Archiv der Kategorie: Unternehmer und Freiberufler

Umsatzsteuer – elektronische Rechnung

Vereinfachung der elektronischen Rechnungsstellung zum 1. Juli 2011 durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011

Durch die Neufassung des § 14 Absatz 1 und 3 UStG durch Artikel 5 Nr. 1 des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 vom 1. November 2011 (BGBl. I S. 2131) sind die umsatzsteuer-rechtlichen Regelungen für elektronische Rechnungen zum 1. Juli 2011 neu gefasst worden. Eine elektronische Rechnung ist nach § 14 Absatz 1 Satz 8 UStG n. F. eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird. Die Anforderungen an die Übermittlung elektronischer Rechnungen sind gegenüber der bisherigen Rechtslage deutlich reduziert. Nunmehr können u. a. auch Rechnungen, die per E-Mail (ggf. mit Bilddatei- oder Textdokumentanhang) übermittelt werden, zum Vorsteuerabzug berechtigen.
Bisher wurden auf elektronischem Weg übermittelte Rechnungen umsatzsteuerlich nur anerkannt, wenn eine qualifizierte elektronische Signatur (§ 14 Absatz 3 Nummer 1 UStG a. F.) oder ein EDI-Verfahren (§ 14 Absatz 3 Nummer 2 UStG a. F.) verwendet wurden. Dies entsprach den unionsrechtlichen Regelungen nach Artikel 233 Absatz 1 Satz 1 Buchstabe a und b und Absatz 2 MwStSystRL. Der Gesetzgeber hat nunmehr von der Option nach Artikel 233 Absatz 1 Satz 2 MwStSystRL Gebrauch gemacht, die es den Mitgliedstaaten freistellt, auch Rechnungen anzuerkennen, die auf andere Weise elektronisch übermittelt oder bereitgestellt werden.

In Anlehnung an Artikel 233 MwStSystRL in der ab dem 1. Januar 2013 geltenden Fassung (Änderung durch die Richtlinie 2010/45/EU des Rates zu den Rechnungsstellungsvorschriften vom 13. Juli 2010, ABl. EU 2010 L 189 Seite 1) sind Papier- und elektronische Rechnungen ab dem 1. Juli 2011 umsatzsteuerrechtlich gleich zu behandeln (§ 14 Absatz 1 UStG n. F.). Die Gleichstellung führt zu keiner Erhöhung der Anforderungen an die Ordnungsmäßigkeit einer Papierrechnung.

Sowohl bei Papier- als auch bei elektronischen Rechnungen müssen nach § 14 Absatz 1 UStG n. F. die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rech-nung gewährleistet werden. Dies kann durch jegliche innerbetriebliche Kontrollverfahren erreicht werden, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung herstellen können. § 14 Absatz 3 Nummer 1 und 2 UStG n. F. nennt deshalb die qualifizierte elektronische Signatur oder die qualifizierte elektronische Signatur mit Anbieter-Akkreditierung nach dem Signaturgesetz und den elektronischen Datenaustausch (EDI) nach Artikel 2 der Empfehlung 94/820/EG der Kommission vom 19. Oktober 1994 über die rechtlichen Aspekte des elektronischen Datenaustauschs (ABl. EG 1994 L 338 Seite 98) nur noch als Beispiele für Technologien, die die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit des Inhalts einer elektronischen Rechnung gewährleisten. Dies entspricht Artikel 233 Absatz 2 MwStSystRL in der Fassung der Richtlinie 2010/45/EU des Rates zu den Rechnungsstellungsvorschriften vom 13. Juli 2010, a.a.O.

Das innerbetriebliche Kontrollverfahren im Sinne des § 14 Absatz 1 UStG n. F. dient nicht dazu, die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs nach § 15 UStG zu überprüfen. Ebenso wenig soll die inhaltliche Ordnungsmäßigkeit der Rechnung hinsichtlich der nach §§ 14 Absatz 4, 14a UStG erforderlichen Angaben gewährleistet werden. Mit dem innerbetrieblichen Kontrollverfahren soll lediglich die korrekte Übermittlung der Rechnungen sichergestellt werden. Eine inhaltlich richtige Rechnung (gemeint: richtige Leistung, richtiger Leistender, richtiges Entgelt, richtiger Zahlungsempfänger) rechtfertigt die Annahme, dass bei der Übermittlung keine die Echtheit der Herkunft oder die Unversehrtheit des Inhalts beeinträchtigenden Fehler vorgekommen sind. D. h. die Rechnung wurde weder ge- noch verfälscht oder auf andere Weise verändert; die Rechnung entspricht der erbrachten Leistung. Die Anforderungen an das innerbetriebliche Kontrollverfahren haben sich an dieser Zielrichtung zu orientieren.

In der Praxis werden sich die Durchführung des Kontrollverfahrens und die Prüfung der Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs in Teilen überschneiden. Ist der Nachweis erbracht, dass die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs nach § 15 UStG gegeben sind, kommt der Frage der Durchführung des innerbetrieblichen Kontrollverfahrens in dem konkreten Einzelfall keine eigenständige Bedeutung mehr zu und kann insbesondere nicht mehr zur Versagung des Vorsteuerabzugs führen. Unter innerbetrieblichen Kontrollverfahren im Sinne des § 14 Absatz 1 UStG n. F. sind Verfahren zu verstehen, die der Unternehmer zum Abgleich der Rechnung mit seinen Zahlungsverpflichtungen einsetzt. Der Unternehmer ist in der Wahl des Verfahrens frei. Er wird im eigenen Interesse insbesondere überprüfen, ob:

  • die Rechnung in der Substanz korrekt ist, d. h. ob die in Rechnung gestellte Leistung tatsächlich in dargestellter Qualität und Quantität erbracht wurde,
  • der Rechnungsaussteller also tatsächlich den behaupteten Zahlungsanspruch hat,
  • die vom Rechnungssteller angegebene Kontoverbindung korrekt ist und ähnliches,

um zu gewährleisten, dass er tatsächlich nur die Rechnungen begleicht, zu deren Begleichung er auch verpflichtet ist.
Ein innerbetriebliches Kontrollverfahren erfüllt die Anforderungen des § 14 Absatz 1 UStG n. F., wenn es einen verlässlichen Prüfpfad gibt, durch den ein Zusammenhang zwischen der Rechnung und der zugrunde liegenden Leistung hergestellt werden kann. Dies kann im Rah-men eines entsprechend eingerichteten Rechnungswesens erfolgen, aber z. B. auch durch einen manuellen Abgleich der Rechnung mit vorhandenen geschäftlichen Unterlagen (z. B. Kopie der Bestellung, Auftrag, Kaufvertrag, Lieferschein, Überweisungs- oder Zahlungs-beleg). Es werden keine technischen Verfahren vorgegeben, die die Unternehmen verwenden müssen. Das innerbetriebliche Kontrollverfahren unterliegt keiner gesonderten Dokumen-tationspflicht. Allerdings ist der Steuerpflichtige nach wie vor verpflichtet, die Vorausset-zungen des geltend gemachten Vorsteuerabzugs nachzuweisen.
Papier- und elektronische Rechnungen sind nach § 14b UStG zehn Jahre aufzubewahren. Während des gesamten Aufbewahrungszeitraums müssen die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet werden (§ 14b Absatz 1 Satz 2 UStG n. F.).

Die Vorschriften der Abgabenordnung (insbesondere §§ 146, 147, 200 AO), die „Grundsätze ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme – GoBS –“ (Anlage zum BMF-Schreiben vom 7. November 1995, BStBl I Seite 738) sowie die „Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen“ (GDPdU) bleiben unberührt.
Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt nach § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Satz 2 UStG voraus, dass der Unternehmer eine nach §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Dass der Unternehmer hinsichtlich der Rechnung auch die Anforderungen an die Aufbewahrung nach § 14b UStG, §147 AO einschließlich GoBS und GDPdU erfüllt, ist danach nicht Voraussetzung für den Vorsteuerabzug. Verletzt der Unternehmer seine Aufbewahrungs-pflichten nach § 14b UStG, kann dies als eine Ordnungswidrigkeit im Sinne des § 26a Absatz 1 Nummer 2 UStG geahndet werden. Der Anspruch auf Vorsteuerabzug nach § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 UStG bleibt hiervon zwar unberührt, der Unternehmer trägt nach allgemeinen Grundsätzen jedoch die objektive Feststellungslast für alle Tatsachen, die den Anspruch begründen. Sind Unterlagen für den Vorsteuerabzug unvollständig oder nicht vorhanden, kann der Unternehmer den Nachweis, dass er eine ordnungsgemäße Rechnung besaß, mit allen verfahrensrechtlich zulässigen Mitteln führen (vgl. Abschnitt 15.11 Absatz 1 Satz 2 UStAE). Im Übrigen kann das Finanzamt die abziehbare Vorsteuer unter bestimmten Voraussetzungen schätzen oder aus Billigkeitsgründen ganz oder teilweise anerkennen, sofern im Übrigen die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug vorliegen (vgl. Abschnitt 15.11 Absatz 5 ff UStAE).

Werden für ein und dieselbe Leistung mehrere Rechnungen ausgestellt, ohne dass sie als Duplikat oder Kopie gekennzeichnet werden, schuldet der Unternehmer den hierin ausgewiesenen Steuerbetrag nach § 14c Absatz 1 UStG (vgl. Abschnitt 14c.1 Absatz 4 UStAE). Dies gilt jedoch nicht, wenn inhaltlich identische (s. § 14 Absatz 4 UStG) Mehrstücke derselben Rechnung übersandt werden. Besteht eine Rechnung aus mehreren Dokumenten, sind diese Regelungen für die Dokumente in ihrer Gesamtheit anzuwenden.
Auf Grund der Vereinfachung der elektronischen Rechnungsstellung ist zur Sicherstellung einer effektiven Umsatzsteuerkontrolle § 27b Absatz 2 UStG ergänzt worden. Mit der Änderung wird geregelt, dass bei den der Umsatzsteuer-Nachschau unterliegenden Sachverhalten der Unternehmer dem Amtsträger auf Verlangen Einsicht in die gespeicherten Daten zu gewähren hat, die mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt wurden (§ 27b Absatz 2 Satz 2 UStG); es reicht nicht aus, wenn der Unternehmer nur entsprechende Papier-ausdrucke aus dem Datenverarbeitungssystem bereitstellt. Soweit dies für die Feststellung der der Umsatzsteuer-Nachschau unterliegenden Sachverhalte erforderlich ist, hat der die Um-satzsteuer-Nachschau durchführende Amtsträger das Recht, hierfür die eingesetzten Daten-verarbeitungssysteme zu nutzen.

I. Änderung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird der Umsatzsteuer-Anwendungserlass vom 1. Oktober 2010 (BStBl I S. 846), der zuletzt durch das BMF-Schreiben vom 19. Juni 2012 – IV D 3 – S 7170/10/10012 (2012/0542896), BStBl I S. xxx – geändert worden ist, wie folgt geändert:
1. Abschnitt 14.4 wird wie folgt neu gefasst:
„14.4 Echtheit und Unversehrtheit von Rechnungen

(1) 1Rechnungen sind auf Papier oder vorbehaltlich der Zustimmung des Rechnungsempfängers elektronisch zu übermitteln (§ 14 Abs. 1 Satz 7 UStG).
2Die Zustimmung des Empfängers der elektronisch übermittelten Rechnung bedarf dabei keiner besonderen Form; es muss lediglich Einvernehmen zwischen Rechnungsaussteller und Rechnungsempfänger darüber bestehen, dass die Rechnung elektronisch übermittelt werden soll. 3Die Zustimmung kann z. B. in Form einer Rahmenvereinbarung (z. B. in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen) erklärt werden. 4Sie kann auch nachträglich erklärt werden. 5Es genügt aber auch, dass die Beteiligten diese Verfahrensweise tatsächlich praktizieren und damit stillschweigend billigen.

(2) 1Eine elektronische Rechnung im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 8 UStG ist eine Rechnung, die in einem elektronischen Format ausgestellt und empfangen wird. 2Der Rechnungsaussteller ist – vorbehaltlich der Zustimmung des Rechnungsempfängers – frei in seiner Entscheidung, in welcher Weise er elektronische Rechnungen übermittelt. 3Elektronische Rechnungen können z. B. per E-Mail (ggf. mit Bilddatei- oder Textdokumentanhang) oder De-Mail (vgl. De-Mail-Gesetz vom 28. 4. 2011, BGBl. I S. 666), per Computer-Fax oder Faxserver, per Web-Download oder per EDI übermittelt werden. 4Eine von Standard-Telefax an Standard-Telefax oder von Computer-Telefax/Fax-Server an Standard-Telefax übermittelte Rechnung gilt als Papierrechnung.

(3) 1Papier- und elektronische Rechnungen werden ordnungsgemäß übermittelt, wenn die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet sind; sie sind auch inhaltlich ordnungsgemäß, wenn alle erforderlichen Angaben nach § 14 Abs. 4 und § 14a UStG enthalten sind. 2Die Echtheit der Herkunft einer Rechnung ist gewährleistet, wenn die Identität des Rechnungsausstellers sichergestellt ist. 3Die Unversehrtheit des Inhalts einer Rechnung ist gewährleistet, wenn die nach dem UStG erforderlichen Angaben während der Übermittlung der Rechnung nicht geändert worden sind. 4Eine Rechnung gilt als lesbar, wenn sie für das menschliche Auge lesbar ist; Rechnungsdaten, die per EDI-Nachrichten, XML-Nachrichten oder anderen strukturierten elektronischen Nachrichten-formen übermittelt werden, sind in ihrem Originalformat nicht lesbar, sondern erst nach einer Konvertierung.
Innerbetriebliche Kontrollverfahren

(4) Die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung müssen, sofern keine qualifizierte elektronische Signatur verwendet oder die Rechnung per elektronischen Datenaustausch (EDI) übermittelt wird (vgl. Absätze 7 bis 10), durch ein innerbetriebliches Kontrollverfahren, das einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung schaffen kann, gewährleistet werden (§ 14 Abs. 1 Satz 5 und 6 UStG).

(5) 1Als innerbetriebliches Kontrollverfahren im Sinne des § 14 Abs. 1 UStG ist ein Verfahren ausreichend, das der Unternehmer zum Abgleich der Rechnung mit seiner Zahlungsverpflichtung einsetzt, um zu gewährleisten, dass nur die Rechnungen beglichen werden, zu deren Begleichung eine Ver-pflichtung besteht. 2Der Unternehmer kann hierbei auf bereits bestehende Rechnungsprüfungssysteme zurückgreifen. 3Es werden keine technischen Verfahren vorgegeben, die der Unternehmer verwenden muss. 4Es kann daher ein EDV-unterstütztes, aber auch ein manuelles Verfahren sein.

(6) 1Ein innerbetriebliches Kontrollverfahren erfüllt die Anforderungen des § 14 Abs. 1 UStG, wenn es einen verlässlichen Prüfpfad beinhaltet, durch den ein Zusammenhang zwischen der Rechnung und der zu Grunde liegenden Leistung hergestellt werden kann. 2Dieser Prüfpfad kann z. B. durch (manu-ellen) Abgleich der Rechnung mit vorhandenen geschäftlichen Unterlagen (z. B. Kopie der Bestellung, Auftrag, Kaufvertrag, Lieferschein oder Über-weisung bzw. Zahlungsbeleg) gewährleistet werden. 3Das innerbetriebliche Kontrollverfahren und der verlässliche Prüfpfad unterliegen keiner geson-derten Dokumentationspflicht. 4Eine inhaltlich zutreffende Rechnung – ins-besondere Leistung, Entgelt, leistender Unternehmer und Zahlungsemp-fänger sind zutreffend angegeben – rechtfertigt die Annahme, dass bei der Übermittlung keine die Echtheit der Herkunft oder die Unversehrtheit des Inhalts beeinträchtigenden Fehler vorgekommen sind.
Qualifizierte elektronische Signatur und elektronischer Datenaustausch (EDI)

(7) Beispiele für Technologien, die die Echtheit der Herkunft und die Unver-sehrtheit des Inhalts bei einer elektronischen Rechnung gewährleisten, sind zum einen die qualifizierte elektronische Signatur (§ 2 Nr. 3 SigG) oder die qualifizierte elektronische Signatur mit Anbieter-Akkreditierung (§ 2 Nr. 15 SigG) und zum anderen der elektronische Datenaustausch (EDI) nach Art. 2 der Empfehlung 94/820/EG der Kommission vom 19. 10. 1994 über die rechtlichen Aspekte des elektronischen Datenaustauschs (ABl. EG 1994, L 338 S. 98), wenn in der Vereinbarung über diesen Datenaustausch der Ein-satz von Verfahren vorgesehen ist, die die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit der Daten gewährleisten (§ 14 Abs. 3 Nr. 1 und 2 UStG).

(8) 1Zur Erstellung einer qualifizierten elektronischen Signatur nach § 2 Nr. 3 oder Nr. 15 SigG wird ein qualifiziertes Zertifikat benötigt, das von einem Zerti-fizierungsdienstanbieter ausgestellt wird und mit dem die Identität des Zerti-fikatsinhabers bestätigt wird (§ 2 Nr. 7 SigG). 2Dieses Zertifikat kann nach § 2 Nr. 7 SigG nur auf natürliche Personen ausgestellt werden. 3Es ist zulässig, dass eine oder mehrere natürliche Personen im Unternehmen bevollmächtigt werden, für den Unternehmer zu signieren. 4Eine Verlagerung der dem leistenden Unter-nehmer oder dem von diesem beauftragten Dritten obliegenden steuerlichen Ver-pflichtungen ist damit jedoch nicht verbunden. 5Der Zertifikatsinhaber kann zusätzliche Attribute einsetzen (vgl. § 7 SigG). 6Ein Attribut kann z. B. lauten „Frau Musterfrau ist Handlungsbevollmächtigte des Unternehmers A und berech-tigt, für Unternehmer A Rechnungen bis zu einer Höhe von 100 000 € Gesamt-betrag zu unterzeichnen“. 7Auch Vertreterregelungen und ggf. erforderliche Zeichnungsberechtigungen, die an die Unterzeichnung durch mehrere Berechtigte gekoppelt sind, können durch Attribute abgebildet werden. 8Nach § 5 Abs. 3 SigG kann in einem qualifizierten Zertifikat auf Verlangen des Zertifikatsinhabers anstelle seines Namens ein Pseudonym aufgeführt werden. 9Das Finanzamt hat nach § 14 Abs. 2 SigG einen Anspruch auf Auskunft gegenüber dem Zertifizie-rungsdienstanbieter, soweit dies zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben erfor-derlich ist. 10Für die Erstellung qualifizierter elektronischer Signaturen sind alle technischen Verfahren (z. B. Smart-Card, „Kryptobox“) zulässig, die den Vor-gaben des SigG entsprechen. 11Der Rechnungsaussteller kann die Rechnungen auch in einem automatisierten Massenverfahren signieren. 12Es ist zulässig, meh-rere Rechnungen an einen Rechnungsempfänger in einer Datei zusammenzufassen und diese Datei mit nur einer qualifizierten elektronischen Signatur an den Emp-fänger zu übermitteln.

(9) Voraussetzung für die Anerkennung von im EDI-Verfahren übermittelten Rechnungen ist, dass über den elektronischen Datenaustausch eine Vereinbarung nach Artikel 2 der Empfehlung 94/820/EG der Kommission vom 19. 10. 1994 über die rechtlichen Aspekte des elektronischen Datenaustausches (ABl. EG 1994, L 338, S. 98) besteht, in der der Einsatz von Verfahren vorgesehen ist, die die Echtheit der Herkunft und die Unversehrtheit der Daten gewährleisten.
Echtheit und Unversehrtheit bei besonderen Formen der Rechnungsstellung
(10) 1Die Absätze 1 bis 9 gelten entsprechend für Gutschriften (§ 14 Abs. 2 Satz 2 UStG), Rechnungen, die im Namen und für Rechnung des Unterneh-mers oder eines in § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG bezeichneten Leistungsemp-fängers von einem Dritten ausgestellt werden (§ 14 Abs. 2 Satz 4 UStG) sowie für Anzahlungsrechnungen (§ 14 Abs. 5 UStG). 2Wird eine Gutschrift ausgestellt, ist der leistende Unternehmer als Gutschriftsempfänger zur Durchführung des innerbetrieblichen Kontrollverfahrens entsprechend Absätzen 4 bis 6 verpflichtet. 3Der Dritte ist nach § 93 ff. AO verpflichtet, dem Finanzamt die Prüfung des Verfahrens durch Erteilung von Auskünften und Vor-lage von Unterlagen in seinen Räumen zu gestatten. 4Der Empfänger einer elektronischen Rechnung, die mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen wurde, kann die ihm nach den GDPdU vorgeschriebenen Prüfungs-schritte auch auf einen Dritten übertragen. 5Dies gilt insbesondere für die entspre-chende Prüfung einer elektronischen Rechnung in Form einer Gutschrift mit einer qualifizierten elektronischen Signatur.

(11) Bei Fahrausweisen (§ 34 UStDV) ist es für Zwecke des Vorsteuerabzugs nicht zu beanstanden, wenn der Fahrausweis im Online-Verfahren abgerufen wird und durch das Verfahren sichergestellt ist, dass eine Belastung auf einem Konto erfolgt.“

2. Abschnitt 14.7 Absatz 3 Satz 4 wird wie folgt gefasst:
„4Zur Erstellung von Fahrausweisen im Online-Verfahren vgl. Abschnitt 14.4 Absatz 11.“

3. Abschnitt 14.11 Absatz 1 Satz 6 wird gestrichen.

4. Abschnitt 14b.1 Absatz 5 und 6 werden wie folgt gefasst:

„(5) 1Die Rechnungen müssen über den gesamten Aufbewahrungszeitraum die Anforderungen des § 14 Absatz 1 Satz 2 UStG – Echtheit der Herkunft, Unversehrtheit des Inhalts und Lesbarkeit der Rechnung – erfüllen. 2Nachträgliche Änderungen sind nicht zulässig. 3Sollte die Rechnung auf Thermo-papier ausgedruckt sein, ist sie durch einen nochmaligen Kopiervorgang auf Papier zu konservieren, das für den gesamten Aufbewahrungszeitraum nach § 14b Absatz 1 UStG lesbar ist. 4Dabei ist es nicht erforderlich, die ursprüngliche, auf Thermopapier ausgedruckte Rechnung aufzubewahren.

(6) 1Die Vorschriften der Abgabenordnung (insbesondere §§ 146, 147, 200 AO), die „Grundsätze ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme – GoBS –“ (Anlage zum BMF-Schreiben vom 7. 11. 1995, BStBl I S. 738) sowie die „Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen“ (GDPdU) bleiben unberührt. 2Wird eine elektronische Rechnung mit einer qualifizierten elektronischen Signatur übermittelt, ist auch die Signatur an sich als Nachweis über die Echtheit und die Unversehrtheit der Daten aufzubewahren, selbst wenn nach anderen Vorschriften die Gültigkeit dieser Nachweise bereits abgelaufen ist.“

5. Abschnitt 14b.1 Absatz 10 wird wie folgt gefasst:
„(10) 1Verletzt der Unternehmer seine Aufbewahrungspflichten nach § 14b UStG, kann dies als eine Ordnungswidrigkeit im Sinne des § 26a Abs. 1 Nr. 2 UStG geahndet werden. 2Der Anspruch auf Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG bleibt hiervon zwar unberührt, der Unternehmer trägt nach allgemeinen Grundsätzen jedoch die objektive Feststellungslast für alle Tatsachen, die den Anspruch begründen. 3Verletzungen der Grundsätze ord-nungsgemäßer DV-gestützter Buchführungssysteme (GoBS) und der „Grund-sätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen“ (GDPdU) wirken sich ebenfalls nicht auf den ursprünglichen Vorsteuerabzug aus, sofern die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug nachgewiesen werden (vgl. Abschnitt 15.11 Abs. 1 Satz 3). 4Sind Unterlagen für den Vorsteuerabzug unvollständig oder nicht vorhanden, kann das Finanzamt die abziehbare Vor-steuer unter bestimmten Voraussetzungen schätzen oder aus Billigkeits-gründen ganz oder teilweise anerkennen, sofern im Übrigen die Vorausset-zungen für den Vorsteuerabzug vorliegen (vgl. Abschnitt 15.11 Abs. 5 ff).“

6. Abschnitt 14c.1 Absatz 4 wird wie folgt gefasst:
„(4) 1§ 14c Abs. 1 UStG gilt auch, wenn der Steuerbetrag von einem zu hohen Entgelt berechnet wurde (bei verdecktem Preisnachlass vgl. Abschnitt 10.5 Abs. 4). 2Sind für ein und dieselbe Leistung mehrere Rechnungen ausgestellt worden, ohne dass sie als Duplikat oder Kopie gekennzeichnet wurden, schuldet der leistende Unternehmer den hierin gesondert ausgewiesenen Steuerbetrag (vgl. BFH-Urteil vom 27. 4. 1994, XI R 54/93, BStBl II S. 718). 3Dies gilt nicht, wenn inhaltlich identische (s. § 14 Abs. 4 UStG) Mehrstücke derselben Rechnung übersandt werden. 4Besteht eine Rechnung aus mehreren Dokumenten, sind diese Regelungen für die Dokumente in ihrer Gesamtheit anzuwenden.“

7. Abschnitt 15.5 wird wie folgt geändert:
Nach Absatz 8 wird folgender Absatz 9 eingefügt:

„(9) Zum Vorsteuerabzug von Fahrausweisen, die im Online-Verfahren abgerufen werden, vgl. Abschnitt 14.4 Abs. 11.“

8. Abschnitt 27b.1 Abs. 4, 5, 6 und 8 werden wie folgt gefasst:

(4) Sobald der Amtsträger

– der Öffentlichkeit nicht zugängliche Geschäftsräume betreten will,
– den Steuerpflichtigen auffordert, Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere umsatzsteuerrelevante Urkunden vorzulegen oder – wenn die Unterlagen mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt wurden – die gespeicherten Daten einzusehen oder
– den Steuerpflichtigen auffordert, Auskunft zu erteilen,
hat er sich auszuweisen.

(5) 1Im Rahmen der Umsatzsteuer-Nachschau dürfen grundsätzlich nur Grund-stücke und Räume betreten werden, die gewerblich oder beruflich selbständig genutzt werden; unschädlich ist, wenn sie auch zu Wohnzwecken genutzt werden. 2Das Betreten muss dazu dienen, Sachverhalte festzustellen, die für die Umsatz-besteuerung erheblich sein können. 3Ein Durchsuchungsrecht gewährt die Umsatz-steuer-Nachschau nicht. 4Das bloße Betreten oder Besichtigen von Grundstücken und Räumen ist noch keine Durchsuchung. 5Ein Betreten der Grundstücke und Räume ist während der Geschäfts- und Arbeitszeiten zulässig. 6Die Umsatzsteuer-Nachschau kann auch außerhalb der Geschäftszeiten vorgenommen werden, wenn im Unternehmen schon oder noch gearbeitet wird. 7Der Unternehmer hat auf Ver-langen dem Amtsträger Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Urkunden vorzulegen und Auskünfte zu erteilen. 8Wurden die der Umsatzsteuer-Nachschau unterliegenden Sachverhalte betreffenden Unterlagen mit Hilfe eines Datenverarbeitungssystems erstellt, hat der Unternehmer dem Amts-träger auf Verlangen Einsicht in die gespeicherten Daten zu gewähren (§ 27b Abs. 2 Satz 2 UStG); es reicht nicht aus, wenn der Unternehmer nur entspre-chende Papierausdrucke aus dem Datenverarbeitungssystem bereitstellt. 9Soweit erforderlich, ist der Amtsträger befugt, das Datenverarbeitungs-system des Unternehmers zu nutzen (§ 27b Abs. 2 Satz 3 UStG). 10Hierbei ist es dem Unternehmer freigestellt, ob er dem Amtsträger einen entsprechenden Lesezugriff einräumt oder ob er selbst bzw. eine von ihm beauftragte Person dafür sorgt, dass der Amtsträger unverzüglich Einsicht in die entsprechenden Daten erhält. 11Zur Kostentragung durch den Unternehmer gilt § 147 Abs. 6 Satz 3 AO sinngemäß. 12Kommt der Unternehmer seinen Mitwirkungspflichten im Rahmen der Umsatzsteuer-Nachschau nicht nach, liegt es im Ermessen des Amtsträgers, zu einer Außenprüfung nach § 193 AO überzugehen.

(6) 1Da die Umsatzsteuer-Nachschau keine Außenprüfung im Sinne des §§ 193 ff. AO darstellt, finden insbesondere die §§ 147 Abs. 6 Sätze 1 und 2, 201, 202 AO keine Anwendung. 2 Ein Prüfungsbericht ist nicht zu fertigen. 3 Sollen auf Grund der Umsatzsteuer-Nachschau Besteuerungsgrundlagen geändert werden, ist dem Steuerpflichtigen rechtliches Gehör zu gewähren (§ 91 AO).

(8) 1Ein Verwaltungsakt liegt dann vor, wenn der Amtsträger Maßnahmen ergreift, die den Steuerpflichtigen zu einem bestimmten Tun, Dulden oder Unter-lassen verpflichten sollen. 2Ein Verwaltungsakt liegt insbesondere vor, wenn der Amtsträger den Steuerpflichtigen auffordert,
– das Betreten der nicht öffentlich zugänglichen Geschäftsräume zu dulden,
– Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere umsatzsteuerrelevante Urkunden vorzulegen oder – wenn die Unterlagen mit Hilfe eines Datenver-arbeitungssystems erstellt wurden – die gespeicherten Daten einzusehen oder
– Auskunft zu erteilen.
3Ein derartiger Verwaltungsakt ist grundsätzlich mit Zwangsmitteln nach §§ 328 ff. AO (insbesondere durch unmittelbaren Zwang nach § 331 AO) durchsetzbar.“

II. Anwendung

Die unter Abschnitt I Nr. 1 bis 8 dargestellten Änderungen bzw. Ergänzungen des Umsatz-steuer-Anwendungserlasses sind nach Artikel 18 Absatz 3 des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 vom 1. November 2011 (BGBl. I Seite 2131) ab dem 1. Juli 2011 anzuwenden und gelten für alle Rechnungen über Umsätze, die nach dem 30. Juni 2011 ausgeführt worden sind (§ 27 Absatz 18 UStG).

Wird eine elektronische Rechnung über einen Umsatz, der vor dem 1. Juli 2011 ausgeführt und abgerechnet worden ist (vgl. § 27 Absatz 18 UStG), nach dem 30. Juni 2011 berichtigt, wird es nicht beanstandet, wenn für die Berichtigung der Rechnung die ab dem 1. Juli 2011 geltende gesetzliche Regelung des § 14 UStG zu Grunde gelegt wird.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Lohnsteuer-Anmeldungen ab dem 1. Januar 2013 nur noch mit Authentifizierung

Die elektronische Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Lohnsteuer-Anmeldungen ist ab dem 1. Januar 2013 bundesweit nur noch mit Authentifizierung zulässig.

Soweit noch nicht geschehen, sollten sich die betroffenen Unternehmer und Arbeitgeber bereits jetzt elektronisch bei ELSTER registrieren, um das für die Authentifizierung benötigte elektronische Zertifikat zu erhalten. Bislang können Umsatzsteuer-Voranmeldungen und Lohnsteuer-Anmeldungen als elektronische Steuererklärungen mit dem Verfahren ELSTER ohne Authentifizierung an das Finanzamt übermittelt werden. Ab dem 1. Januar 2013 müssen (Vor-) Anmeldungen aufgrund einer Änderung der bundesweit geltenden Steuerdaten-Übermittlungsverordnung zwingend authentifiziert übermittelt werden. Für die authentifizierte Übermittlung wird ein elektronisches Zertifikat benötigt. Dieses erhält man durch eine Registrierung im ElsterOnline-Portal www.elsteronline.de/eportal. Die Registrierung kann bis zu zwei Wochen in Anspruch nehmen. Um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten, wird empfohlen, sich schon jetzt zu registrieren und die Steuererklärungen authentifiziert zu übermitteln. Das Zertifikat kann auch für weitere Leistungen der Steuerverwaltung verwendet werden.

Jetzt Lohnsteuer-Freibeträge für das Jahr 2013 beantragen

Lohnsteuer-Freibeträge für das Jahr 2013 

Elektronisches Verfahren kommt 2013 – Lohnsteuer-Freibeträge müssen wieder wie vor der Übergangszeit 2011/2012 jährlich beantragt werden

Unter dem Namen „ELStAM“ (für „Elektronische LohnSteuerAbzugsMerkmale“) werden künftig alle Daten für den Lohnsteuerabzug zwischen Finanzämtern, Unternehmen und Arbeitnehmern digital übermittelt. Zum 1. Januar 2013 startet das neue Verfahren.

Mit der Umstellung müssen die bisher in der Übergangszeit 2011/12 automatisch übertragenen Freibeträge für den Lohnsteuerabzug wieder beantragt werden. Ausnahme: Pauschbeträge für Menschen mit Behinderung und Hinterbliebene, die bereits über das Jahr 2012 hinaus gewährt wurden, werden ohne neuen Antrag weiterhin berücksichtigt.

Wer Freibeträge berücksichtigen lassen möchte, beispielsweise als Berufspendler oder bei volljährigen Kindern, kann ab Oktober 2012 beim zuständigen Wohnsitzfinanzamt den entsprechenden Antrag stellen – zur Vermeidung langer Wartezeiten am besten auf dem Postweg. Hinweise zu den entsprechenden Vordrucken finden Sie unter „Formulare / Vordrucke“ auf dieser Internetseite. Damit mit der ersten „elektronischen Abrechnung“ nicht netto weniger in der Lohntüte ist – und die Freibeträge erst im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung berücksichtigt werden können –  müssen die Freibeträge bis zum Jahresende 2012 neu beantragt werden. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können ihre zum 1. Januar 2013 gültigen „ELStAM“ („Elektronische LohnSteuerAbzugsMerkmale“) ab dem Start des ELStAM-Verfahrens im ElsterOnline-Portal einsehen. Dazu ist eine einmalige, kostenfreie Registrierung mit der steuerlichen Identifikationsnummer erforderlich.

Informationen zu „Elster“ finden Sie ebenfalls auf dieser Internetseite.

Steuerliche Förderung von ehrenamtlichen Engagement

Bundesregierung fördert ehrenamtliches Engagement

Das ehrenamtliche Engagement ist ein Grundpfeiler unserer Gesellschaft. Es ist ein Anliegen der Bundesregierung, das Ehrenamt zu stärken und den gemeinnützigen Organisationen ein hohes Maß an Rechts- und Planungssicherheit zu geben. Die Bundesregierung will deshalb das Engagement der Bürger für die Bürger stärken und Vereine, Stiftungen und andere gemeinnützige Organisationen entlasten. Mit dem heute vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetz zur Entbürokratisierung des Gemeinnützigkeitsrechts sollen die gesetzlichen Rahmenbedingungen, in denen sich ehrenamtliches Engagement entfalten kann, verbessert werden.

Es soll die steuerlichen Vorschriften handhabbarer machen und den Vereinen eine höhere zeitliche Flexibilität bei der Mittelbewirtschaftung für Investitionen zu gewähren. Zusätzlich sollen die seit Jahren unveränderten Pauschalen maßvoll angehoben werden.

Die Übungsleiterpauschale soll um 300 Euro auf 2.400 Euro erhöht werden. Das bedeutet, dass künftig Einnahmen im Bereich des bürgerschaftlichen Engagements bis zu einem Betrag von 2.400 Euro steuer- und sozialabgabenfrei bleiben. Zudem soll die Ehrenamtspauschale von 500 Euro auf 720 Euro ansteigen, um u. a. das Schiedsrichterwesen im Amateurbereich von Einzelnachweisen geleisteter Aufwendungen zu entlasten. Außerdem sollen Vereine, Stiftungen und andere gemeinnützige Organisationen ihre Rücklagen und finanziellen Mittel künftig einfacher und flexibler verwenden können.

Im Einzelnen:

  • Die sogenannte „Übungsleiterpauschale“ nach § 3 Nummer 26 Einkommensteuergesetz wird von 2.100 Euro auf 2.400 Euro angehoben und die sogenannte „Ehrenamtspauschale“ nach § 3 Nummer 26a Einkommensteuergesetz von 500 Euro auf 720 Euro. Ehrenamtlich engagierte Bürgerinnen und Bürger sollen damit zukünftig jährlich bis zu 2.400 Euro bzw. 720 Euro erhalten können, ohne dass diese Einnahmen steuer- oder sozialversicherungspflichtig sind.
    Übungsleitertätigkeiten sind nebenberufliche Tätigkeiten für eine gemeinnützige Organisation oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts beispielsweise als Ausbildungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder vergleichbare Tätigkeiten sowie künstlerische Tätigkeiten, die Pflege behinderter, kranker oder alter Menschen, gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Tätigkeiten. Die „Ehrenamtspauschale“ kann für jede Art von Tätigkeit für gemeinnützige Vereine, kirchliche oder öffentliche Einrichtungen in Anspruch genommen werden, zum Beispiel für eine Tätigkeit als Vereinsvorstand, Schatzmeister, Platzwart, Gerätewart, Reinigungsdienst oder Fahrdienst von Eltern zu Auswärtsspielen von Kindern.
  • Die Frist, in der steuerbegünstigte Körperschaften ihre Mittel verwenden müssen, soll um ein Jahr verlängert werden. Bisher mussten diese bis zum Ablauf des auf den Zufluss folgenden Kalenderjahres erfolgen. Dies ermöglicht einen größeren und flexibleren Planungszeitraum für den Einsatz der zur Verfügung stehenden Mittel.
  • Auch im Bereich der Rücklagenbildung wird mehr Rechtssicherheit geschaffen. So werden durch eine gesetzliche Regelung der sogenannten „Wiederbeschaffungsrücklage“ auch steuerbegünstigte Organisationen Mittel zurücklegen können, um beispielsweise einen alten PKW durch einen neuen oder größeren zu ersetzen. Eine weitere große Erleichterung ist für die sogenannte freie Rücklage vorgesehen. Körperschaften können das nicht ausgeschöpfte Potential, das sie in einem Jahr in die freie Rücklage hätten einstellen können, in den folgenden zwei Jahren ausschöpfen. Dies trägt erheblich zu einer flexibleren Rücklagengestaltung bei.
  • Auch bei den Haftungsregeln bringt das Gesetz einige Erleichterungen. So soll im Bürgerlichen Gesetzbuch eine Regelung eingeführt werden, die die zivilrechtliche Haftung von Vereinsmitgliedern oder Mitglieder von Vereinsorgangen auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt, wenn deren Vergütung 720 Euro jährlich nicht übersteigt.

    Weitere Informationen zur Übungsleiterpauschale und Ehrenamtspauschale finden Sie unter
    http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Steuern/005_ehrenamt.html

Umsatzsteuersatz für Clubveranstaltungen mit DJ und Feuerwerksveranstaltungen

“Eintrittskarten für Theaterveranstaltungen und Konzerte sowie theater- und konzertähnliche Veranstaltungen unterliegen nicht dem vollen Umsatzsteuersatz von 19 %, sondern dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 %. Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat sich in zwei Entscheidungen vom 09. August 2012 zu der Frage geäußert, welche Veranstaltungen als theater- bzw. konzertähnlich anzusehen sind. Für Feuerwerksveranstaltungen, bei denen im Rahmen eines Wettbewerbs verschiedene Darbietungen mit und ohne Musikunterlegung geboten werden, hat das Gericht diese Frage bejaht (Aktenzeichen 5 K 5202/10). Der künstlerische Charakter der Darbietung liegt nach Ansicht der Richter in der jeweils individuellen Choreographie von Feuerwerk und dazu passend abgespielter Musik, die eine über das bloße Abbrennen eines Feuerwerks und das Abspielen von Tonträgern hinausgehende kreative geistige Tätigkeit erfordere.Nicht in den Genuss des ermäßigten Umsatzsteuersatzes kommen hingegen Clubveranstaltungen, bei denen namhafte Disc-Jockeys auftreten und speziell von ihnen bearbeitete oder veränderte Musikstücke präsentieren (Aktenzeichen 5 K 5226/10). Die Richter befanden, dass der Auftritt der DJs nicht den eigentlichen Zweck der Veranstaltung ausmache, sondern dieser vielmehr in dem gemeinsamen Feiern, Tanzen und Unterhalten musikalisch gleichgesinnter Gäste bestehe. Das Engagement der DJs diene lediglich als Anreiz für den Besuch des Clubs, die Veranstaltungen hätten aber den Charakter typischer Club-/Diskothekenbetriebe.

Gegen beide Entscheidungen sind Rechtsmittel beim Bundesfinanzhof in München anhängig.”

FG Berlin-Brandenburg 09.08.2012 – 5 K 5202/10
FG Berlin-Brandenburg 09.08.2012 – 5 K 5226/10

 

Pressemitteilung des Gerichts: Finanzgericht Berlin-Brandenburg

Entscheidungen des FG Düsseldorf vom 05.11.2012

Folgende Entscheidungen hat das Finanzgericht Düsseldorf mit Datum von heute (05.11.2012) veröffentlicht:

– FG Düsseldorf Urteil vom 21.02.2012 – 10 K 2505/10 E: Heimkosten als außergewöhnliche Belastung
Die Klägerin erlitt als Folge einer Gehirnblutung erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen, die u.a. zu einem Grad der Behinderung von 100% sowie einer Pflegebedürftigkeit i.S.d. Pflegestufe III führten.

Zusammen mit ihrem Ehemann zog die Klägerin in ein Seniorenstift. Das monatliche Entgelt betrug 2.527 € (Wohnen), 400 € (Verpflegung) und 605 € (Betreuung). Zusätzlich schloss die Klägerin einen Pflegevertrag ab.

Das Entgelt wurde nach Abzug der anzurechnenden Leistungen der Pflege- und Krankenversicherung der Klägerin in Rechnung gestellt.

Die Klägerin machte die Aufwendungen in ihrer Einkommensteuererklärung als außergewöhnliche Belastung geltend.

Das Finanzamt berücksichtigte für die Unterbringung in der Senioreneinrichtung einen Tagessatz von 50 € abzüglich einer Haushaltsersparnis von 7.680 € pro Jahr sowie die nicht von der Pflege- und Krankenversicherung erstatteten Pflegekosten in voller Höhe.

Das Gericht hat die Aufwendungen der Klägerin für ihre Unterbringung in einer Senioreneinrichtung nach § 33 EStG als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt.

Es ist aber bei der Höhe der berücksichtigungsfähigen Aufwendungen der Auffassung der Finanzverwaltung gefolgt.
Die Pflegekosten, die über den von der Pflege- und Krankenversicherung erstatteten Betrag hinausgingen, seien zu berücksichtigen.

Soweit das Finanzamt für Unterkunft und Verpflegung einen Tagessatz von 50 € (pro Monat durchschnittlich 1.500 €) zugrunde lege, sei dies ebenfalls nicht zu beanstanden.

Durch diese Handhabung werde die Klägerin im Vergleich zu anderen Pflegebedürftigen der Pflegestufe III nicht benachteiligt. Denn die Pflegesätze beliefen sich pro Tag auf 26,20 € bis 50,43 €.

– FG Düsseldorf Urteil vom 05.09.2012 – 15 K 682/12 F: Arbeitszimmer bei Wirtschaftsprüfer und Steuerberater

Der 15. Senat hatte über die Berücksichtigung von Raumkosten eines selbständig tätigen Wirtschaftsprüfers und Steuerberaters zu entscheiden.

Der Kläger – Gesellschafter einer Partnerschaftsgesellschaft – verfügte über einen Büroraum in der Kanzlei. Daneben nutzte er einen als Büro eingerichteten Raum in seiner Privatwohnung, der mit Fachliteratur und Zugriff auf das EDV-System der Praxis ausgestattet war.

In der Erklärung über die gesonderte und einheitliche Feststellung machte der Kläger Aufwendungen in Höhe von 5.257 € für das Arbeitszimmer als Sonderbetriebsausgaben geltend.

Er führte aus, der Mittelpunkt seiner gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung befinde sich qualitativ in seinem häuslichen Büro.

Das Finanzamt erkannte die Aufwendungen nicht an, weil es sich um ein häusliches Arbeitszimmer handele. Der Schwerpunkt der Tätigkeit des Klägers liege in seiner Kanzlei.

Das Gericht bestätigte die Auffassung des Finanzamts. Der Kläger unterhalte ein häusliches Arbeitszimmer. Es liege keine Betriebsstätte oder ein betriebsstättenähnlicher Raum vor.

Auch befinde sich der Mittelpunkt der Tätigkeit nicht im häuslichen Arbeitszimmer. Die Tätigkeit als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater werde wesentlich durch die mündliche Kommunikation mit den Mandanten, den Mitarbeitern und Dritten wie Vertretern von Finanzbehörden geprägt.

Diese Tätigkeit finde schwerpunktmäßig in den Räumen der Kanzlei oder der einzelnen Mandanten statt.

Weitere aktuelle Entscheidungen

– FG Düsseldorf Beschluss vom 19.09.2012 – 4 K 3107/11 Z (EuGH-Vorlage zur zollrechtlichen Einordnung von Ofenrohrsets),

– FG Düsseldorf Urteil vom 09.07.2012 – 9 K 4673/08 E (Hinzuschätzung wegen fehlerhafter Aufzeichnung der Praxisgebühr, Erfassung der privaten Telefonnutzung sowie Anerkennung eines Ehegatten-Arbeitsverhältnisses bei einem Arzt);

– FG Düsseldorf Urteil vom 04.07.2012 – 9 K 3955/09 F (Schuldzinsen als Sonderbetriebsausgaben bei doppelstöckigen Personengesellschaften);

– FG Düsseldorf Beschluss vom 04.10.2012 – 16 Ko 3212/12 GK (Nicht gezahlter Gerichtskostenvorschuss und Prozesskostenhilfe).

Finanzgericht Düsseldorf

Kraftfahrzeugsteuer für „reine“ Elektrofahrzeuge und ältere Pkw

Kraftfahrzeugsteuer für „reine“ Elektrofahrzeuge und ältere Pkw

Der Deutsche Bundestag hat am 25. Oktober 2012 ein Verkehrsteueränderungsgesetz verabschiedet (siehe Dokumentations- und Informationssystem für Parlamentarische Vorgänge). Das Gesetz wird nach der zweiten Beratung im Bundesrat voraussichtlich bis Ende des Jahres verkündet.

Um welche wichtigen Änderungen bei der Kraftfahrzeugsteuer geht es?

Die bisher nur für lokal emissionsfreie „reine“ Elektro-Pkw (auch Brennstoffzellenfahrzeuge) geltende Steuerbefreiung wird ausgeweitet auf alle anderen Fahrzeugklassen (z. B. auf Nutzfahrzeuge und Leichtfahrzeuge der Klassen N1 und L) und von bisher fünf auf zehn Jahre verlängert. Dies soll auch rückwirkend für zwischenzeitlich zugelassene Fahrzeuge gelten, denn die Bundesregierung hatte bereits im Mai letzten Jahres beschlossen, diese Gesetzesänderung zu initiieren. Erforderlich ist eine erstmalige verkehrsrechtliche Zulassung in der Zeit vom 18. Mai 2011 bis 31. Dezember 2015. Bei entsprechendem Nachweis kann diese auch im Ausland erfolgt sein. Für spätere Erstzulassungen bis 31. Dezember 2020 werden es wieder fünf steuerfreie Jahre. Die Steuer bemisst sich im Anschluss an die Befreiung wie bisher nach dem zulässigen Gesamtgewicht des „reinen“ Elektrofahrzeugs und wird um die Hälfte ermäßigt. Die Belastung liegt in der Regel unter 50 Euro im Jahr. Sie entspricht damit etwa der für Pkw mit besonders niedrigen Kohlendioxid(CO2)-Werten. Der kraftfahrzeugsteuerliche Anreiz stellt jedoch nur eine von vielen Maßnahmen dar, um energieeffiziente Elektromobilität besonders zu fördern.

Das Gesetz gibt außerdem Rechts- und Planungssicherheit für die Halter von mehr als 30 Mio. Pkw mit erstmaligen Zulassungen vor dem Stichtag 1. Juli 2009. Deren Besteuerung wird 2013 nicht geändert. Es erwies sich nach eingehenden Prüfungen als nicht realisierbar, die Kraftfahrzeugsteuer künftig auch für ältere Pkw vorrangig CO2-orientiert zu bemessen. Für rund zwei Drittel dieser Pkw liegen keine rechtssicheren belastbaren CO2-Werte vor oder könnten mit vertretbarem Aufwand nachträglich ermittelt werden. Meist sind vorhandene Werte mit heutigen in den Fahrzeugpapieren angegebenen nicht vergleichbar oder nur unzureichend auf das Fahrzeug bezogen (z. B. nur Mittelwert des jeweiligen Typs). Eine sachgerechte, geeignete Unterscheidung innerhalb dieser Fahrzeuggruppe ist ebenfalls nicht möglich. Umfangreiche Einzelfallprüfungen würden Steuerpflichtige sowie Verkehrs- und Finanzverwaltung überfordern. Die Kraftfahrzeugsteuer wird daher für diese Pkw weiter nach Schadstoffemissionen (den so genannten Euro-Normen) und nach Hubraum bemessen

Aufbewahrungspflicht von Speisekarten durch einen Gastwirt (BFH)

Nach § 147 Abs. 1 Nr. 5 AO müssen nur solche sonstigen, also nicht unter § 147 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 4a AO fallenden, Unterlagen aufbewahrt werden, die zum Verständnis und zur Überprüfung der für die Besteuerung gesetzlich vorgeschriebenen Aufzeichnungen im Einzelfall von Bedeutung sind (BFH, Urteil v. 14.12.2011 – XI R 5/10, NV; veröffentlicht 17.10.2012).

Haftung des Eigentümers nach der AO auch bzgl. grundstücksgleicher Rechte

Haftung des Eigentümers nach der AO auch bzgl. grundstücksgleicher Rechte

Kernaussage

Eine verschuldensunabhängige Ausfallhaftung des Eigentümers von Gegenständen für Steuern des Unternehmens kann sich bei einer wesentlichen Beteiligung ergeben, wenn diese Gegenstände dem Betrieb dienen. Dies legt die Abgabenordnung (AO) so fest. Haftungsgrund ist der objektive Beitrag, den der Gesellschafter durch die Bereitstellung von Gegenständen für die Führung des Unternehmens leistet. Gegenstände sind auch Wirtschaftsgüter immaterieller Art, wie z. B. das Erbbaurecht. Die Haftung kann auch nicht dadurch ausgeschlossen werden, dass der Gegenstand nicht im Eigentum des Haftenden, sondern im Eigentum einer Kommanditgesellschaft (KG) steht.

Sachverhalt 

Der Kläger und eine weitere Person waren zu je 50 % als Kommanditisten an einer GmbH & Co. KG und zugleich auch zu je 50 % an deren Komplementär-GmbH beteiligt. Diese wiederum hielt keine Kapitalbeteiligung an der GmbH & Co. KG. Die GmbH & Co. KG, deren Gesamthandvermögen nur aus einem Erbbaurecht bestand, überließ das Grundstück mit Gebäude pachtweise einer weiteren GmbH & Co. KG, an der der Kläger als Kommanditist auch zu 50 % beteiligt war. Im Januar 2002 wurde über das Vermögen dieser weiteren GmbH & Co. KG das Insolvenzverfahren eröffnet. Wegen rückständiger Umsatzsteuer für die Jahre 2000 und 2001 erließ das beklagte Finanzamt gegen den Kläger zwei Haftungsbescheide, beschränkt auf das Erbbaurecht am Grundstück. Die hiergegen gerichtete Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.

Entscheidung

Die Haftung des an einem Unternehmen wesentlich beteiligten Eigentümers von Gegenständen, die er diesem Unternehmen überlässt, erstreckt sich auch auf ein überlassenes Erbbaurecht, das dem Unternehmen als Betriebsgrundlage dient. Diese Haftung ist nicht nur auf körperliche Gegenstände beschränkt, sondern umfasst auch Rechte und Forderungen, obwohl nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch nur körperliche Sachen von der Haftung erfasst werden. Eine Differenzierung ist aber dann nicht sachgerecht, wenn in immaterielles Vermögen vollstreckt werden kann. Denn in beiden Fällen wird dem Unternehmen ein Wirtschaftsgut überlassen, das die Aufnahme oder die Fortsetzung des Geschäftsbetriebs ermöglicht und das einer Verwertung im Rahmen der Zwangsvollstreckung zugänglich ist. Die Haftung war vorliegend auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass das Erbbaurecht nicht dem Kläger, sondern der GmbH & Co. KG zustand, denn aufgrund der gesellschaftsrechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse war der Kläger jedenfalls wirtschaftlich Eigentümer.

Konsequenz

Die Haftung des Eigentümers ist sowohl zeitlich als auch gegenständlich beschränkt. Sie wird für die Dauer der wesentlichen Beteiligung und durch die Dauer begrenzt, für welche die Gegenstände dem Betrieb dienen. Zudem wird nur mit den Gegenständen gehaftet, die dem Unternehmen tatsächlich gedient haben.

Insolvente GbR: sind Gesellschafter noch prozessführungsbefugt?

Insolvente GbR: sind Gesellschafter noch prozessführungsbefugt?

Kernaussage

Unter Prozessführungsbefugnis versteht man die Befugnis, einen Prozess über das behauptete Recht im eigenen Namen führen zu können. Das ist z. B. gegeben, wenn der Anspruchsteller selbst Rechtsinhaber ist. Bei einer in Insolvenz befindlichen Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) kann das schon einmal schwierig sein: Hier hat der Bundesgerichtshof jüngst entschieden, dass dann die von einem Gesellschafter gegen einen Gesellschaftsgläubiger erhobene Klage auf Feststellung, diesem nicht persönlich für eine Verbindlichkeit der GbR zu haften, unzulässig ist.

Sachverhalt

Der Kläger war seit mehreren Jahre Gesellschafter einer GbR, über deren Vermögen Anfang 2010 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Der Beklagte hatte der GbR in der Vergangenheit mehrere Darlehen gewährt und forderte daraus ende 2009 vom Kläger als GbR-Gesellschafter eine Summe von rd. 21.000 EUR zurück. Der Kläger meint, er sei der GbR nicht wirksam beigetreten und hatte seine Beteiligung gekündigt. Er möchte gegenüber dem Beklagten gerichtlich festgestellt wissen, dass er aus den Darlehen nicht persönlich zur Zahlung verpflichtet ist. Sämtliche Instanzen hielten die Klage mangels Prozessführungsbefugnis des Klägers für unzulässig.

Entscheidung

Nach den Bestimmungen der Insolvenzordnung kann im Insolvenzverfahren über das Vermögen einer GbR die persönliche Haftung eines Gesellschafters für Verbindlichkeiten der GbR während der Dauer des Insolvenzverfahrens nur vom Insolvenzverwalter geltend gemacht werden. Von dieser Regelung gehen die Sperr- und die Ermächtigungswirkung aus. Aufgrund der Sperrwirkung können die Gläubiger nicht mehr gegen persönlich haftende Gesellschafter vorgehen und diese können nicht mehr befreiend an die Gläubiger der GbR leisten. Die Ermächtigungswirkung verleiht dem Insolvenzverwalter über das Vermögen der GbR die treuhänderische Befugnis, die Forderungen der Gesellschaftsgläubiger gegen die Gesellschafter gebündelt einzuziehen. Eine nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens von einem GbR-Gläubiger gegen einen Gesellschafter verfolgte Haftungsklage ist demnach nicht zulässig. Deshalb muss umgekehrt aber auch die hier vom Kläger gegen den Beklagten als Gesellschaftsgläubiger erhobene, eine Haftung leugnende, Feststellungsklage unzulässig sein. Ganz allgemein ist zur Prozessführung über Forderungen, die die Gesellschafterhaftung betreffen, nur der Insolvenzverwalter befugt. Ebenso wie der Gesellschaftsgläubiger gehindert ist, den Gesellschafter in Regress zu nehmen, fehlt umgekehrt dem Gesellschafter die Befugnis, sich durch die Klage gegen einen Gesellschaftsgläubiger seiner Haftung zu erwehren.

Konsequenz

Hätte die hier erhobene Feststellungsklage Erfolg, stünde rechtskräftig fest, dass der Beklagte den Kläger nicht als GbR-Gesellschafter in Anspruch nehmen kann. Damit würde jedoch dem Insolvenzverwalter die ihm kraft der Ermächtigungswirkung vorbehaltene Einziehungs- und Prozessführung entzogen.