Erwerb eines mit Erbbaurecht belasteten Grundstücks: Kein Bewertungsabschlag

Erwerb eines mit Erbbaurecht belasteten Grundstücks: Kein Bewertungsabschlag

Rechtslage
Mit einem Erbbaurecht belasteter Grundbesitz wird im Rahmen der Erbschaftsteuer mit dem abgezinsten Bodenwert zuzüglich des kapitalisierten Erbbauzinses bewertet. Soweit der erbbaurechtsbelastete Grundbesitz bebaut ist, kommt es zu einer Erhöhung dieser Bewertung um den Gebäudewert, wenn das Gebäude bei Ende des Erbbaurechts mit einem Wert, der unter seinem Verkehrswert liegt, oder gar nicht abgefunden wird. Das Finanzgericht Düsseldorf hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob auf diesen Wert, wenn die Erbbauimmobilie vermietet ist, der Bewertungsabschlag für Vermietungsobjekte im Rahmen der Erbschaftsteuer zu gewähren ist.

Sachverhalt
Der Kläger hatte vom Erblasser einen Anteil an einem mit einer Vermietungsimmobilie bebauten, erbbaurechtsbelasteten Grundstück durch Erbfall erworben. Im Rahmen der Erbschaftsteuerveranlagung bewertete das Finanzamt den Grundbesitz nach den allgemeinen Bewertungsregelungen für Erbbaurechte; ein Gebäudewert wurde nicht angesetzt, da das Gebäude zum Verkehrswert bei Erbbaurechtsende abgefunden werden musste. Mit seiner Klage verfolgte der Kläger das Ziel auf die Bewertung des Finanzamtes den Bewertungsabschlag für Vermietungsobjekte zu erhalten.

Entscheidung
Die Klage wurde abgewiesen, die Revision zum Bundesfinanzhof aber zugelassen. Zur Begründung stellt das Finanzgericht Düsseldorf darauf ab, dass der Kläger lediglich einen Anteil an dem mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstück erhalten habe. Hiervon sei die Immobilie, die aufgrund des Erbbaurechts errichtet worden sei (aber nicht bzw. nicht in dieser Form hätte errichtet werden müssen, weil der Erbbauberechtigte mit dem Erbbaurecht lediglich die Nutzung des Grundbesitzes erhalte), zu trennen. Nur für die Wohnungsimmobilie werde aber der Bewertungsabschlag für Vermietungsobjekte gewährt.

Konsequenz
Es bleibt zu abzuwarten, wie der Bundesfinanzhof in der Sache entscheidet. Allerdings erscheint die Entscheidung des Finanzgerichts zutreffend, denn der Kläger erwirbt hier tatsächlich nur einen Anteil am Grundbesitz, nicht aber an der Immobilie; dies gilt jedenfalls dann, wenn Eigentum am Grundbesitz und Stellung als Erbbauberechtigter, also „Immobilienbesitzer“, auseinander fallen.

Stromversorger: Keine Steuererstattung bei Insolvenz oder Tod des Stromkunden

Stromversorger: Keine Steuererstattung bei Insolvenz oder Tod des Stromkunden

Kernaussage
Stromversorgungsunternehmen schulden die Stromsteuer auch dann, wenn sie aufgrund der Zahlungsunfähigkeit ihrer Kunden den vereinbarten Kaufpreis nicht realisieren können und deshalb selbst mit der im Kaufpreis enthaltenen Stromsteuer belastet werden. Ihnen kann die Steuer nicht aus Billigkeitsgründen erlassen werden.

Sachverhalt
Ein regionales Energieversorgungsunternehmen für Strom, Gas und Wärme beantragte die Erstattung von Stromsteuer mit der Begründung, die Stromsteuer habe nicht auf die Kunden abgewälzt werden können, da diese entweder zahlungsunfähig oder verstorben seien. Seinen Anspruch stützte das Unternehmen auf § 227 der Abgabenordnung, nach der eine Erstattung von Steuern aus Billigkeitsgründen möglich ist. Das Hauptzollamt lehnte den Antrag ab. Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht urteilte, dass dem Energieversorgungsunternehmen weder aus sachlichen noch aus persönlichen Billigkeitsgründen ein Erstattungsanspruch zusteht. Hiergegen legte das Energieversorgungsunternehmen Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) ein.

