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Steuerberater

Ist Entsorgung von Speiseabfällen landwirtschaftliche Dienstleistung?

Ist Entsorgung von Speiseabfällen landwirtschaftliche Dienstleistung?

Kernaussage

Das Finanzgericht Münster entschied kürzlich, dass ein Unternehmer mit der Entsorgung von Speiseabfällen, die er nach Aufbereitung als Schweinefutter verwendet, keine landwirtschaftlichen Dienstleistungen erbringt.

Sachverhalt

Ein Landwirt, der einen Mastbetrieb bewirtschaftet und umsatzsteuerlich unter die Regelung „Pauschalierer“ fällt, verfütterte in den Jahren 2003 bis 2005 an die von ihm gehaltenen Schweine Speisereste, die er mittels eines Spezialfahrzeuges bei verschiedenen Großküchen und Restaurants abholte und thermisch aufbereitete. Das den Großküchen und Gastronomieunternehmen für die Abnahme/Entsorgung der organischen Abfälle in Rechnung gestellte Entgelt unterwarf der Landwirt ebenfalls der Durchschnittsbesteuerung, da diese Tätigkeit umsatzsteuerlich als Nebenbetrieb zu werten sei. Der zuständige Betriebsprüfer (BP) folgte dieser Auffassung jedoch nicht und bewerte die Entsorgung von Speiseabfällen umsatzsteuerlich als sonstige Leistung, die als solche nicht der Durchschnitts- sondern der Regelbesteuerung zu unterwerfen sei. Zudem stellte die BP fest, dass die Speiseabfälle nicht wertlos seien, sodass zur Festsetzung der Umsatzsteuer neben dem Erlös aus der Abholung von Speiseabfällen auch der Wert der Abfälle als Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen sei. Hiergegen klagte der Landwirt und obsiegte zum Teil.

Entscheidung

Das Gericht stellte zunächst fest, dass die Abholung/Entsorgung von Speiseresten grundsätzlich keine landwirtschaftliche Dienstleistung im Sinne der EU-Mehrwertsteuersystemrichtlinie ist und somit eine sonstige Leistung darstellt. Folglich ist eine Durchschnittsbesteuerung nicht zulässig. Selbst wenn die entsprechenden Anforderungen an eine Begünstigung erfüllt wären, käme im vorliegenden Fall eine Behandlung der Entsorgung der organischen Abfälle als Nebenbetrieb nicht in Frage. Denn die durch diese Tätigkeit erzielten Umsätze übersteigen die auf die Schweinemast entfallenden Umsätze deutlich, so dass sie nicht mehr von „untergeordneter Bedeutung“ sind. Bei der Bemessung der Bedeutung unerheblich ist, dass der Landwirt den wesentlichen Teil seiner Arbeitskraft für den landwirtschaftlichen Betrieb aufgewendet hat. Die Erhöhung der Bemessungsgrundlage um den Wert der Speisereste ist hingegen nicht rechtens, da diese für Großküchen und Restaurants wertlos sind. Somit kommt es zu keinem tauschähnlichen Umsatz, der eine Einbeziehung des Wertes bei der Berechnung der umsatzsteuerlichen Bemessungsgrundlage rechtfertigen würde.

Konsequenz

Erbringt ein Landwirt im Rahmen seines landwirtschaftlichen Betriebs Dienstleistungen, die über die originär landwirtschaftliche Tätigkeit hinausgehen, jedoch als landwirtschaftliche Dienstleistungen einzustufen sind, ist fortlaufend zu prüfen, ob das Verhältnis des im land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetrieb erzielten Umsatzes im Vergleich zu dem aus dem Nebenbetrieb stammenden Umsatz weiterhin eine umfassende Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung rechtfertigt.

Zum Ansatz selbst geschaffener immaterieller Wirtschaftsgüter in steuerlicher Übertragungsbilanz

Zum Ansatz selbst geschaffener immaterieller Wirtschaftsgüter in steuerlicher Übertragungsbilanz

Kernaussage

Das Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) bestimmt für den Fall einer rechtsformwechselnden Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft, dass die Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Schlussbilanz der Körperschaft mit dem Buchwert oder einem höheren Wert angesetzt werden können (Ansatzwahlrecht). Das Finanzgericht Münster hatte in diesem Zusammenhang kürzlich zu entscheiden, ob eine Aktivierung immaterieller Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Übertragungsbilanz im Rahmen einer Umwandlung einer GmbH in eine Kommanditgesellschaft (KG) zulässig ist.

Sachverhalt

Die klagende Kommanditgesellschaft ist Gesamtrechtsnachfolgerin einer GmbH; sie ist durch formwechselnde Umwandlung der GmbH entstanden. In der Übertragungsbilanz aktivierte die Klägerin – seinerzeit noch als GmbH – ihre selbstgeschaffenen immateriellen Wirtschaftsgüter wie Firmenwert und Auftragsbestand. Anlässlich einer Betriebsprüfung versagte das Finanzamt indes eine Zuschreibung zum Firmenwert und Auftragsbestand und minderte den erklärten Gewinn um rd. 700.000 EUR. Begründet wurde dies damit, dass zwar ein Bewertungswahlrecht für die Wirtschaftsgüter der Übertragungsbilanz gegeben sei; folglich könnten die Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Übertragungsbilanz der GmbH mit einem höheren Wertansatz als in der Handelsbilanz angesetzt werden. Dies gelte aber nur für solche Wirtschaftsgüter, die vom Grundsatz her überhaupt in der Steuerbilanz aktiviert werden dürften, was für den originären Firmenwert und den Auftragsbestand aber nicht der Fall sei. Daher könnten sie weder von der GmbH aktiviert noch von der KG abgeschrieben werden. Die hiergegen gerichtet Klage war erfolgreich.

Entscheidung

Das Finanzamt hatte zu Unrecht die Aktivierung immaterieller Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Übertragungsbilanz im Rahmen der formwechselnden Umwandlung versagt. Zwar ist einkommensteuergesetzlich vorgegeben, dass steuerrechtliche Wahlrechte bei der Gewinnermittlung in Übereinstimmung mit der Handelsbilanz auszuüben sind. Dieser Grundsatz der Maßgeblichkeit gilt indes nicht für die steuerliche Umwandlungsbilanz, denn das Umwandlungssteuergesetz normiert eine Durchbrechung des Grundsatzes zugunsten der übertragenden Körperschaft. Zudem ändert sich bei einer formwechselnden Umwandlung allein die Rechtsform; der Unternehmensträger bleibt identisch. Da das Handelsrecht für diesen Fall weder die Aufstellung einer Schlussbilanz für die übertragende Kapitalgesellschaft noch die Aufstellung einer Eröffnungsbilanz für die an ihre Stelle tretende Personengesellschaft vorsieht, ist die Ausübung steuerrechtlicher Wahlrechte in Übereinstimmung mit der handelsrechtlichen Jahresbilanz ohnehin nicht möglich.

Konsequenz

Das Finanzgericht hat die Revision zugelassen; abzuwarten bleibt nun, ob und wenn ja, wie der Bundesfinanzhof (BFH) entscheiden wird. In einem früheren Urteil, das vom Sachverhalt den umgekehrten Fall betraf, dass eine KG im Wege einer formwechselnden Umwandlung in eine GmbH umgewandelt wurde, hat der BFH jedenfalls für den Auftragsbestand ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich keine Einwände gegen dessen Aktivierung ergäben.

Sind aufeinanderfolgend befristete Arbeitsverhältnisse zulässig?

Sind aufeinanderfolgend befristete Arbeitsverhältnisse zulässig?

Rechtslage

Nach deutschem Recht sind befristete Arbeitsverträge möglich, wenn ein sachlicher Grund (hier: die Vertretung eines anderen Arbeitnehmers) besteht. Solche Sachgrundbefristung sind auch mehrmals beim selben Arbeitgeber hintereinander zulässig. Das Bundesarbeitsgericht hatte dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor diesem Hintergrund die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob eine Vielzahl von befristeten Arbeitsverhältnissen dazu führt, dass man bei einem Arbeitgeber von einem ständigen Vertretungsbedarf ausgehen müsse. Dies würde dann dazu führen, dass der sachliche Grund einer Befristung wegfalle und man vielmehr von einem unbefristeten Arbeitsverhältnis ausgehen müsse.

Sachverhalt

Die Beklagte war auf der Grundlage von insgesamt 13 befristeten Arbeitsverhältnissen in ein und derselben Dienststelle des beklagten Landes angestellt gewesen. Alle Verträge enthielten als sachlichen Grund für die Befristung den Vertretungsbedarf anderer Arbeitnehmer, die sich vorübergehend hatten beurlauben lassen.

Entscheidung

Der EuGH kam zu dem Ergebnis, dass auch bei einem feststellbaren ständigen Vertretungsbedarf mehrere, hintereinander abgeschlossene befristete Arbeitsverträge zulässig sein können, allerdings eine Missbrauchskontrolle unter Berücksichtigung aller bisherigen Arbeitsverträge geboten sein kann. Aus der bloßen Tatsache, dass bei einem Arbeitgeber ein größerer und insoweit als ständig wahrgenommener Vertretungsbedarf bestehe, könne weder abgeleitet werden, dass der sachliche Grund des Vertretungsbedarfs nicht vorliege noch, dass mehrere Befristungen eine missbräuchliche Gestaltung darstellten. Allerdings sei zu überprüfen, ob im konkreten Einzelfall eine missbräuchliche Gestaltung vorliege und zwar insbesondere unter Berücksichtigung der Anzahl der Befristungen und der Wirksamkeit jeder einzelnen Befristung in der Vergangenheit.

Konsequenz

Die Entscheidung ist insoweit überraschend, als dass sie gegen die Empfehlung des Generalanwalts, der eine Unzulässigkeit solcher Kettenbefristungen angenommen hatte, erfolgt; allerdings ist sie dem Grunde nach zutreffend. Mehrere aufeinander folgende Befristungen wegen Vertretungsbedarfs sind zulässig. Neu und insbesondere im Hinblick auf eine Auseinandersetzung vor dem Arbeitsgericht nicht zu unterschätzen ist allerdings, dass sämtliche bisher abgeschlossenen Befristungen – gegebenenfalls auch 15 an der Zahl – jeweils selbstständig auf ihre Wirksamkeit hin überprüft werden müssen.

Wie sind Ablösezahlungen im Profi-Fußball zu bilanzieren?

Wie sind Ablösezahlungen im Profi-Fußball zu bilanzieren?

Kernaussage

Ablösezahlungen, die von Vereinen der Fußball-Bundesliga für den Wechsel von Lizenzspielern an die abgebenden Vereine gezahlt werden sowie Provisionen an Spielervermittler sind als Anschaffungskosten auf das immaterielle Wirtschaftsgut zu aktivieren und auf die Vertragslaufzeit abzuschreiben. Nicht zu aktivieren sind Ausbildungs- und Förderentschädigungen an die früheren Vereine und Provisionen für die ablösefreie Verpflichtung des Spielers.

Sachverhalt

Das Finanzamt versagte den sofortigen Betriebsausgabenabzug der Ablösezahlungen eines eingetragenen Vereins, der eine Lizenzspielermannschaft unterhielt. Der Kläger stütze sich auf das so genannte „Bosman-Urteil“ des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem Jahr 1995 und sah es als nicht gerechtfertigt an, Anschaffungskosten für Spielererlaubnisse zu aktivieren, weil eine solche Aktivierung auf eine verfassungswidrige Bilanzierung von „Humankapital“ hinauslaufe.

Entscheidung

Die an die abgebenden Vereine gezahlten Ablösebeträge sowie die an Spielervermittler gezahlten Provisionen für Spieler – nicht aber die geleisteten Ausbildungs- und Förderungsentschädigungen – stellen Anschaffungskosten für zu aktivierende Wirtschaftsgüter dar. Für die Beurteilung als Wirtschaftsgut kommt es darauf an, ob eine Übertragung des Wirtschaftsguts mit dem Betrieb aus der Sicht eines potenziellen Erwerbers einen eigenständigen Wert hat. Dem hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) angeschlossen. Die Bilanzierung von „Humankapital“ verstößt nicht gegen die durch das Grundgesetz geschützte Menschenwürde, sofern die Praxis des „Spielerhandelns“ im Profisport selbst nicht als rechts- oder sittenwidrig angesehen wird.

Konsequenz

Bei Provisionen ist für die Aktivierung zu unterscheiden, ob sie an die Spielervermittler für Spieler oder für Ausbildungs- und Förderungsentschädigung an den Ausbilderverein gezahlt werden.

Keine Existenzgründung: Auflösung einer Ansparrücklage

Keine Existenzgründung: Auflösung einer Ansparrücklage

Rechtslage

Existenzgründer, die eine Ansparrücklage gebildet haben, mussten diese gemäß der alten Fassung der entsprechenden Vorschrift im Einkommensteuergesetz wieder auflösen, sofern sie das begünstigte Wirtschaftsgut nicht bis zum 5. auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahrs angeschafft haben. Für Nicht-Existenzgründer betrug diese Frist 2 Jahre.

Sachverhalt

Der Kläger erzielte in 1999 und 2000 als Arzt Einkünfte aus selbstständiger Arbeit aus einer Ende 1995 übernommenen Praxis. Zuvor hatte der Kläger als Vertreter anderer Ärzte gearbeitet. In 1997 bis 1999 bildete der Kläger Ansparrücklagen für Existenzgründer. Diese wurden in 1998 und 2000 teilweise aufgelöst. Da der Kläger seine Praxis in 2001 aufgab, behandelte er die verbliebene Ansparrücklage als Betriebseinnahme. Im Rahmen einer Betriebsprüfung wurde festgestellt, dass der Kläger kein Existenzgründer war, weil er seit 1992 als so genannter Vertretungsarzt Einkünfte aus selbstständiger Arbeit erzielt habe. Die 1997 und 1998 gebildeten Ansparabschreibungen seien daher spätestens in 1999 und 2000 aufzulösen. Die Steuerbescheide für 1999 und 2000 wurden geändert. Das Finanzgericht wies die hiergegen gerichtete Klage ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof (BFH) bestätigte das Urteil der Vorinstanz. Im Streitfall war eine Änderung der Steuerbescheide möglich, weil das Finanzamt den Kläger zunächst irrig als Existenzgründer angesehen und deshalb davon abgesehen hatte, die Ansparabschreibung des Klägers schon nach 2 Jahren aufzulösen. Der Kläger war kein Existenzgründer, weil er bereits von 1992 bis 1995 Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit bezog. Die Ansparrücklage war somit zwingend innerhalb von 2 Jahren nach deren Bildung aufzulösen.

Konsequenz

Nach der Abgabenordnung (AO) können Steuerfestsetzungen geändert werden, wenn ein bestimmter Sachverhalt in einem Bescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt wurde, dass er in einem anderen Bescheid zu berücksichtigen sei und sich diese Annahme als unrichtig herausstellt. Deshalb konnte das Finanzamt hier die rechtirrige Ansicht, der Kläger sei Existenzgründer, korrigieren und zum Anlass nehmen, die Veranlagung für die Vorjahre zu ändern und eine gebildete Ansparrücklage früher aufzulösen.

Beeinträchtigung der Dienstleistungsfreiheit durch Steuerabzugsverfahren nach § 50a EStG

Beeinträchtigung der Dienstleistungsfreiheit durch Steuerabzugsverfahren nach § 50a EStG

Rechtslage

Nach den Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes wird die Einkommensteuer bei beschränkt Steuerpflichtigen im Wege des Steuerabzugs bei Einkünften erhoben, die durch im Inland ausgeübte künstlerische oder sportliche Darbietungen erzielt werden, unabhängig davon, wem die Einnahmen zufließen. Das Finanzgericht Düsseldorf hatte kürzlich einen Sachverhalt zu beurteilen, in dem es um die EU-Rechtswidrigkeit dieses Steuerabzugsverfahrens ging.

Sachverhalt

Streitig war, ob ein deutscher Diskothekenbetreiber für nicht einbehaltene Abzugssteuer nach den entsprechenden Vorschriften des Einkommensteuergesetzes in Haftung genommen werden kann oder ob diese Inanspruchnahme eine ungerechtfertigte Beeinträchtigung darstellt.

Entscheidung

Das Gericht stellte zunächst fest, dass die Feststellungen der Lohnsteuer-Außenprüfung zutreffend waren und der Diskothekenbetreiber die Abzugsteuer überhaupt nicht bzw. nicht korrekt einbehalten hatte und sich aus diesem Grund eine Haftung nach dem Einkommensteuergesetz ergab. Sodann setzte es sich mit der Europarechtskonformität der Vorschrift auseinander und identifiziert die Dienstleistungsfreiheit als möglicherweise verletztes Grundrecht. Das Finanzgericht bemühte in diesem Zusammenhang die so genannte „Scorpio-Entscheidung“ des Europäischen Gerichtshofs und stellt Folgendes fest: Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind beim Steuerabzug zwingend zu berücksichtigen. Das Steuerabzugsverfahren ist ein legitimes Verfahren zur steuerlichen Erfassung bzw. zur Verhinderung einer Nichtbesteuerung. Dies war seinerzeit aber entschieden worden, weil es noch keine Gemeinschaftsrichtlinie zur gegenseitigen Amtshilfe und zur Beitreibung steuerlicher Forderungen gab. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs stellt das Finanzgericht anschließend fest, dass auch nach Einführung der Beitreibungsrichtlinie noch keine effektive Möglichkeit zur steuerlichen Erfassung und Beitreibung von Forderungen gegen ausländische Vergütungsempfänger besteht. Ferner verstoße das in Deutschland angewandte Verfahren insoweit – zumindest in den Streitjahren – noch nicht gegen die Dienstleistungsfreiheit. Die Revision zum Bundesfinanzhof wurde zugelassen.

Konsequenz

Die Rechtsprechung hat mittlerweile in einer Reihe von Entscheidungen die Gemeinschaftsrechtskonformität des Steuerabzugsverfahrens bestätigt. Der Bundesfinanzhof wird jetzt nochmals die Möglichkeit haben, hierzu selbst zu entscheiden oder die Frage dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen.

Aktive Rechnungsabgrenzung bei Darlehen mit fallenden Zinssätzen

Aktive Rechnungsabgrenzung bei Darlehen mit fallenden Zinssätzen

Rechtslage

Ausgaben vor dem Abschlussstichtag sind in der Bilanz als Rechnungsabgrenzungsposten (RAP) zu aktivieren, soweit sie Ausgaben für eine bestimmte Zeit nach dem Abschlussstichtag darstellen.

Sachverhalt

Die Klägerin nahm bei einer Bank so genannte Step-down-Gelder auf, die mit fallenden Zinssätzen verzinst wurden (1. Jahr: 7,5 %; 10. Jahr: 3,0 %). Das Darlehen mit einer Laufzeit von 10 Jahren war am Ende der Laufzeit in einer Summe rückzahlbar; eine Kündigung wurde ausgeschlossen. Der im 1. Jahr in vollem Umfang vorgenommene Betriebsausgabenabzug für die Zinsen wurde seitens des Finanzamts nicht anerkannt. Die Klägerin hatte nach dessen Auffassung im Streitjahr einen Rechnungsabgrenzungsposten zu aktivieren, weil es sich bei der Überlassung des Darlehens um eine über die Laufzeit gleichbleibende Leistung handele und deshalb die zu zahlenden Zinsen gleichmäßig auf die Laufzeit zu verteilen seien. Das Finanzgericht ließ den Betriebsausgabenabzug in vollem Umfang zu; der Bundesfinanzhof (BFH) allerdings teilte die Ansicht der Finanzverwaltung.

Entscheidung

Das Verlangen zur Bildung eines Rechnungsabgrenzungspostens war rechtmäßig. Die Richter bejahten den Vorleistungscharakter der hohen Darlehenszinsen im Erstjahr, da die Zinsen als Vorleistung für die Überlassung des Darlehens in der restlichen Darlehenslaufzeit anzusehen seien. Die Klägerin habe im Falle einer vorzeitigen Beendigung des Darlehensverhältnisses keinen vertraglichen Anspruch auf anteilige Rückerstattung der bis zum Beendigungszeitpunkt bereits gezahlten Zinsen gehabt. Hierauf kam es im vorliegenden Fall jedoch nicht an, da eine vorzeitige Kündigung und somit eine teilweise Rückforderung bisher gezahlter Zinsen nicht möglich war.

Konsequenz

Ob etwas anderes gilt, wenn die Parteien mit der Vereinbarung eines fallenden Zinssatzes beabsichtigen, ein prognostiziertes Absinken des allgemeinen Marktzinssatzes für Kapitalüberlassungen während der Darlehenslaufzeit widerzuspiegeln, bedurfte hier keiner Entscheidung.

Sind Zivilprozesskosten außergewöhnliche Belastungen?

Sind Zivilprozesskosten außergewöhnliche Belastungen?

Kernaussage

Nach Auffassung des Bundesfinanzministeriums (BMF) stellen Prozesskosten regelmäßig keine außergewöhnlichen Belastungen dar. Damit stellt sich das BMF ausdrücklich gegen das kürzlich vom Bundesfinanzhof (BFH) gesprochene Urteil. Das BMF hat die Finanzämter angewiesen, die Entscheidung des BFH in allen anderen Fällen unberücksichtigt zu lassen. Zudem hat es angekündigt, dem Gesetzgeber eine Neuregelung dieser Problematik zu empfehlen.

Sachverhalt

Am 12.5.2011 hatte der BFH entschieden, dass Zivilprozesskosten unter bestimmten Voraussetzungen als außergewöhnliche Belastungen steuermindernd geltend gemacht werden können. Voraussetzung für die Behandlung als außergewöhnliche Belastung ist, dass die Kosten zwangsläufig entstehen. Entgegen der bisherigen Rechtsprechung geht der BFH in seinem Urteil davon aus, dass Prozesskosten im Regelfall zwangsläufig entstehen. Dies sei lediglich dann nicht der Fall, wenn die Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg hat oder mutwillig erscheint.

Entscheidung

Das BMF hat mit einem sogenannten Nichtanwendungserlass vom 21.12.2011 die Finanzämter angewiesen, die vom BFH entwickelten Grundsätze für die Berücksichtigung von Prozesskosten nicht anzuwenden. Damit stellt sich das BMF in offenen Widerstreit zum BFH. Das BMF begründet diese Entscheidung damit, dass der BFH von seiner langjährigen Rechtsprechung abgewichen ist. Nach Auffassung des BMF entstehen Rechtsverfolgungskosten nicht zwangsläufig und stellen damit keine außergewöhnlichen Belastungen dar. Nur ausnahmsweise, wenn der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit seine Existenzgrundlage zu verlieren droht, können die Kosten steuerlich berücksichtigt werden. Weiter begründet das BMF die Anweisung damit, dass der Finanzverwaltung keine Instrumente zur Verfügung stehen, um die Erfolgsaussichten eines Zivilprozesses zu beurteilen. Deshalb kündigt das BMF an, dem Gesetzgeber eine Neuregelung für Prozesskosten nahezulegen.

Konsequenz

Im privaten Bereich angefallene Prozesskosten sollten auf jeden Fall als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden. Dies gilt insbesondere für die Steuererklärung 2011. Ob auch im Jahr 2012 die Prozesskosten noch geltend gemacht werden können, wird davon abhängen, wie der Gesetzgeber auf den zu erwartenden Vorschlag des BMF reagiert. Auswirkungen auf die steuerliche Berücksichtigung von Rechtsverfolgungskosten in der Erwerbssphäre hat dieses Urteil nicht.

Zum Zugang einer Kündigung bei minderjährigem Auszubildenden

Zum Zugang einer Kündigung bei minderjährigem Auszubildenden

Kernaussage

Das Berufsausbildungsverhältnis beginnt mit einer Probezeit. Während dieser Zeit kann das Ausbildungsverhältnis nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) sowohl vom Auszubildenden als auch vom Ausbilder jederzeit ohne Einhaltung einer Frist gekündigt werden. Eine solche Kündigung muss noch während der Probezeit zugehen. Ist der Auszubildende minderjährig und damit nur beschränkt geschäftsfähig, wird die Kündigung erst dann wirksam, wenn sie seinem gesetzlichen Vertreter, in der Regel einem Elternteil, zugeht. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte kürzlich zu entscheiden, ob eine Kündigung den Eltern auch dann zugeht, wenn diese gerade verreist sind.

Sachverhalt

Der minderjährige Kläger schloss, vertreten durch seine Eltern, mit dem beklagten Unternehmen einen Vertrag über eine Ausbildung als Fachkraft für Lagerlogistik für die Zeit ab 1.8.2008. Der Ausbildungsvertrag enthielt eine 3-monatige Probezeit. Der Ausbilder erklärte mit Schreiben vom 31.10.2008, dem letzten Tag der Probezeit, die Kündigung. Das Schreiben war gerichtet an den Kläger, gesetzlich vertreten durch die Eltern, und wurde durch Boten am selben Tag in den gemeinsamen Hausbriefkasten des Klägers und seiner an diesem Tag verreisten Eltern eingeworfen. Dort fand es der Kläger 2 Tage später und verständigte seine Mutter telefonisch von der Kündigung, die vom Kündigungsschreiben nach ihrer Rückkehr Anfang November 2008 tatsächlich Kenntnis erhielt. Mit einem Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten, das beim Ausbilder Mitte November 2008 einging, wies der Kläger die Kündigung zurück, weil dieser keine Vollmachtsurkunde beigefügt war. Mit seiner Klage begehrte der Kläger die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung und unterlag zuletzt vor dem BAG.

Entscheidung

Die Kündigung wurde gegenüber den Eltern des Klägers als dessen gesetzlichen Vertretern erklärt. Mit dem Einwurf in den gemeinsamen Briefkasten der Familie war der Zugang der Kündigung bewirkt. Die Ortsabwesenheit der Eltern stand dem nicht entgegen. Für den Zugang reichte es aus, dass das Schreiben in den Herrschaftsbereich der Eltern gelangt war und sie es unter normalen Umständen zur Kenntnis nehmen konnten. Die Kündigung scheiterte auch nicht an der fehlenden Vollmachtsurkunde. Die Zurückweisung einer Kündigungserklärung nach einer Zeitspanne von mehr als einer Woche ist ohne das Vorliegen besonderer Umstände des Einzelfalls nicht mehr „unverzüglich“ im Sinne der gesetzlichen Anforderung.

Konsequenz

Ist eine Kündigungserklärung mit dem erkennbaren Willen abgegeben worden, dass sie den gesetzlichen Vertreter erreicht, und gelangt sie – etwa durch den Einwurf des Kündigungsschreibens in seinen Hausbriefkasten – tatsächlich in dessen Herrschaftsbereich, ist der Zugang bewirkt.

Steuererklärungsfristen für 2011

Abgabefrist für Steuererklärungen

Für das Kalenderjahr 2011 sind folgende Erklärungen bis zum 31.5.2012 bei den Finanzämtern abzugeben: die Erklärungen zur Einkommensteuer, einschließlich der Erklärungen zur gesonderten sowie zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung sowie zur gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags. Ferner die Erklärungen zur Körperschaftsteuer, einschließlich der Erklärungen zu gesonderten Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen, die in Zusammenhang mit der Körperschaftsteuerveranlagung durchzuführen sind, sowie für die Zerlegung der Körperschaftsteuer. Ebenfalls bis zu diesem Datum abzugeben sind die Erklärungen zur Gewerbesteuer, einschließlich der Erklärungen zur gesonderten Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes und zur gesonderten Feststellung des Zuwendungsvortrags sowie für die Zerlegung des Steuermessbetrags. Schließlich auch die Erklärungen zur Umsatzsteuer sowie zur gesonderten oder zur gesonderten und einheitlichen Feststellung nach § 18 des Außensteuergesetzes.

Sonderfrist

Bei Steuerpflichtigen, die den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ermitteln, endet die Frist nicht vor Ablauf des fünften Monats, der auf den Schluss des Wirtschaftsjahres 2011/2012 folgt.

Fristverlängerung

Sofern die vorbezeichneten Steuererklärungen durch Personen, Gesellschaften, Verbände, Vereinigungen, Behörden oder Körperschaften im Sinne der §§ 3 und 4 StBerG angefertigt werden, wird die Frist allgemein bis zum 31.12.2012 verlängert. Bei Steuererklärungen für Steuerpflichtige, die den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ermitteln, tritt an die Stelle des 31.12.2012 der 31.5.2013. Es bleibt den Finanzämtern vorbehalten, Erklärungen mit angemessener Frist für einen Zeitpunkt vor Ablauf der allgemein verlängerten Frist anzufordern. Von dieser Möglichkeit soll insbesondere Gebrauch gemacht werden, wenn für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum die erforderlichen Erklärungen verspätet oder nicht abgegeben wurden. Ferner dann, wenn für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum kurz vor Abgabe der Erklärung bzw. vor dem Ende der Karenzzeit nachträgliche Vorauszahlungen festgesetzt wurden oder sich aus der Veranlagung für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum eine hohe Abschlusszahlung ergeben hat. Des Weiteren soll von der Möglichkeit Gebrauch gemacht werden, wenn hohe Abschlusszahlungen erwartet werden oder für Beteiligte an Gesellschaften und Gemeinschaften Verluste festzustellen sind oder die Arbeitslage der Finanzämter es erfordert. Im Übrigen wird davon ausgegangen, dass die Erklärungen laufend fertig gestellt und unverzüglich eingereicht werden. Aufgrund begründeter Einzelanträge kann die Frist für die Abgabe der Steuererklärungen bis zum 28.2.2013 bzw. in den Fällen, in denen die vorbezeichnete Sonderfrist gilt, bis zum 31.7.2013 verlängert werden. Eine weitergehende Fristverlängerung kommt grundsätzlich nicht in Betracht. Die allgemeine Fristverlängerung gilt nicht für Anträge auf Steuervergütungen. Sie gilt auch nicht für die Abgabe von Umsatzsteuererklärungen, wenn die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit mit Ablauf des 31.12.2011 endete. Hat die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit vor dem 31.12.2011 geendet, ist die Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr einen Monat nach Beendigung der gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit abzugeben.