Verfahrensmangel bei unvollständiger Sachverhaltsaufklärung

Verfahrensmangel bei unvollständiger Sachverhaltsaufklärung

Kernaussage

Das Finanzgericht hat in einem Verfahren jeden streitigen Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen und die erforderlichen Beweise zu erheben. Soweit sich aus den beigezogenen Akten, dem Beteiligtenvorbringen und sonstigen Umständen Fragen zum entscheidungserheblichen Sachverhalt aufdrängen, muss das Finanzamt diesen auch ohne entsprechenden Hinweis nachgehen.

Sachverhalt 

In einem finanzgerichtlichen Verfahren war u. a. streitig, ob die von den Klägern selbst erhobene Klage fristgerecht erhoben wurde. Die Klage war ausweislich des Eingangsstempels am 12.10.2010 – und damit einen Tag nach Fristablauf – beim Finanzgericht (FG) eingegangen. Die Klageschrift befand sich in einem unfrankierten Umschlag, der an das FG adressiert war. Die Kläger behaupten, die Klageschrift am 9.10.2010 persönlich in den Briefkasten der Außenstelle des beklagten Finanzamts eingeworfen zu haben. Das FG wies die Klage als unzulässig ab, weil der Vortrag der Kläger nach Aktenlage nicht feststellbar sei. Ferner hätte sich in diesem Fall nach dem üblichen Ablauf im Finanzamt ein Eingangsstempel auf der Klageschrift bzw. auf dem Briefumschlag befinden müssen. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision, mit der ein Verfahrensfehler gerügt wurde, hatte schließlich Erfolg.

Entscheidung 

Die Verpflichtung des FG zur Erforschung des streitigen Sachverhalts gebietet nicht, fern liegenden Überlegungen und Erwägungen nachzugehen. Vorliegend war jedoch von einem weiten aufklärungsbedürftigen Sachverhalt auszugehen. Denn hinsichtlich der entscheidungserheblichen Frage, ob der Briefumschlag nebst Klage tatsächlich vom Kläger beim Finanzamt am 9.10.2010 eingeworfen wurde, drängt sich eine weitere Sachverhaltsaufklärung auf. Ungeklärt blieb nämlich, auf welchem Weg die Klageschrift das FG erreicht hatte. Das FG ging in seinen Urteilsgründen ohne Weiteres von einem üblichen Ablauf der Weiterleitung der Post aus. Hierzu hätten aber die mit dem Posteingang und der Postweiterleitung betrauten Mitarbeiter befragt werden müssen. Die Beteiligtenvernehmung hingegen stellt nur ein letztes Hilfsmittel dar und dient nicht dazu, den Beteiligten Gelegenheit zu geben, ihre Behauptungen zu bestätigen oder zu beeiden.

Konsequenz

Grundsätzlich scheitern in der Praxis viele Nichtzulassungsbeschwerden. Wird der Beschwerde jedoch stattgegeben, wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht bereits das angefochtene Urteil aufgehoben wird.

Verjährung der Bescheinigung nach § 4 Nr. 20a UStG

Verjährung der Bescheinigung nach § 4 Nr. 20a UStG

Rechtlage

Bestimmte kulturelle Einrichtungen des öffentlichen Rechts (z. B. Theater, Orchester etc.) sind steuerbefreit. Für andere Unternehmer, denen bescheinigt wird, dass sie die gleichen kulturellen Aufgaben wie die Einrichtungen des öffentlichen Rechts erfüllen, gilt die Steuerbefreiung ebenfalls (§ 4 Nr. 20a UStG). Die entsprechende Bescheinigung wird von der zuständigen Landesbehörde ausgestellt. Die Bescheinigung kann sowohl von den Unternehmern als auch von der Finanzverwaltung beantragt werden. Wird sie erteilt, ist die Steuerbefreiung zwingend. Dies ist nicht immer von Vorteil, da mit der Steuerbefreiung der Verlust des Vorsteuerabzuges einhergeht. Vielen Unternehmern wurde dieser Umstand zum Verhängnis, wenn die Finanzverwaltung erst Jahre später die Bescheinigung rückwirkend beantragt hatte. Die gesamte bis dahin gezogene Vorsteuer nebst Zinsen musste dann zurückgezahlt werden. Um dieses Problem zu mindern, wurde mit Wirkung vom 1.1.2011 die rückwirkende Erteilung der Bescheinigung zeitlich auf 4 Jahre begrenzt.

Neue Verwaltungsanweisung

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat nun zur Neuregelung Stellung bezogen. Es erläutert u. a. anhand eines Beispiels die Regelung der Verjährung im Hinblick auf die Erteilung bzw. Aufhebung der Bescheinigung nach § 4 Nr. 20a UStG.

Konsequenz

Das Schreiben ist von den betroffenen Unternehmern immer dann zu Rate zu ziehen, wenn die Bescheinigung noch nachträglich mit Rückwirkung für die Vergangenheit erteilt werden soll. Dies wird entweder der Fall sein, wenn der Unternehmer selbst noch die Steuerbefreiung zu seinen Gunsten geltend machen möchte oder wenn die Finanzverwaltung dies zu seinen Ungunsten beabsichtigt. Aufgrund der Komplexität der Verjährungsregelung sollten betroffene Unternehmer trotz des vorliegenden Schreibens diesbezüglich steuerlichen Rat einholen. Generell ist allerdings zu empfehlen, dass die Unternehmer die Bescheinigung schon vor Aufnahme ihrer Tätigkeit beantragen, um Rechtssicherheit zu erreichen und seriös kalkulieren zu können. Eines Blickes in das vorliegende Schreiben bedarf es dann nicht mehr.

Die „Praxisgebühr“ ist nicht als Sonderausgabe abziehbar

Die „Praxisgebühr“ ist nicht als Sonderausgabe abziehbar

Kernaussage

Nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes können Steuerpflichtige „Beiträge zur Krankenversicherung“ als Sonderausgaben abziehen. Darunter fallen solche Ausgaben, die zumindest im Zusammenhang mit der Erlangung des Versicherungsschutzes stehen, also letztlich der Vorsorge dienen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat hierzu kürzlich entschieden, dass die Zuzahlungen in der gesetzlichen Krankenversicherung, die so genannten „Praxisgebühren“, nicht als Sonderausgaben abgezogen werden können.

Sachverhalt

Die klagenden Ehegatten waren im Streitjahr 2007 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie machten in ihrer Steuererklärung „Praxisgebühren“ in Höhe von 140 EUR geltend. Das Finanzamt berücksichtigte die Gebühren jedoch nicht als Sonderausgaben, sondern als außergewöhnliche Belastungen. Weil die Zahlungen die zumutbare Belastung nach den Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes in der seinerzeit geltenden Fassung nicht überstiegen, ergab sich keine steuerliche Auswirkung. Mit ihrer Klage hiergegen blieben die Eheleute in allen Instanzen erfolglos.

Entscheidung

Die „Praxisgebühren“ sind keine Sonderausgaben in Form von „Beiträgen zur Krankenversicherung“. Hierzu können, so die Richter, nur solche Ausgaben gehören, die zumindest im Zusammenhang mit der Erlangung des Versicherungsschutzes stehen und damit als Vorsorgeaufwendungen zu qualifizieren sind. Der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Krankenkasse wird aber unabhängig von der Leistung der „Praxisgebühr“ gewährt. Denn auch wenn in einem Kalendervierteljahr keine ambulante ärztliche Leistung in Anspruch genommen wird, besteht für diesen Zeitraum Versicherungsschutz. Bei der Zuzahlung handelt es sich um eine für das System der gesetzlichen Krankenkasse typische eigenständige Form der Abgabe zum Zwecke der Eigenbeteiligung der Versicherten an den eigenen Krankheitskosten. Die „Praxisgebühr“ stellt eine Art der Selbstbeteiligung dar und ist keine Gegenleistung für den gewährten Versicherungsschutz.

Konsequenz

Da die von den Klägern geltend gemachten „Praxisgebühren“ sich auch bei einer Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastungen im Sinne des Einkommensteuergesetzes nicht auf die Höhe der festgesetzten Steuer ausgewirkt hätten, konnte der BFH offenlassen, ob sie Krankheitskosten darstellen. Hier wäre dann gegebenenfalls deren Zwangsläufigkeit formalisiert nachzuweisen gewesen.

Einkünfte aus dem Verkauf und dem Kauf von Verkaufsoptionen auf den DAX (sog. Put-Spread-Strategie)

Finanzgericht Köln, 4 K 73/09

Datum: 31.10.2012
Gericht: Finanzgericht Köln
Spruchkörper: 4. Senat
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 4 K 73/09
Nachinstanz:
Bundesfinanzhof, IX R 46/12
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

 

 

 

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

 

 

 

Die Revision wird zugelassen.

1Tatbestand

2Die Beteiligten streiten um die einkommensteuerliche Einordnung der im Bereich der privaten Vermögensverwaltung erzielten Einkünfte des Klägers aus dem Verkauf und dem Kauf von Verkaufsoptionen auf den DAX in Gestalt von betrags- und zeitidentischen Kombinationsgeschäften mit unterschiedlichem Basispreis zur Begrenzung des Verlustrisikos (sog. Put-Spread-Strategie) und die sich hieraus ergebenden Folgerungen für die Verrechnung von Verlusten nach Maßgabe des § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG i.d.F. des StEntlG 1999 (im Folgenden: EStG).

3Der Kläger unterhielt seit Mitte der 90er Jahre ein Wertpapierdepot bei der E Bank AG, die für ihn als Vermögensverwalterin Optionsgeschäfte mit Derivaten abwickelte, bei denen der Kläger insbesondere ab Anfang des Jahres 2000 als Optionsgeber (Stillhalter) von an der elektronischen Terminbörse EUREX gehandelten Verkaufsoptionen (sog. Put-Optionen) auf den DAX fungierte. Nachdem der Kläger aus diesen Geschäften ganz überwiegend Verluste mit der Folge entsprechender Verbindlichkeiten gegenüber der E Bank AG erzielt hatte, vereinbarte er im Jahr 2001 mit der E Bank AG, zur Verminderung des Risikos künftig neue Positionen als Optionsgeber nur noch in Verbindung mit gegenläufigen Positionen als Optionskäufer zu eröffnen (vgl. dazu Bestätigungsschreiben der E Bank AG vom 14.7.2006). Dementsprechend verknüpfte die für den Kläger handelnde E Bank AG ab September 2001 den Verkauf von Verkaufsoptionen auf den DAX (Short-Positionen) jeweils mit dem Kauf der gleichen Anzahl von Verkaufsoptionen (Long-Positionen) mit derselben Laufzeit, aber niedrigerem Basiskurs. Durch diese Kombinationsgeschäfte (sog. Spreads) sollte das Verlustrisiko auf den Differenzbetrag zwischen den unterschiedlichen Basispreisen begrenzt werden. Die Schließung (sog. Closing) dieser an der EUREX gehandelten Optionen erfolgte jeweils durch ein betrags- und laufzeitkongruentes Gegengeschäft (Glattstellung). Für die Verpflichtungen des Klägers aus den verkauften Optionsrechten hinterlegte die E Bank AG gegen Berechnung einer sog. Marginprovision Sicherheitsleistungen bei der EUREX. Für die Ermittlung der Höhe der Sicherheitsleistung wurden dabei die im Gegengeschäft aus den gekauften Optionsrechten erzielbaren Prämien von den Verpflichtungen aus den verkauften Optionsrechten abgezogen.

4So lag beispielsweise den von dem Kläger per 26.8.2002 verkauften 1300 Put-Optionen ein Basiswert des DAX vom 4200 Punkten (vereinnahmte Optionsprämie: 2.489.500 €) und den am gleichen Tag gekauften 1300 Put-Optionen ein Basiswert des DAX von 3700 Punkten (verausgabte Optionsprämie: 890.500 €) zu Grunde. Letzter Handelstag der verkauften und gekauften Optionen war der 18.10.2002. Am 11.10.2002 stellte der Kläger diese Positionen glatt und erzielte dadurch aus den gekauften 1300 Put-Optionen einen Überschuss i.H.v. 4.732.000 € sowie aus den verkauften 1300 Put-Optionen einen Verlust i.H.v. ./. 6.415.500 €. Der Gesamtverlust des Kombinationsgeschäftes wurde auf diese Weise auf ./. 1.683.500 € begrenzt.

5Im Rahmen dieser Kombinationsgeschäfte vereinnahmte der Kläger im Streitjahr aus dem Verkauf von Put-Optionen Stillhalterprämien i.H.v. 23.656.250 €, während er zur Glattstellung der verkauften Optionen Prämien i.H.v. 42.124.550 € aufwenden musste. Nach Abzug von Nebenkosten (75.254 €) und Margingebühren (96.887 €) ergab sich ein Verlust aus den Stillhaltergeschäften mit Put-Optionen i.H.v. ./. 18.640.441 €. Für den Kauf von Put-Optionen wandte der Kläger demgegenüber Prämien i.H.v. 12.854.250 € auf, während er aus der Glattstellung der erworbenen Optionen Prämien i.H.v. 17.934.830 € vereinnahmte. Nach Abzug der Nebenkosten (42.730 €) ergab sich ein Gewinn aus dem Erwerb von Put-Optionen i.H.v. 5.237.850 €.

6Weiterhin verkaufte der Kläger im Streitjahr als Optionsgeber auch vier Kaufoptionen (Call-Optionen), denen keine gegenläufigen Positionen gegenüberstanden. Aus diesen Verkäufen vereinnahmte der Kläger nach Abzug von Nebenkosten insgesamt Optionsprämien i.H.v. 2.388.803 € und einen Überschuss nach Glattstellung bzw. Verfall i.H.v. 934.711 €.

7In gleicher Weise hatte der Kläger im Jahr 2001 einen Verlust aus dem Verkauf von Optionen (./. 2.533.676 €) und einen Gewinn aus dem Erwerb von Optionen (326.517 €) erzielt. Im Jahr 2003 wurden alle noch offenen Optionsgeschäfte geschlossen. In diesem Jahr erzielte der Kläger einen Gewinn aus dem Erwerb von Optionen i.H.v. 9.359.320 €. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die von den Klägern am 15.5.2008 zu der Rechtsbehelfsakte gereichte Zusammenstellung der Einkünfte aus Optionsgeschäften vom 14.11.2007 und die Aufstellung auf Seite 6 der Klageschrift (Bl. 62 GA) verwiesen. In einer am 6.8.2004 vor dem Hintergrund des Vorwurfs der mangelhaften Beratung, auch bezüglich der steuerlichen Konsequenzen der Put-Spread-Strategie, bei diesen Derivatgeschäften abgeschlossenen Vergleichsvereinbarung verpflichtete sich die E Bank AG gegenüber dem Kläger, auf die Rückzahlung eines Darlehensbetrages i.H.v. 2.500.000 Euro zu verzichten.

8Der Ermittlung der Einkünfte aus Optionsgeschäften im Rahmen des Veranlagungsverfahrens legte der Beklagte die Auffassung zu Grunde, dass Aufwendungen zum Schließen einer verkauften Put-Option unter Durchbrechung des Zu- und Abflussprinzips im Zeitpunkt der Vereinnahmung der Optionsprämie, die Anschaffungskosten für erworbene Put-Optionen hingegen im Jahr der Beendigung der Option zu berücksichtigen seien. Der daraus resultierenden Erhöhung der Einkünfte aus Veräußerungsgeschäften im Streitjahr stimmten die Kläger mit Schreiben vom 11.8.2008 zu.

9Mit der zuletzt durch Bescheid vom 8.12.2008 gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geänderten Einkommensteuerfestsetzung 2002 – der erstmalige einspruchsbefangene Bescheid war am 4.2.2004 ergangen und am 28.12.2007 gem. § 164 Abs. 2 AO sowie am 20.10.2008 gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geändert worden – behandelte der Beklagte die Überschüsse aus den Optionsgeschäften, in denen der Kläger als Käufer (Long-Positionen) fungierte, unter Hinweis auf Tz. 17 und 22 des BMF-Schreibens vom 27.11.2001 (BStBl I 2001, 986) als Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Soweit der Kläger demgegenüber im Eröffnungsgeschäft als Stillhalter (Short-Positionen) tätig war, ordnete er unter Hinweis auf die Tz. 24, 26 und 27 des BMF-Schreibens vom 27.11.2001 die erzielten Prämien aus dem Verkauf von Optionen abzüglich der für die Glattstellung aufgewandten Prämien und der Nebenkosten den Einkünften aus Leistungen i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG zu. Eine Verrechnung der Verluste aus den Stillhaltergeschäften (./. 17.705.730 €) mit den Gewinnen aus den Veräußerungsgeschäften (5.237.850 €) lehnte er aufgrund des Verrechnungsverbotes des § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG ab. Infolge der Übernahme eines Additionsfehlers aus der Zusammenstellung vom 14.11.2007 setzte der Beklagte dabei die Einkünfte aus Options-Veräußerungsgeschäften mit einem um 22.500 € geringeren Betrag (5.215.350 €) an. Mit Bescheid gleichen Datums stellte der Beklagte den verbleibenden Verlustvortrag auf den 31.12.2002 für die Einkünfte aus Leistungen mit 20.820.750 € fest (verbleibender Verlustvortrag zum 31.12.2001: 3.115.020 €).

10Mit dem gegen die Einkommensteuerfestsetzung 2002 gerichteten Einspruch begehrten die Kläger die Verrechnung der Gewinne aus den Veräußerungsgeschäften mit den Verlusten aus Stillhaltergeschäften. Zur Begründung verwiesen sie auf den durch den Charakter des Kombinationsgeschäftes vermittelten zwingenden wirtschaftlichen Zusammenhang. Stillhaltergeschäfte und Veräußerungsgeschäfte mit Optionen seien einheitlich als Termingeschäfte unter die Vorschrift des § 23 Abs. 1 Nr. 4 EStG zu subsumieren, so dass das Verrechnungsverbot des § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG nicht eingreife. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 12.10.2004, 12.5.2005, 30.8.2006 und 11.8.2008 verwiesen.

11Mit Einspruchsentscheidung vom 10.12.2008 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, dass durch die BFH-Urteile X R 197/87, IX R 2/02, IX R 26/03, IX R 23/06 und IX R 40/06 höchstrichterlich geklärt sei, dass Stillhaltergeschäfte auf einen Aktienindex nach § 22 Nr. 3 EStG als Einkünfte aus Leistungen zu erfassen seien und eine Verrechnung der Verluste aus derartigen Stillhaltergeschäften mit Gewinnen aus Veräußerungsgeschäften gemäß § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG ausscheide. Eine Änderung der Rechtslage durch die Einführung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG habe sich insoweit nicht ergeben. Auch bei mit Optionskäufen kombinierten Stillhaltergeschäften würden ungeachtet des wirtschaftlichen Zusammenhangs zwei rechtlich selbstständige Grundgeschäfte getätigt, die einkommensteuerlich getrennt zu behandeln seien.

12Die Einräumung einer Option stelle kein Veräußerungsgeschäft im Sinne der gegenüber § 22 Nr. 3 EStG vorrangigen Vorschrift des § 23 EStG dar. Die Rechtsprechung trenne zwischen Eröffnungs-, Basis- und Gegengeschäft (sog. Trennungstheorie). Deshalb bildeten das die Prämie auslösende Begeben einer Option und das nachfolgende Geschäft (z. B. Glattstellung oder Basisgeschäft) kein einheitliches Termingeschäft. Vielmehr stelle das Stillhalten durch den Optionsverkäufer eine wirtschaftlich und rechtlich selbstständige Leistung dar, die losgelöst von dem nachfolgenden Basis- oder Gegengeschäft zu beurteilen sei. Die Einräumung einer Option sei kein Veräußerungsvorgang oder veräußerungsähnlicher Vorgang, bei dem ein Entgelt dafür gezahlt werde, dass ein Vermögenswert in seiner Substanz endgültig aufgegeben werde. Die Bestellung der Option liege allein im Nutzungsbereich. Der Stillhalter erhalte die Prämie nur als Gegenleistung für die Bindung und die Risiken, die er durch die Begebung der Option eingegangen sei, nicht aber als Gegenleistung für die Ausführung des Basis- oder Gegengeschäftes. Eine Schließung des Geschäftes durch Glattstellung müsse nicht zwangsläufig stattfinden. In jedem Fall sei die Stillhalterprämie nicht durch das Schließen des Geschäftes wirtschaftlich veranlasst. Der im Zeitpunkt der Prämienzahlung gegebene wirtschaftliche Zusammenhang werde nicht nachträglich durch das Gegengeschäft korrigiert. Diese Prämie sei deshalb unabhängig davon nach § 22 Nr. 3 EStG zu versteuern, ob es bei dem nachfolgenden Geschäft zu einer Abnahme oder Lieferung von Basiswerten, zu einer Glattstellung oder lediglich zu einem Ausgleich in Geld komme. Es sei daher auch unbedeutend, dass der Kläger Stillhalterprämien auf DAX-Kontrakte, mithin auf Basiswerte, bei denen eine Lieferung nicht möglich sei, vereinnahmt habe. Auch die Vorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG greife nicht ein, da die im Rahmen eines Stillhaltergeschäftes eingeräumte Option beim Optionsgeber nicht die Merkmale eines selbstgeschaffenen Wirtschaftsgutes erfülle und die Einräumung der Option keine Veräußerung darstelle. Weiterhin sei auch der Tatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG nicht einschlägig. Diese Vorschrift setze den Erwerb eines Rechts voraus, an dem es bei der Einräumung der Option durch den Stillhalter fehle. Der Optionsgeber sei nicht der Erwerber eines Rechts, sondern der Verpflichtete des von ihm erstmalig eingeräumten Rechts. Die Prämie des Stillhalters werde auch nicht durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG bestimmt. Sie werde vielmehr zu Beginn des Geschäftes festgesetzt und unterliege keinen nachträglichen Veränderungen. Schließlich sei ein Vergleich der in Tz. 34 ff. des BMF-Schreiben vom 27.11.2001 den Veräußerungsgeschäften i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG zugewiesenen Future-Kontrakte mit Optionsverkäufen nicht möglich, da diese Geschäfte erst am Verfalltag erfüllt werden müssten und vorher keine Prämie gezahlt werde.

13Mit der vorliegenden Klage machen die Kläger geltend, dass die Ergebnisse der im Streitjahr getätigten Kombinationsgeschäfte insgesamt als Termingeschäfte den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG zuzuweisen seien und damit deren teilweise Einordnung unter die subsidiäre Besteuerungsnorm des § 22 Nr. 3 EStG ausscheide.

14§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG verwende den Begriff „Termingeschäft“ als Typusbegriff, der durch die Risiken einer Hebelwirkung, eines Totalverlustes des angelegten Kapitals und der Gefahr gekennzeichnet sei, planwidrig zusätzliche Mittel einsetzen zu müssen. Auch nach dem BMF-Schreiben vom 27.11.2001 stellten sämtliche als Options- oder Festgeschäfte ausgestalteten Finanzinstrumente, deren Preis unmittelbar oder mittelbar von den Börsen- oder Marktpreisen von Wertpapieren abhängt, Termingeschäfte im Sinne der Vorschrift dar. Damit werde an die gesetzliche Definition in § 2 Abs. 2 und Abs. 2a WpHG angeknüpft. Bei den Optionsgeschäften des Klägers handele sich um derartige Termingeschäfte, weil er hierdurch einen Anspruch auf bzw. die Verpflichtung zu einem Differenzausgleich erworben habe, der der Höhe nach durch eine veränderliche Bezugsgröße (DAX-Index) bestimmt worden sei. Eine effektive Abnahme oder Lieferung des Basiswertes sei von vornherein ausgeschlossen gewesen. Ein von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG erfasstes Termingeschäft setze keine Anschaffung oder Veräußerung eines Wirtschaftsgutes, sondern lediglich den Erwerb und die Beendigung des Rechts auf einen Differenzausgleich oder eines durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrages oder Vorteils innerhalb der Frist von einem Jahr voraus. Der Kläger habe bei den von ihm getätigten Kombinationsgeschäften allein das Ziel verfolgt, Differenzen zwischen den gezahlten und erhaltenen Optionsprämien im Sinne eines Differenzgewinns zu erzielen. Als Ergebnis dieser kombinierten Optionsgeschäfte habe er jeweils einen einheitlich zu beurteilenden Verlust und nicht einerseits einen Verlust und andererseits einen Gewinn erzielt. Eine Unterscheidung zwischen den zeitgleich erworbenen und verkauften Optionsrechten im Sinne rechtlich selbstständiger Einzelgeschäfte werde diesem wirtschaftlichen Sachverhalt nicht gerecht. Der Erwerb des Rechts sei bei den Kombinationsgeschäften des Klägers durch den Abschluss der Eröffnungsgeschäfte, d.h. den zeitgleichen Erwerb bzw. Verkauf von Put-Optionen erfolgt. Sodann sei das Recht auf Differenzausgleich durch die zeitgleiche Glattstellung der eröffneten Geschäfte für denselben Stichtag beendet worden. Der Differenzgewinn aus diesen einheitlich als Termingeschäft einzustufenden Optionsgeschäften sei daher ebenso einheitlich der Besteuerung nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG zu unterwerfen. Für diese rechtliche Einordnung spreche auch § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG.

15Bei den Kombinationsgeschäften seien sowohl das Eröffnungs- als auch das Gegengeschäft Teil eines einheitlichen Handlungs- und Erfolgstatbestandes gewesen. Der zeitgleiche Abschluss und die Schließung beider Geschäfte zu demselben Stichtag belegten, dass der Kläger hierdurch den einheitlichen Zweck der Erzielung eines Differenzgewinns unter kompensatorischer Begrenzung seines Risikos verfolgt habe. Eine Auflösung des Sicherungszusammenhangs zwischen den verkauften und den gekauften Optionen durch vorzeitiges Schließen des Eröffnungs- oder Gegengeschäftes mache wirtschaftlich keinen Sinn. Es erscheint fraglich, ob diese bei Kombinationsgeschäften bestehenden Besonderheiten in der bislang vorliegenden BFH-Rechtsprechung zur Einordnung von Stillhaltergeschäften ausreichend berücksichtigt worden seien.

16Die Unterscheidung zwischen Einkünften aus Leistungen und Veräußerungsgeschäften bei Optionskombinationen werde auch durch den Systemwechsel im Rahmen der Unternehmenssteuerreform 2008 in Frage gestellt. Im Zuge der Einführung der Abgel-tungssteuer habe der Gesetzgeber den Einkünften aus Kapitalvermögen auch vereinnahmte Stillhalterprämien (§ 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG n.F.) sowie Gewinne aus der Veräußerung von Optionsrechten (§ 20 Abs. 2 Nr. 3b EStG n.F.) zugewiesen. Eine dem § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG entsprechende Verlustverrechnungsbeschränkung für Verluste aus Stillhaltergeschäften bestehe damit nicht mehr. Folgerichtig müsse dies auch für die durch den Kläger im Jahr 2002 getätigten Kombinationsgeschäfte gelten, da der Gesetzgeber mit der Zuordnung des Ergebnisses aus Kombinationsgeschäften zu den Einkünften aus Kapitalvermögen der Trennungstheorie die Grundlage genommen habe. Dadurch werde deutlich, dass die Trennungstheorie auf der willkürlichen Aufteilung eines einheitlichen Handlungs- und Erfolgstatbestandes beruhe und daher keinen Bestand haben könne.

17Das Erfordernis, Kombinationsgeschäfte steuerlich einheitlich zu beurteilen, ergebe sich weiterhin aus der entsprechenden Anwendung der für Bewertungseinheiten zur Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken geltenden Grundsätze in Steuer- und Handelsbilanzen. Hierzu sei auf § 5 Abs. 1a EStG und den Aufsatz von Christiansen in DStR 2003, 264 zu verweisen.

18Dass die von dem Kläger ausgeführten Optionskombinationsgeschäfte als spezielle „Termingeschäfte“ dem Anwendungsbereich des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG unterfielen, sei schließlich ein Gebot der verfassungskonformen Auslegung. Denn der Kauf und der Verkauf der Optionen stünden bei diesen Geschäften in einem wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhang und dienten der wechselseitigen Absicherung. Deswegen müsse auch der einkommensteuerliche Belastungstatbestand auf dieses Kombinationsgeschäft ausgerichtet werden. Die auf einen Differenzausgleich angelegten Optionsgeschäfte hätten keine Ähnlichkeit mit der gelegentlichen Vermittlung oder der Vermietung beweglicher Gegenstände, die § 22 Nr. 3 EStG zur Verdeutlichung des Auffangtatbestandes der „Leistung“ nenne. Innerhalb der Termingeschäfte des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG sei der Überschuss aller Einnahmen über alle Werbungskosten zu errechnen, damit die Vorgaben des § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG erfüllt würden. Dieses Auslegungsergebnis sei zwingend, weil die Verfassung die Trennung eines einheitlichen Geschäftes in einen Gewinnteil und einen davon abgesonderten Verlustteil, und damit den einkommensteuerlichen Zugriff auf einen Verlusttatbestand, nicht gestatte. Dies folge aus der Garantie der Belastungsgleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) und des Belastungsmaßes (Art. 14 Abs. 1 GG) sowie aus dem Gebot der folgerichtigen Beachtung der im Einkommensteuergesetz getroffenen Belastungsentscheidungen (Art. 3 Abs. 1 GG), das für die Einkunftsart des § 2 Abs. 1 Nr. 7 EStG die Überschussermittlung gem. § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG fordere. Das aus der Eigentumsgarantie und dem Gleichheitssatz abgeleitete Gebot der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit erlaube nur die Besteuerung eines tatsächlich zugeflossenen Zuwachses oder einer ausweisbaren Vermögensmehrung. Der Gleichheitssatz verlange dabei eine folgerichtige und widerspruchsfreie Ausführung der gesetzlich statuierten Belastungsprinzipien. § 2 EStG und das darin verankerte objektive Nettoprinzip würden nicht folgerichtig angewendet, wenn die Besteuerung nur die Einnahmen, nicht aber auch die Aufwendungen aus derselben Erwerbsgrundlage berücksichtige. Die Einkünfteerzielungstatbestände des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 EStG bauten auf sog. Handlungstatbeständen auf, denen die Nutzung einer Erwerbsgrundlage zugrunde liege. Es unterliege der freien Entscheidung des Steuerpflichtigen, ob er Einkünfte durch Abschluss von Optionsgeschäften als Einzelgeschäfte mit der Folge eines unbegrenzten Risikos oder Einkünfte durch Abschluss von Kombinationsgeschäften mit der Folge eines begrenzten Risikos erzielen wolle. Sei letzteres der Fall, könne die einheitliche Nutzung einer Erwerbsgrundlage nicht künstlich in die Tatbestände des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und des § 22 Nr. 3 EStG aufgeteilt werden. Denn in diesem Falle werde mit dem Eröffnungs- und dem Gegengeschäft kein jeweils eigenständiger wirtschaftlicher Zweck, sondern ein einheitlicher wirtschaftlicher Zweck verfolgt. Eine Gesetzesauslegung, die durch Aufteilung des negativen Ergebnisses eines einheitlichen Kombinationsgeschäfts in einen nicht ausgleichsfähigen Verlust aus Leistungseinkünften und positive Einkünfte aus Veräußerungsgeschäften im Ergebnis einen Verlust als der Besteuerung zu unterwerfendes positives Einkommen behandele, müsse demgegenüber zur Verfassungswidrigkeit des Verbots des Verlustausgleichs in § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG führen.

19Letztlich sei noch auf den Beschluss des BVerfG vom 11.10.2010 2 BvR 1710/10 zu verweisen, mit dem der in einem Verfahren der Aussetzung der Vollziehung ergangene Beschluss des BFH vom 25. 5. 2010 IX B 179/09 aufgehoben worden sei. Dem aufgehobenen BFH-Beschluss liege wiederum eine Beschwerde gegen den Beschluss des FG München vom 12.8.2009 1 V 1139/09 zu Grunde, mit dem das FG die Trennung zwischen dem Stillhaltergeschäft und dem Basisgeschäft (Lieferung des Basiswerts bzw. Barausgleich) mit der Folge eines Verlustverrechnungsverbotes zwischen den wirtschaftlich zusammenhängenden Geschäften als ernstlich zweifelhaft beurteilt und eine Verrechnung der Verluste aus den Basisgeschäften bis zur Höhe der erhaltenen Stillhalterprämien zugelassen habe. Zur Begründung habe das FG auch auf Wertungswidersprüche zu der Besteuerung des gewerblichen Stillhalters und dem Werbungskostenabzug im Falle der Glattstellung verwiesen. Ein Verlustausgleich widerspreche nach Auffassung des FG nicht dem Ziel der in § 22 Nr. 3 Satz 3 und § 23 Abs. 3 Sätze 8 und 9 EStG geregelten eingeschränkten Verlustverrechnung. Nachdem der BFH demgegenüber an seiner bisherigen Rechtsprechung festgehalten habe, habe das BVerfG gerügt, das unter Beachtung des Grundrechts auf effektiven Rechtsschutz zu prüfen gewesen sei, ob in der Vollziehung der angefochtenen Bescheide eine unbillige und nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte liege. Dabei sei nach Auffassung des BVerfG zu beachten, dass bei summarischer Prüfung Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Auffassung des BFH nicht völlig ausgeschlossen seien. Dies ergebe sich aus den Stellungnahmen in der Literatur, die die getrennte Erfassung von Options- und Basisgeschäft für verfassungswidrig hielten. Bei den von dem Kläger getätigten Kombinationsgeschäften träten die rechtlichen Zweifel an der bisherigen Rechtsprechung des BFH noch deutlicher zu Tage als in dem von dem BVerfG entschiedenen Fall. Denn die Besonderheit des Streitfalles bestehe darin, dass die getätigten Kombinationsgeschäfte Teil eines einheitlichen Handlungs- und Erfolgstatbestandes gewesen seien. Eine Zerlegung des einheitlichen, ausschließlich auf die Erzielung eines Differenzgewinns ausgerichteten Optionsgeschäfts in die Tatbestände des § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG und des § 22 Nr. 3 EStG komme nicht in Betracht. Der Beschluss des BVerfG verdeutliche, dass die von dem Beklagten vertretene Anwendung der Trennungstheorie auf die von dem Kläger getätigten Kombinationsgeschäfte sowohl in materiellrechtlicher Hinsicht als auch unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Aspekte nicht haltbar sei.

20Die Kläger beantragen,

211.     den Einkommensteuerbescheid 2002 vom 4.2.2004, zuletzt geändert durch Bescheid vom 8.12.2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10.12.2008, dahingehend zu ändern, dass der bislang bei den Einkünften aus Leistungen i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG erfasste Verlust i.H.v. 18.640.441 € aus dem Verkauf von Optionen im Rahmen der sog. Kombinationsgeschäfte den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S.d. § 23 EStG zugewiesen wird,

222.     hilfsweise die Revision zuzulassen.

23Der Beklagte beantragt,

24die Klage abzuweisen.

25Zur Begründung verweist er auf seine Einspruchsentscheidung.

26Mit dem im Anschluss an die mündliche Verhandlung eingereichten Schriftsatz vom 7.11.2012, auf den Bezug genommen wird, haben die Kläger ergänzend vorgetragen, dass der Verkauf und der Kauf der Optionen im Rahmen der streitbefangenen Kombinationsgeschäfte stets zeitgleich erfolgt seien.

27Entscheidungsgründe

28Die Klage ist unbegründet.

29Die Festsetzung der Einkommensteuer 2002 durch den angegriffenen Bescheid ist – mit Ausnahme der die Kläger nicht belastenden und von ihnen nicht angegriffenen Bemessung der Einkünfte aus der Veräußerung erworbener Optionen mit einem um 22.500 € zu niedrigeren Betrag – rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat zu Recht den Verlust aus Stillhaltergeschäften mit Put-Optionen i.H.v. ./. 18.640.441 € nicht den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 EStG i.d.F. des StEntlG 1999 (im Folgenden: EStG) zugewiesen und eine Verrechnung des insgesamt aus Stillhaltergeschäften i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG erzielten Verlustes i.H.v. ./. 17.705.730 € mit den positiven Einkünften aus der Veräußerung erworbener Optionen (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) unter Berufung auf die Verlustverrechnungsbeschränkung des § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG abgelehnt.

301. Zutreffend hat der Beklagte die Einkünfte aus den Optionsgeschäften in der Weise ermittelt, dass Aufwendungen zum Schließen der verkauften Optionen unter Durchbrechung des Zu- und Abflussprinzips im Zeitpunkt der Vereinnahmung der Optionsprämie, die Anschaffungskosten für erworbene Optionen hingegen im Jahr der Beendigung der Option berücksichtigt worden sind (vgl. dazu Urteile des BFH vom 3. Juni 1992 X R 91/90, BStBl II 1992, 1017, und vom 17. Juli 1991 X R 6/91, BStBl II 1991, 916). Da die Kläger der daraus resultierenden Erhöhung der Einkünfte aus Veräußerungsgeschäften im Streitjahr mit Schreiben vom 11.8.2008 zugestimmt haben, konnte die entsprechende Änderung der Einkommensteuerfestsetzung 2002 mit Bescheid vom 20.10.2008 auf § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO, aber auch unabhängig davon auf den weiterhin bestehenden Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 2 AO) gestützt werden.

312. Zutreffend und insoweit zwischen den Beteiligten ebenfalls unstreitig hat der Beklagte weiterhin die Optionsgeschäfte des Klägers nicht als gewerblichen Wertpapierhandel – mit der Folge einer Verrechnungsmöglichkeit von Stillhalterprämien und den Ergebnissen aus dem Optionshandel – erfasst, sondern als private Vermögensverwaltung des Klägers gewertet.

32Der An- und Verkauf von Wertpapieren überschreitet die Grenze von der privaten Vermögensverwaltung zur gewerblichen Betätigung nur in besonderen Fällen, nämlich wenn sich der Steuerpflichtige „wie ein Händler” verhalten hat (BFH-Urteile vom 29. Oktober 1998 XI R 80/97, BFHE 187, 287, BStBl II 1999, 448; vom 20. Dezember 2000 X R 1/97, BFHE 194, 198, BStBl II 2001, 706, m.w.N.). Beweisanzeichen für eine solche Zuordnung sind der Umfang der Geschäfte, das Unterhalten eines Büros oder einer Organisation zur Durchführung von Geschäften, das Ausnutzen eines Marktes unter Einsatz beruflicher Erfahrungen, das Anbieten von Wertpapiergeschäften gegenüber einer breiteren Öffentlichkeit und andere für eine private Vermögensverwaltung ungewöhnliche Verhaltensweisen. Der An- und Verkauf von Wertpapieren kann ferner die Grenze der privaten Vermögensverwaltung überschreiten, wenn der Steuerpflichtige ohne Einsatz eigenen Vermögens mit beruflich erlangten Kenntnissen Kursdifferenzen ausnützt und sich „bankentypisch” verhält. Bei der rechtlichen Zuordnung anhand der vorgenannten Kriterien kann nicht isoliert auf einzelne Merkmale abgestellt werden; vielmehr ist das Gesamtbild entscheidend, wobei die einzelnen Beweisanzeichen zu gewichten und gegeneinander abzuwägen sind (BFH-Urteile vom 20. Dezember 2000, a.a.O.; vom 30. Juli 2003 X R 7/99, BFHE 204, 419, BStBl II 2004, 408; vom 29. Juni 2004 IX R 26/03, BFHE 206, 418, BStBl II 2004, 995 und vom 1. Juni 2004 IX R 35/01, BFHE 206, 273, BStBl II 2005, 26).

33Im Streitfall ist der Kläger in allen Fällen nur auf eigene Rechnung tätig geworden und hat keine eigene Büroorganisation eingeschaltet. Er verfügte über keine einschlägigen beruflichen Erfahrungen und konnte das Risiko der Transaktionen aus seinem anderweitig erworbenen Vermögen abdecken. Ungeachtet des hohen Betrags der vereinnahmten und gezahlten Optionsprämien lässt das Gesamtbild damit kein händlertypisches Verhalten erkennen.

343. Die Einkünfte aus der Glattstellung der von dem Kläger erworbenen Optionsrechte sind als private Veräußerungsgeschäfte i.S.d. § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG steuerbar. Private Veräußerungsgeschäfte sind danach Veräußerungsgeschäfte bei anderen Wirtschaftsgütern, insbesondere bei Wertpapieren, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt.

35Zu den Wirtschaftsgütern, die Gegenstand eines privaten Veräußerungsgeschäfts sein können, zählen nach der – noch zu der bis zum Jahr 1998 geltenden Vorgängerregelung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1b EStG ergangenen – BFH-Rechtsprechung (BFH-Urteile vom 24. Juni 2003 IX R 2/02, BFHE 202, 351, BStBl II 2003, 752, und vom 29. Juni 2004 IX R 26/03, BFHE 206, 418, BStBl II 2004, 995) auch an der EUREX gehandelte Optionen, und zwar unabhängig davon, welcher Basiswert den Gegenstand des Optionsgeschäfts bildet. Denn es handelt sich um vermögenswerte Vorteile, die selbstständig bewertbar und längerfristig nutzbar sind. Da das Optionsrecht selbst als fungibler Gegenstand das für § 23 EStG maßgebende Wirtschaftsgut ist, erlangt auch der Erwerber einer Option auf den DAX, die mangels lieferbaren Basiswertes nur durch Glattstellung oder Barausgleich geschlossen werden kann, ein veräußerungsfähiges Wirtschaftsgut.

36Werden die erworbenen Optionsrechte durch Gegengeschäfte innerhalb der Spekulationsfrist glattgestellt, d.h., durch den Verkauf einer Option der gleichen Serie geschlossen, verwirklicht der Optionskäufer in Höhe der Differenz zwischen der bei Abschluss des Eröffnungsgeschäfts gezahlten und der bei Abschluss des Gegengeschäfts vereinnahmten Optionsprämien den Steuertatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Denn das Gegengeschäft, mit dem der Optionsberechtigte seine Position glattstellt, führt zu einer Veräußerung der Option (vgl. dazu BFH-Urteil vom 24 Juni 2003, a.a.O., m.w.N. der Rspr.). Eröffnungs- und Glattstellungsgeschäft bilden keine Einheit, die sich lediglich auf einen Differenzausgleich richtet. Vielmehr ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH zwischen Optionsvertrag und Übertragungsgeschäft, also zwischen Eröffnungs-, Basis- und Gegengeschäft, rechtlich zu unterscheiden, da der Steuerpflichtige mit jedem Teilschritt einen eigenständigen wirtschaftlichen Zweck verfolgen, insbesondere die Option verfallen lassen kann (sog. Trennungstheorie). Dies gilt auch im Zusammenhang mit einer Glattstellung. Diese Veräußerung führt nicht lediglich zu einem Rückgängigmachen des Eröffnungsgeschäfts, sondern zu seiner wirtschaftlichen Erfüllung. Maßgebend für den Steuertatbestand ist nämlich, dass mit der Glattstellung die Werterhöhungen des Wirtschaftsgutes realisiert werden. Der Optionsberechtigte erhält für das Gegengeschäft eine Prämie, die von der Kursentwicklung des den Gegenstand des Optionsgeschäfts bildenden Indexes abhängt und damit den Wert der Option selbst repräsentiert. Das Glattstellungsgeschäft führt so zu einem Vermögenszuwachs des Steuerpflichtigen und zu einer Steigerung seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Der Optionsberechtigte realisiert dadurch die Wertsteigerung im Privatvermögen in Form des erzielten Kursgewinns. Hierin liegt der Zufluss des Veräußerungspreises.

37Der erkennende Senat folgt dieser Rechtsprechung. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG verdrängt als speziellere Norm die Vorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG über Termingeschäfte (Carlé in: Korn, EStG, § 23, Tz. 54.1; Wernsmann in: Kirchhof/Söhn, EStG, § 23, Tz. B 170 f.; jeweils m. w. N. der h. L.; Heuermann DB 2004, 1848; a. A. Glenk in: Blümich, EStG, § 23, Tz. 71 f.).  Die Einkünfte aus der Glattstellung der erworbenen Optionsrechte können daher – entgegen der Auffassung der Kläger – nicht dem Tatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG zugeordnet werden.

384. Die Prämien, die der Kläger aus der Einräumung von Optionen als Stillhalter vereinnahmte, sind – abzüglich der Aufwendungen für die Glattstellung dieser Stillhaltergeschäfte – als Einkünfte gemäß § 22 Nr. 3 EStG (Einkünfte aus Leistungen) und nicht als Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 EStG zu erfassen.

394.1. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH (Urteile vom 28. November 1990 X R 197/87, BFHE 163, 175, BStBl II 1991, 300; vom 29. Juni 2004, a.a.O.), der der erkennende Senat folgt, stellt die Einräumung einer Option kein Veräußerungsgeschäft im Sinne der gegenüber § 22 Nr. 3 EStG vorrangigen Vorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG dar, weil es an einem der „Veräußerung“ vorgeschalteten Erwerb eines Wirtschaftsgutes fehlt. Der Optionsgeber erhält die Prämie allein für die Stillhaltung als Entschädigung für die Bindung und die Risiken, die er durch die Begebung des Optionsrechts eingeht. Auch § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG, der Veräußerungsgeschäfte erfasst, bei denen die Veräußerung der Wirtschaftsgüter früher erfolgt als der Erwerb, ist nicht einschlägig, da die im Rahmen eines Stillhaltergeschäfts eingeräumte Option beim Optionsgeber nicht die Merkmale eines selbst geschaffenen Wirtschaftsguts erfüllt und die Einräumung der Option daher keine Veräußerung darstellen kann. Denn die Option begründet für den Optionsgeber nur eine Verpflichtung, deren Übernahme durch die Prämie abgegolten wird (vgl. dazu eingehend: Heuermann, DB 2004, 1848).

40Weiterhin bilden das die Prämie auslösende Begeben einer Option und das bei Ausübung der Option nachfolgende Gegengeschäft kein einheitliches Termingeschäft. Der Optionsgeber erhält die Prämie als Gegenleistung für eine wirtschaftlich und rechtlich selbständige Leistung, nämlich für seine vertraglich eingegangene Bindung und das damit verbundene Risiko, in Anspruch genommen zu werden. Er behält sie auch dann, wenn er aus der Option nicht in Anspruch genommen wird und ein Gegengeschäft nicht durchführen muss. Die Stillhalterprämie kann deshalb nicht zusammen mit dem Gegengeschäft einheitlich einer der Tatbestandsalternativen des § 23 Abs. 1 Satz 1 EStG zugeordnet werden.

41An dieser Rechtslage hat sich nach Einführung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG nichts geändert (Urteil des BFH vom 17. April 2007 IX R 40/06, BFHE 217, 566, BStBl II 2007, 608; so auch die ganz überwiegende Meinung im Schrifttum, vgl. z.B. Harenberg in Herrmann/Heuer/Raupach, § 23 EStG Tz. 200 und 210 (Stichwort: Optionspreis); Weber-Grellet in: Schmidt, EStG, 26. Aufl., § 23 Tz. 24 und § 22 Tz. 150 (Stillhalterprämien); Lüsch in: Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 22, Tz. 390 (Stichwort: Optionsgeschäft); Heuermann DB 2004, 1848; BMF-Schreiben vom 27. November 2001, BStBl I 2001, 986 ff., Tz 24 und 27; a.A. Blümich/Glenk, § 23 EStG Tz. 71 f.). Denn § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG betrifft nach seinem Wortlaut lediglich Optionen, die der Berechtigte erwirbt, nicht aber solche, die er einräumt. Die Vorschrift erfasst Termingeschäfte, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt, sofern der Zeitraum zwischen Erwerb und Beendigung des Rechts auf einen Differenzausgleich, Geldbetrag oder Vorteil nicht mehr als ein Jahr beträgt. Das Gesetz verzichtet damit zwar auf die Tatbestandsmerkmale „Wirtschaftsgut“ und „Veräußerung“, setzt aber den Erwerb (die Anschaffung) des dort umschriebenen Rechts voraus. Wer einem Anderen eine Option einräumt, ist nicht der Erwerber eines Rechts, sondern der Verpflichtete des von ihm erstmalig eingeräumte Rechts. Die Optionsprämie ist überdies kein „Geldbe-trag“ im Sinne der Vorschrift, weil sie nicht durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmt wird. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG erfasst nur Vorteile, die auf dem Basisgeschäft beruhen. Die Prämie ist demgegenüber Gegenleistung für das Stillhalten. Der Stillhalter erwirbt den Anspruch auf die Prämie schon mit dem Abschluss der Optionsvereinbarung. Die erlangte Prämie bleibt ihm erhalten. Sie wird unabhängig davon erzielt, ob es je zu einem Basisgeschäft kommt oder wie das Optionsgeschäft sonst beendet wird. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG betrifft lediglich den Optionsinhaber; nur dessen Recht auf Durchführung des Optionsgeschäfts wird mit dem Ablauf, der Ausübung oder Glattstellung beendet. Aus der gesetzlichen Definition des Termingeschäfts in § 2 Abs. 2 und Abs. 2a WpHG folgt nichts anderes, da in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG die zusätzliche Tatbestandsvoraussetzung des Erwerbs eines Rechts aufgestellt wird, die im Falle eines Stillhaltergeschäfts nicht erfüllt ist.

424.2. An dieser rechtlichen Zuordnung der Einkünfte aus Stillhaltergeschäften ändert sich nichts dadurch, dass der Kläger den Verkauf und den Kauf von Optionen auf denselben Basiswert in Gestalt sog. Kombinationsgeschäfte zur Verminderung des Risikos der Stillhaltergeschäfte miteinander verknüpft hat. Die Kombinationsgeschäfte des Klägers sind vielmehr entsprechend den für die darin enthaltenen Grundgeschäfte geltenden steuerlichen Regelungen in Einkünfte aus Leistungen und Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften aufzuteilen, da es sich um rechtlich selbstständige Grundgeschäfte handelt (so bereits Urteil des BFH vom 28. November 1990, a.a.O.; BMF-Schreiben vom 27.11.2001, a.a.O., Tz. 28; Wernsmann, a.a.O., Tz. B 181). Allein der wirtschaftliche Zusammenhang zwischen diesen verschiedenartigen Grundgeschäften gibt keine Handhabe, die Stillhaltergeschäfte als Teil einheitlicher Veräußerungsgeschäfte zu qualifizieren.

43Entgegen der Auffassung der Kläger können die Stillhaltergeschäfte insbesondere nicht zusammen mit der Veräußerung der zur Risikobegrenzung erworbenen Optionen als einheitliches Termingeschäft unter den Tatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG subsumiert werden. Die Kläger wollen die Besonderheit dieses einheitlichen Termingeschäftes darin sehen, dass hierdurch ein Anspruch auf bzw. die Verpflichtung zu einem Differenzausgleich i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG erworben und allein das Ziel verfolgt werde, Differenzen zwischen den gezahlten und erhaltenen Optionsprämien im Sinne eines Differenzgewinns zu erzielen. Die Eingehung einer Verpflichtung gegen Entgelt durch die Einräumung einer Option kann aber nicht als Erwerb eines Rechts aufgefasst und damit dem steuerbegründenden Tatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG unterstellt werden. Zwar ist denkbar, dass der Erwerb eines Rechts auch die Übernahme einer damit einhergehenden, unselbstständigen Verpflichtung beinhaltet. Im Streitfall stellt indessen die Übernahme der Verpflichtung als Stillhalter ein rechtlich und wirtschaftlich selbstständiges Geschäft dar. Denn der Anspruch des Klägers auf die Stillhalterprämie hängt nicht davon ab, ob die im gegenläufigen Geschäft zur Risikobegrenzung erworbene Option veräußert wird oder verfällt. Andererseits begründet der Erwerb der Option für den Kläger unabhängig von dem Ergebnis des Stillhaltergeschäftes eine Gewinnchance durch deren Veräußerung. Sowohl das die Prämienzahlung auslösende Stillhaltergeschäft als auch die Veräußerung der erworbenen Option stellen eigenständige Erwerbsquellen dar. Der Umstand, dass der Kläger zwei rechtlich und wirtschaftlich selbstständige Geschäfte mit dem Ziel der Risikobegrenzung durch Saldierung der aus diesen erzielten Gewinne oder Verluste kombiniert hat, lässt deren Selbstständigkeit nicht entfallen. Insbesondere ist diese Handhabung nicht geeignet, den Gewinn aus einem Stillhaltergeschäft, also der Eingehung einer Verpflichtung gegen Entgelt durch die Einräumung einer Option, in einen unselbstständigen Rechnungsposten eines Veräußerungsgeschäfts umzuqualifizieren. Auch der zeitgleiche Abschluss und die gleichzeitige Schließung beider Geschäfte ist nicht geeignet, dass Stillhaltergeschäft und ein zur Risikobegrenzung abgeschlossenes Veräußerungsgeschäfts zu einem einheitlichen Termingeschäft i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG zu verschmelzen, weil die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift durch das Stillhaltergeschäft nicht erfüllt werden. Gleiches gilt für den beide Geschäfte verbindenden wirtschaftlichen Zweck der kompensatorischen Risikobegrenzung. Der Vorschrift des § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG kommt für die rechtliche Einordnung von Einkünften im Bereich der privaten Vermögensverwaltung ebenso wenig Bedeutung zu wie den für Bewertungseinheiten in Steuer- und Handelsbilanzen geltenden Regeln. Schließlich können sich die Kläger auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der Gesetzgeber im Rahmen der Unternehmenssteuerreform 2008 sowohl Einkünfte aus Stillhaltergeschäften als auch Gewinne aus der Veräußerung von Optionsrechten ohne eine gegenseitige Verlustverrechnungsbeschränkung den Einkünften aus Kapitalvermögen zugewiesen hat. Denn diese Neuregelung beruht auf dem mit der Einführung der Abgeltungssteuer einhergehenden Systemwechsel und lässt daher keine Schlussfolgerungen auf die Rechtslage in früheren Veranlagungszeiträumen zu.

444.3. Ungeachtet des durch den Zweck der Risikobegrenzung vermittelten wirtschaftlichen Zusammenhangs mit der Veräußerung erworbener Optionen können die Stillhaltergeschäfte auch nicht auf der Grundlage der Vorrangklausel des § 22 Nr. 3 Satz 1 EStG den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S.d. § 22 Nr. 2 EStG zugeordnet werden. Denn maßgebend für die Zuordnung von Einkünften zu einer vorrangigen Einkunftsart aufgrund eines bestehenden wirtschaftlichen Zusammenhangs ist die Einkunftsart, die im Vordergrund steht und die Beziehungen zu den anderen Einkünften verdrängt (ständige BFH-Rechtsprechung, vgl. Urteil vom 5. April 2006 IX R 111/00, BStBl II 2006, 654, m.w.N.). Nichts anderes kann bei der Zuordnung von Einkünften aus Leistungen zu den vorrangigen Einkünften i.S.d. § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 EStG gelten. Im Streitfall ist die Übernahme der Verpflichtung als Stillhalter das wirtschaftlich im Vordergrund stehende Geschäft. Denn die Gewinnchance des Klägers fließt allein aus der vereinnahmten Optionsprämie, deren Höhe bereits mit der Einräumung der Option feststeht. Eine über die Optionsprämie hinausgehende Gewinnchance ergibt sich demgegenüber auch nicht, wenn man den Erwerb gegenläufiger Optionen im Rahmen des Kombinationsgeschäfts in die Betrachtung einbezieht. Der Erwerb von Optionen im Rahmen der Kombinationsgeschäfte hatte gegenüber den im Vordergrund stehenden Stillhaltergeschäften nur eine nachrangige Funktion, nämlich die der Begrenzung ggf. entstehender Verluste bei der Glattstellung der eingeräumten Optionen.

45Andererseits scheidet auch eine Zuordnung der durch die Veräußerung der erworbenen Optionen getätigten privaten Veräußerungsgeschäfte zu den Einkünften aus Leistungen i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG aufgrund der gesetzlich eindeutig geregelten Subsidiaritätsverhältnisses zwischen diesen Einkünften und den Einkünften i.S.d. § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 EStG aus. Die Vorrangklausel des § 23 Abs. 2 EStG erlaubt nur die Hinzurechnung von Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften zu anderen Einkunftsarten i.S.d. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 6 EStG, nicht aber zu anderen Einkünften im Rahmen der gleichen Einkunftsart. Dies folgt im Verhältnis zu den Einkünften aus Leistungen aus dem in § 22 Nr. 3 Satz 1 EStG festgelegten systematischen Vorrang der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften und aus der gesetzlichen Definition des Begriffs der „Einkunftsarten“ in Abgrenzung zu dem Begriff der „Einkünfte“ im Rahmen der gleichen Einkunftsart in § 22 Nr. 3 Satz 1 EStG. Die gebotene Differenzierung zwischen den Begriffen „Einkunftsart“ und der „Einkünfte“ bestätigen schließlich die gesetzlichen Begriffsbestimmungen in § 2 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 EStG.

465. Der erkennende Senat ist von der Verfassungswidrigkeit der auf dieser Auslegung beruhenden Einkünftezuordnung und der deshalb einer Verrechnung der Verluste aus Stillhaltergeschäften mit den Überschüssen aus der Glattstellung erworbener Optionen entgegenstehenden Verlustausgleichbeschränkung des § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG nicht überzeugt. Er hält daher auch die von den Klägern befürwortete verfassungskonforme Auslegung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG in der Weise, das der Verkauf und der Kauf von Optionen auf denselben Basiswert in Gestalt sog. Kombinationsgeschäfte als Termingeschäft im Sinne dieser Vorschrift anzusehen sein soll, nicht für geboten.

47Nach der Rechtsprechung des BVerfG (Beschluss vom 30. September 1998 II BvR 1818/91, BVerfGE 99, 88) hat der Gesetzgeber bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Gestaltungsraum. Der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet aber, dass er nach Regelung dieses Ausgangstatbestandes die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umsetzt. Voraussetzungen der Erfassung von Einkünften, die der Steuerpflichtige aus einer bestimmten Erwerbsgrundlage erzielt, sind gemäß § 2 Abs. 1 und 2 EStG eine Erwerbsgrundlage (Zustandstatbestand), deren Nutzung (Handlungstatbestand) und ein daraus sich ergebender Gewinn oder Überschuss (Erfolgstatbestand). Das Einkommensteuergesetz belastet die in § 2, §§ 13 ff. näher bestimmten Einkunftsarten grundsätzlich gleich. Soweit das Einkommensteuerrecht mehrere Einkunftsarten unterscheidet und daran auch unterschiedliche Rechtsfolgen knüpft, müssen diese ihre Rechtfertigung in besonderen sachlichen Gründen finden. Allein die systematische Unterscheidung durch den Gesetzgeber kann die Ungleichbehandlung in den Rechtsfolgen nicht rechtfertigen.

48Durch die streitbefangenen Kombinationsgeschäfte erzielt der Kläger indessen keine Einkünfte auf einer einheitlichen Erwerbs- und Handlungsgrundlage. Erwerbs- und Handlungsgrundlage der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S.d. § 23 EStG ist die Abwicklung von Veräußerungen innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach Erwerb des später veräußerten Wirtschaftsguts des Privatvermögens unter Nutzung von Wertänderungen. Erwerbs- und Handlungsgrundlage der Einkünfte aus Leistungen i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG ist demgegenüber die auf die Erzielung eines Überschusses ausgerichtete Leistung unter Nutzung einer marktbezogenen, nicht privaten Erwerbsgrundlage, sofern es sich nicht um Veräußerungsvorgänge oder veräußerungsähnliche Vorgänge im privaten Bereich handelt (vgl. dazu BVerfG-Beschluss vom 30.9.1998, a.a.O.). Bereits die negative Abgrenzung von Veräußerungsvorgängen oder veräußerungsähnlichen Vorgängen bei der Bestimmung der in Betracht kommenden Erwerbs- und Handlungsgrundlagen der Einkünfte aus Leistungen i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG zeigt, dass den Einkünften des Klägers aus Stillhaltergeschäften einerseits und seinen Einkünften aus der Veräußerung erworbener Optionen unterschiedliche Erwerbs- und Handlungsgrundlagen zu Grunde liegen. Allein der aus der Sicht des Klägers durch den Zweck der Risikobegrenzung vermittelte wirtschaftliche Zusammenhang reicht nicht aus, um die im Rahmen eines Kombinationsgeschäfts getätigten Grundgeschäfte der Einräumung einer Option und der Veräußerung einer erworbenen Option zu einem einheitlichen Besteuerungsgegenstand zu verschmelzen. Der sachliche Grund für die systematische Unterscheidung dieser Grundgeschäfte liegt vielmehr neben ihrer rechtlichen und wirtschaftlichen Selbstständigkeit als jeweils eigenständige Erwerbsquellen (vgl. dazu oben unter Tz. 4.2.) in der Verschiedenenartigkeit der zur Einkunfts-erzielung eingesetzten Erwerbsgrundlagen und deren unterschiedlicher Nutzung zur Überschusserzielung. Der zeitgleiche Abschluss der Eröffnungsgeschäfte der Optionseinräumung und des Optionserwerbs ist ebenso wie die gleichzeitige Schließung beider Geschäfte nicht geeignet, die Eigenständigkeit dieser verschiedenartigen Erwerbsquellen zu beseitigen.

49Handelt es sich demnach bei den im Rahmen des Kombinationsgeschäfts getätigten Grundgeschäften der Einräumung einer Option und der Veräußerung einer erworbenen Option lediglich um zwei sich ergänzende selbstständige Optionsgeschäfte mit unterschiedlichen Erwerbs- und Handlungsgrundlagen, so kann die daraus folgende jeweils eigenständige Ermittlung des steuerlichen Ergebnisses dieser Geschäfte im Rahmen der Einkünfte aus § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 und § 22 Nr. 3 EStG noch nicht zu der Annahme eines Verstoßes gegen die verfassungsrechtlichen Garantien der Belastungsgleichheit, der Folgerichtigkeit und der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit zwingen. Denn dadurch wird nicht der Verlust aus der Nutzung einer einheitlichen Erwerbsgrundlage als der Besteuerung zu unterwerfendes positives Einkommen behandelt. Die Zuordnung dieser unterschiedlichen wirtschaftlichen Betätigungen zu verschiedenen Einkunftsarten entspricht der folgerichtigen Ausprägung der Systematik der §§ 22 Nr. 3, 23 Abs. 1 EStG und der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung – auch zu der Fallgestaltung von Spread-Kombinationsgeschäften – in langjähriger Kontinuität vertretenen Auslegung (vgl. dazu BFH-Urteil vom 28.11.1990 X R 197/87, a.a.O., und die Rechtsprechungshinweise unter Tz. 3. und 4.1. der Gründe). Der Kläger hat diese Rechtslage schlicht bei der Gestaltung seiner Optionsgeschäfte verkannt. Der Kontinuität der Rechtsprechung kommt auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht große Bedeutung zu; denn sie dient der von Art. 20 Abs. 3 GG umfassten Rechtssicherheit (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 24.4.2012 IX B 154/10, BStBl II 2012, 454, unter Hinweis auf den Beschluss des Großen Senats vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751). Wollte man eine jahrelange kontinuierliche Rechtsprechung, die zur Grundlage der ständigen Verwaltungspraxis geworden ist, nach Auslaufen des Rechts wieder in Frage zu stellen, würde dies mit Blick auf viele rechtskräftig abgeschlossene Verfahren zu einer eklatant ungleichen steuerrechtlichen Behandlung führen (BFH-Beschluss vom 24.4.2012, a.a.O.).

50Dass die Verluste aus den Stillhaltergeschäften und die Gewinne aus den Veräußerungsgeschäften bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht verrechnet werden können, beruht letztlich auf der gesetzlichen Verlustausgleichsbeschränkung des § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG, deren Verfassungsmäßigkeit das BVerfG bereits mit den Beschluss vom 30.9.1998 2 BvR 1818/91, a.a.O., der Prüfung unterzogen hat. Dabei hat es lediglich den Ausschluss eines periodenübergreifenden Verlustabzugs innerhalb der Einkünfte aus Leistungen, nicht aber das Verbot der Verlustverrechnung mit anderen Einkünften (vertikaler Verlustabzug) beanstandet. Es hat vielmehr den Gesetzgeber grundsätzlich als befugt angesehen, die Unschärfe des § 22 Nr. 3 EStG typisierend durch eine Begrenzung der Verlustverrechnung auszugleichen. Daran anschließend hat auch der BFH mit Urteil vom 18. September 2007 IX R 42/05, BStBl II 2008, 26, verfassungsrechtliche Zweifel an dem Verbot des vertikalen Verlustabzugs in § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG vor dem Hintergrund der systematischen und strukturellen Verknüpfung der Verlustausgleichsbeschränkungen in § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG und in § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG und unter Hinweis auf sein zur Verfassungsmäßigkeit des § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG ergangenes Urteil vom 18.10.2006 IX R 28/05, BStBl II 2007, 259 verneint. Der erkennende Senat sieht keinen Anlass, von diesen Aussagen der höchstrichterlichen Rechtsprechung abzuweichen. Gründe, die es gebieten könnten, die Verfassungsmäßigkeit der Verlustausgleichsbeschränkung des § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG unabhängig von der – hier zu verneinenden – Konstellation einer einkünfteübergreifenden einheitlichen Erwerbs- und Handlungsgrundlage in Frage zustellen, haben auch die Kläger nicht vorgetragen.

51Soweit schließlich das BVerfG mit dem Beschluss vom 11.10.2010 2 BvR 1710/10, BFH/NV 2011, 180, rechtliche Zweifel an der getrennten Erfassung von Options- und Basisgeschäft nicht für völlig ausgeschlossen gehalten hat, ist die dieser Entscheidung zu Grunde liegende Frage des Verlustausgleichs zwischen Stillhalter- und Abschlussgeschäft im Streitfall ohne entscheidungserhebliche Bedeutung, da der Kläger die Stillhaltergeschäfte durch Glattstellung geschlossen hat und die hierfür gezahlten Prämien unbeschadet der Geltung der Trennungstheorie in dem angefochtenen Bescheid als Werbungskosten bei den Einkünften aus Leistungen abgezogen worden sind (vgl. dazu BFH-Urteil vom 29. Juni 2004 IX R 26/03, a.a.O. ; BMF-Schreiben vom 27.11.2001, a.a.O., Tz. 26). Der Verlust des Klägers aus Stillhaltergeschäften resultiert gerade aus der Berücksichtigung des Prämienaufwands für die Abschlussgeschäfte. Die Besonderheit des Streitfalles liegt demgegenüber darin, dass der Kläger zusätzlich zu den Stillhaltergeschäften weitere Einkünfte aus der Veräußerung erworbener Optionen erzielt hat, deren Verrechnung mit dem Verlust aus Stillhaltergeschäften er begehrt.

525. Die Revision wird – auch im Hinblick auf das bereits bei dem BFH gegen das Urteil des FG Köln vom 15.5.2011 10 K 493/09 anhängige Revisionsverfahren IX R 10/12, das ebenfalls die steuerliche Beurteilung sog. Kombinationsgeschäfte zum Gegenstand hat – wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

53Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Erblasser-Steuerschulden im Todesjahr sind Nachlassverbindlichkeiten

Erblasser-Steuerschulden im Todesjahr sind Nachlassverbindlichkeiten

Kernfrage

Schulden des Erblassers und andere Nachlassverbindlichkeiten sind im Rahmen der Erbschaftsteuer abzugsfähig und reduzieren somit die Bemessungsgrundlage der Erbschaftsteuer. Voraussetzung ist regelmäßig, dass die Verbindlichkeit im Zeitpunkt des Todes bereits entstanden war. Für etwaige Einkommensteuernachzahlungen des Todesjahres war dies bisher streitig, nachdem die Einkommensteuer als Jahressteuer erst mit dem Ablauf des Todesjahres und damit dem Todeszeitpunkt entsteht. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat diese Frage nunmehr zugunsten der Erben geklärt.

Sachverhalt

Die Erben mussten für das Todesjahr beider Eltern unter Berücksichtigung von den Eltern geleisteter Anzahlungen erhebliche Steuernachzahlungen für das Todesjahr entrichten. Die Erben zogen diese Nahzahlungen als Nachlassverbindlichkeiten bei der Erbschaftsteuer ab; das Finanzamt wollte dem aber nicht folgen.

Entscheidung

Der BFH urteilte, dass nicht nur Steuerverbindlichkeiten die zum Zeitpunkt des Erbfalls in der Person des Erblassers bereits rechtlich entstanden sind, als Nachlassverbindlichkeiten abgezogen werden können. Auch solche Steuerschulden, die der Erblasser in seiner Person durch Verwirklichung von Steuertatbeständen bereits begründet hat, sind abzugsfähig, selbst wenn sie erst nach dem Todeszeitpunkt entstehen. Dies, so die Richter, ergebe sich aus einer Angleichung an das Zivilrecht, wonach Nachlassverbindlichkeiten auch solche Verbindlichkeiten sind, die vom Erblasser herrühren. Allerdings muss der Erblasser selber noch den Steuertatbestand verwirklicht haben. Wird erst das Handeln der Erben steuererheblich, liegt keine Nachlassverbindlichkeit vor.

Konsequenz

Die Entscheidung hat erhebliche praktische Bedeutung. Insbesondere ist sie nicht auf den Anwendungsbereich Einkommensteuer beschränkt, sondern gilt für alle Steuerarten, in denen der Erblasser unterjährig den Steuertatbestand noch verwirklicht hat.

BFH äußert sich zur rückwirkenden Korrektur von Rechnungen

BFH äußert sich zur rückwirkenden Korrektur von Rechnungen

Kernaussage

Weist eine Rechnung formale Mängel auf, so berechtigt sie nicht zum Vorsteuerabzug. Dies gilt auch dann, wenn die zugrunde liegende Leistung unstreitig erbracht wurde. Vielen Unternehmern wird dieser Umstand in Betriebsprüfungen zum Verhängnis. Der Fiskus fordert dann die geltend gemachte Vorsteuer nebst 6 % Zinsen zurück.

Sachverhalt

Wird eine Rechnung später korrigiert, so entfaltet diese nach der bisherigen Rechtsauffassung im Hinblick auf den Vorsteuerabzug keine Rückwirkung. Der Vorsteuerabzug ist daher erst im Zeitpunkt der Korrektur möglich. Für den Unternehmer verbleibt ein Zinsschaden, der erhebliche Ausmaße annehmen kann. In 2010 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) allerdings in einem Verfahren aus Ungarn die rückwirkende Korrektur zugelassen. Im Gegensatz zur überwiegenden Literatur sieht die deutsche Finanzverwaltung keine Veranlassung aufgrund dieses Urteils ihre Haltung zu ändern. Eine höchstrichterliche Entscheidung steht noch aus.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof ( BFH) hat nun erstmalig zu dieser Thematik Stellung bezogen. Er hält eine Rückwirkung für möglich, sofern die ursprüngliche Rechnung gewissen Mindestanforderungen entspricht. Als solche bezeichnet der BFH Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt sowie zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer. Sind die Voraussetzungen für eine rückwirkende Korrektur gegeben, so wirkt diese auf den Zeitpunkt der erstmaligen Rechnungsstellung zurück, nicht jedoch auf den Zeitpunkt des Empfangs der abgerechneten Leistung.

Konsequenz

Der BFH hat den konkreten Rechtsstreit zunächst an die Vorinstanz zurückverwiesen, so dass eine endgültige höchstrichterliche Entscheidung weiterhin aussteht. Gegebenenfalls wird hier allerdings noch der EuGH das letzte Wort haben. In streitigen Fällen sollten die Veranlagungen offen gehalten werden. Setzt sich die Auffassung des BFH durch, so wäre zukünftig zwischen korrekten sowie mit und ohne Rückwirkung korrigierbaren Rechnungen zu unterscheiden. Für Betriebsprüfungen würde dies bedeuten, dass fehlerhafte Rechnungen, die die vom BFH aufgeführten Mindestanforderungen erfüllen, korrigiert werden können, ohne zusätzlich noch Zinsen an den Fiskus abzuführen. Für die tägliche Buchhaltungspraxis ergibt sich jedoch keine Entwarnung. Hier muss weiterhin genau darauf geachtet werden, dass die Eingangsrechnungen korrekt sind. U. a. schon weil nicht sicher ist, ob später eine Korrektur der Rechnung überhaupt noch möglich ist.

Sonderausgabenabzug für Vorsorgeaufwendungen an ausländische Sozialversicherungsträger

Aufteilung der an ausländische Sozialversicherungsträger geleisteten Globalbeiträge zur Berücksichtigung der Vorsorgeaufwendungen im Rahmen des Sonderausgabenabzugs für den Veranlagungszeitraum 2013

Bezug: BMF-Schreiben vom 5. Juli 2011 – IV C 3 – S 2221/09/10013:001, DOK 2011/0532821 – (BStBl I Seite 711) –1 und BMF-Schreiben vom 26. Januar 2012 – IV C 3 – S 2221/09/10013:001, DOK 2012/0061220 – (BStBl I Seite 169) –2

“Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder sind zur Ermittlung der steuerlich berücksichtigungsfähigen Vorsorgeaufwendungen die vom Steuerpflichtigen geleisteten einheitlichen Sozialversicherungsbeiträge (Globalbeiträge) staatenbezogen wie folgt aufzuteilen: […]“

Aufteilung der an ausländische Sozialversicherungsträger geleisteten Globalbeiträge zur Berücksichtigung der Vorsorgeaufwendungen im Rahmen des Sonderausgabenabzugs für den Veranlagungszeitraum 2013 (PDF, 43,1 KB)

BMF-Schreiben vom 29. Oktober 2012 – IV C 3 – S 2221/09/10013 :001 – Bundesfinanzministerium (BMF)

  1. Siehe “BMF-Schreiben vom 5. Juli 2011 – IV C 3 – S 2221/09/10013 :001 -“.
  2. Vgl. “BMF-Schreiben vom 26. Januar 2012 – IV C 3 – S 2221/09/10013 :001 -“.

POSTANSCHRIFT

Bundesministerium der Finanzen, 11016 Berlin

Nur per E-Mail Oberste Finanzbehörden der Länder nachrichtlich: Bundeszentralamt für Steuern – Referat St II 3 –

HAUSANSCHRIFT Wilhelmstraße 97, 10117 Berlin
TEL +49 (0) 30 18 682-0
E-MAIL poststelle@bmf.bund.de
DATUM 29. Oktober 2012
BETREFF Vorsorgeaufwendungen, Aufteilung eines einheitlichen Sozialversicherungsbeitrags (Globalbeitrag);
Anpassung der Aufteilungsmaßstäbe für den Veranlagungszeitraum 2013
BEZUG BMF-Schreiben vom 5. Juli 2011 – IV C 3 – S 2221/09/10013:001, DOK 2011/0532821 – (BStBl I Seite 711) – BMF-Schreiben vom 26. Januar 2012 – IV C 3 – S 2221/09/10013:001, DOK 2012/0061220 – (BStBl I Seite 169) –
GZ IV C 3 – S 2221/09/10013 :001
DOK 2012/0953221
(bei Antwort bitte GZ und DOK angeben)

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder sind zur Ermittlung der steu-erlich berücksichtigungsfähigen Vorsorgeaufwendungen die vom Steuerpflichtigen geleiste-ten einheitlichen Sozialversicherungsbeiträge (Globalbeiträge) staatenbezogen wie folgt auf-zuteilen: 1

1 Angaben in Prozent des vom Arbeitnehmer geleisteten Globalbeitrags.

 

Vorsorgeaufwen-dungen nach

Belgien

Irland

Lettland

Malta

Norwegen

§ 10 Absatz 1 Nummer 2 Buch-stabe a EStG

50,26 %

77,78 %

85,21 %

47,80 %

55,37 %

§ 10 Absatz 1 Nummer 3 Satz 1 Buchstabe a und b EStG (ohne Kran-kengeldanteil)

40,51 %

7,94 %

43,42 %

44,63 %

§ 10 Absatz 1 Nummer 3a EStG (Anteil vom Globalbeitrag für Krankengeld)

9,23 %

(1,54 %)

14,28 %

(2,38 %)

11,94 %

(6,50 %)

8,78 %

(1,46 %)

Gesamtaufwand

100,00 %

100,00 %

97,15 % (2,85 % sonstige nicht Abziehbare)

100,00 %

100,00 %

Für Höchstbetrags-berechnung gemäß § 10 Absatz 3 EStG anzusetzender Arbeitgeberanteil

95,25 %

82,64 %

186,61 %

47,80 %

100,09 %

 

Vorsorgeaufwen-dungen nach Portugal Spanien Verein. Königreich (GB) Zypern
§ 10 Absatz 1 Nummer 2 Buch-stabe a EStG

84,48 %

97,03 %

84,48 %

88,82 %

§ 10 Absatz 1 Nummer 3 Satz 1 Buchstabe a und b EStG (ohne Kran-kengeldanteil)

§ 10 Absatz 1 Nummer 3a EStG

(Anteil vom Globalbeitrag für Krankengeld)

15,52 %

(2,59 %)

2,97 %

(2,97 %)

15,52 %

(2,59 %)

11,18 %

 

(2,72 %)

Gesamtaufwand

100,00 %

100,00 %

100,00 %

100,00 %

Für Höchstbetrags-berechnung gemäß § 10 Absatz 3 EStG anzusetzender Arbeitgeberanteil

178,56 %

487,21 %

97,15 %

88,82 %

Anwendungsbeispiel:

Der ledige Arbeitnehmer A leistet für das Jahr 2013 in Belgien einen Globalbeitrag i. H. v. 1.000 Euro.

Lösung:

A kann an Vorsorgeaufwendungen geltend machen:

• Altersvorsorgeaufwendungen i. S. d. § 10 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a EStG i. H. v. 502,60 Euro (= 50,26 % von 1.000 Euro),
• Beiträge zur Basiskranken- und gesetzlichen Pflegeversicherung i. S. d. § 10 Absatz 1 Nummer 3 Satz 1 Buchstabe a und Buchstabe b EStG i. H. v. 405,10 Euro (= 40,51 % von 1.000 Euro),
• Beiträge für sonstige Vorsorgeaufwendungen i. S. d. § 10 Absatz 1 Num-mer 3a EStG i. H. v. 92,30 Euro (= 9,23 % von 1.000 Euro, darin enthalten 15,40 Euro = 1,54 % von 1.000 Euro für Krankengeld und 76,90 Euro = 7,69 % von 1.000 Euro für die weiteren sonstigen Vorsorgeaufwendungen).

Im Rahmen der Höchstbetragsberechnung gemäß § 10 Absatz 3 EStG ist ein Arbeit-geberanteil i. H. v. 952,50 Euro (= 95,25 % von 1.000 Euro) anzusetzen.

Eine entsprechende Aufteilung ist hinsichtlich der Altersvorsorgeaufwendungen auch bei der Ausstellung von Lohnsteuerbescheinigungen und Besonderen Lohnsteuerbescheinigungen durch den Arbeitgeber für das Kalenderjahr 2013 vorzunehmen (s. Abschnitt I Tz. 13 Buch-stabe a des BMF-Schreibens vom 4. September 2012, BStBl I Seite 912).

Die Tabellen sind für den Veranlagungszeitraum 2013 anzuwenden. Sie gelten für den gesamten Veranlagungszeitraum.

Die Aufteilung von Globalbeiträgen, die an Sozialversicherungsträger in Ländern außerhalb Europas geleistet werden, ist nach den Umständen des Einzelfalls vorzunehmen.

 

Vordruckmuster im Umsatzsteuer-Voranmeldungs- und -Vorauszahlungsverfahren für 2013

Muster der Vordrucke im Umsatzsteuer-Voranmeldungs- und -Vorauszahlungsverfahren für das Kalenderjahr 2013

“Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt Folgendes:

(1) Im Umsatzsteuer-Voranmeldungs- und -Vorauszahlungsverfahren werden für die Voranmeldungszeiträume ab Januar 2013 die beiliegenden Vordruckmuster eingeführt: […]“

BMF-Schreiben vom 30. Oktober 2012 (PDF, 30,4 KB)
USt 1 A – Umsatzsteuer-Voranmeldung 2013 (PDF, 193,3 KB)
USt 1 H – Antrag auf Dauerfristverlängerung und Anmeldung der Sondervorauszahlung 2013 (PDF, 160,9 KB)
USt 1 E – Anleitung zur Umsatzsteuer-Voranmeldung 2013 (PDF, 204,2 KB)

BMF-Schreiben vom 30. Oktober 2012 – IV D 3 – S 7344/12/10002 -Bundesfinanzministerium (BMF)

BdSt fordert Gesetzes-Initiative zur Abschaffung des Solidaritätszuschlags

Der Bund der Steuerzahler Deutschland e. V. (BdSt) fordert eine Entlastung der Steuerzahler durch die Abschaffung des Solidaritätszuschlags. Die kommende Steuerschätzung wird für das laufende und die zukünftigen vier Jahre Steuereinnahmen auf Rekordniveau prognostizieren. “Es ist an der Zeit, dass Bürger und Unternehmen endlich steuerlich entlastet werden”, fordert Reiner Holznagel, Präsident des BdSt.

Auch aufgrund der kalten Progression nimmt der Fiskus enorm viel Geld ein. Durch die Blockadehaltung der SPD scheint der Abbau der kalten Progression leider gescheitert zu sein. Deswegen muss statt dessen der Solidaritätszuschlags gestrichen werden. “Die Abschaffung oder zumindest der Abbau des Solis ist schnell und unkompliziert machbar. Denn die Einnahmen aus dem Soli stehen allein dem Bund zu, daher würde eine einfache Mehrheit im Parlament genügen”, so Holznagel.

Der BdSt macht deutlich, dass durch den Wegfall des Solidaritätszuschlags 2013 rund 14 Mrd. Euro bei den Steuerzahlern bleiben würden. Im Einzelfall könnte ein Steuerzahler mit einem monatlichen Bruttoeinkommen von 4.000 Euro je nach Steuerklasse von rund 370 Euro Entlastung im Jahr ausgehen. Weitere Beispiele finden Sie hier zum Download (Berechnungsbeispiele).

“Der Abbau des Solis wäre ein deutliches Signal der Bundesregierung, endlich ihre Versprechen nach steuerlichen Entlastung einzulösen. Zudem würde damit auch die Binnenkonjunktur in Deutschland gestärkt werden. Gerade bei abflauender Wirtschaftskraft ist eine entschlossene Politik gefragt. Im Bundestag haben CDU/CSU und FDP die Mehrheit, jetzt müssen sie handeln”, fordert Holznagel abschließend.

Hintergrund:

Das häufig angebrachte Argument, der Soli müsse bestehen bleiben, da er den Aufbau Ost finanziere, ist schlicht falsch, da kein Sachzusammenhang zwischen Solidaritätszuschlag und Solidarpakt II besteht. Der Soli wurde 1991 als Ergänzungsabgabe eingeführt. Der Zweck dieser Abgabe ist, dass sie zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs eingesetzt wird. Da die Einnahmen aus dem Soli aber in den allgemeinen Haushalt fließen, stehen sie nicht ausschließlich für Ausgaben des Solidarpakts zur Verfügung. Wird dennoch ein rechnerischer Vergleich angestellt, so werden kommendes Jahr 14 Mrd. Euro durch den Solidaritätszuschlag eingenommen, aber nur 6,5 Mrd. Euro an Solidarpaktmitteln ausgegeben. Die Soli-Einnahmen übertreffen also um rund 7,5 Mrd. Euro die Ausgaben für den Aufbau Ost. Diese Schere wird bis 2019 noch weiter auseinandergehen.

Hier finden Sie Audio-O-Töne von Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler
Bund der Steuerzahler Deutschland e. V. (BdSt)

Grüne fordern: Unternehmen sollen Steuerzahlungen offenlegen

International tätige Unternehmen sollen ihre Steuerzahlungen veröffentlichen müssen. Es sei für alle Bürger, die Zivilgesellschaft, Parlamente und Regierungen „von höchstem Interesse, Transparenz über die Steuerzahlungen von international tätigen Unternehmen zu erhalten“, heißt es in einem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag (BT-Drucks. 17/11075). Daher soll die Bundesregierung im Europäischen Rat die Richtlinienentwürfe der EU-Kommission zur Änderung der Transparenzrichtlinie und den Rechnungslegungsrichtlinien, die die Einführung eines Project-by-Project- und Country-by-Country-Reportings vorsehen, nicht weiter blockieren, sondern unterstützen. Project-by-Project-Reportings sind Offenlegungen auf Projektebene und Country-by-Country-Reportings Offenlegungen auf Länderebene.

In der Begründung schreibt die Fraktion, das Offenlegen der Zahlungsströme von multinationalen Unternehmen könne einen großen Beitrag zu mehr Transparenz und auch zu mehr Steuergerechtigkeit leisten. Steuervermeidungstrategien großer Unternehmen seien oft deshalb ein Problem, weil sie zu erheblichen Steuermindereinnahmen führen würden. Schätzungen von Wirtschaftswissenschaftlern hätten ergeben, dass bis zu 60 Milliarden Euro in Deutschland nicht versteuert würden. Das führe nicht nur zu geringeren Steuereinnahmen, sondern auch zu einer ungerechten Steuerlastverteilung zwischen den Unternehmen: “Während Großkonzerne und Großbanken ihre Steuerlast auf ein Minimum reduzieren können, zahlen einheimische mittelständische Unternehmen vor Ort alleine für die Infrastruktur, die dann von allen Unternehmen genutzt wird.”

Weiter heißt es in dem Antrag, auch Entwicklungsländer hätten Probleme mit den Steuervermeidungstrategien großer Unternehmen. Die Entwicklungsländer würden mehr Geld durch Steuerflucht verlieren, als sie im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit erhalten würden. Besonders betroffen seien Länder mit großen Rohstoffvorkommen.

Deutscher Bundestag

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin