Kein ermäßigter Steuersatz für Dorffeste

Kein ermäßigter Steuersatz für Dorffeste

Kernaussage
Konzerte, Theateraufführungen und Leistungen von Schaustellern unterliegen dem ermäßigten Steuersatz. Doch nicht jeder, der Musik macht oder auftritt, kann die Ermäßigung für sich beanspruchen.

Sachverhalt
Eine Gemeinde veranstaltete im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art ein Dorffest. Von den Besuchern des Festes wurde Eintritt verlangt. Hierbei trat die Gemeinde als Gesamtveranstalter auf und verkaufte die Eintrittskarten auf eigene Rechnung. Den Besuchern wurde Einiges geboten. Das Belustigungsprogramm umfasste Vorführungen örtlicher Vereine, das Angebot von Fahrgeschäften, Feuerwerk, Cheerleader etc. Daneben wurden Stimmungsmusik auf der Festwiese sowie Live-Musikveranstaltungen im Festzelt dargeboten. Streitig war, ob die Einnahmen aus den Verkäufen der Eintrittskarten dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Die Gemeinde vertrat die Ansicht, dass sie begünstigte Konzertveranstaltungen sowie begünstigte Leistungen als Schausteller erbringe. Die übrigen Programmpunkte subsumierte sie ebenfalls unter die Schaustellerei, da es sich um „übrige Lustbarkeiten“ handele (§ 30 UStDV).

Entscheidung
Dem Thüringer Finanzgericht nach unterliegen die Umsätze der Gemeinde aus dem Dorffest dem Regelsteuersatz. Die Konzerte seien nicht begünstigt, da sie nur einen Teil des Programmes und nicht den Hauptzweck des Dorffestes ausmachten. Auch sah das Finanzgericht die Gemeinde nicht als Schausteller an. Charakteristisch für Schausteller sei das Auftreten an verschiedenen Orten, nicht jedoch ein einmal jährlich stattfindendes Dorffest.

Konsequenz
Die Auffassung des Finanzgerichts ist umstritten. Im Gegensatz zum vorliegenden Urteil, hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg einer Gemeinde die Schaustellereigenschaft für ein jährlich stattfindendes Dorffest zugestanden und auch die dargebotene Live-Musik als Konzert qualifiziert. Das Thüringer Finanzgericht hält die Fälle zwar für nicht vergleichbar, die letzte Entscheidung hierüber wird aber der Bundesfinanzhof (BFH) treffen, da Revision eingelegt wurde. Gemeinden sollten bis zur Klärung der Rechtslage zur Sicherheit mit dem Regelsteuersatz (19 %) kalkulieren und entsprechend die Umsatzsteuer deklarieren. Die betreffenden Veranlagungen müssen dann aber offen gehalten werden, um von einem positiven Ausgang des Verfahrens profitieren zu können. Soweit zulässig, sollte die Umsatzsteuer aber nicht offen mit 19 % ausgewiesen werden, da die Umsatzsteuer dann aufgrund des unrichtigen Ausweises geschuldet wird, falls der BFH in solchen Fällen den Ansatz des ermäßigten Steuersatzes präferieren würde.

Innergemeinschaftliche Lieferungen: Steuerpflicht für Bösgläubige

Innergemeinschaftliche Lieferungen: Steuerpflicht für Bösgläubige

Kernaussage
Immer wieder werden in der EU in hohem Umfang Umsatzsteuern hinterzogen, u. a. durch so genannte „Umsatzsteuerkarusselle“. Problematisch sind hierbei nicht nur die Steuerausfälle, sondern auch, dass Unternehmer, die unwissentlich in ein solches „Karussell“ geraten, mit Nachforderungen des Fiskus rechnen müssen. So droht ihnen z. B. der Verlust der Steuerbefreiung für die Lieferungen, die sie aufgrund der falschen Angaben ihrer Kunden als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen deklariert haben. Hier hilft nur der Vertrauensschutz, welcher jedoch nur unter sehr restriktiven Bedingungen gewährt wird.

Sachverhalt
Ein Kfz-Händler verkaufte 2 Pkws an eine GmbH in Luxemburg. Der Kontakt zur GmbH erfolgte ausschließlich über einen in Deutschland ansässigen Beauftragten der GmbH sowie über deutsche Telefon- und Faxnummern. Die Kaufpreiszahlung erfolgte bar. Der Kfz-Händler hatte alle gesetzlich nach der Umsatzsteuerdurchführungsverordnung (UStDV) geforderten Nachweise eingeholt und behandelte die Verkäufe als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen. Demgegenüber kam das Finanzamt nach einer Prüfung durch die Steuerfahndung zu dem Ergebnis, dass die Steuerbefreiung zu versagen sei. Die vermeintliche Käuferin, die GmbH, war schon vor 8 Jahren aufgelöst worden. Alle vorgelegten Pässe waren gefälscht. Der Kfz-Händler klagte hiergegen, da ihm Vertrauensschutz zu gewähren sei.

Entscheidung
Entgegen der Vorinstanz versagt der Bundesfinanzhof (BFH) dem Kläger die Steuerbefreiung. Nach Ansicht des BFH fehlt es dem Kläger an der erforderlichen Gutgläubigkeit, da er nicht mit der erforderlichen Sorgfalt sichergestellt hat, dass er sich nicht an einer Steuerhinterziehung beteiligt. Angesichts der deutschen Kontaktadressen hätten dem Kläger Zweifel kommen müssen, ob er tatsächlich mit einer GmbH in Luxemburg verhandelt. Diese Zweifel hätte er durch den Versuch der Kontaktaufnahme mit dem Geschäftssitz in Luxemburg ausräumen können, was er nicht tat. Dies gilt erst recht, wenn der Kaufpreis bar gezahlt wird und hochwertige Waren gehandelt werden.

Konsequenz
Wer aufgrund der bisherigen Rechtsprechung des BFH geglaubt hat, er wäre auf der sicheren Seite, wenn er alle geforderten Beleg- und Buchnachweise erbringt, liegt falsch. Weisen andere Umstände darauf hin, dass an den Angaben des Erwerbers zu zweifeln ist, sind zusätzliche Maßnahmen erforderlich, um die Steuerbefreiung sicherzustellen. Barzahlungen sollten in solchen Fällen vermieden werden, ggf. ist sogar auf das gesamte Geschäft zu verzichten.

Springpferde: Kein höherer Vorsteuerabzug durch EuGH-Rechtsprechung

Springpferde: Kein höherer Vorsteuerabzug durch EuGH-Rechtsprechung

Kernaussage
Die Lieferung von Pferden unterlag nach dem deutschen Umsatzsteuergesetz (UStG) bis zum 30.6.2012 dem ermäßigten Steuersatz (7 %). Nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) in 2011 geurteilt hatte, dass diese Regelung gegen geltendes EU-Recht verstößt, wurde die Begünstigung mit Wirkung vom 1.7.2012 abgeschafft.

Sachverhalt
Der Kläger kaufte in 2011 ein Springpferd für ca. 78.000 EUR zzgl. 19 % Umsatzsteuer von ca. 15.000 EUR. Das Finanzamt kürzte den Vorsteuerabzug auf 7 %. Zur Begründung verwies es auf das geltende deutsche Recht, das zu diesem Zeitpunkt noch einen Steuersatz von 7 % vorsah. Demnach seien die restlichen 12 % zu Unrecht vom Lieferanten in Rechnung gestellt worden und somit nicht abzugsfähig. Hiergegen wandte sich der Kläger unter Berufung auf die Vorgaben der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL).

Entscheidung
Das niedersächsische Finanzgericht lehnte die Klage ab. Es sah keine Berechtigung des Klägers, sich direkt auf die Mehrwertsteuersystemrichtlinie zu berufen. Dieses Recht könne im vorliegenden Fall allenfalls dem Lieferanten zustehen. Allerdings sei auch dies nicht möglich, da das europäische Recht nur dann Vorrang habe, wenn es günstiger sei, was im Fall aufgrund des Ansatzes des höheren Steuersatzes nicht gegeben sei.

Konsequenz
Gegen das Urteil ist die Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängig. Es wird daher zu beobachten sein, ob dieser die Rechtsauffassung des Finanzgerichts teilt. Eine Klärung wäre für die Praxis zu wünschen, da die Entscheidung auch in anderen Fällen von Bedeutung ist. Immer wieder gibt es Urteile des EuGH, die Bestimmungen des UStG in Frage stellen oder sogar als nicht vereinbar mit der Mehrwertsteuersystemrichtlinie darstellen. In solchen Fällen besteht dann durchaus die Unsicherheit in der Praxis, ob die Rechnungen noch nach dem veralteten UStG zu stellen sind oder nicht. So steht zu vermuten, dass der Lieferant des Pferdes mit 19 % fakturiert hat, um auf der „sicheren Seite“ zu stehen. Soweit es bei dem Urteil verbleibt, muss der Leistungsempfänger jedoch auf einer Rechnung nach dem UStG bestehen, um nicht auf der Vorsteuer sitzen zu bleiben.

Kein ermäßigter Steuersatz für „Coaster-Bahn“

Kein ermäßigter Steuersatz für „Coaster-Bahn“

Kernaussage
Die Beförderung von Personen unterliegt i. d. R. dem ermäßigten Steuersatz (7 %). Streitig ist häufig, was als Beförderungsleistung zu qualifizieren ist.

Sachverhalt
Der Kläger betrieb eine Sesselbahn sowie eine „Coaster-Bahn“, bei der die Kunden auf schienengebundenen Schlitten zu Tal fahren. Die Sesselbahn diente u. a. zum Transport der Fahrgäste zum Start der „Coaster-Bahn“. Der Kläger rechnete die Fahrten mit der „Coaster-Bahn“ zum ermäßigten Steuersatz ab. Das Finanzamt unterwarf die Umsätze jedoch dem Regelsteuersatz (19 %), da es im Gegensatz zum Kläger hierin keine begünstigte schienengebundene Personenbeförderung sah.

Entscheidung
Der Bundesfinanzhof (BFH) lehnte eine Begünstigung ab. Er qualifizierte die erbrachte Leistung nicht als Beförderung, sondern als nicht begünstigte Überlassung eines Beförderungsmittels. Die Annahme einer Beförderung scheitere daran, dass die Fahrgäste die Schlitten selber steuerten und die Geschwindigkeit bestimmten. Eine Beförderungsleistung setze hingegen eine aktive Tätigkeit des Klägers voraus, an der es fehle.

Konsequenz
Der BFH bestätigt mit dem Urteil seine jüngste Rechtsprechung, wonach auch Draisinen, die zur selbstständigen Nutzung durch die Kunden überlassen werden, als Vermietung eines Beförderungsmittels zu behandeln sind. Entscheidend ist, ob der Unternehmer selbst befördert oder das Beförderungsmittel zur Nutzung überlässt. Die Entscheidung darüber, ob der Unternehmer aktiv zur Beförderung beiträgt, wird in der Praxis weiterhin schwierig sein. So sieht der BFH z. B. bei unbemannten U-Bahnen eine Beförderungsleistung als gegeben an, weil die U-Bahn nicht den Fahrgästen zur Nutzung überlassen werde, da sie nicht von diesen gesteuert werde. Im vorliegenden Fall hingegen, so der BFH, würden die Gäste die Schlitten durch ihr eigenes Körpergewicht zu Tal bringen und so die Fahrgeschwindigkeit selbst bestimmen; ein Argument, dem nicht jeder zustimmen wird. Schließlich ist das Gewicht bekanntlich kurzfristig nicht änderbar, so dass auch hinterfragt werden könnte, ob die Fahrgäste hier selbst aktiv tätig werden. Zu beachten ist, dass das Urteil zwar diese Form der Freizeitbeschäftigung nicht begünstigt, dies jedoch nicht ausschließt, das auch Beförderungen, die lediglich der Bespaßung der Fahrgäste dienen, begünstigt sein können. Denn laut BFH kommt es hinsichtlich der Begünstigung nicht darauf, welchem Motiv die Beförderung dient.

Beitritt Kroatiens zur EU: Folgen für die Umsatzsteuer

Beitritt Kroatiens zur EU: Folgen für die Umsatzsteuer

Kernaussage
Zum 1.7.2013 ist Kroatien der Europäischen Union (EU) beigetreten. Mit dem Beitritt stellt Kroatien im umsatzsteuerrechtlichen Sinne kein Drittland mehr dar, sondern einen Mitgliedsstaat. Hierdurch ergeben sich zahlreiche Auswirkungen auf die umsatzsteuerliche Behandlung des Waren- und Dienstleistungsverkehrs mit Kroatien. Dies gilt sowohl für das deutsche Umsatzsteuerrecht als auch für das kroatische, das mit Beitritt an das gemeinsame Mehrwertsteuersystem anzupassen ist.

Neue Verwaltungsanweisung
Einem aktuellen Schreiben des BMF sind zu entnehmen: die zu beachtenden, speziell den Waren- und Dienstleistungsverkehr mit Mitgliedsstaaten betreffenden Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes, die Höhe der in Kroatien geltenden Erwerbs- und Lieferschwelle, die Adressen der für die Erstattung von Vorsteuern zuständigen Behörden sowie der Aufbau der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer in Kroatien. Die Vorlage der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Leistungsempfängers ist dabei u. a. Voraussetzung für die Steuerfreiheit einer innergemeinschaftlichen Lieferung. Sie ist grundsätzlich vom Lieferanten aufzuzeichnen.

Konsequenz
Lieferungen und Dienstleistungen nach bzw. von Kroatien, die nach dem 30.6.2013 erbracht werden, stellen nunmehr innergemeinschaftliche Lieferungen bzw. Dienstleistungen dar. Entsprechend ändert sich ihre steuerliche Erfassung. So werden z. B. Lieferungen nach Kroatien nun nicht mehr als Ausfuhren erfasst, sondern als innergemeinschaftliche Lieferungen. Zu beachten ist, dass sich hiermit auch Änderungen hinsichtlich der korrekten Rechnungsstellung und der zu erbringenden Nachweise ergeben sowie neue Meldepflichten (z. B. Zusammenfassende Meldung). Unternehmen, die Leistungsbeziehungen zu Kroatien unterhalten, müssen diese auf Grund der geänderten Rechtslage überprüfen und ggf. Maßnahmen zur Anpassung ergreifen. Dies betrifft nicht nur die Erfassung im deutschen Umsatzsteuerrecht, sondern auch die steuerlichen Pflichten in Kroatien.

Voraussetzungen einer Auftragsprüfung

Voraussetzungen einer Auftragsprüfung

Kernaussage
Eine nicht zuständige Finanzbehörde kann durch eine zuständige Finanzbehörde beauftragt werden, eine steuerliche Außenprüfung bei einem Steuerpflichtigen durchzuführen. Die beauftragte Finanzbehörde darf dabei eine Prüfungsanordnung erlassen, die jedoch die Ermessensbegründung für die Beauftragung enthalten muss.

Sachverhalt
Das beklagte Finanzamt bat das Wohnsitzfinanzamt der Klägerin um die Befugnis zum Erlass einer Prüfungsanordnung und zur Durchführung der Außenprüfung. Zur Begründung verwies es auf eine Außenprüfung bei einer GmbH & Co. KG, zu deren Konzernbereich auch das nachstehende Unternehmen der Klägerin gehöre. Die Klägerin vermietete tatsächlich einem Konzernunternehmen ein Arbeitszimmer. Das Wohnsitzfinanzamt übertrug dem Beklagten die Befugnis zur Anordnung und Durchführung einer Außenprüfung bei der Klägerin. Dieser ordnete die Außenprüfung sodann mit der Begründung an, er sei vom zuständigen Finanzamt beauftrag und die Prüfung erfolge im Zusammenhang mit der laufenden Außenprüfung bei im o. g. Konzern. Das Finanzgericht hob die Prüfungsanordnung als ermessensfehlerhaft auf.

Entscheidung
Der Bundesfinanzhof (BFH) sieht die Prüfungsanordnung hingegen als rechtmäßig an. Die beauftragte Finanzbehörde darf anstelle der an sich zuständigen Finanzbehörde die Außenprüfung durchführen und Prüfungsanordnungen erlassen, aus der sich die Ermessenserwägungen für den Auftrag ergeben. Vorliegend wurden die maßgeblichen Erwägungen der einheitlichen Prüfung der Klägerin im Konzernbereich mitgeteilt. Weiterer Ausführungen bedurfte es nicht, da die Vermietung von Räumlichkeiten durch die Klägerin an ein Konzernunternehmen für alle Beteiligten klar war. Auf die Formulierung der Bitte des beklagten Finanzamtes um Erteilung des Prüfungsauftrags kommt es nicht an.

Konsequenz
Die Entscheidung verdeutlicht, dass behördeninterne Schreiben nicht maßgeblich sind. Die für die Außenprüfung maßgeblichen Ermessenserwägungen müssen lediglich in der Prüfungsanordnung enthalten sein. Sie können allerdings bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.

Eine Gartenhütte kann der Zweitwohnungssteuer unterliegen

Eine Gartenhütte kann der Zweitwohnungssteuer unterliegen

Kernaussage
Die Zweitwohnungssteuer ist eine kommunale Aufwandsteuer, die von einigen Kommunen erhoben wird. Ob und wie viel Zweitwohnungssteuer fällig wird, regeln die jeweiligen Satzungen der Kommunen. Zahlen muss jeder, der einen Zweitwohnsitz in dem Ort hat. Das Grundbedürfnis „Wohnen“ wird dabei im weiteren Sinne verstanden. Vereinzelt ist sogar der Besitz eines Campingwagens o. ä. besteuert worden. Mit dem vorliegenden Urteil löste die als Wochenendhaus errichtete Blockhütte (sog. Gartenhütte), die weder über Schlafmöglichkeiten noch über ein Badezimmer verfügt, die Zweitwohnsteuer aus.

Sachverhalt
Die Klägerin wendet sich gegen einen Steuerbescheid der Stadt Grünberg, mit dem sie für das Jahr 2011 zu einer Zweitwohnungssteuer in Höhe von 161 EUR veranlagt wurde. Die Stadt erhebt für Zweitwohnungen in ihrem Stadtgebiet eine Steuer in Höhe von 10 % des Mietwerts. In ihrer Satzung ist eine Zweitwohnung „jede Wohnung, die jemand neben seiner Hauptwohnung für seinen persönlichen Lebensbedarf oder den persönlichen Lebensbedarf seiner Familienmitglieder innehat“. Die Klägerin ist Besitzerin einer im Jahr 1975 als Wochenendhaus errichteten, ca. 30 bis 40 qm großen Blockhütte, die über einen Strom- und Wasseranschluss, einen Aufenthaltsraum mit Küchennische, eine Toilette mit Waschbecken und einen Abstellraum verfügt. Die Klägerin wandte gegen die Veranlagung ein, dass das Blockhaus keine Schlafmöglichkeit und auch kein Bad habe und nicht als Zweitwohnung genutzt werden könne.

Entscheidung
Das Verwaltungsgericht Gießen wies die Klage ab. Stromanschluss, Wasserversorgung, Küchennische sowie Toilette reichen bereits aus, um von einer Wohnung sprechen zu können. Eine Zweitwohnung erfordert keinen besonderen Komfort in der Ausstattung oder eine komplette Infrastruktur. Die in der Blockhütte der Klägerin vorhandene Ausstattung erfüllt die an eine Wohnung zu stellenden Anforderungen ohne Weiteres. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Konsequenz
Erneut zeigt sich, dass die bauliche Ausstattung der jeweiligen Wohnung im Zweitwohnungssteuerrecht weniger im Vordergrund steht. Es komme vielmehr darauf an, ob die Wohnung tatsächlich genutzt werden kann.

Neues zur Steuerbefreiung für Altenwohnheime

Neues zur Steuerbefreiung für Altenwohnheime

Kernaussage
Für das Gesundheitswesen existieren diverse Steuerbefreiungen im Umsatzsteuergesetz (UStG). Diese sorgen regelmäßig für Streit mit den Finanzbehörden. Diesmal musste der Bundesfinanzhof (BFH) zu Altenwohnheimen Stellung beziehen.

Sachverhalt
Die Klägerin, eine GmbH, betrieb ein als gemeinnützige Körperschaft anerkanntes Altenwohnheim. Die mit den Bewohnern abgeschlossenen Heimverträge beinhalteten u. a. die Überlassung einer Wohnung, deren Reinigung, das tägliche Mittagessen sowie Pflegeleistungen (max. 14 Tage/Jahr). Streitig war, ob neben den steuerfreien Umsätzen aus der Vermietung der Wohnungen auch die Pflegeleistungen samt Nebenleistungen befreit waren (§ 4 Nr. 16d UStG). Hierzu hätten die Leistungen zu mindestens 40 % im vorangegangenen Kalenderjahr gegenüber Kranken und behinderten Menschen erbracht werden müssen. Dies verneinte das Finanzamt, da es in die Quote nur Bewohner einbezog, denen eine Pflegestufe zugeordnet war. Der Kläger berücksichtigte auch Bewohner ohne Pflegestufe, für die aber ein Arzt die Pflegebedürftigkeit bescheinigt hatte.

Entscheidung
Nach Ansicht des BFH reicht eine (einfache) Pflegebedürftigkeit, um die Steuerbefreiung zu beanspruchen. Diese setzt nicht die Feststellung einer Pflegestufe voraus. Die Richter wiesen den Fall an die Vorinstanz zurück, um zu prüfen, ob unter den genannten Voraussetzungen die Quote erreicht sei. Ebenso sollte geklärt werden, ob die diversen Nebenleistungen tatsächlich eng verbunden mit den Pflegeleistungen waren, was Voraussetzung für ihre Befreiung ist. Sollte das Finanzgericht daraufhin zu dem Ergebnis kommen, dass Leistungen nicht unter die umsatzsteuerliche Befreiungsvorschrift (§ 4 Nr. 16d UStG) fallen, so der BFH, soll das Finanzgericht zusätzlich prüfen, ob sich nicht noch eine Befreiung nach dem geltenden EU-Recht ergibt.

Konsequenzen
Die Feststellung der Pflegestufe ist nicht mehr allein entscheidend für die Ermittlung der 40 %-Quote. Welche Nachweise aber zukünftig alternativ anerkannt werden, ist dem Urteil nicht zu entnehmen. Hier ist zu hoffen, dass die Finanzverwaltung zu dem Urteil Stellung bezieht. Die betroffenen Unternehmen haben ein Interesse daran, möglichst wenig Umsatzsteuer in Rechnung zu stellen, soweit zulässig. Dies gestaltet sich aber schwierig, wenn schon fraglich ist, ob die zugrunde liegenden Normen des UStG dem EU-Recht entsprechen. Konflikte mit der Finanzverwaltung sind dann vorprogrammiert. Angesichts der bestehenden Unsicherheit sollten die Unternehmen sich nicht scheuen, kompetenten Rat einzuholen.

Arbeitslohn von dritter Seite

Arbeitslohn von dritter Seite

Kernaussage
Zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gehören – neben Gehältern und Löhnen – auch andere Bezüge und Vorteile, die „für“ eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden; unabhängig davon, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht und ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt. Demzufolge kann die Zuwendung eines Dritten ausnahmsweise Arbeitslohn sein, wenn sie als Entgelt für eine Leistung beurteilt werden kann, die der Arbeitnehmer im Rahmen seines Dienstverhältnisses für seinen Arbeitgeber erbringt, erbracht hat oder erbringen soll.

Sachverhalt
Der Steuerpflichtige war bei der A-GmbH beschäftigt. Alleingesellschafterin der A-GmbH war die B-GmbH. Die B-GmbH veräußerte sämtliche Gesellschaftsanteile der A-GmbH an die D-AG. Der Kläger erhielt einen von der B-GmbH ausgestellten Scheck über 5.200 EUR mit dem Hinweis, sie schenke ihm den Scheck aus Anlass der Veräußerung der Anteile. In einer Pressemitteilung wurde mitgeteilt, die B-GmbH verabschiede sich von den 167 Mitarbeitern mit einem Überraschungsscheck als außerordentliche Anerkennung für die geleistete Arbeit. Das Finanzamt behandelte die Zahlung als einkommensteuerpflichtigen Arbeitslohn.

Entscheidung
Der Bundesfinanzhof (BFH) folgte dem beklagten Finanzamt. Voraussetzung für die Annahme von Arbeitslohn bei der Zuwendung eines Dritten ist, dass sie das Entgelt „für“ eine Leistung bildet, die der Arbeitnehmer für seinen Arbeitgeber im Rahmen des Dienstverhältnisses erbringt. So hatten alle 167 Arbeitnehmer der A-GmbH die Zuwendungen der ehemaligen Konzernmutter erhalten, sie waren zusammen mit Bonuszahlungen ausgezahlt worden und standen in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Anteilsveräußerungsvertrag. Aus alledem folgt, dass die Zuwendungen eine Anerkennung für die geleistete Arbeit waren.

Konsequenz
Entscheidend bleiben die konkreten Verhältnisse des Einzelfalles. Im gerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren obliegt dabei die Abwägung, ob eine Zuwendung von dritter Seite durch das Dienstverhältnis veranlasst ist, in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung des Finanzgerichts.

Übertragung der Freibeträge für Kinder

Übertragung der Freibeträge für Kinder

Kernproblem
Durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 sind die Voraussetzungen für die Übertragung der Freibeträge für Kinder sowie des Behinderten-Pauschbetrags mit Wirkung ab 2012 geändert worden. Der Gesetzestext lässt an einigen Stellen Auslegungsspielräume offen.

Neues Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF)
Das neue BMF-Schreiben erläutert die Auffassung der Finanzverwaltung zu den Neuregelungen ab dem Veranlagungszeitraum 2012. Insoweit ist es sinnvoll, dieses Schreiben im Rahmen der Übertragung von Kinderfreibeträgen sowie des Behinderten-Pauschbetrages zu Rate zu ziehen. Auf diese Weise werden Rückfragen der Finanzverwaltung vermieden.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin