Archiv der Kategorie: Unternehmer und Freiberufler

Ertragsteuerliche Behandlung von Photovoltaikanlagen

Ertragsteuerliche Behandlung von Photovoltaikanlagen

Kernaussage
Nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sind Netzbetreiber verpflichtet, u. a. Photovoltaikanlagen an ihr Netz anzuschließen sowie den aus diesen Anlagen angebotenen Strom vorrangig abzunehmen und zu vergüten. Die Oberfinanzdirektion Rheinland (OFD) hat mit Verfügung vom 10.7.2012 Stellung zur ertragsteuerlichen Behandlung von Photovoltaikanlagen genommen. Die nachfolgenden Absätze geben den wesentlichen Inhalt der Verfügung wieder.

Anrechnungstarif bei Eigenverbrauch
Bei Anlagen bis 500 kW kann der Betreiber in unmittelbarer Nähe zur Anlage verbrauchten Strom (z. B. im Eigenheim) mit einem verringerten Anrechnungstarif beziehen. Der Strom wird dabei in das allgemeine Netz eingespeist, während der Betreiber hierfür eine geringere Vergütung erhält. Es entfällt in diesen Fällen die Erfordernis, selbst benötigten Strom anderweitig zu erwerben. Die geringere Vergütung ist laut OFD als Betriebseinnahme zu erfassen. Gleichzeitig löst der Eigenverbrauch eine Entnahme aus, die mit dem Teilwert zu bewerten ist. Die OFD hat keine Bedenken, den Entnahmewert in Anlehnung an den ortsüblichen Strompreis zu schätzen.

Betriebsvorrichtungseigenschaft
Für die Frage, ob ein selbstständiges Wirtschaftsgut vorliegt, ist zu unterscheiden, ob es sich um eine Aufdachanlage (selbstständig) oder um eine integrierte Anlage (unselbstständig) handelt. Während bei Aufdachanlagen in der Regel Betriebsvorrichtungen angenommen wurden, stellten integrierte Anlagen unselbstständige Gebäudebestandteile dar. Nach einem Beschluss der obersten Finanzbehörden der Länder können dachintegrierte Anlagen nun „wie“ Betriebsvorrichtungen behandelt werden. Anderslautende Auffassungen werden ausdrücklich aufgehoben.

Absetzungen für Abnutzungen
Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer beträgt 20 Jahre. Soweit gesetzlich zugelassen, ist die Inanspruchnahme der degressiven Abschreibung möglich. Unter den dort genannten Voraussetzungen ist ebenfalls ein Investitionsabzugsbetrag nach § 7g EStG zu gewähren. Auch Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 5 EStG können beansprucht werden. Der Anwendung steht nach bundeseinheitlicher Abstimmung der Finanzverwaltung nicht entgegen, dass der Strom teilweise privat verbraucht wird.

Arbeitszimmer
Die Berücksichtigungsfähigkeit eines steuerlichen Arbeitszimmers richtet sich nach den allgemeinen Voraussetzungen. Das Merkmal „nach Art und Umfang der Tätigkeit erforderlich“ kann zumindest bei kleineren Anlagen zu Problemen führen. Für eine auf dem Dach eines Einfamilienhaus betriebene Anlage wurde die Erforderlichkeit bereits finanzgerichtlich rechtskräftig verneint.

Einheitsbewertung bei Pferdezucht mit Spitzen-Deckhengst

Einheitsbewertung bei Pferdezucht mit Spitzen-Deckhengst

Kernaussage
Die Beteiligten eines bei Finanzgericht Münster anhängigen Rechtsstreits stritten darüber, ob im Rahmen der Feststellung des Einheitswertes für einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft ein gesonderter Ertragswert für die Deckhengsthaltung anzusetzen ist. Das Finanzgericht (FG) ist der Auffassung, allein die Tatsache, dass in einem Pferdezuchtbetrieb ein Deckhengst gehalten werde, dessen Samen erfolgreich über eine fremde Deckstation vermarktet würden, sei kein Anlass, die Deckhengsthaltung neben der Pferdezucht als landwirtschaftlicher Nutzung der sonstigen landwirtschaftlichen Nutzung zuzuordnen und dafür einen höheren Ertragswert festzustellen.

Sachverhalt
Die Klägerin betreibt auf eigenen und zugepachteten Flächen mit eigenen Stuten eine Pferdezucht. Für die Zucht werden 2 eigene Deckhengste gehalten, deren Samen über den eigenbetrieblichen Bedarf hinaus über eine fremde Deckstation vermarktet wird. Aufgrund dieser Gegebenheiten stellte das Finanzamt den Einheitswert für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft fest und erfasste dabei die Erträge aus der Deckhengsthaltung gesondert in Form eines Einzelertragswerts. Als Folge dieser höheren Bewertung entfielen für die Klägerin die Voraussetzungen der Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen. Dem Antrag auf fehlerberichtigende Wertfortschreibung des Einheitswertes folgte das Finanzamt nicht.

Entscheidung
Zur landwirtschaftlichen Nutzung gehört auch die Tierhaltung (hier: Pferdehaltung und Pferdezucht), wenn sie auf einer ausreichenden Futtergrundlage erfolgt. Da die Voraussetzungen vorliegen, besteht bereits aus systematischen Gründen kein Raum die Deckhengsthaltung als sonstige land- und forstwirtschaftliche Nutzung einzuordnen. Auch gehört die Deckhengsthaltung mit dem Ziel der Samengewinnung sowohl für die eigenen Zuchtstuten als auch für die Vermarktung bei fremden Muttertieren nicht zum Katalogbestand des § 62 BewG. Die Tatsache, dass der Katalog des § 62 BewG nach Verwaltungs- und Literaturauffassung nicht abschließend ist und z. B. Besamungsstationen als sonstige landwirtschaftliche Nutzung gemäß § 62 Abs. 1 BewG zu erfassen sind, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn eine Besamungsstation ist im Betrieb der Klägerin unstreitig nicht vorhanden.

Konsequenz
Allein die Tatsache, dass im Rahmen der landwirtschaftlichen Nutzung ein besonders erfolgreiches Zuchttier gehalten wird, rechtfertigt ebenfalls nicht die Annahme einer sonstigen landwirtschaftlichen Nutzung.

Grunderwerbsteuer bei Änderung der Gesellschafter einer KG ist sofort abziehbarer Aufwand

Grunderwerbsteuer bei Änderung der Gesellschafter einer KG ist sofort abziehbarer Aufwand

Kernproblem
Grunderwerbsteuer fällt üblicherweise beim Kauf von inländischen Grundstücken an. Obwohl gesetzlich Käufer und Verkäufer zur Hälfte Schuldner der Steuer sind, wird im Kaufvertrag meist der Käufer zur kompletten Übernahme verpflichtet. Die von ihm gezahlte Grunderwerbsteuer stellt dann Anschaffungsnebenkosten des Grundstücks und, soweit bebaut, auch des Gebäudes dar. Wenn der Käufer das Grundstück zur Einkunftserzielung verwendet, sind die auf abnutzbare Gebäudeteile entfallenden Grunderwerbsteuern im Rahmen der Abschreibungen steuerlich abzugsfähig. Daneben sieht das Grunderwerbsteuergesetz zur Vermeidung von Steuerumgehungen verschiedene Erwerbsfiktionen vor, obwohl gar kein Grundstück veräußert wird. Steht ein Grundstück im Eigentum einer Personen- oder Kapitalgesellschaft und kommt es zu einem Gesellschafterwechsel, von dem mindestens 95 % der Anteile betroffen sind, wird ein Grundstückserwerb fingiert. Ertragsteuerlich stellt sich die Frage, wie eine daraus resultierende Grunderwerbsteuer zu behandeln ist.

Sachverhalt
Eine Kommanditgesellschaft (KG) erwarb sämtliche Kommanditanteile an einer anderen KG und hielt diese in ihrem Betriebsvermögen. Weil die erworbene KG Grundstücke besaß, wurde wegen der Änderung des Gesellschafterbestands Grunderwerbsteuer ausgelöst. Der Vorgang blieb jedoch zunächst unentdeckt und wurde Jahre später nach Auflösung der erworbenen Gesellschaft durch eine steuerliche Betriebsprüfung aufgegriffen. In deren Verlauf wurde die erwerbende KG als Rechtsnachfolgerin zur Zahlung herangezogen. Streit gab es jedoch um die ertragsteuerliche Behandlung: Während das Finanzamt die Grunderwerbsteuer als Anschaffungsnebenkosten der Grundstücke behandelte, begehrte die KG den sofortigen Betriebsausgabenabzug. Hierüber musste das Finanzgericht Münster entscheiden.

Entscheidung
Das Gericht ließ den Betriebsausgabenabzug mangels „Grundstücksanschaffung“ zu. So habe ein Erwerbsvorgang tatsächlich nicht stattgefunden, sondern werde lediglich fingiert, denn zivil- und handelsrechtlich seien die Grundstücke auch noch nach dem Anteilsübergang dem Vermögen der erworbenen KG zuzurechnen. Nach Auffassung der Richter könne sich auch aus dem Transparenzprinzip, d. h. der Zurechnung ideeller Anteile an den einzelnen Wirtschaftsgütern auf die Erwerber des Gesellschaftsanteils, kein abweichendes Ergebnis ergeben. Denn daraus sei nicht abzuleiten, dass Aufwendungen der Gesellschaft als Anschaffungsnebenkosten auf Ebene der Gesellschafter behandelt würden.

Konsequenz
Zwar wurde die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen. Das Finanzgericht hat sich bei seinem Urteil jedoch bereits an einer Entscheidung des BFH aus dem Jahr 2011 orientiert. Hier hatte die durch Anteilsvereinigung bei einer Kapitalgesellschaft ausgelöste Grunderwerbsteuer ebenfalls zur Betriebsausgabe geführt.

Umsatzsteuer als regelmäßig wiederkehrende Zahlung

Umsatzsteuer als regelmäßig wiederkehrende Zahlung

Kernaussage
Im Gegensatz zur Bilanzierung basiert die Einnahmen-Überschussrechnung auf dem Zufluss- bzw. Abflussprinzip. D. h., sobald Geld auf dem betrieblichen Konto eingeht, wird dies als Betriebseinnahme erfasst, bei Abbuchungen entsprechend als Betriebsausgabe. Hiervon abweichend werden regelmäßig wiederkehrende Zahlungen, die nach dem 20.12. und vor dem 11.1. eines Jahres erfolgen, in dem Jahr erfasst zu dem sie wirtschaftlich gehören. Als regelmäßig wiederkehrende Zahlungen in diesem Sinne gelten auch Zahlungen bzw. Erstattungen aufgrund von Umsatzsteuervorauszahlungen.

Neue Verwaltungsanweisung
Das bayerische Landesamt für Steuern (LfSt) hat nun ausführlich dargestellt, wann eine Umsatzsteuervorauszahlung als abgeflossen gilt bzw. eine entsprechende Erstattung als zugeflossen. Hierbei werden alle möglichen Zahlungsarten (Überweisung, Scheck, Lastschrifteinzug) behandelt und auch Sonderfälle wie z B. Umbuchungen durch das Finanzamt.

Konsequenz
Selbst buchende Steuerpflichtige aber auch steuerliche Berater sollten die Verfügung im Zweifel zu Rate ziehen, da sie auch exotische Fälle auflistet, die den Wenigsten präsent sein dürften. So gilt die Umsatzsteuervorauszahlung z. B. beim Lastschrifteinzugsverfahren schon bei Fälligkeit als abgeflossen, wenn das Konto die notwendige Deckung aufweist. Auf die tatsächlich später erfolgende Abbuchung durch das Finanzamt kommt es dann nicht mehr an. Dies gilt jedoch wiederum nicht, wenn der 10. (Fälligkeitsdatum der Umsatzsteuervoranmeldung) auf ein Wochenende oder einen Feiertag fällt, da sich dann die Fälligkeit auf den nächsten Werktag verschiebt. Bucht das Finanzamt die Vorauszahlung um, so gilt diese erst mit Zugang der entsprechenden Umbuchungsmitteilung beim Steuerpflichtigen als abgeflossen.

Zuviel im Tank bringt Zank

Zuviel im Tank bringt Zank

Kernaussage
Über die Höhe der Energiesteuer (ehemals Mineralölsteuer) wird viel in der Öffentlichkeit diskutiert. Das Energiesteuer aber nicht nur fällig wird, wenn an deutschen Zapfsäulen getankt wird, wissen wohl nur Wenige. Der Energiesteuer unterliegt nämlich nicht nur das Tanken im Inland, sondern auch Kraftstoff, der in einem anderen Mitgliedstaat getankt wurde, sofern das Fahrzeug wieder hiermit nach Deutschland zurückkehrt. Hiervon ausgenommen ist lediglich der Kraftstoff im Hauptbehälter (Tank) der Fahrzeuge sowie bis zu 20 Liter in Reservebehältern. Als Hauptbehälter gelten jedoch nur Tanks, die vom Hersteller serienmäßig in die jeweiligen Fahrzeuge eingebaut werden.

Sachverhalt
Der Kläger erwarb einen Lkw in der Absicht, diesen für den Transport von Containern umbauen zu lassen. Da dieser Umbau auch den Tank betraf, wurde der Lkw, um Kosten zu sparen, nur mit einem Tank ausgeliefert. Dieser wurde im Rahmen des Umbaus versetzt und zusätzlich ein zweiter Tank eingebaut. Zum Tanken fuhr der Kläger aufgrund der niedrigeren Kraftstoffpreise in die Niederlande. Anschließend kehrte er nach Deutschland zurück, um Fahrten im Inland durchzuführen. Die Zollverwaltung setzte daraufhin Energiesteuer für den Kraftstoff in beiden Tanks fest, da diese nicht serienmäßig eingebaut waren. Hiergegen sah der Kläger einen Verstoß gegen geltendes EU-Recht. U. a. verwies er darauf, dass nach der deutschen Regelung in vielen Fällen gar keine Befreiung mehr möglich sei, da mittlerweile Tanks überwiegend individuell in Abhängigkeit von der späteren Verwendung, und eben nicht serienmäßig, eingebaut würden.

Entscheidung
Das Finanzgericht Düsseldorf sieht auf Basis der nationalen Rechtsprechung keine Chance für den Kläger. Da es aber erhebliche Zweifel hat, ob die bisherige Auslegung zutreffend ist, hat es dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) den Fall vorgelegt.

Konsequenz
Der EuGH muss nun klären, ob die Befreiung nicht auch von Vertragshändlern und Karosseriebauern eingebaute Tanks umfasst. Sollte er dies bejahen, so stellt sich als weitere Frage, ob das Kriterium der serienmäßigen Fertigung wie bisher aufrecht erhalten werden kann. Betroffene Unternehmen müssen prüfen, ob sie unter Berufung auf das beim EuGH anhängige Verfahren nun gegen ähnliche Festsetzungen vorgehen sollen. Zu beachten ist, dass der Fall nur Unternehmen betrifft. Privatpersonen, die ihren Tank zwecks billigen Tankens im nahen Ausland vergrößern, müssen mit der Festsetzung von Energiesteuer rechnen, ggf. sogar mit strafrechtlichen Ermittlungen.

Innergemeinschaftliches Verbringen: Vereinfachungsregelung verlängert

Innergemeinschaftliches Verbringen: Vereinfachungsregelung verlängert

Kernaussage
Bringt ein Unternehmer Gegenstände zur eigenen Verfügung von einem in einen anderen Mitgliedstaat, so handelt es sich um ein innergemeinschaftliches Verbringen. Im Unterschied zur innergemeinschaftlichen Lieferung muss der Unternehmer selbst den innergemeinschaftlichen Erwerb im anderen Staat deklarieren. Verkauft er die Ware dann weiter, unterliegt er der Umsatzbesteuerung im anderen Staat.

Sachverhalt
Grundsätzlich wird strikt zwischen innergemeinschaftlicher Lieferung und innergemeinschaftlichem Verbringen getrennt. Allerdings existiert hierzu eine Ausnahmeregelung, die Großhändlern im grenznahen Raum die Deklaration vereinfachen sollte. Unter bestimmten Bedingungen konnte bisher statt einer innergemeinschaftlichen Lieferung auch ein innergemeinschaftliches Verbringen angenommen werden. Da die Vereinfachungsregelung auch zunehmend von Unternehmen genutzt wurde, für die sie nicht gedacht war, hat das Bundesfinanzministerium (BMF) dessen Anwendung zum 1.1.2013 eingeschränkt. Sie wird nur noch gewährt, wenn der Unternehmer die Ware selbst über die Grenze befördert und erfordert nunmehr einen Antrag. Bei Zustimmung des Finanzamtes konnte die bisherige Regelung noch bis zum 31.3.2013 weiter angewendet werden.

Neue Verwaltungsanweisung
Das BMF hatte nun die Übergangsregelung bis zum 30.9.2013 verlängert. Zu beachten ist, dass die Regelung nur für bestimmte Unternehmen eine Vereinfachung darstellt, da sie eine Registrierung und Deklaration der Umsatzsteuer in einem anderen Mitgliedstaat erfordert.

Konsequenzen
Spätestens nach dem 30.9.2013 ist ein Antrag notwendig. Wer diesen dann vergisst, muss mit folgenden Konsequenzen rechnen: Der gesamte Vorgang wird rückgängig gemacht. Dies betrifft zum einen die Besteuerung im Ankunftsstaat. Zum anderen wird im Herkunftsstaat aus dem innergemeinschaftlichen Verbringen, das als innergemeinschaftliche Lieferung gilt, eine „reine“ innergemeinschaftliche Lieferung. Beide sind zwar steuerbefreit, doch das Problem besteht darin, dass die Steuerbefreiung der „normalen“ innergemeinschaftlichen Lieferung etliche Nachweise erfordert. Diese werden dann regelmäßig nicht vorliegen, so dass das Risiko einer Umsatzsteuernachzahlung besteht.

Einfuhrumsatzsteuer wegen Pflichtverletzungen, dennoch Vorsteuerabzug?

Einfuhrumsatzsteuer wegen Pflichtverletzungen, dennoch Vorsteuerabzug?

Kernaussage
Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) entsteht in der Regel bei der Einfuhr von Waren aus Drittländern. Allerdings kann Einfuhrumsatzsteuer auch festgesetzt werden, sofern Pflichten im Rahmen des Zollverfahrens verletzt werden. Dies betrifft insbesondere Unternehmen der Logistikbranche, z. B. Lagerhalter.

Sachverhalt
Voraussetzung für den Abzug der Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer ist, dass der Unternehmer der den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen möchte, im Zeitpunkt der Einfuhr die Verfügungsmacht über die eingeführten Waren hat. Lagerhalter, die Aufgaben im Rahmen der Einfuhr von Waren für Dritte übernehmen, haben zu keinem Zeitpunkt die Verfügungsmacht über die bei Ihnen gelagerte Ware. Sie sind daher bisher nicht berechtigt Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer abzuziehen, die ihnen gegenüber aufgrund von Pflichtverletzungen festgesetzt wird.

Entscheidung
Das Finanzgericht Hamburg hat sich nun gegen die geltende Rechtslage gewandt. Nach Ansicht der Richter verstößt die entsprechende Vorschrift des Umsatzsteuergesetzes (UStG) gegen die europarechtlichen Vorgaben. Demnach kann auch ein Lagerhalter zum Abzug der Einfuhrumsatzsteuer als Vorsteuer berechtigt sein, da nicht die Verfügungsmacht über die Gegenstände hierfür Voraussetzung ist, sondern die Verbringung der Waren in den zoll- und steuerrechtlichen freien Verkehr.

Konsequenz
Gegen das Urteil ist Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) eingelegt worden. Unternehmen, denen bisher der Vorsteuerabzug aus den genannten Gründen verwehrt wurde, können nun unter Berufung auf das anhängige Verfahren hiergegen vorgehen. Für aktuelle Fälle gibt es 2 Möglichkeiten. Zum einen kann wie bisher deklariert werden und der Abzug der Einfuhrumsatzsteuer dann im Wege des Einspruchs beantragt werden. Zum anderen kann die Einfuhrumsatzsteuer im Rahmen der Deklaration als Vorsteuer erfasst werden. Allerdings muss dies ausdrücklich gegenüber dem Finanzamt offen gelegt werden, um den Vorwurf der Steuerhinterziehung entgegen zu wirken. Zu beachten ist hierbei, dass das Finanzgericht – entgegen dem UStG – den Abzug der Einfuhrumsatzsteuer nicht von deren Entrichtung abhängig macht. Das Gericht folgt damit dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Die Einfuhrumsatzsteuer sollte daher mit Festsetzung geltend gemacht werden und nicht erst nach ihrer Entrichtung. Sollte es diesbezüglich Widerstände geben, so kann auf das entsprechende Urteil des EuGH verwiesen werden und auf den Entwurf des Jahressteuergesetzes 2013, der eine entsprechende Änderung des UStG vorsieht.

BMF nimmt Stellung zum Steuersatz für Speisen und Getränke

BMF nimmt Stellung zum Steuersatz für Speisen und Getränke

Kernaussage
Die Lieferung von Lebensmitteln unterliegt dem ermäßigten Steuersatz (7 %). Werden hierzu jedoch zusätzliche Dienstleistungen erbracht, kann schnell der Regelsteuersatz zur Anwendung kommen (19 %). Die Abgrenzung stellt die Praxis vor massive Probleme. Diverse Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Bundesfinanzhofs (BFH) sowie neue Vorgaben der EU trugen zu weiterer Verunsicherung bei. Auf eine klärende Stellungnahme des Bundesfinanzministeriums (BMF) wurde lange gewartet; nun liegt sie vor.

Neue Verwaltungsanweisung
Nach Ansicht des BMF kommt der Regelsteuersatz nur zur Anwendung, wenn das Dienstleistungselement qualitativ überwiegt. Um dies ermitteln zu können ist die gesamte erbrachte Leistung zu beurteilen. Dienstleistungen, die notwendig mit der Vermarktung der Speisen verbunden sind, bleiben allerdings bei dieser Betrachtung unberücksichtigt. Gleiches gilt für Dienstleistungen, die in keiner Verbindung zur Abgabe der Speisen stehen (z. B. Vergnügungsangebote im Freizeitpark). Das BMF listet hierzu im Hinblick auf die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes schädliche und unschädliche Dienstleistungen auf. So sind z. B. die Zubereitung an sich und der Transport nicht in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen und somit unschädlich. Das Servieren der Speisen spricht hingegen im Rahmen der Gesamtbetrachtung gegen die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes. Zuletzt erläutert das BMF die neuen Grundsätze anhand von 16 Beispielen.

Konsequenz
Das Schreiben weicht erheblich von der bisher vertretenen Verwaltungsauffassung ab. Die Neuregelung dürfte in den meisten Fällen von Vorteil sein. Dies ist jedoch nicht primär der Einsicht des BMF zu verdanken, sondern der jüngsten Rechtsprechung sowie der EU-Kommission. Lieferanten von Speisen und Getränken, aber auch deren Abnehmer (z. B. Schulfördervereine, Pflegeheime etc.) müssen anhand des Schreibens prüfen, ob sich für sie Änderungen ergeben. Ferner können sie nun Optimierungen angehen. So kann z. B. durch Änderungen des Angebots ggf. erreicht werden, dass die Leistungen zukünftig dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Da die neuen Grundsätze für alle Umsätze gelten, die nach dem 30.6.2011 ausgeführt wurden, ist auch für die Vergangenheit zu prüfen, ob noch Nutzen aus dem Schreiben gezogen werden kann. Insgesamt dürfte die korrekte Deklaration in vielen Fällen einfacher werden. Allerdings ist zu befürchten, dass es weiterhin Konflikte mit der Finanzverwaltung geben wird, wenn zu klären ist, ob die Dienstleistungselemente qualitativ überwiegen.

Gelangensbestätigung, der nächste Versuch

Gelangensbestätigung, der nächste Versuch

Kernaussage
Mit Wirkung zum 1.1.2012 wurden die Nachweispflichten für innergemeinschaftliche Lieferungen erheblich verschärft. Die „Gelangensbestätigung“ ersetzte die bisher erforderlichen Nachweise. Aufgrund erheblichen Widerstands gegen die kaum praktikable Neuregelung versprach das Bundesfinanzministerium (BMF) eine nochmalige Überarbeitung der entsprechenden Regelungen der Umsatzsteuerdurchführungsverordnung (UStDV). Die Änderung wurde nun verabschiedet.

Änderung der UStDV
Entgegen der bisherigen Regelungen sind nun neben der Gelangensbestätigung auch alternative Nachweise zulässig. So können die Nachweise unter bestimmten Voraussetzungen auch durch Frachtbriefe, Spediteursbescheinigungen, tracking-and-tracing-Protokolle oder Empfangsbestätigungen von Postdienstleistern geführt werden. Hinsichtlich der Gelangensbestätigung ergeben sich nur wenige Vereinfachungen. So reicht nunmehr z. B. die Bestätigung des Monats des Erhalts der Lieferung durch den Empfänger aus.

Konsequenz
Die neue Fassung der UStDV tritt ab dem 1.10.2013 in Kraft. Bis dahin können die Unternehmen die Nachweise noch gemäß der bis zum 31.12.2011 geltenden Rechtslage führen. Insgesamt stellt die neue Regelung eine Vereinfachung dar. Die Unternehmen müssen sich nun umgehend mit den neuen Regelungen auseinandersetzen. So ist z. B. zu klären, in welchen Fällen die erforderlichen Nachweise mit Hilfe der Gelangensbestätigung eingeholt und wann die alternativen Nachweise genutzt werden sollen. Hierbei ist zu beachten, dass die formalen Anforderungen an die alternativ zu erbringenden Nachweise zum Teil strikter ausfallen als für die Gelangensbestätigung. Um Ärger mit dem Finanzamt zu vermeiden, sollten die mit dem Export betrauten Mitarbeiter entsprechend geschult werden, von der Finanzbuchhaltung bis zum Vertrieb. Es wird erwartet, dass das BMF noch ein ergänzendes Schreiben veröffentlichen wird, auch dieses wird zu beachten sein.

Steuerbefreiung für Schönheitsoperationen, Empfängnisverhütung etc.

Steuerbefreiung für Schönheitsoperationen, Empfängnisverhütung etc.

Kernaussage
Ärztliche Leistungen sind nur dann von der Umsatzsteuer befreit, wenn sie der Behandlung von Krankheiten dienen und somit ein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht. Dies kann im Einzelfall durchaus streitig sein.

Neue Verwaltungsanweisung
Die Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt a. M. befasst sich in einer aktuellen Verfügung mit der Steuerbefreiung von Schönheitsoperationen, Schwangerschaftsabbrüchen und Empfängnisverhütungen.

Konsequenzen
Die Kombination der aufgeführten Behandlungsarten mutet etwas seltsam an, dürfte jedoch für die betroffenen Fachbereiche wichtig sein. Schönheitsoperationen sind nur von der Umsatzsteuer befreit, wenn eine medizinische Indikation nachgewiesen werden kann. Dies wird in der Regel nicht der Fall sein. Übernimmt jedoch die Krankenversicherung regelmäßig die Kosten, ist dies ein Indiz hierfür, so dass eine Befreiung in Frage kommt. Welche Bedeutung der Beurteilung des behandelnden Arztes hierbei beizumessen ist, muss aktuell der Bundesfinanzhof (BFH) entscheiden. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz fordert im Zweifel ein separates Sachverständigengutachten. Schwangerschaftsabbrüche und Empfängnisverhütungen sind dagegen steuerfrei. Auf die gewählte Methode zur Empfängnisverhütung kommt es nicht an.