Archiv der Kategorie: Privatbereich

Unklarer Steuerbescheid muss nicht unbedingt berichtigt werden

Unklarer Steuerbescheid muss nicht unbedingt berichtigt werden

Kernaussage

Ist ein Steuerbescheid unklar, kann diese Unklarheit aber durch Auslegung beseitigt werden, muss eine Berichtigung des Bescheids nicht vorgenommen werden.

Sachverhalt

Die Kläger erzielten in einem Jahr einen Verlust von rd. 400.000 DM, der durch die Finanzverwaltung bestandskräftig festgesetzt wurde. Allerdings unterlief der Finanzverwaltung bei Erlass des Bescheids ein Fehler. Dem Betrag von rd. 400.000 DM wurde im Tenor des Bescheids statt der Währung DM der Währungszusatz EUR beigefügt. In der Bescheidbegründung wurde demgegenüber stets das Währungszeichen DM verwandt. Dieser Verlustfeststellungsbescheid konnte wegen Zeitablaufs nicht mehr geändert werden. Bei der Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags für ein späteres Jahr verlangten die Kläger einen Übertrag der festgesetzten 400.000 EUR. Das Finanzamt wies das Begehren zurück.

Entscheidung

Das Finanzgericht Hamburg folgte der Finanzverwaltung. Zu Recht habe das Finanzamt nur einen vorgetragenen Verlust von rd. 400.000 DM in den neuen Bescheid übernommen. Soweit im Tenor des Bescheids das Währungszeichen EUR Verwendung gefunden habe, handele es sich um einen offensichtlichen Fehler. Im Wege der Auslegung sei der Inhalt des Bescheids daher so auszulegen, dass schon im Erstbescheid nur ein Verlustvortrag von 400.000 DM festgesetzt worden sei. Dies lasse sich insbesondere anhand der dem Tenor beigegebenen Begründung entnehmen. Dort fand sich durchgängig das Währungszeichen DM. Da der richtigerweise festgesetzte Verlustvortrag sich durch Auslegung ermitteln lasse, sei es zudem nicht nötig, den Erstbescheid zu ändern. Insofern sei es unbeachtlich, dass durch Eintritt der Festsetzungsverjährung eine dauerhafte Änderungssperre eingetreten sei. Vielmehr könne das durch Auslegung ermittelte Ergebnis als vorgetragener Verlust in den neuen Bescheid übernommen werden. Die Frist zur Beseitigung offenbarer Unrichtigkeit habe nur dann Bedeutung, wenn sich das richtige Ergebnis nicht dem Bescheid entnehmen lasse.

Konsequenz

Zur Auslegung kann nicht nur der Tenor eines Bescheids herangezogen werden. Vielmehr müssen auch die Begründung sowie die Anlagen bei der Ermittlung des richtigen Inhalts berücksichtigt werden. Kann durch eine derartige Auslegung der Fehler im Tenor beseitigt werden, schützt den Steuerpflichtigen die Festsetzungsverjährung nicht. Es wird künftig mehr darauf zu achten sein, ob sich nicht auch in die Begründung und die Anlagen Fehler eingeschlichen haben. Diese könnten nach Ablauf der Festsetzungsverjährung auch zu Lasten des Steuerpflichtigen den Schluss zulassen, dass der Bescheid einen anderen Inhalt haben sollte.

Mündliche Ratenzahlungsvereinbarung kann Verjährung unterbrechen

Mündliche Ratenzahlungsvereinbarung kann Verjährung unterbrechen

Kernfrage

Das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz hat sich kürzlich zu der abgabenrechtlichen Frage geäußert, ob ein die Steuerzahlungsverjährung unterbrechender Vollstreckungsaufschub (z. B. Ratenzahlung) nur dann angenommen werden kann, wenn er schriftlich erteilt wurde.

Sachverhalt

Die Klägerin hatte Steuerrückstände in Höhe von rd. 35.000 EUR; die Steuerforderungen waren in den Jahren 1995 bis 1999 fällig geworden. Zur Erörterung, wie die ausstehenden Rückstände getilgt werden könnten, sprach die Klägerin im Mai 2001 beim Finanzamt vor. Ihr wurde mitgeteilt, sie dürfe weiterhin per Dauerauftrag monatlich 300 EUR an das Finanzamt überweisen. In der Folgezeit leistete die Klägerin die auferlegten Ratenzahlungen regelmäßig. 2007 teilte sie dem Finanzamt jedoch mit, Ihrer Ansicht nach sei zum 31.12. Zahlungsverjährung eingetreten. Der im mündlichen Gespräch vom Mai 2001 zugesagte „Vollstreckungsaufschub“ könne nicht als verjährungsunterbrechende Handlung angesehen werden, da es sich hierbei nur um eine innerdienstliche Maßnahme ohne Außenwirkung gehandelt habe. Das Finanzamt rief daraufhin das Finanzgericht an und verlor.

Entscheidung

Das Gericht stellte fest, die Zahlungsverjährung eines Steueranspruchs werde „durch Vollstreckungsaufschub“ unterbrochen. Die Verjährungsunterbrechung dauere fort, bis der Vollstreckungsaufschub abgelaufen sei. Die Ansicht der Klägerin, hinsichtlich der Besprechung aus Mai 2001 liege eine verjährungsunterbrechende Handlung nicht vor, weil die Zusage nicht schriftlich erteilt worden sei, war demnach nicht korrekt. Weder dem Gesetz noch der Rechtsprechung lässt sich nämlich ein solches Schriftformerfordernis entnehmen. Allerdings muss eine Handlung oder Maßnahme, um die Unterbrechung der Zahlungsverjährung herbeiführen zu können, den inneren Dienstbereich überschreiten. An der mündlichen Mitteilung des Vollstreckungsaufschubs durch das Finanzamt bestanden jedoch keine Zweifel. Im Übrigen ist ein Verwaltungsakt nur dann schriftlich, bzw. durch „Bescheid“ zu erlassen, wenn dies – wie z. B. für einen Haftungs- bzw. Duldungsbescheid – gesetzlich vorgeschrieben ist. Für die Verjährungsunterbrechung bedarf es aber keines „schriftlichen“ Vollstreckungsaufschubes.

Konsequenz

Auch eine lediglich mündlich getroffene Vereinbarung über eine Ratenzahlung ist als verjährungsunterbrechende Handlung zu werten, mit der Folge, dass Steueransprüche nicht verjähren. Selbst wenn mit einer kurzfristigen Tilgung der Steuerschuld nicht gerechnet werden kann, macht dies den Vollstreckungsaufschub nicht nichtig. Entscheidend ist, dass der Schuldner erkennen kann, dass das Finanzamt den Steueranspruch weiterhin durchsetzen will.

Auch bei Wohnung im Leerstand ist Grundsteuer fällig

Auch bei Wohnung im Leerstand ist Grundsteuer fällig

Kernaussage

Der Eigentümer eines Grundstücks bleibt grundsätzlich auch dann grundsteuerpflichtig, wenn er seine Wohnungen nicht vermieten konnte und deshalb keine Einnahmen hatte. Dies entschied jüngst das Gießener Verwaltungsgericht.

Sachverhalt

Der Kläger ist Eigentümer eines bebauten Grundstücks. Er hatte das Gebäude aufwändig in vier gehoben ausgestattete exklusive Eigentumswohnungen umgebaut und diese im Jahr 2007 als Mietwohnungen angeboten. Für 2009 beantragte der Kläger bei der Stadt den Erlass der erhobenen Grundsteuer mit der Begründung, die Wohnungen seien nicht vermietet gewesen und auch nicht selbstgenutzt oder anderen kostenlos überlassen worden. Er selbst habe die Wohnungen ständig im Internet und durch Zeitungsannoncen angeboten. Mehrere Mietinteressenten habe er aus Bonitätsgründen ablehnen müssen; im Übrigen sei der Leerstand strukturell bedingt. Die Stadt lehnte den Antrag des Klägers ab, den anschließenden gerichtlichen Streit über den Erlass von Grundsteuer verlor der Kläger ebenfalls.

Entscheidung

Ob der Leerstand tatsächlich strukturell bedingt war, konnte das Verwaltungsgericht offenlassen, denn jedenfalls hatte der klagende Eigentümer die Ertragsminderung seines Grundstücks für das Jahr 2009 selbst zu vertreten. Er hatte nicht alle zumutbaren Anstrengungen unternommen, um Mieter für die leerstehenden Objekte zu finden. Gerade angesichts der Exklusivität seiner Wohnungen war es ihm zuzumuten, mit der Vermietung – zusätzlich zu der Anzeigenschaltung und dem Internetangebot – auch noch einen Immobilienmakler zu beauftragen. Denn die Beauftragung eines Maklers stellt die effektivste Form der Vermietungsbemühungen für Wohnraum dar. Da der Kläger dies im Streitjahr nicht getan hatte, schuldete er die Grundsteuer in voller Höhe.

Konsequenz

Vermietungsbemühungen, die sich darauf beschränken, Anzeigen in der regionalen Presse zu schalten und lediglich ein Angebot ins Internet einzustellen, reichen nicht aus, um einen Erlass von Grundsteuer zu rechtfertigen. Je schwieriger ein Objekt zu vermieten ist, desto intensiver und nachhaltiger müssen die Vermietungsbemühungen des Eigentümers ausfallen.

Unterlegene Bewerber können bei rechtswidriger Beförderung Schadensersatz verlangen

Unterlegene Bewerber können bei rechtswidriger Beförderung Schadensersatz verlangen

Rechtslage

Nicht nur im Anwendungsbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) sind Arbeitnehmer vor Diskriminierungen geschützt. Beispielsweise ist im Bereich der öffentlichen Hand eine sogenannte Konkurrentenklage möglich, wenn das Auswahlverfahren zu einer Beförderung rechtswidrig erfolgt. Hier ermöglicht die Konkurrentenklage noch vor Ablauf des Auswahlverfahrens eine Rechtsprüfung. Das Bundesverwaltungsgericht hatte nun über die Rechtsfolgen einer rechtswidrigen Kandidatenauswahl zu entscheiden.

Sachverhalt

Der verbeamtete Kläger war bei einer Bewerbung auf eine Stelle mit Leitungsfunktion nicht berücksichtigt worden. Anstelle dessen wurde die Stelle an einen Konkurrenten vergeben, der anlässlich des Auswahlverfahrens erst aus dem Landes- in den Bundesdienst versetzt worden war. Allerdings wurde der Kläger hierüber erst nach Besetzung der Stelle informiert. Mit seiner Klage begehrte der Kläger Schadensersatz wegen seiner Nichtberücksichtigung.

Entscheidung

Das Bundesverwaltungsgericht gab dem Kläger Recht. Das Auswahlverfahren sei aus mehreren Gründen rechtswidrig gewesen. So hatte der Arbeitgeber die Stelle bereits so ausgeschrieben, dass sie auf das Anforderungsprofil des Konkurrenten zugeschnitten war. Darüber hinaus war der ausgewählte Konkurrent noch in seiner alten Position in die Besoldungsstufe befördert worden, in die die ausgeschriebene Stelle fiel. Im Ergebnis sei damit das Leistungsprinzip als Auswahlgrundsatz unterlaufen worden. Schließlich sei der ablehnte Bewerber zu spät unterrichtet worden, was seinen effektiven Rechtschutz vereitelt habe. Vor diesem Hintergrund sei der Kläger so zu stellen, als sei die Auswahlentscheidung zu seinen Gunsten erfolgt.

Konsequenz

Die Entscheidung dahin, dass das Auswahlverfahren im konkreten Fall nicht den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Auswahl entsprach, wird nicht überraschen. Sehr wohl überrascht die Rechtsfolge in ihrer Reichweite. Denn der Kläger muss so behandelt werden, als sei er erfolgreich gewesen. Mit anderen Worten: im Rahmen der (beamtenrechtlichen) Konkurrentenklage ist der Schadensersatzanspruch wohl weitergehend zu verstehen als im arbeitsrechtlichen Bereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes.

Steuerförderung von Gebäudeaufwendungen im Sanierungsgebiet

Steuerförderung von Gebäudeaufwendungen im Sanierungsgebiet

Kernproblem

Das Einkommensteuergesetz fördert Aufwendungen an einem Gebäude des Privatvermögens grundsätzlich nur dann, wenn es der Einkünfteerzielung dient, also z. B. vermietet wird. Nach Wegfall der Eigenheimzulage verblieb dem selbstnutzenden Häuslebauer nur die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen, die im eigenen Haushalt erbracht werden. Ausnahmen hiervon bestehen noch bei denkmalgeschützten oder in einem städtischen Sanierungs- oder Entwicklungsgebiet belegenen Immobilien. Deren Aufwendungen in die förderfähigen Zwecke werden mit immerhin 90 % über 10 Jahre verteilt wie Sonderausgaben abgezogen. Weil die Finanzverwaltung nicht über eigenen Bausachverstand verfügt, sieht das Gesetz ein Bescheinigungsverfahren der Gemeinden vor. Die Behörde stellt hier die Förderfähigkeit und Höhe der gemachten Aufwendungen in einer Bescheinigung fest, die dem Finanzamt als Grundlagenbescheid dient. Doch ist mit dem Besitz der Bescheinigung der Steuervorteil auch tatsächlich bereits gesichert?

Sachverhalt

Eine vierköpfige Familie lebte in einem steuerlich begünstigten Sanierungsgebiet und stellte einen Bauantrag auf „Dachgeschoss-Ausbau und Umbau eines Einfamilienhauses zu einem Zweifamilienhaus mit abgeschlossenem Treppenhaus und Gasheizung“. Die Stadt versah ihre Zusage mit baugesetzlichen Auflagen, die auch eingehalten wurden. Die Eltern beantragten in ihrer Einkommensteuererklärung unter Vorlage der städtischen Bescheinigung den Sonderausgabenabzug. Das Finanzamt lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass es sich bei den Aufwendungen um solche für einen nicht begünstigten Neubau handele. Das Gesetz fördere jedoch nur „Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen“. Doch gerade diese hatte die Stadt auch bescheinigt. Ob das Finanzamt sich hieran halten musste, entschied das Hessische Finanzgericht (FG).

Entscheidung

Das FG verneinte ebenso wie das Finanzamt die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Steuerbegünstigung der Baumaßnahme, weil eine neue Wohneinheit entstanden sei, und keine Modernisierung an einer bereits bestehenden Wohnung. Nach Auffassung der Richter enthalte die städtische Bescheinigung auch formalrechtlich insoweit keine das Finanzamt bindende Entscheidung. Die von der Gemeindebehörde getroffene verbindliche Feststellung beziehe sich nicht auf die Frage, ob die Wohnung der Kläger eine modernisierte, instandgesetzte bzw. erhaltene Wohnung oder aber einen Neubau im steuerrechtlichen Sinn darstelle.

Konsequenz

Gegen das Urteil wurde bereits Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) eingelegt. Der BFH hat jedoch in seiner bisherigen Rechtsprechung die Bindungswirkung auch nur auf die baurechtlichen Verhältnisse bezogen, so dass ein vom FG abweichendes Urteil überraschen würde.

1.7.2012: Renten steigen um über 2 Prozent

1.7.2012: Renten steigen um über 2 Prozent

Rentenanstieg zum 1.7.2012

Nach Mitteilung des Statistischen Bundesamtes und der Deutschen Rentenversicherung gibt es zum 1.7.2012 einen erheblichen Rentenanstieg zu verzeichnen: in Westdeutschland um 2,18 %, in den neuen Bundesländern um 2,26 %. Durch die Senkung der Beitragssätze werden Arbeitnehmer und Arbeitgeber um 2,6 Milliarden Euro entlastet. Der aktuelle Rentenwert (West) steigt von 27,47 EUR auf 28,07 EUR, der Rentenwert (Ost) erhöht sich von 24,37 EUR auf 24,92 EUR.

Grund für den Rentenanstieg

Mehr als 20 Millionen Rentner profitieren mit der Anpassung vom fortgesetzten wirtschaftlichen Aufschwung 2011, der mit Lohnsteigerungen und einem deutlichen Beschäftigungszuwachs verbunden war.

Neues Renten-Gesetzespaket beabsichtigt

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen erklärte, die Bundesregierung werde noch vor der Sommerpause ein Gesetzespaket auf den Weg bringen, „damit sich Leistung, Einsatz und Vorsorge für mehr Menschen als bisher im Alter auszahlen“. Die neue Zuschussrente stellt sicher, dass sich Vorsorge auch für Geringverdiener und insbesondere Frauen lohnt, die viele Jahre Teilzeit gearbeitet, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt haben. Die neue Kombirente ermöglicht flexibleres Arbeiten in den letzten Jahren des Berufslebens und die Altersvorsorge Selbstständiger soll künftig nicht mehr dem Zufall überlassen bleiben.

Fristlose Kündigung bei unberechtigter Vorteilsgewährung

Fristlose Kündigung bei unberechtigter Vorteilsgewährung

Kernfrage

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hatte in einer jüngeren Entscheidung zu zwei Rechtsfragen Stellung zu nehmen. Zum einen ging es darum, ob einem Arbeitnehmer, dem von einem Geschäftspartner private Vorteile gewährt worden waren, fristlos gekündigt werden kann. Zum anderen hatte das Gericht darüber zu befinden, ob ein unterjähriges Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis dazu führen kann, dass eine erfolgsabhängige Vergütung bei entsprechender arbeitsvertraglicher Regelung ganz entfallen kann. Dabei geht die Rechtsprechung regelmäßig davon aus, dass Vergütungsbestandteile, die vertraglich fest zugesagt sind, in der Regel nicht unter Widerrufs- oder Freiwilligkeitsvorbehalte gestellt werden können.

Sachverhalt

Der Kläger war leitender Angestellter und hatte sich von einem Geschäftspartner private Vorteile (hier Bauleistungen am Privathaus) gewähren lassen. Deswegen kündigte der Arbeitgeber fristlos. Mit seiner Kündigungsschutzklage, mit der er die Vorteilsgewährung bestritt, machte der Kläger parallel Ansprüche auf seine Tantieme geltend. Als Grund führte er an, die bestehende Arbeitsvertragsregelung, die eine Tantieme im Falle des unterjährigen Ausscheidens ausschloss, sei unwirksam.

Entscheidung

Das Gericht wies die Kündigungsschutzklage ab. Die fristlose Kündigung sei wirksam, weil eine „Schmiergeldzahlung“ regelmäßig immer eine fristlose Kündigung rechtfertige; zumal beim Kläger nachgewiesen werden konnte, dass er die Vorteilsgewährung wider besseren Wissens bestritten habe. Gleichzeitig stellte das Gericht fest, dass die Vergütungsansprüche erst mit der fristlosen Kündigung enden. Aus diesem Grund könne er den Teil der Tantieme verlangen, der bis zur fristlosen Kündigung erdient worden sei. Die Tantieme stelle einen festen Vergütungsbestandteil dar, dessen Ausschluss bei unterjährigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis unwirksam sei.

Konsequenz

Die Entscheidung überrascht im Hinblick auf die Wirksamkeit der Kündigung nicht. Mit Rücksicht auf den Tantiemeanspruch hat das Landesarbeitsgericht allerdings die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) zugelassen. Hier bleibt abzuwarten, ob das BAG, soweit dies die arbeitsvertragliche Klausel zulässt, den Tantiemeanspruch für den Fall einer berechtigten, unterjährigen, fristlosen Kündigung wegfallen lässt.

Deutschland und Türkei vereinbaren Doppelbesteuerungsabkommen

Deutschland und Türkei vereinbaren Doppelbesteuerungsabkommen

Neues Doppelbesteuerungsabkommen

Deutschland und die Türkei haben im September 2011 ein neues Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) geschlossen. Am 5.3.2012 hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zum Umsetzung des Doppelbesteuerungsabkommens in die parlamentarische Beratung eingeführt. Das neue Abkommen mit der Türkei soll rückwirkend ab dem 1.1.2011 angewendet werden.

Besteuerung von Unternehmensgewinnen

Im Doppelbesteuerungsabkommen wird (in Abschnitt 2 b des Protokolls) geregelt, dass die Bestimmung über Unternehmensgewinne (Art. 7 des Abkommens) auch für Personengesellschaften gilt. Ausdrücklich erwähnt werden in diesem Zusammenhang Sondervergütungen. Erhält ein türkischer Gesellschafter einer deutschen Personengesellschaft Sondervergütungen in Form von Zinsen, sind diese zukünftig in Deutschland zu besteuern.

Reduzierung von Quellensteuersätzen

Die nach dem alten Abkommen geltenden Quellensteuersätze werden reduziert. Hiervon sind auch Schachtelbeteiligungen betroffen, d. h. Beteiligungen unbeschränkt steuerpflichtiger Kapitalgesellschaften am Grund- oder Stammkapital einer anderen unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft in bestimmter Mindesthöhe. Bei Dividenden sinkt der Satz für Schachtelbeteiligungen auf 5 % (bisher 15 %). Für Streubesitzdividenden sinkt der Quellensteuersatz auf 15 % (bisher 20 %). Für Zinsen wird der Satz von 15 % auf 10 % abgesenkt. Bei Lizenzen verbleibt es wie bisher bei einer Quellensteuer von 10 %. Die bislang bestehende Möglichkeit zum Abzug fiktiver Quellensteuern entfällt.

183-Tage-Regelung / Steuerbefreiung für Dividenden

Die Anwendung der 183-Tage-Regelung wird vom bisher gültigen Steuerjahr auf einen 12-Monats-Zeitraum umgestellt. Eine Steuerbefreiung für Dividenden und Unternehmensgewinne setzt nach dem neuen Abkommen voraus, dass die Einkünfte aus einer aktiven Tätigkeit erzielt werden. Kann dies nicht nachgewiesen werden, gilt die Anrechnungsmethode.

Einschränkung des Werbungskostenabzugs ist verfassungskonform

Einschränkung des Werbungskostenabzugs ist verfassungskonform

Kernaussage

Die Neuregelung zum steuerlichen Abzugsverbot von Berufs(erst)ausbildungskosten vom 13.12.2011 ist verfassungskonform. So entschied jüngst das Finanzgericht Düsseldorf.

Sachverhalt

Der Kläger absolvierte in den Jahren 2005 und 2006 erstmalig eine Berufsausbildung zum Berufspiloten und tätigte hierfür in den genannten Jahren Aufwendung. In Ermangelung von Erträgen führten diese Aufwendungen nach Auffassung des Klägers zu einem Verlust. Er begehrte, die Aufwendungen in seiner Einkommensteuererklärung als vorweggenommene Werbungskosten abziehen zu können. Das Finanzamt versagte den Abzug. Mit seiner Klage verlangt der Berufspilot, den Verlust gesondert festzustellen, um ihn in Folgejahren mit positiven Einkünften zu verrechnen.

Entscheidung

Das Finanzgericht Düsseldorf wies die Klage ab. Die steuerliche Abzugsfähigkeit von Kosten der erstmaligen Berufsausbildung sei ausgeschlossen, wenn die Ausbildung nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses erfolge. Diese Regelung sei auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Zwar sei das steuerliche Abzugsverbot in der derzeit geltenden Fassung erst am 13.12.2011 in Kraft getreten; dies hindere jedoch seine Anwendbarkeit auf die länger zurückliegenden Streitjahre nicht. Vielmehr sei der zeitliche Anwendungsbereich bei Neufassung des Abzugsverbots explizit geregelt. Es sei mithin für alle Veranlagungszeiträume ab 2004 anzuwenden. Auch das verfassungsrechtliche Verbot der rückwirkenden Steuergesetzgebung sei nicht verletzt. Dieses Verbot setze nämlich insbesondere voraus, dass der Steuerpflichtige in den Bestand der ursprünglichen Regelung habe vertrauen können. Ein solches Vertrauen sei aber dann ausgeschlossen, wenn die neue Rechtsvorschrift mit Wirkung für die Vergangenheit regelt, was bis zu einer Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung der allgemeinen Rechtsanwendungspraxis entsprach. So lag der Fall auch hier. Erst durch eine Rechtsprechungsänderung im Jahr 2011 sei der Gesetzgeber veranlasst worden, die bisherige Rechtsanwendungspraxis einer gesetzlichen Regelung zuzuführen. Der Kläger habe mithin kein Vertrauen in die durch Rechtsprechungsänderung anerkannte Rechtslage entwickeln können. Die Rückwirkung sei zulässig. Auch im Übrigen seien Verfassungsverstöße nicht ersichtlich. Das Abzugsverbot sei gleichheitsgerecht ausgestaltet.

Konsequenz

Die Rechtsprechungsänderung aus dem Jahr 2011 wirkt sich nicht aus. Durch das schnelle Handeln des Gesetzgebers ist der ursprüngliche Rechtszustand wieder hergestellt. Kosten der erstmaligen Berufsausbildung sind nicht als Werbungskosten, sondern nur als Sonderausgaben abzugsfähig. Das letzte Wort hat jetzt der Bundesfinanzhof.

Diskriminierung nach AGG: innerhalb von 2 Wochen geltend machen

Diskriminierung nach AGG: innerhalb von 2 Wochen geltend machen

Kernfrage

Bewerber, die glauben, wegen eines Verstoßes gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) aufgrund von Diskriminierung Ersatzansprüche gegen den potentiellen Arbeitgeber zu haben, müssen diese Ansprüche schriftlich geltend machen. Das AGG sieht hierfür eine Frist von zwei Wochen vor. Das Bundesarbeitsgericht hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob diese – im entschiedenen Fall bei Anzeige abgelaufene Frist – durch tarifvertragliche Fristen, innerhalb derer ein Anspruch geltend gemacht werden muss, verdrängt bzw. ergänzt werden kann.

Sachverhalt

Der Kläger hatte sich unter Hinweis auf seine Schwerbehinderung auf eine Lehrerstelle beworben. Dennoch wurde er nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen und erhielt Anfang September eine Absage. Mit einem im November beim potentiellen Arbeitgeber eingegangenen Schreiben machte der Kläger Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche geltend, weil die Vermutung einer Benachteiligung wegen seiner Behinderung bestehe. Ferner sei gegen die nach dem Schwerbehindertenrecht bestehende Pflicht zur Einladung zum Vorstellungsgespräch verstoßen worden. Der Arbeitgeber wandte hiergegen ein, dass Ansprüche, selbst wenn sie bestünden, verfallen seien, weil der Kläger die gesetzliche Anzeigepflicht nicht eingehalten habe und die tarifvertragliche Verfallfrist von sechs Monaten nicht anwendbar sei.

Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht gab dem Arbeitgeber Recht. Ansprüche seien bereits wegen Nichteinhaltung der gesetzlichen Zwei-Wochen-Frist ausgeschlossen. Die Frist gelte für jede Person, die Ansprüche nach dem AGG geltend mache und sei auch in der Länge nicht zu beanstanden. Die Frist beginne mit Kenntnis von den Indizien einer Diskriminierung zu laufen (hier: Erhalt des Ablehnungsschreibens). Eine Verlängerung der Frist aufgrund tarifvertraglicher Anspruchsfristen käme nicht in Betracht.

Konsequenz

Mit der Entscheidung bestätigt das Bundesarbeitsgericht die im AGG enthaltene Zwei-Wochen-Frist als Ausschlussfrist. Die Nichteinhaltung dieser Frist führt zum Verlust des Anspruchs.