ESMA: Verbot von Leerverkäufen mit Unionsrecht vereinbar

ESMA: Verbot von Leerverkäufen mit Unionsrecht vereinbar

Kernaussage
Die Befugnis der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) in dringlichen Fällen einzugreifen, um Leerverkäufe zu regeln oder zu verbieten, ist mit dem Unionsrecht vereinbar.

Sachverhalt
Um zu verhindern, dass die Kurse von Finanzinstrumenten durch die Wirkung von Leerverkäufen außer Kontrolle geraten, erließ die Europäische Union im Jahr 2012 aufgrund der Finanzmarktkrise eine Verordnung zur Harmonisierung von Leerverkäufen. Hierbei werden Wertpapiere und sonstige Vermögenswerte in der Erwartung eines Profits aus dem Kursrückgang verkauft, die im Verkaufszeitpunkt nicht im Eigentum des Verkäufers stehen. Die Verordnung gibt der ESMA die Möglichkeit des Erlasses verbindlicher Rechtsakte für die Finanzmärkte der Mitgliedsstaaten, um die Stabilität und Funktionsweise des Finanzsystems in der Union sicherzustellen. Im Mai 2012 klagte das Vereinigte Königreich beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) auf Nichtigerklärung von Art. 28 der Verordnung.

Entscheidung
Der EuGH wies die Klage ab. Die der ESMA eingeräumten Befugnisse sind genau eingegrenzt und basieren auf dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Die ESMA ist nur dann zum Handeln berechtigt, wenn eine grenzüberschreitende Bedrohung für die Finanzmärkte oder die Stabilität des Finanzsystems der Europäischen Union besteht und die zuständigen nationalen Behörden nicht ausreichend eingeschritten sind. Damit werden der ESMA keine Befugnisse durch die Union übertragen, die dieser nicht zustehen. Hinzu kommt, dass die ESMA den Europäischen Ausschuss für Systemrisiken konsultieren und die zuständigen nationalen Behörden über die jeweiligen Maßnahmen unterrichten muss.

Konsequenz
Die Entscheidung des EuGH zeigt, dass die derzeitige Ausgestaltung der ESMA mit dem Europarecht vereinbar ist. Die Klage der Briten, die sich gegen die Befugnisse der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde, hatte keinen Erfolg.

Umsatzsteuerkorrektur bei Vereinbarung von Sicherungseinbehalten

Umsatzsteuerkorrektur bei Vereinbarung von Sicherungseinbehalten

Einführung
Die Liquidität von Unternehmen, die der Sollbesteuerung unterliegen, leidet häufig darunter, dass sie die Umsatzsteuer schon ans Finanzamt abführen müssen, bevor sie diese vom Kunden erhalten haben. Die im Gegensatz zur Istbesteuerung der Sollversteuerung immanente Vorfinanzierung der Umsatzsteuer ist nach Ansicht des Bundesfinanzhofs (BFH) zulässig, sofern Korrekturen einfach möglich sind. In einem aktuellen Urteil zu Sicherungseinbehalten hat der BFH nun gezeigt, dass er dies ernst meint.

Sachverhalt
Die Auftraggeber eines Bauunternehmers behielten 5 % bis 10 % der in Rechnung gestellten Beträge als Sicherungseinbehalte für 2 bis 5 Jahre ein. Da der Bauunternehmer nicht in der Lage war Bankbürgschaften vorzulegen, erhielt er auch nur die um die Sicherungseinbehalte reduzierten Rechnungsbeträge von seinen Auftraggebern ausbezahlt. Strittig war nun, ob der Bauunternehmer berechtigt war, nur den reduzierten Betrag der Umsatzsteuer zu unterwerfen. Die Finanzverwaltung vertrat die Ansicht, dass im Rahmen der Sollversteuerung der volle Rechnungsbetrag zu versteuern sei, sofern keine konkreten Mängelrügen vorliegen würden.

Entscheidung
Der BFH sieht in der Vorfinanzierung der Umsatzsteuer für mehrere Jahre im Rahmen der Sollversteuerung im Vergleich zur Istbesteuerung einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz. Hierzu kommt es aber nicht, da Entgelte, die für einen Zeitraum von 2 bis 5 Jahren nicht vereinnahmt werden können, nach Ansicht des BFH uneinbringlich sind.

Konsequenzen
Wird ein mehrjähriger Sicherungseinbehalt nicht ausgezahlt, ist die entsprechende Forderung zunächst zu 100 % einzubuchen. In Höhe des Einbehalts ist aber dann im gleichen Voranmeldungszeitraum eine Korrektur der Umsatzsteuer vorzunehmen. Dies gilt jedoch nur für die Fälle, in denen es dem Unternehmer nicht möglich war, eine Bankbürgschaft beizubringen. Dies sollte dokumentiert werden. Zu beachten ist auch, dass die Korrektur nun auch zwingend im Voranmeldungszeitraum der Leistungserbringung erfolgen muss. Spätere Korrekturen lässt der BFH folgerichtig aus diesem Grunde nicht mehr zu. Für die betroffenen Unternehmen ist das Urteil mehr als erfreulich, da gerade die Unternehmen, die keine Bankbürgschaft erhalten, regelmäßig auch nicht besonders liquide sind.

Umsatzsteuer: Wenn die Auskunft des Finanzamtes zum Verhängnis wird

Umsatzsteuer: Wenn die Auskunft des Finanzamtes zum Verhängnis wird

Einführung
Der deutschen Umsatzsteuer unterliegen nur Leistungen, die im Inland steuerbar sind. Dies wiederum setzt voraus, dass der Ort der Leistung im Inland liegt. Allerdings bereitet die Bestimmung des Leistungsortes häufig massive Probleme. Selbst wenn aus deutscher Sicht das Problem gelöst scheint, schließt dies nicht aus, dass sich Konflikte mit ausländischen Kunden ergeben, die eine abweichende Rechtsansicht vertreten.

Sachverhalt
Die in Deutschland ansässige Klägerin hatte sich verpflichtet, mit der von ihr unterhaltenen Fußballmannschaft Werbeleistungen für einen schweizer Tourismusverband durchzuführen. Die Werbung wurde anlässlich von Sportveranstaltungen im heimischen Stadion erbracht. Nach Auskunft des zuständigen Finanzamts sollten die Umsätze in Deutschland steuerbar sein. Die Klägerin rechnete die erbrachten Leistungen daraufhin mit Ausweis von deutscher Umsatzsteuer ab (circa 40.000 EUR), die in der Folgezeit bestandskräftig festgesetzt wurde. Der Tourismusverband zahlte zwar die Nettoentgelte, nicht jedoch die Umsatzsteuer.

Entscheidung
Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm stellt sich gegen die Aussage des Finanzamtes. Demnach ist die erbrachte Leistung als Werbeleistung zu qualifizieren, die in der Schweiz der Umsatzsteuer unterliegt, nicht jedoch in Deutschland.

Konsequenzen
Nicht nur für diesen Fall gilt, dass auch verbindliche Auskünfte des Finanzamts zwar für einen gewissen Vertrauensschutz sorgen, dieser aber nichts nützt, wenn es vors Gericht geht. Dies gilt nicht nur für die Finanzgerichte, sondern auch für die Zivilgerichte, wie das OLG ausdrücklich betont. Gerade in der Umsatzsteuer ist, Tendenz zunehmend, zu beobachten, dass Urteile der Gerichte für die Steuerpflichtigen böse enden, die sich alleine an der Auffassung der Finanzverwaltung orientiert haben. Um sich diesem Risiko nicht unnötig auszusetzen, sollte daher bei Geschäften mit Auslandsbezug im Zweifel die umsatzsteuerliche Behandlung immer im Vorfeld geklärt und mit dem Vertragspartner abgestimmt werden. Ist dies nicht möglich, muss zumindest dafür Sorge getragen werden, dass die Bescheide nicht bestandskräftig werden, um später gegebenenfalls noch Korrekturen vornehmen zu können.

Grunderwerbsteuer: Zur Einbringung eines Grundstücks in eine Gesellschaft

Grunderwerbsteuer: Zur Einbringung eines Grundstücks in eine Gesellschaft

Kernaussage
Bringen die Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft (KG) ein ihnen gehörendes Grundstück in die KG ein und wird die KG anschließend in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt, sind die Voraussetzungen für die Nichterhebung der Grunderwerbsteuer für die Grundstückseinbringung nicht erfüllt. Bei der Einbringung eines Grundstücks in eine Gesellschaft darf auch dann nicht anstelle des Grundbesitzwerts der Buchwert angesetzt werden, wenn die Gesellschaft und das für die Steuerfestsetzung zuständige Finanzamt (FA) dies vereinbaren.

Sachverhalt
Die klagende GmbH ist durch Umwandlungsbeschluss vom 30.8.2010 aus einer GmbH & Co. KG hervorgegangen. Kommanditisten waren A und deren Kinder K1 und K2. Die Komplementär-GmbH war nicht am Gesellschaftsvermögen beteiligt. Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 30.8.2010 verpflichten sich A und K1 ein ihnen als Miteigentümer gehörendes, an die KG vermietetes Grundstück gegen Gewährung neuer Gesellschaftsrechte in die KG einzubringen. Anschließend wurde der Umwandlungsbeschluss beurkundet. Auf Basis einer Einigung mit dem Finanzamt setzte dieses durch Bescheid vom 1.3.2011 auf Basis des Buchwerts des Grundstücks von 120.000 EUR Grunderwerbsteuer i. H. v. 4.200 EUR fest. Die GmbH klagte auf Nichterhebung der Steuer.

Entscheidung
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Der Bundesfinanzhof (BFH) hob das Urteil auf und verwies die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück. Der BFH bestätigte die Feststellung des FG, dass durch Abschluss des Einbringungsvertrags vom 30.8.2010 Grunderwerbsteuer anfällt. Des Weiteren sind die Voraussetzungen der Nichterhebung der Grunderwerbsteuer durch den nachfolgenden Umwandlungsvorgang nicht erfüllt. Jedoch darf Bemessungsgrundlage für die Steuer nicht der Buchwert des Grundstücks sein. Die Voraussetzungen für die Nichterhebung der Grunderwerbsteuer entfallen rückwirkend, da sich die Beteiligung am Vermögen der Gesamthand innerhalb von 5 Jahren nach dem Grundstücksübergang vermindert hat. Eine solche Verminderung tritt auch bei Umwandlung der Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft ein. Entscheidend ist die unmittelbare dingliche Mitberechtigung der Gesamthänder am Gesellschaftsvermögen. Diese geht bei Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft verloren. Der Buchwertansatz war hier unzulässig, da dieser nicht als vorläufiger Wertansatz gekennzeichnet wurde.

Konsequenz
Hier zeigen sich die Tücken des Grunderwerbsteuerrechts: Nach einer steuerfreien Übertragung müssen die Verbleibensvorschriften (§§ 5, 6 GrEStG) überwacht und eingehalten werden.

BFH: Bezahlung von Bußgeldern in der Regel Arbeitslohn

BFH: Bezahlung von Bußgeldern in der Regel Arbeitslohn

Kernproblem
Die Übernahme von Geldbußen und Geldstrafen durch den Arbeitgeber steht seit einigen Jahren auf dem steuerlichen Prüfstand. Dabei geht es um die Frage, ob hierin Arbeitslohn vorliegt, den der Arbeitgeber nicht nur mit lohnsteuerlicher, sondern auch mit sozialversicherungsrechtlicher Konsequenz in der Lohnabrechnung zu berücksichtigen hat. Hiervon betroffen sind insbesondere die sich wachsender Konkurrenz stellenden Paketzusteller oder LKW-Fahrer, deren Anlieferung zur Vermeidung von Lagerkosten „just in time“ gefordert wird. Immer häufiger veranlasst der Arbeitgeber seine Angestellten zum rechtswidrigen Verhalten und übernimmt dafür die Bußgelder. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat hierin in seinem Urteil aus dem Jahr 2004 ein überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers ohne lohnsteuerliche Konsequenzen gesehen, der für seinen Paketzusteller die Verwarnungsgelder für das Parken im Halteverbot übernahm. Daran gab es Kritik. Jetzt musste der BFH über einen LKW-Fahrer urteilen.

Sachverhalt
Eine internationale Spedition transportierte überwiegend Lebensmittel zu Supermärkten und war Zulieferer für die Automobilindustrie. Die Lebensmitteldiscounter konnten bei einer Verspätung die Annahme ablehnen, die Automobilindustrie sah eine Konventionalstrafe vor. Zur Vermeidung solcher Folgen überschritten die Fahrer in Ausnahmefällen ihre Lenkzeiten und hielten Ruhezeiten nicht ein. Die Bußgelder von bis zu 6.590 EUR übernahm die Spedition ohne lohnsteuerliche Konsequenz aus überwiegend eigenbetrieblichem Interesse, wie sie anlässlich einer Lohnsteuer-Außenprüfung argumentierte. Das Finanzgericht Köln lehnte die Klage gegen den Nachforderungsbescheid des Finanzamts ab, weil sich der Verstoß nach dessen Auffassung als erheblich erwies und nicht mit einem einfachen Parkvergehen vergleichbar war. Die Spedition ging zum BFH.

Entscheidung
Der BFH bestätigte die Rechtsausführungen des Finanzgerichts. Nach Auffassung des Senats zählen gegen die Rechtsordnung verstoßende und mit Bußgeldern belegte rechtswidrige Weisungen des Arbeitgebers nicht zu notwendigen Begleiterscheinungen betriebsfunktionaler Zielsetzungen. An der bisher vertretenen Auffassung, dass die Übernahme von Verwarnungsgeldern wegen Verletzung des Halteverbots im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegen kann, wird nicht weiter festgehalten.

Konsequenz
Mit dieser Entscheidung dürfte auch das vorher vom BFH als nur „halb so schlimm“ gewürdigte Parkvergehen zukünftig bei Übernahme durch den Arbeitgeber zu Arbeitslohn führen. Hiervon regelmäßig betroffene Arbeitgeber sollten sich auf Mehrbelastungen einstellen oder durch Anrufungsauskunft beim Betriebsstättenfinanzamt für Klarheit sorgen.

Zur Umsatzbesteuerung der Verpflegung durch Schulfördervereine

Zur Umsatzbesteuerung der Verpflegung durch Schulfördervereine

Einführung
Schulen werden häufig durch Fördervereine unterstützt. Diese kümmern sich zum Beispiel um die Verpflegung der Schüler und Lehrer, um deren steuerliche Konsequenzen leider jedoch selten. Dabei ist gerade dieser Bereich sehr komplex, je nach Konstellation kann die Verpflegung steuerfrei sein oder aber auch der Umsatzsteuer mit 7 % beziehungsweise 19 % unterliegen.

Neue Verwaltungsanweisung
Die Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt a. M. weist zunächst darauf hin, dass nur 2 Fälle existieren, in denen die Verpflegung durch einen Schulförderverein steuerfrei ist. Zum einen ist die Verpflegung befreit, wenn der Verein auch Erziehungs- und Ausbildungsleistungen erbringt, zum anderen, wenn er Mitglied eines Wohlfahrtverbandes ist. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, ist wie folgt zu differenzieren: Die Verpflegung durch gemeinnützige Vereine kann unter bestimmten Voraussetzungen als begünstigter Zweckbetrieb zu qualifizieren sein. Die Verpflegung unterliegt dann insgesamt der Umsatzsteuer zu 7 %. In allen anderen Fällen gelten die allgemeinen Grundsätze. Liefert der Verein lediglich das Essen, ist dies mit 7 % Umsatzsteuer abzurechnen. Ist die Verpflegung hingegen als Dienstleistung zu qualifizieren, werden 19 % Umsatzsteuer fällig. Sofern der Schulträger die Verpflegung bezuschusst, ist zwischen echten und unechten Zuschüssen zu unterscheiden. Nur echte Zuschüsse sind nicht steuerbar. Ein jährlicher fixer Zuschuss ist nach Ansicht der OFD als echter Zuschuss zu qualifizieren, ein Zuschuss pro Essen hingegen nicht.

Konsequenzen
Fördervereine, die in Schulen die Verpflegung organisieren, sollten anhand der Verfügung prüfen, ob sie diese korrekt versteuern. Soweit sich Handlungsbedarf ergibt, bietet die Verfügung brauchbare Hinweise, um die steuerliche Belastung legal zu mindern. So wird zum Beispiel aufgezeigt, wie durch die Übernahme der Hausaufgabenbetreuung durch den Förderverein erreicht werden kann, dass die Verpflegung steuerfrei ist. Auch weist die OFD nicht nur darauf hin, dass Voraussetzung für einen begünstigten Zweckbetrieb eine entsprechend ausgestaltete Satzung ist, sondern bietet auch Formulierungshilfen hierzu.

