Archiv der Kategorie: Steuerrecht

Vorläufige Steuerfestsetzung (§ 165 Abs. 1 AO) im Hinblick auf anhängige Musterverfahren

Beschränkte Abziehbarkeit von sonstigen Vorsorgeaufwendungen im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird die Anlage zum BMF-Schreiben vom 16. Mai 2011 (BStBl I S. 464), die zuletzt durch BMF-Schreiben vom 25. April 2013 (BStBl I S. 459) neu gefasst worden ist, mit sofortiger Wirkung wie folgt gefasst:

„Festsetzungen der Einkommensteuer sind hinsichtlich folgender Punkte gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO im Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit und verfassungskonforme Auslegung der Norm vorläufig vorzunehmen:

1. Nichtabziehbarkeit der Gewerbesteuer und der darauf entfallenden Nebenleistungen als Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 5b EStG)

2. a) Beschränkte Abziehbarkeit von Kinderbetreuungskosten (§ 4f, § 9 Abs. 5 Satz 1, § 10 Abs. 1 Nrn. 5 und 8 EStG) – für die Veranlagungszeiträume 2006 bis 2008 –

2. b) Beschränkte Abziehbarkeit von Kinderbetreuungskosten (§ 9c, § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG) – für die Veranlagungszeiträume 2009 bis 2011 –

3. a) Beschränkte Abziehbarkeit von Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 3, 4, 4a EStG) – für die Veranlagungszeiträume 2005 bis 2009 –

3. b) Beschränkte Abziehbarkeit von sonstigen Vorsorgeaufwendungen im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 3a EStG – für Veranlagungszeiträume ab 2010 –

4. Nichtabziehbarkeit von Beiträgen zu Rentenversicherungen als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG für Veranlagungszeiträume ab 2005

5. Besteuerung der Einkünfte aus Leibrenten im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG für Veranlagungszeiträume ab 2005

6. Höhe der kindbezogenen Freibeträge nach § 32 Abs. 6 Sätze 1 und 2 EStG

7. Höhe des Grundfreibetrags (§ 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG).

Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nr. 1 ist im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten folgenden Bescheiden beizufügen: Sämtlichen Einkommensteuerbescheiden für Veranlagungszeiträume ab 2008, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb erfassen, sämtlichen Körperschaftsteuerbescheiden für Veranlagungszeiträume ab 2008 sowie sämtlichen Bescheiden über die gesonderte (und ggf. einheitliche) Feststellung von Einkünften, soweit diese Bescheide Feststellungszeiträume ab 2008 betreffen und für die Gesellschaft oder Gemeinschaft ein Gewerbesteuermessbetrag festgesetzt wurde.

Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nr. 2 ist auch Bescheiden über die gesonderte (und ggf. einheitliche) Feststellung von Einkünften i. S. von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 EStG beizufügen. Im Vorläufigkeitsvermerk ist nur § 4f EStG (Feststellungszeiträume 2006 bis 2008) bzw. § 9c Abs. 1 und 3 Satz 1 EStG (Feststellungszeiträume 2009 bis 2011) zu zitieren.

Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nr3 Buchstb ist im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten sämtlichen Einkommensteuerfestsetzungen für Veranlagungszeiträume ab 2010 beizufügen.

Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nr. 4 ist im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten sämtlichen Einkommensteuerfestsetzungen für Veranlagungszeiträume ab 2005 beizufügen. In die Bescheide ist zusätzlich folgender Erläuterungstext aufzunehmen: „Der Vorläufigkeitsvermerk hinsichtlich der Nichtabziehbarkeit von Beiträgen zu Rentenversicherungen als vorweggenommene Werbungskosten stützt sich auch auf § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 AO und umfasst deshalb auch die Frage einer eventuellen einfachgesetzlich begründeten steuerlichen Berücksichtigung.“

Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nr. 5 erfasst sämtliche Leibrentenarten im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG.

Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nr. 6 ist im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten sämtlichen Einkommensteuerfestsetzungen für Veranlagungszeiträume ab 2001 mit einer Prüfung der Steuerfreistellung nach § 31 EStG beizufügen.

Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nr. 7 ist im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten sämtlichen Einkommensteuerfestsetzungen für Veranlagungszeiträume ab 2001 beizufügen.

Ferner sind im Rahmen der verfahrensrechtlichen Möglichkeiten sämtliche Festsetzungen des Solidaritätszuschlags für die Veranlagungszeiträume ab 2005 hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlaggesetzes 1995 vorläufig gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO vorzunehmen.“

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV A 3 – S-0338 / 07 / 10010 vom 15.07.2013

Darlehensgewährung durch ausländischen Gesellschafter begründet keine inländische Betriebsstätte

Mit Urteil vom 13. Juni 2013 (Az. 13 K 3679/12 F) hat der 13. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden, dass eine in Frankreich ansässige Gesellschaft, die mittelbar an einer inländischen KG beteiligt ist, nicht allein dadurch eine inländische Betriebsstätte begründet, dass sie der KG ein Darlehen gewährt.

Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin einer KG, an der mittelbar über eine Holding-KG eine in Frankreich ansässigen Gesellschaft (S. A.) beteiligt ist. Die S. A. hatte der KG ein Darlehen gewährt. Die Darlehenszinsen behandelte das Finanzamt als Sonderbetriebseinnahmen der S. A. aus der Beteiligung an der KG. Aufgrund des Darlehens sei eine inländische Betriebsstätte der S. A. anzunehmen, so dass Deutschland das Besteuerungsrecht zustehe. Insoweit berief sich das Finanzamt auf das BMF-Schreiben vom 16.04.2010 (BStBl I 2010, 354).

Das Gericht sah dies anders und gab der hiergegen erhobenen Klage statt. Bei den Zinsen handele es sich zwar um Sondervergütungen, jedoch stehe Deutschland das Besteuerungsrecht nicht zu. Zinsen dürften nach dem DBA-Frankreich grundsätzlich nur in dem Staat besteuert werden, in dem der Gläubiger ansässig sei. Dies gelte ausnahmsweise dann nicht, wenn die Forderung zu seiner inländischen Betriebsstätte gehöre. Allein durch die Darlehensgewährung an eine deutsche Tochter- oder Enkelgesellschaft werde jedoch noch keine inländische Betriebsstätte begründet.

Eine Betriebsstätte werde auch nicht durch § 50d Abs. 10 EStG begründet, da diese Vorschrift lediglich Vergütungen als Unternehmensgewinne fingiere.

Quelle: FG Münster, Mitteilung vom 15.07.2013 zum Urteil 13 K 3679/12 vom 13.06.2013

 

Finanzgericht Münster, 13 K 3679/12 F

Datum:
13.06.2013
Gericht:
Finanzgericht Münster
Spruchkörper:
13. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
13 K 3679/12 F
Sachgebiet:
Finanz- und Abgaberecht
Tenor:

Die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der B GmbH & Co. KG vom 21.05.2010 für 2003 und vom 09.03.2012 für 2004, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.09.2012, werden nach Maßgabe der Urteilsgründe geändert. Die Berechnung der festzustellenden Beträge wird dem Beklagten übertragen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

1Tatbestand:

2Streitig ist, ob Zinsen als Sonderbetriebseinnahmen im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung für die Streitjahre 2003 und 2004 zu berücksichtigen sind.

3Die Klägerin ist die Gesamtrechtsnachfolgerin der Firma B GmbH & Co. KG (im Folgenden: „B KG“). Gegenstand des Unternehmens der B KG war die Herstellung von Zulieferteilen für die Automobilindustrie.

4Unmittelbare Gesellschafter der B KG waren im Streitzeitraum die A GmbH – die Klägerin – als Komplementärin ohne Kapitalanteil und die D Holding GmbH & Co. KG als alleinige Kommanditistin (im Folgenden: D Holding KG“). An der Kommanditistin waren wiederum verschiedene Personen bzw. Gesellschaften beteiligt, u.a. auch die in Frankreich ansässige C S.A. – die Beigeladene – mit einem Anteil am Kommanditkapital von 88 %. Die Klägerin wurde im Jahr 2005 durch Austritt der D Holding KG Gesamtrechtsnachfolgerin der B KG im Wege der Anwachsung.

5Nach Abgabe von Steuererklärungen stellte der Beklagte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb der B KG zunächst erklärungsgemäß mit 1.993.641,52 EUR für 2003 (Bescheid vom 08.12.2004) und mit ./. 206.215,- EUR für 2004 (Bescheid vom 23.08.2006) fest. Die Bescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung – AO –. Die Beigeladene war bei diesen Bescheiden nicht Feststellungsbeteiligte. Die Bescheide wurden bestandskräftig.

6Das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung X führte im Jahr 2009 bei der B KG eine Betriebsprüfung – BP – für die Jahre 2003 und 2004 durch. In seinem BP-Bericht vom 30.09.2009 stellte der Prüfer unter Tz. 2.3 fest, die Beigeladene habe der B KG am 11.08.2003 ein Darlehen über 2.600.000,- EUR zur Verfügung gestellt. Für dieses Darlehen habe die B KG Zinsen gezahlt, und zwar 38.729,17 EUR im Jahr 2003 und 36.020,83 EUR im Jahr 2004. Da die Beigeladene durch ihre 88 %-ige Beteiligung an der D Holding KG zugleich mittelbare Gesellschafterin der B KG sei, seien ihr die Zinsen als Sonderbetriebseinnahmen zuzurechnen. Dies wirke sich gewinnerhöhend bei der B KG aus. Das Besteuerungsrecht für diese Zinsen stehe nämlich nach dem zwischen Deutschland und Frankreich bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen – DBA Frankreich – nur Deutschland zu, da für die Darlehensgeberin insoweit eine deutsche Betriebsstätte anzunehmen sei (Schreiben des Bundesfinanzministeriums – BMF – vom 24.12.1999, Bundessteuerblatt – BStBl – I 1999, 1076, Tz. 1.2.3 und 1.2.4). Weitere Änderungen durch die Zurechnung dieser Sonderbetriebseinnahmen ergäben sich nicht im Rahmen der Gewinnfeststellung, etwa bei den Steuerrückstellungen, sondern lediglich bei der Gewerbesteuer durch einen Abzug von Zinsen für Dauerschulden (vgl. Anlage 1 und 4 des BP-Berichts vom 30.09.2009). Wegen der Einzelheiten wird auf den BP-Bericht verwiesen.

7Der Beklagte schloss sich der Auffassung des Betriebsprüfers an und erließ am 21.05.2010 für die Streitjahre Änderungsbescheide gem. § 164 Abs. 2 AO, mit denen er den Gewinn der B KG aus Gewerbebetrieb mit 1.926.130,69 EUR (2003) und 76.302,95 EUR (2004) feststellte und den Vorbehalt der Nachprüfung aufhob. Hierbei stellte er auch erstmals eine Gewinnbeteiligung der Beigeladenen fest, und zwar in Höhe der erhaltenen Zinsen.

8Die Klägerin legte gegen die Änderungsbescheide am 18.06.2010 Einspruch ein. Sie führte aus, bezüglich der Zinsen bestehe kein deutsches Besteuerungsrecht, da die Forderung der Beigeladenen nicht zu ihrer inländischen Betriebsstätte gehöre. Dies ergebe sich aus der gefestigten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes – BFH – (BFH-Urteil vom 8. 9. 2010 I R 74/09, Amtliche Sammlung der Entscheidungen des BFH – BFHE – 231, 84).

9Aufgrund verschiedener anderer – nunmehr unstreitiger – Einwendungen im Rahmen des Einspruchsverfahrens bezüglich des Jahres 2004 erstellte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung X am 22.07.2011 einen geänderten Prüfungsbericht, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird. Die Tz. 2.3 des BP-Berichts blieb im Ergebnis unverändert, wobei sich der Prüfer hinsichtlich der Entstehung einer deutschen Betriebsstätte nunmehr auf das BMF-Schreiben vom 16.04.2010 (BStBl I 2010, 354) bezog und weiter darauf hinwies, dass das BFH-Urteil vom 8. 9. 2010 I R 74/09 (BFHE 231, 84), in dem der BFH zu einer anderen Auffassung gelangt sei, im BStBl nicht veröffentlicht worden und somit nicht anzuwenden sei.

10Auf der Grundlage des geänderten BP-Berichts erließ der Beklagte am 09.03.2012 einen weiteren Änderungsbescheid für 2004, mit dem er die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit ./. 1.107.742,05 EUR feststellte. Die der Beigeladenen zugerechneten Einkünfte blieben unverändert.

11Mit Einspruchsentscheidung vom 25.09.2012 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück.

12Hiergegen hat die Klägerin am 26.10.2012 Klage erhoben.

13Nach ihrer Auffassung sind die an die Beigeladene gezahlten Zinsen nicht als Sonderbetriebseinnahmen gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 3 i.V.m. § 50d des Einkommensteuergesetzes – EStG – zu erfassen, da die Forderung der Beigeladenen nicht ihrer deutschen Betriebsstätte zuzurechnen sei, sondern ihrer ausländischen Betriebsstätte. Die Forderung bilde nämlich einen Aktivposten nur im ausländischen „Stammhaus“. Daher seien die BFH-Urteile vom 8. 9. 2010 I R 74/09 (BFHE 231, 84) und vom 17. 10. 2007 I R 5/06 (BFHE 219, 518, BStBl II 2009, 356) anzuwenden.

14Die Klägerin beantragt sinngemäß,

15              die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der DURA KG vom 21.05.2010 für 2003 und vom 09.03.2012 für 2004, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.09.2012, zu ändern, die festgestellten Einkünfte aus Gewerbebetrieb um 38.729,17 EUR (2003) und 36.020,83 EUR (2004) zu vermindern und die auf die Beigeladene entfallenden Einkünfte aus Gewerbebetrieb jeweils mit 0,00 EUR festzustellen,

16hilfsweise,

17              die Revision zuzulassen.

18Der Beklagte beantragt,

19              die Klage abzuweisen.

20Er verweist auf seine Einspruchsentscheidung.

21Die Beteiligten haben übereinstimmend auf eine mündliche Verhandlung verzichtet.

22Entscheidungsgründe:

23Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).

24I.

25Eine Beiladung der D Holding KG, die im Jahr 2005 aus der B KG ausgetreten war, war nicht notwendig.

26Gemäß § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO sind Dritte, die an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, beizuladen (notwendige Beiladung). Dies gilt gem. § 60 Abs. 3 Satz 2 FGO nicht für Mitberechtigte, die nach § 48 FGO nicht klagebefugt sind. Dementsprechend sind im Falle der einheitlichen und gesonderten Feststellung von Einkünften alle nach § 48 FGO klagebefugten Personen notwendig beizuladen; dies ergibt sich aus einem Umkehrschluss zu § 60 Abs. 3 Satz 2 FGO (BFH-Beschluss vom 14. 1. 2003 VIII B 108/01, BStBl II 2003, 335). Gem. § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO sind in Bezug auf Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen klagebefugt u.a. ausgeschiedene Gesellschafter, gegen die der Feststellungsbescheid ergangen ist.

27Die Klagebefugnis setzt aber auch für einen ausgeschiedenen Gesellschafter gem. § 40 Abs. 2 FGO voraus, dass er durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt ist (BFH-Beschluss vom 23. 8. 1985 IV B 53/85, BFH/NV 1987, 584; Steinhauff in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 48 FGO Rz. 236; Dumke in Schwarz, FGO, § 48 Rz. 33). Dies ist nicht der Fall, wenn der Rechtsstreit gesellschafterbezogene Fragen eines anderen Gesellschafters, etwa die Anerkennung von Sonderbetriebseinnahmen oder -ausgaben zum Gegenstand hat (Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 48 FGO Rz. 26).

28Im Streitfall ergeben sich für die – aus der B KG ausgetretene – D Holding KG durch die Zurechnung von Zinsen als Sonderbetriebseinnahmen keine Auswirkungen, da die Feststellung ihres Gewinns hierdurch nicht beeinflusst ist, auch nicht etwa durch eine geänderte Gewerbesteuerrückstellung. Daher ist sie nicht in ihren Rechten verletzt.

29II.

30Die Klage ist zulässig.

31Die Klägerin hat ein Rechtsschutzbedürfnis für beide Streitjahre. Zwar sind die Einkünfte der B KG aus Gewerbebetrieb in den angefochtenen Bescheiden für 2003 und 2004 jeweils in geringerer Höhe festgestellt worden als in den erstmaligen Bescheiden vom 08.12.2004 bzw. 23.08.2006, die bestandskräftig geworden sind.

32Jedoch war die Beigeladene bei den genannten erstmaligen Bescheiden nicht Feststellungsbeteiligte, so dass sie erst durch die Änderungsbescheide vom 21.05.2010 beschwert wurde. Aus dieser erstmaligen Beschwer ergibt sich ein Rechtsschutzbedürfnis, das auch von der gem. § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO klagebefugten Klägerin geltend gemacht werden kann.

33III.

34Die Klage ist auch begründet.

35Die angefochtenen Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der B KG sind rechtswidrig und verletzen die B KG in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat zu Unrecht die an die Beigeladene gezahlten Zinsen in Höhe von 38.729,17 EUR (2003) und 36.020,83 EUR (2004) als Sonderbetriebseinnahmen erfasst.

361)              Die Beteiligten haben übereinstimmend und zutreffend angenommen, dass es sich bei den streitigen Zinserträgen um Sondervergütungen handelt, die gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG grundsätzlich den Einkünften aus Gewerbebetrieb zuzuordnen sind. Nach dieser Vorschrift sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb auch die Gewinnanteile der Mitunternehmer und die Vergütungen, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat.

372)              Die Beteiligten sind ebenfalls zutreffend davon ausgegangen, dass hierbei auch die Einkünfte der Beigeladenen Sondervergütungen darstellen können, obwohl sie über die D Holding KG nur mittelbar an der B KG beteiligt war. Denn gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG steht der mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligte Gesellschafter dem unmittelbar beteiligten Gesellschafter gleich; er ist als Mitunternehmer des Betriebs der Gesellschaft anzusehen, an der er mittelbar beteiligt ist, wenn er und die Personengesellschaften, die seine Beteiligung vermitteln, jeweils als Mitunternehmer der Betriebe der Personengesellschaften anzusehen sind, an denen sie unmittelbar beteiligt sind.

38Im Streitfall ist dies wegen der 88 %-igen Beteiligung der Beigeladenen an der D Holding KG, die wiederum alleinige Kommanditistin der B KG war, anzunehmen.

393)              Entgegen der Auffassung des Beklagten durften in den Streitjahren aber die an die Beigeladene gezahlten Zinsen nicht im Rahmen der Gewinnfeststellung berücksichtigt werden, weil die Zinserträge nicht den in Deutschland zu besteuernden Einkünften der B KG zuzurechnen sind.

40Nach Art. 10 Abs. 1 DBA Frankreich können Zinsen ohne Rücksicht darauf, ob sie durch Grundpfandrechte gesichert sind oder nicht, nur in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem der Bezugsberechtigte ansässig ist. Dies ist im Streitfall Frankreich. Nach Art. 10 Abs. 2 DBA Frankreich gilt der vorstehende Absatz jedoch nicht, wenn der Bezugsberechtigte der Zinsen oder der sonstigen Einkünfte im anderen Vertragsstaat eine Betriebstätte hat und die Forderung zum Vermögen dieser Betriebstätte gehört (sog. Betriebsstättenvorbehalt). In diesem Fall ist Artikel 4 DBA Frankreich anzuwenden. Gem. Art. 4 Abs. 1 Satz 1 DBA Frankreich können Gewinne eines Unternehmens eines der Vertragsstaaten nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, dass das Unternehmen in dem anderen Staat durch eine dort belegene Betriebstätte gewerblich tätig ist.

41Im Streitfall gelangt der Betriebsstättenvorbehalt des Art. 10 Abs. 2 DBA Frankreich nicht zur Anwendung, so dass gem. Art. 10 Abs. 1 DBA Frankreich allein dem Staat Frankreich das Besteuerungsrecht zusteht. Denn eine im Ausland ansässige Gesellschaft, hat nicht allein dadurch eine deutsche Betriebsstätte begründet, dass sie einer deutschen Tochter- bzw. Enkelgesellschaft ein Darlehen gewährt hat. Dies hat der BFH in ständiger Rechtsprechung entschieden (BFH-Urteile vom 17. 10. 2007 I R 5/06, BFHE 219, 518, BStBl II 2009, 356; vom 8. 9. 2010 I R 74/09, BFHE 231, 84, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2011, 138; vom 7. 12. 2011 I R 5/11, BFH/NV 2012, 556).

42Denn eine Forderung gehört nur dann zu einer Betriebsstätte, wenn sie aus Sicht der Betriebsstätte nicht nur steuerrechtlich, sondern in tatsächlich-funktionaler Weise einen Aktivposten bildet (BFH-Urteile vom 17. 10. 2007 I R 5/06, BFHE 219, 518, BStBl II 2009, 356; vom 8. 9. 2010 I R 74/09, BFHE 231, 84, BFH/NV 2011, 138). Dies ist im Streitfall nicht der Fall, da das Darlehen bei der Beigeladenen als Darlehensgeberin, nicht bei der B KG aktiviert war.

43Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung des BFH an und widerspricht der gegenteiligen Auffassung der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben vom 16. 4. 2010, BStBl I 2010, 354, Tz. 5.1).

444)              Eine hiervon abweichende Beurteilung ergibt sich auch nicht aus § 50d Abs. 10 Satz 1 EStG.

45Nach dieser Vorschrift gelten u.a. Vergütungen im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 zweiter Halbsatz EStG für Zwecke der Anwendung eines DBA ausschließlich als Unternehmensgewinne, wenn auf diese Vergütungen die Vorschriften des DBA anzuwenden sind und das Abkommen keine solche Vergütungen betreffende ausdrückliche Regelung enthält. Wenn durch diese Vorschrift im Streitfall die streitigen Zinsen als „Unternehmensgewinne“ der deutschen Betriebsstätte zugerechnet werden könnten, könnten sie gem. Art. 10 Abs. 2 DBA Frankreich als Sonderbetriebseinnahmen in Deutschland erfasst werden.

46Jedoch führt die Qualifikation als „Unternehmensgewinne“ nach der Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt, nicht dazu, dass es sich um gewerbliche Gewinne einer Betriebsstätte handelt und dass die Einkünfte fiktiv einer Betriebsstätte zugerechnet werden können; vielmehr greift die Fiktion begrifflich hierfür zu kurz (BFH-Urteile vom 8. 9. 2010 I R 74/09, BFHE 231, 84, BFH/NV 2011, 138; vom 7. 12. 2011 I R 5/11, BFH/NV 2012, 556). Dementsprechend kann das deutsche Besteuerungsrecht nicht unbeschadet der Abkommensvorschriften und der dazu ergangenen Rechtsprechung mittels einer unilateral fingierten Einkunftsqualifikation durchgesetzt werden, sondern es verbleibt bei dem Besteuerungsrecht des anderen Staates (BFH-Urteil vom 8. 9. 2010 I R 74/09, BFHE 231, 84, BFH/NV 2011, 138), hier Frankreich.

47Ob und ggf. in welchem Umfang anders zu entscheiden wäre, wenn – wie vom Gesetzgeber im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2013 angedacht (BR-Drucks. 139/13 vom 22. 2. 2013, S. 25, 26) – § 50d Abs. 10 EStG geändert wird und Gesellschaftervergütungen fiktiv einer inländischen Betriebsstätte zuzuordnen sind, kann der Senat offen lassen, da das Ergebnis des Gesetzgebungsverfahrens sowohl inhaltlich als auch zeitlich offen ist. Insofern kommt auch nicht in Betracht, das Verfahren ruhen zu lassen.

48IV.

49Die Entscheidung, die Berechnung der festzustellenden Beträge auf den Beklagten zu übertragen, beruht auf § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO. Die Ermittlung erfordert einen nicht unerheblichen Aufwand, da mehrere Feststellungen betroffen sind.

50Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 i.V.m. § 139 Abs. 4 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. § 709 der Zivilprozessordnung.

51Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision beruht auf § 115 Abs. 2 FGO.

Protokoll zur Änderung des Abkommens vom 4. Oktober 1991 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Norwegen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und über gegenseitige Amtshilfe auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie des dazugehörigen Protokolls vom 24. Juni 2013

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  • Protokoll zur Änderung des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Norwegen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und über gegenseitige Amtshilfe auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie des dazugehörigen Protokolls (PDF, 67,2 KB)
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Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt

Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Arbeitsmarktdienstleistungen

Nach dem Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird in Abschnitt 4.21.2 Absatz 3 Satz 2 bis 4 und in Abschnitt 4.21.5 Absatz 5 Satz 1 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses vom 1. Oktober 2010 (BStBl I S. 846), der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 8. Juli 2013 – IV D 3 – S-7183 / 11 / 10001 (2013/0648439) – geändert worden ist, jeweils die Angabe „§ 6 SGB II“ durch die Angabe „§§ 6, 6a SGB II“ ersetzt.

Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV D 3 – S-7179 / 09 / 10003-05 vom 12.07.2013

Umsatzsteuer – Eingabe zur Rechnungspflichtangabe „Gutschrift“ (BStBK)

Die Bundessteuerberaterkammer (BStBK) an sich mit einer Eingabe zum Thema Rechnungspflichtangabe „Gutschrift“ an das BMF gewandt.


Hintergrund: 
Das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz ist am 29.6.2013 im BGBl. I S. 1809 verkündet worden. Durch das Gesetz wird u.a. § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 10 UStG eingefügt. Hiernach ist in den Fällen der Ausstellung der Rechnung durch den Leistungsempfänger oder durch einen von ihm beauftragten Dritten gem. § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG die Angabe „Gutschrift“ erforderlich. Diese Formulierung implementiert, dass explizit das Wort „Gutschrift“ auf dem Rechnungsdokument genannt werden muss, um den Vorsteuerabzug nicht zu gefährden.

Hierzu führt die BStBK weiter aus:

  • Nach unserer Auffassung ist diese Auslegung sehr bedenklich und führt zu einem Formalismus, der im internationalen Geschäftsverkehr nicht geduldet werden kann. In der Praxis findet man häufig die Angabe „credit note“ bzw. „self billing“ auf der Rechnung. Diese Angaben sollten ausreichend sein.
  • Aus Art. 248a Satz 2 MwStSystRL geht hervor, dass die Mitgliedstaaten keine allgemeine Verpflichtung zur Übersetzung von Rechnungen auferlegen dürfen.
  • In den Erläuterungen zu den Mehrwertsteuervorschriften für die Rechnungsstellung (Richtlinie 2010/45/EU) zu Art. 248a heißt es: „Die Mehrwertsteuerbestimmungen schreiben nicht vor, in welcher Sprache eine Rechnung auszustellen ist. Falls eine andere Sprache als die Landessprache benutzt wird, darf der Mitgliedstaat das Recht auf Vorsteuerabzug nicht allein aufgrund der in der Rechnung verwendeten Sprache beschränken.“
  • Wir regen daher an, dass die Rechnungspflichtangabe „Gutschrift“ auch in vergleichbarer Formulierung sowie in anderen Amtssprachen der Europäischen Union anerkannt wird.
  • Weiterhin möchten wir gern auf den in der betrieblichen Praxis vielfach verwendeten Begriff der kaufmännischen Gutschrift hinweisen. Unternehmen, die beispielsweise im Fall von Warenrückgaben nach Reklamation ihre bereits gestellten Rechnungen ändern und hierzu eine  Abrechnung über den zu viel erhaltenen Betrag ausstellen, bezeichnen diese Abrechnung regelmäßig als „Gutschrift“.
  • Für eine entsprechende Klarstellung, dass die Verwendung des Begriffs „ Gutschrift“ bei Stornorechnungen und anderen kaufmännischen Abrechnungen für  sich allein genommen nicht zu einer Anwendung des § 14c UStG führt, wären wir Ihnen sehr dankbar.
  • Die Neuregelung soll bereits am Tag nach der Verkündung des Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetzes in Kraft treten. Da die Unternehmen die gesetzlichen Regelungen und die sie konkretisierenden Erlassregelungen in ihren internen Abläufen sowie den Softwareprogrammen umsetzen müssen, empfehlen wir, eine Nichtbeanstandungsregelung von mindestens sechs Monaten einzuführen.

Quelle: BStBK online

Grunderwerbsteuer – Bremen will Steuer um 0,5 Prozentpunkte erhöhen

Der Senat hat am 9.7.2013 die Erhöhung der Grunderwerbsteuer um 0,5 Prozentpunkte auf 5 Prozent ab dem 01.01.2014 beschlossen. 

Die Steuererhöhung, die die Bürgerschaft noch beschließen muss, soll zu einem jährlichen Mehraufkommen von rund 8,1 Mio. € ab dem Jahr 2014 führen, das nicht in den bundesstaatlichen Länderfinanzausgleich geht, sondern vollständig im bremischen Landeshaushalt verbleibt.

Im Ländervergleich erhebt Bremen zurzeit eine niedrigere Grunderwerbsteuer als der Schnitt aller Bundesländer. Auch Niedersachsen plant eine Erhöhung auf 5 Prozent ab 2014, so dass keine Beeinträchtigung des Grundstücksmarktes aufgrund von Abwanderung potenzieller Grundstückskäufer ins niedersächsische Umland zu befürchten steht.

Finanzsenatorin Karoline Linnert erklärte hierzu: „Der Senat hat sich angesichts der schwierigen Haushaltslage Bremens bewusst für die Steuererhöhung als wichtigen und notwendigen Schritt zur Verbesserung der Einnahmesituation entschieden“.

Quelle: Pressemitteilung der Senatorin für Finanzen in Bremen
-> Grunderwerbsteuer berechnen

Einzelfragen zur Abgeltungsteuer – Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach § 60a AO

Mit dem Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes vom 21. März 2013 (BGBl. I, Seite 556) wird die so genannte „vorläufige Bescheinigung“ durch das Verfahren zur Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach § 60a Abgabenordnung (AO) abgelöst. Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt daher Folgendes:

Die Randziffern 295 und 296 des BMF-Schreibens vom 9. Oktober 2012 (BStBl I Seite 953) gelten auch entsprechend, wenn eine amtlich beglaubigte Kopie des Feststellungsbescheides nach § 60a AO des Finanzamts überlassen wird, dessen Erteilung nicht länger als drei Kalenderjahre zurückliegt. Endet diese Drei-Jahresfrist unterjährig, kann eine Abstandnahme vom Steuerabzug nur für das Kalenderjahr erfolgen, in dem die zuvor genannten Voraussetzungen ganzjährig erfüllt waren. Wird ein Feststellungsbescheid nach § 60a AO unterjährig erteilt, kann er mit Wirkung ab dem 1. Januar des betreffenden Kalenderjahres angewendet werden.

Quelle: BMF, Schreiben (koordinierter Ländererlass) IV C 4 – S-0179-a / 13 / 10001 vom 05.07.2013

Weitere Informationen zur Abgeltungsteuer

Gewerbe-/Grundsteuer – Übersicht über Realsteuer-Hebesätze (DIHK)

Im laufenden Jahr haben von den 684 Gemeinden ab 20.000 Einwohnern 127 ihren Gewerbesteuerhebesatz erhöht. Den Hebesatz für die Grundsteuer B hoben 165 Gemeinden an, den für die Grundsteuer A immerhin noch 107 Gemeinden. Dies geht aus einer aktuellen Erhebung der DIHK zur Entwicklung der Hebesätze hervor. 


Hintergrund: 
Die Entwicklung der Hebesätze der Gewerbesteuer und der Grundsteuer dokumentiert der DIHK alljährlich in einer Erhebung, deren Ergebnisse jetzt vorliegen. Dabei wurden bislang ausschließlich die großen Gemeinden ab 50.000 Einwohnern erfasst (189 Gemeinden). Der DIHK hat die Umfrage 2013 erweitert: Nun werden die aktuellen Realsteuerhebesätze für alle Gemeinden ab 20.000 Einwohnern erhoben und in ihrer Entwicklung analysiert.

Hierzu führt der DIHK weiter aus:

  • „Die Belastung der Unternehmen mit Realsteuern nimmt kontinuierlich zu“, kommentierte Rainer Kambeck, Bereichsleiter Steuern beim DIHK, die Ergebnisse der Umfrage gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“.
  • „Ein Sechstel der Unternehmen, die in Gemeinden ab 20.000 Einwohnern tätig sind, sehen sich in diesem Jahr sogar einer doppelten Mehrbelastung bei der Gewerbesteuer und der Grundsteuer B gegenüber, die teilweise sehr hoch ausfällt.“
  • Mit jedem Prozentpunkt, um den die Hebesätze steigen, wachse außerdem die Gefahr einer Substanzbelastung der Unternehmen durch die gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen, warnte Kambeck. Diese zu streichen, wäre seiner Ansicht nach „ein dringender und angemessener Ausgleich für die steigenden Hebesätze“, der dazu beitragen könnte, die Gewerbesteuerlast für die Unternehmen stabil zu halten.
  • Kritisch bewertet Kambeck „die enorme Spreizung zwischen Hoch- und Niedrigsteuerkommunen“. Zahlreiche Hebesatzerhöhungen seien das unmittelbare Ergebnis kommunaler Haushaltssanierungsprogramme.
  • Sie sind hierfür aber „das falsche Instrument“, gab der DIHK-Steuerchef zu bedenken, denn die jeweiligen Wirtschaftsstandorte würden dadurch unattraktiver und gerieten im innerdeutschen Standortwettbewerb ins Hintertreffen.
  • „Die unbestritten schwierige Haushaltslage vieler Kommunen lässt sich nicht mit Steuererhöhungen lösen“, betonte Kambeck. Nur eine verbesserte wirtschaftliche Entwicklung sorge nachhaltig für steigende Einnahmen. „Die beste Voraussetzung dafür sind möglichst niedrige Steuerbelastungen, die den Unternehmen die Mittel für Investitionen belassen.“
  • Besonders kontraproduktiv seien steigende Hebesätze an den Standorten, „die ohnehin mit schwierigen Strukturveränderungen zu kämpfen haben, wie etwa das Ruhrgebiet“.
  • In diesen Fällen helfe es nur, die Ausgaben vor Ort noch konsequenter zu vermindern, sagte Kambeck, etwa durch eine Intensivierung der kommunalen Zusammenarbeit und eine Beschränkung auf die absolut notwendigen kommunalen Leistungen. In der Verantwortung stünden aber letztlich auch die Länder; schließlich seien sie „nach der Finanzverfassung für die Sicherung einer angemessenen Finanzausstattung der Kommunen zuständig“.

Quelle: DIHK, Pressemitteilung v. 9.7.2013

Hinweis: Hier finden Sie die Gewerbesteuer-Hebesätze und Grundsteuer-Hebesätze

Auskunftspflicht Dritter: Kein Verweigerungsrecht wegen privatrechtlich vereinbarter Geheimhaltung

Daten der Nutzer einer Internethandelsplattform

Die Antwort auf ein Sammelauskunftsersuchen der Steuerfahndung kann nicht mit der Begründung verweigert werden, die Geheimhaltung der Daten sei privatrechtlich vereinbart worden. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 16. Mai 2013 (II R 15/12) entschieden.

Im Streitfall ging es dem Finanzamt darum zu erfahren, welche Nutzer Verkaufserlöse von mehr als 17.500 Euro pro Jahr über eine Internethandelsplattform erzielt hatten. Name und Anschrift der Händler sollten ebenso angegeben werden wie deren Bankverbindung. Außerdem sollte eine Aufstellung der einzelnen Verkäufe vorgelegt werden. Ab einem Umsatz von mehr als 17.500 Euro pro Jahr ist Umsatzsteuer zu entrichten.

Das Sammelauskunftsverlangen war gerichtet an die deutsche Schwestergesellschaft eines in Luxemburg ansässigen Betreibers einer Internethandelsplattform. Die in Deutschland ansässige GmbH hatte die Internethandelsplattform früher selbst betrieben. Nach der Übertragung des Geschäfts auf ihre in Luxemburg ansässige Schwestergesellschaft hatte sie sich dazu verpflichtet, umfangreiche Datenverarbeitungsleistungen für diese auf der Grundlage luxemburgischen Rechts zu erbringen. Außerdem hatte sie sich verpflichtet, die von ihr zu verarbeitenden Daten nicht an Dritte weiterzugeben.

Vor Gericht argumentierte die Klägerin, sie könne die von ihr verlangten Auskünfte nicht erteilen, da sie hierzu nach den für sie bindenden Weisungen ihrer Schwestergesellschaft nicht befugt sei. Sie könne ihre Schwestergesellschaft auch nicht dazu bringen, der Datenherausgabe zuzustimmen. Die Daten stünden ihr auch tatsächlich nicht zur Verfügung, da sie auf Servern im Ausland gespeichert seien, die ihr weder gehörten noch von ihr verwaltet oder gepflegt würden.

Das Finanzgericht (FG) hat daraufhin der Klage stattgegeben und das Sammelauskunftsersuchen aufgehoben, da der Klägerin die Erteilung der Auskunft in tatsächlicher Hinsicht unmöglich sei. Auf die Revision des Finanzamts hat der BFH das Urteil des FG aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.

Das FG hat – wie sich aus der Begründung des Urteils ergibt – keine ausreichenden tatsächlichen Feststellungen getroffen, dass der Klägerin der Zugriff auf die Daten aus technischen Gründen unmöglich ist. Dass die Datenserver im Ausland stehen, steht dem Zugriff auf die Daten nicht entgegen. An die tatsächliche Würdigung des FG war der BFH deshalb nicht gebunden. Das FG hat vielmehr entscheidend darauf abgestellt, dass sich die Klägerin gegenüber ihrer Schwestergesellschaft zur Geheimhaltung der Daten verpflichtet hatte. Die darin liegende rechtliche Wertung hat der BFH verworfen. Die privatrechtlich vereinbarte Geheimhaltung kann der öffentlich-rechtlichen Auskunftspflicht nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden. Das Urteil des FG konnte deshalb keinen Bestand haben.

Das FG muss nun feststellen, ob die Klägerin tatsächlich auf die fraglichen Daten zugreifen kann. Der BFH hat dem FG außerdem umfangreiche Hinweise für die weitere Bearbeitung des Falles erteilt.

BFH, Pressemitteilung Nr. 39/13 vom 10.07.2013 zum Urteil II R 15/12 vom 16.05.2013

Dienstwagenbesteuerung: Anwendung der 1%-Regelung auch bei fehlender privater Nutzung

Stellt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer unentgeltlich oder verbilligt ein Fahrzeug zur privaten Nutzung zur Verfügung, führt dies beim Arbeitnehmer auch dann zu einem steuerpflichtigen Vorteil, wenn der Arbeitnehmer das Fahrzeug tatsächlich nicht privat nutzt. Der Vorteil ist, wenn ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nicht geführt worden ist, nach der 1 %-Regelung zu bewerten. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einer Reihe von Urteilen vom 21. März 2013 und 18. April 2013 entschieden und damit seine bisherige Rechtsprechung korrigiert. Bisher wurde in derartigen Fällen die tatsächliche private Nutzung des Fahrzeugs vermutet. Der Steuerpflichtige konnte die Vermutung unter engen Voraussetzungen widerlegen. Diese Möglichkeit ist nun entfallen.

Im Streitfall (VI R 31/10) stellte die Klägerin, eine Steuerberatungsgesellschaft, ihrem Geschäftsführer einen Dienstwagen zur Verfügung. Nach dem Anstellungsvertrag durfte er den Dienstwagen auch für Privatfahrten nutzen. Bei der Lohnsteuer setzte die Klägerin für die private Nutzung lediglich eine Kostenpauschale an, denn eine private Nutzung des Dienstwagens habe nicht stattgefunden. Im Anschluss an eine Lohnsteueraußenprüfung erließ das Finanzamt einen Lohnsteuerhaftungsbescheid. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Der BFH hat die Entscheidung des Finanzgerichts bestätigt. Die vom Arbeitgeber gewährte Möglichkeit, den Dienstwagen auch privat nutzen zu dürfen, führt beim Arbeitnehmer zu einem Vorteil, der als Lohn zu versteuern ist. Ob der Arbeitnehmer von der Möglichkeit der privaten Nutzung Gebrauch gemacht hat, ist dafür unerheblich, denn der Vorteil in Gestalt der konkreten Möglichkeit, das Fahrzeug auch zu Privatfahrten nutzen zu dürfen, ist dem Arbeitnehmer bereits mit der Überlassung des Fahrzeugs zugeflossen. Deshalb hatte das Finanzgericht den geldwerten Vorteil aus der Überlassung des Dienstwagens zur privaten Nutzung zu Recht (auch ohne weitere Feststellungen zum Sachverhalt) als Arbeitslohn angesehen.

Der BFH bestätigte auch die Auffassung der Vorinstanz, dass der Vorteil nach der 1 %-Regelung zu bewerten sei. § 8 Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) setzt keine tatsächliche Nutzung voraus, sondern verweist nur auf die 1 %-Regelung (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG). Mit dem Betrag, der nach der 1 %-Regelung als Einnahme anzusetzen ist, sollen sämtliche geldwerten Vorteile, die sich aus der Möglichkeit zur privaten Nutzung des Dienstwagens ergeben – unabhängig von Nutzungsart und -umfang – pauschal abgegolten werden. Diese Typisierung hat der BFH wiederholt als verfassungsgemäß erachtet. Da im Streitfall ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nicht geführt worden war, kam eine andere Entscheidung nicht in Betracht.

In zwei weiteren Urteilen vom 21. März 2013 (VI R 46/11 und VI R 42/12) sowie in einem Urteil vom 18. April 2013 (VI R 23/12) hat der BFH aber auch (nochmals) verdeutlicht, dass die 1 %-Regelung nur zur Anwendung kommt, wenn feststeht, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer tatsächlich einen Dienstwagen zur privaten Nutzung arbeitsvertraglich oder doch zumindest auf Grundlage einer konkludent getroffenen Nutzungsvereinbarung überlassen hat.

BFH, Pressemitteilung Nr. 38/13 vom 10.07.2013 zu den Urteilen VI R 31/10, VI R 46/11, VI R 42/12 vom 21.03.2013 und VI R 23/12 vom 18.04.2013