Entscheidung
Der BFH wies die hiergegen gerichtete Revision des Energieversorgungsunternehmens ab, da die Voraussetzungen für einen Erlass der Stromsteuer aus Billigkeitsgründen nicht gegeben sind. Ansprüche aus dem Schuldverhältnis können erlassen werden, wenn deren Einziehung nach der Lage des einzelnen Falls aus sachlichen oder persönlichen Gründen unbillig wäre. Sachlich unbillig ist die Erhebung einer Steuer, wenn sie zwar äußerlich dem Gesetz entspricht, aber den Wertungen des Gesetzgebers im konkreten Fall derart zuwiderläuft, dass die Steuererhebung unbillig erscheint. Vorliegend handelt es sich nicht um einzelne Fälle, die den Wertungen des Gesetzgebers zuwiderlaufen. Vielmehr hat der Gesetzgeber bewusst angeordnet, dass die Stromversorger das Ausfallrisiko für die Stromsteuer tragen sollen. Im Übrigen können sie durch eine entsprechende Preiskalkulation Vorsorge für Ausfälle treffen.

Konsequenz
Auch wenn der Endverbraucher die Stromsteuer tragen soll, ist es eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers gewesen, dass die Stromversorger als Steuerschuldner für Ausfälle haften. Durch die Entscheidung ist nicht mit einer Erhöhung der Strompreise zu rechnen, da auch bislang die Ausfallrisiken in den Strompreis eingepreist werden.

Verlustausgleichbeschränkung für Steuerstundungsmodelle

Verlustausgleichbeschränkung für Steuerstundungsmodelle

Kernaussage
Verluste aus der Beteiligung an sogenannten Steuerstundungsmodellen dürfen weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit anderen Einkünften verrechnen werden. Ein Steuerstundungsmodell liegt vor, wenn aufgrund modellhafter Gestaltungen durch Verluste steuerliche Vorteile erlangt werden sollen. Die Regelung zu der Verlustausausgleichsbeschränkung ist hinreichend bestimmt und einer Auslegung zugänglich.

Sachverhalt
Die Klägerin ist eine Leasinggesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG. Die Gesellschaftsgründung erfolgte im Jahr 2006 auf Basis eines „Konzeptpapiers zur Gründung einer Leasinggesellschaft“, auf dessen Grundlage bereits andere Kommanditgesellschaften gegründet worden waren. Abweichend von den früheren Konzeptpapieren sieht der Prospekt der Klägerin keine Nachsteuerbetrachtung für den Kommanditisten beziehungsweise keine Erläuterungen zu etwaigen Steuerersparnissen vor. In ihrer Feststellungserklärung für das Streitjahr 2006 gab die Klägerin unter Einbezug einer Ansparrücklage in Höhe von 114.000 EUR einen Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von 115.284 EUR an. Das Finanzamt versagte die Anerkennung der Ansparrücklage und stellte einen Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von 1.284 EUR fest. Die Einkünfte wurden in Höhe von 20.000 EUR der GmbH in Höhe von 21.284 EUR dem Beigeladenen zugerechnet. Das Finanzamt war der Ansicht, es handele sich um ein Steuerstundungsmodell und stellte in gleicher Höhe einen verrechenbaren Verlust fest. Das Finanzgericht und der Bundesfinanzhof gaben der Klägerin Recht.

Entscheidung
Im vorliegenden Fall liegt kein Steuerstundungsmodell vor. Dieses ist nur dann anzunehmen, wenn auf Grund einer modellhaften Gestaltung steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden sollen. Dies ist wiederum der Fall, wenn dem Steuerpflichtigen durch das gebotene Konzept zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste geboten werden, die mit übrigen Einkünften zu verrechnen sind. Ob in der Sache ein Steuerstundungsmodell gegeben ist, ist im Wege einer wertenden Gesamtbetrachtung zu ermitteln. Jedenfalls verstößt die Regelung zur Verlustausgleichsbeschränkung für Steuerstundungsmodelle nicht gegen das Bestimmtheitsgebot, da die Norm hinreichend klar formuliert und aufgrund dessen auslegbar ist.

Konsequenz
Ist aufgrund der modellhaften Gestaltung der Beteiligung davon auszugehen, dass die prognostizierten Anfangsverluste 10 % des aufzubringenden Kapitals übersteigen, liegt ein Steuerstundungsmodell vor. Das Urteil zeigt, dass sich dies Modell mit der entsprechenden Vertragsgestaltung vermeiden lässt.

Krankheitsbedingte Unterbringung im Wohnstift

Krankheitsbedingte Unterbringung im Wohnstift

Kernaussage
Die Kosten der krankheitsbedingten Unterbringung in einem Wohnstift sind insgesamt als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig. Dies gilt für die gesamten Aufwendungen, soweit diese nicht außerhalb des üblichen Rahmens liegen.

Sachverhalt
Die pflegebedürftige Klägerin bewohnte ein Apartment mit einer Größe von rund 75 qm in einem Seniorenwohnstift. Für die gesamten Unterbringungskosten, darin enthalten unter anderem eine ganztägige Grundbetreuung, Therapieangebote, ständige Notrufbereitschaft, Versorgung sowie Grundpflege, entrichtete sie ein Pauschalentgelt. Pflegeleistungen wurden hingegen aufgrund eines gesonderten Vertrags abgerechnet. Die Klägerin machte die gesamten Kosten in ihrer Einkommensteuererklärung geltend. Das Finanzamt folge dem Ansatz daraufhin nicht. Hiergegen wurde Klage vor dem Finanzgericht (FG) eingereicht.

Entscheidung
Die Richter des FG folgten zunächst dem Finanzamt. Vor dem Bundesfinanzhof (BFH) wurde das Urteil jedoch aufgehoben und zwecks Feststellung der Üblichkeit der Apartmentgröße an das FG zurück verwiesen. Nach Auffassung der höchsten Finanzrichter erwachsen sämtliche geltend gemachten Kosten zwangsläufig im Sinne des § 33 EStG und sind demzufolge als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig. Dies gelte sowohl für die Pflege- als auch für die pauschal berechneten Unterbringungskosten. Die konkrete Höhe der abzugsfähigen Aufwendungen berechne sich anhand der Gesamtkosten, soweit diese nicht unüblich sind, abzüglich der eintretenden Haushaltsersparnis.

Konsequenz
Sämtliche Kosten einer krankheitsbedingten Unterbringung in einer Pflegeeinrichtung erwachsen zwangsläufig und sind als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigungsfähig. Die Thematik der Abzugsfähigkeit derartiger Kosten wird in Zukunft stetig an Bedeutung gewinnen, da durch den ratierlichen Anstieg der Rentenversteuerungsquote bis hin zur vollen Rentensteuerpflicht im Jahr 2040 mehr und mehr Rentner Einkommensteuer zu zahlen haben werden.

Zum Umfang des Gemeinschaftsgebietes i. S. d. UStG

Zum Umfang des Gemeinschaftsgebietes i. S. d. UStG

Einführung
Nach dem Beitritt Kroatiens gehören mittlerweile 28 Staaten der Europäischen Union an. Grundsätzlich entspricht das Hoheitsgebiet dieser Staaten zwar dem Gemeinschaftsgebiet, es gibt allerdings auch Ausnahmen. So gehören z. B. die Balearen und die Kanarischen Inseln zum spanischen Hoheitsgebiet, aber nur die Balearen gelten als Gemeinschaftsgebiet, in dem die Umsatzsteuer harmonisiert ist.

Neue Verwaltungsanweisung
Das Bundesfinanzministerium (BMF) weist in einem Schreiben auf die jüngsten Entwicklungen hin, die das französische Staatsgebiet betreffen.

Konsequenz
Um eine korrekte umsatzsteuerliche Erfassung sicher zu stellen, sollten Unternehmen, die Leistungsbeziehungen zu „exotischen“ Gebieten der Staaten der Europäischen Union unterhalten, prüfen, ob es sich hierbei um Gemeinschaftsgebiet oder Drittland handelt. Als Hilfe kann hier die nun aktualisierte Liste in Abschn. 1.10 UStAE dienen.

„Syndikusanwälte“: Keine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht

„Syndikusanwälte“: Keine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht

Kernaussage
Abhängig beschäftigten „Syndikusanwälten“ steht kein Befreiungsanspruch in der gesetzlichen Rentenversicherung zu. Für diejenigen, die bereits von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht zugunsten der berufsständischen Versorgungswerke befreit sind, soll sich aus Gründen des Vertrauensschutzes nichts ändern.

Sachverhalt
Die Kläger der 3 Ausgangsverfahren hatten bei der beklagten Deutschen Rentenversicherung Bund die Befreiung in der gesetzlichen Rentenversicherung beantragt. Die Anträge wurden abgelehnt, weil die Kläger in ihren jeweiligen Beschäftigungen keine anwaltliche Tätigkeit ausübten. Die Entscheidungen der Landessozialgerichte differierten: Das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen vertrat die Auffassung, dass eine Befreiung im Falle eines Arbeitsverhältnisses mit einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber generell nicht möglich sei. Unterschiedlich urteilten die Senate des LSG Baden-Württemberg, wonach die Befreiung möglich sein sollte, sofern die Beschäftigung weder die Versagung oder Rücknahme der Anwaltszulassung noch ihren Widerruf rechtfertige oder aber bezüglich der zu beurteilenden Tätigkeit die kumulative Erfüllung der Merkmale Rechtsberatung, -entscheidung, -gestaltung und -vermittlung vorliegen müssen. Das Bundessozialgericht (BSG) hat alle 3 Klagen abgewiesen.

