergrenze von 15 %
✔ Anwendung des Kürzungsbetrags nach § 11 AStG unter stiftungsspezifischen Anpassungen

Damit wird die Familienstiftung mehr wie eine ausländische kontrollierte Gesellschaft behandelt.


2) Neue Definition des „Anteils“

Der Anteil der Zurechnung richtet sich künftig nach:

➡️ dem gemeinen Wert der übertragenen Vermögenswerte und Berechtigungen

Dies schafft eine einheitlichere und nachvollziehbare Bemessungsgrundlage für die Zurechnung.


3) Ausweitung des Stiftungsbegriffs durch Einbeziehung nahestehender Personen

§ 15 Abs. 2 AStG/E erfasst künftig auch Stiftungen, bei denen nahestehende Personen an Vermögensübertragungen oder Begünstigungen beteiligt sind.

👉 Das schließt Gestaltungsmöglichkeiten durch Zwischenschaltung von Verwandten oder „freundschaftlichen“ Zuwendungsträgern.


4) Straffung der Vorschrift

  • Streichung des § 15 Abs. 3 AStG (Unternehmerstiftungen)
  • Zusammenführung und Umnummerierung mehrerer Absätze
  • Vereinfachte Struktur und weniger Redundanzen

5) Neuer Entlastungsnachweis (ehemals Abs. 6)

Der Entlastungsnachweis wird:

✔ an die EuGH-Rechtsprechung angepasst (insbesondere zu Grundfreiheiten)
✔ auf Drittstaaten erweitert
✔ stärker am Konzept „tatsächliche wirtschaftliche Tätigkeit“ ausgerichtet

Damit können Stiftungen, die real wirtschaftlich tätig sind, eine Unionsrechtskonforme Ausnahme von der Zurechnungspflicht erreichen.


6) Fortführung des Systems bei Zwischengesellschaften

Wie bisher gilt:

  • Nachgeschaltete ausländische Gesellschaften → Einkünfte werden zuerst der Familienstiftung zugerechnet
  • Danach erfolgt die Weiterzurechnung nach § 15 Abs. 1 AStG/E an die inländischen Begünstigten

Dieses Grundprinzip bleibt unverändert.


3. Bedeutung für die Praxis

Für Steuerpflichtige / Begünstigte:

  • potenziell erhöhte Steuerlast, wenn die Niedrigsteuergrenze greift
  • größere Transparenzanforderungen
  • Nachweispflichten für echte wirtschaftliche Aktivitäten im Ausland

Für Stifter / Familienunternehmer:

  • Einschränkung von Gestaltungsmodellen
  • höhere Anforderungen an Satzungsgestaltung und Stiftungsorganisation
  • Gefahr der Steuerpflicht trotz DBA durch Vorrang des AStG

Für Berater:

  • umfassender Anpassungsbedarf bei bestehenden Strukturen
  • Notwendigkeit von Stiftungs-Compliance-Prüfungen
  • Monitoring der finalen Gesetzesfassung zwingend

4. Fazit

Der Entwurf modernisiert die Zurechnungsbesteuerung grundlegend und rückt sie näher an die CFC-Regeln heran. Für viele ausländische Familienstiftungsstrukturen bedeutet dies:

➡️ mehr Zurechnung, weniger Steuerfreiheit, höhere Dokumentationsanforderungen.

Die geplante Niedrigsteuergrenze von 15 % und die erweiterte Einbeziehung nahestehender Personen schließen zahlreiche bisherige Gestaltungsmöglichkeiten.

Berater und Betroffene sollten frühzeitig prüfen:

  • Welche Stiftungen betroffen sind
  • Ob Anpassungen der Stiftungsstruktur erforderlich sind
  • Welche Nachweise künftig geführt werden müssen
  • Ob Einspruchs- oder Vertrauensschutzfragen relevant werden

BFH legt dem EuGH die „Switch-over“-Klausel des § 20 Abs. 2 AStG vor: Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit?

Mit Beschluss vom 3. Juni 2025 (Az. IX R 39/21) hat der Bundesfinanzhof eine zentrale Frage des internationalen Steuerrechts dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt. Im Fokus steht die sogenannte „Switch-over“-Klausel des § 20 Abs. 2 AStG, die die Freistellungsmethode durch die Anrechnungsmethode ersetzt – selbst wenn ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) eigentlich die Freistellung vorsieht.

Der BFH möchte klären lassen, ob diese Regelung gegen die europäische Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) verstößt.


1. Worum geht es bei der Switch-over-Klausel?

Nach § 20 Abs. 2 AStG gilt:

  • Einkünfte aus einer ausländischen Betriebsstätte werden
    nicht freigestellt,
    → sondern lediglich angerechnet,
  • wenn bestimmte Niedrigsteuer- oder Aktivitätskriterien erfüllt sind.

Damit hebelt das AStG die im DBA vorgesehene Freistellungsmethode einseitig aus. Die Folge kann sein:

➡️ höhere Gesamtsteuerbelastung bei Auslandstätigkeiten
➡️ administrativer Mehraufwand
➡️ potenziell unerwünschte Wettbewerbsnachteile


2. Die Vorlagefrage: Ungleichbehandlung von Betriebsstätten vs. Kapitalgesellschaften

Der BFH sieht einen möglichen Verstoß gegen Art. 49 AEUV, weil:

  • ein Steuerpflichtiger mit einer ausländischen Betriebsstätte keine Möglichkeit erhält, nachzuweisen,
    dass er im Aufnahmestaat real wirtschaftlich tätig ist.
  • dagegen hat ein Steuerpflichtiger, der eine ausländische Kapitalgesellschaft gründet,
    diese Nachweismöglichkeit sehr wohl.

➜ Die Frage an den EuGH lautet:

Darf ein Mitgliedstaat die Freistellung nach dem DBA verweigern, ohne dem Betriebsstätteninhaber dieselben Nachweismöglichkeiten einzuräumen wie einem Kapitalgesellschaftsinhaber?


3. Warum ist die Frage europarechtlich relevant?

Die zentrale europarechtliche Figur ist die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV):

  • Sie schützt Investitionen und dauerhafte wirtschaftliche Tätigkeiten in anderen EU-Staaten.
  • Beschränkungen sind nur zulässig, wenn sie
    → verhältnismäßig,
    → nicht diskriminierend,
    → und europarechtskonform ausgestaltet sind.

Der BFH hegt Zweifel, ob die deutsche Switch-over-Regel:

❌ sachgerecht unterscheidet,
❌ verhältnismäßig ist,
❌ und insbesondere nicht zu ungerechtfertigten Binnenmarktbeschränkungen führt.


4. Mögliche Auswirkungen für Steuerpflichtige

Wenn der EuGH die Klausel für unionsrechtswidrig hält:

✔ Steuerpflichtige könnten sich auf das DBA berufen → Freistellung statt Anrechnung
weniger Steuerlast bei ausländischen Betriebsstätten
✔ Mehr Planungssicherheit für grenzüberschreitende Geschäftsmodelle
✔ Mögliche Rückwirkungen auf vergangene Veranlagungen

Wenn der EuGH die Klausel billigt:

❗ Die deutsche Switch-over-Klausel bleibt ein scharfes Anti-Missbrauchsinstrument.
❗ Steuerpflichtige müssen weiterhin mit höheren Steuerlasten rechnen.
❗ Betriebsstättenstrukturen bleiben gegenüber Tochtergesellschaften benachteiligt.


5. Praxisrelevanz für international tätige Unternehmen

Betroffen sind insbesondere:

  • mittelständische Unternehmen mit EU-Betriebsstätten,
  • Freiberufler mit ausländischen Niederlassungen,
  • Konzerne mit breit verzweigten Strukturen,
  • Familienunternehmen mit operativer Präsenz im EU-Ausland.

Bis zur Entscheidung des EuGH empfiehlt sich:

✔ Prüfung aktueller Veranlagungen auf offene Fälle

✔ Einspruch mit Verweis auf das EuGH-Verfahren

✔ Steuerplanung bei Auslandstätigkeiten überdenken

✔ eventuelle Strukturalternativen (Betriebsstätte vs. Tochtergesellschaft) abwägen


6. Fazit

Der BFH eröffnet eine zentrale europarechtliche Diskussion:
Darf Deutschland die DBA-Freistellung für Betriebsstätten so stark einschränken, ohne eine Nachweismöglichkeit realer wirtschaftlicher Tätigkeit vorzusehen?

Die Entscheidung des EuGH könnte grundlegende Folgen für Unternehmensstrukturen im EU-Binnenmarkt haben – und möglicherweise die Switch-over-Klausel des AStG in ihrer jetzigen Form kippen.