Verjährung von Ansprüchen einer GbR gegen ausgeschiedenen Gesellschafter

Verjährung von Ansprüchen einer GbR gegen ausgeschiedenen Gesellschafter

Kernaussage
Der Anspruch der Gesellschaft gegen den ausgeschiedenen Gesellschafter im Rahmen der Verlustausgleichshaftung (§ 739 BGB) verjährt innerhalb von 3 Jahren (§ 195 BGB).

Sachverhalt
Die Parteien waren an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), deren Zweck die Führung einer Gaststätte war, je zur Hälfte beteiligt. Der Gesellschaftsvertrag sah unter anderem für den Fall der Kündigung durch einen Gesellschafter vor, dass das Gesellschaftsvermögen dem anderen Gesellschafter anwachsen solle. Zum 31.12.1994 betrachteten die Parteien ihr Gesellschaftsverhältnis als beendet, nachdem der Beklagte nicht mehr in der Gaststätte erschien. Die von den Parteien gemeinsam festgestellte Bilanz der GbR zum 31.12.1994 wies auf der Passivseite einen Betrag von rund 132.000 DM aus. Das negative Kapitalkonto des Beklagten betrug rund 40.000 EUR. Der Kläger führte bis zur Beendigung des Mietvertrages die Gaststätte als Einzelkaufmann weiter. Die Klage auf Ausgleich des negativen Kapitalkontos des Beklagten erhob der Kläger im Juli 2004. Das Landgericht gab der Klage statt. Das Oberlandesgericht wies die Klage ab, weil der geltend gemachte Nachschussanspruch nach den Vorschriften des HGB (§ 159) innerhalb von 5 Jahren seit der Auflösung der GbR verjährt sei.

Entscheidung
Der Bundesgerichtshof (BGH) gab wieder dem Kläger Recht. Gegenüber dem geltend gemachten Anspruch auf Ausgleich des Fehlbetrages griff die vom Beklagten erhobene Einrede der Verjährung nicht durch. Der Beklagte war durch konkludente Kündigung aus der Gesellschaft ausgeschieden; damit war das Gesellschaftsvermögen dem Kläger satzungsgemäß angewachsen. Im Fall einer Fortsetzungsklausel kann das Ausscheiden eines Gesellschafters zu einer Fehlbetragshaftung (§ 739 BGB) führen. Eine entsprechende Anwendung der Außenhaftung des ausscheidenden Gesellschafters bzw. der 5-jährigen Anspruchsverjährung (§§ 159, 160 HGB) kommt hingegen nicht in Betracht. Ein zeitlicher Gleichlauf von Innen- und Außenhaftung ist gesetzlich nicht vorgesehen und wegen der Unterschiedlichkeit auch nicht geboten. Für den geltend gemachten Anspruch ist daher die 3-jährige Verjährungsfrist nach dem BGB einschlägig (§ 195 BGB i. d. F. des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 1.1.2002; Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 EGBGB).

Konsequenz
Der BGH bestätigte seine Meinung und erteilte den Kritikern eine eindeutige Absage für die Annahme einer 5-jährigen Verjährungsfrist bei der Verlustausgleichshaftung. Ansprüche auf Ausgleich etwaiger Fehlbeträgen gegenüber dem ausscheidenden Gesellschafter sind daher frühzeitig geltend zu machen.

Telekom-Tarifvertrag gilt auch für ehemalige Postler

Telekom-Tarifvertrag gilt auch für ehemalige Postler

Kernfrage
Verweisen Arbeitsverträge auf Tarifverträge und kommt es während der Dauer des Arbeitsverhältnisses dazu, dass dieses vom ursprünglichen Arbeitgeber auf einen anderen Arbeitgeber übergeht, stellt sich regelmäßig die Frage, wie die ursprüngliche Verweisnorm zu verstehen ist. Möglich sind einfache Bezugnahmen, die in der Regel dazu führen, dass alte Tarifverträge erhalten bleiben, weil der neue Arbeitgeber Tarifnachfolger wird. Denkbar sind aber auch Wechsel im anwendbaren Tarifvertrag. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte nunmehr zur Auslegung solcher Bezugnahmeklauseln in einem Fall zu entscheiden, in dem der ursprüngliche Arbeitsvertrag 27 Jahre zuvor geschlossen worden war.

Sachverhalt
Der Kläger war seit 1980 bei der Deutschen Bundespost und später nach deren Privatisierung im Jahre 1995 bei der Telekom beschäftigt. Aufgrund einer Verweisung in seinem ursprünglichen Arbeitsvertrag fanden die Tarifverträge der Bundespost Anwendung, später wurden die Tarifverträge der Telekom auf das Arbeitsverhältnis angewendet. Schließlich ging das Arbeitsverhältnis des Klägers 2007 im Rahmen eines Teilbetriebsübergangs auf eine Tochtergesellschaft der Telekom über, die lediglich ihren Haustarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis anwandte. Mit seiner Klage begehrte der Kläger die Feststellung, dass der Tarifvertrag der Telekom im Zeitpunkt des Teilbetriebsübergangs auf ihn anzuwenden sei und bekam Recht.

Entscheidung
Nach Ansicht der Richter ergibt sich die Tatsache, dass die Tarifverträge der Telekom und nicht der (schlechtere) Haustarifvertrag der Tochtergesellschaft auf den Kläger anzuwenden sind, aus der Verweisklausel seines ursprünglichen Arbeitsvertrags mit der Bundespost. Diese erfasse im Wege der Vertragsauslegung auch die Tarifverträge der Telekom, weil sie im Rahmen der Privatisierung Tarifnachfolger der Bundespost geworden sei. Nicht mehr möglich sei es aber, die ursprüngliche Verweisungsklausel dahingehend auszulegen, dass auch Tarifverträge von Tochtergesellschaften zur Anwendung gelangten. Dies sei bei der Privatisierung gar nicht abzuschätzen gewesen. Im Übrigen sei es nicht möglich, die reine Verweisklausel in eine Tarifwechselklausel umzudeuten.

Konsequenz
Die Entscheidung zeigt die Bedeutung von Verweisklauseln in Arbeitsverträgen. Die Problematik ist offensichtlich nicht nur auf ehemalige Staatsbetriebe beschränkt. Vergleichbare Situationen der Tarifnachfolge können auch eintreten, wenn Unternehmen umgewandelt werden.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Aktivierung von Forderungen

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Aktivierung von Forderungen

Kernaussage
Gewinne sind in der Handels- und Steuerbilanz nur zu berücksichtigen, wenn sie am Abschlussstichtag realisiert sind. Danach sind Forderungen aus Lieferungen und Leistungen u. a. dann auszuweisen, wenn die für die Entstehung wesentlichen wirtschaftlichen Ursachen im abgelaufenen Geschäftsjahr gesetzt worden sind und der Kaufmann mit der künftigen rechtlichen Entstehung des Anspruchs fest rechnen kann.

Sachverhalt
Der Kläger, ein Versicherungsmakler, ermittelte seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. Mit einer Versicherungsgesellschaft hatte er einen Vertrag über Rückprämien bei günstigem Schadensverlauf abgeschlossen. Danach stand ihm für die von ihm vermittelten Kraftfahrzeug-Versicherungen ein Anspruch auf eine Prämie zu, wenn die Gesamtschadensquote 50 % nicht überschritt. Die Abrechnung und Auszahlung erfolgten jeweils im Folgejahr. Für das Streitjahr 2001 ergab sich eine Schadensquote von 43 %. Die Rückprämie wollte der Kläger erst im Folgejahr als Einnahme erfassen. Das beklagte Finanzamt aktivierte die Forderung aber bereits zum Stichtag des abgelaufenen Jahres. Die hiergegen gerichtete Klage blieb vor dem Finanzgericht erfolglos; der Bundesfinanzhof (BFH) bestätigte die Auffassung der Vorinstanz.

Entscheidung
Der BFH führt aus, dass es für die Gewinnrealisierung ohne Bedeutung ist, ob am Bilanzstichtag bereits eine Rechnung erteilt worden ist oder ob die geltend gemachten Ansprüche erst noch abgerechnet werden. Im Streitfall war die wesentliche wirtschaftliche Ursache für das Entstehen des Anspruchs des Klägers auf Rückprämie darin zu sehen, dass die Gesamtschadensquote von 50 % nicht überschritten wurde. Dass diese Bedingung eingetreten ist, steht objektiv zum Ablauf des Bilanzstichtages fest. In seinem Entschluss stützt sich der BFH auf ein bereits von ihm entschiedenes Urteil, in dem die Ansprüche der Inhaber von Urheberrechten gegen die GEMA bereits in demjenigen Wirtschaftsjahr zu aktivieren sind, in dem die Aufführung eines urheberrechtlich geschützten Werkes stattfindet.

Konsequenz
Die vertraglichen Regelungen geben im Streitfall bereits einen Hinweis auf das Vorliegen der objektiven Voraussetzungen am Bilanzstichtag und auf die Entstehung einer Forderung vor. Die Abrechnung im Folgejahr stellt lediglich eine subjektive Aufhellung dar.

Kein steuerbegünstigter Veräußerungsgewinn trotz „Praxisverkauf“

Kein steuerbegünstigter Veräußerungsgewinn trotz „Praxisverkauf“

Kernproblem
Veräußert ein Unternehmer seinen Betrieb, wird ein daraus entstehende Gewinn tarifbegünstigt besteuert, wenn alle wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang auf einen Erwerber übertragen werden und damit die gewerbliche oder freiberufliche Betätigung des Veräußerers endet.

Sachverhalt
Der Kläger ist Facharzt für Orthopädie und Inhaber einer angemieteten Praxisklinik mit voll ausgestatteten Operationsräumen. Seine Tätigkeit beschränkte sich auf die Durchführung von Kniegelenksoperationen. Er veräußerte die Praxis ohne das Inventar sowie seine Patientenkartei an einen Berufskollegen. Der Erwerber sollte auch in den bestehenden Mietvertrag für die Räume eintreten, was dieser aber ablehnte. Der Kläger eröffnete in der Nähe eine neue Privatpraxis, in der er sich schwerpunktmäßig der klassischen Orthopädie zuwandte. Operative Eingriffe in vermindertem Umfang führte der Kläger weiter in seinen alten Praxisräumen, deren Mietvertrag noch bestand, durch, da die neue Praxis selbst über keine Operationssäle verfügte. Das beklagte Finanzamt behandelte den Gewinn aus dem „Praxisverkauf“ als laufenden Gewinn mit der Begründung, der Kläger gehe weiterhin der gleichen freiberuflichen Tätigkeit nach und habe diese nicht in dem bisherigen örtlichen Wirkungskreis eingestellt.

Entscheidung
Das Finanzgericht (FG) Hamburg folgte der Ansicht des Finanzamtes. Die begünstigte Veräußerung einer Praxis setzt voraus, dass alle wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen auf den Erwerber übertragen werden. Hierzu zählen in erster Linie die Beziehungen des Praxisinhabers zu seinen bisherigen Patienten. Eine Übertragung ist nur dann gewährleistet, wenn der Veräußerer seine Tätigkeit in dem bisherigen örtlichen Wirkungsfeld wenigstens für eine gewisse Zeit aufgibt und somit nicht in Konkurrenz zu der übertragenen Praxis tritt. Der Kläger hingegen eröffnete seine neue Praxis in unmittelbarer Nähe zur bisherigen Tätigkeitsstätte. Zudem veränderte er sein bisheriges Tätigkeitsfeld nicht grundlegend. Nach Auffassung des FG stellt der Wechsel von der operativen hin zur klassischen Orthopädie jedenfalls keine wesensmäßig veränderte Tätigkeit dar. Dass der Kläger seine Patientenkartei veräußert hat, reicht für die Annahme einer tarifbegünstigten Besteuerung des Gewinns nicht aus.

Konsequenz
Eine tarifbegünstigte Betriebsveräußerung setzt nicht voraus, dass der Veräußerer im bisherigen räumlichen Wirkungsbereich jedwede unternehmerische oder freiberufliche Tätigkeit einstellt. Bei Aufnahme einer neuen Tätigkeit muss diese aber von der bisherigen wesensverschieden sein. Die Rechtsprechung hat wesensverschiedene Tätigkeiten bei Ärzten z. B. nicht angenommen in Fällen eines Wechsels von einer allgemeinmedizinischen Praxis in eine Praxis für Naturheilkunde oder von einer Tätigkeit als Zahnarzt in den Bereich der Kieferchirurgie.

„Whistleblowing“ kann von Meinungsfreiheit gedeckt sein

„Whistleblowing“ kann von Meinungsfreiheit gedeckt sein

Kernfrage
Als Whistleblowing im Arbeitsrecht bezeichnet man die Information über Missstände beim oder über den Arbeitgeber. (Anonymes) Whistleblowing kann beim Arbeitgeber im Rahmen interner Compliance gewollt sein; oftmals informieren Arbeitnehmer aber externe Dritte (zum Beispiel Behörden) unmittelbar. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte in einem Whistleblowing-Fall, über die Zulässigkeit einer deswegen ausgesprochenen Kündigung zu befinden, nachdem die deutschen Arbeitsgerichte und das Verfassungsgericht die Kündigung für rechtmäßig gehalten hatten.

Sachverhalt
Die Klägerin war mittelbar beim Land Berlin als Altenpflegerin beschäftigt und hatte bereits mehrfach über Missstände in der Qualität der Pflege (zu wenig Personal, unzureichende Betreuung) informiert, die auch durch eine Medizinische Begutachtung der Einrichtung bestätigt wurden. Nachdem die Missstände nicht abgestellt wurden, erstattete sie Ende 2004 Strafanzeige gegen ihren Arbeitgeber wegen Betrugs. Er täusche eine qualitativ hochwertige Versorgung vor und lasse sich diese bezahlen, erbringe diese Leistung aber tatsächlich nicht. Darauf kündigte der Arbeitgeber fristlos.

Entscheidung
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte stellte – gegen die Entscheidungen der deutschen Gerichte, die er aufgrund fehlender Kompetenz aber nicht aufheben kann – einen Verstoß gegen die Freiheit der Meinungsäußerung fest und verurteilte den deutschen Staat zur Zahlung einer Entschädigung. Die Kündigung, die einen Eingriff in dieses Grundrecht darstelle, sei nicht gerechtfertigt. Zwar hätten die Vorwürfe rufschädigenden Charakter; es überwiege aber das öffentliche Interesse an der Offenlegung der Missstände, insbesondere im Bereich der institutionellen Altenpflege. Erschwerend für den Arbeitgeber komme im Falle der Klägerin hinzu, dass diese im Vorfeld bereits erfolglos informiert habe und nicht leichtfertig falsche Tatsachen behauptet habe.

Konsequenz
Zwar hat die Entscheidung keine Auswirkungen mehr auf das deutsche Rechtsverfahren; sie dürfte aber Signalwirkung für das deutsche wie europäische Arbeitsrecht haben. In Zukunft wird man das Kündigungsinteresse des Arbeitgebers in Fällen des Whistleblowings regelmäßig an der Meinungsfreiheit des Arbeitnehmers sowie dem Grad der offen gelegten Missstände und den davon ausgehenden Gefahren zu messen haben.

Geltendmachung der Nichtigkeit von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung einer KG

Geltendmachung der Nichtigkeit von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung einer KG

Rechtslage

Besteht Streit über die Wirksamkeit von Beschlüssen der Gesellschafter, lassen sich hierzu gesetzliche Regelungen nur für die Aktiengesellschaft (§§ 241 ff AktG) finden. Nach ständiger Rechtsprechung sind diese Anfechtungs- und Nichtigkeitsvorschriften bei der GmbH entsprechend anwendbar. Die Klage ist daher gegen die Gesellschaft zu richten; die Anfechtungsfrist von einem Monat (§ 246 Abs. 1 AktG) stellt hingegen nur ein Leitbild dar. Bei den Personengesellschaften ist die Klage grundsätzlich gegen die Mitgesellschafter zu richten. Im Gesellschaftsvertrag können jedoch Regelungen über die Anfechtung von Beschlüssen enthalten sein, die auf ihren Regelungsgehalt zu überprüfen sind.

Sachverhalt

Die Klägerin und eine Beklagte sind Kommanditisten zweier GmbH & Co. KGs und zugleich an deren persönlich haftender Gesellschafterin – der (weiteren) beklagten GmbH – beteiligt. Auf einer gemeinsamen Gesellschafterversammlung der Kommanditgesellschaften und der beklagten GmbH wurden mit den Stimmen der beklagten Kommanditistin jeweils der Ausschluss der Klägerin aus den Kommanditgesellschaften und die Einziehung ihres Geschäftsanteils an der beklagten GmbH beschlossen. In den Gesellschaftsverträgen der Kommanditgesellschaften hieß es unter anderem jeweils: „Ein Gesellschafterbeschluss kann nur innerhalb von 2 Monaten durch Klage angefochten werden…“. Die Klägerin erhob gegen die Beklagten Klage und beantragte die Feststellung der Nichtigkeit der Beschlüsse nichtig.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof (BGH) wies die Klage an das Berufungsgericht zurück. Im Rahmen der Zulässigkeit der Klage hinsichtlich der Beschlüsse der KGs ist nun zu prüfen, ob die Mitgesellschafterinnen die richtigen Klagegegner sind. Die Nichtigkeit von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung einer KG wird grundsätzlich durch Feststellungsklage gegen die Mitgesellschafter geltend gemacht. Abweichend kann der Gesellschaftsvertrag bestimmen, dass der Streit mit der Gesellschaft auszutragen ist. Die Übernahme des kapitalgesellschaftsrechtlichen Klagesystems auf Personengesellschaften hängt von der Auslegung des Gesellschaftsvertrags im Einzelfall ab. Der Wortlaut der Regelung im Gesellschaftsvertrag führt nach Ansicht des BGH zu keinem eindeutigen Ergebnis. Die Vereinbarung einer Anfechtungsfrist weist auf die Übernahme des kapitalgesellschaftsrechtlichen Systems auch hinsichtlich der Gesellschaft als Klagegegner hin. Allein die Verwendung des Worts „Anfechten“ zwingt aber nicht zu dieser Auslegung. Das Berufungsgericht hat daher weitere Feststellungen zu treffen.

Konsequenz

Wegen der geringen Gesellschafterzahl neigte der BGH im vorliegenden Rechtsstreit dazu, dass die Klage gerade nicht gegen die Gesellschaft gerichtet werden sollte. Ist dies dennoch gewollt, müssen eindeutige Regelungen im Gesellschaftsvertrag getroffen werden.

Betriebsteilverlagerung ins grenznahe Ausland ist keine Betriebsstilllegung

Betriebsteilverlagerung ins grenznahe Ausland ist keine Betriebsstilllegung

Kernfrage

Wird ein Betrieb stillgelegt, sind betriebsbedingte Kündigungen zulässig. Wird dagegen „nur“ eine Betriebsstätte verlegt, ist zu prüfen, ob nicht ein Betriebsübergang vorliegt, der Kündigungen wegen des Betriebsübergangs unzulässig macht. Diese Grundsätze des deutschen Rechts gelten auch bei grenzüberschreitenden Sachverhalten. So hatte das Bundesarbeitsgericht jetzt darüber zu entscheiden, ob die Verlagerung einer Betriebsstätte aus Deutschland in die Schweiz zur Betriebsstilllegung (in Deutschland) oder zu einem Betriebsübergang (in die Schweiz) führt.

Sachverhalt

Der Arbeitgeber war eine in Grenznähe zur Schweiz ansässige Konzerntochter, deren Mutter auch in der Schweiz Unternehmen hat. Zum 1.1.2009 wurde ein Betriebsteil in Deutschland eingestellt und in die Schweiz verlegt; konkret wurden die wesentlichen materiellen und immateriellen Produktionsmittel zu einem weniger als 60 Kilometer entfernten neuen Standort in der Schweiz gebracht. Dem Kläger gegenüber wurden vom deutschen Arbeitgeber 2 Kündigungen seines nach deutschem Recht bestimmten Arbeitsverhältnisses wegen Betriebsstilllegung ausgesprochen. Das Angebot eines neuen Arbeitsvertrages mit dem Schweizer Unternehmen lehnte er ab. Gegen die Kündigung wehrte sich der Arbeitnehmer mit dem Einwand, es liege ein Betriebsübergang vor, der die Kündigung unwirksam mache.

Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) gab dem Kläger Recht. Wenn für einen Arbeitsvertrag deutsches Recht maßgeblich sei, so sei die Frage, ob ein Betriebsübergang vorliege, nach deutschem Recht zu beurteilen. Dies gelte auch, wenn ein Betriebsteil wie im konkreten Fall ins – jedenfalls grenznahe – Ausland verlagert werde. Hier komme es zu einem nach deutschem Recht zu beurteilenden Betriebsübergang, der eine Rechtfertigung der ausgesprochenen Kündigungen durch dringende betriebliche Gründe ausschließe. Eine Berufung auf eine Betriebsstilllegung sei ausgeschlossen, da der Betriebsteil auf das ausländische Unternehmen übertragen worden sei.

Konsequenz

Der Entscheidung ist zuzustimmen. Die Frage, welche Ansprüche gegen das übernehmende ausländische Unternehmen bestehen und ob sich auch diese nach deutschem Recht richten können, hat das Bundesarbeitsgericht allerdings nicht entschieden. Festzuhalten bleibt, dass die deutschen Betriebsübergangsregelungen jedenfalls nicht an der Grenze Halt machen. Dies gilt zumindest für einen grenznahen Bereich.

Wie entnimmt man ein Kfz?

Wie entnimmt man ein Kfz?

Rechtslage

Die Entnahme von Kfz, die zum Unternehmensvermögen gehören, unterliegt nicht der Umsatzsteuer, sofern ihre Anschaffung nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte. Der Verkauf solcher Kfz ist hingegen umsatzsteuerpflichtig. Um die Entstehung der Umsatzsteuer zu verhindern, wird daher in der Praxis geraten, zunächst das Kfz zu entnehmen und später privat zu verkaufen. Doch dies ist in der Praxis nicht so einfach. Gelingt der Nachweis der Entnahme nicht, so wird der Verkaufspreis der Umsatzsteuer unterworfen.

Sachverhalt

Der Kläger hatte einen Pkw in sein Unternehmensvermögen eingelegt. Ein Vorsteuerabzug stand ihm aufgrund der Einlage nicht zu. Später kaufte er einen neuen Pkw und gab den bisher genutzten hierzu in Zahlung. Den Verkauf seines alten Pkw unterwarf der Kläger nicht der Umsatzsteuer. Zur Begründung verwies er darauf, dass er am Tag des Erwerbs des neuen Pkw den alten ohne Umsatzsteuer aus seinem Unternehmensvermögen entnommen habe. Das beklagte Finanzamt vertrat hingegen die Auffassung, dass der alte Pkw der Finanzierung des Neuerwerbs gedient habe und damit unternehmerischen Zwecken. Von einer Entnahme sei daher nicht auszugehen, sondern es handele sich um einen steuerpflichtigen Verkauf.

Entscheidung

Das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg folgt zwar der Auffassung des Klägers, dass eine etwaige Entnahme nicht zu besteuern sei, allerdings sieht es keine objektiven Anhaltspunkte, dass eine solche stattgefunden hat. Der Hinweis in der Rechnung „steuerfreier Umsatz“ bzw. die ausdrückliche Erklärung des Unternehmers, den Umsatz nicht versteuern zu wollen, reicht hierfür nicht aus.

Konsequenz

Weder das vorliegende Urteil noch die hierzu herangezogenen Entscheidungen klären leider, wie eine Entnahme nachgewiesen werden kann. Gemeinsam ist allerdings allen Urteilen, dass eine Entnahme verneint wird, wenn diese am selben Tag wie die Veräußerung erfolgt. Ein gewisser Abstand zwischen Entnahme und Veräußerung schadet daher nicht. Unabhängig hiervon sollten Unternehmer, die beabsichtigen, ein Kfz vor der Veräußerung zu entnehmen, um der Umsatzsteuer zu entgehen, die Entnahme gegenüber dem Finanzamt offen legen.

Bundeskabinett beschließt verschärfte Regeln im Kampf gegen Geldwäsche

Bundeskabinett beschließt verschärfte Regeln im Kampf gegen Geldwäsche

Kernaussage

Der neue und sehr umfangreiche Maßnahmenkatalog des Gesetzesentwurfs zur „Optimierung der Geldwäscheprävention“ soll die vorhandenen Defizite bei der Bekämpfung von Geldwäsche beseitigen. Die Bundesregierung reagiert damit auf die im Deutschland-Bericht der FATF (Financial Action Task Force on Money Laundering) vom 19.2.2010 geäußerte Kritik. Der Gesetzgeber passt das deutsche Recht an die internationalen Standards der Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierungsprävention an und bekennt sich auch weiterhin als eines der Gründungsmitglieder der FATF zur nationalen Umsetzung der Empfehlungen des Gremiums.

Hintergrund und Inhalt

Die zügige Beseitigung der festgestellten Defizite der vorhandenen geldwäscherechtlichen Regelungen erschien notwendig, um effektivere Abwehrmaßnahmen im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ergreifen zu können. Bereits zuvor sind mit dem Gesetz zur Umsetzung der Zweiten E-Geld-Richtlinie die aufsichtsrechtlichen Maßnahmen gegen Geldwäsche auf dem Finanzsektor geschärft und der Vortatenkatalog der strafbewehrten Geldwäsche durch das Schwarzgeldbekämpfungsgesetz ausgebaut worden. Daran knüpft der Entwurf an. Er sieht u. a. die Vervollständigung und Konkretisierung der Sorgfaltspflichten für den Nichtfinanzsektor (Industrie) sowie die freien Berufe vor, insbesondere Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater. Diesen Verpflichteten wird zukünftig bei Fällen, die einen zweifelhaften oder ungewöhnlichen Charakter haben, eine besondere Überwachungspflicht auferlegt. Auch soll der „Geldwäschebeauftragte“, der durch das Geldwäschebekämpfungsergänzungsgesetz weggefallen ist, eine Renaissance erfahren, wobei die zuständigen Behörden, z. B. die Bundessteuerberaterkammer ermächtigt werden sollen, kleine Betriebe von der Bestellungspflicht ausnehmen zu können. Des Weiteren sollen die Aufsichts- und Prüfungsrechte der Behörden verbessert, die Meldepflichten erweitert und die bestehenden Sanktionen bei Verstößen gegen das Geldwäschegesetz durch Angleichung des Verschuldensmaßstabs und der Bußgeldhöhe angepasst werden. Das Maßnahmenpaket wird durch die Einrichtung eines „Forums für Geldwäscheprävention und Verhinderung der Terrorismusfinanzierung“ als untergesetzliches Instrument flankiert, welche als Knotenpunkt den unverzichtbaren Austausch zwischen allen beteiligten Ressorts gewährleisten soll.

Fazit

Die geplanten Änderungen sind ein weiterer Schritt auf dem Weg, den Wirtschaftsstandort Deutschland sicherer gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu machen. Es ist grundsätzlich zu begrüßen, dass nicht nur die Finanzinstitute, sondern auch andere Gewerbetreibende in die Pflicht genommen werden. Ob das Gesetz den gewünschten Erfolg bringt und in der praktischen Umsetzung aufgrund des erhöhten Bürokratieaufwands alltagstauglich sein wird, bleibt abzuwarten. Das Gesetz soll bis zum Jahresende 2011 in Kraft treten.

Keine Gemeinnützigkeit bei politischer Betätigung

Keine Gemeinnützigkeit bei politischer Betätigung

Kernproblem

Ein Verein ist als gemeinnützig anzuerkennen, wenn er nach seiner Satzung und nach seiner tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken dient. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Fraglich ist, ob die Ausschließlichkeit gegeben ist, wenn man sich auch zu tagespolitischen Themen im Rahmen des Satzungszwecks äußert. So ist es nicht unüblich, dass die begünstigte Tätigkeit mit einer gewissen politischen Zielsetzung verbunden ist.

Sachverhalt

Satzungsmäßige Aufgabe des klagenden Vereins ist die Förderung der Kultur bspw. durch Bildungsangebote, Diskussions- und Kulturveranstaltungen sowie Informationsstände. Daneben äußerte der Geschäftsführer auf der Homepage seine Meinung zu Fragen der Politik. Er legte kurz vor einer Wahl den Seitenbesuchern eine bestimmte Partei ans Herz. Das beklagte Finanzamt lehnte den Antrag des Klägers auf Anerkennung als gemeinnützigen Zwecken dienende Körperschaft ab und erließ einen auf 0 EUR lautenden Körperschaftsteuerbescheid. Die Klage des Vereins blieb erfolglos.

Entscheidung

Sowohl das Finanzgericht als auch der Bundesfinanzhof (BFH) haben den Verein nicht als gemeinnützig anerkannt. Die geäußerten politischen Forderungen haben mit dem Satzungszweck der Förderung der Kultur nichts zu tun; mit ihnen wird ein weiterer eigenständiger Zweck verfolgt, der nicht in der Satzung aufgenommen worden war. Insoweit erübrigt sich die Frage, ob die Verfolgung politischer Ziele ein gemeinnütziger Zweck sein kann.

Konsequenzen

Das Urteil zeigt wieder einmal, dass im Rahmen der Gemeinnützigkeit enge formelle Voraussetzungen zu erfüllen sind. Dankeswerterweise haben die Richter auch festgehalten, dass eine gelegentliche Stellungnahme zur tagespolitischen Themen im Rahmen des Satzungszwecks nicht gemeinnützigkeitsschädlich ist. Die Tagespolitik darf aber nicht zum Mittelpunkt der Tätigkeit der gemeinnützigen Organisation werden.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin