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Einmalzahlung für private Lebensversicherung als Betriebsausgabe (FG)

Abzugsfähigkeit der aus privaten Mitteln entrichteten Einmalzahlung für eine private Lebensversicherung als Betriebsausgabe

 Leitsatz

1. Nachdem die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung durch das Arbeitsverhältnis und damit betrieblich veranlasst sind, ist der umgekehrte Vorgang der Weiterleitung von der Sozialversicherung erstatteter Arbeitgeberbeiträge an den Arbeitnehmer ebenfalls betrieblich veranlasst. Der Erstattungsbetrag steht dem Arbeitnehmer zu. Durch einen Einbehalt würde der Arbeitgeber einen ihm nicht zustehenden Vermögensvorteil erlangen.

2. Als für den Betriebsausgabenabzug unschädlicher abgekürzter Zahlungsweg ist die Leistung des Erstattungsbeitrags der Sozialversicherung zu Gunsten des im Unternehmen angestellten Sohnes anzusehen, wenn der als Betriebseinnahme gebuchte und auf ein privates Konto eingezahlte Betrag nicht direkt an den Sohn ausgezahlt, sondern zum Abschluss einer Lebensversicherung zu dessen Gunsten verwendet wird und dafür vom privaten Konto ein den Erstattungsbetrag in der Höhe nicht übersteigender Betrag gezahlt wird. Die Zahlung an die Lebensversicherung ist dann als Betriebsausgabe abzugsfähig, wenn ein deutlicher zeitlicher Zusammenhang zwischen der Zahlung der Sozialversicherung und der Zahlung an die Lebensversicherung von etwa einem Jahr besteht.

 Gesetze

EStG § 4 Abs. 4
EStG § 12 Nr. 1
SGB VI § 1 S. 1 Nr. 1

 Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darum, ob eine Zahlung in Höhe von EUR 30 092,73 als Betriebsausgabe anzuerkennen ist.

Der Kläger war bis Ende des Jahres 2004 als Bezirksschornsteinfegermeister gewerblich tätig. Seit September 1993 war sein Sohn im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses auf der Grundlage eines am 30. August 1993 abgeschlossenen Arbeitsvertrages für ihn tätig. Das Gehalt wurde ausweislich der dem Gericht vorliegenden Kontoauszüge regelmäßig überwiesen. Bei einer Außenprüfung, die der Beklagte bei dem Kläger für die Jahre 1997 bis 1999 vorgenommen hatte, war das Anstellungsverhältnis dementsprechend nicht beanstandet worden.

Der Kläger und sein Sohn gingen ursprünglich davon aus, dass der Sohn sozialversicherungspflichtig sei, und führten die entsprechenden Beiträge zur Sozialversicherung ab. Ende 2003 beauftragten sie gemeinschaftlich ein Unternehmen namens C mit der Prüfung des sozialversicherungsrechtlichen Status des Sohnes. Es stellte sich heraus, dass hiernach die Tätigkeit des Sohnes nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses stattgefunden und keine Versicherungspflicht bestanden hatte. Am 22. Januar 2004 beantragte der Kläger die Erstattung der zu Unrecht entrichteten Beiträge. Die Landesversicherungsanstalt D setzte mit Bescheid vom 02. Juni 2004 einen Erstattungsbetrag in Höhe von EUR 31 672,35 fest, der – entsprechend den Angaben im Erstattungsantrag – auf ein privates Konto des Klägers geleistet wurde. Der Kläger behandelte den Erstattungsbetrag sowie die darauf entfallenden Zinsen als Betriebseinnahme.

Im Dezember 2004 stellte der Kläger bei der E Lebensversicherung AG einen Antrag auf Abschluss einer Lebensversicherung zugunsten seines Sohnes gegen eine Einmalzahlung in Höhe von EUR 30 092,73. Diesen Betrag überwies der Kläger von seinem privaten Konto; den Aufwand behandelte er als Betriebsausgabe. Ausweislich des Versicherungsscheines vom 25. Februar 2005 betrug die zu leistende Einmalzahlung allerdings nur EUR 26 130,00. Den Differenzbetrag in Höhe von EUR 3 962,73 überwies die E Lebensversicherung AG im März 2005 auf das private Konto des Klägers zurück.

Der Beklagte minderte die Betriebsausgaben des Klägers für das Streitjahr um EUR 30 092,73. Der Einspruch des Klägers dagegen hatte keinen Erfolg.

Der Kläger trägt vor, dass er zivilrechtlich verpflichtet gewesen sei, seinem Sohn die zu Unrecht abgeführten Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung zu erstatten. Er habe dies in der Weise getan, dass er die Einmalzahlung für die Lebensversicherung zugunsten seines Sohnes übernommen habe. Dabei erkläre sich die Differenz zwischen dem Erstattungsbetrag der Landesversicherungsanstalt D und dem Einmalbeitrag für die Lebensversicherung daraus, dass er mit seinem Sohn vereinbart habe, dass der seinem Sohn herauszugebende Betrag um den Betrag des Honorars für die C in Höhe von EUR 5 511,22 zu verringern sei.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid über Einkommensteuer 2004 vom 25. Oktober 2005 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 07. Februar 2007 und der Einspruchsentscheidung vom 04. August 2009 sowie den Gewerbesteuermessbescheid 2004 vom 07. Februar 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 04. August 2009 dahingehend zu ändern, dass der Gewinn aus Gewerbebetrieb um EUR 30 092,73 vermindert wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass der Abschluss der Lebensversicherung durch den Kläger für dessen Sohn privat veranlasst gewesen sei. Es fehle ein Bezug zum Unternehmen des Klägers. Ein Zusammenhang zwischen der Rückzahlung der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung und dem Abschluss des Lebensversicherungsvertrages zugunsten des Sohnes des Klägers sei nicht ersichtlich.

 Entscheidungsgründe:

1. Der Senat durfte in der Sache verhandeln und entscheiden, obwohl der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten war. Der Kläger ist rechtzeitig zum Termin geladen worden; in der Ladung ist ihm mitgeteilt worden, dass im Falle seines Ausbleibens nach § 91a der Finanzgerichtsordnung (FGO) auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

2. Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat den Gewinn des Klägers aus Gewerbebetrieb im Streitjahr zu Unrecht um EUR 30 092,73 erhöht. Lediglich eine Erhöhung um EUR 3 962,73 (EUR 30 092,73 abzüglich als Betriebsausgaben anzuerkennender EUR 26 130,00) war gerechtfertigt.

a) Betriebsausgaben sind gemäß § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) alle Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind.

Aufwendungen für Arbeitslohn für Angestellte des Unternehmens stellen grundsätzlich Betriebsausgaben dar. Das gilt auch für Lohnzahlungen an einen im Betrieb des Steuerpflichtigen mitarbeitenden Angehörigen, wenn dieser aufgrund eines Arbeitsvertrags beschäftigt wird, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbringt und der Steuerpflichtige seinerseits alle Arbeitgeberpflichten, insbesondere die der Lohnzahlung, erfüllt (Urteil des Bundesfinanzhofes [BFH] vom 01. Dezember 2004 – X R 4/03, Sammlung der Entscheidungen der Bundesfinanzhofs [BFH/NV] 2005, 549, unter II.2.a) der Gründe. Diese Voraussetzungen waren hier gegeben. Dafür spricht, dass der Beklagte das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und seinem Sohn bei der Außenprüfung für die Jahre 1997 bis 1999 nicht beanstandet hatte. Der Beklagte hat nicht vorgetragen, dass seine seinerzeitige Einschätzung fehlerhaft gewesen sei; Anhaltspunkte dafür ergeben sich auch nicht aus den Akten.

Zu dem Arbeitslohn eines Arbeitnehmers gehört auch die Weiterleitung erstatteter Arbeitgeberbeiträge (ebenso FG Münster, Urteil vom 21. März 2012 – 7 K 4640/09 E, juris, Tz. 50 ff.). Die Leistung der Arbeitgeberbeiträge an die Sozialversicherung ist durch das Arbeitsverhältnis und nicht privat veranlasst. Zwar handelt es sich dabei nach der Rechtsprechung BFH nicht um Arbeitslohn (BFH-Urteil vom 06. Juni 2002 – VI R 178/97, BStBl II 2003, 34). Gleichwohl hat der BFH in einer neueren Entscheidung angenommen, im Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung liege „ein Beitrag zum Erwerb der Versorgungsanwartschaft vor, der unmittelbar wirtschaftliches Ergebnis der Arbeitsleistung ist” (BFH-Urteil vom 18. November 2009 – X R 45/07, BFH/NV 2010, 421, unter II.2.d)aa)eee) der Gründe). Diese Rechtsprechung trägt dem Umstand Rechnung, dass die Zahlung von Arbeitgeberanteilen zur Sozialversicherung zwar einerseits eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers ist, Rechtsgrund für diese Verpflichtung aber andererseits ausschließlich das Anstellungsverhältnis ist. Denn § 1 Satz 1 Nr. 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches [SGB VI], wonach versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung solche Personen sind, „die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind”, knüpft an das Beschäftigungsverhältnis an.

Der umgekehrte Vorgang der Weiterleitung erstatteter Arbeitgeberbeiträge muss dann ebenfalls betrieblich veranlasst sein. Der Erstattungsbetrag steht dem Arbeitgeber, hier also dem Kläger, nicht zu. Gäbe er diesen Betrag nicht an den Arbeitnehmer, hier den Sohn, heraus, erlangte er einen ihm nicht zustehenden Vermögensvorteil. Das steht im Einklang mit der Rechtsprechung der Zivilgerichte, nach der Arbeitnehmer in dieser Situation Anspruch auf die Herausgabe des Erstattungsbetrages haben (vgl. z.B. OLG Düsseldorf, Urteil vom 15. Februar 2008 – I-17 U 103/07, Monatsschrift des Deutschen Rechts [MDR] 2008, 790).

b) Nach diesen Grundsätzen war die Weiterleitung der erstatteten Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung betrieblich veranlasst; sie minderte demzufolge den Gewinn des Klägers.

Der Kläger hat diese Betriebsausgaben in der Weise geleistet, dass er EUR 26 130,00 auf die zugunsten seines Sohnes bestehende Lebensversicherung gezahlt hat. Unerheblich ist insoweit, dass der Kläger diesen Betrag nicht direkt an seinen Sohn ausgezahlt, sondern ihn zum Abschluss der Lebensversicherung zu dessen Gunsten verwendet hat und diese Zahlung von seinem privaten Konto abgeflossen ist. Es handelt sich insoweit um einen unschädlichen abgekürzten Zahlungsweg, der ebenso zu beurteilen ist wie eine Auszahlung an den Sohn und eine nachfolgende Verwendung des gezahlten Betrages in der Weise, wie hier geschehen.

Entgegen der Auffassung des Beklagten erkennt der Senat hier einen deutlichen – auch zeitlichen – Zusammenhang zwischen der Erkenntnis, dass der Sohn des Klägers nicht sozialversicherungspflichtig war, den entsprechenden Anträgen auf Rückerstattung der überzahlten Beiträge, der Rückerstattung selbst und der Auskehrung zugunsten des Sohnes. Diese Vorgänge haben sich – rechnet man die Beauftragung der C noch dazu – etwa innerhalb eines Jahres, nämlich zwischen dem 18. Dezember 2003 (Auftrag an die C) und dem 27. Dezember 2004 (Antrag auf Abschluss der Lebensversicherung) abgespielt. Dies erscheint gerade unter dem Gesichtspunkt, dass zunächst die Festsetzung und Auszahlung des Erstattungsbetrages Mitte des Jahres 2004 abgewartet worden sein wird, bevor Anlageentscheidungen getroffen wurden, nicht so lang, als dass man meinen könnte, die Geschehnisse seien unabhängig voneinander zu betrachten. Der Geschehensablauf deutet vielmehr darauf hin, dass der Kläger im Einvernehmen mit seinem Sohn die Angelegenheit der Sozialversicherungspflicht und die daraus resultierende Notwendigkeit der Neuordnung der Alterssicherung des Sohnes konsequent vorangetrieben hat.

Mehr als EUR 26 130,00 hat der Kläger allerdings nicht an seinen Sohn weitergeleitet. Denn der Kläger hat selbst vorgetragen, sein Sohn habe im Hinblick auf das angefallene Honorar der C auf weitergehende Zahlungen verzichtet.

c) Soweit in dem Betrag in Höhe von EUR 30 092,73, dessen Abzug der Kläger begehrt, noch ein Teil des Honorars der C enthalten ist, sind dem Kläger zwar eigene sonstige Betriebsausgaben entstanden (ebenso wohl FG Münster, Urteil vom 21. März 2012 – 7 K 4640/09 E, juris, Tz. 41 f, das in der Übernahme derartiger Aufwendungen durch die Arbeitgeberin, einer GmbH, keine verdeckte Gewinnausschüttung sah). Es handelt sich um Beratungskosten in einer betrieblichen Angelegenheit, die ähnlich wie Rechtsanwaltsoder Steuerberatungskosten durch den Betrieb veranlasst sind. Diese sind jedoch nicht – erneut – zum Abzug zuzulassen, da die Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung dazu unwidersprochen vorgetragen hat, dass das gesamte Honorar bereits während der Außenprüfung thematisiert und nach eingehender Diskussion mit dem Kläger von dem Prüfer bereits als Betriebsausgaben anerkannt worden sei.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).

Anspruch auf Beteiligung am Prozesserfolg (FG)

Entgeltlicher Erwerb eines Anspruchs auf Beteiligung am Prozesserfolg als immaterielles geschäftswertähnliches WirtschaftsgutAbzugsfähigkeit der Aufwendungen eines Prozesskostenfinanzierungsfonds

 Leitsatz

1. Die von einem Prozesskostenfinanzierungsfonds zum Erwerb eines Anspruchs auf Beteiligung am Prozesserlös geleisteten Zahlungen sind als Anschaffungskosten eines immateriellen geschäftswertähnlichen Wirtschaftsguts zu aktivieren. Der Anspruch auf Beteiligung am Prozesserlös stellt einen – für den Wirtschaftsgutbegriff nicht unabdingbaren – selbständig verkehrsfähigen und selbständig bewertbaren Vorteil dar.

2. Wäre kein immaterielles Wirtschaftsgut anzunehmen, wäre die Zahlung zum Erwerb des Anspruchs auf Beteiligung am Prozesserlös als Anzahlung zu aktivieren.

3. Die Abschreibung des immateriellen Wirtschaftsguts Beteiligung am Prozesserlös kann prozentual im Umfang des anteiligen Streitwerts der entschieden Prozesse, also unabhängig vom Prozessausgang erfolgen und entspricht damit einer Absetzung für Substanzverringerung nach § 7 Abs. 6 EStG.

4. Die von einem Prozesskostenfinanzierungsfonds gezahlten Eigenkapitalvermittlungsprovisionen sowie die Rechts- und Beratungskosten sind nicht sofort abzugsfähige Betriebsausgaben, sondern als Anschaffungskosten zu aktivieren. Eine sofortige Abziehbarkeit der Aufwendungen kommt nur in Betracht, als ein Erwerber der Geschäftschance auf Beteiligung am Prozesserlös außerhalb der modellhaften Vertragsgestaltung diese ebenfalls sofort als Betriebsausgaben abziehen könnte.

 Gesetze

EStG § 5 Abs. 2
EStG § 5 Abs. 1
EStG § 4 Abs. 4
EStG § 7 Abs. 6
EStG § 7 Abs. 1
EStG § 6 Abs. 1
EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
HGB § 248 Abs. 2
HGB § 266 Abs. 1

 Tatbestand:

Gesellschaftszweck der am 27. Dezember 2001 gegründeten Klägerin (im Folgenden auch als Fonds bezeichnet) ist die Übernahme von Prozesskostenfinanzierungen für Dritte mit dem Ziel, die Anleger an den Erlösen aus erfolgreich geführten Prozessen zu beteiligen.

Komplementärin der Klägerin ist die nicht am Gesellschaftskapital beteiligte D-GmbH. Gründungskommanditistin, Fondsinitiatorin und alleinige Gesellschafterin der Komplementärin ist die E-AG mit einer Kommanditeinlage von 1.000,– EUR. Treuhandkommanditistin ist die F GmbH. Die Klägerin ermittelt ihren Gewinn nach § 4 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 Einkommensteuergesetz – EStG – durch Betriebsvermögensvergleich. Ihre Mitunternehmer erzielen Einkünfte aus Gewerbebetrieb gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG.

Das Gesellschaftskapital der Klägerin wurde durch Kapitalgeber (im Folgenden als Anleger bezeichnet) dadurch aufgebracht, dass sich diese mittelbar als Treugeber an der Hafteinlage der Treuhänderin beteiligten oder – in wenigen Fällen – der Gesellschaft als Kommanditisten beitraten (sog. Direktkommanditisten). Jeder Anleger war verpflichtet, eine Kommanditeinlage von mindestens 5.000,– EUR sowie eine Rücklage (Agio) in Höhe von 5 % bezogen auf die Kommanditeinlage zu erbringen (§ 5 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrages).

Das zur Finanzierung angestrebte Prozessvolumen und das Kommanditkapital sollten in einem proportionalen Zusammenhang mit dem Faktor 10 stehen, das Prozessvolumen also das Zehnfache des Kommanditkapitals betragen. Die Zeichnung für den Fonds wurde zu Beginn des Jahres 2004 beendet. Bis zu diesem Zeitpunkt zeichneten 451 Anleger ein Kommanditkapital in Höhe von 5.034.980,– EUR. Das gezeichnete Kapital wurde wie folgt eingezahlt:

 

   2002

   2003

   2004

 Kapital

 1.170,140,– EUR

 3.794.840,– EUR

 70.000,– EUR

 

Aufgrund eines zwischen der Klägerin und der E-AG geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrages (Bl. 77 ff. der Gerichtsakten) führte die E-AG (im Folgenden auch als Geschäftsbesorgerin bezeichnet) gegen die Zahlung einer Pauschalvergütung eigenverantwortlich das operative Geschäft der Klägerin. Die Klägerin beauftragte die E-AG mit der Erbringung folgender Leistungen auf eigene Kosten:

  • • Bildung und Verwaltung des Fonds,
  • • Akquise und Organisation des Vertriebs,
  • • Bonitätsprüfung des jeweiligen Beklagten,
  • • mehrstufige Begutachtung der Erfolgsaussichten des Prozesses,
  • • Prozessbeobachtung und -begleitung,
  • • Bezahlung von Gebühren und Kosten (z. B. Rechtsanwalts- und Gerichtsgebühren, Sachverständigenkosten) sowie
  • • Unterhaltung eines Bürobetriebes.

 

Aus dem Beteiligungsprospekt der Klägerin ergibt sich folgender Ablauf:

Die E-AG überprüfte auf eigene Kosten die Erfolgsaussichten eines potentiellen Aktivprozesses. Während der Prüfung bestand eine vertragliche Bindung des potentiellen Klägers. Bei positivem Ausgang der Prüfung wurde ein Prozessfinanzierungsvertrag mit dem Kläger abgeschlossen. Die E-AG trug sämtliche Kosten des Verfahrens. Im Erfolgsfall erhielt die E-AG von den Prozessführenden von dem durch obsiegendes Urteil oder Vergleich erzielten Betrag nach Abzug der Verfahrenskosten jeweils einen Anteil in Höhe von 30 % zuzüglich Umsatzsteuer. Die E-AG war nach § 4 des Geschäftsbesorgungsvertrages verpflichtet, ihren Anteil am Prozesserlös vollständig an die Klägerin auszukehren. Aus dieser Weiterleitung an die Klägerin sollten deren Umsatzerlöse erzielt werden.

Die E-AG sicherte der Klägerin zu, die vereinbarten Tätigkeiten eigenverantwortlich und mit der gebotenen Sorgfalt wahrzunehmen und bis zum 31. Dezember 2002 ein Streitwertvolumen von 150 Mio. EUR zu akquirieren. Das vereinbarte Entgelt der E-AG sollte 13 Mio. EUR betragen.

Nachdem mit Abschluss der Zeichnung für den Fonds nur etwa ein Drittel des prospektierten Fondsvolumens eingeworben worden war, wurde die an die E-AG zu zahlende Vergütung auf netto 4.326.400,– EUR vermindert. Die Vergütung wurde abhängig vom Eingang des Zeichnerkapitals entrichtet und bei der Klägerin wie folgt als Aufwand erfasst:

 

   2002

   2003

   2004

 Vergütung

 950.900,– EUR

 3.141.700,– EUR

 233.800,– EUR

 

Außerdem setzte die Klägerin in der Platzierungsphase folgende gewinnmindernde Aufwendungen an:

 

   2002

   2003

   2004

 Eigenkapitalvermittlungsprovisionen

 139.357,– EUR

 587.834,– EUR

 23.952,– EUR

 Rechts- und Beratungskosten

 43.087,– EUR

 171.972,– EUR

 15.143,– EUR

 

Die Rechts- und Beratungskosten enthielten die Aufwendungen der Klägerin für die von ihr gezahlten Honorare für die Grundkonzeption, die Rechtskonzeption, steuerliche Konzeption, Prospektprüfung und Mittelverwendungskontrolle sowie für die Treuhandverwaltung. Gemäß dem „Initiatorenvertrag” vom … 2001 über die Erstellung der Grundkonzeption erbrachte der Dipl.-Betriebswirt G gegenüber der Klägerin folgende Leistungen im Rahmen eines Dienstvertrages:

  • • grundlegende Konzeption des Gesellschaftszwecks, der Gesellschaftsstrukturen und der Darstellung nach außen,
  • • Erarbeitung von Vorschlägen, wie die Vermarktung des Fonds vorgenommen werden kann,
  • • Vorauswahl von Dienstleistern, die für den Fonds tätig werden können.

 

In den Streitjahren 2002 bis 2004 erklärte die Klägerin Einkünfte aus Gewerbebetrieb und einen Gewerbeertrag in folgender Höhe:

 

   2002

   2003

   2004

 Einkünfte aus Gewerbebetrieb

 -1.072.600,– EUR

 -3.773.391, – EUR

 -41.389,– EUR

 

Nach § 18 des Gesellschaftsvertrages der Klägerin war das Ergebnis der Gesellschaft am Ende des Geschäftsjahres auf alle Gesellschafter im Verhältnis der gezeichneten Hafteinlage zu verteilen, wobei sich die Beteiligung der Gesellschafter am Jahresergebnis unabhängig vom Zeitpunkt des Beitritts nach den Beteiligungsverhältnissen am 31. Dezember des jeweiligen Kalenderjahres richtete.

Auf der Gesellschafterversammlung vom … 2004 beschlossen die Gesellschafter, die Ergebnisverteilung für das Jahr 2003 so vorzunehmen, dass abweichend von dem bei Gründung der Klägerin im Jahr 2001 geschlossenen Gesellschaftsvertrag die in 2003 beigetretenen Kommanditisten prozentual den gleichen Betrag erhalten, der für das Geschäftsjahr 2002 den Zeichnern dieses Jahres (in Prozent bezogen auf deren Kommanditbeteiligung) zugewiesen worden war. Ein danach verbleibender Betrag des Jahresergebnisses 2003 sollte allen Zeichnern unabhängig vom Beitrittstermin anteilig zugerechnet werden, um im Ergebnis eine Gleichstellung der in 2002 und 2003 beigetretenen Zeichner zu erreichen. Die Gesellschafter beschlossen außerdem, dass das Agio keine Einzahlung in das Eigenkapital der Gesellschaft, sondern sofort ertragswirksam zu vereinnahmen sei. Für das Geschäftsjahr 2004 wurde kein derartiger Gleichstellungsbeschluss gefasst.

In den Erklärungen über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2002 bis 2004 wurde demnach der laufende Verlust der Klägerin in Höhe von -1.148.295 EUR (2002), -3.708.582 EUR (2003) und -155.256 EUR (2004) den Gesellschaftern wie folgt zugerechnet:

 

 2002:  Ergebnisverteilung nach gezeichnetem Kapital am 31.12.2002 (insgesamt 1.170.140 EUR, ohne Anteil der E-AG)
 2003:  Ergebnisverteilung vorab insoweit, dass den im Jahr 2003 beigetretenen Gesellschaftern der Verlustanteil der im Jahr 2002 beigetretenen Zeichner zugerechnet wurde, Verteilung des Restergebnisses 2003 nach gezeichnetem Kapital am 31.12.2003 (4.964.980 EUR, ohne Anteil der E-AG)
 2004:  Ergebnisverteilung nach dem gezeichneten Kapital am 31.12.2004 (5.034.980 EUR, ohne Anteil der E-AG).

 

Das von den Beteiligten zu leistende Agio berücksichtigte die Klägerin in den Jahresabschlüssen gemäß Gesellschafterbeschluss vom … 2004 als Ertrag auf Gesellschaftsebene und gleichzeitig auf Gesellschafterebene als sofort abziehbare Sonderbetriebsausgabe.

Mit Bescheid vom … März 2004 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2002 wurden die Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärungsgemäß festgestellt. Mit Bescheid vom … April 2004 über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2002 wurde ein vortragsfähiger Gewerbeverlust in Höhe von 1.072.600 EUR festgestellt.

Der Beklagte führte in den Jahren 2005 und 2006 eine Außenprüfung für die Jahre 2001 bis 2004 bis, deren Ergebnisse im Abschlussbericht vom 22. September 2006 zusammengefasst sind. Streitig sind hier folgende Feststellungen der Außenprüfung:

Herstellereigenschaft / „Anspruch auf Beteiligung am Prozesserfolg” (Tz. 15 und 17 des Abschlussberichts):

Die Vergütung der E-AG sei nicht als sofort abziehbare Betriebsausgabe anzuerkennen. Sie stelle Anschaffungskosten für den Erwerb des immateriellen Wirtschaftsguts „Anspruch auf Beteiligung am Prozesserfolg” dar, der nach dem anteiligen Streitwert der entschiedenen Prozesse aufzulösen sei.

Die Klägerin sei nicht als Herstellerin, sondern als Erwerberin zu betrachten, weil sie mit der E-AG einen Geschäftsbesorgungsvertrag abgeschlossen habe, der die E-AG berechtige, eigenverantwortlich Rechtsstreitigkeiten zu akquirieren, die Bonität des jeweiligen Beklagten und die Erfolgsaussichten zu überprüfen und die ausgesuchten Prozesse zu begleiten und zu verwalten, ohne dass wesentliche Einflussmöglichkeiten der Kommanditisten gegeben seien.

Als Anschaffungskosten seien auch die der Klägerin in Rechnung gestellten Konzeptionsgebühren anzusehen. Die sonstigen Gebühren (Kosten der Eigenkapitalvermittlung, Gebühr für die Mittelverwendungskontrolle in der Investitionsphase, Gebühren für den Treuhänder in der Platzierungsphase, Gebühr für die Prospektprüfung sowie die Geschäftsbesorgungsgebühr) seien als Anschaffungsnebenkosten zu erfassen.

Ergebnisverteilung (Tz. 14 des Abschlussberichts):

Der Gewinnverteilungsbeschluss vom … 2004 sei für das Jahr 2003 unbeachtlich.

Einlagen (Agio) und Sonderbetriebsausgaben (Tz. 18, 21 des Abschlussberichts):

Das von den Kommanditisten erbrachte Agio sei als Eigenkapital der Gesellschaft zu erfassen.

Der Beklagte folgte den Feststellungen der Außenprüfung und erließ am … April 2007 geänderte Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2002 und über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2002 sowie erstmalige Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2003 und 2004, über den Gewerbesteuermessbetrag für 2003 sowie über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2003 und 2004. Mit den genannten Bescheiden stellte der Beklagte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 2.735,56 EUR (2002), 121.434,69 EUR (2003) und -149.203,01 EUR (2004) fest. Die laufenden Verluste aus Gewerbebetrieb in Höhe von -73.375,43 EUR (2002), -42.079,18 EUR (2003) und -496.729,37 EUR (2004) rechnete der Beklagte den Anlegern abweichend vom Gleichstellungsbeschluss vom …2004 auch im Veranlagungszeitraum 2003 entsprechend ihrem Anteil am gezeichneten Kapital zum Jahresende zu. Darüber hinaus hob der Beklagte am … April 2007 den Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2002 auf und setzte den Gewerbesteuermessbetrag für 2003 auf 3.645,– EUR fest (Gewerbeertrag 121.400,– EUR). Den vortragsfähigen Gewerbeverlust stellte der Beklagte auf den 31. Dezember 2003 in Höhe von 0,– EUR und auf den 31. Dezember 2004 in Höhe von 149.204,– EUR fest.

Gegen die Bescheide vom … April 2007 legte die Klägerin mit Schreiben vom … Mai 2007 Einsprüche ein, mit denen sie geltend machte:

Herstellereigenschaft / „Anspruch auf Beteiligung am Prozesserfolg” (Tz. 15 und 17 des Abschlussberichts):

Das BMF-Schreiben vom 20. Oktober 2003 (Bundessteuerblatt – BStBl – I 2003, 546, sog. „5. Bauherrenerlass”) sei nicht anzuwenden, weil die Geschäftstätigkeit der Klägerin weder mit Herstellungs- noch mit Anschaffungsvorgängen verbunden sei, sodass sich die Frage der Abgrenzung bestimmter Aufwendungen von Anschaffungs-/Herstellungskosten und Betriebsausgaben gar nicht stelle.

Aktivierungsfähig seien gemäß §§ 246 Abs. 1, 247 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs – HGB – Vermögensgegenstände und Rechnungsabgrenzungsposten. Ein Vermögensgegenstand stelle ein nach der Verkehrsanschauung individualisiertes Gut dar, das sich bei wirtschaftlicher Betrachtung einzeln verwerten lasse. Ein solches Schuldendeckungspotenzial entstehe im Rahmen des zunächst nur einseitig erfüllten Vertrages für die Klägerin nicht. Die Klägerin erhalte mit ihrer Leistung lediglich die Chance, bei einem positiven Ausgang eines Verfahrens einen Anteil am Streitwert als Gegenleistung für die Übernahme des Prozesskostenrisikos zu erhalten. Im Zeitpunkt des Abschlusses des Prozessfinanzierungsvertrages sei i. d. R. erst der Entwurf einer Klageschrift vorhanden. Die von der E-AG im Rahmen des Prüfungsprozesses eingeschalteten Gutachter hätten zwar übereinstimmend dem Anspruch einen positiven Prozessverlauf mit guten Gewinnchancen attestiert, eine absolute Sicherheit liege aber erst nach endgültigem Abschluss des Instanzenweges vor. In der Zwischenzeit könne es nach positiven Urteilen in Zwischeninstanzen zu einer Bestätigung der Gutachterauffassung und damit möglicherweise zu einer Verdichtung der bisherigen Chance kommen; im Zeitpunkt des Abschlusses des Finanzierungsvertrages und der entsprechenden Zahlung durch die Klägerin sei eine derartige Konkretisierung jedoch nicht erkennbar. Vor diesem Hintergrund sei von einer sofortigen Abziehbarkeit der Aufwendungen auszugehen. Bei den Zahlungen der Klägerin handele es sich auch nicht um geleistete Anzahlungen, da sich die Vorauszahlung der Kommanditgesellschaft auf eine nicht aktivierungsfähige Leistung der E-AG beziehe. Die Verfügung der Oberfinanzdirektion Münster vom 22. Juli 2005, die der von der Außenprüfung vertretenen Auffassung zugrunde liege, sei erst nach Ende der Zeichnungsfrist der Klägerin veröffentlicht worden.

Zwischen der Klägerin und der E-AG sei ein Dienstvertrag geschlossen worden, der die E-AG als Geschäftsbesorger verpflichte, im eigenen Namen und für fremde Rechnung erfolgversprechende Prozesse zu finanzieren. Nach dem Mittelverwendungskontrollvertrag hänge das an die E-AG zu zahlende Honorar vom Nachweis eines ausreichenden Streitwertvolumens ab. Damit eine seriöse Prozessfinanzierung in Gestalt einer „Anspruchsdurchsetzungsfinanzierung” durch den Geschäftsbesorger möglich sei, müsse dieser in der Lage sein, uneingeschränkt über die zur jeweiligen Prozessführung notwendigen finanziellen Mittel zu verfügen. Es sei dem Geschäftsbesorger nicht zumutbar, in eigenem Namen (und damit im Außenverhältnis auf eigenes Risiko) Prozessfinanzierungsverträge abzuschließen, ohne sicher zu sein, die Finanzierung des Prozesses auch bis zum Ende durchzuhalten. Ein allein schuldrechtlicher Anspruch gegen die Klägerin reiche zur Sicherstellung der begründeten Interessen des Geschäftsbesorgers nicht aus; der Geschäftsbesorger müsse vielmehr unmittelbar und uneingeschränkt über die Gelder verfügen können.

Aufgrund der Ausgestaltung des Vertrages zwischen der Klägerin und der E-AG als Dienstvertrag sei hier weder ein Anschaffungs- noch ein Herstellungsgeschäft erkennbar. Das Rechtsverhältnis habe zwar wechselseitige schuldrechtliche Ansprüche zum Gegenstand. Diese Ansprüche wiesen aber einen mehr abstrakten Charakter auf und seien noch nicht hinreichend zu einem auch wirtschaftlichen Vorteil konkretisiert, der bilanzierungsfähig und bewertbar sei. Da nicht erkennbar sei, welches Wirtschaftsgut erworben oder hergestellt worden sein soll, sei die Klägerin weder Herstellerin noch Erwerberin.

Wenn hilfsweise der Auffassung des Beklagten gefolgt würde, stelle sich die Frage nach der Bewertung. Die Bewertung eines Wirtschaftsgutes „Anspruch auf Beteiligung am Prozesserfolg” müsse sich an den allgemeinen Bewertungsregeln des Bilanzsteuerrechtes messen lassen. Auch hier gelte das Vorsichtsprinzip, so dass selbst bei Annahme eines immateriellen Wirtschaftsgutes eine Bewertung dieses Wirtschaftsgutes mit einem pro memoria Posten in Höhe von 1,    EUR angemessen wäre, so lange nicht erkennbar sei, dass die Prozesse mit einem für die Gesellschaft positiven Ausgang geendet hätten. Dies entspreche auch dem Teilwertgedanken nach § 6 EStG. Nach Auffassung der Klägerin würde ein Erwerber die Ansprüche aus der Beteiligung am Prozesserfolg einzeln je Prozess beurteilen. Erst wenn der Prozess definitiv und unanfechtbar gewonnen sei, wäre er bereit, die erworbene Chance zu vergüten.

Ergebnisverteilung (Tz. 14 des Abschlussberichts):

Die bisher vom BFH und den Finanzgerichten ergangenen Urteile und die damit entschiedenen Sachverhalte seien auf den vorliegenden Sachverhalt nicht unmittelbar zu übertragen. Das Urteil des Bundesfinanzhof – BFH – vom 7. Juli 1993 (Az. IV R 209/80) habe einen völlig anderen Sachverhalt als Ausgangspunkt. In diesem Fall sei es um einen Beschluss der bereits beteiligten Gesellschafter gegangen, wonach im Zusammenhang mit einer Erhöhung des Kommanditkapitals der gesellschaftsvertragliche Gewinn- und Verlustverteilungsschlüssel dahin geändert worden sei, dass Gewinne und Verluste in begrenztem Umfang nur auf die Kommanditisten verteilt worden seien, die weitere Einlagen erbringen wollten. Im vorliegenden Fall sei im Vorgriff eine Entscheidung über die Ergebnisverteilung 2003 praktisch gar nicht umsetzbar gewesen, da diejenigen, über deren Ergebnisanteil entschieden werden sollte, dem Fonds zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht beigetreten gewesen seien. Da diese Gesellschafter bei Fortschreibung des ursprünglichen Verteilungsschlüssels prinzipiell besser stehen würden als die in 2002 beigetretenen Zeichner, da diesen dann geringere Ergebnisanteile zugewiesen würden, könne es diesen Zeichnern nicht verwehrt werden, über diesen Nachteil auch selbst zu bestimmen. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass der Anpassung der Ergebnisverteilung auch vernünftige wirtschaftliche Gründe zu Grunde gelegen hätten.

Die Ergebnisse der Klägerin, insbesondere die Verluste in den ersten Jahren, seien aufgrund der besonderen Zuordnungsmechanik von Einzahlungs- und Prozessfinanzierungsvolumen verursacht worden. Die durch den Geschäftsbesorger E-AG für die Klägerin evaluierten und finanzierten Prozesse seien in der Reihenfolge des Eingangs der Zeichnungssummen verwendet worden; insoweit sei der Anteil der Zeichner aus 2002 bereits im Jahresverlust 2002 verbraucht, während sich der Verlust der Zeichner aus 2003 im Verlust des Jahres 2003 widerspiegele. Das Problem der Korrektur der Ergebnisverteilung fuße neben den genannten materiellen Gründen auch formalrechtlich auf dem Umstand, dass die Klägerin nicht wie geplant in 2002 habe geschlossen werden können, sondern die Zeichnungsfrist bis zum 31. Dezember 2003 verlängert worden sei. Vor diesem Hintergrund seien die bisherigen gesellschaftsrechtlichen Regelungen anzupassen gewesen. Mit der am 3. November 2004 beschlossenen Modifizierung sei letztlich nur der ursprüngliche Zustand wieder hergestellt worden.

Einlagen (Agio) und Sonderbetriebsausgaben (Tz. 18 und 21 des Abschlussberichts):

Die Agio-Beträge stellten auf der Ebene der Klägerin Ertrag dar, da damit unmittelbar die Vertriebsaufwendungen alimentiert würden. Das Agio verfolge ausschließlich diesen Zweck, als quasi „durchlaufender Posten” keine Ergebniswirksamkeit zu entfalten.

Der Beklagte wies die Einsprüche mit einer Einspruchsentscheidung vom … Dezember 2008 als unbegründet zurück. Er begründete dies wie folgt:

Herstellereigenschaft / „Anspruch auf Beteiligung am Prozesserfolg” (Tz. 15 und 17 des Abschlussberichts):

Die Klägerin sei ein geschlossener Fonds, der zur Finanzierung der Prozesskosten Dritter gegründet worden sei. Die Anleger der Klägerin hätten sich auf der Grundlage eines vorgefertigten Konzepts in der Gesellschaft zusammengeschlossen, um das vom Initiator geplante Projekt zu finanzieren und eine Rendite auf das von ihnen eingesetzte Kapital zu erzielen. Das eingesammelte Kapital diene der Bezahlung des Investitionsprojekts und der Emissionskosten. „Investitionsobjekt” der Klägerin sei das immaterielle Wirtschaftsgut „Anspruch auf Beteiligung am Prozesserfolg”. Dieses umfasse den vermögenswerten Vorteil, den die Klägerin durch mehrere Rechtsgeschäfte in der Investitionsphase erlangt habe. Der steuerliche Begriff des Wirtschaftsgutes sei grundsätzlich identisch mit dem des handelsrechtlichen Vermögensgegenstandes. Zu den Vermögensgegenständen und Wirtschaftsgütern gehören neben Gegenständen im Sinne des bürgerlichen Rechts alle vermögenswerten Vorteile des Betriebs einschließlich tatsächlicher Zustände und konkreter Möglichkeiten, sofern ihnen im Geschäftsverkehr ein selbständiger Wert beigelegt werde und sie allein oder mit dem Betrieb verkehrsfähig seien. Im Ergebnis ihrer Investitionen in die entsprechenden Konzepte und nach Abschluss des Geschäftsbesorgungsvertrags mit der auf dem Gebiet der Prozesskostenfinanzierung erfahrenen Initiatorin verfüge die Klägerin über die Gesamtkonzeption und das Know-how zur Realisierung des Gesellschaftszwecks. Die Geschäftsidee und die Fondskonzeption mit den im Fondsprospekt angekündigten Ertragsaussichten stellten einen immateriellen Vermögensgegenstand und damit gleichzeitig ein immaterielles Wirtschaftsgut mit einheitlichem Nutzungs- und Funktionszusammenhang dar.

Der immaterielle Vermögensgegenstand „Anspruch auf Beteiligung am Prozesserfolg” setze sich aus mehreren Komponenten zusammen (Grundkonzeption, Rechtskonzeption, steuerliche Konzeption und Know-how). Alle Komponenten zusammen bildeten wegen ihres einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhangs ein Wirtschaftsgut. Bei einem Erwerb eines von einem Dritten erstellten, selbständig handelbaren Anlagekonzepts durch eine Verlustzuweisungsgesellschaft habe es der BFH als möglich angesehen, dass die Voraussetzungen für die Annahme eines selbständigen Wirtschaftsguts „Konzeption” gegeben seien (BFH-Urteil vom 10. Dezember 1992 XI R 45/88, BStBl II 1993, 487).

Der „Anspruch auf Beteiligung am Prozesserfolg” sei als immaterieller Vermögensgegenstand und Wirtschaftsgut verkehrsfähig und selbständig bewertbar. Es habe die Möglichkeit bestanden, dass die Klägerin die mit dem Know-how der E-AG verbundene Konzeption weiterveräußere. Die Weiterveräußerung wäre bei überlanger Prozessdauer eine geeignete Option, um den Anlegern die prognostizierte Rendite zu sichern. Bei einer Veräußerung der Konzeption könne dieser auch ein selbständiger Wert beigelegt werden, der sich nach der verbleibenden Renditeerwartung bemesse.

Selbst wenn die Fondsgesellschaft handelsrechtlich als Herstellerin des Investitionsobjektes anzusehen wäre, sei sie aber einkommensteuerrechtlich nicht Herstellerin, sondern Erwerberin. Die steuerliche Beurteilung sei nach dem Gesamtbild unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und nach dem wirklichen Gehalt der von den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen und deren tatsächlicher Durchführung vorzunehmen. Für die steuerrechtliche Beurteilung eines geschlossenen Fonds mit gewerblichen Einkünften komme es nicht darauf an, wie die betreffenden Vorgänge in der Handelsbilanz der Gesellschaft behandelt worden seien. § 42 AO gehe als spezielle Regelung dem Grundsatz des § 5 Abs. 1 EStG vor. Die insoweit durch den BFH für Immobilienfonds entwickelte Rechtsauffassung sei unter vergleichbaren Voraussetzungen auch auf andere geschlossene Fonds übertragbar. Das wirtschaftliche Ziel der Klägerin und ihrer Gesellschafter sei es gewesen, in gesamthänderischer Verbundenheit die Konzeption und das spezielle Know-how der E-AG zu erwerben und zu nutzen und damit die prognostizierte Rendite zu erzielen. Der Anspruch auf Beteiligung am Erfolg könne nur in der Zusammenfassung der verschiedenen Teile des von der Initiatorin vorgegebenen Vertragswerks erreicht werden. Die einzelnen Teilverträge hätten keine selbständige Bedeutung und ließen sich nur aus der gewünschten Schaffung sofort steuerlich abziehbarer Aufwendungen erklären. Eine wesentliche Einflussnahmemöglichkeit der Kommanditisten der Klägerin habe es nicht gegeben.

Darüber hinaus entspreche die Durchführung des Geschäftsbesorgungsvertrags mit der Initiatorin auch nicht den unter fremden Dritten üblichen Verhältnissen, soweit die vereinbarte Vergütung von der Klägerin offenbar abhängig vom Eingang des Zeichnerkapitals, aber unabhängig vom Nachweis eines ausreichenden Prozessstreitwertvolumens vorab in voller Höhe an die E-AG gezahlt worden sei. Nicht zuzustimmen sei der Behauptung der Klägerin, dass es der Geschäftsbesorgerin nicht zumutbar gewesen sei, auf einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die Klägerin zurückzugreifen. Einem Fremdvergleich halte auch nicht stand, dass die vertragliche Vereinbarung zur Erstellung der Grundkonzeption zeitgleich mit dem Gesellschaftsvertrag der Klägerin geschlossen worden sei.

Die angemessene Gestaltung bestehe in der Vereinbarung eines Gesamtkaufpreises für das Wirtschaftsgut „Anspruch auf Beteiligung am Prozesserfolg”, so dass die im Zusammenhang mit der Abwicklung des Projekts in der Investitionsphase vereinbarten Provisionen und Gebühren wie Anschaffungskosten zu werten seien. Demgemäß seien im Ergebnis der Außenprüfung die Aufwendungen der Klägerin für die Konzeption, die Prospektprüfung, die Mittelverwendungskontrolle, die Treuhändergebühren in der Platzierungsphase, die Geschäftsbesorgungsgebühr sowie die Eigenkapitalvermittlungsprovisionen als Anschaffungskosten des Aktivpostens „Anspruch auf Beteiligung am Prozesserfolg” erfasst worden.

Auch hinsichtlich der Bewertung des immateriellen Wirtschaftsguts komme keine Änderung in Betracht. Entgegen der Annahme der Klägerin seien zur Bewertung nicht von vornherein direkt die Erfolgsaussichten der einzelnen Prozesse heranzuziehen. Das Wirtschaftsgut bestehe in der Fondskonzeption mit den angekündigten Ertragsaussichten, die sich auf ein bestimmtes Streitwertvolumen beziehen würden. Deshalb erfolge auch die Auflösung des entsprechenden Bilanzpostens prozentual im Umfang des anteiligen Streitwerts der entschiedenen Prozesse, also unabhängig vom Prozessausgang. Für die Bestimmung des Teilwerts gelte die Vermutung, dass der Teilwert eines Wirtschaftsguts im Zeitpunkt des Erwerbs den Anschaffungskosten entspreche. Diese Teilwertvermutung schließe auch die im Rahmen eines einheitlichen Vertragswerks entstandenen Anschaffungskosten ein. Diese Vermutung könne widerlegt werden, wenn der Steuerpflichtige darlege und nachweise, dass die Anschaffung eines Wirtschaftsguts von Anfang an eine Fehlmaßnahme gewesen sei. Diesen Nachweis habe die Klägerin nicht geführt.

Selbst wenn der Auffassung der Klägerin gefolgt würde, dass sie weder Herstellerin noch Erwerberin eines Wirtschaftsguts sei, wäre die aufgrund des Geschäftsbesorgungsvertrags an die E-AG gezahlte Vergütung in Höhe von 4.326.400 EUR schon deshalb nicht den sofort abziehbaren Betriebsausgaben zuzurechnen, weil dem finanziellen Aufwand der Klägerin der Anspruch auf Ausführung der sogenannten Geschäftsbesorgungsleistungen gegenüberstehe, der als Aktivposten in die Bilanz einzustellen sei (Vorleistung aus schwebendem Geschäft). Nach ständiger Rechtsprechung seien schwebende Geschäfte gegenseitige auf Leistungsaustausch gerichtete Verträge i. S. der §§ 320 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches, die hinsichtlich der vereinbarten Sach- oder Dienstleistungspflicht noch nicht voll erfüllt seien. Ansprüche und Verbindlichkeiten aus einem schwebenden Geschäft dürften während des Schwebezustandes grundsätzlich nicht in der Bilanz berücksichtigt werden, da die (widerlegbare) Vermutung bestehe, dass sich die wechselseitigen Rechte und Pflichten aus dem Vertrag wertmäßig ausgleichen. Ein Bilanzausweis sei nur geboten, wenn und soweit das Gleichgewicht solcher Vertragsbeziehungen durch Vorleistungen oder Erfüllungsrückstände eines Vertragspartners gestört sei oder aus diesem Geschäft ein Verlust drohe (vgl. BFH-Beschluss vom 23. Juni 1997 GrS 2/93, BStBl II 1997, 735). Würden Vorleistungen erbracht, sei beim Leistenden ein entsprechender Aktivposten „Vorauszahlung” oder „Anzahlung” zu bilden, der verhindere, dass das bislang nur einseitig erfüllte Geschäft bereits vor Beendigung des Schwebezustands erfolgswirksam werde. Der BFH gehe von einem weiten Verständnis der Anzahlungen aus, danach kämen als Anzahlungen Vorleistungen auf schwebende Verträge aller Art in Betracht, auch zeitraumbezogene Verträge, wie Dienst-, Pacht- oder Mietverträge (BFH-Urteil vom 25. Oktober 1994 VIII R 65/91, BStBl II 1995, 312, m. w. N.).

Dass die Verfügung der Oberfinanzdirektion Münster vom 22. Juli 2005 erst nach Ende der Zeichnungsfrist für die Klägerin veröffentlicht worden sei, sei für die Beurteilung des Streitfalls unerheblich, weil vorher keine abweichenden Verwaltungsanweisungen ergangen seien.

Ergebnisverteilung (Tz. 14 des Abschlussberichts):

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH könnten die rechtlichen Beziehungen zwischen den Gesellschaftern einer Personengesellschaft steuerlich grundsätzlich nur mit Wirkung für die Zukunft gestaltet bzw. geändert werden. Dieser Grundsatz gelte auch für die Vereinbarungen über die Gewinnverteilung. Davon könne im Streitfall nicht abgewichen werden. Eine nach Ablauf eines Wirtschaftsjahres beschlossene Änderung der Gewinn- und Verlustverteilungsabrede einer Personengesellschaft, die auf das abgelaufene Wirtschaftsjahr zurückbezogen werde, sei für die einkommensteuerliche Gewinn- und Verlustrechnung unbeachtlich. Es sei unerheblich, ob die Gesellschaft in dem Wirtschaftsjahr, auf das die Änderung zurückbezogen werde, noch in der Investitionsphase gewesen sei. Zwar sei ein Gleichstellungsbeschluss grundsätzlich steuerlich anzuerkennen, nach dem bei einer KG für die ersten beiden Geschäftsjahre die Gewinn- und Verlustverteilung in der Weise erfolgen soll, dass sämtliche in diesen beiden Geschäftsjahren eintretenden Kommanditisten gleichzustellen sind, indem die erst im zweiten Geschäftsjahr beigetretenen Kommanditisten einen höheren Anteil am Verlust der KG erhalten. Voraussetzung sei aber, dass dieser bereits bei Gründung der Gesellschaft gefasst worden sei.

Auch im Streitfall habe die Möglichkeit bestanden, die Ergebnisverteilung bei Gründung der Gesellschaft so zu regeln, dass den Beteiligten in der Investitionsphase gleiche Anteile zugerechnet werden könnten. Dass nach der Gründung der Klägerin wirtschaftliche Gründe eine Modifizierung der gesellschaftsvertraglichen Regelung erforderlich machten, sei ebenso wie die Tatsache, dass das Einverständnis der Gesellschafter für die Regelung vorgelegen habe, für die steuerliche Anerkennung unerheblich.

Einlagen (Agio) und Sonderbetriebsausgaben (Tz. 18 und 21 des Abschlussberichts):

Die von den Beteiligten erbrachten Agios seien gemäß § 5 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrags der Klägerin als Rücklagen zugeflossen und daher als Eigenkapital erfasst worden. Eine rückwirkende Anwendung des Gesellschafterbeschlusses vom 3. November 2004 komme auch hier nicht in Betracht. Die Agiobeträge seien nach der Rechtsprechung des BFH (Beschluss vom 13. März 1980 IV B 58/78, BStBl II 1980, 499) auch nicht als sofort abziehbare Sonderbetriebsausgaben der Beteiligten anzuerkennen.

Gegen die Einspruchsentscheidung richtet sich die am …Januar 2009 bei Gericht eingegangene Klage. Die Klägerin wiederholt im Wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren. Im Übrigen verweist sie auf eine von ihr vorgelegte gutachterliche Stellungnahme zu den steuerlichen Aspekten einer Beteiligung an einer identisch strukturierten Schwestergesellschaft (Bl. 81 ff. der Gerichtsakten), auf die der Senat wegen der Einzelheiten verweist.

Die Klägerin beantragt,

Die Bescheide vom … April 2007 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2002 bis 2004, über den Gewerbesteuermessbetrag und die Gewerbesteuer 2003 und über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2002 bis 2004, alle in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom … Dezember 2008, dahingehend zu ändern, dass die Bescheide wie folgt erklärungsgemäß ergehen:

  • •  Einkünfte aus Gewerbebetrieb / Gewerbeertrag von ./. 1.072.600,– für 2002, von ./. 3.773.391,– für 2003 und von 41.389,– EUR für 2004,
  • •  abweichende Verteilung des Verlustes für 2003 nach Maßgabe des Gesellschafterbeschlusses vom 3. November 2004 und
  • •  Erfassung des Agios als Ertrag auf Gesellschaftsebene und als Sonderbetriebsausgabe im Sonderbereich der Anleger.

 

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.

 Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Die von der Klägerin angegriffenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen sie nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –).

I.  Der Beklagte hat zu Recht die von der Klägerin in der Investitionsphase an die E-AG geleisteten Zahlungen in Höhe von 950.900,– EUR (2002), von 3.141.700,    EUR (2003) und von 233.800,– EUR (2004) nicht als sofort abziehbare Betriebsausgaben erfasst, sondern sie – zunächst gewinnneutral – aktiviert.

1.  Der Senat folgt der Auffassung des Beklagten, wonach die Zahlungen an die E-AG Anschaffungskosten eines immateriellen geschäftswertähnlichen Wirtschaftsguts darstellen.

a)  Der handelsrechtliche Begriff des Vermögensgegenstandes und der steuerrechtliche Begriff des Wirtschaftsgutes stimmen inhaltlich überein: Sie sind auf der Grundlage einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise auszulegen und daher weit gespannt. Beide umfassen nicht nur Sachen und Rechte im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs, sondern auch tatsächliche Zustände und konkrete Möglichkeiten, damit sämtliche Vorteile für den Betrieb, deren Erlangung sich der Kaufmann etwas kosten lässt, die einer besonderen Bewertung zugänglich sind, in der Regel einen Nutzen für mehrere Wirtschaftsjahre erbringen und jedenfalls mit dem Betrieb übertragen werden können. Darunter fallen, wie die Regelungen der § 248 Abs. 2 HGB und § 5 Abs. 2 EStG erkennen lassen, grundsätzlich auch – nicht körperliche – immaterielle Wirtschaftsgüter (ständige Rechtsprechung, vgl. dazu Beschluss des Großen Senats des BFH vom 7. August 2000 GrS 2/99, BFHE 192, 339, BStBl II 2000, 632; BFH-Urteile vom 20. März 2003 IV R 27/01, BFHE 202, 256, BStBl II 2003, 878; vom 14. März 2006 I R 109/04, BFH/NV 2006, 1812; vom 19. Oktober 2006 III R 6/05, BStBl II 2007, 301, jeweils m. w. N.).

b)  Diese Merkmale sind im Streitfall erfüllt.

aa)  Die Chance auf eine Beteiligung am Prozesserlös stellt einen Vorteil dar, dessen Erlangung sich die Klägerin etwas – nämlich 4.326.400,– EUR – kosten ließ. Ein mehrjähriger Nutzen für den Betrieb der Klägerin – der in der neueren Rechtsprechung gar nicht mehr gefordert wird (vgl. BFH-Urteil vom 5. Juni 2008 IV R 67/05, BStBl II 2008, 960) – liegt ebenfalls vor, da sich aus den von ihr finanzierten Prozessen Umsatzerlöse ergeben, die über einen Zeitraum von mehreren Jahren zufließen sollten. Der Anspruch auf Beteiligung ist auch zusammen mit dem Betrieb übertragbar. Die vom handelsrechtlichen Schrifttum für das Vorliegen eines Vermögensgegenstandes überwiegend für erforderlich gehaltene selbständige Verkehrsfähigkeit im Sinne der Einzelveräußerbarkeit ist nach Auffassung der Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, nicht erforderlich (vgl. Tiedchen in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 5 EStG Anm. 345, m. w. N.). Im Streitfall wäre nach Auffassung des Senats aber sogar von einer selbständigen Verkehrsfähigkeit des Anspruchs auf Beteiligung am Prozesserlös auszugehen, da der Anspruch gegen die E-AG nach §§ 398 ff. BGB auf Andere übertragen werden kann. Insbesondere ist die Abtretung nicht gem. § 399 2. Alt. BGB durch Vereinbarung mit der E-AG ausgeschlossen worden.

bb)  Darüber hinaus ist auch das für den Wirtschaftsgutbegriff zentrale Kriterium der selbständigen Bewertbarkeit (dazu Anzinger in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 5 EStG Anm. 1681) erfüllt.

Die selbständige Bewertbarkeit bestimmt sich bei materiellen Wirtschaftsgütern nach dem Nutzungs- und Funktionszusammenhang, dem Grad der Festigkeit und dem Zeitraum einer eventuell vorgenommenen Verbindung sowie nach dem äußeren Erscheinungsbild (Schmidt/Weber-Grellet, 30. Aufl. 2011, § 5 EStG Rn. 96). Für immaterielle Wirtschaftsgüter ist die selbständige Bewertbarkeit gegeben, wenn sie nach der Verkehrsanschauung als Einzelheit Bedeutung haben. Zur Abgrenzung vom Geschäfts- oder Firmenwert, der die durch den Betrieb des eingeführten und fortlebenden Unternehmens im Ganzen gewährleisteten Gewinnchancen abbildet, soweit sie nicht in einzelnen Wirtschaftsgütern verkörpert sind, ist erforderlich, dass ein gedachter Erwerber des ganzen Unternehmens für das Gut ein besonderes Entgelt ansetzen würde oder dass eine Einzelbewertung zumindest möglich wäre (vgl. Tiedchen in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 5 EStG Anm. 350 f.; FG Münster, Urteil vom 1. Februar 2008 9 K 2367/03, EFG 2008, 1449). Ob eine selbständige Bewertbarkeit vorliegt, ist anhand der Umstände des Einzelfalles festzustellen (BFH-Beschluss vom 3. September 2002 I B 144/01, BFH/NV 2003, 154).

Der von der Klägerin erworbene Anspruch auf Beteiligung am Prozesserlös ist nach Auffassung des Senats selbständig bewertbar und stellt deshalb ein geschäftswertähnliches immaterielles Wirtschaftgut dar, das zu aktivieren ist. Diese Beurteilung beruht darauf, dass die Klägerin für die von ihr erbrachte Zahlung eine klar abgegrenzte und definierte Geschäftschance erworben hat, die sich von einer Forderung nur durch die Ungewissheit ihrer Realisierbarkeit unterscheidet. Die Klägerin hat im wirtschaftlichen Ergebnis nämlich eine Option auf Beteiligung an einem etwaigen Prozesserlös der Kläger erworben. Für den Fall von Call- oder Put-Optionen, also dem Recht, einen bestimmten Gegenstand zu einem oder bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu einem festgelegten Preis zu kaufen oder zu verkaufen, ist anerkannt, dass dieses Recht im Zeitpunkt der Einräumung der Option als immaterielles Wirtschaftsgut zu aktivieren ist (vgl. Anzinger in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 5 EStG Anm. 1686). Im Streitfall kann nichts anderes gelten.

Zudem ist die im Streitfall erworbene Geschäftschance auf Beteiligung am Prozesserlös mit dem entgeltlichen Erwerb der Ansprüche aus bestehenden schwebenden Verträgen vergleichbar (auch bezeichnet als Gewinnaussichten aus schwebenden Geschäften, Belieferungsrechte, Kundenaufträge, Auftragsbestand). Mit dem Erwerb bestehender schwebender Verträge treten gegenüber dem Geschäftswert selbständige immaterielle, geschäftswertähnliche Wirtschaftsgüter in Erscheinung, wenn sich aus den Verträgen bereits konkrete Verpflichtungen ergeben. Ein bei Erwerb eines Unternehmens übernommener Auftragsbestand ist ein selbständig bewertungsfähiges abschreibbares Wirtschaftgut und nicht Bestandteil des Geschäftswerts, wenn die Vertragsparteien dem Auftragsbestand eine besondere wirtschaftliche Bedeutung beigemessen haben. Dies resultiert daraus, dass der Auftragsbestand den zu erwartenden Gewinn umschreibt, der sich aus rechtsverbindlich abgeschlossenen (schwebenden) Verträgen ergibt (vgl. dazu BFH-Urteile vom 1. Februar 1989 VIII R 361/83, BFH/NV 1989, 778; vom 15. Dezember 1993 X R 102/92, BFH/NV 1994, 543; vom 28. Mai 1998 IV R 48/97, BStBl II 1998, 775; FG Düsseldorf, Urteil vom 20. März 2003 15 K 7704/00 F, EFG 2003, 1290; FG Münster, Urteil vom 1. Februar 2008 9 K 2367/03, EFG 2008, 1449). Nicht anders verhält es sich im Streitfall, soweit die Klägerin durch die Pauschalvergütung die Chancen der E-AG auf Auskehrung von Erlösen aus den von der E-AG finanzierten Prozessen erworben hat.

c)  Die Aktivierung der selbständigen Geschäftschance „Beteiligung am Prozesserlös” verstößt auch nicht gegen den Grundsatz des Nichtausweises von sog. schwebenden Geschäften.

Grundsätzlich dürfen schwebende Geschäfte, soweit sie ausgeglichen sind, nicht bilanziert werden; Forderungen und Verbindlichkeiten aus solchen Geschäften werden also nicht angesetzt (Stobbe in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 5 EStG Anm. 290). Schwebende Geschäfte sind gegenseitige, auf Leistungsaustausch gerichtete Verträge, insbesondere auch Dauerschuldverhältnisse, bei denen der zur Sach-, Dienst- oder Werkleistung Verpflichtete seine Leistung noch nicht erbracht hat (Tiedchen in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 5 EStG Anm. 330). Leistungen des zur Geldzahlung Verpflichteten haben keine Auswirkung auf den Schwebezustand (Schmidt/Weber-Grellet, 30. Aufl. 2011, § 5 EStG Rn. 76).

Im Streitfall liegt kein schwebendes Geschäft vor, denn die E-AG hat die von ihr geschuldete, nicht in Geld bestehende Leistungspflicht erbracht, indem sie der Klägerin den Anspruch auf Gewinnbeteiligung eingeräumt hat. Allerdings hat die E-AG gegenüber der Klägerin in dem Geschäftsbesorgungsvertrag umfassende Leistungspflichten übernommen und sich verpflichtet, gegen die Zahlung der Pauschalvergütung eigenverantwortlich das operative Geschäft der Klägerin zu führen. Dies führt zivilrechtlich auch zu einem Gegenseitigkeitsverhältnis zwischen der Vergütungszahlung einerseits und der Geschäftsbesorgung andererseits. Die steuerliche Qualifizierung des Vertragsverhältnisses weicht aber von der zivilrechtlichen Betrachtung ab, weil die Klägerin mit der Geschäftschance auf Beteiligung am Prozesserlös ein geschäftswertähnliches immaterielles Wirtschaftsgut angeschafft hat. Steuerlich teilt sich die zivilrechtlich einheitliche Leistungsbeziehung zwischen der Klägerin und der E-AG deshalb in zwei voneinander zu trennende Abschnitte auf, nämlich zum einen den entgeltlichen Erwerb des immateriellen Wirtschaftsguts und zum anderen die Geschäftsbesorgung, die den Inhalt des immateriellen Wirtschaftsguts durch die von der Klägerin vereinnahmten Umsatzerlöse konkretisiert und materialisiert. Dass dies so ist, wird letztlich auch durch den Umstand belegt, dass die Klägerin eine Pauschalzahlung geleistet hat, die sich nicht am Aufwand der E-AG bemessen hat, sondern – dies ist zwischen den Beteiligten streitig – entweder an der Höhe des von ihr eingeworbenen Kommanditkapitals oder am Streitwert der von der E-AG akquirierten und positiv geprüften Aktivprozesse. Daraus folgt, dass die Pauschalvergütung Gegenleistung für das eingeräumte Wirtschaftsgut und nicht für die von der E-AG zu erbringenden sonstigen Tätigkeiten ist.

2.  Sofern kein immaterielles Wirtschaftsgut vorliegen sollte, würde sich im Streitfall am Ergebnis nichts ändern. Denn dann wäre die von der Klägerin geleistete Pauschalvergütung in Höhe von 4.326.400,– EUR als Anzahlung zu aktivieren (vgl. § 266 Abs. 1 A. I. 4. HGB).

Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin stünde dem nicht entgegen, dass der Inhalt des Gegenanspruchs kein aktivierungsfähiges Wirtschaftsgut, sondern eine Dienstleistung wäre (vgl. BFH-Urteil vom 25. Oktober 1994 VIII R 25/91, BStBl II 1995, 312; Schmidt/Weber-Grellet, a. a. O., § 5 Rn. 270 „Anzahlungen”). Nicht entscheidend ist auch, ob die Anzahlungen als eigenständiges Wirtschaftsgut oder als aktiver Rechnungsabgrenzungsposten gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu erfassen wären, weil dies weder am Umstand der erfolgsneutralen Erfassung noch an der Auflösung (dazu sogleich) etwas ändern würde.

3.  Die – von der Klägerin auch nicht angegriffene – Abschreibung des immateriellen Wirtschaftsguts durch den Beklagten ist nicht zu beanstanden; denn der Beklagte hat den gebildeten Bilanzposten prozentual im Umfang des anteiligen Streitwerts der entschiedenen Prozesse, also unabhängig vom Prozessausgang, aufgelöst. In der Sache entspricht dies einer Absetzung für Substanzverringerung nach § 7 Abs. 6 EStG und wird den wirtschaftlichen Gegebenheiten besser gerecht als die lineare AfA gem. § 7 Abs. 1 EStG. Zudem dürfte die lineare AfA gem. § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG über einen Zeitraum von 15 Jahren vorzunehmen sein, sodass die vom Beklagten gewählte Methode für die Klägerin sogar günstiger ist.

II.  Auch die von der Klägerin gezahlten Eigenkapitalvermittlungsprovisionen in Höhe von 139.357,– EUR (2002), von 587.834,– EUR (2003) und von 23.952,– EUR (2004) sowie die Rechtsund Beratungskosten in Höhe von 43.087,– EUR (2002), 171.972,– EUR (2003) und von 15.143,– EUR (2004) führten in den Streitjahren nicht zu unmittelbar gewinnminderndem Aufwand, sondern waren zu aktivieren.

1.  Sofern vom Erwerb eines immateriellen Wirtschaftsguts durch die Klägerin auszugehen ist, folgt dies unmittelbar aus der Rechtsprechung des BFH zu den Anschaffungsnebenkosten im Rahmen von Bauherrenmodellen.

a)  Nach der Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt, werden alle Aufwendungen, die von Anlegern eines Bauherrenmodells geleistet worden sind, als Anschaffungskosten und nicht als sofort abziehbare Werbungskosten behandelt, wenn sich die Anleger aufgrund eines vom Projektanbieter vorformulierten Vertragswerks beteiligen (BFH-Urteil vom 14. November 1989 IX R 197/84, BFHE 158, 546, BStBl II 1990, 299). Diese Grundsätze gelten auch für Immobilienfonds in der Rechtsform einer gewerblich geprägten KG. Zwar sind dann für die handelsrechtliche Bilanzierung die Aufwendungen des Fonds aus der Perspektive der Gesellschaft zu betrachten. Ob Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder aber sofort den Gewinn mindernde Betriebsausgaben vorliegen, kann danach nicht davon abhängen, inwieweit sich die Aufwendungen für den Gesellschafter oder künftigen Gesellschafter als Bestandteil eines von ihm zu tragenden Gesamtaufwands darstellen. Aus dem Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz (§ 5 Abs. 1 EStG) ergibt sich andererseits aber auch nicht, dass steuerlich der handelsrechtlichen Behandlung von Aufwendungen als laufende Betriebsausgabe aus der Perspektive der Gesellschafter gefolgt werden muss. Die einheitliche Betrachtung des Vertragswerks für Zwecke der Besteuerung beruht nämlich auf § 42 AO, wonach der Besteuerung anstelle einer wirtschaftlich unangemessenen Gestaltung der Rechtsverhältnisse diejenige Rechtsgestaltung unterworfen wird, die den wirtschaftlichen Vorgängen angemessen gewesen wäre.

Die angemessene Gestaltung bestünde bei Immobilienfonds in der Vereinbarung eines Gesamtkaufpreises für die Immobilie, so dass die im Zusammenhang mit der Abwicklung des Projekts vereinbarten Provisionen oder Gebühren wie Anschaffungskosten zu werten sind; denn das wirtschaftliche Ziel der Fonds-Gesellschaft und ihrer Gesellschafter kann und soll nur in der Zusammenfassung der verschiedenen Teile des Vertragswerks erreicht werden. Die einzelnen Teilverträge haben keine selbständige Bedeutung und lassen sich nur aus der gewünschten Schaffung sofort steuerlich abziehbarer Ausgaben erklären. Für die steuerrechtliche Beurteilung eines geschlossenen Immobilienfonds mit gewerblichen Einkünften kommt es deshalb nicht darauf an, wie die betreffenden Vorgänge in der Handelsbilanz der KG behandelt worden sind. § 42 AO geht als spezielle Regelung dem Grundsatz des § 5 Abs. 1 EStG vor, denn die Handelsbilanz bildet in Ermangelung einer handelsrechtlichen Regelung nach Art des § 42 AO nur die tatsächliche Zivilrechtslage ab (BFH-Urteile vom 28. Juni 2001 IV R 40/97, BFHE 196, 77, BStBl II 2001, 717, und vom 14. April 2011 IV R 8/10, BFHE 223, 226, BStBl II 2011, 709).

b)  Die für den geschlossenen Immobilienfonds entwickelten Grundsätze sind gleichermaßen auf den vorliegenden Fall eines Prozesskostenfinanzierungsfonds zu übertragen.

Vergleichbar einem Immobilienfonds ist das vorliegende Fondskonzept darauf ausgerichtet, in gesamthänderischer Verbundenheit ein immaterielles Wirtschaftsgut zu erwerben, dabei eingeräumte steuerliche Vergünstigungen (hier insbesondere die im Rahmen des § 15a EStG ausgleichsfähigen Anlaufverluste) in Anspruch zu nehmen, um anschließend mit dem Wirtschaftsgut Umsatzerlöse zu erzielen (s. o. unter I.). Dieses Ziel konnte und sollte nach dem wirtschaftlichen Fondskonzept durch die Bündelung verschiedener, bereits vor der Aufnahme zukünftiger Gesellschafter abgeschlossener Verträge erreicht werden. Der einzelne dem Fonds beitretende Gesellschafter hatte mithin im Zeitpunkt des Eintritts in die Gesellschaft keinerlei (unternehmerischen) Einfluss mehr auf das wirtschaftliche Konzept, das die Fondsinitiatoren im Einzelnen ausgearbeitet hatten. Aus der Sicht der beitretenden Gesellschafter standen sämtliche Aufwendungen für die einzelvertraglich vereinbarten Dienstleistungen, hier für die wirtschaftliche und steuerliche Konzeption, für die Platzierung, für die Geschäftsbesorgung (Investitionsphase), für den Prospekt, für die Vermittlung der Endfinanzierung (Fremdkapital) und für die Mittelverwendungskontrolle aufgrund der modellimmanenten Verknüpfung aller diesbezüglichen Verträge in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Erlangung des wirtschaftlichen Eigentums an dem immateriellen Wirtschaftsgut. Den von den Initiatoren und Gründungsgesellschaftern der Klägerin abgeschlossenen einzelnen Verträgen kam daher jedenfalls aus der maßgeblichen Sicht der beitretenden Anleger keine selbständige Bedeutung zu. Die einzelvertraglichen Abreden lassen sich auch bei dem hier zu beurteilenden Prozesskostenfinanzierungsfonds nur aus der gewünschten Schaffung sofort steuerlich abziehbarer Ausgaben erklären. Ein Abzug von Aufwendungen als sofort abzugsfähige Betriebsausgaben kommt insoweit nur in Betracht, als ein Erwerber der Geschäftschance auf Beteiligung am Prozesserlös außerhalb der modellhaften Vertragsgestaltung diese ebenfalls sofort als Betriebsausgaben abziehen könnte. Dies ist bei den vorliegend in Streit stehenden Aufwendungen indes nicht der Fall.

c)  Es ist entgegen der Auffassung der Klägerin auch keine Teilwertabschreibung auf den Erinnerungswert von 1,– EUR vorzunehmen.

Der Teilwert eines neu hergestellten oder angeschafften Wirtschaftsguts entspricht nach der in der Rechtsprechung anerkannten Teilwertvermutung in der Regel den Anschaffungs- und Herstellungskosten, bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern vermindert um die AfA. Diese Teilwertvermutung schließt auch die im Rahmen eines einheitlichen Vertragswerks entstandenen Anschaffungskosten ein, denn es ist davon auszugehen, dass jeder Anleger diese Aufwendungen tragen müsste, um sich an dem Anlageobjekt beteiligen zu können. Insoweit handelt es sich nicht um Aufwendungen, die bei der Bemessung des Teilwerts des Anlageobjekts wie etwa bestimmte vergebliche Aufwendungen unberücksichtigt bleiben müssten. Vielmehr ist anzunehmen, dass auch ein gedachter Erwerber der Beteiligung dem Veräußerer die gesamten als Anschaffungs- und Herstellungskosten behandelten Aufwendungen im Rahmen des Vertragswerks vergüten würde, weil er als Ersterwerber diese Kosten ebenfalls zu tragen hätte (BFH-Urteil vom 14. April 2011 IV R 8/10, BFHE 223, 226, BStBl II 2011, 709).

2.  Die Eigenkapitalvermittlungsprovisionen sowie die Rechts- und Beratungskosten stellen aber auch dann keine sofort abziehbare Betriebsausgaben dar, wenn nicht vom Erwerb eines immateriellen Wirtschaftsguts auszugehen sein sollte, sondern die Zahlungen an die E-AG als Anzahlungen zu aktivieren wären (dazu oben I.2 der Gründe).

In diesem Fall gelten nämlich die Erwägungen, die der Rechtsprechung des BFH zu gewerblichen Immobilienfonds zugrunde liegen, entsprechend: Das angestrebte wirtschaftliche Ziel konnte und sollte nach dem wirtschaftlichen Fondskonzept durch die Bündelung verschiedener, bereits vor der Aufnahme zukünftiger Gesellschafter abgeschlossener Verträge erreicht werden, und der einzelne Anleger hatte keinen Einfluss auf das wirtschaftliche Konzept. Aus der Sicht der Anleger standen deshalb sämtliche Aufwendungen für die weiteren Dienstleistungen aufgrund der modellimmanenten Verknüpfung aller Verträge in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Erlangung der Beteiligung an den Prozesserlösen. Im Ergebnis stellen diese Zahlungen daher „Anzahlungsnebenkosten” dar und sind ebenfalls zu aktivieren.

3.  Sofern kein Erwerb eines immateriellen Wirtschaftsguts vorliegt, sondern die Zahlungen an die E-AG als Anzahlungen auf noch zu erbringende Dienstleistungen zu aktivieren wären, müsste im Übrigen im Hinblick auf die Gewerbesteuer berücksichtigt werden, dass die Zahlungen an die E-AG als Mitunternehmerin der Klägerin geleistet worden sind. Diese Zahlungen stellen daher bei der E-AG Sonderbetriebseinnahmen gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1, 2. HS EStG dar und erhöhen den Gewinn aus Gewerbebetrieb. Dies spielt allerdings nur eine Rolle, wenn die Anzahlungen bei Klägerin nicht aktiviert werden müssten, während sie im Streitfall zu aktivieren sind.

III.  Der Beklagte hat ebenfalls zu Recht den Beschluss vom … 2004 nicht bei der Gewinnverteilung des Jahres 2003 berücksichtigt und das Agio als Eigenkapital erfasst. Wegen der Gründe verweist der Senat auf die Ausführungen des Beklagten in der Einspruchsentscheidung, denen sich der Senat anschließt (§ 105 Abs. 5 FGO).

IV.  Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da er von der Rechtsprechung des BFH nicht abweicht.

Abgrenzung zwischen laufender Unterrichtung und Schlussbesprechung (FG)

Gültigkeit der Hemmung der Verjährung wegen Betriebsprüfung bis ein Jahr nach dem Jahr der SchlussbesprechungAnforderungen an eine SchlussbesprechungAbgrenzung zwischen laufender Unterrichtung und Schlussbesprechung

 Leitsatz

1. Ob eine die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 Satz 3 AO befristende Schlussbesprechung stattgefunden hat, ist nach materiellen und nicht nach formellen Gesichtspunkten zu bestimmen (entgegen § 11 Abs. 1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Betriebsprüfung v. 15.3.2000, BStBl 2000 I S. 368 ).

2. Die Schlussbesprechung bildet nicht die generelle Beendigung der Außenprüfung, sondern regelmäßig die Beendigung der Prüfungshandlungen, zeigt also an, dass die Finanzbehörde keine weitere Prüfungshandlung mehr für erforderlich hält.

3. Eine Besprechung ist als Schlussbesprechung gem. § 171 Abs. 4 Satz 3 i.V.m. § 201 AO anzusehen, wenn mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer der geprüften GmbH, dem Mitarbeiter deren Steuerberaters sowie dem Betriebsprüfer die maßgeblichen Personen teilnehmen und Gegenstand des Gesprächs sämtliche vorläufige Prüfungsfeststellungen des Betriebsprüfers sind. Unerheblich ist die Bezeichnung der Besprechung sowie die Einräumung einer Frist zur Einreichung weiterer Unterlagen.

4. Ist das FA der Ansicht, dass eine die Merkmale einer Schlussbesprechung aufweisende Besprechung keine solche, sondern lediglich eine Zwischenbesprechung i. S. d. § 199 Abs. 2 AO ist, muss es eine (weitere) Schlussbesprechung anberaumen bzw. erkennen lassen, eine solche durchführen zu wollen. Das FA kann nicht durch die gewählte Bezeichnung bzw. Klassifizierung eines Besprechungstermins das Besteuerungsverfahren offen halten.

 Gesetze

AO § 171 Abs. 4 S. 3
AO § 201 Abs. 1 S. 1
AO § 199 Abs. 2
Verfahrensstand:  Diese Entscheidung ist rechtskräftig

 Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte Änderungsbescheide aufgrund einer Außenprüfung erlassen durfte oder ob bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Ihr Unternehmensgegenstand ist die Beratung von Unternehmen und Einzelpersonen im Bereich der Umwelt-, Energie- und Verfahrenstechnik, die Planung von Anlagen und Einrichtungen sowie das Errichten dieser Anlagen als Generalübernehmer oder Bauherrenvertreter. Im Streitzeitraum waren Herr C Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin und Herr D Gesellschafter. Beide hielten jeweils 50 % der Anteile.

Der Beklagte führte ab dem … November 2004 bei der Klägerin eine Außenprüfung durch, die die Jahre 2000 bis 2002 betraf. Der vom Beklagten eingesetzte Prüfer teilte der Klägerin die vorläufigen Prüfungsfeststellungen in einer Besprechung im November 2004 mit. An der Besprechung nahmen auf der Seite der Klägerin ihr GesellschafterGeschäftsführer C und ein Mitarbeiter des steuerlichen Beraters der Klägerin teil. Der Prüfer gab der Klägerin Gelegenheit, nach Abschluss des Gesprächs noch weitere Unterlagen einzureichen; dies geschah jedoch nicht.

Daher erstellte der Prüfer am … Dezember 2004 den Prüfungsbericht. In dem Bericht führte der Prüfer aus, dass der Bilanzposten „Vorräte” zum 31. Dezember 2000 aufgrund der Aktivierung von Fremdleistungsaufwendungen erhöht werde (Textziffer [Tz.] 12). Zudem seien die Umsätze für die Verwendung unternehmenseigener Fahrzeuge für private Zwecke in den Jahren 2000, 2001 und 2002 zu erhöhen (Tz. 17, 18). In der Tz. 4 zu den „Allgemeinen Angaben” gab der Prüfer an, dass die letzten Ermittlungen „in 2004” stattgefunden hätten. In den Schlussbemerkungen führte der Prüfer aus, dass die Prüfungsfeststellungen während der Prüfung mit dem steuerlichen Berater der Klägerin besprochen worden seien und nach der „abschließenden Besprechung” keine weiteren Ermittlungen mehr stattgefunden hätten.

Den Prüfungsbericht übersandte der Prüfer der Klägerin mit Schreiben vom … Januar 2005 mit der Bitte um Stellungnahme. Diese erhob in der Folgezeit Einwendungen gegen die Prüfungsfeststellungen und kündigte die Einreichung von Unterlagen an. Die Übersendung von Unterlagen erfolgte jedoch nicht, trotz einer schriftlichen Aufforderung durch den Prüfer Ende 2005. Daher wertete der Beklagte den Außenprüfungsbericht unverändert aus und erließ mit Datum vom … Juli 2009 geänderte Bescheide zur Körperschaftsteuer und über den Gewerbesteuermessbetrag 2000, über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß den §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1 Satz 3, 37 Abs. 2 und 38 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG ) zum 31. Dezember 2000 sowie geänderte Umsatzsteuerbescheide für 2000, 2001 und 2002.

Hiergegen führte die Klägerin ein erfolgloses Einspruchsverfahren (Einspruchsentscheidung vom … Januar 2010), so dass sie am … Februar 2010 Klage erhoben hat. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin die zunächst auch gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß den §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1 Satz 3, 37 Abs. 2 und 38 Abs. 1 KStG zum 31. Dezember 2000 gerichtete Klage insoweit zurückgenommen. Das Verfahren ist im Umfang der Klagerücknahme abgetrennt und unter dem Aktenzeichen 12 K 12150/12 eingestellt worden.

Die Klägerin ist der Ansicht, die aufgrund der Außenprüfung erlassenen Änderungsbescheide seien schon deshalb rechtswidrig, weil im Zeitpunkt ihres Erlasses die Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 Nr. 2 Abgabenordnung (AO) abgelaufen gewesen sei. Daran ändere auch die in § 171 Abs. 4 AO geregelte Ablaufhemmung in den Fällen, in denen eine Außenprüfung durchgeführt werde, nichts. Denn insoweit sei § 171 Abs. 4 Satz 3 AO maßgeblich, wonach die Festsetzungsfrist spätestens dann ende, wenn seit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Schlussbesprechung stattgefunden habe, die in § 169 Abs. 2 AO genannten Fristen verstrichen seien. Die abschließende Besprechung habe im Jahr 2004 stattgefunden und sei als Schlussbesprechung i. S. des § 201 Abs. 1 Satz 1 AO anzusehen; die Festsetzungsfrist sei daher am 31. Dezember 2008 abgelaufen.

Auch wenn die 2004 durchgeführte Besprechung nicht als Schlussbesprechung i. S. des § 201 Abs. 1 Satz 1 AO angesehen werden könnte, ändere sich daran im Ergebnis nichts, da der Beklagte auch die letzten Ermittlungshandlungen im Jahr 2004 vorgenommen habe. Eine etwaige, vom Beklagten angeführte Einsichtnahme in Unterlagen über eine bei ihr für die Jahre 1998 bis 2001 durchgeführte Lohnsteueraußenprüfung seien keine Ermittlungshandlungen i. S. des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO .

In der Sache wende sie sich weiterhin gegen die vom Beklagten vorgenommene Bewertung der Vorräte, die Versteuerung der privaten Nutzung von Unternehmensfahrzeugen durch die Gesellschafter sowie gegen den Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung im Jahr 2000 für eine Tantieme.

Die Klägerin beantragt,

die Bescheide über Körperschaftsteuer für 2000, den Gewerbesteuermessbetrag für 2000 und Umsatzsteuer für 2000, 2001 und 2002, jeweils vom … Juli 2009, sowie die zu diesen Bescheiden ergangene Einspruchsentscheidung vom … Januar 2010 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, dass keine Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Die in § 171 Abs. 4 Satz 1 AO geregelte Ablaufhemmung sei nicht ab dem 1. Januar 2005 befristet gewesen, da die Ende 2004 durchgeführte Besprechung nicht als Schlussbesprechung i. S. des § 201 AO anzusehen sei. Hätte diese Besprechung eine Schlussbesprechung sein sollen, hätte er bestimmte Formalien eingehalten, so der Beklagte, und einen Vermerk über die Bekanntgabe eines Besprechungstermins sowie die Besprechungspunkte angefertigt. Dies sei jedoch unterblieben. Daher sei maßgeblich, ob nach 2004 noch Prüfungshandlungen durchgeführt worden seien. Dies sei der Fall, da der zuständige Prüfer in 2005 vor allem hinsichtlich der privaten Fahrzeugnutzung in Unterlagen Einsicht genommen habe, welche im Rahmen der Lohnsteueraußenprüfung für die Jahre 1998 bis 2001 vorgelegt worden seien. Zudem habe die Klägerin mit den von ihr erhobenen Einwendungen selbst verdeutlicht, dass sie an einem Fortgang der Außenprüfung und somit an weiteren bzw. letzten Ermittlungen interessiert gewesen sei. Im Ergebnis habe die Frist des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO erst mit Ablauf des 31. Dezember 2005 zu laufen begonnen, so dass der Erlass der Änderungsbescheide am … Juli 2009 noch vor Ablauf der Festsetzungsfrist erfolgt sei.

In der Sache könne die Klage keinen Erfolg haben, da die Klägerin ihre Auffassung nicht hinreichend begründet habe und die rechtlichen Schlussfolgerungen des Prüfers der geltenden Rechtslage entsprächen.

 Entscheidungsgründe

I. Die Klage ist zulässig und begründet. Die angefochtenen Bescheide wegen Körperschaftsteuer 2000, Umsatzsteuer 2000, 2001 und 2002 sowie wegen des Gewerbesteuermessbetrags 2000 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung [FGO ]).

Dem Erlass dieser geänderten Bescheide stand der Ablauf der Festsetzungsfrist entgegen. Nach § 169 Abs. 1 Satz 1 AO ist eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Die Festsetzungsfrist beträgt für die Körperschaftsteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer grundsätzlich vier Jahre (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO ).

1. Die reguläre Festsetzungsfrist von vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres der Abgabe der Steuererklärungen (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO ) war – wie unter den Beteiligten unstreitig ist – bei Erteilung der aufgrund der Außenprüfung geänderten Bescheide am … Juli 2009 bereits abgelaufen, denn die Steuerklärung für den letzten hier streitigen Veranlagungszeitraum 2002 wurde im Jahr 2003 beim Beklagten eingereicht.

2. Auch unter Berücksichtigung der in § 171 Abs. 4 AO geregelten Ablaufhemmung war die Festsetzungsfrist abgelaufen, und zwar am 31. Dezember 2008; denn der Beklagte führte im Jahr 2004 bei der Klägerin eine Außenprüfung durch und erörterte Ende 2004 die Ergebnisse der Außenprüfung in einer Schlussbesprechung.

a) Wird vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen, so läuft die Festsetzungsfrist für die Steuern, auf die sich die Außenprüfung erstreckt, nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide unanfechtbar geworden sind (§ 171 Abs. 4 Satz 1 AO ). Die Festsetzungsfrist endet nach § 171 Abs. 4 Satz 3 AO allerdings spätestens, wenn seit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Schlussbesprechung stattgefunden hat, oder, wenn sie unterblieben ist, seit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die letzten Ermittlungen im Rahmen der Außenprüfung stattgefunden haben, die in § 169 Abs. 2 AO genannten Fristen verstrichen sind.

aa) Die Schlussbesprechung findet ihre gesetzliche Grundlage in § 201 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz AO . Danach wird die Schlussbesprechung als Besprechung über das Ergebnis der Außenprüfung definiert. Die Schlussbesprechung ist somit eher vage bestimmt (vgl. nur Frotscher in Schwarz, AO , § 201 Rn. 4), ihr Inhalt und Ablauf sind nicht näher normiert.

bb) Die Finanzverwaltung betrachtet die Schlussbesprechung nach formellen Gesichtspunkten. Gemäß § 11 Abs. 1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Betriebsprüfung – Betriebsprüfungsordnung (Fassung vom 15. März 2000, Bundessteuerblatt [BStBl] I 2000, 368) sind die Besprechungspunkte und der Termin der Schlussbesprechung dem Steuerpflichtigen in einer angemessenen Zeit vor der Besprechung bekanntzugeben, wobei diese Bekanntgabe nicht der Schriftform bedarf. Dauert die Außenprüfung nur wenige Tage, kann die Schlussbesprechung allerdings auch kurzfristig anberaumt werden (Ax/Große/Melchior, AO /FGO , 19. Auflage [2007], Rn. 2319). Teilnehmer auf Seiten des Steuerpflichtigen ist neben diesem selbst in der Regel sein steuerlicher Berater (Intemann in Pahlke/Koenig, AO , 2. Auflage [2009], § 201 Rn. 6).

cc) Nach der Auffassung des Senats ist nach materiellen und nicht nach formellen Gesichtspunkten zu bestimmen, ob eine Schlussbesprechung stattgefunden hat. Maßgeblich sind dafür die folgenden Erwägungen:

Zweck der Schlussbesprechung soll neben der Beseitigung von Meinungsverschiedenheiten und Missverständnissen die Gewährung rechtlichen Gehörs sein (Frotscher in Schwarz, AO , § 201 Rn. 2; Intemann in Pahlke/Koenig, AO , 2. Auflage [2009], § 201 Rn. 1; Sauer in Beermann/Gosch, AO /FGO, § 201 AO Rn. 3 f.; von Wedelstädt in Kühn/von Wedelstädt, AO /FGO , 20. Auflage [2011], § 201 AO Rn. 4). Damit hat die Schlussbesprechung eine Befriedungsfunktion, da sie zeitlich auf die Durchführung der Prüfungshandlungen folgt und sich schwerpunktmäßig auf Fragen bezieht, die im Rahmen der Prüfung streitig geblieben sind (Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO /FGO, § 201 AO Rn. 12; Seer in Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Auflage [2010], § 21 Rn. 247). Der Auftrag des Gesetzes, gerade die streitigen Aspekte zum Gegenstand der Schlussbesprechung zu machen, kann nur dahin verstanden werden, dass die Beteiligten ihre gegensätzlichen Auffassungen vortragen und womöglich die andere Seite von der Richtigkeit dieser Auffassungen überzeugen sollen – letztlich mit dem Ziel, die streitigen Aspekte des Falls schon im Rahmen der Schlussbesprechung zu erledigen (Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO /FGO , § 201 AO Rn. 12). Allerdings haben die während der Schlussbesprechung getroffenen Äußerungen nur vorläufigen Charakter; auch das rechtliche Ergebnis der Schlussbesprechung ist grundsätzlich unverbindlich (Intemann in Pahlke/Koenig, AO , 2. Auflage [2009], § 201 Rn. 17; von Wedelstädt in Kühn/von Wedelstädt, AO /FGO, 20. Auflage [2011], § 201 AO Rn. 7).

Abzugrenzen ist die Schlussbesprechung von der in § 199 Abs. 2 AO geregelten laufenden Unterrichtung des Steuerpflichtigen über die während der Prüfung festgestellten Sachverhalte und deren möglichen steuerlichen Auswirkungen (vgl. dazu Intemann in Pahlke/Koenig, AO , 2. Auflage [2009], § 201 Rn. 18; Seer in Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Auflage [2010], § 21 Rn. 247). Diese laufende Unterrichtung hat zumeist nur bei Großoder Konzernbetrieben den formalen Rahmen einer Besprechung und wird dann als Zwischenbesprechung bezeichnet (Seer in Tipke/Lang, Steuerrecht, 20. Auflage [2010], § 21 Rn. 247).

Die Schlussbesprechung bildet nicht die generelle Beendigung der Außenprüfung (missverständlich insoweit Sauer in Beermann/Gosch, AO /FGO , § 201 AO Rn. 6, der vom „Endpunkt einer Außenprüfung” spricht), sondern regelmäßig die Beendigung der Prüfungshandlungen, zeigt also an, dass die Finanzbehörde keine weitere Prüfungshandlung mehr für erforderlich hält (Frotscher in Schwarz, AO , § 201 Rn. 1). In diesem Sinne ist nach der Auffassung des Senats auch das Urteil des Finanzgerichts [FG] des Saarlands vom 30. September 1992 zu verstehen, wonach von einer Schlussbesprechung dann gesprochen werden kann, wenn nach Vornahme von Prüfungshandlungen die Prüfung eingestellt und allen Beteiligten im Rahmen einer Besprechung Gelegenheit gegeben wird, abschließend zu den Prüfungsfeststellungen Stellung zu nehmen (FG des Saarlandes, Urteil vom 30. September 1992 1 K 8/92 , Entscheidungen der Finanzgerichte [EFG] 1993, 279). Dementsprechend sieht auch § 202 Abs. 2 AO die Möglichkeit bzw. das Recht vor, den Prüfungsbericht vor seiner Auswertung an den Steuerpflichtigen übersenden, der darauf hin Einwendungen gegen den Bericht erheben kann; die Außenprüfung wird dann in der Weise fortgesetzt, dass der Prüfer zu den Einwendungen des Steuerpflichtigen seinerseits Stellung nimmt.

b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und entgegen der Ansicht des Beklagten hat die Befristung der Ablaufhemmung von vier Jahren (§ 171 Abs. 4 Satz 3 AO i. V. m. § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO ) bereits mit dem 01. Januar 2005 begonnen, denn die im November 2004 durchgeführte Besprechung ist als Schlussbesprechung i. S. des § 171 Abs. 4 Satz 3 i. V. m. § 201 Abs. 1 Satz 1 AO anzusehen.

aa) Unstrittig ist, dass der Betriebsprüfer im November 2004 mit Herrn C, dem Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin, und einem Mitarbeiter des Steuerberaters der Klägerin eine Besprechung abgehalten hat. Unschädlich ist, dass der Beklagte meint, bei dieser Besprechung habe es sich nicht um eine Schlussbesprechung, sondern lediglich um eine „abschließende Besprechung” gehandelt. Denn entscheidend ist nicht die Bezeichnung der Besprechung, sondern ihr Inhalt und Zweck. Sowohl Inhalt als auch Zweck der zwischen den Beteiligten abgehaltenen Besprechung entsprachen einer „üblichen” Schlussbesprechung; denn nicht nur haben auf Seiten der Klägerin die maßgeblichen Personen teilgenommen – ihr Gesellschafter-Geschäftsführer und ein Mitarbeiter des Steuerberaters –, sondern Gegenstand des Gesprächs waren auch sämtliche (vorläufige) Prüfungsfeststellungen des Betriebsprüfers. Dies ist unstrittig und vom Beklagten selbst vorgetragen. Dass nur die vorläufigen Feststellungen Gegenstand der Besprechung waren, ist unschädlich, wie die zitierte Literatur zeigt, der sich der Senat anschließt. Denn erst der in § 202 Abs. 1 Satz 1 AO normierte Prüfungsbericht enthält die „endgültigen” bzw. für die Auswertung und Umsetzung der Betriebsprüfungsergebnisse in Steuerbescheide maßgeblichen Prüfungsfeststellungen. Aus diesem Grund ist es für die Beantwortung der Frage, ob es sich bei dem hier strittigen Gespräch um eine Schlussbesprechung handelte, auch unerheblich, dass der Klägerin noch eine kurze Frist zur Einreichung weiterer Unterlagen eingeräumt wurde. Denn werden nur vorläufige Prüfungsfeststellungen besprochen, muss der Steuerpflichtige die Gelegenheit erhalten, weitere Ausführungen tatsächlicher oder rechtlicher Art zu machen.

Diese Erwägungen stehen auch im Einklang mit dem Sinn und Zweck des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO . Der Zweck des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO besteht darin, zugunsten des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit eine zeitlich unbegrenzte Auswertung von Prüfungsfeststellungen zu verhindern und damit eine zeitgerechte Auswertung der Prüfungsfeststellungen durch den Erlass von Änderungsbescheiden zu erzwingen (Bundesfinanzhof [BFH], Urteil vom 08. Juli 2009 XI R 64/07, BStBl II 2010 , 4 ). Dagegen konnten vor der Einfügung des Satzes 3 in § 171 Abs. 4 AO Änderungsbescheide auf Grund einer Außenprüfung ergehen, ohne dass ein fester zeitlicher Rahmen für den Erlass der Bescheide vorgesehen war; der Erlass der Bescheide konnte allenfalls unter dem Gesichtspunkt von „Treu und Glauben” aufzuhalten sein (vgl. dazu FG Düsseldorf, Urteil vom 12. Dezember 2000 6 K 8964/98 K, G, U, F , EFG 2001, 865 ). Den somit bestehenden Widerspruch zu dem Zweck der Verjährungsvorschriften – innerhalb eines festen Zeitrahmens Klarheit über den Gegenstand des Steuerschuldverhältnisses zu schaffen – sollte die Ergänzung des Satzes 3 (mit einer an § 169 Abs. 2 AO orientierten Frist für die Auswertung der Prüfungsfeststellungen) beseitigen (Bundestags-Drucksache 10/1636, 43 f.; vgl. auch BFH-Urteil vom 08. Juli 2009 XI R 64/07 , BStBl II 2010, 4). Mithin dient § 171 Abs. 4 Satz 3 AO der Rechtssicherheit. Der Finanzbehörde soll nach der Ermittlung des Sachverhalts im Wege der Außenprüfung für den Erlass der Steuerbescheide aufgrund der Außenprüfung nicht unbegrenzt Zeit verbleiben, während erstmalige Steuerfestsetzungen innerhalb der Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 AO erfolgen müssen (siehe dazu auch Cöster in Pahlke/Koenig, AO , 2. Auflage [2009], § 171 Rn. 100).

Dem Zweck des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO würde es zuwiderlaufen, wenn es die Finanzbehörde in der Hand hätte, durch die von ihr gewählte Bezeichnung bzw. Klassifizierung eines Besprechungstermins das Besteuerungsverfahren offen zu halten. Daher muss sich die Finanzbehörde an ihrer eigenen Vorgehensweise festhalten lassen und muss – wenn sie mit dem Steuerpflichtigen eine Schlussbesprechung durchführt – diesem auch die notwendige Rechtssicherheit gewähren, dass dieses Gespräch eine maßgebliche Etappe auf dem Weg zum Abschluss der Außenprüfung darstellt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Steuerpflichtige nach ganz überwiegender Ansicht einen (klagbaren) Rechtsanspruch auf die Durchführung einer Schlussbesprechung hat ([BFH-Urteil vom 16. Dezember 1987 I R 66/84 , Sammlung der Entscheidungen des BFH [BFH/NV] 1988, 319; FG Köln, Urteil vom 22. Februar 2000 14 K 3004/99, EFG 2000, 775 ; Sauer in Beermann/Gosch, AO /FGO , § 201 Rn. 9; Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO /FGO , § 201 AO Rn. 20; zweifelnd Rüsken in Klein AO , 10. Auflage [2009], § 201 Rn. 5). Da davon auszugehen ist, dass die Finanzverwaltung stets rechtmäßig handelt bzw. handeln will, hätte der Beklagten nach Durchführung der Besprechung im November 2004 eine (weitere) Schlussbesprechung anberaumen müssen, wenn er der Überzeugung gewesen wäre, dass das Gespräch vom November 2004 keine Schlussbesprechung bzw. lediglich eine Zwischenbesprechung i. S. des § 199 Abs. 2 AO gewesen sei. Dies ist jedoch nicht geschehen; derartige Überlegungen, noch eine weitere Besprechung durchführen zu müssen, lassen sich auch nicht den Steuerakten entnehmen.

bb) Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass auch spätere Ermittlungen der Finanzbehörde den Beginn der Festsetzungsfrist hinausschieben können. Denn nach § 171 Abs. 4 Satz 3 AO beginnt die Befristung der Ablaufhemmung in erster Linie mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Schlussbesprechung stattgefunden hat. Auf das Kalenderjahr, in dem die letzten Ermittlungen stattgefunden haben, ist nach dem insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut nur dann abzustellen, wenn die Schlussbesprechung unterblieben ist (BFH-Urteile vom 09. März 1999 VIII R 19/97 , BFH/NV 1999, 1186 ; vom 20. Juli 2005 X R 74/01, BFH/NV 2005, 2195 ; FG Düsseldorf, Urteil vom 02. Februar 1999 6 K 5708/95 , juris; Banniza in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO /FGO , § 171 AO Rn. 127). Das war hier jedoch gerade nicht der Fall, so dass dahinstehen kann, ob das Finanzamt – wie der Beklagte vorgetragen hat – nach der Schlussbesprechung weitere Ermittlungen im Rahmen der Außenprüfung durchgeführt hat.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO . Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO i. V. m. den §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung .

III. Die Revision war gemäß § 115 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO zuzulassen. Die Frage, welche Anforderungen an eine Schlussbesprechung i. S. der §§ 171 Abs. 4 Satz 3, 201 AO zu stellen sind, ist, soweit ersichtlich, bislang nicht höchstrichterlich entschieden.

Betriebsprüfung | Zuschätzungen aufgrund eines Zeitreihenvergleichs (FG)

Der 4. Senat des Finanzgerichts Münster hat entschieden, dass Zuschätzungen auf Grundlage eines sog. Zeitreihenvergleichs zulässig sind, wenn die Buchführung nicht ordnungsgemäß ist (FG Münster, Urteil v. 26.7.2012 – 4 K 2071/09 E,U, Nichtzulassungsbeschwerde anhängig).

Nach der Rechtsprechung des BFH ist es zwar nicht zu beanstanden, wenn die Kasseneinnahmen täglich nur in einer Summe in ein Kassenbuch eingetragen werden; dann muss aber das Zustandekommen dieser Summe durch Aufbewahrung der angefallenen Kassenstreifen, Kassenzettel und Bons oder aber die Einnahmen und Ausgaben anhand eines Kassenberichts nachgewiesen werden. Eine Aufbewahrungspflicht besteht lediglich dann nicht, wenn die Einnahmen und Ausgaben anhand eines Kassenberichts nachgewiesen werden, in dem sie mit dem Anfangs- und Endbestand der Kasse abgestimmt werden (siehe hierzu BFH, Urteil v. 20.6.1985 – IV R 41/82, m.w.N.). Zu den aufzubewahrenden Unterlagen gehören auch die Organisationsunterlagen einer verwendeten Registrierkasse, um Manipulationen aufdecken zu können (Drüen in Tipke/Kruse, § 147 AO Rn. 24). Aufbewahrungspflichtig nach § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO ist auch die Speisekarte einer Gaststätte (FG München, Urteil v. 29.10.2009 – 15 K 219/07).

Der Kläger betrieb eine Speisegaststätte und führte für seine Bareinnahmen eine elektronische Registrierkasse. Einen Teil seiner Bareinnahmen buchte er jedoch nicht über die Kasse. Zudem waren die Tagesendsummenbons nicht vollständig bzw. nicht datiert. Das Finanzamt sah die Buchführung nicht als ordnungsgemäß an und schätzte Umsätze und Gewinne auf Grundlage eines Zeitreihenvergleichs hinzu. Dabei ermittelte es wöchentliche Rohgewinnaufschlagsätze und bildete für je zehn aufeinanderfolgende Wochen Mittelwerte. Den jeweils höchsten Mittelwert wendete es auf den erklärten Wareneinkauf an. Der Kläger wendete gegen die Zuschätzungen ein, dass seine Buchführung ordnungsgemäß sei und machte grundsätzliche Bedenken gegen die Anwendung des Zeitreihenvergleichs geltend.

Die Kassenführung des Klägers, der wegen des hohen Anteils des Bargeschäfts eine erhebliche Bedeutung zukommt, ist nicht ordnungsgemäß, da nicht alle Bareinnahmen in der Registrierkasse erfasst worden sind. Die unvollständigen bzw. teilweise nicht datierten Tagesendsummenbons sind zudem nicht geeignet, eine Gewähr für die vollständige Erfassung der Einnahmen zu bieten. Der Zeitreihenvergleich stellt auch eine geeignete Schätzungsmethode für eine Speisegaststätte dar. Er geht davon aus, dass eingekaufte Waren innerhalb eines kurzen Zeitraums verbraucht werden und dass es in der Praxis kaum möglich ist, den Wareneinkauf wochenweise genau zu verschweigen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich die Betriebsstruktur im Schätzungszeitraum nicht wesentlich verändert hat. Als innerer Betriebsvergleich liefert der Zeitreihenvergleich ein wahrscheinlicheres Ergebnis als andere Methoden (z.B. eine Richtsatzschätzung).

Quelle: FG Münster online

Kosten für Schiffsreise mit Geschäftspartnern grundsätzlich nicht abziehbar

Lädt der Unternehmer Geschäftspartner zu einer Schiffsreise ein, sind die Aufwendungen für die Reise und hiermit zusammenhängende Bewirtungen ungeachtet ihrer betrieblichen Veranlassung nicht abziehbar, wenn ein Zusammenhang mit der Unterhaltung der Teilnehmer oder der Repräsentation des Unternehmens nicht ausgeschlossen werden kann (BFH, Urteil v. 2.8.2012 – IV R 25/09; veröffentlicht am 12.9.2012).

 

Leitsatz

Lädt der Unternehmer Geschäftspartner zu einer Schiffsreise ein, sind die Aufwendungen für die Reise und hiermit zusammenhängende Bewirtungen ungeachtet ihrer betrieblichen Veranlassung nicht abziehbar, wenn ein Zusammenhang mit der Unterhaltung der Teilnehmer oder der Repräsentation des Unternehmens nicht ausgeschlossen werden kann.

 Gesetze

EStG § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4

 Instanzenzug

Schleswig-Holsteinisches FG vom 27. Mai 2009 2 K 40112/08 (EFG 2009, 1368 )BFH IV R 25/09

 Gründe

I.

1  Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG, die im Streitjahr 2006 einen Umsatz von ca. 28,5 Mio. € erzielt hat. Für Geschäftspartner und eigene Mitarbeiter aus dem Vertriebs- und Servicebereich charterte die Klägerin ein historisches Segelschiff für eine sog. Regatta-Begleitfahrt anlässlich der Kieler Woche 2006. Dafür sowie für die Bewirtung der ca. 50 Teilnehmer (davon 13 Mitarbeiter der Klägerin) wendete die Klägerin 10.959,88 € zuzüglich 1.753,58 € Umsatzsteuer auf. Als abziehbare Betriebsausgabe behandelte sie davon nur 7.317,28 €, weil sie davon ausging, die Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 22. August 2005 IV B 2 -S 2144- 41/05 (BStBl I 2005, 845) und vom 11. Juli 2006 IV B 2 -S 2144- 53/06 (BStBl I 2006, 447) zur ertragsteuerlichen Behandlung von Aufwendungen für VIP-Logen in Sportstätten seien auf die Kosten der Regatta-Begleitfahrt entsprechend anzuwenden.

2  Nach einer Betriebsprüfung vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) unter Hinweis auf eine Verfügung der Oberfinanzdirektion Kiel vom 20. September 2000 S 2145 A – St 231 (Finanz-Rundschau 2000, 1296 ) die Auffassung, die Kosten seien insgesamt als nicht abziehbare Betriebsausgaben gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu behandeln. Die gegen den entsprechend geänderten Gewinnfeststellungsbescheid 2006 vom 30. Mai 2008 gerichtete Sprungklage hatte keinen Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 1368 abgedruckt.

3  Mit der Revision macht die Klägerin geltend, die Kosten seien nicht für von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG genannte „ähnliche Zwecke” entstanden, weil es sich nicht um Freizeitgestaltung oder sportliche Betätigung, sondern um eine Kundenveranstaltung anlässlich eines Sportereignisses gehandelt habe. Da die Regatta nur von einem Begleitschiff aus angemessen verfolgt werden könne, sei die Schiffsanmietung der Anmietung einer Loge in einer festen Sportstätte vergleichbar und müsse deshalb ebenso behandelt werden.

4  Die Klägerin beantragt sinngemäß,

unter Aufhebung der Vorentscheidung den geänderten Gewinnfeststellungsbescheid vom 30. Mai 2008 mit der Maßgabe zu ändern, dass weitere Betriebsausgaben von 7.317,28 € abgezogen werden.

5  Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

II.

6  Die Revision ist nicht begründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ). Die Kosten der Regatta-Begleitfahrt sind insgesamt nicht abziehbare Betriebsausgaben.

7  1. a) Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG dürfen Aufwendungen für Jagd und Fischerei, für Segeljachten oder Motorjachten sowie für ähnliche Zwecke und für die hiermit zusammenhängenden Bewirtungen den Gewinn nicht mindern, soweit die damit verfolgten Zwecke nicht selbst Gegenstand einer mit Gewinnabsicht ausgeübten Betätigung des Steuerpflichtigen sind (§ 4 Abs. 5 Satz 2 EStG ). Die Regelung betrifft nach dem Einleitungssatz des § 4 Abs. 5 EStG Betriebsausgaben, also Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind (§ 4 Abs. 4 EStG ).

8  b) Das Abzugsverbot wurde geschaffen, weil der Gesetzgeber die genannten Ausgaben „ihrer Art nach als überflüssige und unangemessene Repräsentation” ansah und „im Interesse der Steuergerechtigkeit und des sozialen Friedens” den Aufwand „nicht länger durch den Abzug…vom steuerpflichtigen Gewinn auf die Allgemeinheit abgewälzt” wissen wollte (Begründung zum Regierungsentwurf des Steueränderungsgesetzes 1960 , BTDrucks III/1811, S. 8; in Bezug auf den damaligen § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 (heute Nr. 4) EStG bestätigt durch die Stellungnahme des Finanzausschusses, zu BTDrucks III/1941, S. 3). Ungeachtet ihrer betrieblichen Veranlassung dürfen die Ausgaben danach bei der Ermittlung des Gewinns nicht abgezogen werden. Eines konkret feststellbaren Zusammenhangs mit der Lebensführung des Steuerpflichtigen bedarf es dafür nicht. Vielmehr stellt das Gesetz auf den Zusammenhang der Aufwendungen mit der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Stellung der Geschäftsfreunde des Steuerpflichtigen ab und unterstellt diesen typisiert bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG . Deshalb gilt das Abzugsverbot auch für Körperschaftsteuersubjekte, die nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) keine außerbetriebliche Sphäre haben können (vgl. etwa BFH-Urteile vom 3. Februar 1993 I R 18/92 , BFHE 170, 537 , BStBl II 1993, 367, und vom 7. Februar 2007 I R 27-29/05, BFHE 216, 536 , jeweils betreffend GmbH). Soweit in der Versagung des Abzugs der Ausgaben ein Verstoß gegen das objektive Nettoprinzip liegt, ist dieser jedenfalls durch den typisiert angenommenen Zusammenhang mit der Lebensführung des Steuerpflichtigen oder seiner Geschäftsfreunde gerechtfertigt.

9  c) Vor diesem Hintergrund hat der BFH § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG einschränkend dahingehend ausgelegt, dass das Abzugsverbot nur für solche Aufwendungen gelten soll, die eine Berührung zur Lebensführung und zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Stellung der durch sie begünstigten Geschäftsfreunde des Steuerpflichtigen haben (BFH-Urteil in BFHE 170, 537 , BStBl II 1993, 367, unter II.2.). Scheidet danach etwa die Verwendung eines Schiffs zu Unterhaltungs- oder sportlichen Zwecken oder zur unangemessenen Repräsentation aus tatsächlichen Gründen aus, weil das Schiff als „schwimmender Besprechungsraum” oder reines Transportmittel genutzt wird, erstreckt sich das Abzugsverbot auf die betreffenden Aufwendungen nicht (BFH-Urteil in BFHE 170, 537 , BStBl II 1993, 367). Auch Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte mit einem Schiff sind nicht nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG insgesamt vom Abzug ausgeschlossen (BFH-Urteil vom 10. Mai 2001 IV R 6/00 , BFHE 195, 323 , BStBl II 2001, 575).

10  Lässt sich ein Zusammenhang mit der Lebensführung der begünstigten Geschäftsfreunde indessen nicht ausschließen, weil die Aufwendungen für ein Segel- oder Motorschiff für Zwecke der Unterhaltung oder der Repräsentation geleistet werden, handelt es sich um Ausgaben für „ähnliche Zwecke” i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG , so dass die Aufwendungen dem Abzugsverbot unterliegen. Welche Größe oder welches Alter das Schiff hat, ist dafür ohne Bedeutung. Dem Begriff „Jacht” lassen sich diesbezügliche Abgrenzungskriterien nicht entnehmen. Er bringt vielmehr den Unterhaltungs- oder Repräsentationszweck des Schiffs zum Ausdruck. Dementsprechend hat der BFH nicht auf die Art des Wasserfahrzeugs, sondern dessen bestimmungsgemäße Verwendung abgestellt (BFH-Urteil in BFHE 195, 323 , BStBl II 2001, 575, unter 1.b).

11  d) Die der Klägerin entstandenen Kosten für die Regatta-Begleitfahrt unterliegen danach dem Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG . Der Einsatz des Schiffs für Zwecke der Unterhaltung und Repräsentation ist hier nicht nur nicht auszuschließen, sondern steht nach den Feststellungen des FG und dem eigenen Vorbringen der Klägerin fest. Angemessenheitserwägungen im konkreten Einzelfall sind nicht anzustellen. Zweck der gesetzlichen Regelung ist es vielmehr gerade, die zum Ausschluss vom Abzug führende Unangemessenheit von Aufwendungen typisiert zu bestimmen.

12  2. Die Klägerin kann sich nicht zu ihren Gunsten auf die BMF-Schreiben in BStBl I 2005, 845 und in BStBl I 2006, 447 berufen. Einerseits handelt es sich um sog. norminterpretierende Verwaltungsanweisungen, an die die Rechtsprechung schon dem Grunde nach nicht gebunden ist. Andererseits werden auch die Voraussetzungen für die von der Verwaltung zugelassene pauschale Aufteilung von Kosten nicht erfüllt. Zwar ist die Aufteilung nicht auf die Kosten für die Anmietung von sog. VIP-Logen in Sportstätten beschränkt (BMF-Schreiben in BStBl I 2006, 447, Tz. 6). Voraussetzung ist aber in jedem Fall, dass der Steuerpflichtige von einem Veranstalter ein Leistungspaket erhält, das neben dem eigentlichen Besuch der Unterhaltungs- oder Sportveranstaltung zusätzliche Bestandteile wie Werbung und Bewirtung enthält. Um ein derartiges Paket eines auf Sponsoring zielenden Veranstalters geht es im Streitfall aber nicht. Deshalb kommt auch der von der Klägerin geltend gemachte Gesichtspunkt einer auf dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes ) gründenden Selbstbindung der Verwaltung im Hinblick auf die Behandlung von sog. VIP-Logen nicht zum Tragen.

Nachweispflicht für Bewirtungsaufwendungen bei Bewirtungen in einer Gaststätte

Zum Nachweis der Aufwendungen ist im Fall einer Gaststättenbewirtung eine Rechnung beizufügen. Die ausgestellte Rechnung muss dabei, sofern es sich nicht um Rechnungen über Kleinbeträge i.S. der UStDV handelt, den Namen des bewirtenden Steuerpflichtigen enthalten. Vom Steuerpflichtigen ausgestellte Eigenbelege oder vorgelegte Kreditkartenabrechnungen sind insoweit nicht ausreichend (BFH, Urteil v. 18.4.2012 – X R 57/09; veröffentlicht am 12.9.2012).

 Leitsatz

1. Für den Fall der Bewirtung in einer Gaststätte ergeben sich die Voraussetzungen zur Erfüllung der Nachweispflicht hinsichtlich der Bewirtungsaufwendungen aus der Vorschrift des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG , die lex specialis zu § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG ist.

2. Die über Bewirtungen in einer Gaststätte ausgestellten Rechnungen i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG müssen, sofern es sich nicht um Rechnungen über Kleinbeträge i.S. der UStDV handelt, den Namen des bewirtenden Steuerpflichtigen enthalten (Anschluss an das BFH-Urteil vom 27. Juni 1990 I R 168/85 , BFHE 161, 125 , BStBl II 1990, 903).

 Gesetze

EStG § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 i.d.F. des StRefG 1990

 Instanzenzug

FG Düsseldorf vom 7. Dezember 2009 11 K 1093/07 E (EFG 2010, 633 )BFH X R 57/09

 Gründe

I.

1  Die Kläger, Revisionskläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Ehegatten, die in den Streitjahren 1998 bis 2000 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger erzielte von 1998 bis zu seiner Betriebsaufgabe im Jahr 2001 u.a. Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus seinem Einzelunternehmen im Bereich „Exportberatung und Vermittlung von Maschinen und Anlagen”.

2  Für seine gewerbliche Tätigkeit nutzte der Kläger Räumlichkeiten im privaten Wohnhaus, das im Miteigentum beider Kläger stand. Dabei handelte es sich zum einen um Räumlichkeiten im Kellergeschoss (42,81 qm), die zwei Büroräume, einen Ablage- und Archivraum sowie einen Besprechungsraum umfassten. Diese konnten sowohl über einen separaten Hauseingang als auch über eine innenliegende Treppe betreten werden. Neben den streitgegenständlichen Räumen befanden sich im Kellergeschoss außerdem ein Vorratslager, ein Badezimmer sowie der Heizungskeller. Des Weiteren wurde im ersten Obergeschoss ein Zimmer als Besprechungsraum (17,8 qm) genutzt, welches über eine Treppe im Wohnbereich zu erreichen war. Weitere Einzelheiten ergeben sich aus den vom Kläger erstellten Grundrisszeichnungen, auf die das Finanzgericht (FG) Bezug genommen hat. Der Kläger wies die entsprechenden Gebäudeteile in der Bilanz zur Hälfte als Betriebsvermögen aus, im Hinblick auf den Miteigentumsanteil der Klägerin wurde zwischen den Eheleuten ein Mietvertrag geschlossen.

3  In den Jahren 2003 und 2004 führte der Beklagte, Revisionsbeklagte und Revisionskläger (das Finanzamt —FA—) bei dem Kläger eine steuerliche Außenprüfung betreffend die Streitjahre durch. Nach Auffassung der Betriebsprüfung handelte es sich bei den vom Kläger genutzten Räumlichkeiten um ein häusliches Arbeitszimmer, das nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Klägers darstellte, so dass lediglich Aufwendungen in Höhe von 2.400 DM jährlich abgezogen werden konnten. Die den Höchstbetrag übersteigenden Raumkosten in Höhe von 13.498 DM (1998), 23.934 DM (1999) bzw. 15.011 DM (2000) wurden dem Gewinn hinzugerechnet. Des Weiteren wurden Bewirtungsaufwendungen in Höhe von 5.339 DM (1998), 8.969 DM (1999) bzw. 16.509 DM (2000) unter Hinweis darauf, dass Rechnungen über 200 DM auch den Namen des bewirtenden Steuerpflichtigen enthalten müssten (R 21 Abs. 8 Satz 4 der Einkommensteuer-Richtlinien 1998 /1999/2000 —EStR —), nicht anerkannt. Dies gelte auch für im Ausland angefallene Bewirtungsaufwendungen. Die Eigenbelege, die der Kläger erstellt hatte, seien als Nachweise nicht ausreichend.

4  Das FA erließ daraufhin am 24. Juni 2004 nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderte Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre. Der dagegen eingelegte Einspruch blieb im Hinblick auf die streitgegenständlichen Raumkosten und die Bewirtungsaufwendungen erfolglos.

5  Das FG gab der Klage mit in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 633 veröffentlichtem Urteil teilweise statt, indem es weitere Bewirtungsaufwendungen in Höhe von 4.100 DM (1998), 8.969 DM (1999) bzw. 15.875 DM (2000) für abziehbar hielt, die Klage im Übrigen jedoch abwies.

6  Das FA rügt mit seiner Revision Verletzung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der in den Streitjahren geltenden Fassung. Der Auffassung des FG, das von einer grundsätzlichen Abziehbarkeit der Bewirtungsaufwendungen ausgehe, wenn die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG erfüllt seien, und in diesem Fall eine ordnungsgemäße Rechnung nicht mehr für erforderlich halte, sei nicht zu folgen.

7  Die Rechnung müsse auch den Namen des bewirtenden Steuerpflichtigen enthalten; dies gelte nur dann nicht, wenn der Gesamtbetrag der Rechnung 200 DM nicht übersteige (R 21 Abs. 8 Satz 4 EStR ).

8  Das FA beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen sowie —bezüglich der Revision der Kläger— deren Revision zurückzuweisen.

9  Die Kläger beantragen,

die Revision des FA zurückzuweisen sowie mit ihrer eigenen Revision das angefochtene Urteil und die Einspruchsentscheidung vom 21. Februar 2007 aufzuheben und die Einkommensteuerbescheide 1998, 1999 und 2000, jeweils vom 24. Juni 2004, dahingehend zu ändern, dass weitere Betriebsausgaben in Höhe von 13.498 DM für das Jahr 1998, 23.934 DM für das Jahr 1999 und 15.011 DM für das Jahr 2000 berücksichtigt werden.

10  Die Kläger wenden sich mit ihrer Revision gegen die Nichtberücksichtigung der geltend gemachten Aufwendungen im Zusammenhang mit den betrieblich genutzten Räumen.

11  Die im Privathaus der Kläger gelegenen und betrieblich genutzten Räume im ersten Obergeschoss und im Kellergeschoss seien nicht als häusliches Arbeitszimmer, sondern als Betriebsstätte zu werten. Entscheidend für die Abgrenzung sei allein das konkrete Unternehmensmodell, aus dem sich ableiten ließe, welche Anforderungen an eine Betriebsstätte zu stellen seien.

12  Er, der Kläger, habe für seine Kunden insbesondere die Projektplanung und Auftragsabwicklung übernommen. Diese Tätigkeiten seien ausschließlich in seiner Betriebsstätte erbracht worden. Darüber hinaus sei die eigene Unternehmensplanung des Klägers sowie die organisatorische Abwicklung in seiner Betriebsstätte vorgenommen worden.

13  Hilfsweise führten die Kläger aus, dass selbst die Annahme eines häuslichen Arbeitszimmers nicht zu einer Kürzung des Betriebsausgabenabzugs gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG führen könne, da die Räumlichkeiten den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Klägers gebildet hätten. Der qualitative Schwerpunkt der Unternehmenstätigkeit des Klägers sei gerade nicht während der Reisetätigkeiten, sondern in seiner Betriebsstätte erbracht worden.

II.

14  Die Revision des FA ist begründet. Sie führt insoweit zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Zu Unrecht hat das FG weitere Bewirtungsaufwendungen in Höhe von 4.100 DM für das Jahr 1998, 8.969 DM für das Jahr 1999 sowie 15.875 DM für das Jahr 2000 als Betriebsausgaben berücksichtigt.

15  1. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG sind Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass nicht abziehbar, soweit sie 80 % der Aufwendungen übersteigen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen und deren Höhe und betriebliche Veranlassung nachgewiesen sind. Zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen hat der Steuerpflichtige schriftlich die folgenden Angaben zu machen: Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass der Bewirtung sowie Höhe der Aufwendungen (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG ). Hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, so genügen Angaben zu dem Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung; die Rechnung über die Bewirtung ist beizufügen (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG ).

16  2. Zu Unrecht hat das FG Bewirtungsaufwendungen in Höhe von 4.100 DM für das Jahr 1998, 8.969 DM für das Jahr 1999 und 15.875 DM für das Jahr 2000 als abziehbar anerkannt, da auf den eingereichten Rechnungen über die Bewirtung die erforderliche Angabe des Namens des Klägers als bewirtende Person fehlte.

17  a) Die Voraussetzungen zur Erfüllung der Nachweispflicht bei einer Bewirtung in einer Gaststätte ergeben sich —entgegen der Auffassung des FG— allein aus der Vorschrift des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG als lex specialis zu § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG . Dies ergibt sich insbesondere aus dem zwingenden Erfordernis, im Fall der Gaststättenbewirtung die Rechnung über die Bewirtung beizufügen. Die Beifügung der Rechnung kann nicht durch Angaben nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG —also durch Eigenbelege— ersetzt werden. Das systematische Verständnis des FG, § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG stelle lediglich eine Vereinfachungsregelung zu § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG für den Fall der Gaststättenbewirtung dar, ist unzutreffend.

18  aa) Maßgebend für die Auslegung der Nachweispflichten nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Sätze 2 und 3 EStG im Fall der Gaststättenbewirtung ist der in der Vorschrift zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Norm und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist (Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Mai 1960 2 BvL 11/59, 11/60, BVerfGE 11, 126, unter B.I.1.; Urteil des Bundesfinanzhofs —BFH— vom 14. Mai 1974 VIII R 95/72 , BFHE 112, 546 , BStBl II 1974, 572, unter B.I.1.a, m.w.N.). Im Rahmen des möglichen Wortsinns hat die Auslegung den Bedeutungszusammenhang des Gesetzes, die systematische Stellung der Norm sowie den Gesetzeszweck zu beachten (vgl. BFH-Urteil in BFHE 112, 546 , BStBl II 1974, 572, unter B.I.1.a; Beschluss des Großen Senats des BFH vom 4. Dezember 2006 GrS 1/05, BFHE 216, 168 , BStBl II 2007, 508, unter C.II.2.c bb). Ergänzend kommt der Entstehungsgeschichte der Vorschrift für deren Auslegung Bedeutung zu (vgl. BFH-Urteil vom 7. Mai 1987 IV R 150/84 , BFHE 150, 130 , BStBl II 1987, 670, unter 1.a).

19  bb) Schon der Wortlaut des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG —insbesondere die Einleitung („Hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, …”)— macht deutlich, dass Satz 3 eine im Verhältnis zu Satz 2 spezielle Vorschrift in Bezug auf die Nachweispflicht im Falle der Bewirtung in einer Gaststätte darstellt. Außerdem verlangt die Vorschrift ausdrücklich die Beifügung der Rechnung über die Bewirtung, ohne eine Ausnahme zu statuieren, so dass bei einer Bewirtung in einer Gaststätte —im Gegensatz zu sonstigen Bewirtungen (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG )— zwingend die Rechnung über die Bewirtung beizufügen ist. Das Beifügen der Rechnung ist daher —entgegen der Auffassung des FG auch nach Inkrafttreten des Steuerreformgesetzes 1990 (StRefG 1990 ) vom 25. Juli 1988 (BGBl I 1988, 1093 , BStBl I 1988, 224)— materiell-rechtliche Voraussetzung für den Betriebsausgabenabzug (ebenso Stapperfend in Herrmann/Heuer/Raupach —HHR—, § 4 EStG Rz 1234; Blümich/ Wied, § 4 EStG Rz 741). Insoweit entspricht dieses Ergebnis auch der Systematik des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG , der für den besonderen Fall der Gaststättenbewirtung in Satz 3 ein weiteres Erfordernis aufstellt. Dass Satz 3 eigene Angaben zu dem Anlass und den Teilnehmern der Bewirtung genügen lässt, folgt allein daraus, dass die übrigen der in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG genannten Angaben —nämlich zum Ort und Tag der Bewirtung sowie der Höhe der Aufwendungen— sich bereits aus der beizufügenden Rechnung ergeben (HHR/Stapperfend, § 4 EStG Rz 1234; Söhn, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG , § 4 Rz H 182).

20  cc) Die Entstehungsgeschichte des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG bestätigt diese Auslegung. Insbesondere hat die Neufassung der Vorschrift durch das StRefG 1990 nichts am Erfordernis, im Fall der Gaststättenbewirtung die Rechnung über die Bewirtung beizufügen, geändert.

21  (1) Die Fassung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG vor der Änderung durch das StRefG 1990 beruhte auf dem Einkommensteuerreformgesetz (EStRG) vom 5. August 1974 (BGBl I 1974, 1769 , BStBl I 1974, 530). Danach erfasste die Abzugsbeschränkung für Betriebsausgaben „Aufwendungen für die Bewirtung von Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, soweit sie nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind oder soweit ihre Höhe und ihre betriebliche Veranlassung nicht nachgewiesen sind.” Weiter hieß es in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG in der Fassung des EStRG: „Zum Nachweis der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Aufwendungen hat der Steuerpflichtige auf einem amtlich vorgeschriebenen Vordruck die folgenden Angaben zu machen: Ort und Tag der Bewirtung, bewirtete Personen, Anlass der Bewirtung und Höhe der Aufwendungen; hat die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, so ist dem Vordruck die Rechnung über die Bewirtung, die vom Inhaber der Gaststätte unterschrieben sein muss, beizufügen.”

22  Der insoweit eindeutige Wortlaut entsprach dem seinerzeitigen gesetzgeberischen Willen, dass bei einer Bewirtung in einer Gaststätte die Aufwendungen durch eine Rechnung der Gaststätte belegt werden mussten (vgl. BTDrucks 7/2180, S. 16).

23  (2) Durch das StRefG 1990 hat sich an der Pflicht, im Fall der Gaststättenbewirtung die Rechnung über die Bewirtung beizufügen, nichts geändert. Neben der Begrenzung der abziehbaren Aufwendungen auf 80 % sollten die bestehenden gesetzlichen Nachweisanforderungen nach dem gesetzgeberischen Willen nur insoweit erleichtert werden, als dem Steuerpflichtigen freigestellt wurde, in welcher Form er die erforderlich schriftlichen Angaben zur Erfüllung seiner Nachweispflicht macht, so dass auf das Ausfüllen eines amtlichen Vordrucks verzichtet wurde. Bei einer Bewirtung in einer Gaststätte brauchten die Angaben zum Ort und Tag der Bewirtung sowie zu der Höhe der Aufwendungen nicht mehr gemacht werden, da sich diese aus der Rechnung ergeben. An der Pflicht, die Rechnung bei Gaststättenbewirtungen beizufügen, wollte der Gesetzgeber hingegen festhalten; lediglich auf das Erfordernis der Unterschrift des Inhabers der Gaststätte wollte man aus Vereinfachungsgründen verzichten (vgl. Begründung des Fraktionsentwurfs eines StRefG 1990 , BTDrucks 11/2157, S. 138 f., sowie der hinsichtlich des Texts des Entwurfs und der Begründung gleichlautende Regierungsentwurf eines StRefG 1990 , BTDrucks 11/2226, S. 5; ausdrücklich Erster Bericht des Finanzausschusses zu dem Fraktionsentwurf, BTDrucks 11/2536, S. 46 f., 76; vgl. auch BFH-Urteil vom 26. Februar 2004 IV R 50/01 , BFHE 205, 234 , BStBl II 2004, 502, unter II.1.).

24  dd) Schließlich spricht auch der Normzweck dafür, dass im Fall der Gaststättenbewirtung zwingend die Rechnung beizufügen ist und sich damit die Voraussetzungen zur Erfüllung der Nachweispflicht in diesem Fall allein aus § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG ergeben. Der Gaststättenrechnung kommt als Fremdbeleg eine erhöhte Nachweisfunktion zu. Die Gaststättenrechnung soll den Finanzämtern die Prüfung der Höhe und der betrieblichen Veranlassung von Bewirtungsaufwendungen erleichtern und den Abzug von nicht betrieblich veranlassten oder unangemessenen Bewirtungsaufwendungen als Betriebsausgaben erschweren (vgl. Meurer in Lademann, EStG , § 4 EStG Rz 677; BFH-Urteil vom 27. Juni 1990 I R 168/85 , BFHE 161, 125 , BStBl II 1990, 903, zur Rechtslage vor Inkrafttreten des StRefG 1990 ).

25  b) Die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG sind im Streitfall nicht erfüllt, so dass das FG unzutreffend Bewirtungsaufwendungen in Höhe von 4.100 DM für 1998, 8.969 DM für 1999 sowie 15.875 DM für 2000 als weitere Betriebsausgaben berücksichtigt hat.

26  aa) Durch die Einreichung der Eigenbelege haben die Kläger ihre Pflicht zur schriftlichen Angabe des Anlasses und der Teilnehmer der Bewirtung nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG erfüllt. Dass die Kläger in den Eigenbelegen weitere Angaben gemacht haben, ist insoweit unschädlich.

27  bb) Dass die Angabe des Klägers als bewirtende Person auf den ansonsten ordnungsgemäßen Rechnungen fehlte, steht dem Abzug der streitgegenständlichen Bewirtungsaufwendungen als Betriebsausgaben jedoch entgegen. Gaststättenrechnungen i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG müssen, sofern es sich nicht um Rechnungen über Kleinbeträge i.S. der Umsatzteuer-Durchführungsverordnung (UStDV ) handelt, den Namen des bewirtenden Steuerpflichtigen enthalten. Weder die entsprechende Angabe des Klägers als Bewirtendem auf den von ihm erstellten Eigenbelegen noch die eingereichten Kreditkartenabrechnungen machten die erforderliche Angabe des Steuerpflichtigen auf den Rechnungen entbehrlich.

28  (1) Nach der Rechtsprechung des BFH zu der Rechtslage vor Inkrafttreten des StRefG 1990 mussten die einzureichenden Gaststättenrechnungen grundsätzlich den Namen des bewirtenden Steuerpflichtigen enthalten, um dem Normzweck des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG in der Fassung vor dessen Änderung durch das StRefG 1990 (a.F.) zu genügen (BFH-Urteile in BFHE 161, 125 , BStBl II 1990, 903, und vom 2. Oktober 1990 VIII R 62/86, BFHE 162, 295 , BStBl II 1991, 174; ebenso die Finanzverwaltung: R 21 Abs. 8 EStR ; wie auch das Schrifttum: HHR/Stapperfend, § 4 EStG Rz 1235; Blümich/Wied, § 4 EStG Rz 742; Söhn, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 4 Rz H 202; Nacke in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, §§ 4, 5 Rz 1700; Frotscher in Frotscher, EStG , Freiburg 2011, § 4 Rz 693; Meurer in Lademann, a.a.O., § 4 EStG Rz 678 f. ) .

29  Der BFH hatte in seiner Entscheidung in BFHE 161, 125 , BStBl II 1990, 903 insoweit ausgeführt, dass sich dies aus dem Zweck des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG a.F. ergebe (dem folgend BFH-Urteil in BFHE 162, 295 , BStBl II 1991, 174; ebenso auf den Normzweck abstellend: Söhn, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 4 Rz H 202). Durch die Vorschrift solle den Finanzämtern die Prüfung der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Bewirtungsaufwendungen erleichtert und dadurch der Abzug von nicht betrieblich veranlassten oder unangemessenen Bewirtungsaufwendungen als Betriebsausgaben erschwert werden. Eine bloße Glaubhaftmachung der Höhe und der betrieblichen Veranlassung der Bewirtungsaufwendungen solle für den Abzug nicht ausreichen. Gaststättenrechnungen ohne Angabe des Namens des bewirtenden Steuerpflichtigen seien grundsätzlich als Nachweis der Bewirtungsaufwendungen ungeeignet, da sie nicht erkennen ließen, welchem Steuerpflichtigen die Aufwendungen entstanden seien. Besitze der Steuerpflichtige die Rechnung und lege er sie dem Finanzamt vor, dann sei dies zwar ein Beweisanzeichen dafür, dass ihm die Bewirtungsaufwendungen entstanden seien. Dieses Beweisanzeichen reiche aber als Nachweis nicht aus.

30  Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass Gaststättenrechnungen den Namen des bewirtenden Steuerpflichtigen enthalten müssten, gelte danach lediglich für Rechnungen über Kleinbeträge i.S. der UStDV . Diese Ausnahme für Kleinbetragsrechnungen i.S. der UStDV sei im Bereich der Ertragsteuern auf Gaststättenrechnungen entsprechend anzuwenden, denn nur so könne die mit ihr erstrebte Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens auch für das Gaststättengewerbe erreicht werden.

31  (2) Diese BFH-Rechtsprechung ist nach Auffassung des erkennenden Senats auf die in den Streitjahren geltende Rechtslage übertragbar. Gaststättenrechnungen ohne Angabe des Namens des bewirtenden Steuerpflichtigen sind als Nachweis der Bewirtungsaufwendungen grundsätzlich ungeeignet, da damit nicht belegt ist, wem die Aufwendungen entstanden sind und das Finanzamt weder die betriebliche Veranlassung noch die Angemessenheit der Bewirtungsaufwendungen prüfen kann (ebenso Söhn, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 4 Rz H 202; vgl. auch Frotscher in Frotscher, a.a.O., § 4 Rz 693; im Ergebnis ebenso: HHR/Stapperfend, § 4 EStG Rz 1235; Blümich/Wied, § 4 EStG Rz 742, und Meurer in Lademann, a.a.O., § 4 EStG Rz 679). Ohne eine solche Angabe besteht grundsätzlich die Gefahr, dass fremde Dritte Rechnungen an sich nehmen und als eigene Belege verwenden (Söhn, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 4 Rz H 202). Im Übrigen spricht auch der bestehen bleibende Gleichlauf mit dem Umsatzsteuerrecht für die Übertragbarkeit dieser Rechtsprechung; so benötigen vorsteuerabzugsberechtigte Steuerpflichtige ohnehin eine Rechnung, in welcher der Steuerpflichtige als Leistungsempfänger ausgewiesen ist.

32  (3) Die Angabe des Namens des bewirtenden Steuerpflichtigen in dem Eigenbeleg kann die entsprechende Angabe in der Rechnung nicht ersetzen (ebenso HHR/Stapperfend, § 4 EStG Rz 1235). Dies galt nach Auffassung des I. Senats (Urteil in BFHE 161, 125 , BStBl II 1990, 903) aufgrund der unterschiedlichen Nachweisfunktionen von Eigen- und Fremdbeleg auch bereits für die Rechtslage vor Inkrafttreten des StRefG 1990 . Hieran hat sich durch das StRefG 1990 nichts geändert.

33  Der Gaststättenrechnung als Fremdbeleg kommt weiterhin eine —im Vergleich zum Eigenbeleg— erhöhte Nachweisfunktion zu, so dass die Angabe des Namens des bewirtenden Steuerpflichtigen allein in dem Eigenbeleg nicht ausreichend ist, sondern vielmehr die Angabe auch auf der Gaststättenrechnung erforderlich bleibt. Denn der Name des bewirtenden Steuerpflichtigen kann nur durch den Gaststätteninhaber oder seinen Bevollmächtigten auf der Rechnung vermerkt werden (vgl. z.B. Söhn, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 4 Rz H 203), wie auch eine nachträgliche Ergänzung der Gaststättenrechnung um den Namen des Bewirtenden nur durch diese Personen erfolgen darf (ebenso: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 4 Rz H 205; HHR/Stapperfend, § 4 EStG Rz 1235; Frotscher in Frotscher, a.a.O., § 4 Rz 693; Blümich/Wied, § 4 EStG Rz 743; Meurer in Lademann, a.a.O., § 4 EStG Rz 679; so auch BFH-Urteile in BFHE 161, 125 , BStBl II 1990, 903, und in BFHE 162, 295 , BStBl II 1991, 174, beide zur Rechtslage vor Inkrafttreten des StRefG 1990 ).

34  (4) Auch die eingereichten Kreditkartenabrechnungen können —entgegen der Auffassung des FG— an diesem Ergebnis nichts ändern. Durch die Kreditkartenabrechnungen kann lediglich die Begleichung der Rechnung nachgewiesen werden, nicht jedoch die Frage der betrieblichen Veranlassung, also wer zu der Bewirtung eingeladen hat, d.h. Bewirtender war. Damit ist auch nach Inkrafttreten des StRefG 1990 die Angabe des Rechnungsadressaten auf der eingereichten Gaststättenrechnung (grundsätzlich) erforderlich. Vergleichbar verlangt eine Rechnung i.S. des § 35a EStG 2002 , dass sich aus der Rechnung jedenfalls die wesentlichen Grundlagen der steuerlich geförderten Leistungsbeziehung und somit auch der Empfänger der Dienstleistung entnehmen lassen (BFH-Urteil vom 29. Januar 2009 VI R 28/08 , BFHE 224, 255 , BStBl II 2010, 166).

III.

35  Die Revision der Kläger ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO ). Das FG hat revisionsrechtlich fehlerfrei die von den Klägern für die betrieblich genutzten Räume geltend gemachten Aufwendungen in den Streitjahren jeweils nur bis zur Höchstgrenze von 2.400 DM als Betriebsausgaben zugelassen.

36  1. Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG dürfen Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung den Gewinn nicht mindern. Dies gilt gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG nicht, wenn die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 % der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit beträgt oder wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesen Fällen wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 2.400 DM begrenzt, wobei die Beschränkung der Höhe nach nicht gilt, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG ).

37  2. Im Ergebnis zu Recht hat das FG die streitgegenständlichen Räume als häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG angesehen.

38  a) Der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers ist im Gesetz nicht näher bestimmt. Der Rechtsprechung des BFH zufolge erfasst die Bestimmung das häusliche Büro, d.h. einen Arbeitsraum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer Arbeiten dient (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 19. September 2002 VI R 70/01 , BFHE 200, 336 , BStBl II 2003, 139; vom 20. November 2003 IV R 30/03, BFHE 204, 176 , BStBl II 2004, 775; vom 22. November 2006 X R 1/05, BFHE 216, 110 , BStBl II 2007, 304, und vom 26. März 2009 VI R 15/07, BFHE 224, 444 , BStBl II 2009, 598). Der Nutzung entsprechend ist das häusliche Arbeitszimmer typischerweise mit Büromöbeln eingerichtet, wobei der Schreibtisch regelmäßig das zentrale Möbelstück darstellt (BFH-Urteile vom 20. November 2003 IV R 3/02 , BFHE 205, 46 , BStBl II 2005, 203; in BFHE 216, 110 , BStBl II 2007, 304, und in BFHE 224, 444 , BStBl II 2009, 598).

39  Aus dem Wesen des Typus des „häuslichen Arbeitszimmers” folgt, dass seine Grenzen fließend sind und dass es Übergangsformen gibt. Der jeweilige Sachverhalt muss dem Typus wertend zugeordnet werden (BFH-Urteile in BFHE 200, 336 , BStBl II 2003, 139, und in BFHE 216, 110 , BStBl II 2007, 304). Ob ein Raum als häusliches Arbeitszimmer anzusehen ist, lässt sich daher nur aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls entscheiden (BFH-Urteile vom 16. Oktober 2002 XI R 89/00 , BFHE 201, 27 , BStBl II 2003, 185, und in BFHE 224, 444 , BStBl II 2009, 598). Insoweit ist das „häusliche Arbeitszimmer” von Betriebsstätten ähnlichen Räumen im Wohnbereich abzugrenzen, für die die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG nicht gilt (BFH-Urteil vom 9. August 2011 VIII R 4/09 , BFH/NV 2012, 200 ; Schmidt/Heinicke, EStG , 31. Aufl., § 4 Rz 591, m.w.N.; vgl. auch Blümich/Wied, § 4 EStG 84 0). Ohne Bedeutung für die Qualifizierung als Arbeitszimmer ist es dagegen, ob der Raum eine Betriebsstätte i.S. des § 12 AO darstellt (BFH-Entscheidungen in BFHE 201, 27 , BStBl II 2003, 185; vom 23. März 2005 III R 17/03, BFH/NV 2005, 1537 , und vom 2. Dezember 2009 VIII B 219/08, BFH/NV 2010, 431 ).

40  b) Im Ergebnis zu Recht hat das FG angenommen, dass die streitgegenständlichen Räume im Kellergeschoss sowie im ersten Obergeschoss eine funktionale Einheit bildeten, so dass die Qualifizierung als häusliches Arbeitszimmer für die Räume gemeinsam vorzunehmen war.

41  aa) Begehrt der Steuerpflichtige den Betriebsausgabenabzug für mehrere in seine häusliche Sphäre eingebundene Räume, ist die Qualifizierung als häusliches Arbeitszimmer grundsätzlich für jeden Raum gesondert vorzunehmen. Eine gemeinsame Qualifizierung kommt nur dann in Betracht, wenn die Räume eine funktionale Einheit bilden. Denn es kann keinen Unterschied machen, ob aufgrund der räumlichen Situation die Nutzung in einem oder in mehreren Räumen erfolgt (BFH-Urteile in BFHE 200, 336 , BStBl II 2003, 139; in BFHE 204, 176 , BStBl II 2004, 775, und vom 9. November 2006 IV R 2/06, BFH/NV 2007, 677 ).

42  bb) Insbesondere bei Zugrundelegung der Grundrisszeichnungen, die durch ausdrückliche Bezugnahme im Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils von den bindenden Feststellungen des FG umfasst sind,   bildeten die Büroräume sowie der Ablage- und Archivraum im Kellergeschoss sowie die Besprechungsräume im Kellergeschoss und ersten Obergeschoss eine funktionale Einheit, da alle Räume mit den Beratungs- und Vermittlungsleistungen des Klägers als „externe Exportabteilung” mittelständischer Unternehmen in Zusammenhang standen.

43  Der Ablage- und Archivraum erfüllte insoweit (Teil-)Funktionen, die typischerweise einem häuslichen Arbeitszimmer zukommen. In einem Arbeitszimmer werden regelmäßig auch Bücher und Akten aufbewahrt; zu diesem Zweck ist der betreffende Raum typischerweise mit Regalen oder ähnlichen Möbeln ausgestattet. Ebenso gehört das Einordnen, Sichten und Heraussuchen von Unterlagen regelmäßig zu den in einem Arbeitszimmer verrichteten Tätigkeiten, so dass Büroräume und Ablage- und Archivraum als funktionale Einheit betrachtet werden müssen (vgl. grundlegend BFH-Urteil in BFHE 200, 336 , BStBl II 2003, 139).

44  Ebenso verhält es sich mit den Besprechungsräumen. Allein der Umstand, dass in einem als Büro genutzten Raum gelegentlich Beratungsgespräche geführt werden, führt nicht dazu, die Eigenschaft des Büros als häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG zu verneinen (vgl. BFH-Urteile vom 23. September 1999 VI R 74/98 , BFHE 189, 438 , BStBl II 2000, 7, und in BFH/NV 2007, 677 ). Gleiches muss gelten, wenn die Funktion, gelegentliche Besprechungen zu ermöglichen, in einen separaten Raum ausgelagert wird.

45  c) Das FG hat zutreffend die streitgegenständlichen Räume als häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG qualifiziert.

46  aa) Die Räume waren in die häusliche Sphäre der Kläger eingebunden, mit Büromöbeln ausgestattet und wurden büromäßig genutzt.

47  In die häusliche Sphäre eingebunden und damit grundsätzlich als häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG anzusehen ist eine funktionale Büroeinheit regelmäßig dann, wenn sich diese in Räumen befindet, die zur privat genutzten Wohnung bzw. zum Wohnhaus des Steuerpflichtigen gehören (vgl. BFH-Urteile in BFHE 204, 176 , BStBl II 2004, 775; vom 18. August 2005 VI R 39/04, BFHE 211, 447 , BStBl II 2006, 428, und in BFH/NV 2007, 677 ). Können hingegen die als Arbeitszimmer genutzten Räumlichkeiten nicht der privaten Wohnung bzw. dem Wohnhaus des Steuerpflichtigen zugerechnet werden, so stellen sie in der Regel auch kein „häusliches” Arbeitszimmer dar. In diesem Sinne bestimmt sich die Häuslichkeit beruflich genutzter Räumlichkeiten danach, ob sie sich unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls als dem Wohnbereich und damit der privaten Lebenssphäre des Steuerpflichtigen zugehörig darstellen. Das ist dann der Fall, wenn die Räumlichkeiten mit den privaten Wohnräumen des Steuerpflichtigen aufgrund der unmittelbaren räumlichen Nähe als gemeinsame Wohneinheit verbunden sind (BFH-Urteil in BFHE 211, 447 , BStBl II 2006, 428).

48  Dies ist vorliegend in Bezug auf den Besprechungsraum im ersten Obergeschoss ohne Weiteres der Fall. Aber auch hinsichtlich der im Kellergeschoss gelegenen Räumlichkeiten hat das FG zutreffend darauf abgestellt, dass diese zwar über einen separaten Hauseingang verfügten, sie aber ebenso über die Innentreppe aus dem Wohnbereich der Kläger erreicht werden konnten. Darüber hinaus hat das FG zu Recht berücksichtigt, dass sich im Kellergeschoss neben den streitgegenständlichen Räumen als privat genutzte Räume ein Vorratslager, ein Badezimmer sowie der Heizungskeller befanden.

49  bb) Das FG hat im Ergebnis zu Recht das Vorliegen von Betriebsstätten ähnlichen Räumen im Wohnbereich und damit ein Herausfallen der Räumlichkeiten aus dem Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG verneint.

50  Ein im privaten Wohnhaus gelegenes Büro kann dann aus dem Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG herausfallen, wenn aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls die Einbindung des Büros in die häusliche Sphäre aufgehoben oder überlagert wird (BFH-Urteile in BFHE 204, 176 , BStBl II 2004, 775; in BFHE 205, 46 , BStBl II 2005, 203, und in BFH/NV 2007, 677 ).

51  (1) Entscheidend für die Annahme eines häuslichen Arbeitszimmers ist insoweit, dass die von dem Steuerpflichtigen genutzte funktionale Büroeinheit nicht für einen intensiven und dauerhaften Publikumsverkehr geöffnet ist (BFH-Urteile vom 23. Januar 2003 IV R 71/00 , BFHE 201, 269 , BStBl II 2004, 43, und vom 31. März 2004 X R 1/03, BFH/NV 2004, 1387 ). Insoweit kann auch die nach außen erkennbare Widmung der Räumlichkeiten für den Publikumsverkehr zur Folge haben, dass diese nicht der Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG unterfallen (BFH-Urteil in BFHE 205, 46 , BStBl II 2005, 203, in Bezug auf eine ärztliche Notfallpraxis). Ein Herausfallen aus dem Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG ist allerdings nicht schon allein deshalb gegeben, weil ein Steuerpflichtiger die von ihm genutzten Räumlichkeiten gelegentlich für Beratungsgespräche benutzt (BFH-Urteil in BFH/NV 2007, 677 ; vgl. auch BFH-Urteil in BFHE 189, 438 , BStBl II 2000, 7). Umstände, die die Einbindung in die häusliche Sphäre aufheben oder überlagern, können aber dann gegeben sein, wenn die funktionale Büroeinheit auch von dritten, nicht familienangehörigen und auch nicht haushaltszugehörigen Personen genutzt wird (BFH-Urteile in BFHE 205, 46 , BStBl II 2005, 203, und in BFH/NV 2007, 677 ).

52  (2) Zutreffend hat das FG insoweit berücksichtigt, dass es nach den Angaben des Klägers in den Streitjahren nur zu gelegentlichen Zusammenkünften mit den Auftraggebern in den streitgegenständlichen Räumlichkeiten kam, die dieser aus dem Gedächtnis pauschal mit zwei- bis dreimal pro Monat angegeben hat. Dies erfüllt nicht die Anforderungen, die an einen intensiven und dauerhaften Publikumsverkehr zu stellen sind. Im Übrigen waren die Räumlichkeiten auch nicht nach außen erkennbar dem Publikumsverkehr gewidmet.

53  Im Rahmen der Gesamtwürdigung ist das FG auch auf die Behauptung des Klägers im Erörterungstermin am 16. November 2009 eingegangen, eine Aushilfskraft beschäftigt zu haben, was im Gegensatz zu den Ausführungen in der Klageschrift vom 20. März 2007 steht. Insoweit hat das FG —revisionsrechtlich bedenkenfrei— darauf abgestellt, dass sich in den Gewinn- und Verlustrechnungen des klägerischen Einzelunternehmens für die Streitjahre keinerlei Personalaufwendungen finden, und ist zu dem Schluss gekommen, dass der Kläger sich nicht der Hilfe von Arbeitnehmern bedient hat. Der Plan, zukünftig Arbeitnehmer zu beschäftigen, genügt nicht, da allein die Nutzung in den Streitjahren entscheidend ist (vgl. BFH-Urteil in BFHE 205, 46 , BStBl II 2005, 203, unter 5.b bb). Auch die Beschäftigung der Klägerin zur Ausführung der notwendigen Arbeiten während der Abwesenheit des Klägers steht der Anwendbarkeit des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG nicht entgegen (vgl. BFH-Entscheidungen vom 26. September 2005 XI B 57/04, BFH/NV 2006, 517 , und in BFH/NV 2007, 677 ).

54  Zutreffend hat das FG schließlich ausgeführt, dass in der Größe der Räumlichkeiten angesichts der gesamten Wohn- und Nutzfläche des Wohnhauses von 347,56 qm kein Anhaltspunkt gegen eine Qualifizierung der streitgegenständlichen Räume als häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG gesehen werden kann (vgl. zu diesem Kriterium BFH-Urteil vom 15. Dezember 2004 XI R 14/03 , GmbH-Rundschau 2005, 1215).

55  (3) Im Ergebnis zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass die Zuordnung der streitgegenständlichen Räumlichkeiten zum notwendigen Betriebsvermögen und die daraus folgende Steuerbarkeit des Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinns der Qualifizierung der Räumlichkeiten als häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG nicht entgegensteht.

56  Die nicht vollständige Abziehbarkeit der Absetzung für Abnutzung (AfA) auf ein zum Betriebsvermögen gehörendes Wirtschaftsgut kann allenfalls dann zu einer einkommensteuerrechtlichen Doppelbelastung führen, wenn der Buchwert dieses Wirtschaftsguts in die Ermittlung eines Veräußerungs- oder Aufgabengewinns einbezogen wird. Dieses Problem stellt sich erst im Jahr 2001 wegen der dann erfolgten Betriebsaufgabe, nicht aber bereits für die Streitjahre. Der erkennende Senat kann daher offenlassen, ob es im Fall der Erzielung eines Veräußerungs- oder Aufgabegewinns unbeachtlich ist, ob die AfA zuvor ganz oder zum Teil nicht absetzbar war (so Schmidt/Heinicke, a.a.O., § 4 Rz 599) oder dies wegen des Gebots der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen ist (BFH-Urteile vom 28. August 2003 IV R 38/01 , BFH/NV 2004, 327 , und vom 6. Juli 2005 XI R 87/03, BFHE 210, 493 , BStBl II 2006, 18; ebenso HHR/Paul, § 4 EStG Rz 1537).

57  3. Auch die Würdigung des FG, das Arbeitszimmer bilde nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Klägers (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG ), lässt keine Rechtsfehler erkennen.

58  a) Das häusliche Arbeitszimmer eines Steuerpflichtigen, der lediglich eine einzige Tätigkeit —teils im Arbeitszimmer, teils auswärts— ausübt, ist Mittelpunkt seiner gesamten Betätigung, wenn er dort diejenigen Handlungen vornimmt und Leistungen erbringt, die für den konkret ausgeübten Beruf wesentlich und prägend sind. Dieser Mittelpunkt bestimmt sich nach dem inhaltlichen (qualitativen) Schwerpunkt der Betätigung des Steuerpflichtigen; dem zeitlichen (quantitativen) Umfang der Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers kommt lediglich eine indizielle Bedeutung zu (ständige Rechtsprechung des BFH, Urteile vom 13. November 2002 VI R 28/02, BFHE 201, 106 , BStBl II 2004, 59; in BFHE 201, 269 , BStBl II 2004, 43; in BFH/NV 2005, 1537 , und in BFHE 216, 110 , BStBl II 2007, 304).

59  Wo dieser Schwerpunkt liegt, ist im Wege einer Wertung der Gesamttätigkeit des Steuerpflichtigen festzustellen; die darauf bezogene Würdigung aller Umstände des Einzelfalls obliegt dem FG als Tatsacheninstanz (BFH-Urteile in BFHE 201, 106 , BStBl II 2004, 59; in BFHE 201, 269 , BStBl II 2004, 43; in BFH/NV 2005, 1537 , und in BFHE 224, 444 , BStBl II 2009, 598).

60  b) Von diesen Grundsätzen ausgehend hat das FG den festgestellten Sachverhalt dahingehend gewürdigt, dass der Kläger die für sein Geschäftsmodell wesentlichen und prägenden Beratungs- und Vermittlungsleistungen größtenteils außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers im Rahmen von persönlichen Treffen mit potentiellen Kunden erbrachte.

61  c) Diese Würdigung ist revisionsrechtlich bedenkenfrei, zumal der BFH sie nur daraufhin überprüfen kann, ob sie verfahrensfehlerfrei zustande gekommen ist und mit den Denkgesetzen und den allgemeinen Erfahrungssätzen im Einklang steht. Ist dies —wie im Streitfall— zu bejahen, so ist die Tatsachenwürdigung selbst dann für den BFH bindend, wenn sie nicht zwingend, sondern nur möglich ist (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 5. Mai 1999 XI R 6/98 , BFHE 188, 415 , BStBl II 1999, 735, und vom 4. September 2003 V R 9, 10/02, BFHE 203, 389 , BStBl II 2004, 627; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung , 7. Aufl., § 118 Rz 54).

62  Zutreffend hat das FG seiner Tatsachenwürdigung maßgeblich das Geschäftsmodell des Klägers zu Grunde gelegt. Nach den insoweit seitens der Kläger nicht angegriffenen und damit bindenden Feststellungen des FG wollte der Kläger Dienstleistungen als „externe Exportabteilung” mittelständischer Unternehmen erbringen. Insoweit hat das FG rechtsfehlerfrei darauf abgestellt, dass die Tätigkeit des Klägers mit der Sondierung internationaler Märkte, vor allem des amerikanischen Marktes, verbunden gewesen sei, die weitgehend eine Anwesenheit vor Ort erforderlich machte.

63  Das FG hat —rechtsfehlerfrei— zwar auch indiziell dem quantitativen Aspekt, nämlich der zeitintensiven außerhäuslichen Tätigkeit, die das FG insbesondere auf die Höhe der angefallenen Reisekosten und Bewirtungsaufwendungen stützte, Gewicht beigemessen. Im Vordergrund der Gesamtwürdigung des FG stand aber die Beurteilung des qualitativen Schwerpunkts der Betätigung des Klägers. Auch wenn es sich, wie die Kläger in ihrer Revisionsbegründung anführen, bei der Tätigkeit nicht um eine „klassische Außendiensttätigkeit”, wie beispielsweise die eines Versicherungsvertreters, gehandelt habe, begegnet die Tatsachenwürdigung des FG hinsichtlich des Mittelpunktes der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Klägers —aus den oben dargestellten Gründen— keinen revisionsrechtlichen Bedenken.

 

Teilwertabschreibung bei festverzinslichen Wertpapieren (BayLfSt)

Voraussichtlich dauernde Wertminderung bei festverzinslichen Wertpapieren im Umlaufvermögen; Anwendung der Grundsätze des BFH-Urteils vom 8. Juni 2011 – I R 98/10 – (BStBl 2012 II S. 716 )

Der BFH hat mit Urteil vom 8. Juni 2011 – I R 98/10 – (BStBl 2012 II S. 716 entschieden, dass bei festverzinslichen Wertpapieren, die eine Forderung in Höhe des Nominalwerts der Forderung verbriefen, eine Teilwertabschreibung unter ihren Nennwert allein wegen gesunkener Kurse regelmäßig nicht zulässig ist. Dies gilt auch dann, wenn die Wertpapiere zum Umlaufvermögen gehören.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder nehme ich zur Anwendung der Urteilsgrundsätze wie folgt Stellung:

Die Grundsätze dieses Urteils sind über den entschiedenen Einzelfall hinaus anwendbar, wenn es sich um festverzinsliche Wertpapiere im Umlaufvermögen handelt, kein Bonitäts- und Liquiditätsrisiko hinsichtlich der Rückzahlung der Nominalbeträge besteht und die Wertpapiere bei Endfälligkeit zu ihrem Nennwert eingelöst werden können.

Die Rzn. 24 und 25 (Lösung zu Beispiel 6) des BMF-Schreibens vom 25. Februar 2000 (BStBl 2000 I S. 372 ) sind insoweit überholt.

Die Grundsätze des BFH-Urteils vom 8. Juni 2011 (a. a. O.) zur Bewertung von festverzinslichen Wertpapieren im Umlaufvermögen können frühestens in der ersten nach dem 8. Juni 2011 (Tag der BFH-Entscheidung) aufzustellenden Bilanz berücksichtigt werden; sie sind spätestens in der ersten auf einen Bilanzstichtag nach dem 22. Oktober 2012 aufzustellenden Bilanz (Tag der Veröffentlichung des BFH-Urteils im BStBl II) anzuwenden.

Die Bewertung festverzinslicher Wertpapiere im Anlagevermögen wird durch diese Regelung nicht berührt. Insoweit verbleibt es bei der bisher bereits durch Verwaltungsauffassung geregelten Bewertung zum Nominalwert (vgl. Rz. 16 des BMF-Schreibens vom 25. Februar 2000 (a. a. O.).

Inhaltlich gleichlautend

Bayerisches Landesamt für Steuern v. 14.09.2012 – S 2171 b.2.1-3/2 St 32

Umsatzsteuervorauszahlung als regelmäßig wiederkehrende Ausgabe (FG)

 „Kurze Zeit” i.S.d. § 11 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 EStG

 Leitsatz

  1. 1.            Ausgaben sind für das Kj abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind.
  2. 2.            Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG gelten regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die dem Stpfl. kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kj, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, als in diesem Kj bezogen.
  3. 3.            USt-Vorauszahlungen sind regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, deren Wiederholung i.d.R. von vornherein feststeht.
  4. 4.            Als „kurze Zeit” i.S.d. § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG gilt ein Zeitraum von bis zu 10 Tagen.
  5. 5.            Eine Erweiterung dieser Höchstgrenze kommt auch mit Blick auf § 108 Abs. 1 AO nicht in Betracht.

 Gesetze

EStG § 11
UStG § 18 Abs. 1 Satz 3
Verfahrensstand:  Diese Entscheidung ist vorläufig nicht rechtskräftig

 Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob eine am 11. Januar 2010 gezahlte Umsatzsteuervorauszahlung für das 4. Quartal 2009 in Höhe von 3.357,69 € als Betriebsausgabe bei den Einkünften des Klägers aus selbständiger Arbeit für das Jahr 2009 zu berücksichtigen ist.

Der Kläger ist als Rechtsanwalt tätig und erzielt Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Seinen Gewinn ermittelt er als Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (im Folgenden: EStG ). Umsatzsteuerlich ist der Voranmeldungszeitraum nach § 18 Abs. 2 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (im Folgenden: UStG ) das Kalendervierteljahr. Die Umsatzsteuervoranmeldung für das 4. Quartal 2009 wurde am 11. Januar 2010 von dem Kläger eingereicht. Gleichzeitigt wurde die entsprechende Umsatzsteuervorauszahlung in Höhe von 3.357,69 € geleistet.

In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2009 erklärte der Kläger einen Gewinn aus seiner Rechtsanwaltstätigkeit in Höhe von 41.125,49 €. Die Umsatzsteuervorauszahlung in Höhe von 3.357,69 € war bei der Gewinnermittlung als Betriebsausgabe berücksichtigt worden.

Am 31. Januar 2011 erließ der Beklagte einen Bescheid über Einkommensteuer für das Jahr 2009, in dem es u.a. diese von den Klägern geltend gemachte Betriebsausgabe nicht anerkannte. In den Erläuterungen zu dem Bescheid heißt es: „In der Gewinnermittlung wurde die Umsatzsteuer von Ihne[n] unzutreffend berücksichtigt. Die Abweichungen sind der in der Anlage beigefügten Kopie der geänderten Anlage EÜR zu entnehmen”. Dem Steuerbescheid war eine handschriftlich kommentierte Kopie der von den Klägern eingereichten Anlage EÜR sowie ein Kontoauszug des Beklagten beigefügt.

Nach erfolglosem Vorverfahren haben die Kläger Klage erhoben.

Sie sind der Auffassung, der angefochtene Steuerbescheid sei bereits aus dem Grunde formell rechtswidrig und unwirksam, weil die durch den Beklagten vorgenommenen Abweichungen gegenüber der Steuererklärung nicht nachvollziehbar seien.

Darüber hinaus sei die Umsatzsteuervorauszahlung für das 4. Quartal 2009 als Betriebsausgabe für das Jahr 2009 zu berücksichtigen. Es handele sich um regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres 2009 abgeflossen und deshalb nach § 11 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 EStG in diesem Jahr 2009 anzusetzen seien. Soweit der Beklagte die Wendung „kurze Zeit” in dieser Vorschrift auf einen Zeitraum von 10 Tagen begrenze, müsse dabei berücksichtigt werden, dass der zehnte Tag des Jahres 2010 ein Sonntag gewesen sei und deshalb nach § 193 des Bürgerlichen Gesetzbuches (im Folgenden: BGB ) für Fristberechnungen der darauffolgende Werktag maßgeblich sei. Da die Zahlung der Umsatzsteuervorauszahlung unstreitig am 11. Januar 2010 erfolgt sei, lägen die Voraussetzungen der Zurechnung der Aufwendung zum Jahr 2009 vor.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

unter Änderung des Bescheides über Einkommensteuer für das Jahr 2009 vom 31. Januar 2011 in der Fassung des Einspruchsbescheides vom 10. November 2011 die Einkommensteuer unter Berücksichtigung der Umsatzsteuervorauszahlung für das 4. Quartal 2009 in Höhe von 3.357,69 € als Betriebsausgabe bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, die Zahlung der Umsatzsteuervorauszahlung könne keine Berücksichtigung bei der Steuerfestsetzung für das Jahr 2009 finden. Es entspreche der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (im Folgenden: BFH), dass der unbestimmte Rechtsbegriff „kurze Zeit” in § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG nur dann als erfüllt angesehen werde, wenn die Zahlung innerhalb eines Zeitraumes von 10 Tagen nach Beendigung des Kalenderjahres geleistet wurde, zu dem sie gehört. Dies sei im Streitfall nicht erfüllt.

Die Beteiligten haben einer Entscheidung durch den Berichterstatter (§ 79a Abs. 3 und 4 der Finanzgerichtsordnung) zugestimmt und einvernehmlich auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

 Gründe

I. Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Steuerbescheid ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO ).

1. Die von dem Kläger am 11. Januar 2010 geleistete Umsatzsteuer in Höhe von 3.357,69 € kann nicht als Betriebsausgabe des Jahres 2009 berücksichtigt werden.

a. Nach § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG sind Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind. § 11 Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 Satz 2 EStG bestimmt, dass regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehören, zugeflossen sind, als in diesem Kalenderjahr bezogen gelten.

a. Umsatzsteuer-Vorauszahlungen sind regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, deren Wiederholung bei der Art der von dem Kläger erbrachten Leistungen von vornherein feststeht (BFH-Urteil vom 1. August 2007 – XI R 48/05 , BStBl. II 2008, 282; BFHE 218, 372 ), so dass § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG anwendbar ist.

b. Als „kurze Zeit” im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG gilt nach der ständigen Rechtsprechung des BFH – wie der Beklagte zutreffend ausführt – ein Zeitraum von bis zu 10 Tagen (vgl. nur BFH-Urteile vom 13. März 1964 – VI 152/63 , juris; vom 9. Mai 1974 – VI R 161/72, BFHE 112, 373 , BStBl II 1974, 547; vom 10. Dezember 1985 – VIII R 15/83, BFHE 145, 538 , BStBl II 1986, 342; vom 24. Juli 1986 – IV R 309/84, BFHE 147, 419 , BStBl II 1987, 16; vom 6. Juli 1995 – IV R 63/94, BFHE 178, 326 , BStBl II 1996, 266; vom 6. Juli 1995 – IV R 72/94, BFH/NV 1996, 209 ; vom 6. März 1997 – IV R 47/95, BFHE 183, 78 , BStBl II 1997, 509; vom 23. September 1999 – IV R 1/99, BFHE 190, 335 , BStBl II 2000, 121).

In seiner Entscheidung vom 6. November 2002 (X B 30/02, BFH/NV 2003, 169 ) hat der Bundesfinanzhof ausdrücklich klargestellt, dass eine Erweiterung dieser Höchstgrenze unter Berufung auf besondere Verhältnisse des Einzelfalls nicht in Betracht kommt.

Auch der von dem Kläger angeführte § 193 BGB führt zu keinem anderen Ergebnis. Ist danach an einem bestimmten Tage oder innerhalb einer Frist eine Willenserklärung abzugeben oder eine Leistung zu bewirken und fällt der bestimmte Tag oder der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag, einen am Erklärungs- oder Leistungsort staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so tritt an die Stelle eines solchen Tages der nächste Werktag.

Zwar gilt die Regelung nach § 108 Abs. 1 AO auch im Steuerverfahrensrecht, sie findet jedoch keine Anwendung auf die Fälle der vom Zu- und Abflussprinzip abweichenden zeitlichen Zurechnung regelmäßig wiederkehrender Einnahmen oder Ausgaben in § 11 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 EStG . Es fehlt hier schon an der Voraussetzung, wonach eine Leistung zu bewirken „ist”. § 11 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 EStG regeln nicht eine Zahlungspflicht, sondern knüpfen nur an eine tatsächlich in dem dort nicht näher bestimmten Zeitraum geleistete Zahlung an, um daran die vom Grundsatz abweichende zeitliche Zurechnung zu bestimmen.

Die Fälligkeit einer Umsatzsteuervorauszahlung bestimmt sich alleine nach § 18 Abs. 1 Satz 3 des Umsatzsteuergesetzes , wonach die Zahlung am 10. Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums fällig ist. Diese Zahlungsfrist verlängert sich nach § 108 Abs. 1 AO i.V.m. § 193 BGB bis zum folgenden Werktag, wenn sie auf einen Sonn- und Feiertag oder einen Sonnabend fällt. Diese Verlängerung hat aber auf den Zeitraum des § 11 EStG keinen Einfluss.

c. Im Streitfall kommt eine Berücksichtigung der von dem Kläger am 11. Januar 2010 gezahlten Umsatzsteuervorauszahlung für das 4. Quartal 2009 als Betriebsausgabe des Jahres 2009 nicht in Betracht. Die Zahlung ist nicht innerhalb des genannten Zehntageszeitraums erfolgt.

2. Auch die Begründung der angefochtenen Steuerfestsetzung durch den Beklagten hinsichtlich seiner Abweichungen von der Steuererklärung des Klägers führt zu keinem anderen Ergebnis. Nach §§ 126 Abs. 1 Nr. 2 AO ist eine Verletzung von Verfahrens- oder Formschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 125 AO nichtig macht, insbesondere dann unbeachtlich, wenn die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird. Dies kann nach § 126 Abs. 2 AO bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens erfolgen.

Im Streitfall hat der Beklagte in den Erläuterungen des Bescheides darauf hingewiesen, dass er im Steuerbescheid hinsichtlich der von dem Kläger erklärten Umsatzsteuerzahlungen abgewichen ist und dies durch Anlagen näher erläutert. Er hat diese Erläuterungen im Einspruchs- und auch im Klageverfahren weiter ergänzt.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO .

 

Auswirkung des BilMoG auf die Steuerbilanz

Gegenüberstellung der wesentlichen Abweichungen zwischen Handelsbilanz und Steuerbilanz unter Geltung des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG)

Nach dem Maßgeblichkeitsgrundsatz in § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG ist bei Gewerbetreibenden für den Schluss des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist (1. Halbsatz), es sei denn, im Rahmen der Ausübung eines steuerlichen Wahlrechts wird oder wurde ein anderer Ansatz gewählt (2. Halbsatz, durch das BilMoG ergänzt).

Dieser Grundsatz war bereits bisher wegen des Bewertungsvorbehalts in § 5 Abs. 6 EStG durchbrochen. Danach gehen steuerliche Bewertungsvorschriften, insbesondere die §§ 6 bis 7k EStG sowie steuerlicher Sonderregelungen, wie z. B. das Verbot in § 5 Abs. 4a EStG eine Rückstellung für drohende Verluste zu bilden, den handelsrechtlichen Vorschriften vor. Daran hat sich durch das BilMoG nichts geändert.

Neu ist, dass steuerliche Wahlrechte unabhängig von der Handelsbilanz ausgeübt werden können. Wahlrechte, die sowohl handels- als auch steuerrechtlich bestehen, können demnach (erstmals für Bilanzstichtage nach dem 31.12.2008, d. h. ab VZ 2009) in der Handels- und der Steuerbilanz unterschiedlich ausgeübt werden ( BMF-Schreiben vom 12.03.2010 , BStBl 2010 I S. 239). Die Ausübung steuerlicher Wahlrechte muss nach § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG n. F. jedoch besonders dokumentiert werden, sofern sich die erforderlichen Angaben (Zeitpunkt der Anschaffung, Anschaffungskosten, Rechtsgrundlage des in Anspruch genommenen Wahlrechts und der vorgenommenen Abschreibungen) nicht aus dem Anlageverzeichnis ergeben.

Weggefallen ist allerdings die umgekehrte Maßgeblichkeit (Streichung des § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG a. F.), nach der bisher steuerliche Wahlrechte in Übereinstimmung mit der Handelsbilanz auszuüben waren. In diesem Zusammenhang sind auch die handelsrechtlichen Öffnungsklauseln (§§ 254, 247 Abs. 3, 273 HGB a. F. Sonderposten mit Rücklagenanteil) gestrichen worden, mit denen steuerliche Wahlrechte, z. B. die Bildung einer Rücklage nach § 6b EStG, in die Handelsbilanz übertragen werden konnten.

 

HGB-Regelung im BilMoG

Inhalt der Neuregelung

Behandlung in der Steuerbilanz

Steuerliche Korrektur erforderlich?

§ 246 Abs. 1 Satz 2 HGB
Vermögensgegenstände sind dem wirtschaftlichen Eigentümer zuzurechnen.
ebenso Bereits bisher schon in § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO geregelt
Nein
§ 246 Abs. 2 Satz 2 HGB
Saldierung von bestimmten Vermögensgegenständen, z. B. Rückdeckungsversicherungen mit Pensionsrückstellungen
Saldierungsverbot (§ 5 Abs. 1a EStG) führt zur Durchbrechung der Maßgeblichkeit
Ja keine Saldierung
§ 248 Abs. 2 Satz 1 HGB
Aktivierungswahlrecht für nicht entgeltlich erworbene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, z. B. selbst geschaffene Patente
steuerliches Aktivierungsverbot (§ 5 Abs. 2 EStG) führt wie bisher zur Durchbrechung der Maßgeblichkeit
Ja bei Aktivierung in der Handelsbilanz
§ 246 Abs. 1 Satz 4 HGB
Aktivierungspflicht für den entgeltlich erworbenen Geschäfts- oder Firmenwert; Abschreibung auf individuelle Nutzungsdauer (i. d. R. max. fünf Jahre)
Aktivierungspflicht und lineare Abschreibung auf 15 Jahre (§ 7 Abs. 1 Satz 3 EStG) gilt weiter
Ja AfA auf 15 Jahre linear
§ 250 Abs. 1 Satz 2 HGBgestrichen
kein ARAP für als Aufwand abgezogene Zölle und Verbrauchsteuern auf Vorratsvermögen sowie für als Aufwand abgezogene USt auf Anzahlungen
Weiterhin Aktivierungspflicht nach§ 5 Abs. 5 Satz 2 EStG
Ja Aufwand nicht sofort abzugsfähig
§ 249 Abs. 1 Satz 3 HGBgestrichen§ 249 Abs. 2 HGB
keine allgemeineAufwandsrückstellungen sowie für unterlassene Instandhaltungen, die mehr als drei Monate nach Ablauf des Wirtschaftsjahres nachgeholt werden
ebenso Das bisherige Passivierungsverbot bei handelsrechtlichen Passivierungswahlrechten gilt weiterhin.
Nein
§ 255 Abs. 2 Satz 2 HGB
zwingende Einbeziehung der Material- und Fertigungsgemeinkosten sowie des Wertverzehrs des Anlagevermögens in die Herstellungskosten
ebenso Bereits bisher waren Materialeinzel- und Materialgemeinkosten sowie der Wertverzehr des Anlagevermögens in die Herstellungskosten einzubeziehen (R 6.3 Abs. 1 EStR 2008).
Nein
§ 255 Abs. 2 Satz 3 HGB
Wahlrecht (unverändert), Kosten der Verwaltung sowie Aufwendungen für soziale Einrichtungen, freiwillige soziale Leistungen und für diebetriebliche Altersversorgung in die Herstellungskosten einzubeziehen
Bis zur Veröffentlichung der EStR 2012 keine Abweichung, d. h. das Wahlrecht gilt für die steuerlichen HK (R 6.3 Abs. 4 EStR 2008). Danach zwingende Einbeziehung dieser Aufwendungen in die steuerlichen HK (BMF-Schreiben vom 22.06.2010, BStBl 2010 I S. 597)
Nein
§ 253 Abs. 3Satz 3 undSatz 4 HGB
Anlagevermögen: keine außerplanmäßige Abschreibung bei nur vorübergehender Wertminderung. Außerplanmäßige Abschreibung (wie bisher) bei vor-aussichtlich dauernder Wertminderung zwingend.

Ausnahme: bei Finanzanlagevermögen schon bei vorübergehender Wertminderung

Teilwertabschreibungen waren bereits bisher nur bei vor-aussichtlich dauerhafter Wertminderung zulässig (Kann-Regelung, § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2, Nr. 2 Satz 2 EStG). Dieses Wahlrecht kann jetzt unabhängig von der Handelsbilanz ausgeübt werden, d. h. insoweit keine Maßgeblichkeit der Handelsbilanz mehr.
grundsätzlich Nein
§ 253 Abs. 4 HGB
Umlaufvermögen: strenges Niederstwertprinzip bei jeder Wertminderung
grundsätzlich ebenso, wenn Wertminderung bis zum Bilanz-erstellungstag anhält
grundsätzlich Nein
§ 253 Abs. 5 Satz 1 HGB
Wertaufholungsgebot, wenn die Gründe für eine außerplanmäßige Abschreibung nicht mehr bestehen.
Wertaufholungsgebot bestand bereits bisher (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 und Nr. 2 Satz 3 EStG)
Nein
§ 256 Satz 1 HGB
nur noch Lifo- und Fifo-Methode bei der Bewertung des Vorratsvermögens zulässig
Steuerlich ist weiterhin nur das Lifo-Verfahren zulässig (§ 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG).
Ja sofern Bewertung nach Fifo-Methode in der Handelsbilanz
§ 256a HGB
Bewertung von Vermögensgegenständen und Schulden in fremder Währung mit dem Devisenmittelkurs am Bilanzstichtag. Bei einer Restlaufzeit von bis zu einem Jahr gelten weder das Anschaffungskostenprinzip noch das Realisationsprinzip. Dadurch kann es zum Ausweis nicht realisierter Gewinne kommen.
Das Anschaffungskostenprinzip gilt weiterhin, d. h. nicht realisierte Gewinne dürfen nicht ausgewiesen werden.
Ja
Rückstellungen sind in der Steuerbilanz der Höhe nach auf den Wert in der Handelsbilanz begrenzt (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG).Hinweis/Link auf neue VfG
§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB
Bei der Bewertung von Rückstellungen sind zu erwartende Preis- und Kostensteigerungen einzubeziehen.
keine Einbeziehung von Preis- und Kostensteigerungen, Verhältnisse am Bilanzstichtag sind maßgebend (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. f EStG)
Ja maximal Ansatz wie in der Handelsbilanz
§ 253 Abs. 2 Satz 1 HGB
Abzinsung von Rückstellungen mit dem durchschnittlichen Marktzins der letzten sieben Jahre
In der Steuerbilanz sind Rückstellungen wie bisher mit einem Zinssatz von 5,5 % abzuzinsen (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e EStG).
Ja maximal Ansatz wie in der Handelsbilanz
§ 253 Abs. 2 Satz 2 HGB
Abzinsung von Pensionsrückstellungen mit dem durchschnittlichen Marktzins für eine Restlaufzeit von 15 Jahren. Künftige Gehalts- und Rentensteigerungen sind einzubeziehen.
Der Abzinsungssatz von 6 % (§ 6a Abs. 3 Satz 3 EStG) gilt weiterhin. Zudem sind – wie bisher – die Wertverhältnisse am Bilanzstichtag maßgebend (§ 6a Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 HS 2 EStG)
Ja maximal Ansatz wie in der Handelsbilanz
§ 254 Abs. 1 HGB
Bildung von Bewertungseinheiten für Grund- und Sicherungsgeschäfte, z. B. durch Zusammenfassung einer Forderung in ausländischer Währung mit einem Absicherungsgeschäft gegen Wechselkursänderungen.
Übernahme der Bewertungseinheiten in die Steuerbilanz (§ 5 Abs. 1a Satz 2 EStG). Zudem muss bei einem Verpflichtungsüberhang eine Drohverlustrückstellung gebildet werden (Ausnahme vom Verbot der Bildung von Drohverlustrückstellungen in § 5 Abs. 4a Satz 2 EStG).
Nein

Öffentliches Fachgespräch zu grenzüberschreitenden Steuergestaltungen im Finanzausschuss

Mit “grenzüberschreitenden Steuergestaltungen” beschäftigt sich der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages in einem öffentlichen Fachgespräch am Mittwoch, den 20. März, ab 14.00 Uhr im Sitzungssaal E 400 des Paul-Löbe-Hauses. Zu dem auf zwei Stunden angesetzten Fachgespräch werden folgende Sachverständigen erwartet: Prof. Hubertus Baumhoff (Kanzlei Flick Glocke Schaumburg), Deutsche Bank AG, Markus Henn (Tax Justice Network), Nicola LiebertAchim Pross (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, OECD), Starbucks Coffee Deutschland GmbH und Heinz Zourek, Europäische Kommission.

Deutscher Bundestag