Archiv der Kategorie: Steuerrecht

DBA Österreich | Behandlung von Hinterbliebenenpensionen (BMF)

Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich  zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 24. August 2000; Steuerliche Behandlung von Hinterbliebenenpensionen nach Artikel 19 Abs. 2 des  Abkommens

Die nachfolgend abgedruckte Konsultationsvereinbarung vom 10. August 2012 dient der Auslegung von Artikel 19 Absatz 2 des DBA Österreich. Sie ist in der folgenden Fassung auf alle
offenen Fälle anzuwenden:Seite 2 „Konsultationsvereinbarung zur Besteuerung von Hinterbliebenenpensionen nach Artikel 19 Absatz 2 des  Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom  Einkommen und vom Vermögen vom 24. August 2000
Gestützt auf Artikel 25 des deutsch-österreichischen Doppelbesteuerungsabkommens haben die zuständigen Behörden der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich
folgende Konsultationsvereinbarung getroffen:

Nach Artikel 19 Absatz 2 dürfen „Ruhegehälter, die von einem Vertragsstaat, einer seiner Gebietskörperschaften oder einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts dieses
Staates an eine natürliche Person für diesem Staat, einer seiner Gebietskörperschaften oder einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts geleistete Dienste gezahlt werden, …
abweichend von Artikel 18 nur in diesem Staat besteuert werden. Diese Ruhegehälter dürfen jedoch nur im anderen Vertragsstaat besteuert werden, wenn die natürliche Person in diesem Staat ansässig ist und ein Staatsangehöriger dieses Staates ist.“ Eine solche Ruhegehaltszahlung, die eine im anderen Staat ansässige Person erhalten hat und  die nach Artikel 19 Absatz 2 des DBA im Ansässigkeitsstaat unter Progressionsvorbehalt  steuerfrei ist, verliert diese Steuerfreiheit nicht dadurch, dass sie nach dem Tod des  ursprünglichen Empfängers an dessen im selben Vertragsstaat ansässigen Ehepartner weitergezahlt wird. Zum Beispiel verliert die an einen pensionierten Polizeibeamten gezahlte deutsche
Staatspension, die nach Artikel 19 Absatz 2 des DBA in Österreich unter Progressionsvorbehalt steuerfrei ist, diese Steuerfreiheit nicht dadurch, dass sie nach dem Tod
des ehemaligen Polizeibeamten an dessen Witwe weitergezahlt wird. Dem Umstand, dass die Witwe keine öffentliche Funktion in Deutschland bekleidet hat, wird nicht die Wirkung
beigemessen, dass eine ursprünglich dem Artikel 19 des DBA zuzuordnende Ruhegehaltszahlung in den Händen der Rechtsnachfolgerin allein deshalb anders zuzuordnen
wäre. Diese nachträglichen Einkünfte beim Rechtsnachfolger sind unter die abkommensrechtliche Einkunftsart einzuordnen, die für den Rechtsvorgänger maßgebend
gewesen ist. Entsprechend ist auch für Zwecke der Anwendung des Artikels 19 Absatz 2 Satz 2 des Abkommens nur auf die Staatsangehörigkeit des ursprünglichen Ruhegehaltsempfängers abzustellen. Daher ist eine nach dieser Abkommensbestimmung in Österreich steuerfrei zu stellende deutsche Staatspension nach Ableben des Ehemannes bei dessen Witwe auch dann nicht zu besteuern, wenn diese bereits zu Lebzeiten des Ehemanns die österreichische Staatsangehörigkeit hatte.
Diese Konsultationsvereinbarung ist auf alle zum Zeitpunkt der Unterzeichnung noch offenen Fälle anzuwenden.

Fragen und Antworten zum Steuerabkommen mit der Schweiz

Fragen und Antworten zum Steuerabkommen mit der Schweiz

Mit dem deutsch-schweizerischen Steuerabkommen sollen die Besteuerung deutscher Kapitalvermögen in der Schweiz gesichert und die deutsch-schweizerischen steuerlichen Beziehungen auf eine zukunftsfähige Basis gestellt werden. Hier erhalten Sie Antworten auf die am häufigsten gestellten Fragen zu der Vereinbarung.

Was ist das deutsch-schweizerische Steuerabkommen?

Was ist das deutsch-schweizerische Steuerabkommen?

Das deutsch-schweizerische Steuerabkommen (eigentlich: Abkommen vom 21. September 2011 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt in der Fassung vom 5. April 2012) ist ein bilaterales Abkommen über die Besteuerung von Finanzanlagen deutscher Steuerpflichtiger in der Schweiz. Das Schweizer Parlament hat das Abkommen im Juli 2012 gebilligt. In Deutschland befindet sich das Steuerabkommen im Ratifizierungsverfahren, das im Herbst 2012 abgeschlossen werden soll. In Kraft treten und angewendet werden soll das Steuerabkommen zum 1. Januar 2013.

Was wird durch das Steuerabkommen geregelt?

Das Steuerabkommen dient der gleichmäßigen steuerlichen Behandlung von Finanzanlagen in Deutschland und der Schweiz. Bei schweizerischen Banken verwaltete Kapitalvermögen und -erträge von in Deutschland steuerpflichtigen Personen können bislang nur schwer besteuert werden. Durch das Steuerabkommen wird die Erhebung der Steuern in der Schweiz ermöglicht und damit eine Gleichbehandlung gegenüber inländischen Anlegern geschaffen. Bereits in der Schweiz unversteuert angelegte Gelder werden dabei nachversteuert.

Zudem wird die Besteuerung von in der Schweiz belegenen Vermögenswerten im Erbschaftsfall deutscher Steuerpflichtiger – entweder durch Meldung an die zuständigen deutschen Finanzbehörden oder durch Besteuerung mit dem Höchstsatz von 50 Prozent – sichergestellt.

Flankierend hierzu wird durch einen gegenüber dem OECD-Standard erweiterten Informationsaustausch ein zusätzliches Entdeckungsrisiko für Schwarzgeld in der Schweiz geschaffen.

 

Warum braucht man das Steuerabkommen?

Durch das Steuerabkommen wird die effektive Besteuerung der in Deutschland steuerpflichtigen Personen mit Kapitalanlagen in der Schweiz sichergestellt. Hauptziel ist es, künftig auch in Schweiz die deutschen Steueransprüche gegenüber deutschen Steuerpflichtigen vollständig durchzusetzen. Bisher ist das nur unzureichend möglich. Gegenüber denjenigen, die auch schon bisher in Deutschland ordnungsgemäß ihre Steuern bezahlt haben, ist das eine zentrale Frage der Gerechtigkeit.

Das Steuerabkommen schafft mit der Nachbesteuerung für die Vergangenheit sowie der Quellensteuer und der Erhebung von Erbschaftsteuer für die Zukunft eine steuerliche Gleichbehandlung.

Wie hoch werden die Kapitalerträge künftig bei Schweizer Banken besteuert?

Grundsätzlich kommt auf deutsche Anleger in der Schweiz die gleiche Belastung zu wie in Deutschland. Kapitalerträge – also Zinsen, Dividenden, sonstige Erträge und Veräußerungsgewinne – werden mit 25 Prozent Kapitalertragsteuer zzgl. 5,5 Prozent Solidaritätszuschlag hieraus, also insgesamt 26,375 Prozent, besteuert. Optional kann die Kirchensteuer, zum Steuersatz von 9 Prozent, entrichtet werden. Dann ergibt sich ein Gesamtsteuersatz von 27,9951 Prozent.

 

Wie hoch wird das bisher unversteuerte Kapital bei Schweizer Banken besteuert?

In der Schweiz auf Konten oder Depots angelegte unversteuerte Vermögenswerte deutscher Steuerpflichtiger werden in Höhe von 21 Prozent bis 41 Prozent des Kapitals nachversteuert. Die exakte Höhe des Steuersatzes hängt von der Haltedauer und Höhe der Anlage ab und wird durch eine Formel berechnet.

Kann der Steuersatz für die Zukunft auch verändert werden?

Der Steuersatz für Erträge aus Vermögen deutscher Anleger bei schweizerischen Banken richtet sich nach dem Steuersatz für Kapitalerträge aus Vermögen in Deutschland. Das Abkommen sieht vor, dass entsprechende Änderungen im deutschen Recht der zuständigen schweizerischen Behörde mitgeteilt werden. Die Steuersätze, die nach Unterzeichnung dieses Abkommens im deutschen Recht geändert werden, finden zeitgleich Anwendung auf die Besteuerung der entsprechenden Erträge in der Schweiz. Sollte die Schweiz der Anhebung der Steuersätze nicht nachkommen, kann Deutschland mit einer Frist von sechs Monaten das Abkommen kündigen.

 

Müssen Anleger neben der Besteuerung mit weiteren Konsequenzen rechnen?

Da das Abkommen für die Vergangenheit und Zukunft eine ordnungsgemäße Besteuerung der in der Schweiz befindlichen Vermögensanlagen sicherstellt, besteht kein Grund für weitere Sanktionen. Bereits vor der Unterzeichnung des Steuerabkommens laufende Verfahren werden jedoch fortgeführt. Eine Einstellung dieser Verfahren ist auch nach dem In-Kraft-Treten des Abkommens nicht vorgesehen.

Hat das Steuerabkommen Auswirkungen auf mein Erspartes bei einer Bank in Deutschland?

Das Steuerabkommen greift nur für Kapitalvermögen deutscher Anleger bei Kreditinstituten in der Schweiz. Guthaben bei Banken im Inland sind davon nicht berührt. Hier richtet sich die Besteuerung nach den deutschen Steuergesetzen. Umgekehrt kann die Schweiz nach dem Steuerabkommen entsprechende Maßnahmen bei der Besteuerung von Vermögen schweizerischer Anleger bei Banken in Deutschland fordern. Dies ist jedoch aktuell noch nicht vorgesehen.

 

Wo liegt der Vorteil des neuen Verfahrens?

Die Steuer auf Kapitalerträge wird in der Schweiz, wie bereits im Inland, als Quellensteuer erhoben. Diese Steuer wird direkt von den Kreditinstituten einbehalten und abgeführt.

 

Warum werden die Vermögenserträge anonym besteuert?

Auch in Deutschland wird die Abgeltungsteuer als Quellensteuer auf Kapitalerträge einbehalten und anonym abgeführt. Flankierend hierzu besteht aber für die deutschen Finanzbehörden die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen eine Überprüfung vorzunehmen. Diesem System sind die Regelungen nach dem Steuerabkommen nachgebildet. Auch das Steuerabkommen sieht erstmals Überprüfungsmöglichkeiten für Vermögensanlagen deutscher Steuerpflichtiger in der Schweiz vor.

Warum werden Vermögenswerte für die Vergangenheit anonym besteuert?

Mit dem Steuerabkommen sollen die steuerlichen Beziehungen zwischen Deutschland und der Schweiz auf eine neue rechtliche Grundlage gestellt werden. Dazu ist erforderlich, dass Vermögensanlagen in der Schweiz kurzfristig und pragmatisch einer realistischen Nachversteuerung unterworfen werden. Dies gebietet schon die Steuergerechtigkeit. Die einzige Möglichkeit dieses technisch umzusetzen, besteht in einer pauschalen statt einer individuellen Nachversteuerung, die jedoch auf Wunsch möglich ist. Anonym geschieht dies, weil eine rückwirkende Durchbrechung des strafrechtlich geschützten Bankgeheimnisses in der Schweiz verfassungsrechtlich nicht möglich ist. Daher ist eine rückwirkende namentliche Nennung der deutschen Steuerpflichtigen, die von der Möglichkeit der Nachversteuerung Gebrauch machen, der Schweiz aus Rechtsgründen nicht möglich.

 

Ist das Abkommen mit geltendem EU-Recht vereinbar?

Das deutsch-schweizerische Steuerabkommen ist mit dem EU-Recht vereinbar. Zinszahlungen, die unter das zwischen der EU und der Schweiz geltende Zinsbesteuerungsabkommen fallen, sind vom Anwendungsbereich des deutsch-schweizerischen Steuerabkommens ausgenommen. Dies gilt auch bei künftigen Erweiterungen des EU-Zinsbesteuerungsabkommens mit der Schweiz ab dem Zeitpunkt der Anwendung der Erweiterungen. Das deutsch-schweizerische Steuerabkommen in der Fassung von 5. April 2012 ist mit der Europäischen Kommission abgestimmt.

Wie kommen die Steuern nach Deutschland?

Die Steuern werden, wie die deutsche Abgeltungsteuer sofort als Quellensteuer durch die schweizerischen Zahlstellen einbehalten und über die Eidgenössische Steuerverwaltung und das Bundeszentralamt für Steuern den berechtigten deutschen Körperschaften überwiesen.

 

Wie viel Geld deutscher Anleger liegt unversteuert in der Schweiz?

Niemand ist in der Lage, eine seriöse Aussage darüber zu treffen, wie viel unversteuerte Vermögensanlagen deutscher Steuerpflichtiger bei Kreditinstituten in der Schweiz angelegt sind. Das Bundesministerium der Finanzen geht aufgrund allgemein zugänglicher Quellen von einem Gesamtanlagevolumen deutscher Anleger in der Schweiz von ca. 260 bis 360 Mrd. CHF aus. Erfahrungsgemäß dürften davon ca. 50 Prozent auf institutionelle Anleger (z.B. Pensionsfonds) entfallen. Demzufolge erscheint ein Volumen von 130 bis 180 Mrd. CHF in der Schweiz, das Privatanlegern zuzurechnen ist, plausibel. Weil diese Kapitalanlagen zum Teil schon sehr lange in der Schweiz liegen, sind die darauf beruhenden Steueransprüche bereits teilweise durch Verjährung erloschen. Weiterhin waren viele Kapitalerträge nicht oder nur zum Teil steuerpflichtig. Unversteuerte Kapitalanlagen in Höhe von 60 bis 95 Mrd. CHF erscheinen deshalb nicht ausgeschlossen.

 

Wie hoch sind die zu erwartenden Einnahmen aus der Nachversteuerung?

Die exakte Bestimmung der Steuereinnahmen hängt von vielen Variablen, wie dem Anlagevolumen und der individuellen Anlagesituation, ab. Eine genaue Berechnung ist nur schwer möglich. Geht man von einem Anlagevolumen von 60 Mrd. CHF aus und wendet darauf 21 Prozent an, dann erscheinen 10 Mrd. Euro nicht ausgeschlossen. Da diese Werte jedoch naturgemäß mit vielen Unsicherheiten behaftet sind, wird im Ratifizierungsgesetz nur der im Abkommen garantierte Betrag von 2 Mrd. CHF ausgewiesen. Dieser Betrag fließt dem deutschen Fiskus (Bund, Ländern und Gemeinden) unabhängig von allen Variablen und Unwägbarkeiten auf alle Fälle zu.

 

Gibt es mit anderen Ländern auch entsprechende Abkommen?

Die Schweiz hat bisher entsprechende Steuerabkommen mit Großbritannien und Österreich abgeschlossen.

 

Wie wird die Einhaltung des Abkommens sichergestellt?

Die zuständige schweizerische Behörde kontrolliert regelmäßig bei den schweizerischen Zahlstellen die Einhaltung der Pflichten nach diesem Steuerabkommen. Im Übrigen wird die zuständige deutsche Behörde über die Resultate und wichtigsten Erkenntnisse dieser Kontrollen informiert und kann diese Ergebnisse veröffentlichen. Weiterhin wird bei der in der Schweiz vorgeschriebenen jährlichen Prüfung der finanziellen Rechnungslegung von Finanzinstituten durch ein unabhängiges Revisionsunternehmen auch die Einhaltung von Rechtvorschriften geprüft, die für die Rechnungslegung von Belang sind. In diesem Rahmen wird auch das deutsch-schweizerische Steuerabkommen bei der jährlichen Rechnungsrevision in Übereinstimmung mit den anwendbaren Prüfungsvorschriften zu beachten sein.

Ist nicht auch ein erweiterter Informationsaustausch ratsam?

Die Bundesregierung setzt sich in ihrer Politik für mehr Transparenz im Steuerbereich ein. Ein automatischer Informationsaustausch, wie er etwa mit Ländern der EU (außer Luxemburg und Österreich) erfolgt, konnte mit der Schweiz noch nicht vereinbart werden. Das bilaterale Abkommen stellt jedoch mit der Einführung eines über den (im Jahr 2010 revidierten Doppelbesteuerungsabkommen bereits umgesetzten) OECD-Standard hinausgehenden erweiterten Informationsaustausch bereits einen deutlichen Fortschritt zu mehr Transparenz dar.

Besteht nicht die Gefahr, dass Gelder vor dem In-Kraft-Treten des Abkommens einfach in andere Länder transferiert werden?

Die Verlagerung von Kapitalvermögen deutscher Steuerpflichtiger aus der Schweiz in andere Drittstaaten wird mit Inkrafttreten des Abkommens zum 1. Januar 2013 nicht mehr ohne Meldung möglich sein. Bereits jetzt haben sich die Schweizer Banken dazu verpflichtet, kein Kapital aus steuerlichen Gründen in Drittstaaten anzulegen. Zudem hat die Schweizerische Bankiervereinigung empfohlen, keine Gelder an ausländische Zweigstellen zu transferieren. Die Einhaltung dieser Empfehlung wird von der eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA) kontrolliert. Zudem basiert die Attraktivität des Anlagestandorts Schweiz nicht nur auf finanziellen Gegebenheiten. Investoren schätzen auch Aspekte wie politische Stabilität, fachliche Professionalität und räumliche Nähe. Davon kann bei der Anlage in vermeintlichen Steueroasen nicht ausgegangen werden.

 

Doppelbesteuerung | Schachtelprivileg für brasilianische Eigenkapitalverzinsung (BFH)

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 6.6.2012, I R 6, 8/11; I R 6/11; I R 8/11

Schachtelprivileg für brasilianische Eigenkapitalverzinsung als Dividende

Leitsätze

Zinsen auf das Eigenkapital („juro sobre o capital próprio“) nach Maßgabe der Brasilianischen Gesetze Nr. 9.249/95 und Nr. 9.430/96 sind sowohl Gewinnanteile i.S. des § 26 KStG 1999 und des § 9 Nr. 7 Satz 2 GewStG 1999 als auch –nach dem auch insoweit maßgebenden deutschen Steuerrecht (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1997)– Dividenden i.S. von Art. 10 Abs. 1 und 5 DBA-Brasilien. Als solche sind sie nach Art. 24 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c DBA-Brasilien von der Bemessungsgrundlage der deutschen Körperschaftsteuer auszunehmen. Die Abziehbarkeit der geleisteten Vergütungen im Quellenstaat (hier in Brasilien) ändert daran mangels eines allgemeinen abkommensrechtlichen Korrespondenzgebots nichts.

Tatbestand

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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine AG, ist kraft Verschmelzung im Jahre 2000 Gesamtrechtsnachfolgerin einer GmbH (F-GmbH). Gegenstand des Unternehmens der F-GmbH war im Streitjahr 1999 das Halten und Verwalten von Beteiligungen im In- und Ausland.
2
Die F-GmbH hielt die Geschäftsanteile an einer Schweizer AG (F-CH AG), deren Geschäftszweck ebenfalls das Halten und Verwalten von internationalen Beteiligungen war. Die F-CH AG wiederum war zu 26 v.H. an einer brasilianischen Kapitalgesellschaft (F-B S.A.), sowie zu 85 v.H. an einer in Hongkong ansässigen Kapitalgesellschaft (F-HK Ltd.), beteiligt.
3
Bei der F-B S.A. handelte es sich um eine nach brasilianischem Recht gegründete AG. Ihr Unternehmenszweck war im Streitjahr insbesondere die Herstellung, Im- und Export sowie Vermarktung von verschiedenen Produkten. Sie erzielte 1998 einen Bilanzgewinn von … Brasilianischen Real (R$). Am 30. November 1998 beschloss die Hauptversammlung der F-B S.A., ausschließlich für das zum 31. Dezember 1998 endende Geschäftsjahr Zinsen auf das Eigenkapital („juro sobre o capital próprio“) nach Maßgabe der Brasilianischen Gesetze Nr. 9.249/95 und Nr. 9.430/96 an die Aktionäre auszuzahlen. Die Zahlung sollte in einer ersten Rate im Dezember 1998 und in einer zweiten Rate im 1. Quartal 1999 erfolgen. Die Zinsen sollten anstelle der satzungsgemäß vorgesehenen Dividende gezahlt werden. Am 26. März 1999 konkretisierte die Hauptversammlung der F-B S.A. die Auszahlung der Eigenkapitalzinsen. Danach waren am 28. Dezember 1998 bereits … R$ nach Abzug der Körperschaftsteuer geflossen; ein weiterer Betrag von … R$ abzüglich Körperschaftsteuer sollte spätestens bis 30. Oktober 1999 gezahlt werden.
4
Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) ist die Verzinsung des Eigenkapitals im Gesetz Nr. 9.249/95 geregelt. Anstelle bzw. neben einer regulären Dividende kann die Gesellschafterversammlung danach die Zahlung einer Eigenkapitalverzinsung beschließen. Die Verzinsung ist in der Höhe zweifach begrenzt. Zum einen darf sie den von der brasilianischen Zentralbank bekannt gegebenen Zinssatz für langfristige brasilianische Anleihen multipliziert mit dem Eigenkapital der Gesellschaft nicht überschreiten. Zum anderen darf maximal die Hälfte des Jahresüberschusses oder die Hälfte der Gewinnvorträge gezahlt werden. Die ausschüttende Gesellschaft kann die Eigenkapitalverzinsung außerbilanziell steuermindernd vom Einkommen abziehen. Die Auszahlung der Eigenkapitalverzinsung unterliegt einem 15 %igen Quellensteuerabzug, der für brasilianische Gesellschafter, die natürliche Personen sind, abgeltende Wirkung hat.
5
Der F-CH AG flossen unter Berücksichtigung ihrer Beteiligung von 26 v.H. und des 15 %igen brasilianischen Steuereinbehalts am 6. Januar 1999 … R$ und am 30. Juni 1999 … R$ zu. Sie erfasste nur die Nettoerträge in der Buchhaltung. Die Bruttobeträge (ohne Quellensteuerabzug) ergaben … Schweizer Franken (CHF).
6
Die Generalversammlung der F-CH AG beschloss am 30. September 1999 eine Dividendenausschüttung von … CHF, die der F-GmbH nach Abzug der Schweizer Quellensteuer mit Gutschrift auf dem Verrechnungskonto bei der F-CH AG am 25. November 1999 zufloss. Deren Bruttoerträge beliefen sich im Streitjahr auf … CHF.
7
In der Körperschaftsteuererklärung 1999 behandelte die F-GmbH die Dividende der F-CH AG in Höhe eines Anteils gemäß § 26 Abs. 5 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 1999) als direkt von der Enkelgesellschaft –der F-B S.A.– bezogen und gemäß Art. 24 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Föderativen Republik Brasilien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 27. Juni 1975 (DBA-Brasilien) i.V.m. § 8b Abs. 5 KStG 1999 als steuerfrei. Sie errechnete den gesamten steuerfreien Anteil an der Dividende mit … DM.
8
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) folgte dem nicht. Er vertrat die Ansicht, der anteilige Ertrag aus der mittelbaren Beteiligung an der F-B S.A. sei kein Gewinnanteil i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG 1997), sondern Zins i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG 1997. Wegen dieser Qualifizierung der Einkünfte entfalle ein fiktiver Direktbezug i.S. des § 26 Abs. 5 KStG 1999 ebenso wie die sog. Schachtelvergünstigung des Art. 24 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c DBA-Brasilien i.V.m. § 8b Abs. 5 KStG 1999. Das FA behandelte auf dieser Basis die Dividende der F-CH AG hinsichtlich anderer, unstreitiger Erträge in Höhe von … DM als steuerfrei (… DM abzüglich nichtabzugsfähiger Betriebsausgaben nach § 8b Abs. 7 KStG 1999 in Höhe von 5 v.H.); zugleich erhöhte es das steuerpflichtige Einkommen um … DM und im Gegenzug die anrechenbare Schweizer Quellensteuer von … DM auf … DM. Im Ergebnis aus gleichem Grunde sei der Gewerbeertrag zu erhöhen; eine Kürzung des Gewinns nach § 9 Nr. 7 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG 1999) komme lediglich für die mittelbare Beteiligung an der F-HK Ltd., nicht jedoch für diejenige an der F-B S.A. in Betracht.
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Mit ihrer Klage gegen den hiernach ergangenen Bescheid über Körperschaftsteuer begehrte die Klägerin, den Gewinn unter Berücksichtigung von § 8b Abs. 7 KStG 1999 um die Einkünfte aus der F-CH AG zu mindern, soweit sie anteilig auf den Ausschüttungen aus Brasilien beruhen. Mit ihrer Klage gegen den Gewerbesteuermessbescheid begehrte sie die entsprechende Kürzung der Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen nach § 9 Nr. 7 Satz 2 GewStG 1999 nicht nur für die Beteiligung an der F-HK Ltd., sondern auch für die Beteiligung an der F-B S.A. Beide Klagen waren erfolgreich. Das FG Nürnberg gab ihnen durch Urteile vom 14. Dezember 2010  1 K 1955/2008 und 1 K 1958/2008 statt; die Urteile sind in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2011, 981 sowie in Internationales Steuerrecht 2011, 234 veröffentlicht.
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Seine Revisionen stützt das FA auf Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt, die FG-Urteile aufzuheben und die Klagen abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt, die Revisionen zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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II. Die –gemäß § 121 Satz 1 i.V.m. § 73 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen– Revisionen sind unbegründet.
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1. Die F-GmbH war im Streitjahr in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) ansässig und unterfiel hier mit ihrem Welteinkommen der unbeschränkten Steuerpflicht (§ 1 Abs. 1 KStG 1999). Das betrifft auch ihre Gewinnanteile aus ihrer unmittelbaren Beteiligung an der Schweizer F-CH AG; es handelt sich hierbei um Dividenden gemäß § 8 Abs. 1 KStG 1999 i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1997, für die Gewerbesteuer i.V.m. § 7 GewStG 1999.
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2. Das DBA-Brasilien ändert daran zwar prinzipiell nichts, obschon nach Art. 24 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c DBA-Brasilien bei einer in Deutschland ansässigen Person Dividenden von der Bemessungsgrundlage auszunehmen sind, die unter Art. 10 des Abkommens fallen und an eine in Deutschland ansässige Gesellschaft von einer in Brasilien ansässigen Gesellschaft gezahlt werden, deren Kapital zu mindestens 25 v.H. unmittelbar der deutschen Gesellschaft gehört. Die Anwendung dieses sog. Schachtelprivilegs scheitert im Streitfall jedoch daran, dass die F-GmbH nicht selbst an der F-B S.A. beteiligt war.
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3. Dieser Mangel am Tatbestand bleibt indessen wirkungslos. Grund dafür ist die in § 26 Abs. 5 KStG 1999 angeordnete Unmittelbarkeitsfiktion.
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Nach dieser Regelung wird auf Antrag der anteilige Gewinnbezug einer Muttergesellschaft, die über eine Tochtergesellschaft mindestens zu einem Zehntel an einer Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung und Sitz außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes (Enkelgesellschaft) mittelbar beteiligt ist, steuerlich so behandelt, als hätte sie in dieser Höhe Gewinnanteile unmittelbar von der Enkelgesellschaft bezogen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Enkelgesellschaft in dem Wirtschaftsjahr an die Tochtergesellschaft ausgeschüttet hat, in dem diese auch an die Muttergesellschaft ausschüttet. Der Direktbezug gilt für denjenigen Teil des Gewinnbezugs der Muttergesellschaft, der der nach ihrer mittelbaren Beteiligung auf sie entfallenden Gewinnausschüttung der Enkelgesellschaft entspricht. Hat die Tochtergesellschaft in dem betreffenden Wirtschaftsjahr neben den Gewinnanteilen einer Enkelgesellschaft noch andere Erträge bezogen, so findet Satz 1 des § 26 Abs. 5 KStG 1999 nur Anwendung für den Teil der Ausschüttung der Tochtergesellschaft, der dem Verhältnis dieser Gewinnanteile zu der Summe dieser Gewinnanteile und der übrigen Erträge entspricht, höchstens aber in Höhe des Betrags dieser Gewinnanteile. Die Anwendung der vorstehenden Vorschriften setzt voraus, dass die Enkelgesellschaft in dem Wirtschaftsjahr, für das sie die Ausschüttung vorgenommen hat, ihre Bruttoerträge ausschließlich oder fast ausschließlich aus unter § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 des Gesetzes über die Besteuerung bei Auslandsbeziehungen (Außensteuergesetz –AStG–) fallenden Tätigkeiten bezieht oder die Tochtergesellschaft unter den Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 AStG am Nennkapital der Enkelgesellschaft beteiligt ist. Weitere Voraussetzung ist nach § 26 Abs. 4 KStG 1999, dass die Muttergesellschaft für die mittelbar gehaltenen Anteile alle steuerlichen Nachweispflichten erfüllt, die ihr bei der Anwendung der Abs. 2 und 3 für unmittelbar gehaltene Anteile obliegen.
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4. Infolge der derart angeordneten steuerlichen Gleichbehandlung der nur mittelbaren mit der unmittelbaren Beteiligung gelangt die F-GmbH auf ihren Antrag hin für die Dividendeneinkünfte aus der Beteiligung an der F-B S.A. in den Vorteil (auch) der abkommensrechtlichen Schachtelprivilegien (vgl. Abschn. 76 Abs. 25 der Körperschaftsteuer-Richtlinien), hier nach Art. 24 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c DBA-Brasilien i.V.m. der nach § 8b Abs. 5 KStG 1999 gegenüber der abkommensrechtlich verlangten Mindestbeteiligungsquote von 25 v.H. unilateral auf 10 v.H. abgesenkten Beteiligungsquote.
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a) Die Voraussetzungen des § 26 Abs. 5 KStG 1999 sind ebenso wie die Nachweispflichten des § 26 Abs. 4 KStG 1999 erfüllt. Darüber besteht unter den Beteiligten bis auf das Merkmal „Gewinnanteil“ der Enkelgesellschaft Einvernehmen, und das bedarf auch deswegen keiner weiteren Erörterung. Aber auch das Tatbestandsmerkmal „Gewinnanteil“ der Enkelgesellschaft in § 26 Abs. 5 Satz 1 KStG 1999 ist gegeben. Was das Begriffliche anbelangt, besteht insoweit Übereinstimmung mit § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1997 (Senatsurteil vom 14. Oktober 1992 I R 1/91, BFHE 169, 213, BStBl II 1993, 189) ebenso wie mit dem „Gewinn aus Anteilen“ i.S. von § 9 Nr. 2a GewStG 1999 (Senatsurteil vom 15. September 2004 I R 16/04, BFHE 208, 277, BStBl II 2005, 297). Und danach handelt es sich hier wie dort um alle Zuwendungen in Geld oder Geldeswert, die dem Gesellschafter –entweder von der Kapitalgesellschaft selbst oder von einem Dritten– aufgrund seines Gesellschaftsverhältnisses zufließen, soweit die Vorteilszuwendungen nicht als Kapitalrückzahlung zu werten sind. Unerheblich ist, ob die Bezüge zu Lasten des Gewinns oder zu Lasten der Vermögenssubstanz der Gesellschaft geleistet würden; auch kommt es nicht darauf an, in welche zivilrechtliche Form die Vorteilsgewährung gekleidet ist.
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b) Nach diesen Grundsätzen sind die sog. Zinsen auf das Eigenkapital („juro sobre o capital próprio“) als Gewinnanteil zu beurteilen: Die Zinsen errechnen sich aus der Multiplikation eines von der brasilianischen Notenbank jährlich festgelegten langfristigen Zinssatzes mit dem Eigenkapital, das sich seinerseits aus der Summe des Aktienkapitals, der Kapitalreserven, der Gewinnvortragsreserven sowie des Jahresgewinns bzw. -verlusts gemäß Vorjahresschlussbilanz errechnet. Sie sind sonach durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst; nur Gesellschafter können diese erhalten. Weitere Besonderheiten jener „Zinsen“ aus Sicht des brasilianischen Steuerrechts sind für die Auslegung von § 26 Abs. 5 KStG 1999 unbeachtlich. Ausschlaggebend hierfür ist das nationale Steuerrecht. Dass § 26 Abs. 5 KStG 1999 im Zusammenhang mit dem sog. Schachtelprivileg des DBA-Brasilien dieses in seinen Voraussetzungen –vor allem dem dortigen Unmittelbarkeitserfordernis– modifiziert und zum Vorteil des Steuerpflichtigen „überschreibt“, ändert daran nichts, auch wenn erst dadurch der Anwendungsbereich des Abkommens eröffnet wird. Die betreffenden Gewinnanteile, welche die F-GmbH aus der Schweiz erhalten hat, gelten damit, soweit diese auf die Ausschüttung der F-B S.A. entfielen, als direkt von dieser bezogen.
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c) Es handelt sich bei den Gewinnanteilen gleichermaßen um Dividenden i.S. von Art. 10 DBA-Brasilien, welche nach der Anordnung in Art. 24 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c DBA-Brasilien nicht nur für den Quellenstaat (hier: Brasilien), sondern auch für den Ansässigkeitsstaat (hier: Deutschland) bedeutsam sind.
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aa) Solche Dividenden sind nach der abkommenseigenen (und Art. 10 Abs. 3 des Musterabkommens der Organisation for Economic Cooperation and Development zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und Vermögen entsprechenden) Definition in Art. 10 Abs. 5 DBA-Brasilien –erstens– Einkünfte aus Aktien, Genussrechten oder Genussscheinen, Kuxen, Gründeranteilen oder –zweitens– Einkünfte aus anderen Rechten –ausgenommen Forderungen– mit Gewinnbeteiligung sowie –drittens– aus sonstigen Gesellschaftsanteilen stammende Einkünfte, die nach dem Steuerrecht des Staates, in dem die ausschüttende Gesellschaft ansässig ist, den Einkünften aus Aktien gleichgestellt sind. Hiervon ausgehend hat die Vorinstanz die –ihrer Höhe nach begrenzte– Eigenkapitalverzinsung nach Maßgabe der brasilianischen Regelungslage als Dividenden im Sinne der ersten begrifflichen Alternative angesehen, und dem ist beizupflichten: Kennzeichen von Zinsen i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG 1997 sind laufzeitabhängige Nutzungsvergütungen für eine Kapitalüberlassung. Sie setzen das Bestehen einer auf die Hauptleistung gerichteten Kapitalschuld voraus und bilden neben dieser eine Nebenleistung (ständige Spruchpraxis, vgl. z.B. Bundesfinanzhof, Urteile vom 13. Oktober 1987 VIII R 156/84, BFHE 151, 512, BStBl II 1988, 252; vom 21. Oktober 1997 VIII R 18/96, BFH/NV 1998, 582). Davon kann bezogen auf die fiktive Eigenkapitalverzinsung keine Rede sein. Die Zahlung hängt vom entstandenen Gewinn der brasilianischen Gesellschaft ab. Eine Forderung oder Nutzungsüberlassung von Kapital durch den (inländischen) Anteilseigner fehlt, ebenso wie ein fester Anspruch auf Zinszahlungen. Vielmehr räumt das brasilianische Recht den Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft die Möglichkeit ein, auf Basis von Gesellschafterbeschlüssen, nicht von schuldrechtlichen Vereinbarungen, statt der „offenen“ Gewinnausschüttung die Verzinsung der Gesellschaftereinlage zu wählen. Das Stammrecht, aus dem sich der betreffende Ertrag ableitet, ist hier wie dort die Beteiligung am Gesellschaftskapital, der Ertrag verkörpert hier wie dort eine Eigenkapitalverzinsung. Dass das deutsche Gesellschaftsrecht (in § 57 Abs. 2 des Aktiengesetzes) eine derartige Verzinsung –aus Haftungsgründen– ausdrücklich untersagt, widerspricht dem nicht, sondern bestätigt dies, weil das Verbot die strukturelle Gesellschaftsbezogenheit der Verzinsung verdeutlicht. Die betreffenden Einkünfte resultieren demnach unbeschadet ihrer Ausgestaltung im Einzelnen aus den verbrieften Aktienrechten und sind –so das FG– „nach der Rechtsfigur (…) Einkünfte (…) aus Aktien“ i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG 1997 (ebenso Krabbe in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Art. 10 Brasilien Rz 12; Fischbach, Internationale Wirtschafts-Briefe –IWB– Fach 8 Brasilien Gruppe 2, 149; aus Verwaltungssicht: Morlock in Grundmann/Drüen [Hrsg.], Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht –JbFStR– 2007/2008, 645, 697 ff., und dem zustimmend Risse und Buciek, ebenda; Braunagel in Bergemann/Wingler, GewStG, § 9 Rz 273; s. auch Deutsch-Brasilianische Industrie- und Handelskammer [Hrsg.], Besteuerung von Unternehmen in Brasilien, 2010, S. 17 ff., sowie aus Schweizer Sicht: Widmer, Institut für Finanzwissenschaft und Finanzrecht – Forum für Steuerrecht –IFF FStR– 2011, 287).
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bb) Das entspricht auf Basis jener Dividendendefinition und in Einklang mit dieser jedenfalls der insoweit maßgebenden (vgl. Art. 3 Abs. 2 DBA-Brasilien) Betrachtungsweise Deutschlands als –aus Sicht der Klägerin– des sog. Anwenderstaates. Ob dieses Begriffsverständnis zugleich und vorbehaltlos dem brasilianischen Rechtsverständnis entspricht, oder ob dort eine Behandlung als Zins und eine Anwendung von Art. 11 DBA-Brasilien als möglich erscheint, ist unbeachtlich. Art. 10 Abs. 5 i.V.m. Art. 24 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c DBA-Brasilien ist vielmehr abkommensautonom zu verstehen. Es zielt darauf ab, im Anwenderstaat eine gleichmäßige Besteuerung einschlägiger Kapitaleinkünfte sicherzustellen (und nach gegenwärtiger Regelungslage beispielsweise die Steuerbefreiung gemäß § 8b Abs. 1 KStG 2002 zu gewähren oder nach früherer Regelungslage gemäß § 8a KStG 2002 in verdeckte Gewinnausschüttungen umqualifizierten Zinsaufwand zu besteuern); darauf, nach welchen Maßstäben diese Einkünfte im anderen Vertragsstaat beurteilt werden, kommt es dafür prinzipiell nicht an. Soweit Art. 10 Abs. 5 DBA-Brasilien auf das Steuerrecht des Quellenstaates Rückgriff nimmt, geschieht dies allein in der beschriebenen dritten Untergruppe des Dividendenbegriffs, nicht jedoch allgemein auch bezogen auf die beiden anderen Untergruppen (vgl. z.B. Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Art. 10 MA Rz 91a f.; Gaffron in Haase, AStG/DBA, Art. 10 Rz 96; Gradel in Strunk/Kaminski/Köhler, AStG/DBA, Art. 10 Rz 57 f.; Grützner in Gosch/Kroppen/Grotherr, DBA, Art. 10 OECD-MA Rz 154; Piltz, Deutsches Steuerrecht 1989, 133, 135; wohl auch Henkel in Mössner u.a., Steuerrecht international tätiger Unternehmen, 3. Aufl., Rz E 232; aus Schweizer Sicht ebenso Widmer, IFF FStR 2011, 287, 289 ff.).
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Wenn Gegenteiliges dennoch vertreten wird (vgl. z.B. Tischbirek in Vogel/Lehner, DBA, 5. Aufl., Art. 10 Rz 186; Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 3. Aufl., Rz 16.331), um –aus Gründen einer „den DBA immanenten Regelungshomogenität“ (so Schaumburg, ebenda)– eine einheitliche Beurteilung für alle drei Untergruppen der Abkommensdefinition zu ermöglichen, widerspricht dies dem unmissverständlichen Regelungstext. Eine übergreifende sog. Qualifikationsverkettung nach den steuerrechtlichen Maßstäben des Quellenstaats ist gerade für die Gewährung des abkommensrechtlichen Schachtelprivilegs nicht geboten, weil Regelungsadressat für dessen Gewährung primär der Ansässigkeitsstaat ist und eine solche „Qualifikationsverkettung“, die sich an der Rechtsauffassung des Quellenstaats orientiert, stets einer besonderen Anordnung bedarf, an der es hier aber fehlt (zutreffend Wassermeyer, ebenda). Auch der Grundsatz der Entscheidungsharmonie beider Vertragsstaaten gebietet schon deswegen nichts anderes, weil nach den tatrichterlichen Feststellungen keineswegs gesichert ist, dass die Eigenkapitalverzinsung in Brasilien dem sog. Zinsartikel des Art. 11 DBA-Brasilien unterworfen wird (vgl. zu jener Ungewissheit auch Schild/Ehlermann, IWB Fach 8 Brasilien Gruppe 2, 101). Unabhängig davon schlüge eine anderweitige Behandlung auf der Ebene der ausschüttenden Gesellschaft nicht –auch nicht über den Gesichtspunkt einer „harmonischen“ Abkommensauslegung– auf die Behandlung beim Gesellschafter durch. Denn weder aus dem Abkommensrecht noch aus dem deutschen Steuerrecht ergibt sich ein entsprechendes allgemeines Korrespondenzgebot und ist die steuerliche Behandlung bei der Kapitalgesellschaft hiernach nicht zwingend mit jener beim Kapitalgesellschafter verknüpft. Und nicht zuletzt und aus gleichem Grunde gibt namentlich eine Abziehbarkeit der geleisteten Vergütungen vom Gewinn im Quellenstaat nichts für die Frage der Qualifizierung als Dividende her, zum einen wegen besagter Unterscheidung der Besteuerungsebenen angesichts des korporativen Trennungsprinzips, zum anderen deswegen, weil es Staaten gibt, die Dividenden bestimmter Kapitalgesellschaften bei deren Besteuerung ohnehin zum Abzug zulassen und die internrechtliche Abziehbarkeit bei der ausschüttenden Gesellschaft so gesehen kein essentielles Merkmal für den Dividendenbegriff darstellt (vgl. dazu Tischbirek in Vogel/Lehner, a.a.O., Art. 10 Rz. 189).
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5. Der F-GmbH ist damit das sog. Schachtelprivileg zu gewähren; die über die F-CH AG vereinnahmten Eigenkapitalvergütungen sind von der Bemessungsgrundlage der deutschen Körperschaftsteuer auszunehmen. § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG 2002 i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2007 –EStG 2002 n.F.– steht dem nicht entgegen. Allerdings wird danach die Freistellung von Einkünften ungeachtet eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nicht gewährt, wenn der andere Staat diese Bestimmungen des Abkommens so anwendet, dass die Einkünfte in diesem Staat von der Besteuerung auszunehmen sind oder nur zu einem durch das Abkommen begrenzten Steuersatz besteuert werden können. Diese Neuregelung ist nach § 52 Abs. 59a Satz 6 EStG 2002 n.F. auf alle noch nicht bestandskräftigen Veranlagungen –und damit auch auf den Streitfall– anzuwenden. Doch liegen jene tatbestandlichen Erfordernisse nicht vor: Zwar werden die Eigenkapitalvergütungen in Brasilien nach den tatrichterlichen Feststellungen nur mit einem abgeltenden Quellensteuersatz von 15 v.H. besteuert. Es ist nach diesen Feststellungen aber nichts dafür ersichtlich, dass Brasilien dabei die Bestimmungen des DBA-Brasilien so anwendet, dass die betreffenden Vergütungen nur nach dem durch das Abkommen in Art. 10 Abs. 2 (bei Annahme von Dividenden) oder Art. 11 Abs. 2 Buchst. b DBA-Brasilien –also, wie nach § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG 2002 n.F. vonnöten: „nur zu einem durch das Abkommen“– begrenzten Steuersatz besteuert werden könnten. Vielmehr handelt es sich hierbei nach Lage der Dinge um einen abgeltenden Steuersatz nach nationalem brasilianischen Steuerrecht, der unbeeinflusst von den abkommensrechtlichen Begrenzungen angesetzt wird und der insofern gleichermaßen für Dividenden wie für Zinsen Anwendung findet. Brasilien ist nicht aufgrund seiner Einkünfteeinordnung in die DBA-Regelungen daran gehindert, einen höheren Steuersatz anzuwenden, und eine Begünstigung in Brasilien durch eine abweichende Anwendung des Abkommens ist in Brasilien nicht gegeben. Die dortige Besteuerung nach nationalem Recht aufgrund des Gesetzes Nr. 9.249/95 ist, wovon die Vorinstanz zutreffend ausgeht, im Gegenteil für den Anteilseigner ungünstiger als die dortige nationale Besteuerung von „normalen“ Dividenden. § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG 2002 n.F. ist mithin nicht einschlägig, und das FA hält seine ursprüngliche Rechtsmeinung dazu mittlerweile (s. aber noch Morlock, JbFStR 2007/2008, 645, 703) denn auch nicht länger aufrecht.
25
Es erübrigt sich folglich (abermals, s. z.B. Senatsbeschluss vom 19. Mai 2010 I B 191/09, BFHE 229, 322, BStBl II 2011, 156), an dieser Stelle darauf einzugehen, ob die Regelung des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG 2002 n.F. gegen das in Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes verankerte Rechtsstaatsgebot verstößt, weil sie als sog. Treaty override völker- und verfassungsrechtswidrig ist, und ob unabhängig davon die rückwirkende Normanwendung einen Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz herbeiführt (s. dazu Senatsbeschluss, ebenda, m.w.N.; Drüen und Buciek, JbFStR 2007/2008, 706 f.; Gosch in Kirchhof, EStG, 11. Aufl., § 50d Rz 42; s. auch Senatsbeschluss vom 10. Januar 2012 I R 66/09, BFHE 236, 304, BFH/NV 2012, 1056, zur Einholung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts –BVerfG– über ein sog. Treaty override, Az. BVerfG 2 BvL 1/12).
26
6. In Konsequenz des vorstehend Ausgeführten ist die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen im Rahmen der Ermittlung des Gewerbeertrags der F-GmbH nach § 7 Satz 1 und § 9 Nr. 7 Satz 2 (i.V.m. § 6 und § 14) GewStG 1999 nicht nur um die Gewinnanteile aufgrund der Beteiligung an der F-HK Ltd., sondern auch für die Beteiligung an der F-B S.A, soweit diese in den Gewinnanteilen der F-CH AG enthalten sind, zu kürzen.
27
Diese Kürzung erfolgt nach § 9 Nr. 7 Satz 2 GewStG 1999, um die Gewinne aus Anteilen an einer Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung und Sitz außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes, an deren Nennkapital das Unternehmen seit Beginn des Erhebungszeitraums ununterbrochen mindestens zu einem Zehntel beteiligt ist (Tochtergesellschaft) und die ihre Bruttoerträge ausschließlich oder fast ausschließlich aus unter § 8 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 AStG fallenden Tätigkeiten und aus unter § 8 Abs. 2 AStG fallenden Beteiligungen bezieht, wenn die Gewinnanteile bei der Ermittlung des Gewinns (§ 7 GewStG 1999) angesetzt worden sind. Bezieht ein Unternehmen, das über eine Tochtergesellschaft mindestens zu einem Zehntel an einer Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung und Sitz außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes (Enkelgesellschaft) mittelbar beteiligt ist, in einem Wirtschaftsjahr Gewinne aus Anteilen an der Tochtergesellschaft und schüttet die Enkelgesellschaft zu einem Zeitpunkt, der in dieses Wirtschaftsjahr fällt, Gewinne an die Tochtergesellschaft aus, so gilt auf Antrag des Unternehmens das Gleiche für den Teil der von ihm bezogenen Gewinne, der der nach seiner mittelbaren Beteiligung auf das Unternehmen entfallenden Gewinnausschüttung der Enkelgesellschaft entspricht.
28
Die Tatbestandsmerkmale des § 9 Nr. 7 Satz 2 GewStG 1999 sind (auch) hinsichtlich desjenigen Teils der Ausschüttung, der auf die Beteiligung an der F-B S.A. entfällt, erfüllt. Darüber besteht unter den Beteiligten Einvernehmen und der vom FG festgestellte Sachverhalt gibt keinen Grund, dieses in Abrede zu stellen. Das gilt nach den vorangehenden Ausführungen zur Körperschaftsteuer gleichermaßen für die Qualifizierung der Eigenkapitalzinsen als Gewinnanteile i.S. von § 9 Nr. 7 GewStG 1999 sowie –auf dieser Basis– für den vom FG hiernach berechneten Kürzungsumfang.
29
7. Die Klägerin hat im Rahmen ihrer Klageanträge akzeptiert, dass die nach Maßgabe der Abkommensregeln steuerfrei bleibenden Gewinnanteile nach § 8b Abs. 7 KStG 1999 in Höhe von 5 v.H. als nichtabzugsfähige Betriebsausgaben und insofern als steuerpflichtig behandelt worden sind. Darüber, ob dem uneingeschränkt Folge zu leisten ist oder ob eine noch weiter gehende Schachtelbegünstigung zugunsten der F-GmbH im Hinblick auf deren hier in Rede stehenden Auslandsbeteiligungen möglich gewesen wäre (vgl. insoweit einerseits Senatsurteil vom 26. November 2008 I R 7/08, BFHE 224, 50, BFH/NV 2009, 766 [die dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde des dort beteiligten FA wurde gemäß §§ 93a, 93b des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen, Beschluss vom 11. April 2012  2 BvR 862/09, juris]; FG Köln, Urteil vom 22. November 2011  13 K 2853/07, EFG 2012, 1085, sowie Beschluss vom 6. September 2011  13 K 482/07, Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union, dortiges Az. C-47/12 „Kronos International“; andererseits Bundesministerium der Finanzen, Schreiben vom 30. September 2008, BStBl I 2008, 940), braucht der Senat deswegen nicht mehr zu entscheiden.

Neues Doppelbesteuerungsabkommen mit dem Königreich Spanien

Die Ratifikationsurkunden wurden am 18. Juli 2012 ausgetauscht. Damit tritt das Abkommen nach seinem Artikel 30 Absatz 2 am 18. Oktober 2012 in Kraft.

Das Abkommen vom 3. Februar 2011 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Spanien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen tritt am 18. Oktober 2012 in Kraft (Fundstelle: BGBl. II 2012, S. 18).
Weitere Informationen unter: www.bundesfinanzministerium.de „Spanien – Staatenbezogene Informationen“

Gemäß Art. 30 Absatz 2 Buchstabe a) ist das Abkommen bei den im Abzugsweg erhobenen Steuern (§§ 43 und 50a Einkommensteuergesetz [EStG]) für Zahlungen anzuwenden, die ab dem 1. Januar 2013 fließen.

Bei Vorliegen einer erteilten Freistellungsbescheinigung, deren zeitlicher Umfang über den 01.01.2013 hinausgeht, kann wie folgt vorgegangen werden:

Um eine Freistellungsbescheinigung zu erhalten, die dem neuen Doppelbesteuerungsabkommen entspricht, ist ein Antrag auf Änderung der aktuellen Freistellungsbescheinigung erforderlich. Dieser Antrag kann formlos erfolgen.

Rentenbesteuerung: Was man wissen sollte

Rentenbesteuerung: Was man wissen sollte

In der Rubrik „BMF im Gespräch“ stellen sich hochrangige Vertreter des Bundesfinanzministeriums den Fragen der Internetredaktion zu Themen von aktueller Relevanz. In dieser Ausgabe beantwortet der Parlamentarische Staatssekretär Hartmut Koschyk aktuelle Fragen zur Rentenbesteuerung.

-> Renten Rechner

Frage: Warum sind jetzt mehr Rentner steuerpflichtig?

Antwort: Das ist auf eine Änderung bei der Rentenbesteuerung zurückzuführen: dem Übergang zur sogenannten nachgelagerten Besteuerung. Die nachgelagerte Besteuerung gilt seit dem Jahr 2005 und wurde mit dem Alterseinkünftegesetz eingeführt. Ursache für diesen Systemwechsel war eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Dieses hatte die Besteuerung nach dem alten System für verfassungswidrig erklärt, weil Beamtenpensionen und Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung unterschiedlich behandelt wurden.

Der Übergang zur nachgelagerten Besteuerung erfolgt schrittweise. Der steuerpflichtige Anteil der Renten erhöht sich somit erst nach und nach. Es kommt also zu einer großzügigen Verschonung von Altfällen. Deswegen müssen die meisten Rentner derzeit auch noch keine Steuern zahlen. Das kann aber schon anders sein, wenn der Rentner neben der Rente weitere Einkünfte hat (zum Beispiel aus Erwerbstätigkeit, einer Werkspension oder aus Vermietung und Verpachtung) oder wenn der Ehegatte eigene Einkünfte erzielt.

Frage: Welchen Anteil der Bruttorente müssen Rentner jetzt und in Zukunft versteuern?

Antwort: Der Übergang zur vollen nachgelagerten Besteuerung dauert noch bis zum Jahr 2039. Für alle Renten, die in 2005 bzw. vor dem 1. Januar 2005 begonnen haben, beträgt der Besteuerungsanteil 50 Prozent. Dieser Prozentsatz wird Jahr für Jahr bis 2020 um 2 Prozentpunkte auf 80 Prozent und anschließend bis 2040 um 1 Prozentpunkt angehoben. Rentenerhöhungen sind allerdings zu 100 Prozent steuerpflichtig.

Darüber hinaus sind einige Arten von Renten von einer Besteuerung ausgenommen worden und können folglich steuerfrei bezogen werden. Dazu gehören unter anderem Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung (zum Beispiel Berufsgenossenschaftsrenten), Kriegs- und Schwerbeschädigtenrenten und Geldrenten zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts.

Frage: Müssen alle Rentner, die jetzt von den Finanzämtern angeschrieben wurden, Steuern nachzahlen?

Antwort: Nein, die persönlichen Umstände des Einzelnen sind entscheidend. Das Finanzamt prüft anhand der Einkommensteuererklärung, ob Steuern zu zahlen sind.

Ausschlaggebend dafür, ob eine Steuer anfällt, ist die Höhe der Einkünfte. Wenn Einkünfte erzielt werden, die den Grundfreibetrag in Höhe von derzeit 8.004 Euro übersteigen, kann es zu einer Steuer kommen. Für Ehepaare gilt der doppelte Grundfreibetrag (16.008 Euro).

Frage: Viele Rentner wurden von der Aufforderung überrascht. Der Bund der Steuerzahler beklagt, dass das Finanzministerium die Bürger nicht ausreichend informiert hätte. Was sagen Sie dazu?

Antwort: Die Bundesregierung hat alles dafür getan, die Betroffenen umfassend zu informieren. So haben das Bundesministerium der Finanzen, das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und die Deutsche Rentenversicherung Bund in zahlreichen Broschüren über die durch das Alterseinkünftegesetz entstehenden Neuerungen informiert. Darüber hinaus unterrichtet die Deutsche Rentenversicherung Bund alle Rentner sowohl im erstmaligen Rentenbescheid als auch in den jährlichen Rentenanpassungsmitteilungen ausführlich über die Besteuerung der Renten.

Kindergeld – Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit neu aufgestellt

Die Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit (BA) hat sich ab Mai neu organisiert. Die bisherigen 102 örtlichen Familienkassen mit ihren rund 3.700 Beschäftigten werden zu 14 Familienkassen organisatorisch zusammen gefasst. Für die rund neun Millionen Kunden ändert sich nichts, da alle bisherigen Standorte als Außenstellen erhalten bleiben.

Anlass für die Änderung der Organisation der Familienkassen ist , dass mit den 102 zum Teil relativ kleinen selbständigen Familienkassen Belastungsschwankungen nur sehr schwer aufgefangen werden können und es deshalb immer wieder zu Bearbeitungsrückständen und Wartezeiten für die Kunden kam. „Wir bleiben wie bisher vor Ort, können aber mit den neuen Strukturen eine höhere Dienstleistungsqualität sicherstellen, weil wir Belastungsspitzen kurzfristig zwischen den verschiedenen Standorten ausgleichen können. Darüber hinaus werden wir uns in den größeren Einheiten stärker fachlich spezialisieren und damit die Qualität unserer Arbeit für die Kunden weiter verbessern“, so Torsten Brandes, der seit April 2012 die bundesweit organisierte Familienkasse der BA leitet.

Neben der Neustrukturierung der Standorte wird bis Ende des Jahres 2013 die elektronische Akte eingeführt. Jährlich gehen in den Familienkassen rund 12 Millionen Schreiben ein. Um dieses Postaufkommen optimal bearbeiten und archivieren zu können, wird in allen Familienkassen auf die elektronische Aktenführung umgestellt. „Mit der Einführung der elektronischen Akte werden wir unsere Organisationsreform abschließen und unseren Kunden als moderner und leistungsfähiger Dienstleister zur Verfügung stehen. Immerhin entspricht unser Posteingang mit ca. 140 Millionen Blatt einem Papierstapel von rund 14 Kilometern Höhe“, so Brandes.

Hintergrund: Die Familienkassen der BA zahlen das Kindergeld und den Kinderzuschlag aus. Die Familienkasse betreut rund 9 Millionen Leistungsberechtigte. Die 3.700 Beschäftigten zahlen jährlich rund 34 Milliarden Euro aus.

Glossar:

Kindergeld wird als steuerliche Leistung nach dem Einkommenssteuergesetz (EStG) oder als sozialrechtliche Leistung nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) gezahlt. Das monatliche Kindergeld beträgt für die ersten beiden Kinder jeweils 184 Euro, für das dritte Kind 190 Euro und ab dem vierten Kind jeweils 215 Euro. Der Kinderzuschlag ist eine wichtige Familienleistung des Bundes. Er hilft gezielt Familien im Niedrigeinkommensbereich, macht sie unabhängig von Leistungen der Grundsicherung und bekämpft Kinderarmut. Der monatliche Kinderzuschlag beträgt höchstens 140 Euro je Kind. Je nach Höhe des Einkommens und Vermögens der Eltern und/oder der Kinder können geringere Beträge gezahlt werden.

Ausführliche Informationen finden Sie im Internet unter www.familienkasse.de oder www.bzst.de.

Informationen zum Hörfunkservice der Bundesagentur für Arbeit finden Sie im Internet unter www.ba-audio.de.

Quelle: BA, Pressemitteilung v. 2.5.2013

BFH legt dem EuGH Fragen zur KMU-Empfehlung 2003 bei der Investitionszulage vor

BFH-Beschluss vom 20.12.2012 – III R 30/11

Presserklärung des Bundesfinanzhofs (BFH) Nr. 15:

“Mit Beschluss vom 20. Dezember 2012 III R 30/11 hat der Bundesfinanzhof (BFH) dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens mehrere Fragen vorgelegt, unter welchen Voraussetzungen zwei oder mehrere an sich unabhängige Unternehmen für die Beurteilung, ob es sich um ein kleines oder mittleres Unternehmen handelt, als Einheit zu betrachten sind.

Im Streitfall begehrt die Klägerin, eine GmbH, eine erhöhte Investitionszulage gemäß § 2 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 2005. Dies setzt u.a. voraus, dass der Betrieb, in den investiert wird, die Merkmale für Kleinstunternehmen sowie für kleinere und mittlere Unternehmen im Sinne der Empfehlung der Europäischen Kommission erfüllt (sog. KMU-Empfehlung). Obwohl die Klägerin für sich betrachtet die in der KMU-Empfehlung enthaltenen Schwellenwerte einhält, hat ihr das Finanzamt die erhöhte Investitionszulage verwehrt, weil es davon ausgeht, die Klägerin bilde zusammen mit einer weiteren GmbH eine wirtschaftliche Einheit.

Der Entscheidung durch den EuGH bedarf es, da die Europäische Kommission im Anhang zu ihrer KMU-Empfehlung zwar einerseits detaillierte, an konzernrechtlichen Verflechtungen orientierte Anforderungen für die Annahme verbundener Unternehmen aufgestellt hat, in ihrer Spruchpraxis aber andererseits bei deren Nichtvorliegen im Einzelfall an der im Zusammenhang mit der nicht so präzisen Vorgängerempfehlung aus dem Jahr 1996 entwickelten wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung festhält. Rechtsprechung des EuGH (oder des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften) existiert bislang nur zu der durch die KMU-Empfehlung 2003 abgelösten Vorgängerempfehlung.”

Bundesfinanzhof (BFH)

OFD Koblenz: Alte Masche bei neuen Firmen, USt.-ID gibt es kostenfrei!

In einer aktuellen Warnmeldung weist die OFD Koblenz nochmals darauf hin, dass keine Kosten bei der Registrierung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erhoben werden. Aktuell befinden sich wieder amtlich aussehende Schreiben im Umlauf, in denen Firmen eine kostenpflichtige Registrierung, Erfassung und Veröffentlichung von Umsatzsteuer-Identifikationsnummern (USt-IdNrn.) angeboten wird. Die Schreiben richten sich insbesondere an neu gegründete Firmen.

Die Vergabe von USt-IdNrn. ist stets kostenfrei und erfolgt in Deutschland ausschließlich durch das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt). In der Regel beantragen die Unternehmen bei ihrem zuständigen Finanzamt die Erteilung der USt-IdNrn. und diese übermitteln die Anträge dann intern an das BZSt. Die USt-IdNrn. ist eine eindeutige Kennzeichnung eines Unternehmens im umsatzsteuerlichen Sinne. Sie wird benötigt von Unternehmen, die innerhalb der Europäischen Union (EU) am Waren- und Dienstleistungsverkehr zwischen den Mitgliedsstaaten teilnehmen.

Weiter Informationen auch unter www.bzst.de oder www.ust-idnr.org.

OFD Koblenz
Bundeszentralamt für Steuern (BZSt)

Anspruch auf Beteiligung am Prozesserfolg (FG)

Entgeltlicher Erwerb eines Anspruchs auf Beteiligung am Prozesserfolg als immaterielles geschäftswertähnliches WirtschaftsgutAbzugsfähigkeit der Aufwendungen eines Prozesskostenfinanzierungsfonds

 Leitsatz

1. Die von einem Prozesskostenfinanzierungsfonds zum Erwerb eines Anspruchs auf Beteiligung am Prozesserlös geleisteten Zahlungen sind als Anschaffungskosten eines immateriellen geschäftswertähnlichen Wirtschaftsguts zu aktivieren. Der Anspruch auf Beteiligung am Prozesserlös stellt einen – für den Wirtschaftsgutbegriff nicht unabdingbaren – selbständig verkehrsfähigen und selbständig bewertbaren Vorteil dar.

2. Wäre kein immaterielles Wirtschaftsgut anzunehmen, wäre die Zahlung zum Erwerb des Anspruchs auf Beteiligung am Prozesserlös als Anzahlung zu aktivieren.

3. Die Abschreibung des immateriellen Wirtschaftsguts Beteiligung am Prozesserlös kann prozentual im Umfang des anteiligen Streitwerts der entschieden Prozesse, also unabhängig vom Prozessausgang erfolgen und entspricht damit einer Absetzung für Substanzverringerung nach § 7 Abs. 6 EStG.

4. Die von einem Prozesskostenfinanzierungsfonds gezahlten Eigenkapitalvermittlungsprovisionen sowie die Rechts- und Beratungskosten sind nicht sofort abzugsfähige Betriebsausgaben, sondern als Anschaffungskosten zu aktivieren. Eine sofortige Abziehbarkeit der Aufwendungen kommt nur in Betracht, als ein Erwerber der Geschäftschance auf Beteiligung am Prozesserlös außerhalb der modellhaften Vertragsgestaltung diese ebenfalls sofort als Betriebsausgaben abziehen könnte.

 Gesetze

EStG § 5 Abs. 2
EStG § 5 Abs. 1
EStG § 4 Abs. 4
EStG § 7 Abs. 6
EStG § 7 Abs. 1
EStG § 6 Abs. 1
EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
HGB § 248 Abs. 2
HGB § 266 Abs. 1

 Tatbestand:

Gesellschaftszweck der am 27. Dezember 2001 gegründeten Klägerin (im Folgenden auch als Fonds bezeichnet) ist die Übernahme von Prozesskostenfinanzierungen für Dritte mit dem Ziel, die Anleger an den Erlösen aus erfolgreich geführten Prozessen zu beteiligen.

Komplementärin der Klägerin ist die nicht am Gesellschaftskapital beteiligte D-GmbH. Gründungskommanditistin, Fondsinitiatorin und alleinige Gesellschafterin der Komplementärin ist die E-AG mit einer Kommanditeinlage von 1.000,– EUR. Treuhandkommanditistin ist die F GmbH. Die Klägerin ermittelt ihren Gewinn nach § 4 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 Einkommensteuergesetz – EStG – durch Betriebsvermögensvergleich. Ihre Mitunternehmer erzielen Einkünfte aus Gewerbebetrieb gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG.

Das Gesellschaftskapital der Klägerin wurde durch Kapitalgeber (im Folgenden als Anleger bezeichnet) dadurch aufgebracht, dass sich diese mittelbar als Treugeber an der Hafteinlage der Treuhänderin beteiligten oder – in wenigen Fällen – der Gesellschaft als Kommanditisten beitraten (sog. Direktkommanditisten). Jeder Anleger war verpflichtet, eine Kommanditeinlage von mindestens 5.000,– EUR sowie eine Rücklage (Agio) in Höhe von 5 % bezogen auf die Kommanditeinlage zu erbringen (§ 5 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrages).

Das zur Finanzierung angestrebte Prozessvolumen und das Kommanditkapital sollten in einem proportionalen Zusammenhang mit dem Faktor 10 stehen, das Prozessvolumen also das Zehnfache des Kommanditkapitals betragen. Die Zeichnung für den Fonds wurde zu Beginn des Jahres 2004 beendet. Bis zu diesem Zeitpunkt zeichneten 451 Anleger ein Kommanditkapital in Höhe von 5.034.980,– EUR. Das gezeichnete Kapital wurde wie folgt eingezahlt:

 

   2002

   2003

   2004

 Kapital

 1.170,140,– EUR

 3.794.840,– EUR

 70.000,– EUR

 

Aufgrund eines zwischen der Klägerin und der E-AG geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrages (Bl. 77 ff. der Gerichtsakten) führte die E-AG (im Folgenden auch als Geschäftsbesorgerin bezeichnet) gegen die Zahlung einer Pauschalvergütung eigenverantwortlich das operative Geschäft der Klägerin. Die Klägerin beauftragte die E-AG mit der Erbringung folgender Leistungen auf eigene Kosten:

  • • Bildung und Verwaltung des Fonds,
  • • Akquise und Organisation des Vertriebs,
  • • Bonitätsprüfung des jeweiligen Beklagten,
  • • mehrstufige Begutachtung der Erfolgsaussichten des Prozesses,
  • • Prozessbeobachtung und -begleitung,
  • • Bezahlung von Gebühren und Kosten (z. B. Rechtsanwalts- und Gerichtsgebühren, Sachverständigenkosten) sowie
  • • Unterhaltung eines Bürobetriebes.

 

Aus dem Beteiligungsprospekt der Klägerin ergibt sich folgender Ablauf:

Die E-AG überprüfte auf eigene Kosten die Erfolgsaussichten eines potentiellen Aktivprozesses. Während der Prüfung bestand eine vertragliche Bindung des potentiellen Klägers. Bei positivem Ausgang der Prüfung wurde ein Prozessfinanzierungsvertrag mit dem Kläger abgeschlossen. Die E-AG trug sämtliche Kosten des Verfahrens. Im Erfolgsfall erhielt die E-AG von den Prozessführenden von dem durch obsiegendes Urteil oder Vergleich erzielten Betrag nach Abzug der Verfahrenskosten jeweils einen Anteil in Höhe von 30 % zuzüglich Umsatzsteuer. Die E-AG war nach § 4 des Geschäftsbesorgungsvertrages verpflichtet, ihren Anteil am Prozesserlös vollständig an die Klägerin auszukehren. Aus dieser Weiterleitung an die Klägerin sollten deren Umsatzerlöse erzielt werden.

Die E-AG sicherte der Klägerin zu, die vereinbarten Tätigkeiten eigenverantwortlich und mit der gebotenen Sorgfalt wahrzunehmen und bis zum 31. Dezember 2002 ein Streitwertvolumen von 150 Mio. EUR zu akquirieren. Das vereinbarte Entgelt der E-AG sollte 13 Mio. EUR betragen.

Nachdem mit Abschluss der Zeichnung für den Fonds nur etwa ein Drittel des prospektierten Fondsvolumens eingeworben worden war, wurde die an die E-AG zu zahlende Vergütung auf netto 4.326.400,– EUR vermindert. Die Vergütung wurde abhängig vom Eingang des Zeichnerkapitals entrichtet und bei der Klägerin wie folgt als Aufwand erfasst:

 

   2002

   2003

   2004

 Vergütung

 950.900,– EUR

 3.141.700,– EUR

 233.800,– EUR

 

Außerdem setzte die Klägerin in der Platzierungsphase folgende gewinnmindernde Aufwendungen an:

 

   2002

   2003

   2004

 Eigenkapitalvermittlungsprovisionen

 139.357,– EUR

 587.834,– EUR

 23.952,– EUR

 Rechts- und Beratungskosten

 43.087,– EUR

 171.972,– EUR

 15.143,– EUR

 

Die Rechts- und Beratungskosten enthielten die Aufwendungen der Klägerin für die von ihr gezahlten Honorare für die Grundkonzeption, die Rechtskonzeption, steuerliche Konzeption, Prospektprüfung und Mittelverwendungskontrolle sowie für die Treuhandverwaltung. Gemäß dem „Initiatorenvertrag” vom … 2001 über die Erstellung der Grundkonzeption erbrachte der Dipl.-Betriebswirt G gegenüber der Klägerin folgende Leistungen im Rahmen eines Dienstvertrages:

  • • grundlegende Konzeption des Gesellschaftszwecks, der Gesellschaftsstrukturen und der Darstellung nach außen,
  • • Erarbeitung von Vorschlägen, wie die Vermarktung des Fonds vorgenommen werden kann,
  • • Vorauswahl von Dienstleistern, die für den Fonds tätig werden können.

 

In den Streitjahren 2002 bis 2004 erklärte die Klägerin Einkünfte aus Gewerbebetrieb und einen Gewerbeertrag in folgender Höhe:

 

   2002

   2003

   2004

 Einkünfte aus Gewerbebetrieb

 -1.072.600,– EUR

 -3.773.391, – EUR

 -41.389,– EUR

 

Nach § 18 des Gesellschaftsvertrages der Klägerin war das Ergebnis der Gesellschaft am Ende des Geschäftsjahres auf alle Gesellschafter im Verhältnis der gezeichneten Hafteinlage zu verteilen, wobei sich die Beteiligung der Gesellschafter am Jahresergebnis unabhängig vom Zeitpunkt des Beitritts nach den Beteiligungsverhältnissen am 31. Dezember des jeweiligen Kalenderjahres richtete.

Auf der Gesellschafterversammlung vom … 2004 beschlossen die Gesellschafter, die Ergebnisverteilung für das Jahr 2003 so vorzunehmen, dass abweichend von dem bei Gründung der Klägerin im Jahr 2001 geschlossenen Gesellschaftsvertrag die in 2003 beigetretenen Kommanditisten prozentual den gleichen Betrag erhalten, der für das Geschäftsjahr 2002 den Zeichnern dieses Jahres (in Prozent bezogen auf deren Kommanditbeteiligung) zugewiesen worden war. Ein danach verbleibender Betrag des Jahresergebnisses 2003 sollte allen Zeichnern unabhängig vom Beitrittstermin anteilig zugerechnet werden, um im Ergebnis eine Gleichstellung der in 2002 und 2003 beigetretenen Zeichner zu erreichen. Die Gesellschafter beschlossen außerdem, dass das Agio keine Einzahlung in das Eigenkapital der Gesellschaft, sondern sofort ertragswirksam zu vereinnahmen sei. Für das Geschäftsjahr 2004 wurde kein derartiger Gleichstellungsbeschluss gefasst.

In den Erklärungen über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2002 bis 2004 wurde demnach der laufende Verlust der Klägerin in Höhe von -1.148.295 EUR (2002), -3.708.582 EUR (2003) und -155.256 EUR (2004) den Gesellschaftern wie folgt zugerechnet:

 

 2002:  Ergebnisverteilung nach gezeichnetem Kapital am 31.12.2002 (insgesamt 1.170.140 EUR, ohne Anteil der E-AG)
 2003:  Ergebnisverteilung vorab insoweit, dass den im Jahr 2003 beigetretenen Gesellschaftern der Verlustanteil der im Jahr 2002 beigetretenen Zeichner zugerechnet wurde, Verteilung des Restergebnisses 2003 nach gezeichnetem Kapital am 31.12.2003 (4.964.980 EUR, ohne Anteil der E-AG)
 2004:  Ergebnisverteilung nach dem gezeichneten Kapital am 31.12.2004 (5.034.980 EUR, ohne Anteil der E-AG).

 

Das von den Beteiligten zu leistende Agio berücksichtigte die Klägerin in den Jahresabschlüssen gemäß Gesellschafterbeschluss vom … 2004 als Ertrag auf Gesellschaftsebene und gleichzeitig auf Gesellschafterebene als sofort abziehbare Sonderbetriebsausgabe.

Mit Bescheid vom … März 2004 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2002 wurden die Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärungsgemäß festgestellt. Mit Bescheid vom … April 2004 über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2002 wurde ein vortragsfähiger Gewerbeverlust in Höhe von 1.072.600 EUR festgestellt.

Der Beklagte führte in den Jahren 2005 und 2006 eine Außenprüfung für die Jahre 2001 bis 2004 bis, deren Ergebnisse im Abschlussbericht vom 22. September 2006 zusammengefasst sind. Streitig sind hier folgende Feststellungen der Außenprüfung:

Herstellereigenschaft / „Anspruch auf Beteiligung am Prozesserfolg” (Tz. 15 und 17 des Abschlussberichts):

Die Vergütung der E-AG sei nicht als sofort abziehbare Betriebsausgabe anzuerkennen. Sie stelle Anschaffungskosten für den Erwerb des immateriellen Wirtschaftsguts „Anspruch auf Beteiligung am Prozesserfolg” dar, der nach dem anteiligen Streitwert der entschiedenen Prozesse aufzulösen sei.

Die Klägerin sei nicht als Herstellerin, sondern als Erwerberin zu betrachten, weil sie mit der E-AG einen Geschäftsbesorgungsvertrag abgeschlossen habe, der die E-AG berechtige, eigenverantwortlich Rechtsstreitigkeiten zu akquirieren, die Bonität des jeweiligen Beklagten und die Erfolgsaussichten zu überprüfen und die ausgesuchten Prozesse zu begleiten und zu verwalten, ohne dass wesentliche Einflussmöglichkeiten der Kommanditisten gegeben seien.

Als Anschaffungskosten seien auch die der Klägerin in Rechnung gestellten Konzeptionsgebühren anzusehen. Die sonstigen Gebühren (Kosten der Eigenkapitalvermittlung, Gebühr für die Mittelverwendungskontrolle in der Investitionsphase, Gebühren für den Treuhänder in der Platzierungsphase, Gebühr für die Prospektprüfung sowie die Geschäftsbesorgungsgebühr) seien als Anschaffungsnebenkosten zu erfassen.

Ergebnisverteilung (Tz. 14 des Abschlussberichts):

Der Gewinnverteilungsbeschluss vom … 2004 sei für das Jahr 2003 unbeachtlich.

Einlagen (Agio) und Sonderbetriebsausgaben (Tz. 18, 21 des Abschlussberichts):

Das von den Kommanditisten erbrachte Agio sei als Eigenkapital der Gesellschaft zu erfassen.

Der Beklagte folgte den Feststellungen der Außenprüfung und erließ am … April 2007 geänderte Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2002 und über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2002 sowie erstmalige Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2003 und 2004, über den Gewerbesteuermessbetrag für 2003 sowie über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2003 und 2004. Mit den genannten Bescheiden stellte der Beklagte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 2.735,56 EUR (2002), 121.434,69 EUR (2003) und -149.203,01 EUR (2004) fest. Die laufenden Verluste aus Gewerbebetrieb in Höhe von -73.375,43 EUR (2002), -42.079,18 EUR (2003) und -496.729,37 EUR (2004) rechnete der Beklagte den Anlegern abweichend vom Gleichstellungsbeschluss vom …2004 auch im Veranlagungszeitraum 2003 entsprechend ihrem Anteil am gezeichneten Kapital zum Jahresende zu. Darüber hinaus hob der Beklagte am … April 2007 den Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2002 auf und setzte den Gewerbesteuermessbetrag für 2003 auf 3.645,– EUR fest (Gewerbeertrag 121.400,– EUR). Den vortragsfähigen Gewerbeverlust stellte der Beklagte auf den 31. Dezember 2003 in Höhe von 0,– EUR und auf den 31. Dezember 2004 in Höhe von 149.204,– EUR fest.

Gegen die Bescheide vom … April 2007 legte die Klägerin mit Schreiben vom … Mai 2007 Einsprüche ein, mit denen sie geltend machte:

Herstellereigenschaft / „Anspruch auf Beteiligung am Prozesserfolg” (Tz. 15 und 17 des Abschlussberichts):

Das BMF-Schreiben vom 20. Oktober 2003 (Bundessteuerblatt – BStBl – I 2003, 546, sog. „5. Bauherrenerlass”) sei nicht anzuwenden, weil die Geschäftstätigkeit der Klägerin weder mit Herstellungs- noch mit Anschaffungsvorgängen verbunden sei, sodass sich die Frage der Abgrenzung bestimmter Aufwendungen von Anschaffungs-/Herstellungskosten und Betriebsausgaben gar nicht stelle.

Aktivierungsfähig seien gemäß §§ 246 Abs. 1, 247 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs – HGB – Vermögensgegenstände und Rechnungsabgrenzungsposten. Ein Vermögensgegenstand stelle ein nach der Verkehrsanschauung individualisiertes Gut dar, das sich bei wirtschaftlicher Betrachtung einzeln verwerten lasse. Ein solches Schuldendeckungspotenzial entstehe im Rahmen des zunächst nur einseitig erfüllten Vertrages für die Klägerin nicht. Die Klägerin erhalte mit ihrer Leistung lediglich die Chance, bei einem positiven Ausgang eines Verfahrens einen Anteil am Streitwert als Gegenleistung für die Übernahme des Prozesskostenrisikos zu erhalten. Im Zeitpunkt des Abschlusses des Prozessfinanzierungsvertrages sei i. d. R. erst der Entwurf einer Klageschrift vorhanden. Die von der E-AG im Rahmen des Prüfungsprozesses eingeschalteten Gutachter hätten zwar übereinstimmend dem Anspruch einen positiven Prozessverlauf mit guten Gewinnchancen attestiert, eine absolute Sicherheit liege aber erst nach endgültigem Abschluss des Instanzenweges vor. In der Zwischenzeit könne es nach positiven Urteilen in Zwischeninstanzen zu einer Bestätigung der Gutachterauffassung und damit möglicherweise zu einer Verdichtung der bisherigen Chance kommen; im Zeitpunkt des Abschlusses des Finanzierungsvertrages und der entsprechenden Zahlung durch die Klägerin sei eine derartige Konkretisierung jedoch nicht erkennbar. Vor diesem Hintergrund sei von einer sofortigen Abziehbarkeit der Aufwendungen auszugehen. Bei den Zahlungen der Klägerin handele es sich auch nicht um geleistete Anzahlungen, da sich die Vorauszahlung der Kommanditgesellschaft auf eine nicht aktivierungsfähige Leistung der E-AG beziehe. Die Verfügung der Oberfinanzdirektion Münster vom 22. Juli 2005, die der von der Außenprüfung vertretenen Auffassung zugrunde liege, sei erst nach Ende der Zeichnungsfrist der Klägerin veröffentlicht worden.

Zwischen der Klägerin und der E-AG sei ein Dienstvertrag geschlossen worden, der die E-AG als Geschäftsbesorger verpflichte, im eigenen Namen und für fremde Rechnung erfolgversprechende Prozesse zu finanzieren. Nach dem Mittelverwendungskontrollvertrag hänge das an die E-AG zu zahlende Honorar vom Nachweis eines ausreichenden Streitwertvolumens ab. Damit eine seriöse Prozessfinanzierung in Gestalt einer „Anspruchsdurchsetzungsfinanzierung” durch den Geschäftsbesorger möglich sei, müsse dieser in der Lage sein, uneingeschränkt über die zur jeweiligen Prozessführung notwendigen finanziellen Mittel zu verfügen. Es sei dem Geschäftsbesorger nicht zumutbar, in eigenem Namen (und damit im Außenverhältnis auf eigenes Risiko) Prozessfinanzierungsverträge abzuschließen, ohne sicher zu sein, die Finanzierung des Prozesses auch bis zum Ende durchzuhalten. Ein allein schuldrechtlicher Anspruch gegen die Klägerin reiche zur Sicherstellung der begründeten Interessen des Geschäftsbesorgers nicht aus; der Geschäftsbesorger müsse vielmehr unmittelbar und uneingeschränkt über die Gelder verfügen können.

Aufgrund der Ausgestaltung des Vertrages zwischen der Klägerin und der E-AG als Dienstvertrag sei hier weder ein Anschaffungs- noch ein Herstellungsgeschäft erkennbar. Das Rechtsverhältnis habe zwar wechselseitige schuldrechtliche Ansprüche zum Gegenstand. Diese Ansprüche wiesen aber einen mehr abstrakten Charakter auf und seien noch nicht hinreichend zu einem auch wirtschaftlichen Vorteil konkretisiert, der bilanzierungsfähig und bewertbar sei. Da nicht erkennbar sei, welches Wirtschaftsgut erworben oder hergestellt worden sein soll, sei die Klägerin weder Herstellerin noch Erwerberin.

Wenn hilfsweise der Auffassung des Beklagten gefolgt würde, stelle sich die Frage nach der Bewertung. Die Bewertung eines Wirtschaftsgutes „Anspruch auf Beteiligung am Prozesserfolg” müsse sich an den allgemeinen Bewertungsregeln des Bilanzsteuerrechtes messen lassen. Auch hier gelte das Vorsichtsprinzip, so dass selbst bei Annahme eines immateriellen Wirtschaftsgutes eine Bewertung dieses Wirtschaftsgutes mit einem pro memoria Posten in Höhe von 1,    EUR angemessen wäre, so lange nicht erkennbar sei, dass die Prozesse mit einem für die Gesellschaft positiven Ausgang geendet hätten. Dies entspreche auch dem Teilwertgedanken nach § 6 EStG. Nach Auffassung der Klägerin würde ein Erwerber die Ansprüche aus der Beteiligung am Prozesserfolg einzeln je Prozess beurteilen. Erst wenn der Prozess definitiv und unanfechtbar gewonnen sei, wäre er bereit, die erworbene Chance zu vergüten.

Ergebnisverteilung (Tz. 14 des Abschlussberichts):

Die bisher vom BFH und den Finanzgerichten ergangenen Urteile und die damit entschiedenen Sachverhalte seien auf den vorliegenden Sachverhalt nicht unmittelbar zu übertragen. Das Urteil des Bundesfinanzhof – BFH – vom 7. Juli 1993 (Az. IV R 209/80) habe einen völlig anderen Sachverhalt als Ausgangspunkt. In diesem Fall sei es um einen Beschluss der bereits beteiligten Gesellschafter gegangen, wonach im Zusammenhang mit einer Erhöhung des Kommanditkapitals der gesellschaftsvertragliche Gewinn- und Verlustverteilungsschlüssel dahin geändert worden sei, dass Gewinne und Verluste in begrenztem Umfang nur auf die Kommanditisten verteilt worden seien, die weitere Einlagen erbringen wollten. Im vorliegenden Fall sei im Vorgriff eine Entscheidung über die Ergebnisverteilung 2003 praktisch gar nicht umsetzbar gewesen, da diejenigen, über deren Ergebnisanteil entschieden werden sollte, dem Fonds zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht beigetreten gewesen seien. Da diese Gesellschafter bei Fortschreibung des ursprünglichen Verteilungsschlüssels prinzipiell besser stehen würden als die in 2002 beigetretenen Zeichner, da diesen dann geringere Ergebnisanteile zugewiesen würden, könne es diesen Zeichnern nicht verwehrt werden, über diesen Nachteil auch selbst zu bestimmen. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass der Anpassung der Ergebnisverteilung auch vernünftige wirtschaftliche Gründe zu Grunde gelegen hätten.

Die Ergebnisse der Klägerin, insbesondere die Verluste in den ersten Jahren, seien aufgrund der besonderen Zuordnungsmechanik von Einzahlungs- und Prozessfinanzierungsvolumen verursacht worden. Die durch den Geschäftsbesorger E-AG für die Klägerin evaluierten und finanzierten Prozesse seien in der Reihenfolge des Eingangs der Zeichnungssummen verwendet worden; insoweit sei der Anteil der Zeichner aus 2002 bereits im Jahresverlust 2002 verbraucht, während sich der Verlust der Zeichner aus 2003 im Verlust des Jahres 2003 widerspiegele. Das Problem der Korrektur der Ergebnisverteilung fuße neben den genannten materiellen Gründen auch formalrechtlich auf dem Umstand, dass die Klägerin nicht wie geplant in 2002 habe geschlossen werden können, sondern die Zeichnungsfrist bis zum 31. Dezember 2003 verlängert worden sei. Vor diesem Hintergrund seien die bisherigen gesellschaftsrechtlichen Regelungen anzupassen gewesen. Mit der am 3. November 2004 beschlossenen Modifizierung sei letztlich nur der ursprüngliche Zustand wieder hergestellt worden.

Einlagen (Agio) und Sonderbetriebsausgaben (Tz. 18 und 21 des Abschlussberichts):

Die Agio-Beträge stellten auf der Ebene der Klägerin Ertrag dar, da damit unmittelbar die Vertriebsaufwendungen alimentiert würden. Das Agio verfolge ausschließlich diesen Zweck, als quasi „durchlaufender Posten” keine Ergebniswirksamkeit zu entfalten.

Der Beklagte wies die Einsprüche mit einer Einspruchsentscheidung vom … Dezember 2008 als unbegründet zurück. Er begründete dies wie folgt:

Herstellereigenschaft / „Anspruch auf Beteiligung am Prozesserfolg” (Tz. 15 und 17 des Abschlussberichts):

Die Klägerin sei ein geschlossener Fonds, der zur Finanzierung der Prozesskosten Dritter gegründet worden sei. Die Anleger der Klägerin hätten sich auf der Grundlage eines vorgefertigten Konzepts in der Gesellschaft zusammengeschlossen, um das vom Initiator geplante Projekt zu finanzieren und eine Rendite auf das von ihnen eingesetzte Kapital zu erzielen. Das eingesammelte Kapital diene der Bezahlung des Investitionsprojekts und der Emissionskosten. „Investitionsobjekt” der Klägerin sei das immaterielle Wirtschaftsgut „Anspruch auf Beteiligung am Prozesserfolg”. Dieses umfasse den vermögenswerten Vorteil, den die Klägerin durch mehrere Rechtsgeschäfte in der Investitionsphase erlangt habe. Der steuerliche Begriff des Wirtschaftsgutes sei grundsätzlich identisch mit dem des handelsrechtlichen Vermögensgegenstandes. Zu den Vermögensgegenständen und Wirtschaftsgütern gehören neben Gegenständen im Sinne des bürgerlichen Rechts alle vermögenswerten Vorteile des Betriebs einschließlich tatsächlicher Zustände und konkreter Möglichkeiten, sofern ihnen im Geschäftsverkehr ein selbständiger Wert beigelegt werde und sie allein oder mit dem Betrieb verkehrsfähig seien. Im Ergebnis ihrer Investitionen in die entsprechenden Konzepte und nach Abschluss des Geschäftsbesorgungsvertrags mit der auf dem Gebiet der Prozesskostenfinanzierung erfahrenen Initiatorin verfüge die Klägerin über die Gesamtkonzeption und das Know-how zur Realisierung des Gesellschaftszwecks. Die Geschäftsidee und die Fondskonzeption mit den im Fondsprospekt angekündigten Ertragsaussichten stellten einen immateriellen Vermögensgegenstand und damit gleichzeitig ein immaterielles Wirtschaftsgut mit einheitlichem Nutzungs- und Funktionszusammenhang dar.

Der immaterielle Vermögensgegenstand „Anspruch auf Beteiligung am Prozesserfolg” setze sich aus mehreren Komponenten zusammen (Grundkonzeption, Rechtskonzeption, steuerliche Konzeption und Know-how). Alle Komponenten zusammen bildeten wegen ihres einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhangs ein Wirtschaftsgut. Bei einem Erwerb eines von einem Dritten erstellten, selbständig handelbaren Anlagekonzepts durch eine Verlustzuweisungsgesellschaft habe es der BFH als möglich angesehen, dass die Voraussetzungen für die Annahme eines selbständigen Wirtschaftsguts „Konzeption” gegeben seien (BFH-Urteil vom 10. Dezember 1992 XI R 45/88, BStBl II 1993, 487).

Der „Anspruch auf Beteiligung am Prozesserfolg” sei als immaterieller Vermögensgegenstand und Wirtschaftsgut verkehrsfähig und selbständig bewertbar. Es habe die Möglichkeit bestanden, dass die Klägerin die mit dem Know-how der E-AG verbundene Konzeption weiterveräußere. Die Weiterveräußerung wäre bei überlanger Prozessdauer eine geeignete Option, um den Anlegern die prognostizierte Rendite zu sichern. Bei einer Veräußerung der Konzeption könne dieser auch ein selbständiger Wert beigelegt werden, der sich nach der verbleibenden Renditeerwartung bemesse.

Selbst wenn die Fondsgesellschaft handelsrechtlich als Herstellerin des Investitionsobjektes anzusehen wäre, sei sie aber einkommensteuerrechtlich nicht Herstellerin, sondern Erwerberin. Die steuerliche Beurteilung sei nach dem Gesamtbild unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und nach dem wirklichen Gehalt der von den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen und deren tatsächlicher Durchführung vorzunehmen. Für die steuerrechtliche Beurteilung eines geschlossenen Fonds mit gewerblichen Einkünften komme es nicht darauf an, wie die betreffenden Vorgänge in der Handelsbilanz der Gesellschaft behandelt worden seien. § 42 AO gehe als spezielle Regelung dem Grundsatz des § 5 Abs. 1 EStG vor. Die insoweit durch den BFH für Immobilienfonds entwickelte Rechtsauffassung sei unter vergleichbaren Voraussetzungen auch auf andere geschlossene Fonds übertragbar. Das wirtschaftliche Ziel der Klägerin und ihrer Gesellschafter sei es gewesen, in gesamthänderischer Verbundenheit die Konzeption und das spezielle Know-how der E-AG zu erwerben und zu nutzen und damit die prognostizierte Rendite zu erzielen. Der Anspruch auf Beteiligung am Erfolg könne nur in der Zusammenfassung der verschiedenen Teile des von der Initiatorin vorgegebenen Vertragswerks erreicht werden. Die einzelnen Teilverträge hätten keine selbständige Bedeutung und ließen sich nur aus der gewünschten Schaffung sofort steuerlich abziehbarer Aufwendungen erklären. Eine wesentliche Einflussnahmemöglichkeit der Kommanditisten der Klägerin habe es nicht gegeben.

Darüber hinaus entspreche die Durchführung des Geschäftsbesorgungsvertrags mit der Initiatorin auch nicht den unter fremden Dritten üblichen Verhältnissen, soweit die vereinbarte Vergütung von der Klägerin offenbar abhängig vom Eingang des Zeichnerkapitals, aber unabhängig vom Nachweis eines ausreichenden Prozessstreitwertvolumens vorab in voller Höhe an die E-AG gezahlt worden sei. Nicht zuzustimmen sei der Behauptung der Klägerin, dass es der Geschäftsbesorgerin nicht zumutbar gewesen sei, auf einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die Klägerin zurückzugreifen. Einem Fremdvergleich halte auch nicht stand, dass die vertragliche Vereinbarung zur Erstellung der Grundkonzeption zeitgleich mit dem Gesellschaftsvertrag der Klägerin geschlossen worden sei.

Die angemessene Gestaltung bestehe in der Vereinbarung eines Gesamtkaufpreises für das Wirtschaftsgut „Anspruch auf Beteiligung am Prozesserfolg”, so dass die im Zusammenhang mit der Abwicklung des Projekts in der Investitionsphase vereinbarten Provisionen und Gebühren wie Anschaffungskosten zu werten seien. Demgemäß seien im Ergebnis der Außenprüfung die Aufwendungen der Klägerin für die Konzeption, die Prospektprüfung, die Mittelverwendungskontrolle, die Treuhändergebühren in der Platzierungsphase, die Geschäftsbesorgungsgebühr sowie die Eigenkapitalvermittlungsprovisionen als Anschaffungskosten des Aktivpostens „Anspruch auf Beteiligung am Prozesserfolg” erfasst worden.

Auch hinsichtlich der Bewertung des immateriellen Wirtschaftsguts komme keine Änderung in Betracht. Entgegen der Annahme der Klägerin seien zur Bewertung nicht von vornherein direkt die Erfolgsaussichten der einzelnen Prozesse heranzuziehen. Das Wirtschaftsgut bestehe in der Fondskonzeption mit den angekündigten Ertragsaussichten, die sich auf ein bestimmtes Streitwertvolumen beziehen würden. Deshalb erfolge auch die Auflösung des entsprechenden Bilanzpostens prozentual im Umfang des anteiligen Streitwerts der entschiedenen Prozesse, also unabhängig vom Prozessausgang. Für die Bestimmung des Teilwerts gelte die Vermutung, dass der Teilwert eines Wirtschaftsguts im Zeitpunkt des Erwerbs den Anschaffungskosten entspreche. Diese Teilwertvermutung schließe auch die im Rahmen eines einheitlichen Vertragswerks entstandenen Anschaffungskosten ein. Diese Vermutung könne widerlegt werden, wenn der Steuerpflichtige darlege und nachweise, dass die Anschaffung eines Wirtschaftsguts von Anfang an eine Fehlmaßnahme gewesen sei. Diesen Nachweis habe die Klägerin nicht geführt.

Selbst wenn der Auffassung der Klägerin gefolgt würde, dass sie weder Herstellerin noch Erwerberin eines Wirtschaftsguts sei, wäre die aufgrund des Geschäftsbesorgungsvertrags an die E-AG gezahlte Vergütung in Höhe von 4.326.400 EUR schon deshalb nicht den sofort abziehbaren Betriebsausgaben zuzurechnen, weil dem finanziellen Aufwand der Klägerin der Anspruch auf Ausführung der sogenannten Geschäftsbesorgungsleistungen gegenüberstehe, der als Aktivposten in die Bilanz einzustellen sei (Vorleistung aus schwebendem Geschäft). Nach ständiger Rechtsprechung seien schwebende Geschäfte gegenseitige auf Leistungsaustausch gerichtete Verträge i. S. der §§ 320 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches, die hinsichtlich der vereinbarten Sach- oder Dienstleistungspflicht noch nicht voll erfüllt seien. Ansprüche und Verbindlichkeiten aus einem schwebenden Geschäft dürften während des Schwebezustandes grundsätzlich nicht in der Bilanz berücksichtigt werden, da die (widerlegbare) Vermutung bestehe, dass sich die wechselseitigen Rechte und Pflichten aus dem Vertrag wertmäßig ausgleichen. Ein Bilanzausweis sei nur geboten, wenn und soweit das Gleichgewicht solcher Vertragsbeziehungen durch Vorleistungen oder Erfüllungsrückstände eines Vertragspartners gestört sei oder aus diesem Geschäft ein Verlust drohe (vgl. BFH-Beschluss vom 23. Juni 1997 GrS 2/93, BStBl II 1997, 735). Würden Vorleistungen erbracht, sei beim Leistenden ein entsprechender Aktivposten „Vorauszahlung” oder „Anzahlung” zu bilden, der verhindere, dass das bislang nur einseitig erfüllte Geschäft bereits vor Beendigung des Schwebezustands erfolgswirksam werde. Der BFH gehe von einem weiten Verständnis der Anzahlungen aus, danach kämen als Anzahlungen Vorleistungen auf schwebende Verträge aller Art in Betracht, auch zeitraumbezogene Verträge, wie Dienst-, Pacht- oder Mietverträge (BFH-Urteil vom 25. Oktober 1994 VIII R 65/91, BStBl II 1995, 312, m. w. N.).

Dass die Verfügung der Oberfinanzdirektion Münster vom 22. Juli 2005 erst nach Ende der Zeichnungsfrist für die Klägerin veröffentlicht worden sei, sei für die Beurteilung des Streitfalls unerheblich, weil vorher keine abweichenden Verwaltungsanweisungen ergangen seien.

Ergebnisverteilung (Tz. 14 des Abschlussberichts):

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH könnten die rechtlichen Beziehungen zwischen den Gesellschaftern einer Personengesellschaft steuerlich grundsätzlich nur mit Wirkung für die Zukunft gestaltet bzw. geändert werden. Dieser Grundsatz gelte auch für die Vereinbarungen über die Gewinnverteilung. Davon könne im Streitfall nicht abgewichen werden. Eine nach Ablauf eines Wirtschaftsjahres beschlossene Änderung der Gewinn- und Verlustverteilungsabrede einer Personengesellschaft, die auf das abgelaufene Wirtschaftsjahr zurückbezogen werde, sei für die einkommensteuerliche Gewinn- und Verlustrechnung unbeachtlich. Es sei unerheblich, ob die Gesellschaft in dem Wirtschaftsjahr, auf das die Änderung zurückbezogen werde, noch in der Investitionsphase gewesen sei. Zwar sei ein Gleichstellungsbeschluss grundsätzlich steuerlich anzuerkennen, nach dem bei einer KG für die ersten beiden Geschäftsjahre die Gewinn- und Verlustverteilung in der Weise erfolgen soll, dass sämtliche in diesen beiden Geschäftsjahren eintretenden Kommanditisten gleichzustellen sind, indem die erst im zweiten Geschäftsjahr beigetretenen Kommanditisten einen höheren Anteil am Verlust der KG erhalten. Voraussetzung sei aber, dass dieser bereits bei Gründung der Gesellschaft gefasst worden sei.

Auch im Streitfall habe die Möglichkeit bestanden, die Ergebnisverteilung bei Gründung der Gesellschaft so zu regeln, dass den Beteiligten in der Investitionsphase gleiche Anteile zugerechnet werden könnten. Dass nach der Gründung der Klägerin wirtschaftliche Gründe eine Modifizierung der gesellschaftsvertraglichen Regelung erforderlich machten, sei ebenso wie die Tatsache, dass das Einverständnis der Gesellschafter für die Regelung vorgelegen habe, für die steuerliche Anerkennung unerheblich.

Einlagen (Agio) und Sonderbetriebsausgaben (Tz. 18 und 21 des Abschlussberichts):

Die von den Beteiligten erbrachten Agios seien gemäß § 5 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin als Rücklagen zugeflossen und daher als Eigenkapital erfasst worden. Eine rückwirkende Anwendung des Gesellschafterbeschlusses vom 3. November 2004 komme auch hier nicht in Betracht. Die Agiobeträge seien nach der Rechtsprechung des BFH (Beschluss vom 13. März 1980 IV B 58/78, BStBl II 1980, 499) auch nicht als sofort abziehbare Sonderbetriebsausgaben der Beteiligten anzuerkennen.

Gegen die Einspruchsentscheidung richtet sich die am …Januar 2009 bei Gericht eingegangene Klage. Die Klägerin wiederholt im Wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren. Im Übrigen verweist sie auf eine von ihr vorgelegte gutachterliche Stellungnahme zu den steuerlichen Aspekten einer Beteiligung an einer identisch strukturierten Schwestergesellschaft (Bl. 81 ff. der Gerichtsakten), auf die der Senat wegen der Einzelheiten verweist.

Die Klägerin beantragt,

Die Bescheide vom … April 2007 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2002 bis 2004, über den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer 2003 und über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2002 bis 2004, alle in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom … Dezember 2008, dahingehend zu ändern, dass die Bescheide wie folgt erklärungsgemäß ergehen:

  • •  Einkünfte aus Gewerbebetrieb / Gewerbeertrag von ./. 1.072.600,– für 2002, von ./. 3.773.391,– für 2003 und von 41.389,– EUR für 2004,
  • •  abweichende Verteilung des Verlustes für 2003 nach Maßgabe des Gesellschafterbeschlusses vom 3. November 2004 und
  • •  Erfassung des Agios als Ertrag auf Gesellschaftsebene und als Sonderbetriebsausgabe im Sonderbereich der Anleger.

 

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.

 Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Die von der Klägerin angegriffenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen sie nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –).

I.  Der Beklagte hat zu Recht die von der Klägerin in der Investitionsphase an die E-AG geleisteten Zahlungen in Höhe von 950.900,– EUR (2002), von 3.141.700,    EUR (2003) und von 233.800,– EUR (2004) nicht als sofort abziehbare Betriebsausgaben erfasst, sondern sie – zunächst gewinnneutral – aktiviert.

1.  Der Senat folgt der Auffassung des Beklagten, wonach die Zahlungen an die E-AG Anschaffungskosten eines immateriellen geschäftswertähnlichen Wirtschaftsguts darstellen.

a)  Der handelsrechtliche Begriff des Vermögensgegenstandes und der steuerrechtliche Begriff des Wirtschaftsgutes stimmen inhaltlich überein: Sie sind auf der Grundlage einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise auszulegen und daher weit gespannt. Beide umfassen nicht nur Sachen und Rechte im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs, sondern auch tatsächliche Zustände und konkrete Möglichkeiten, damit sämtliche Vorteile für den Betrieb, deren Erlangung sich der Kaufmann etwas kosten lässt, die einer besonderen Bewertung zugänglich sind, in der Regel einen Nutzen für mehrere Wirtschaftsjahre erbringen und jedenfalls mit dem Betrieb übertragen werden können. Darunter fallen, wie die Regelungen der § 248 Abs. 2 HGB und § 5 Abs. 2 EStG erkennen lassen, grundsätzlich auch – nicht körperliche – immaterielle Wirtschaftsgüter (ständige Rechtsprechung, vgl. dazu Beschluss des Großen Senats des BFH vom 7. August 2000 GrS 2/99, BFHE 192, 339, BStBl II 2000, 632; BFH-Urteile vom 20. März 2003 IV R 27/01, BFHE 202, 256, BStBl II 2003, 878; vom 14. März 2006 I R 109/04, BFH/NV 2006, 1812; vom 19. Oktober 2006 III R 6/05, BStBl II 2007, 301, jeweils m. w. N.).

b)  Diese Merkmale sind im Streitfall erfüllt.

aa)  Die Chance auf eine Beteiligung am Prozesserlös stellt einen Vorteil dar, dessen Erlangung sich die Klägerin etwas – nämlich 4.326.400,– EUR – kosten ließ. Ein mehrjähriger Nutzen für den Betrieb der Klägerin – der in der neueren Rechtsprechung gar nicht mehr gefordert wird (vgl. BFH-Urteil vom 5. Juni 2008 IV R 67/05, BStBl II 2008, 960) – liegt ebenfalls vor, da sich aus den von ihr finanzierten Prozessen Umsatzerlöse ergeben, die über einen Zeitraum von mehreren Jahren zufließen sollten. Der Anspruch auf Beteiligung ist auch zusammen mit dem Betrieb übertragbar. Die vom handelsrechtlichen Schrifttum für das Vorliegen eines Vermögensgegenstandes überwiegend für erforderlich gehaltene selbständige Verkehrsfähigkeit im Sinne der Einzelveräußerbarkeit ist nach Auffassung der Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, nicht erforderlich (vgl. Tiedchen in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 5 EStG Anm. 345, m. w. N.). Im Streitfall wäre nach Auffassung des Senats aber sogar von einer selbständigen Verkehrsfähigkeit des Anspruchs auf Beteiligung am Prozesserlös auszugehen, da der Anspruch gegen die E-AG nach §§ 398 ff. BGB auf Andere übertragen werden kann. Insbesondere ist die Abtretung nicht gem. § 399 2. Alt. BGB durch Vereinbarung mit der E-AG ausgeschlossen worden.

bb)  Darüber hinaus ist auch das für den Wirtschaftsgutbegriff zentrale Kriterium der selbständigen Bewertbarkeit (dazu Anzinger in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 5 EStG Anm. 1681) erfüllt.

Die selbständige Bewertbarkeit bestimmt sich bei materiellen Wirtschaftsgütern nach dem Nutzungs- und Funktionszusammenhang, dem Grad der Festigkeit und dem Zeitraum einer eventuell vorgenommenen Verbindung sowie nach dem äußeren Erscheinungsbild (Schmidt/Weber-Grellet, 30. Aufl. 2011, § 5 EStG Rn. 96). Für immaterielle Wirtschaftsgüter ist die selbständige Bewertbarkeit gegeben, wenn sie nach der Verkehrsanschauung als Einzelheit Bedeutung haben. Zur Abgrenzung vom Geschäfts- oder Firmenwert, der die durch den Betrieb des eingeführten und fortlebenden Unternehmens im Ganzen gewährleisteten Gewinnchancen abbildet, soweit sie nicht in einzelnen Wirtschaftsgütern verkörpert sind, ist erforderlich, dass ein gedachter Erwerber des ganzen Unternehmens für das Gut ein besonderes Entgelt ansetzen würde oder dass eine Einzelbewertung zumindest möglich wäre (vgl. Tiedchen in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 5 EStG Anm. 350 f.; FG Münster, Urteil vom 1. Februar 2008 9 K 2367/03, EFG 2008, 1449). Ob eine selbständige Bewertbarkeit vorliegt, ist anhand der Umstände des Einzelfalles festzustellen (BFH-Beschluss vom 3. September 2002 I B 144/01, BFH/NV 2003, 154).

Der von der Klägerin erworbene Anspruch auf Beteiligung am Prozesserlös ist nach Auffassung des Senats selbständig bewertbar und stellt deshalb ein geschäftswertähnliches immaterielles Wirtschaftgut dar, das zu aktivieren ist. Diese Beurteilung beruht darauf, dass die Klägerin für die von ihr erbrachte Zahlung eine klar abgegrenzte und definierte Geschäftschance erworben hat, die sich von einer Forderung nur durch die Ungewissheit ihrer Realisierbarkeit unterscheidet. Die Klägerin hat im wirtschaftlichen Ergebnis nämlich eine Option auf Beteiligung an einem etwaigen Prozesserlös der Kläger erworben. Für den Fall von Call- oder Put-Optionen, also dem Recht, einen bestimmten Gegenstand zu einem oder bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu einem festgelegten Preis zu kaufen oder zu verkaufen, ist anerkannt, dass dieses Recht im Zeitpunkt der Einräumung der Option als immaterielles Wirtschaftsgut zu aktivieren ist (vgl. Anzinger in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 5 EStG Anm. 1686). Im Streitfall kann nichts anderes gelten.

Zudem ist die im Streitfall erworbene Geschäftschance auf Beteiligung am Prozesserlös mit dem entgeltlichen Erwerb der Ansprüche aus bestehenden schwebenden Verträgen vergleichbar (auch bezeichnet als Gewinnaussichten aus schwebenden Geschäften, Belieferungsrechte, Kundenaufträge, Auftragsbestand). Mit dem Erwerb bestehender schwebender Verträge treten gegenüber dem Geschäftswert selbständige immaterielle, geschäftswertähnliche Wirtschaftsgüter in Erscheinung, wenn sich aus den Verträgen bereits konkrete Verpflichtungen ergeben. Ein bei Erwerb eines Unternehmens übernommener Auftragsbestand ist ein selbständig bewertungsfähiges abschreibbares Wirtschaftgut und nicht Bestandteil des Geschäftswerts, wenn die Vertragsparteien dem Auftragsbestand eine besondere wirtschaftliche Bedeutung beigemessen haben. Dies resultiert daraus, dass der Auftragsbestand den zu erwartenden Gewinn umschreibt, der sich aus rechtsverbindlich abgeschlossenen (schwebenden) Verträgen ergibt (vgl. dazu BFH-Urteile vom 1. Februar 1989 VIII R 361/83, BFH/NV 1989, 778; vom 15. Dezember 1993 X R 102/92, BFH/NV 1994, 543; vom 28. Mai 1998 IV R 48/97, BStBl II 1998, 775; FG Düsseldorf, Urteil vom 20. März 2003 15 K 7704/00 F, EFG 2003, 1290; FG Münster, Urteil vom 1. Februar 2008 9 K 2367/03, EFG 2008, 1449). Nicht anders verhält es sich im Streitfall, soweit die Klägerin durch die Pauschalvergütung die Chancen der E-AG auf Auskehrung von Erlösen aus den von der E-AG finanzierten Prozessen erworben hat.

c)  Die Aktivierung der selbständigen Geschäftschance „Beteiligung am Prozesserlös” verstößt auch nicht gegen den Grundsatz des Nichtausweises von sog. schwebenden Geschäften.

Grundsätzlich dürfen schwebende Geschäfte, soweit sie ausgeglichen sind, nicht bilanziert werden; Forderungen und Verbindlichkeiten aus solchen Geschäften werden also nicht angesetzt (Stobbe in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 5 EStG Anm. 290). Schwebende Geschäfte sind gegenseitige, auf Leistungsaustausch gerichtete Verträge, insbesondere auch Dauerschuldverhältnisse, bei denen der zur Sach-, Dienst- oder Werkleistung Verpflichtete seine Leistung noch nicht erbracht hat (Tiedchen in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 5 EStG Anm. 330). Leistungen des zur Geldzahlung Verpflichteten haben keine Auswirkung auf den Schwebezustand (Schmidt/Weber-Grellet, 30. Aufl. 2011, § 5 EStG Rn. 76).

Im Streitfall liegt kein schwebendes Geschäft vor, denn die E-AG hat die von ihr geschuldete, nicht in Geld bestehende Leistungspflicht erbracht, indem sie der Klägerin den Anspruch auf Gewinnbeteiligung eingeräumt hat. Allerdings hat die E-AG gegenüber der Klägerin in dem Geschäftsbesorgungsvertrag umfassende Leistungspflichten übernommen und sich verpflichtet, gegen die Zahlung der Pauschalvergütung eigenverantwortlich das operative Geschäft der Klägerin zu führen. Dies führt zivilrechtlich auch zu einem Gegenseitigkeitsverhältnis zwischen der Vergütungszahlung einerseits und der Geschäftsbesorgung andererseits. Die steuerliche Qualifizierung des Vertragsverhältnisses weicht aber von der zivilrechtlichen Betrachtung ab, weil die Klägerin mit der Geschäftschance auf Beteiligung am Prozesserlös ein geschäftswertähnliches immaterielles Wirtschaftsgut angeschafft hat. Steuerlich teilt sich die zivilrechtlich einheitliche Leistungsbeziehung zwischen der Klägerin und der E-AG deshalb in zwei voneinander zu trennende Abschnitte auf, nämlich zum einen den entgeltlichen Erwerb des immateriellen Wirtschaftsguts und zum anderen die Geschäftsbesorgung, die den Inhalt des immateriellen Wirtschaftsguts durch die von der Klägerin vereinnahmten Umsatzerlöse konkretisiert und materialisiert. Dass dies so ist, wird letztlich auch durch den Umstand belegt, dass die Klägerin eine Pauschalzahlung geleistet hat, die sich nicht am Aufwand der E-AG bemessen hat, sondern – dies ist zwischen den Beteiligten streitig – entweder an der Höhe des von ihr eingeworbenen Kommanditkapitals oder am Streitwert der von der E-AG akquirierten und positiv geprüften Aktivprozesse. Daraus folgt, dass die Pauschalvergütung Gegenleistung für das eingeräumte Wirtschaftsgut und nicht für die von der E-AG zu erbringenden sonstigen Tätigkeiten ist.

2.  Sofern kein immaterielles Wirtschaftsgut vorliegen sollte, würde sich im Streitfall am Ergebnis nichts ändern. Denn dann wäre die von der Klägerin geleistete Pauschalvergütung in Höhe von 4.326.400,– EUR als Anzahlung zu aktivieren (vgl. § 266 Abs. 1 A. I. 4. HGB).

Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin stünde dem nicht entgegen, dass der Inhalt des Gegenanspruchs kein aktivierungsfähiges Wirtschaftsgut, sondern eine Dienstleistung wäre (vgl. BFH-Urteil vom 25. Oktober 1994 VIII R 25/91, BStBl II 1995, 312; Schmidt/Weber-Grellet, a. a. O., § 5 Rn. 270 „Anzahlungen”). Nicht entscheidend ist auch, ob die Anzahlungen als eigenständiges Wirtschaftsgut oder als aktiver Rechnungsabgrenzungsposten gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu erfassen wären, weil dies weder am Umstand der erfolgsneutralen Erfassung noch an der Auflösung (dazu sogleich) etwas ändern würde.

3.  Die – von der Klägerin auch nicht angegriffene – Abschreibung des immateriellen Wirtschaftsguts durch den Beklagten ist nicht zu beanstanden; denn der Beklagte hat den gebildeten Bilanzposten prozentual im Umfang des anteiligen Streitwerts der entschiedenen Prozesse, also unabhängig vom Prozessausgang, aufgelöst. In der Sache entspricht dies einer Absetzung für Substanzverringerung nach § 7 Abs. 6 EStG und wird den wirtschaftlichen Gegebenheiten besser gerecht als die lineare AfA gem. § 7 Abs. 1 EStG. Zudem dürfte die lineare AfA gem. § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG über einen Zeitraum von 15 Jahren vorzunehmen sein, sodass die vom Beklagten gewählte Methode für die Klägerin sogar günstiger ist.

II.  Auch die von der Klägerin gezahlten Eigenkapitalvermittlungsprovisionen in Höhe von 139.357,– EUR (2002), von 587.834,– EUR (2003) und von 23.952,– EUR (2004) sowie die Rechtsund Beratungskosten in Höhe von 43.087,– EUR (2002), 171.972,– EUR (2003) und von 15.143,– EUR (2004) führten in den Streitjahren nicht zu unmittelbar gewinnminderndem Aufwand, sondern waren zu aktivieren.

1.  Sofern vom Erwerb eines immateriellen Wirtschaftsguts durch die Klägerin auszugehen ist, folgt dies unmittelbar aus der Rechtsprechung des BFH zu den Anschaffungsnebenkosten im Rahmen von Bauherrenmodellen.

a)  Nach der Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt, werden alle Aufwendungen, die von Anlegern eines Bauherrenmodells geleistet worden sind, als Anschaffungskosten und nicht als sofort abziehbare Werbungskosten behandelt, wenn sich die Anleger aufgrund eines vom Projektanbieter vorformulierten Vertragswerks beteiligen (BFH-Urteil vom 14. November 1989 IX R 197/84, BFHE 158, 546, BStBl II 1990, 299). Diese Grundsätze gelten auch für Immobilienfonds in der Rechtsform einer gewerblich geprägten KG. Zwar sind dann für die handelsrechtliche Bilanzierung die Aufwendungen des Fonds aus der Perspektive der Gesellschaft zu betrachten. Ob Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder aber sofort den Gewinn mindernde Betriebsausgaben vorliegen, kann danach nicht davon abhängen, inwieweit sich die Aufwendungen für den Gesellschafter oder künftigen Gesellschafter als Bestandteil eines von ihm zu tragenden Gesamtaufwands darstellen. Aus dem Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz (§ 5 Abs. 1 EStG) ergibt sich andererseits aber auch nicht, dass steuerlich der handelsrechtlichen Behandlung von Aufwendungen als laufende Betriebsausgabe aus der Perspektive der Gesellschafter gefolgt werden muss. Die einheitliche Betrachtung des Vertragswerks für Zwecke der Besteuerung beruht nämlich auf § 42 AO, wonach der Besteuerung anstelle einer wirtschaftlich unangemessenen Gestaltung der Rechtsverhältnisse diejenige Rechtsgestaltung unterworfen wird, die den wirtschaftlichen Vorgängen angemessen gewesen wäre.

Die angemessene Gestaltung bestünde bei Immobilienfonds in der Vereinbarung eines Gesamtkaufpreises für die Immobilie, so dass die im Zusammenhang mit der Abwicklung des Projekts vereinbarten Provisionen oder Gebühren wie Anschaffungskosten zu werten sind; denn das wirtschaftliche Ziel der Fonds-Gesellschaft und ihrer Gesellschafter kann und soll nur in der Zusammenfassung der verschiedenen Teile des Vertragswerks erreicht werden. Die einzelnen Teilverträge haben keine selbständige Bedeutung und lassen sich nur aus der gewünschten Schaffung sofort steuerlich abziehbarer Ausgaben erklären. Für die steuerrechtliche Beurteilung eines geschlossenen Immobilienfonds mit gewerblichen Einkünften kommt es deshalb nicht darauf an, wie die betreffenden Vorgänge in der Handelsbilanz der KG behandelt worden sind. § 42 AO geht als spezielle Regelung dem Grundsatz des § 5 Abs. 1 EStG vor, denn die Handelsbilanz bildet in Ermangelung einer handelsrechtlichen Regelung nach Art des § 42 AO nur die tatsächliche Zivilrechtslage ab (BFH-Urteile vom 28. Juni 2001 IV R 40/97, BFHE 196, 77, BStBl II 2001, 717, und vom 14. April 2011 IV R 8/10, BFHE 223, 226, BStBl II 2011, 709).

b)  Die für den geschlossenen Immobilienfonds entwickelten Grundsätze sind gleichermaßen auf den vorliegenden Fall eines Prozesskostenfinanzierungsfonds zu übertragen.

Vergleichbar einem Immobilienfonds ist das vorliegende Fondskonzept darauf ausgerichtet, in gesamthänderischer Verbundenheit ein immaterielles Wirtschaftsgut zu erwerben, dabei eingeräumte steuerliche Vergünstigungen (hier insbesondere die im Rahmen des § 15a EStG ausgleichsfähigen Anlaufverluste) in Anspruch zu nehmen, um anschließend mit dem Wirtschaftsgut Umsatzerlöse zu erzielen (s. o. unter I.). Dieses Ziel konnte und sollte nach dem wirtschaftlichen Fondskonzept durch die Bündelung verschiedener, bereits vor der Aufnahme zukünftiger Gesellschafter abgeschlossener Verträge erreicht werden. Der einzelne dem Fonds beitretende Gesellschafter hatte mithin im Zeitpunkt des Eintritts in die Gesellschaft keinerlei (unternehmerischen) Einfluss mehr auf das wirtschaftliche Konzept, das die Fondsinitiatoren im Einzelnen ausgearbeitet hatten. Aus der Sicht der beitretenden Gesellschafter standen sämtliche Aufwendungen für die einzelvertraglich vereinbarten Dienstleistungen, hier für die wirtschaftliche und steuerliche Konzeption, für die Platzierung, für die Geschäftsbesorgung (Investitionsphase), für den Prospekt, für die Vermittlung der Endfinanzierung (Fremdkapital) und für die Mittelverwendungskontrolle aufgrund der modellimmanenten Verknüpfung aller diesbezüglichen Verträge in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Erlangung des wirtschaftlichen Eigentums an dem immateriellen Wirtschaftsgut. Den von den Initiatoren und Gründungsgesellschaftern der Klägerin abgeschlossenen einzelnen Verträgen kam daher jedenfalls aus der maßgeblichen Sicht der beitretenden Anleger keine selbständige Bedeutung zu. Die einzelvertraglichen Abreden lassen sich auch bei dem hier zu beurteilenden Prozesskostenfinanzierungsfonds nur aus der gewünschten Schaffung sofort steuerlich abziehbarer Ausgaben erklären. Ein Abzug von Aufwendungen als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben kommt insoweit nur in Betracht, als ein Erwerber der Geschäftschance auf Beteiligung am Prozesserlös außerhalb der modellhaften Vertragsgestaltung diese ebenfalls sofort als Betriebsausgaben abziehen könnte. Dies ist bei den vorliegend in Streit stehenden Aufwendungen indes nicht der Fall.

c)  Es ist entgegen der Auffassung der Klägerin auch keine Teilwertabschreibung auf den Erinnerungswert von 1,– EUR vorzunehmen.

Der Teilwert eines neu hergestellten oder angeschafften Wirtschaftsguts entspricht nach der in der Rechtsprechung anerkannten Teilwertvermutung in der Regel den Anschaffungs- und Herstellungskosten, bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern vermindert um die AfA. Diese Teilwertvermutung schließt auch die im Rahmen eines einheitlichen Vertragswerks entstandenen Anschaffungskosten ein, denn es ist davon auszugehen, dass jeder Anleger diese Aufwendungen tragen müsste, um sich an dem Anlageobjekt beteiligen zu können. Insoweit handelt es sich nicht um Aufwendungen, die bei der Bemessung des Teilwerts des Anlageobjekts wie etwa bestimmte vergebliche Aufwendungen unberücksichtigt bleiben müssten. Vielmehr ist anzunehmen, dass auch ein gedachter Erwerber der Beteiligung dem Veräußerer die gesamten als Anschaffungs- und Herstellungskosten behandelten Aufwendungen im Rahmen des Vertragswerks vergüten würde, weil er als Ersterwerber diese Kosten ebenfalls zu tragen hätte (BFH-Urteil vom 14. April 2011 IV R 8/10, BFHE 223, 226, BStBl II 2011, 709).

2.  Die Eigenkapitalvermittlungsprovisionen sowie die Rechts- und Beratungskosten stellen aber auch dann keine sofort abziehbare Betriebsausgaben dar, wenn nicht vom Erwerb eines immateriellen Wirtschaftsguts auszugehen sein sollte, sondern die Zahlungen an die E-AG als Anzahlungen zu aktivieren wären (dazu oben I.2 der Gründe).

In diesem Fall gelten nämlich die Erwägungen, die der Rechtsprechung des BFH zu gewerblichen Immobilienfonds zugrunde liegen, entsprechend: Das angestrebte wirtschaftliche Ziel konnte und sollte nach dem wirtschaftlichen Fondskonzept durch die Bündelung verschiedener, bereits vor der Aufnahme zukünftiger Gesellschafter abgeschlossener Verträge erreicht werden, und der einzelne Anleger hatte keinen Einfluss auf das wirtschaftliche Konzept. Aus der Sicht der Anleger standen deshalb sämtliche Aufwendungen für die weiteren Dienstleistungen aufgrund der modellimmanenten Verknüpfung aller Verträge in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Erlangung der Beteiligung an den Prozesserlösen. Im Ergebnis stellen diese Zahlungen daher „Anzahlungsnebenkosten” dar und sind ebenfalls zu aktivieren.

3.  Sofern kein Erwerb eines immateriellen Wirtschaftsguts vorliegt, sondern die Zahlungen an die E-AG als Anzahlungen auf noch zu erbringende Dienstleistungen zu aktivieren wären, müsste im Übrigen im Hinblick auf die Gewerbesteuer berücksichtigt werden, dass die Zahlungen an die E-AG als Mitunternehmerin der Klägerin geleistet worden sind. Diese Zahlungen stellen daher bei der E-AG Sonderbetriebseinnahmen gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1, 2. HS EStG dar und erhöhen den Gewinn aus Gewerbebetrieb. Dies spielt allerdings nur eine Rolle, wenn die Anzahlungen bei Klägerin nicht aktiviert werden müssten, während sie im Streitfall zu aktivieren sind.

III.  Der Beklagte hat ebenfalls zu Recht den Beschluss vom … 2004 nicht bei der Gewinnverteilung des Jahres 2003 berücksichtigt und das Agio als Eigenkapital erfasst. Wegen der Gründe verweist der Senat auf die Ausführungen des Beklagten in der Einspruchsentscheidung, denen sich der Senat anschließt (§ 105 Abs. 5 FGO).

IV.  Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da er von der Rechtsprechung des BFH nicht abweicht.

Abgrenzung zwischen laufender Unterrichtung und Schlussbesprechung (FG)

Gültigkeit der Hemmung der Verjährung wegen Betriebsprüfung bis ein Jahr nach dem Jahr der SchlussbesprechungAnforderungen an eine SchlussbesprechungAbgrenzung zwischen laufender Unterrichtung und Schlussbesprechung

 Leitsatz

1. Ob eine die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 Satz 3 AO befristende Schlussbesprechung stattgefunden hat, ist nach materiellen und nicht nach formellen Gesichtspunkten zu bestimmen (entgegen § 11 Abs. 1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Betriebsprüfung v. 15.3.2000, BStBl 2000 I S. 368 ).

2. Die Schlussbesprechung bildet nicht die generelle Beendigung der Außenprüfung, sondern regelmäßig die Beendigung der Prüfungshandlungen, zeigt also an, dass die Finanzbehörde keine weitere Prüfungshandlung mehr für erforderlich hält.

3. Eine Besprechung ist als Schlussbesprechung gem. § 171 Abs. 4 Satz 3 i.V.m. § 201 AO anzusehen, wenn mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer der geprüften GmbH, dem Mitarbeiter deren Steuerberaters sowie dem Betriebsprüfer die maßgeblichen Personen teilnehmen und Gegenstand des Gesprächs sämtliche vorläufige Prüfungsfeststellungen des Betriebsprüfers sind. Unerheblich ist die Bezeichnung der Besprechung sowie die Einräumung einer Frist zur Einreichung weiterer Unterlagen.

4. Ist das FA der Ansicht, dass eine die Merkmale einer Schlussbesprechung aufweisende Besprechung keine solche, sondern lediglich eine Zwischenbesprechung i. S. d. § 199 Abs. 2 AO ist, muss es eine (weitere) Schlussbesprechung anberaumen bzw. erkennen lassen, eine solche durchführen zu wollen. Das FA kann nicht durch die gewählte Bezeichnung bzw. Klassifizierung eines Besprechungstermins das Besteuerungsverfahren offen halten.

 Gesetze

AO § 171 Abs. 4 S. 3
AO § 201 Abs. 1 S. 1
AO § 199 Abs. 2
Verfahrensstand:  Diese Entscheidung ist rechtskräftig

 Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte Änderungsbescheide aufgrund einer Außenprüfung erlassen durfte oder ob bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Ihr Unternehmensgegenstand ist die Beratung von Unternehmen und Einzelpersonen im Bereich der Umwelt-, Energie- und Verfahrenstechnik, die Planung von Anlagen und Einrichtungen sowie das Errichten dieser Anlagen als Generalübernehmer oder Bauherrenvertreter. Im Streitzeitraum waren Herr C Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin und Herr D Gesellschafter. Beide hielten jeweils 50 % der Anteile.

Der Beklagte führte ab dem … November 2004 bei der Klägerin eine Außenprüfung durch, die die Jahre 2000 bis 2002 betraf. Der vom Beklagten eingesetzte Prüfer teilte der Klägerin die vorläufigen Prüfungsfeststellungen in einer Besprechung im November 2004 mit. An der Besprechung nahmen auf der Seite der Klägerin ihr GesellschafterGeschäftsführer C und ein Mitarbeiter des steuerlichen Beraters der Klägerin teil. Der Prüfer gab der Klägerin Gelegenheit, nach Abschluss des Gesprächs noch weitere Unterlagen einzureichen; dies geschah jedoch nicht.

Daher erstellte der Prüfer am … Dezember 2004 den Prüfungsbericht. In dem Bericht führte der Prüfer aus, dass der Bilanzposten „Vorräte” zum 31. Dezember 2000 aufgrund der Aktivierung von Fremdleistungsaufwendungen erhöht werde (Textziffer [Tz.] 12). Zudem seien die Umsätze für die Verwendung unternehmenseigener Fahrzeuge für private Zwecke in den Jahren 2000, 2001 und 2002 zu erhöhen (Tz. 17, 18). In der Tz. 4 zu den „Allgemeinen Angaben” gab der Prüfer an, dass die letzten Ermittlungen „in 2004” stattgefunden hätten. In den Schlussbemerkungen führte der Prüfer aus, dass die Prüfungsfeststellungen während der Prüfung mit dem steuerlichen Berater der Klägerin besprochen worden seien und nach der „abschließenden Besprechung” keine weiteren Ermittlungen mehr stattgefunden hätten.

Den Prüfungsbericht übersandte der Prüfer der Klägerin mit Schreiben vom … Januar 2005 mit der Bitte um Stellungnahme. Diese erhob in der Folgezeit Einwendungen gegen die Prüfungsfeststellungen und kündigte die Einreichung von Unterlagen an. Die Übersendung von Unterlagen erfolgte jedoch nicht, trotz einer schriftlichen Aufforderung durch den Prüfer Ende 2005. Daher wertete der Beklagte den Außenprüfungsbericht unverändert aus und erließ mit Datum vom … Juli 2009 geänderte Bescheide zur Körperschaftsteuer und über den Gewerbesteuermessbetrag 2000, über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß den §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1 Satz 3, 37 Abs. 2 und 38 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG ) zum 31. Dezember 2000 sowie geänderte Umsatzsteuerbescheide für 2000, 2001 und 2002.

Hiergegen führte die Klägerin ein erfolgloses Einspruchsverfahren (Einspruchsentscheidung vom … Januar 2010), so dass sie am … Februar 2010 Klage erhoben hat. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin die zunächst auch gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß den §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1 Satz 3, 37 Abs. 2 und 38 Abs. 1 KStG zum 31. Dezember 2000 gerichtete Klage insoweit zurückgenommen. Das Verfahren ist im Umfang der Klagerücknahme abgetrennt und unter dem Aktenzeichen 12 K 12150/12 eingestellt worden.

Die Klägerin ist der Ansicht, die aufgrund der Außenprüfung erlassenen Änderungsbescheide seien schon deshalb rechtswidrig, weil im Zeitpunkt ihres Erlasses die Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) abgelaufen gewesen sei. Daran ändere auch die in § 171 Abs. 4 AO geregelte Ablaufhemmung in den Fällen, in denen eine Außenprüfung durchgeführt werde, nichts. Denn insoweit sei § 171 Abs. 4 Satz 3 AO maßgeblich, wonach die Festsetzungsfrist spätestens dann ende, wenn seit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Schlussbesprechung stattgefunden habe, die in § 169 Abs. 2 AO genannten Fristen verstrichen seien. Die abschließende Besprechung habe im Jahr 2004 stattgefunden und sei als Schlussbesprechung i. S. des § 201 Abs. 1 Satz 1 AO anzusehen; die Festsetzungsfrist sei daher am 31. Dezember 2008 abgelaufen.

Auch wenn die 2004 durchgeführte Besprechung nicht als Schlussbesprechung i. S. des § 201 Abs. 1 Satz 1 AO angesehen werden könnte, ändere sich daran im Ergebnis nichts, da der Beklagte auch die letzten Ermittlungshandlungen im Jahr 2004 vorgenommen habe. Eine etwaige, vom Beklagten angeführte Einsichtnahme in Unterlagen über eine bei ihr für die Jahre 1998 bis 2001 durchgeführte Lohnsteueraußenprüfung seien keine Ermittlungshandlungen i. S. des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO .

In der Sache wende sie sich weiterhin gegen die vom Beklagten vorgenommene Bewertung der Vorräte, die Versteuerung der privaten Nutzung von Unternehmensfahrzeugen durch die Gesellschafter sowie gegen den Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung im Jahr 2000 für eine Tantieme.

Die Klägerin beantragt,

die Bescheide über Körperschaftsteuer für 2000, den Gewerbesteuermessbetrag für 2000 und Umsatzsteuer für 2000, 2001 und 2002, jeweils vom … Juli 2009, sowie die zu diesen Bescheiden ergangene Einspruchsentscheidung vom … Januar 2010 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, dass keine Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Die in § 171 Abs. 4 Satz 1 AO geregelte Ablaufhemmung sei nicht ab dem 1. Januar 2005 befristet gewesen, da die Ende 2004 durchgeführte Besprechung nicht als Schlussbesprechung i. S. des § 201 AO anzusehen sei. Hätte diese Besprechung eine Schlussbesprechung sein sollen, hätte er bestimmte Formalien eingehalten, so der Beklagte, und einen Vermerk über die Bekanntgabe eines Besprechungstermins sowie die Besprechungspunkte angefertigt. Dies sei jedoch unterblieben. Daher sei maßgeblich, ob nach 2004 noch Prüfungshandlungen durchgeführt worden seien. Dies sei der Fall, da der zuständige Prüfer in 2005 vor allem hinsichtlich der privaten Fahrzeugnutzung in Unterlagen Einsicht genommen habe, welche im Rahmen der Lohnsteueraußenprüfung für die Jahre 1998 bis 2001 vorgelegt worden seien. Zudem habe die Klägerin mit den von ihr erhobenen Einwendungen selbst verdeutlicht, dass sie an einem Fortgang der Außenprüfung und somit an weiteren bzw. letzten Ermittlungen interessiert gewesen sei. Im Ergebnis habe die Frist des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO erst mit Ablauf des 31. Dezember 2005 zu laufen begonnen, so dass der Erlass der Änderungsbescheide am … Juli 2009 noch vor Ablauf der Festsetzungsfrist erfolgt sei.

In der Sache könne die Klage keinen Erfolg haben, da die Klägerin ihre Auffassung nicht hinreichend begründet habe und die rechtlichen Schlussfolgerungen des Prüfers der geltenden Rechtslage entsprächen.

 Entscheidungsgründe

I. Die Klage ist zulässig und begründet. Die angefochtenen Bescheide wegen Körperschaftsteuer 2000, Umsatzsteuer 2000, 2001 und 2002 sowie wegen des Gewerbesteuermessbetrags 2000 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung [FGO ]).

Dem Erlass dieser geänderten Bescheide stand der Ablauf der Festsetzungsfrist entgegen. Nach § 169 Abs. 1 Satz 1 AO ist eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Die Festsetzungsfrist beträgt für die Körperschaftsteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer grundsätzlich vier Jahre (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO ).

1. Die reguläre Festsetzungsfrist von vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres der Abgabe der Steuererklärungen (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO ) war – wie unter den Beteiligten unstreitig ist – bei Erteilung der aufgrund der Außenprüfung geänderten Bescheide am … Juli 2009 bereits abgelaufen, denn die Steuerklärung für den letzten hier streitigen Veranlagungszeitraum 2002 wurde im Jahr 2003 beim Beklagten eingereicht.

2. Auch unter Berücksichtigung der in § 171 Abs. 4 AO geregelten Ablaufhemmung war die Festsetzungsfrist abgelaufen, und zwar am 31. Dezember 2008; denn der Beklagte führte im Jahr 2004 bei der Klägerin eine Außenprüfung durch und erörterte Ende 2004 die Ergebnisse der Außenprüfung in einer Schlussbesprechung.

a) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen, so läuft die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt, nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind (§ 171 Abs. 4 Satz 1 AO ). Die Festsetzungsfrist endet nach § 171 Abs. 4 Satz 3 AO allerdings spätestens, wenn seit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Schlussbesprechung stattgefunden hat, oder, wenn sie unterblieben ist, seit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die letzten Ermittlungen im Rahmen der Außenprüfung stattgefunden haben, die in § 169 Abs. 2 AO genannten Fristen verstrichen sind.

aa) Die Schlussbesprechung findet ihre gesetzliche Grundlage in § 201 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz AO . Danach wird die Schlussbesprechung als Besprechung über das Ergebnis der Außenprüfung definiert. Die Schlussbesprechung ist somit eher vage bestimmt (vgl. nur Frotscher in Schwarz, AO , § 201 Rn. 4), ihr Inhalt und Ablauf sind nicht näher normiert.

bb) Die Finanzverwaltung betrachtet die Schlussbesprechung nach formellen Gesichtspunkten. Gemäß § 11 Abs. 1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Betriebsprüfung – Betriebsprüfungsordnung (Fassung vom 15. März 2000, Bundessteuerblatt [BStBl] I 2000, 368) sind die Besprechungspunkte und der Termin der Schlussbesprechung dem Steuerpflichtigen in einer angemessenen Zeit vor der Besprechung bekanntzugeben, wobei diese Bekanntgabe nicht der Schriftform bedarf. Dauert die Außenprüfung nur wenige Tage, kann die Schlussbesprechung allerdings auch kurzfristig anberaumt werden (Ax/Große/Melchior, AO /FGO , 19. Auflage [2007], Rn. 2319). Teilnehmer auf Seiten des Steuerpflichtigen ist neben diesem selbst in der Regel sein steuerlicher Berater (Intemann in Pahlke/Koenig, AO , 2. Auflage [2009], § 201 Rn. 6).

cc) Nach der Auffassung des Senats ist nach materiellen und nicht nach formellen Gesichtspunkten zu bestimmen, ob eine Schlussbesprechung stattgefunden hat. Maßgeblich sind dafür die folgenden Erwägungen:

Zweck der Schlussbesprechung soll neben der Beseitigung von Meinungsverschiedenheiten und Missverständnissen die Gewährung rechtlichen Gehörs sein (Frotscher in Schwarz, AO , § 201 Rn. 2; Intemann in Pahlke/Koenig, AO , 2. Auflage [2009], § 201 Rn. 1; Sauer in Beermann/Gosch, AO /FGO, § 201 AO Rn. 3 f.; von Wedelstädt in Kühn/von Wedelstädt, AO /FGO , 20. Auflage [2011], § 201 AO Rn. 4). Damit hat die Schlussbesprechung eine Befriedungsfunktion, da sie zeitlich auf die Durchführung der Prüfungshandlungen folgt und sich schwerpunktmäßig auf Fragen bezieht, die im Rahmen der Prüfung streitig geblieben sind (Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO /FGO, § 201 AO Rn. 12; Seer in Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Auflage [2010], § 21 Rn. 247). Der Auftrag des Gesetzes, gerade die streitigen Aspekte zum Gegenstand der Schlussbesprechung zu machen, kann nur dahin verstanden werden, dass die Beteiligten ihre gegensätzlichen Auffassungen vortragen und womöglich die andere Seite von der Richtigkeit dieser Auffassungen überzeugen sollen – letztlich mit dem Ziel, die streitigen Aspekte des Falls schon im Rahmen der Schlussbesprechung zu erledigen (Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO /FGO , § 201 AO Rn. 12). Allerdings haben die während der Schlussbesprechung getroffenen Äußerungen nur vorläufigen Charakter; auch das rechtliche Ergebnis der Schlussbesprechung ist grundsätzlich unverbindlich (Intemann in Pahlke/Koenig, AO , 2. Auflage [2009], § 201 Rn. 17; von Wedelstädt in Kühn/von Wedelstädt, AO /FGO, 20. Auflage [2011], § 201 AO Rn. 7).

Abzugrenzen ist die Schlussbesprechung von der in § 199 Abs. 2 AO geregelten laufenden Unterrichtung des Steuerpflichtigen über die während der Prüfung festgestellten Sachverhalte und deren möglichen steuerlichen Auswirkungen (vgl. dazu Intemann in Pahlke/Koenig, AO , 2. Auflage [2009], § 201 Rn. 18; Seer in Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Auflage [2010], § 21 Rn. 247). Diese laufende Unterrichtung hat zumeist nur bei Großoder Konzernbetrieben den formalen Rahmen einer Besprechung und wird dann als Zwischenbesprechung bezeichnet (Seer in Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Auflage [2010], § 21 Rn. 247).

Die Schlussbesprechung bildet nicht die generelle Beendigung der Außenprüfung (missverständlich insoweit Sauer in Beermann/Gosch, AO /FGO , § 201 AO Rn. 6, der vom „Endpunkt einer Außenprüfung” spricht), sondern regelmäßig die Beendigung der Prüfungshandlungen, zeigt also an, dass die Finanzbehörde keine weitere Prüfungshandlung mehr für erforderlich hält (Frotscher in Schwarz, AO , § 201 Rn. 1). In diesem Sinne ist nach der Auffassung des Senats auch das Urteil des Finanzgerichts [FG] des Saarlands vom 30. September 1992 zu verstehen, wonach von einer Schlussbesprechung dann gesprochen werden kann, wenn nach Vornahme von Prüfungshandlungen die Prüfung eingestellt und allen Beteiligten im Rahmen einer Besprechung Gelegenheit gegeben wird, abschließend zu den Prüfungsfeststellungen Stellung zu nehmen (FG des Saarlandes, Urteil vom 30. September 1992 1 K 8/92 , Entscheidungen der Finanzgerichte [EFG] 1993, 279). Dementsprechend sieht auch § 202 Abs. 2 AO die Möglichkeit bzw. das Recht vor, den Prüfungsbericht vor seiner Auswertung an den Steuerpflichtigen übersenden, der darauf hin Einwendungen gegen den Bericht erheben kann; die Außenprüfung wird dann in der Weise fortgesetzt, dass der Prüfer zu den Einwendungen des Steuerpflichtigen seinerseits Stellung nimmt.

b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und entgegen der Ansicht des Beklagten hat die Befristung der Ablaufhemmung von vier Jahren (§ 171 Abs. 4 Satz 3 AO i. V. m. § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO ) bereits mit dem 01. Januar 2005 begonnen, denn die im November 2004 durchgeführte Besprechung ist als Schlussbesprechung i. S. des § 171 Abs. 4 Satz 3 i. V. m. § 201 Abs. 1 Satz 1 AO anzusehen.

aa) Unstrittig ist, dass der Betriebsprüfer im November 2004 mit Herrn C, dem Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin, und einem Mitarbeiter des Steuerberaters der Klägerin eine Besprechung abgehalten hat. Unschädlich ist, dass der Beklagte meint, bei dieser Besprechung habe es sich nicht um eine Schlussbesprechung, sondern lediglich um eine „abschließende Besprechung” gehandelt. Denn entscheidend ist nicht die Bezeichnung der Besprechung, sondern ihr Inhalt und Zweck. Sowohl Inhalt als auch Zweck der zwischen den Beteiligten abgehaltenen Besprechung entsprachen einer „üblichen” Schlussbesprechung; denn nicht nur haben auf Seiten der Klägerin die maßgeblichen Personen teilgenommen – ihr Gesellschafter-Geschäftsführer und ein Mitarbeiter des Steuerberaters –, sondern Gegenstand des Gesprächs waren auch sämtliche (vorläufige) Prüfungsfeststellungen des Betriebsprüfers. Dies ist unstrittig und vom Beklagten selbst vorgetragen. Dass nur die vorläufigen Feststellungen Gegenstand der Besprechung waren, ist unschädlich, wie die zitierte Literatur zeigt, der sich der Senat anschließt. Denn erst der in § 202 Abs. 1 Satz 1 AO normierte Prüfungsbericht enthält die „endgültigen” bzw. für die Auswertung und Umsetzung der Betriebsprüfungsergebnisse in Steuerbescheide maßgeblichen Prüfungsfeststellungen. Aus diesem Grund ist es für die Beantwortung der Frage, ob es sich bei dem hier strittigen Gespräch um eine Schlussbesprechung handelte, auch unerheblich, dass der Klägerin noch eine kurze Frist zur Einreichung weiterer Unterlagen eingeräumt wurde. Denn werden nur vorläufige Prüfungsfeststellungen besprochen, muss der Steuerpflichtige die Gelegenheit erhalten, weitere Ausführungen tatsächlicher oder rechtlicher Art zu machen.

Diese Erwägungen stehen auch im Einklang mit dem Sinn und Zweck des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO . Der Zweck des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO besteht darin, zugunsten des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit eine zeitlich unbegrenzte Auswertung von Prüfungsfeststellungen zu verhindern und damit eine zeitgerechte Auswertung der Prüfungsfeststellungen durch den Erlass von Änderungsbescheiden zu erzwingen (Bundesfinanzhof [BFH], Urteil vom 08. Juli 2009 XI R 64/07, BStBl II 2010 , 4 ). Dagegen konnten vor der Einfügung des Satzes 3 in § 171 Abs. 4 AO Änderungsbescheide auf Grund einer Außenprüfung ergehen, ohne dass ein fester zeitlicher Rahmen für den Erlass der Bescheide vorgesehen war; der Erlass der Bescheide konnte allenfalls unter dem Gesichtspunkt von „Treu und Glauben” aufzuhalten sein (vgl. dazu FG Düsseldorf, Urteil vom 12. Dezember 2000 6 K 8964/98 K, G, U, F , EFG 2001, 865 ). Den somit bestehenden Widerspruch zu dem Zweck der Verjährungsvorschriften – innerhalb eines festen Zeitrahmens Klarheit über den Gegenstand des Steuerschuldverhältnisses zu schaffen – sollte die Ergänzung des Satzes 3 (mit einer an § 169 Abs. 2 AO orientierten Frist für die Auswertung der Prüfungsfeststellungen) beseitigen (Bundestags-Drucksache 10/1636, 43 f.; vgl. auch BFH-Urteil vom 08. Juli 2009 XI R 64/07 , BStBl II 2010, 4). Mithin dient § 171 Abs. 4 Satz 3 AO der Rechtssicherheit. Der Finanzbehörde soll nach der Ermittlung des Sachverhalts im Wege der Außenprüfung für den Erlass der Steuerbescheide aufgrund der Außenprüfung nicht unbegrenzt Zeit verbleiben, während erstmalige Steuerfestsetzungen innerhalb der Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 AO erfolgen müssen (siehe dazu auch Cöster in Pahlke/Koenig, AO , 2. Auflage [2009], § 171 Rn. 100).

Dem Zweck des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO würde es zuwiderlaufen, wenn es die Finanzbehörde in der Hand hätte, durch die von ihr gewählte Bezeichnung bzw. Klassifizierung eines Besprechungstermins das Besteuerungsverfahren offen zu halten. Daher muss sich die Finanzbehörde an ihrer eigenen Vorgehensweise festhalten lassen und muss – wenn sie mit dem Steuerpflichtigen eine Schlussbesprechung durchführt – diesem auch die notwendige Rechtssicherheit gewähren, dass dieses Gespräch eine maßgebliche Etappe auf dem Weg zum Abschluss der Außenprüfung darstellt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Steuerpflichtige nach ganz überwiegender Ansicht einen (klagbaren) Rechtsanspruch auf die Durchführung einer Schlussbesprechung hat ([BFH-Urteil vom 16. Dezember 1987 I R 66/84 , Sammlung der Entscheidungen des BFH [BFH/NV] 1988, 319; FG Köln, Urteil vom 22. Februar 2000 14 K 3004/99, EFG 2000, 775 ; Sauer in Beermann/Gosch, AO /FGO , § 201 Rn. 9; Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO /FGO , § 201 AO Rn. 20; zweifelnd Rüsken in Klein AO , 10. Auflage [2009], § 201 Rn. 5). Da davon auszugehen ist, dass die Finanzverwaltung stets rechtmäßig handelt bzw. handeln will, hätte der Beklagten nach Durchführung der Besprechung im November 2004 eine (weitere) Schlussbesprechung anberaumen müssen, wenn er der Überzeugung gewesen wäre, dass das Gespräch vom November 2004 keine Schlussbesprechung bzw. lediglich eine Zwischenbesprechung i. S. des § 199 Abs. 2 AO gewesen sei. Dies ist jedoch nicht geschehen; derartige Überlegungen, noch eine weitere Besprechung durchführen zu müssen, lassen sich auch nicht den Steuerakten entnehmen.

bb) Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass auch spätere Ermittlungen der Finanzbehörde den Beginn der Festsetzungsfrist hinausschieben können. Denn nach § 171 Abs. 4 Satz 3 AO beginnt die Befristung der Ablaufhemmung in erster Linie mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Schlussbesprechung stattgefunden hat. Auf das Kalenderjahr, in dem die letzten Ermittlungen stattgefunden haben, ist nach dem insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut nur dann abzustellen, wenn die Schlussbesprechung unterblieben ist (BFH-Urteile vom 09. März 1999 VIII R 19/97 , BFH/NV 1999, 1186 ; vom 20. Juli 2005 X R 74/01, BFH/NV 2005, 2195 ; FG Düsseldorf, Urteil vom 02. Februar 1999 6 K 5708/95 , juris; Banniza in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO /FGO , § 171 AO Rn. 127). Das war hier jedoch gerade nicht der Fall, so dass dahinstehen kann, ob das Finanzamt – wie der Beklagte vorgetragen hat – nach der Schlussbesprechung weitere Ermittlungen im Rahmen der Außenprüfung durchgeführt hat.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO . Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung .

III. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zuzulassen. Die Frage, welche Anforderungen an eine Schlussbesprechung i. S. der §§ 171 Abs. 4 Satz 3, 201 AO zu stellen sind, ist, soweit ersichtlich, bislang nicht höchstrichterlich entschieden.