„Teilweise“ Aufgabe der Vermietungsabsicht bei langjährigem Leerstand

„Teilweise“ Aufgabe der Vermietungsabsicht bei langjährigem Leerstand

Kernproblem
Ist die dauerhafte Vermietung einer Wohnung beabsichtigt und fallen dafür vorher Aufwendungen an, können sie als vorab entstandene Werbungskosten berücksichtigt werden. Der Abzug setzt jedoch eine Einkünfteerzielungsabsicht voraus. Bleiben die Einnahmen über mehrere Jahre aus und werden daraufhin fortlaufend Verluste geltend gemacht, zweifelt das Finanzamt häufig diese Absicht an und unterstellt steuerlich eine Liebhaberei. Im vergangenen Jahr hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einer Reihe von Urteilen langjährige Wohnungsleerstände untersucht und die Rechtsprechung verschärft. Wenn einem Vermieter über einen längeren Zeitraum keine Vermietung gelingt, muss er seine Vermietungsbemühungen nachweisbar intensivieren. Die Urteilsreihe des BFH wurde nunmehr ergänzt um den Fall einer „teilweisen“ Aufgabe der Vermietungsabsicht.

Sachverhalt
Eheleute hatten die OG-Wohnung ihres Zweifamilienhauses von 1991 bis 2002 dauerhaft vermietet. Seitdem konnten sie das Objekt nur noch kurzfristig vermieten. Ein Zimmer der Wohnung war so hergerichtet, dass es isoliert an Messebesucher und Wochenendheimfahrer vermietet werden konnte. Die gesamte Wohnung wurde durch Annoncen in verschiedenen regionalen Zeitungen beworben, jedoch im Streitjahr 2008 – ebenso wie in den Jahren 2003, 2005 und ab 2009 – nicht vermietet. Die Ehefrau nutzte jedoch ein Zimmer im Streitjahr für ihre gewerbliche Tätigkeit und machte anteilige Raumkosten als Betriebsausgabe geltend (jedoch nicht Zinsen und Abschreibungen). Alle anderen Aufwendungen berücksichtigte das Finanzgericht (FG) als Werbungskosten, weil es die Bemühungen der Vermieter als ernsthaft und nachhaltig ansah. Das Finanzamt bezweifelte das und ging in Revision.

Entscheidung
Der BFH hielt in seinem Urteil an dem Grundsatz fest, dass mit Einkünfteerzielungsabsicht aufgewendete Werbungskosten auch in Leerstandszeiten abzugsfähig bleiben. Das gelte auch beim Leerstand einzelner Räume innerhalb einer Wohnung, die vom Steuerpflichtigen im Übrigen anderweitig genutzt werden. Dagegen sei von einer (teilweisen) Aufgabe der Vermietungsabsicht auszugehen, wenn einzelne Räume der Wohnung nicht mehr zur Vermietung bereitgehalten werden, sondern in einen neuen (selbst steuerrechtlich bedeutsamen) Nutzungs- und Funktionszusammenhang stehen (hier mit gewerblicher Tätigkeit).

Konsequenz
Im zweiten Rechtsgang hat das FG zunächst zu prüfen, ob durch die Aufnahme der gewerblichen Tätigkeit Schlussfolgerungen hinsichtlich der zur Vermietung bereitgehaltenen Räume zu ziehen sind. Ist die Vermietungsabsicht nicht aufgegeben, kommt es zu einer Aufteilung der Aufwendungen. Bei der Ermittlung der Vermietungseinkünfte sind grundsätzlich auch die Aufwendungen für die leerstehenden Gemeinschaftsräume zu berücksichtigen.

Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts nach Kündigung durch Mandanten

Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts nach Kündigung durch Mandanten

Kernaussage
Lehnt der Rechtsanwalt aufgrund der von ihm auftragsgemäß vorzunehmenden, inhaltlich zutreffenden Rechtsprüfung die Begründung einer Berufung, die nach Kündigung des Mandats durch den Mandanten von einem anderen Anwalt vorgenommen wird, ab, verliert er nicht seinen Vergütungsanspruch.

Sachverhalt
In erster Instanz verlor der Mandant einen Regressprozess gegen einen Arbeitsrechtsanwalt. Daraufhin beauftragte er den nun klagenden Rechtsanwalt (Kläger) mit der Vertretung im Berufungsverfahren. Dieser legte Berufung ein und kam bei der anschließenden Prüfung der Erfolgsaussichten zu dem Ergebnis, der Mandant werde die erforderlichen Nachweise im Berufungsverfahren, um seinen Regressanspruch durchzusetzen, nicht erbringen können. Daraufhin suchte der Mandant einen anderen Anwalt auf. In einem Telefonat zwischen dem Kläger und dem anderen Anwalt sagte der Kläger, dass er die Berufung nicht begründen könne – aussichtslose Sachen mache er nicht. Darauf teilte der andere Anwalt dem Kläger mit, er sei beauftragt, das Mandat zu übernehmen und kündigte das Mandat des Klägers. Der andere Anwalt begründete dann die Berufung, die einstimmig vom Oberlandesgericht zurückgewiesen wurde. Der Kläger macht nun seinen Vergütungsanspruch für das Berufungsverfahren geltend. Nachdem er vor dem Amtsgericht (AG) gewann und vor dem Landgericht unterlag ging er in Revision zum Bundesgerichtshof (BGH).

Entscheidung
Der BGH hob das landgerichtliche Urteil auf und bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts. Der Vergütungsanspruch des Klägers ergibt sich aus § 628 Abs. 1 BGB, der regelt, inwieweit nach fristloser Kündigung noch Vergütungsansprüche bestehen. Durch die Einlegung der Berufung sind die vollen Gebühren entstanden. Der Anspruch reduziert sich, wenn der Anspruchsberechtigte durch vertragswidriges Verhalten den Grund für die Kündigung gesetzt hat und der andere kein Interesse an der bereits erbrachten Leistung hat. Vorliegend hat sich der klagende Anwalt korrekt verhalten. Sein Hinweis entsprach der Prozesslage und die Empfehlung diente der Kostenminderung. Hiermit kam der Kläger seinen mandatsbezogenen Verpflichtungen nach, zumal er einen ausdrücklichen Prüfauftrag erhalten hatte. Ein Rechtsanwalt hat von der Durchführung eines erfolglosen Rechtsmittels ebenso abzuraten wie von der Führung eines von vornherein aussichtslosen Rechtsstreits.

Konsequenz
Einem Rechtsanwalt ist als unabhängigem Organ der Rechtspflege nicht zuzumuten, wider besseren Wissens eine aussichtslose Berufung zu begründen. Es stellt sich jedoch die Frage, ob nicht schon bei der Berufungseinlegung absehbar war, dass keine Erfolgsaussichten bestanden.

Erbschaftsteuer: Teilweise Rückzahlung des gezahlten Einmalbeitrags für Rentenversicherung

Erbschaftsteuer: Teilweise Rückzahlung des gezahlten Einmalbeitrags für Rentenversicherung

Kernaussage
Erhält ein Ehegatte vereinbarungsgemäß einen Teil des Einmalbeitrags, den er ursprünglich für eine vom anderen Ehegatten abgeschlossene Rentenversicherung gezahlt hat, von dem Versicherungsunternehmen aufgrund des Todesfalls erstattet, bevor die geleisteten Rentenzahlungen die Höhe des Einmalbeitrags erreicht haben, unterliegt der Erstattungsbetrag nicht der Erbschaftsteuer.

Sachverhalt
Die Ehefrau des Klägers schloss im Jahr 2003 einen Rentenversicherungsvertrag gegen einen einmaligen Gesamtbeitrag von 150.000 EUR ab. Den Beitrag bezahlte der Kläger. Für den Fall, dass die Ehefrau verstirbt, wurde vereinbart, dass die Versicherung den Differenzbetrag des gezahlten Beitrags abzüglich der gezahlten Renten an den Kläger zurückzahlt. Im Jahr 2006 verstarb die Ehefrau. Der Kläger war alleiniger Erbe. Das beklagte Finanzamt beurteilte den Differenzbetrag aus der Versicherung als steuerpflichtigen Erwerb und unterwarf diesen der Erbschaftsteuer. Der Kläger ist der Auffassung, die Zahlung stelle einen nicht steuerbaren Vermögensrückfall dar. Das Finanzgericht wies die Klage ab. Der Bundesfinanzhof (BFH) gab dem Kläger Recht.

Entscheidung
Bei dem Rentenversicherungsvertrag handelt es sich um einen Vertrag zugunsten Dritter. Die erbschaftsteuerliche Steuerbarkeit setzt jedoch voraus, dass die Zuwendung an den Dritten im Verhältnis zum Erblasser alle objektiven und subjektiven Merkmale einer freigiebigen Zuwendung aufweist. Entscheidend ist deshalb, ob eine Vermögensverschiebung vorliegt. Hinsichtlich des durch den Tod der Ehefrau aufschiebend bedingten Rückzahlungsanspruchs fehlte es vorliegend an der erforderlichen Vermögensverschiebung zwischen der Ehefrau und dem Kläger. Nicht die Ehefrau, sondern der Kläger hatte den Versicherungsbeitrag gezahlt. Auf das Deckungsverhältnis zwischen dem Versicherungsunternehmen und der Ehefrau kommt es nicht an. Der BFH teilt somit die aktuelle Auffassung der Finanzverwaltung zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen Leistungen aus einer Lebensversicherung beim Erwerb durch einen Bezugsberechtigten der Erbschaftsbesteuerung unterliegen.

Konsequenz
Nach vorheriger Auffassung der Finanzverwaltung war für die erbschaftsteuerliche Beurteilung entscheidend, ob der Prämienzahler von vornherein sowohl für den Erlebens- als auch für den Todesfall unwiderruflich bezugsberechtigt war. Richtigerweise ist nun nur noch zu beurteilen, ob und gegeben falls in welchem Umfang der Bezugsberechtigte die Versicherungsbeiträge geleistet hat.

Masseverbindlichkeit: Einkommensteuer auf Vermietung von zwangsverwalteten Grundbesitz

Masseverbindlichkeit: Einkommensteuer auf Vermietung von zwangsverwalteten Grundbesitz

Kernaussage
Die Vermietungseinkünfte sind auch bei einer Zwangsverwaltung dem Eigentümer zuzurechnen. Läuft gleichzeitig ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Eigentümers, so handelt es sich bei der Einkommensteuer um eine Masseverbindlichkeit. Zwar sind die Einkünfte nicht durch Handlung des Insolvenzverwalters, aber in sonstiger Weise durch die Verwaltung der Insolvenzmasse begründet worden.

Sachverhalt
Der Kläger war Insolvenzverwalter über das Vermögen des Schuldners. In diesem befanden sich unter anderem vermietete Grundstücke, die bereits bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens unter Zwangsverwaltung standen. Die Zwangsverwaltung wurde von einer Bank als Inhaberin von Grundschulden auf den Grundstücken betrieben. Das beklagte Finanzamt setzte die Einkommensteuer auch hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Masseverbindlichkeit gegenüber dem Kläger fest. Hiergegen wehrt sich der Kläger, da die Mieteinnahmen nicht zu einer Mehrung der Insolvenzmasse geführt hätten. Das Finanzgericht wies die Klage zwar ab. Die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) wurde zugelassen.

Entscheidung
Die aus den Vermietungseinkünften resultierende Einkommensteuer stellt eine Masseverbindlichkeit dar. Die Grundstücke sind Bestandteil der Insolvenzmasse, da sie dem Schuldner gehörten. Die Zwangsverwaltung hat insofern keinen Einfluss auf die Eigentumsverhältnisse. Das Gesetz sieht zudem nicht vor, dass eine Masseverbindlichkeit zwingend durch Handlung des Insolvenzverwalters entsteht, vielmehr reicht aus, dass die Steuerverbindlichkeit ihre Ursache in einem zur Insolvenzmasse gehörenden Gegenstand hat. Nicht erforderlich ist zudem, dass der Insolvenzmasse tatsächlich Werte zufließen. Es reicht vielmehr aus, dass die Insolvenzmasse bereichert wird, indem sie von drohenden Verpflichtungen gegenüber der Grundpfandgläubigerin entlastet wird. Demgegenüber ist das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners nicht bereichert worden, so dass eine Steuerfestsetzung ihm gegenüber ausscheidet.

Konsequenz
Der Insolvenzverwalter hätte auch die Möglichkeit gehabt, die Grundstücke aus der Insolvenzmasse freizugeben, wenn aufgrund der Höhe der Belastungen nicht mit einem Überschuss für die Insolvenzmasse zu rechnen gewesen wäre. Im Rahmen der Revision wurde bereits ein Antrag auf Prozesskostenhilfe eingelegt. Das Ergebnis bleibt abzuwarten.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin