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Steuerberater

Die Urlaubsfalle 2025 – Darum müssen Arbeitgeber jetzt aktiv werden!

Der Jahreswechsel steht vor der Tür – und mit ihm die alljährliche Frage:
Was passiert mit dem Resturlaub meiner Mitarbeiter?
Kann er ins nächste Jahr übertragen werden, oder verfällt er endgültig am 31. Dezember?

Viele Arbeitgeber verlassen sich auf alte Gewohnheiten – doch die aktuelle Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Bundesarbeitsgerichts (BAG) hat die Spielregeln deutlich verschärft.

➡️ Ohne aktives Handeln drohen Nachzahlungen und Ansprüche auf Urlaubsübertragungen über Jahre hinweg.


🧾 Die Grundregel: Urlaub verfällt am 31.12. – aber nur, wenn Sie handeln!

Nach § 7 Abs. 3 Satz 2 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) gilt grundsätzlich:

Der gesetzliche Mindesturlaub muss im laufenden Kalenderjahr genommen werden.

Doch:
Der Urlaubsanspruch verfällt nur dann am 31.12., wenn der Arbeitgeber seine Hinweispflicht erfüllt.

Das bedeutet konkret:

  • Sie müssen rechtzeitig und schriftlich darauf hinweisen,
  • dass der Urlaub noch genommen werden kann,
  • und dass er verfällt, wenn er nicht bis zum Jahresende (bzw. 31.03. des Folgejahres) genommen wird.

📌 Wichtig:
Eine allgemeine Klausel im Arbeitsvertrag („Urlaub verfällt am Jahresende“) oder eine pauschale Rundmail reicht nicht aus. Der Hinweis muss individuell, konkret und nachweisbar erfolgen.


📅 Wann darf Resturlaub ins nächste Jahr übertragen werden?

Eine Übertragung ist nur in Ausnahmefällen zulässig. Dann muss der Resturlaub bis spätestens 31.03.2026 genommen werden.

Folgende Gründe sind anerkannt:

  1. Betriebliche Gründe
    Der Arbeitnehmer konnte seinen Urlaub aus dringenden betrieblichen Erfordernissen nicht nehmen – etwa aufgrund hoher Arbeitsbelastung, Personalengpässen oder wegen einer verweigerten Urlaubsfreigabe.
  2. Persönliche Gründe
    Der Mitarbeiter war etwa wegen Krankheit oder Reha verhindert. In diesen Fällen wird der Urlaub automatisch ins nächste Jahr übertragen.
  3. Einvernehmliche Übertragung
    Sie haben einer Übertragung auf Antrag des Mitarbeiters ausdrücklich zugestimmt.
  4. Mutterschutz oder Elternzeit
    In diesen Fällen bleibt der Urlaubsanspruch bis zum Ende der Schutzfrist oder Elternzeit erhalten.
  5. Tarifvertragliche Sonderregelungen
    In einigen Branchen können Tarifverträge abweichende Fristen oder Sonderregelungen zur Übertragung enthalten.

⚙️ Ihr 3-Punkte-Plan für den Jahreswechsel

Um rechtliche Risiken zu vermeiden und den Urlaubsverfall rechtssicher umzusetzen, sollten Sie jetzt aktiv werden:

1. Inventur der Urlaubstage (Jetzt!)

Prüfen Sie, welcher Mitarbeiter noch Resturlaub hat und wie viele Tage bis Jahresende genommen werden müssen.
➡️ Diese Übersicht ist die Basis für Ihre Hinweis- und Dokumentationspflichten.

2. Schriftlicher Hinweis (Spätestens im November!)

Informieren Sie jeden betroffenen Mitarbeiter individuell und schriftlich.
Ihr Hinweis muss enthalten:

  • wie viele Urlaubstage noch offen sind,
  • dass diese bis zum 31.12. genommen werden müssen,
  • und dass sie verfallen, wenn sie nicht rechtzeitig genommen werden.

(Tipp: Eine E-Mail mit Empfangsbestätigung genügt, wenn sie konkret auf den einzelnen Mitarbeiter bezogen ist.)

3. Zweite Erinnerung (Anfang 2026, falls Übertragung zulässig)

Wenn eine Übertragung bis zum 31.03.2026 rechtlich zulässig ist (z. B. bei Krankheit oder betrieblichen Gründen),
müssen Sie auch vor Ablauf dieser Frist erneut schriftlich erinnern, dass der Resturlaub andernfalls endgültig verfällt.


⚠️ Was passiert, wenn Sie nichts tun?

Wenn Sie keinen schriftlichen Hinweis geben, verfällt der Urlaub nicht automatisch.
Der Mitarbeiter kann die nicht genommenen Urlaubstage auch Jahre später noch geltend machen – inklusive möglicher Urlaubsabgeltung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

👉 Das kann teuer werden:
Nachzahlungen über mehrere Jahre, Verzugszinsen und Streitigkeiten mit ehemaligen Mitarbeitern sind keine Seltenheit.


💡 Fazit: Jetzt handeln statt nachzahlen

Der Urlaubsanspruch verfällt nur dann, wenn Sie als Arbeitgeber Ihre Hinweispflichten nachweisbar erfüllen.
Wer zu lange wartet oder pauschale Regelungen verwendet, riskiert hohe Nachzahlungen und rechtliche Auseinandersetzungen.

Unser Rat:

  • Prüfen Sie noch im November alle Resturlaubsstände.
  • Versenden Sie individuelle schriftliche Hinweise.
  • Dokumentieren Sie jede Mitteilung sorgfältig.

So sichern Sie sich rechtlich ab – und starten ohne „Urlaubsaltlasten“ ins neue Jahr.

Muster: Hinweis auf drohenden Urlaubsverfall zum Jahresende

[Kanzlei-/Unternehmensname]
[Adresse]
[PLZ, Ort]

[Ort, Datum]

An:
Frau/Herr [Vorname Nachname]
[Abteilung / Position]


Betreff: Hinweis auf Resturlaub und möglichen Verfall zum 31.12.[Jahreszahl]

Sehr geehrte/r Frau/Herr [Nachname],

wir möchten Sie hiermit gemäß § 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) darauf hinweisen, dass Sie aktuell noch [Anzahl] Urlaubstage aus dem laufenden Kalenderjahr [Jahreszahl] haben.

Bitte nehmen Sie Ihren Resturlaub bis spätestens zum 31.12.[Jahreszahl], da der gesetzliche Urlaubsanspruch grundsätzlich nur im laufenden Kalenderjahr besteht.

Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass Ihre verbleibenden Urlaubstage verfallen, wenn Sie den Urlaub nicht bis zum 31.12.[Jahreszahl] beantragen und nehmen.
Nur in besonderen Ausnahmefällen (z. B. Krankheit, dringende betriebliche Gründe oder Elternzeit) kann der Urlaub ins Folgejahr übertragen werden. In diesen Fällen muss der Urlaub bis spätestens zum 31.03.[Folgejahr] genommen werden.

Bitte reichen Sie Ihren Urlaubsantrag rechtzeitig ein, damit die Urlaubsplanung ordnungsgemäß erfolgen kann.

Mit freundlichen Grüßen
[Unterschrift]
[Name / Position]


💡 Optional: Erinnerung bei Übertragung bis 31.03.[Folgejahr]

Betreff: Erinnerung an verbleibenden Resturlaub aus [Jahr]

Sehr geehrte/r Frau/Herr [Nachname],

Sie verfügen derzeit noch über [Anzahl] Resturlaubstage aus dem Vorjahr [Jahr], die aufgrund [betrieblicher/persönlicher Gründe] ins laufende Jahr übertragen wurden.

Bitte beachten Sie, dass dieser Resturlaub bis spätestens zum 31.03.[Folgejahr] genommen werden muss.
Nach diesem Datum verfallen die Urlaubstage endgültig.

Mit freundlichen Grüßen
[Unterschrift]
[Name / Position]


📄 Praxishinweis zur Verwendung

  • Das Schreiben sollte personalisiert und datiert sein.
  • Eine Zustellbestätigung (z. B. E-Mail mit Lesebestätigung oder unterschriebene Empfangsbestätigung) ist empfehlenswert.
  • Für Unternehmen mit mehreren Mitarbeitern empfiehlt sich eine standardisierte Urlaubsübersicht, die individuell ergänzt wird.

Bilanz nicht offengelegt? Ein teures Versäumnis für Unternehmen

Offenlegungspflichten der GmbH & Co. KG: Warum Schweigen Gold kosten kann

Immer wieder berichten Medien, dass deutsche Unternehmen ihre gesetzlichen Pflichten zur Offenlegung des Jahresabschlusses vernachlässigen. Kürzlich meldete das Handelsblatt, dass die Zahl der Firmen, die ihre Bilanz nicht veröffentlichen, deutlich gestiegen ist. Während Österreich auf steigende Verstöße mit einer deutlichen Erhöhung der Strafen reagiert, laufen auch in Deutschland die Bußgeldverfahren bereits auf Hochtouren.


Warum die Offenlegung der Bilanz unumgänglich ist

Die Pflicht zur Offenlegung ist keine reine Formalität, sondern ein zentraler Bestandteil der Unternehmensverfassung – und dient gleich zwei wichtigen Zielen:

  • Haftungsausgleich (Gläubigerschutz):
    Kapitalgesellschaften wie GmbHs, UGs oder AGs haften nur mit dem Gesellschaftsvermögen. Die Offenlegung des Jahresabschlusses schafft hier den notwendigen Ausgleich für die beschränkte Haftung, damit Gläubiger die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens einschätzen können.
  • Transparenz und Vertrauen:
    Die Veröffentlichung erhöht die Transparenz gegenüber Geschäftspartnern, Lieferanten, Investoren und Banken. Sie ist somit ein wesentliches Instrument des Gläubigerschutzes und der Marktintegrität.

Wer muss veröffentlichen – und welche Fristen gelten?

Grundsätzlich gilt:
Wer bilanzierungspflichtig ist, muss nicht nur den Jahresabschluss erstellen, sondern ihn auch im Bundesanzeiger veröffentlichen.

Zur Offenlegung verpflichtet sind insbesondere:

  • Kapitalgesellschaften: GmbH, UG (haftungsbeschränkt), AG und KGaA
  • Mischformen: GmbH & Co. KG, UG & Co. KG, OHG mit Kapitalgesellschaften als haftenden Gesellschaftern
  • Eingetragene Genossenschaften
  • Zweitniederlassungen ausländischer Kapitalgesellschaften mit Sitz in der EU (z. B. Limiteds)

Ausgenommen sind:

Personengesellschaften, bei denen eine natürliche Person persönlich haftet, sind nicht zur Offenlegung verpflichtet.


Fristen für die Offenlegung

  • Regelfrist: 12 Monate nach dem Abschlussstichtag
  • Kapitalmarktorientierte Unternehmen: 4 Monate nach dem Abschlussstichtag

📅 Beispiel:
Ein Jahresabschluss mit Stichtag 31.12.2024 muss bis spätestens 31.12.2025 im Bundesanzeiger veröffentlicht werden.

Der Umfang der offenzulegenden Unterlagen (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Anhang, ggf. Lagebericht) richtet sich nach der Größenklasse Ihres Unternehmens.


Was droht bei Nichtveröffentlichung?

Das Bundesamt für Justiz (BfJ) überwacht die Offenlegungspflichten und geht konsequent gegen Verstöße vor.

📈 Zahlen, die aufhorchen lassen:
Im vergangenen Jahr leitete das BfJ rund 272.000 Verfahren wegen unterlassener Offenlegung ein – ein Plus von 12 % gegenüber dem Vorjahr.
Im Jahr 2023 wurden 85.200 Ordnungsgelder verhängt.

Ablauf des Verfahrens:

  1. Das BfJ fordert das Unternehmen auf, den Jahresabschluss innerhalb von sechs Wochen offenzulegen.
  2. Erfolgt keine Reaktion, wird ein Ordnungsgeld zwischen 2.500 € und 25.000 € festgesetzt.
  3. Das Verfahren kann mehrfach wiederholt werden, bis die Veröffentlichung erfolgt.

💡 Hinweis:
Diese Bußgelder kommen zusätzlich zu eventuellen steuerlichen oder gesellschaftsrechtlichen Konsequenzen – und sie sind nicht abziehbar.


Praxistipp: So übermitteln Sie Ihre Bilanz richtig

Die Offenlegung erfolgt ausschließlich elektronisch über die Plattform
👉 www.publikations-plattform.de

Empfehlung für Unternehmen:

  • Planen Sie die Erstellung und Veröffentlichung Ihres Jahresabschlusses frühzeitig ein.
  • Prüfen Sie rechtzeitig, welche Unterlagen aufgrund Ihrer Unternehmensgröße einzureichen sind.
  • Ziehen Sie bei Unsicherheiten einen Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer hinzu – insbesondere bei Konzernstrukturen oder Umwandlungen.

Fazit

Die Offenlegungspflicht ist kein bürokratisches Ärgernis, sondern ein gesetzlich verankerter Schutzmechanismus für Marktteilnehmer. Wer sie ignoriert, riskiert erhebliche Bußgelder, Imageverluste und zusätzlichen Verwaltungsaufwand.

➡️ Unser Tipp:
Kümmern Sie sich rechtzeitig um die Offenlegung Ihres Jahresabschlusses. Wir unterstützen Sie dabei – von der Erstellung über die Prüfung bis zur fristgerechten Veröffentlichung im Bundesanzeiger.

Grunderwerbsteuer für Solar- oder Photovoltaikanlage?

Der Boom bei Solar- und Photovoltaikanlagen wirft nicht nur energiewirtschaftliche, sondern auch steuerliche Fragen auf – insbesondere, wenn eine Immobilie mit einer bereits installierten Anlage verkauft wird.
Eine aktuelle Verfügung des Finanzministeriums Sachsen-Anhalt (v. 16.7.2025, 43-S 4521-45), die auf einer Bund-Länder-Abstimmung beruht, bringt hierzu mehr Klarheit.


1. Grundsätze zur Grunderwerbsteuer

Nach § 1 GrEStG unterliegen Rechtsvorgänge an inländischen Grundstücken der Grunderwerbsteuer.
Zum Grundstück zählen grundsätzlich alle wesentlichen Bestandteile, also z. B.:

  • das Gebäude selbst,
  • fest eingebaute Heizungsanlagen,
  • sanitäre Installationen,
  • Dacheindeckung und
  • baulich fest verbundene Anlagen.

Nicht zu den Grundstücksbestandteilen gehören dagegen sogenannte Betriebsvorrichtungen – also Anlagen, die unmittelbar einem betrieblichen Zweck dienen und nicht der Gebäudenutzung als solcher.


2. Thermische Solaranlagen und Solarkraftwerke

Thermische Solaranlagen, die der Wärmeerzeugung dienen (z. B. für Warmwasser oder Heizungsunterstützung), gelten als Gebäudebestandteil.

Sie ergänzen die Heizungsanlage und sind fest mit dem Gebäude verbunden.

Folge:
➡️ Der Kaufpreisanteil für eine thermische Solaranlage gehört zur Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer.
Das heißt: Beim Erwerb eines Hauses mit einer solchen Anlage erhöht sich die Grunderwerbsteuer um den entsprechenden Anteil.


3. Photovoltaikanlagen – Differenzierung nach Nutzung

Die steuerliche Beurteilung von Photovoltaikanlagen ist komplexer und hängt entscheidend von deren Zweckbestimmung ab.
Auf Bund-Länder-Ebene wurde hierzu folgende dreistufige Einordnung beschlossen:

a) Eigenversorgung des Grundstücks

Wenn die Photovoltaikanlage ausschließlich der Stromversorgung des Gebäudes dient (z. B. zur Deckung des Eigenbedarfs):

Die Anlage ist Gebäudebestandteil oder Zubehör.

Folge:
➡️ Die Zahlungen für die Anlage sind in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einzubeziehen.


b) Gewerbliche Stromerzeugung (Einspeisung ins Netz)

Wird der erzeugte Strom vollständig oder überwiegend in das öffentliche Stromnetz eingespeist, liegt ein gewerblicher Betrieb vor.

In diesem Fall handelt es sich bei der Photovoltaikanlage um eine Betriebsvorrichtung.

Folge:
➡️ Der Kaufpreisanteil für die PV-Anlage ist nicht grunderwerbsteuerpflichtig.
Die Anlage wird getrennt vom Grundstück behandelt – es handelt sich nicht um einen Bestandteil des Gebäudes.


c) Photovoltaikanlage als Bestandteil der Gebäudehülle

Wenn die Photovoltaikanlage baulich anstelle der Dacheindeckung oder Fassade angebracht wird, also integraler Bestandteil der Gebäudehülle ist (sog. „Indach-Anlage“ oder PV-Fassade):

Die Anlage ist unmittelbarer Bestandteil des Bauwerks.

Folge:
➡️ Der Kaufpreis für die Anlage unterliegt der Grunderwerbsteuer, unabhängig von der Art der Nutzung (Eigenverbrauch oder Einspeisung).


4. Übersicht: Steuerliche Behandlung nach Nutzung

Art der AnlageNutzungSteuerliche EinordnungGrunderwerbsteuerpflicht
Thermische SolaranlageWärmegewinnung für GebäudeGebäudebestandteil✅ Ja
Photovoltaikanlage (Eigenversorgung)Strom für EigenbedarfZubehör/Gebäudebestandteil✅ Ja
Photovoltaikanlage (gewerbliche Einspeisung)Stromverkauf an NetzbetreiberBetriebsvorrichtung❌ Nein
Indach-/Fassaden-PVBestandteil der GebäudehülleGebäudebestandteil✅ Ja

5. Praxistipp für Immobilienkäufer und Steuerberater

Beim Erwerb einer Immobilie mit Photovoltaikanlage sollte vertraglich genau aufgeschlüsselt werden,
welcher Teil des Kaufpreises auf das Grundstück und welcher auf die Anlage entfällt.

Dadurch lässt sich klar abgrenzen, welcher Anteil der Grunderwerbsteuer unterliegt.
Fehlt eine solche Aufteilung, kann das Finanzamt den gesamten Kaufpreis der Steuer unterwerfen – zum Nachteil des Käufers.

Empfehlung: Lassen Sie den Wert der Photovoltaikanlage ggf. durch ein Gutachten oder durch Herstellerangaben nachvollziehbar beziffern.


6. Fazit

Die steuerliche Behandlung von Solar- und Photovoltaikanlagen im Zusammenhang mit der Grunderwerbsteuer hängt maßgeblich von der Nutzung und baulichen Einbindung ab:

  • Thermische Solaranlagen und PV-Anlagen zur Eigenversorgunggrunderwerbsteuerpflichtig
  • PV-Anlagen zur Netzeinspeisungnicht steuerpflichtig (Betriebsvorrichtung)
  • Integrierte PV-Systeme (Indach/Fassade)grunderwerbsteuerpflichtig

Diese differenzierte Sichtweise der Finanzverwaltung schafft Rechtssicherheit – und zeigt, wie wichtig eine präzise Vertragsgestaltung beim Immobilienkauf ist.

Umkehr der Steuerschuldnerschaft bei Installation einer Wallbox – keine Bauleistung im Sinne des § 13b UStG

Immer mehr Privatpersonen und Unternehmen installieren Wallboxen zum Laden von Elektrofahrzeugen. In der Umsatzsteuerpraxis stellt sich dabei regelmäßig die Frage, ob die Installation einer Wallbox als Bauleistung im Sinne des § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG gilt – mit der Folge, dass der Leistungsempfänger (z. B. der Auftraggeber) die Umsatzsteuer schuldet (sog. Reverse-Charge-Verfahren).

Eine aktuelle Abstimmung auf Bund-Länder-Ebene schafft nun Klarheit.


1. Hintergrund: § 13b UStG und das Reverse-Charge-Verfahren

Nach § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG gilt:
Wenn ein Unternehmer eine Bauleistung an einen anderen Unternehmer erbringt, der selbst regelmäßig Bauleistungen ausführt, dann geht die Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger über.

Typische Fälle sind etwa:

  • Errichtung, Instandsetzung oder Umbau von Gebäuden,
  • Elektroinstallationen im Rahmen von Bauvorhaben,
  • Dach- oder Fassadenarbeiten.

Ziel dieser Regelung ist die Vermeidung von Umsatzsteuerbetrug im Baugewerbe.

In der Praxis war allerdings umstritten, ob die Installation einer Wallbox ebenfalls unter diesen Begriff fällt.


2. Ergebnis der Bund-Länder-Abstimmung

Nach Abstimmung der Finanzverwaltungen auf Bund-Länder-Ebene steht nun fest:

Die Installation einer Wallbox ist keine Bauleistung im Sinne des § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG.

Das gilt auch dann, wenn im Zuge der Installation zusätzlich Arbeiten an der Stromleitung oder eine Leistungserweiterung (Ertüchtigung) durchgeführt werden.

Damit liegt keine Umkehr der Steuerschuldnerschaft vor – der Leistende (z. B. Elektriker oder Installationsbetrieb) stellt seine Rechnung mit Umsatzsteuer aus und führt diese selbst an das Finanzamt ab.


3. Abgrenzung zu echten Bauleistungen

Eine Bauleistung im Sinne des Umsatzsteuerrechts liegt nur vor, wenn die Leistung unmittelbar der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung eines Bauwerks dient.

Die Installation einer Wallbox stellt nach Auffassung der Finanzverwaltung eine eigenständige technische Leistung dar, die nicht unmittelbar mit der Bausubstanz des Gebäudes verknüpft ist.

Selbst wenn dabei Leitungen gelegt, Verteiler angepasst oder Stromanschlüsse ertüchtigt werden, ist dies nur eine Nebenleistung zur Installation der Wallbox und ändert die Einordnung nicht.


4. Praxisfolgen

Für Auftraggeber und Installateure ergeben sich daraus folgende steuerliche Konsequenzen:

SituationUmsatzsteuerliche Behandlung
Installation einer Wallbox als eigenständige LeistungKeine Bauleistung → Unternehmer stellt mit Umsatzsteuer in Rechnung
Kombination mit kleineren Elektroarbeiten (z. B. Anschlussverstärkung)Ebenfalls keine Bauleistung, wenn Hauptzweck die Installation der Wallbox bleibt
Umfangreiche Sanierung oder Neubau der Elektroanlage mit Wallbox als TeilprojektMögliche Bauleistung – Einzelfallprüfung erforderlich

5. Praxistipp

Installationsbetriebe sollten in der Rechnungsstellung und Leistungsbeschreibung eindeutig dokumentieren, dass es sich um die Installation einer Wallbox als eigenständige Leistung handelt.
Dadurch vermeiden sie unnötige Diskussionen mit dem Finanzamt über die Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens.

Für Auftraggeber bedeutet dies:

Sie müssen keine Umsatzsteuer-Voranmeldung nach § 13b UStG abgeben und keine Umsatzsteuer selbst abführen – die Steuer wird vollständig vom leistenden Unternehmen abgeführt.


6. Fazit

Die Installation einer Wallbox ist keine Bauleistung im Sinne des § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG.
Damit greift das Reverse-Charge-Verfahren nicht – die Umsatzsteuer wird vom ausführenden Unternehmen geschuldet.

Diese Klarstellung schafft Rechtssicherheit sowohl für Handwerksbetriebe als auch für Auftraggeber und erleichtert die praktische Umsetzung bei der zunehmenden Elektrifizierung des Fuhrparks.

Betriebsausgabenabzug bei Ausgabe eigener Anteile an Arbeitnehmer

Viele Kapitalgesellschaften nutzen Mitarbeiterbeteiligungsprogramme, um Fachkräfte langfristig zu binden und die Identifikation mit dem Unternehmen zu stärken. Dabei stellt sich regelmäßig die steuerliche Frage, ob die verbilligte oder unentgeltliche Ausgabe eigener Anteile an Arbeitnehmer den Betriebsausgabenabzug mindert.

Eine aktuelle Erörterung auf Bund-Länder-Ebene bringt hierzu wichtige Klarheit.


1. Ausgangsfrage: Bleibt die betriebliche Veranlassung erhalten?

Wenn eine Kapitalgesellschaft eigene Anteile erwirbt und diese anschließend im Rahmen einer Mitarbeiterbeteiligung an Beschäftigte weitergibt – sei es verbilligt oder unentgeltlich – stellt sich die Frage, ob der Arbeitslohnaufwand weiterhin betrieblich veranlasst ist.

Die Finanzverwaltung hat nun eindeutig entschieden:

Die Erfüllung einer Arbeitslohnverbindlichkeit durch die Gewährung eigener Anteile führt nicht zum Wegfall der betrieblichen Veranlassung.

Damit bleibt der Betriebsausgabenabzug für den Arbeitslohnaufwand bestehen. Eine Kürzung nach § 3c EStG oder aufgrund fehlender betrieblicher Veranlassung kommt nicht in Betracht.


2. Steuerliche Einordnung: Sachzuwendung statt Geldleistung

Die Ausgabe eigener Anteile im Rahmen eines Mitarbeiterbeteiligungsprogramms gilt ertragsteuerlich als Sachzuwendung.
Für das Unternehmen entsteht ein Betriebsausgabenabzug in Höhe der Differenz zwischen:

  • dem vom Arbeitnehmer gezahlten Ausübungspreis (falls vorhanden) und
  • den Kosten, die das Unternehmen selbst für den Erwerb der eigenen Anteile aufwenden musste.

Beispiel:
Eine GmbH erwirbt eigene Anteile für 100 € je Stück und überträgt sie im Rahmen eines Mitarbeiterprogramms an Arbeitnehmer für 60 €.
→ Betriebsausgabe: 40 € pro Anteil (Differenzbetrag).

Für den Arbeitnehmer liegt gleichzeitig steuerpflichtiger Arbeitslohn in Höhe dieses geldwerten Vorteils vor (§ 19 EStG).


3. Bedeutung für die Praxis

Die Klarstellung der Finanzverwaltung schafft Rechtssicherheit für Unternehmen, die Mitarbeiterbeteiligungen mit eigenen Anteilen gestalten möchten.
Damit gilt:

  • Der Betriebsausgabenabzug bleibt vollständig erhalten, auch wenn eigene Anteile statt Barlohn gewährt werden.
  • Die Ausgabe eigener Anteile wird nicht wie eine Entnahme behandelt.
  • Der geldwerte Vorteil beim Arbeitnehmer unterliegt weiterhin der Lohnsteuer und Sozialversicherung, sofern keine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 39 oder § 19a EStG greift.

4. Praxistipp

Unternehmen sollten:

  1. Die Kosten für den Erwerb eigener Anteile genau dokumentieren, um den abzugsfähigen Aufwand nachweisen zu können.
  2. Verträge und Programme klar gestalten, damit die lohnsteuerliche Bewertung eindeutig nachvollziehbar ist.
  3. Prüfen, ob ggf. eine Steuervergünstigung nach § 19a EStG (steuerfreie Mitarbeiterbeteiligung bis 2.000 €) genutzt werden kann.

Fazit

Die Finanzverwaltung bestätigt:

Die Ausgabe eigener Anteile an Arbeitnehmer im Rahmen eines Mitarbeiterbeteiligungsprogramms bleibt betrieblich veranlasst.

Damit ist der Betriebsausgabenabzug zulässig, und es erfolgt keine steuerliche Kürzung.
Für Arbeitgeber eröffnet diese Klarstellung Planungssicherheit und vereinfacht die steuerliche Gestaltung von Mitarbeiterbeteiligungen.

Steuerliche Absetzbarkeit von Ausgaben für Internetauftritt und Online-Shop

Immer mehr Unternehmen betreiben eine eigene Website oder einen Online-Shop. Dabei prüfen Finanzämter zunehmend genau, welche Aufwendungen steuerlich als Betriebsausgaben abzugsfähig sind und welche aktiviert werden müssen. Eine aktuelle interne Verfügung der Finanzverwaltung bringt hierzu Klarheit.


1. Domain – Immaterielles, nicht abnutzbares Wirtschaftsgut

Die Domain ist steuerlich als immaterielles Wirtschaftsgut einzustufen.
Da sie jedoch nicht abnutzbar ist, dürfen Anschaffungskosten beim Erwerb nicht sofort als Betriebsausgaben abgezogen werden.

Folge: Eine steuerliche Auswirkung tritt erst im Zeitpunkt eines Verkaufs oder einer Entnahme der Domain ein.


2. Homepage – Drei unterschiedliche Fallgruppen

Die steuerliche Behandlung der Aufwendungen hängt davon ab, wie die Homepage erstellt wurde.

a) Homepage I – Eigenerstellung oder Dienstleistungsvertrag

Wird die Website vom eigenen Personal oder durch externe Dienstleister im Rahmen eines Dienstleistungsvertrags (z. B. Webdesign-Agentur auf Stundenbasis) erstellt, sind die dafür anfallenden Kosten sofort abziehbare Betriebsausgaben.

Diese Aufwendungen führen nicht zur Aktivierung eines Wirtschaftsguts, da keine greifbare Vermögensposition entsteht, sondern lediglich laufender Aufwand für die Außendarstellung des Unternehmens.


b) Homepage II – Erstellung im Rahmen eines Werkvertrags

Wird die Homepage durch ein anderes Unternehmen im Rahmen eines Werkvertrags erstellt (z. B. mit Übergabe eines fertigen, funktionsfähigen Internetauftritts), handelt es sich um die Herstellung eines Wirtschaftsguts.

In diesem Fall müssen die Aufwendungen aktiviert und über die Nutzungsdauer abgeschrieben werden.


c) Homepage III – Abschreibung und Nutzungsdauer

Ist die Homepage zu aktivieren, stellt sich die Frage nach der Nutzungsdauer.
Das BMF-Schreiben vom 22. Februar 2022 zur einjährigen Nutzungsdauer digitaler Wirtschaftsgüter ist hier nicht anwendbar.

Die Finanzverwaltung akzeptiert stattdessen eine Nutzungsdauer von drei Jahren im Schätzungsweg.
Damit sind die Anschaffungskosten über drei Jahre linear abzuschreiben.


3. Shopsystem-Software – Einjährige Nutzungsdauer möglich

Für Software, die den Betrieb des Online-Shops ermöglicht (z. B. Shop-Systeme, Warenkorbfunktion, Datenverwaltung), gilt eine andere Regelung.

Hierbei handelt es sich um Betriebs- und Anwendersoftware zur Dateneingabe und -verarbeitung.
Damit greift das BMF-Schreiben vom 22.2.2022, wonach ein Wahlrecht zur einjährigen Nutzungsdauer besteht.

Das bedeutet:
Die Anschaffungskosten für die Shopsoftware können sofort im Jahr der Anschaffung vollständig abgeschrieben werden.


4. Laufende Pflegekosten sind immer sofort abziehbar

Wichtig für die Praxis:
Alle laufenden Kosten für die Pflege, Aktualisierung und technische Wartung der Homepage oder des Shopsystems sind sofort abzugsfähige Betriebsausgaben.

Dazu gehören insbesondere:

  • inhaltliche Anpassungen (z. B. neue Texte, Bilder, Preisänderungen)
  • technische Updates oder Sicherheitsanpassungen
  • kleinere Designänderungen, die das Grundkonzept nicht verändern

Diese Maßnahmen stellen keine Herstellung eines neuen Wirtschaftsguts dar und führen somit nicht zu einer Aktivierung.


Fazit

Die steuerliche Behandlung von Internetauftritt und Online-Shop hängt stark von der Art der Aufwendungen und der vertraglichen Gestaltung ab:

FallSteuerliche Behandlung
Erwerb einer DomainKeine sofortigen Betriebsausgaben (nicht abnutzbar)
Homepage – DienstleistungsvertragSofort abzugsfähige Betriebsausgaben
Homepage – WerkvertragAktivierung, Abschreibung über 3 Jahre
Shopsystem-SoftwareSofortabschreibung möglich (1 Jahr Nutzungsdauer)
Laufende PflegeSofort abzugsfähig

Praxistipp

Unternehmen sollten Rechnungen und Verträge sorgfältig prüfen, um klar zwischen Dienstleistungs- und Werkleistungen zu unterscheiden. Eine saubere Dokumentation hilft, Diskussionen mit dem Finanzamt zu vermeiden.

Gerade bei der Erstellung oder Überarbeitung von Webseiten empfiehlt es sich, frühzeitig steuerlichen Rat einzuholen, um die optimale Abschreibungsstrategie zu wählen.

Betriebsausgabenabzug im Zusammenhang mit der Forschungszulage

In jüngerer Zeit kommt es bei Betriebsprüfungen immer wieder zu Diskussionen, wenn Unternehmen die Kosten im Zusammenhang mit der Beantragung oder Gewährung der Forschungszulage als Betriebsausgaben geltend machen. Einige Finanzämter stellen diese Abzugsfähigkeit in Frage – doch ist das tatsächlich rechtens?


Hintergrund: Forschungszulage als steuerliche Förderung

Die Forschungszulage gemäß dem Forschungszulagengesetz (FZulG) ist eine steuerliche Förderung für Unternehmen, die Forschung und Entwicklung betreiben.
Gefördert werden insbesondere Eigenforschung, Auftragsforschung und experimentelle Entwicklung, die zu neuen oder verbesserten Produkten oder Verfahren führen.

Bei der praktischen Umsetzung entstehen regelmäßig Kosten für Gutachten, Beratungen oder die Antragstellung. Hier stellt sich die Frage, ob diese Aufwendungen steuerlich abzugsfähig sind.


Auffassung der Finanzverwaltung

Nach einer Verwaltungsauskunft können Kosten, die im Zusammenhang mit der Antragstellung oder Gewährung der Forschungszulage stehen, grundsätzlich als Betriebsausgaben abgezogen werden.

Die Begründung:

Aufgrund der Zielsetzung des Forschungszulagengesetzes ist von einer betrieblichen Veranlassung auszugehen.

Damit folgt die Finanzverwaltung der Linie, die bereits im Zusammenhang mit der Investitionszulage vertreten wurde (vgl. BMF-Schreiben vom 21.12.2007 zu Steuerberatungskosten).


Keine Anwendung des § 12 Nr. 3 EStG

Ein häufiger Irrtum: Manche Prüfer stützen ihre ablehnende Haltung auf § 12 Nr. 3 EStG in Verbindung mit § 3 Abs. 4 AO, wonach bestimmte Nebenleistungen steuerlich nicht abzugsfähig sind.

Doch die Finanzverwaltung stellt klar:

Aufwendungen, die mit der Beantragung der Forschungszulage zusammenhängen, gehören nicht zu den in § 12 Nr. 3 EStG genannten Nebenleistungen.

Damit steht § 12 Nr. 3 EStG einem Betriebsausgabenabzug nicht entgegen.


§ 3c Abs. 1 EStG ebenfalls nicht einschlägig

Ebenfalls ausgeschlossen ist die Anwendung von § 3c Abs. 1 EStG, da diese Vorschrift nur greift, wenn Aufwendungen mit steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen.
Die Forschungszulage ist aber keine steuerfreie Einnahme im klassischen Sinne, sondern eine steuerliche Fördermaßnahme, die das Unternehmen für betriebliche Aufwendungen erhält.

Folglich kann der Abzug der damit verbundenen Kosten nicht verweigert werden.


Praxishinweis

Unternehmen, die externe Beratung für die Antragstellung oder die Dokumentation der Forschungsprojekte in Anspruch nehmen, sollten:

  1. Rechnungen und Leistungsbeschreibungen sorgfältig dokumentieren,
  2. die betriebliche Veranlassung der Aufwendungen klar erkennbar machen (z. B. durch Verweis auf konkrete Forschungsprojekte),
  3. sich im Fall von Einwänden durch den Betriebsprüfer auf die Verwaltungsauffassung und das BMF-Schreiben vom 21.12.2007 berufen.

Fazit

Die Rechtslage ist eindeutig:
Kosten im Zusammenhang mit der Beantragung oder Gewährung der Forschungszulage sind betrieblich veranlasst und als Betriebsausgaben abziehbar.
Weder § 12 Nr. 3 EStG noch § 3c Abs. 1 EStG stehen dem entgegen.

Unternehmen, die Forschungszulagen beantragen, sollten diese steuerlichen Vorteile konsequent nutzen – und im Prüfungsfall mit klarer Argumentation verteidigen.

Aktuelle Steuerinfos kurz zusammengefasst

Nachfolgend finden Sie eine Auswahl interessanter steuerlicher Kurznachrichten aus Gesetzgebung, Verwaltung und Praxis – übersichtlich und auf den Punkt gebracht.


1. Höhere Übungsleiterpauschale und Ehrenamtspauschale ab 2026

Die Bundesregierung und das Bundesministerium der Finanzen (BMF) haben in einer gemeinsamen Pressemitteilung vom 10. September 2025 angekündigt, dass ab dem 1. Januar 2026 folgende Steuerfreibeträge angehoben werden:

  • Übungsleiterpauschale: Anstieg von derzeit 3.000 EUR auf 3.300 EUR jährlich
  • Ehrenamtspauschale: Erhöhung von 840 EUR auf 960 EUR jährlich

Diese Anpassungen würdigen das ehrenamtliche Engagement vieler Bürgerinnen und Bürger und sollen insbesondere Vereine und gemeinnützige Organisationen entlasten.


2. Anpassung von Folgebescheiden an Grundlagenbescheide

Das Bayerische Landesamt für Steuern hat am 5. August 2025 (Az. S 0353.1.1-2/7 St 43) detailliert erläutert, welche verfahrensrechtlichen Besonderheiten bei der Anpassung von Folgebescheiden an Grundlagenbescheide zu beachten sind. Für die Praxis bedeutet dies: Wird ein Grundlagenbescheid geändert, muss die Finanzverwaltung den entsprechenden Folgebescheid automatisch und rechtzeitig anpassen – ein wichtiger Punkt insbesondere für Steuerberater und betroffene Steuerpflichtige.


3. Photovoltaikanlagen: Unternehmereigenschaft und Umsatzsteuer

Die Oberfinanzdirektion Karlsruhe hat mit Verfügung vom 14. August 2025 (S 7104) klargestellt, wann der Betrieb einer Photovoltaikanlage zur Unternehmereigenschaft im umsatzsteuerlichen Sinne führt.
Die Verfügung erläutert praxisnah, in welchen Fällen der Betreiber einer Anlage umsatzsteuerpflichtig wird und Vorsteuerabzug geltend machen kann. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Abgrenzung zwischen privater Nutzung und unternehmerischer Tätigkeit – ein häufiges Thema in der Beratungspraxis.


4. Verlängerte Aufbewahrungspflichten für Finanzinstitute

Um Steuerhinterziehung und Steuerbetrug besser aufdecken zu können, hat das Bundeskabinett am 6. August 2025 beschlossen, die Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege bei Banken, Versicherungen und Wertpapierinstituten von bisher acht auf zehn Jahre zu verlängern (BMF, Onlinemeldung 13/2025).
Diese Maßnahme stärkt die Transparenz im Finanzsektor und erhöht die Nachvollziehbarkeit von Transaktionen für steuerliche Prüfungen.


5. Umsatzsteuerbefreiung bei Anlagegold

Nach § 25c Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 UStG sind die Lieferung, Einfuhr und der innergemeinschaftliche Erwerb von Anlagegold von der Umsatzsteuer befreit. Die OFD Baden-Württemberg hat am 27. März 2025 (S 7423) eine ausführliche Stellungnahme veröffentlicht, in der der Begriff des Anlagegolds näher definiert wird. Dies betrifft insbesondere Banken, Edelmetallhändler und Investoren, die mit Anlagegold handeln oder es importieren. Die Verfügung schafft mehr Rechtssicherheit in der Praxis und konkretisiert die Anforderungen an die Umsatzsteuerbefreiung.


Fazit

Die aktuellen Entwicklungen zeigen, dass der Gesetzgeber und die Finanzverwaltung weiterhin an zahlreichen Stellen nachjustieren – von der Förderung des Ehrenamts über die steuerliche Behandlung von Photovoltaikanlagen bis hin zur Verschärfung von Dokumentationspflichten im Finanzsektor.
Für Steuerpflichtige und Berater lohnt es sich, diese Änderungen frühzeitig im Blick zu behalten, um rechtzeitig zu reagieren und Gestaltungsspielräume zu nutzen.

Zweifel am „Goldfinger“-Modell: Wann greift § 15b EStG wirklich?

Kernthese: Ob eine Einkunftsquelle als Steuerstundungsmodell im Sinne des § 15b Abs. 1, 2 EStG gilt, muss immer anlegerbezogen und durch eine wertende Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls geprüft werden. Das Label der Gestaltung ist dabei weniger wichtig als die tatsächlichen Motive und die operative Substanz.


1. Hintergrund: Was sind „Goldfinger“-Gestaltungen?

„Goldfinger“-Modelle sind komplexe Strukturen (oft über ausländische Personengesellschaften mit Einnahmen-Überschuss-Rechnung), deren primäres Ziel die kurzfristige Erzeugung hoher negativer Einkünfte ist.

Diese Verluste sollen im Inland mit anderen Einkünften verrechnet werden, während der spätere wirtschaftliche Gewinn häufig durch spezielle Konstruktionen (z. B. Auslandssachverhalt) steuerfrei bleibt, aber den Steuersatz über den Progressionsvorbehalt anhebt.

Das Risiko: Greift die Vorschrift des § 15b EStG (Steuerstundungsmodell), werden diese Verluste gesperrt und sind nur mit künftigen Gewinnen aus derselben Quelle verrechenbar. Die gewünschte Steuerwirkung entfällt komplett.


2. Der rechtliche Rahmen: § 15b EStG

Ein Steuerstundungsmodell liegt vor, wenn der Erwerb oder die Beteiligung nach einem Gesamtkonzept auf die Erzielung von Steuervorteilen (insbesondere Verluste) ausgerichtet ist.

Typische Indizien für ein Steuerstundungsmodell sind:

  • Der Vertrieb fokussiert auf den Steuereffekt statt auf die Wirtschaftlichkeit.
  • Es liegt ein vorgefertigtes, standardisiertes Konzept vor, oft mit kurzer Haltedauer.
  • Das Timing um den Jahreswechsel dient als Ertragsmotor.
  • Prognoserechnungen, in denen der Steuervorteil die Rendite trägt.

3. Die BFH-Perspektive: Vorrang des Einzelfalls

Das Finanzgericht (FG) hat in einem aktuellen Fall zur gewerblichen Goldhandels-Gestaltung die Annahme eines Steuerstundungsmodells abgelehnt und die Klage des Steuerpflichtigen bejaht.

Kernaussagen des FG:

  • Anlegerbezogene Prüfung: Entscheidend ist, ob das Steuersparen das prägende Ziel für die konkrete Mandantin/den Gesellschafter war.
  • Gesamtwürdigung: Nur wenn die steuerliche Stundung das überwiegende Motiv im Gesamtkonzept ist, greift § 15b EStG.
  • Entlastende Indizien: Selbst Indizien wie negatives Einkommen oder Jahreswechsel-Timing sprechen nicht zwingend für ein Steuerstundungsmodell, wenn operative Substanz, echtes Marktrisiko und eine individuelle Ausgestaltung vorliegen.

Ergebnis: Das Gericht erkannte die wirtschaftlichen Motive und die operative Substanz an. Die Verluste konnten steuerlich geltend gemacht werden.


4. Praxisfolgen & Checkliste zur Verteidigung

Unternehmer und Investoren in komplexen Modellen müssen beweisen, dass die wirtschaftliche Zielsetzung dominant ist.

Verteidigungsansätze:

  1. Wirtschaftliche Dokumentation: Halten Sie die wirtschaftlichen Motive (Handelsstrategie, Margenmodelle) nachweisbar fest. Verträge müssen individuell und ökonomisch begründet sein.
  2. Substanz und Risiko: Dokumentieren Sie die echte operative Tätigkeit (Handel, Logistik) sowie die tatsächliche Risikotragung und den Entscheidungsprozess (z. B. Investmentkomitees).
  3. Vorsicht bei Vertrieb: Werbematerialien dürfen den Steuervorteil nicht primär herausstellen. Das Ertragsmodell muss wirtschaftlich belastbar sein.
  4. Transparenz: Die Einhaltung von Meldepflichten wie AIA (automatischer Informationsaustausch) sowie eine ordnungsgemäße Erklärung mindern Straf- und Zinsrisiken.

Checkliste: Die wichtigsten Resilienzfaktoren

  • Geschäftskonzept: Plausible Marktlogik, Preissetzung, Rentabilitätsprognose (ohne Steuer als Haupttreiber).
  • Vertragswerk: Keine Standard-Baukästen, sondern individuelle Vereinbarungen.
  • Risikomanagement: Dokumentation der Risikotragung (Preis- und Währungsrisiken).
  • Rechtsgutachten: Bei Borderline-Fällen kann ein steuerliches Kurz-Memo oder die Beantragung einer verbindlichen Auskunft ratsam sein.

Fazit

Der BFH stärkt die Rechte der Steuerpflichtigen, indem er eine unkritische und automatische Anwendung des § 15b EStG ablehnt. Wer belegen kann, dass die operative Substanz und die echte Marktteilnahme das dominierende Motiv waren, kann den Verlustabzug auch bei komplexen Auslandsgestaltungen sichern.

✅ Wo gilt § 15b EStG weiterhin

  • § 15b Abs. 1 EStG verbietet den sofortigen oder querverrechnenden Ausgleich von Verlusten aus einer Einkunftsquelle, wenn diese Einkunftsquelle ein „Steuerstundungsmodell im Sinne von § 15b Abs. 2 EStG“ darstellt — Verluste dürfen nur mit künftigen positiven Einkünften derselben Quelle verrechnet werden.
  • Es gibt nach wie vor Rechtsprechung, die solche Modelle als steuerlich zulässig (oder zumindest nicht per se verboten) behandelt — aber nur unter sehr strengen Voraussetzungen.
  • Die Vorschrift wurde nicht abgeschafft oder grundlegend geändert — sie ist weiter anwendbar.

⚠️ Warum die klassische Verlust-Gestaltung kaum noch wie früher funktioniert

  • Der Gesetzgeber hat mit § 15b EStG (erstmals eingeführt 2005) genau das Verrechnungskonzept für sogenannte „Steuerstundungsmodelle“ eingeschränkt: Verluste dürfen nicht mehr beliebig mit anderen Einkünften verrechnet werden.
  • Die Finanzverwaltung legt in Anwendungsschreiben nahe, dass Anlaufverluste von Existenzgründern nicht unter § 15b fallen.
  • Die Rechtsprechung (z. B. Bundesfinanzhof) betont, dass nicht jedes Konzept mit Verlustzuweisungen automatisch als Steuerstundungsmodell gilt — zentral ist eine modellhafte Gestaltung, also ein Konzept mit vorrangig steuerlichem Ziel.
  • Damit ist die Gefahr groß, dass – wenn Sie heute ein Konzept mit Verlustzuweisung planen – das Finanzamt bzw. Gericht sehr genau prüft, ob es sich tatsächlich um ein legitimes Geschäftsmodell handelt oder um eine Gestaltung mit vorrangigem Steuerziel. In letzterem Fall greift § 15b.

🔍 Kann man also noch „gestalten“ — und wenn ja wie?

Ja — aber nur mit höherer Planungssicherheit, höherer Dokumentationslast und realistischem Geschäftsmodell. Entscheidend sind dabei:

  • Es darf nicht vorrangig um Steuerersparnis durch Verluste gehen, sondern um eine echte wirtschaftliche Aktivität mit Gewinnerzielungsabsicht.
  • Das Konzept muss nicht ausschließlich auf Verlustzuweisung ausgelegt sein — das allein reicht nicht zur Annahme eines Steuerstundungsmodells.
  • Die Verluste-Verrechnung ist nur noch mit Gewinnen aus derselben Einkunftsquelle möglich — also horizontale/vertikale Verrechnung mit anderen Einkunftsarten ist ausgeschlossen.
  • In vielen Fällen lohnt sich eine verbindliche Auskunft oder ein Gutachten zur Bewertung, ob ein vorgedachtes Modell unter § 15b fällt oder nicht.

🧮 Fazit

  • Ein Modell mit primär steuerlichem Verlustziel ist heute hoch riskant – das Finanzamt könnte § 15b anwenden und damit die Verlustverrechnung stark einschränken.
  • Wenn Sie ein Konzept mit echtem Geschäftszweck, ausreichender Substanz, realistischem Gewinn-/Verlustprofil, und nicht primär auf Steuerersparnis planen, ist Gestaltung möglich — aber mit klaren Bedingungen.
  • Man kann nicht mehr einfach „Verluste generieren und sofort mit allem verrechnen“ – dies ist durch Gesetz und Rechtsprechung deutlich erschwert worden.

Wegzugsbesteuerung: Gestaltungsmöglichkeiten

Der Wegzug von vermögenden Privatpersonen ins Ausland kann die Wegzugsbesteuerung nach § 6 Außensteuergesetz (AStG) auslösen. Diese Regelung zielt darauf ab, die in Deutschland entstandenen stillen Reserven in privaten Unternehmensbeteiligungen zu besteuern, bevor das Besteuerungsrecht Deutschlands aufgrund des Wegzugs entfällt oder beschränkt wird.

Ziel einer vorausschauenden Planung ist es, Liquiditätsbelastungen zu vermeiden und eine Doppelbesteuerung zu verhindern.


Rechtsgrundlagen: Wann greift die Wegzugsbesteuerung?

Die Wegzugsbesteuerung betrifft Anteile an Kapitalgesellschaften im Privatvermögen. Sie wird ausgelöst, wenn:

  • Eine natürliche Person in den letzten 10 Jahren mindestens 5 Jahre unbeschränkt in Deutschland steuerpflichtig war.
  • Die Person zum Zeitpunkt des Wegzugs (Aufgabe des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts) mindestens 1 % der Anteile an einer Kapitalgesellschaft hält.

Rechtsfolge: Der Wegzug wird als „fiktiver Verkauf“ der Anteile zum gemeinen Wert (Marktwert) betrachtet. Der Gewinn – die bis dahin entstandenen stillen Reserven – wird nach dem Teileinkünfteverfahren (60 % steuerpflichtig) besteuert.

Wichtig: Anteile an Personengesellschaften oder Betriebsvermögen unterliegen anderen Entstrickungsnormen. Bleibt hier eine inländische Betriebsstätte bestehen, greift die Wegzugsbesteuerung für diese Anteile i. d. R. nicht.


Bewertung und Liquiditätsprobleme

Die Wegzugsteuer führt zu einem Liquiditätsproblem, da die Steuer fällig wird, ohne dass tatsächlich Geld aus einem Verkauf fließt.

  • Bemessungsgrundlage: Der gemeine Wert (Marktwert) der Anteile abzüglich der ursprünglichen Anschaffungskosten.
  • Praxis-Tipp: Die Bewertung sollte frühzeitig gestaltet werden. Ein substanziertes Gutachten (z. B. auf Basis von DCF-Verfahren oder Multiples) und die Dokumentation von wertmindernden Faktoren kann die Bemessungsgrundlage reduzieren.

Gestaltungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Liquiditätsschocks

1. EU-Stundung und Rückkehrregelung

Ein Wegzug in einen Staat der EU/EWR (Europäischer Wirtschaftsraum) ermöglicht einen Steueraufschub (Stundung).

  • Bedingung: Der Aufschub erfolgt heute grundsätzlich ohne Sicherheitsleistung, erfordert aber die fortlaufende Erfüllung von Überwachungstatbeständen. Es dürfen keine schädlichen Ereignisse eintreten (z. B. Veräußerung, schädliche Ausschüttungen von mehr als 25 % des Wegzugsgewinns).
  • Rückkehr: Eine Rückkehr nach Deutschland binnen sieben Jahren (verlängerbar auf zwölf Jahre) führt zum Erlass der Wegzugsteuer, sofern kein schädliches Ereignis eingetreten ist.
  • Nachteil: Der Prozess ist administrativ anspruchsvoll (Monitoring, Compliance-Kalender).

2. Einbringung in eine inländische Personengesellschaft (GmbH & Co. KG)

Dies ist eine wirksame Gestaltung, um den fiktiven Verkauf zu verhindern.

  • Ziel: Die privaten GmbH-Anteile werden vor dem Wegzug in das Betriebsvermögen einer neu gegründeten GmbH & Co. KG eingebracht. Da die Anteile dann nicht mehr im Privatvermögen liegen, greift § 6 AStG nicht mehr.
  • Knackpunkt (Substanz): Die KG muss eine echte inländische Betriebsstätte besitzen und eine funktionale Verknüpfung zu den eingebrachten GmbH-Anteilen nachweisen (z. B. Managementleistungen, eigene Räume, Personal).
  • Wirkung: Die Besteuerung der stillen Reserven bleibt in Deutschland steuerverhaftet, wird aber auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Veräußerung aus der KG verschoben.

Der 10-Punkte-Plan vor dem Wegzug

Eine sorgfältige Planung ist essenziell, um die Wegzugsbesteuerung beherrschbar zu machen.

  1. Beteiligungsinventar: Quoten und Anschaffungskosten der Kapitalgesellschaftsanteile erfassen.
  2. Wertgutachten: Marktwert der Anteile dokumentieren.
  3. DBA-Analyse: Prüfen, ob das Zielland (im Beispiel Spanien) einen „Step-up“ (Anhebung der Anschaffungskosten auf den Einwanderungswert) gewährt, um eine Doppelbesteuerung der Alt-Reserven zu vermeiden.
  4. Gestaltungspfad wählen: Zwischen EU-Stundung und KG-Einbringung entscheiden.
  5. Substanzaufbau: Bei Wahl der KG-Route: Echte Betriebsstätte (Räume, Personal) schaffen.
  6. Governance & Dokumentation: Geschäftsleitung und Verträge in Deutschland für die KG sicherstellen.
  7. Ausschüttungspolitik: Bei EU-Stundung schädliche Ausschüttungen vermeiden.
  8. Liquiditätsplanung: Finanzierung vorbereiten, falls die Steuer droht.
  9. Registrierung im Zielland: Ansässigkeit und lokale Melde-/Anzeigepflichten klären.
  10. Verbindliche Auskunft: Bei komplexen und unsicheren Strukturen eine Klärung beim Finanzamt suchen.

Die Wegzugsbesteuerung ist beherrschbar, wenn die Planung 6 bis 12 Monate vor dem Umzug beginnt und die Bewertung, die DBA-Koordination und die Substanz der gewählten Struktur stimmen.