Entscheidung
Die Regelungen des SGB VI verlangen für die Möglichkeit der Befreiung, dass der Betroffene durch ein und dieselbe Tätigkeit gesetzlich zur Mitgliedschaft in 2 verschiedenen Versorgungseinrichtungen gezwungen ist. Die Beschäftigung also die Versicherungspflicht in beiden Systemen auslöst. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Die Tätigkeit als angestellter Mitarbeiter eines Unternehmens ist wesensverschieden von der Tätigkeit des Rechtsanwalts. Unabhängiges Organ der Rechtspflege und damit Rechtsanwälte sind die Unternehmensjuristen somit nur in ihrer freiberuflichen, versicherungsfreien Tätigkeit außerhalb ihres Dienstverhältnisses.

Konsequenz
Wer bereits eine Befreiung erlangt hat, muss voraussichtlich nicht mit einer Aufhebung eben dieser rechnen. Allerdings besteht der Vertrauensschutz nur, soweit es zu keiner Änderung des Beschäftigungsverhältnisses kommt. Bei Änderungen von Anstellungsverträgen ist dies zu bedenken.

Neues zu Bauleistungen

Neues zu Bauleistungen

Rechtslage
Bauträger, Generalunternehmer und insbesondere Subunternehmer sind derzeit gefordert, auf die jüngste Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu Bauleistungen zu reagieren, auch wenn die finale Stellungnahme des Bundesfinanzministeriums (BMF) hierzu noch aussteht. Zahlreiche Subunternehmer sind von der Insolvenz bedroht, sofern ihnen für die Vergangenheit kein Vertrauensschutz gewährt wird. Doch auch für aktuelle Projekte ergeben sich durch die Rechtsprechung Probleme. Denn es ist nicht mehr zulässig, dass die Vertragsparteien sich in strittigen Fällen darauf einigen, ob der Subunternehmer eine Bauleistung erbracht hat oder nicht. Konflikte sind hier vorprogrammiert, da die Abgrenzung nicht einfach ist, wie ein anhängiges Verfahren beim BFH zeigt.

Sachverhalt
Das Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg hat dem BFH u. a. die Frage vorgelegt, ob die Installation einer Betriebsvorrichtung als Bauleistung zu qualifizieren ist. Die Finanzverwaltung vertritt hier den Standpunkt, dass Bauleistungen vorliegen, wenn Einrichtungsgegenstände fest mit dem Bauwerk verbunden, große Maschinenanlagen aufgebaut bzw. Gegenstände aufwendig installiert werden müssen. Das FG hingegen sieht nur dann eine Bauleistung als gegeben an, wenn sich hierdurch eine Veränderung der Substanz des Bauwerkes ergibt. Den Auf- bzw. Einbau einer Betriebsvorrichtung subsumiert das FG nicht hierunter.

Konsequenz
In der Praxis gab es bisher schon regelmäßig Streit darüber, ob die Installation einer Maschine als Bauleistung zu werten ist. Konnten sich die Vertragsparteien früher noch hierüber einigen, so ist dies aufgrund der Rechtsprechung des BFH nicht mehr möglich. Es ist daher erfreulich, dass der BFH insoweit nun für Klarheit sorgen wird. Bis das Urteil ergangen ist, sollten die betroffenen Unternehmen, über entsprechende Umsatzsteuerklauseln vertraglich sicher stellen, dass eine Korrektur der Abrechnungen erfolgen kann, sollte der BFH zu einem anderen Ergebnis kommen, als von den Vertragsparteien angenommen.

Steuer-CDs: Zur Verwertbarkeit im Strafverfahren

Steuer-CDs: Zur Verwertbarkeit im Strafverfahren

Kernaussage
Da sich die Vorschriften zur Beweisverwertung ausschließlich an die staatlichen Strafverfolgungsorgane richten, ist die rechtswidrige oder strafbare Erlangung eines Beweismittels (Steuer-CD) durch einen Privaten, grundsätzlich verwertbar. Die Gerichte müssen allerdings das Ausmaß und den Grad der staatlichen Beteiligung an der Erlangung der Daten überprüfen.

Sachverhalt
Das Land Rheinland-Pfalz hat im Jahr 2012 von einer Privatperson eine Steuerdaten-CD angekauft, die zahlreiche Datensätze von Kunden einer Schweizer Bank enthielt, so auch von dem Beschwerdeführer. Dieser wendet sich gegen die Verwertung der angekauften Steuerdaten-CD im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren. Gestützt auf die CD erließ das Amtsgericht Koblenz gegen den Beschwerdeführer einen Durchsuchungsbeschluss wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung und ordnete die Beschlagnahme verschiedener Unterlagen an. Die gegen diese Beschlüsse erhobenen Beschwerden blieben erfolglos. Gegen diese gerichtlichen Entscheidungen erhob der Beschwerdeführer sodann Verfassungsbeschwerde und machte geltend, die Verwertung der CD verletze ihn in seinem Recht auf ein faires Verfahren, in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht sowie seinem Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung.

Entscheidung
Die Verfassungsbeschwerde hat keinen Erfolg. Selbst eine rechtswidrige Beweiserhebung führt nicht ohne weiteres zu einem Beweisverwertungsverbot. Allerdings gibt es auch im Strafverfahren keine Wahrheitsermittlung um jeden Preis. Die verfassungsrechtliche Grenze ist zumindest dann überschritten, wenn staatliche Stellen die Beweiserhebung allein an den engen Voraussetzungen eines Beweisverwertungsverbots ausrichten. Bestehen Anhaltspunkte dafür, dass Informationen in rechtswidriger oder strafbarer Weise gewonnen worden sind, so ist erforderlich, dass der Sachverhalt der Informationserhebung hinreichend aufgeklärt wird. Die Gerichte haben die Strafbarkeit deutscher Beamter zu prüfen. Die strafbare Erlangung eines Beweismittels durch eine Privatperson führt nur in Ausnahmefällen zur Unverwertbarkeit des Beweismittels im Strafverfahren, denn das Handeln des Privaten ist nicht der staatlichen Sphäre zuzurechnen.

Konsequenz
Die Entscheidung zeigt auch die Grenzen für die Ermittler auf. Vorliegend war der Informant nicht als verlängerter Arm der Ermittlungsbehörden anzusehen, denn es gab keine behördliche Anstiftung. In der Zukunft könnte aber eine solche Situation entstehen, bei der dann unter Umständen das Handeln des Privaten der staatlichen Sphäre zuzurechnen wäre.

Kindergeld: Sind eigene Einkünfte des verheirateten Kindes relevant?

Kindergeld: Sind eigene Einkünfte des verheirateten Kindes relevant?

Kernproblem
Für volljährige Kinder steht den Eltern Kindergeld zu, wenn sich die Kinder in Berufsausbildung befinden und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Nach langjähriger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) erlosch der Kindergeldanspruch für ein volljähriges Kind grundsätzlich mit dessen Eheschließung, weil die Unterhaltsverpflichtung der Eltern infolge der Heirat und der zivilrechtlich vorrangigen Verpflichtung des Ehegatten regelmäßig entfiel. Ein Anspruch auf Kindergeld blieb nur erhalten, wenn die Einkünfte des Ehepartners für den vollständigen Unterhalt des Kindes nicht ausreichten und das Kind auch nicht über ausreichende eigene Mittel verfügte (sogenannter Mangelfall). Seit dem Jahr 2012 ist Kindergeld stets unabhängig von den eigenen Einkünften und Bezügen des Kindes zu gewähren, soweit sich das Kind in Erstausbildung oder einem Erststudium befindet. An der Rechtsauffassung der Familienkassen hat sich aber in Bezug auf verheiratete Kinder nichts geändert. Diesmal klagte eine Mutter, deren verheiratete Tochter über ausreichendes Einkommen verfügte.

Sachverhalt
Für ihre 24-jährige Tochter beantragte eine Mutter im Jahr 2013 Kindergeld. Die Tochter war seit dem Jahr 2010 verheiratet und absolvierte ein Erststudium der Rechtswissenschaften. Ihr Ehemann befand sich in Ausbildung und erhielt ein geringes Schulgeld von jährlich ca. 3.000 EUR. Durch ein Stipendium und eine Beschäftigung als Wissenschaftliche Hilfskraft standen der Tochter mehr als 10.000 EUR im Jahr zur Verfügung. Die Familienkasse lehnte die Auszahlung von Kindergeld ab, weil sich die Tochter selbst unterhalten könne und ein Mangelfall nicht vorliege. Dagegen klagte die Mutter vor dem Niedersächsischen Finanzgericht (FG), weil der grundsätzlich unterhaltsverpflichtete Ehemann der Tochter nur über geringes Einkommen verfüge und damit ein Mangelfall vorläge. Eigene Einkünfte und Bezüge der Tochter im Erststudium seien seit dem Jahr 2012 unerheblich.

Entscheidung
Das FG hat der Mutter das Kindergeld zugesprochen, aber die (bereits anhängige) Revision beim BFH zugelassen. Da sich das Kind in Erstausbildung beziehungsweise dem Erststudium befinde, sei eine Überprüfung der Einkünfte und Bezüge nach der Neufassung der Kindergeldregelung nicht mehr erforderlich. Das müsse auch gelten, wenn das Kind bereits verheiratet sei, denn aus dem Wortlaut der Regelung sei nicht zu entnehmen, dass der Familienstand zu berücksichtigen ist. Dem stehe auch die Rechtsprechung des BFH zum „Mangelfall“ nicht mehr entgegen, nachdem der Gesetzgeber in Kauf genommen habe, dass auch für Kinder mit hohem eigenem Einkommen Kindergeld gezahlt werde. Die einschlägigen Verwaltungsanweisungen der Familienkassen binden dagegen nur die Verwaltung, nicht die Gerichte.

Konsequenz
Alle hiervon betroffenen Eltern sollten das Kindergeld rückwirkend ab Januar 2012 beantragen, soweit das verfahrensrechtlich möglich ist. In einem ähnlichen Fall hat der BFH bereits entschieden, dass der Mangelfallrechtsprechung die Grundlage entzogen sei.

Unzureichender Behindertenschutz durch Pflichtteilsstrafklausel

Unzureichender Behindertenschutz durch Pflichtteilsstrafklausel

Rechtslage
Der Schutz des Vermögens, das ein Erblasser einem behinderten Erben, der Sozialleistungen bezieht, zukommen lassen will, um dessen Lebensstellung über die reinen Sozialleistungen hinaus zu verbessern, ist inzwischen anerkannt. Er wird sichergestellt durch sogenannte Behinderten-Testamente. Allerdings gibt es, insbesondere dann, wenn Eltern zugunsten behinderter Kinder nicht rechtzeitig handeln, Fallstricke, die dazu führen, dass Behinderten-Testamente ins Leere laufen. Einen solchen Fall hatte das Oberlandesgericht Hamm zu entscheiden.

Sachverhalt
Ein Ehepaar hatte in den 70er Jahren ein erstes Ehegatten-Testament errichtet, in dem sie sich zu wechselseitigen Erben im ersten Todesfall und die Kinder zu Schlusserben für den zweiten Todesfall eingesetzt hatten. Zugleich hatten sie eine sogenannte Pflichtteilsstrafklausel vereinbart, wonach ein Kind, das im ersten Todesfall seinen Pflichtteil geltend machte, auch im zweiten Todesfall auf den Pflichtteil beschränkt war. Eines der Kinder war behindert und bezog Sozialleistungen. Nach dem Tode des ersten Elternteils errichtete der zweite Elternteil ein sogenanntes Behindertentestament, ohne dazu im ersten Testament ausdrücklich berechtigt gewesen zu sein. Nach dem Tode des zweiten Elternteils machte der Sozialleistungsträger, der bereits nach dem ersten Todesfall den Pflichtteilsanspruch für das behinderte Kind geltend gemacht hatte, erneut den Pflichtteil geltend.

Entscheidung
Das Gericht ließ die Geltendmachung des Pflichtteils nach dem Tode des zweiten Elternteils zu. Da das Behinderten-Testament ohne ausdrückliche Ermächtigung im ersten Testament aus den 70er Jahren errichtet worden sei, habe das Ehegattentestament nach dem Todesfall des ersten Elternteils Bindungswirkung erlangt. Das Behinderten-Testament konnte also gar nicht wirksam errichtet werden, so dass der Sozialleistungsträger den zweiten Pflichtteilsanspruch auf sich überleiten und geltend machen konnte.

Konsequenz
Die Entscheidung zeigt, dass Nachfolgeplanung zu einem frühen Zeitpunkt einsetzen muss. In der Beratung muss zur Vermeidung von Haftungsrisiken geklärt sein, welche erbrechtlichen Grundvoraussetzungen bestehen.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin