Kein Vorsteuerabzug für Betriebsausflüge

Kein Vorsteuerabzug für Betriebsausflüge

Einführung

Bei Betriebsausflügen existiert eine Freigrenze von 110 EUR je Arbeitnehmer, bis zu der eine private Mitveranlassung des Ausfluges verneint wird. Übersteigen die Aufwendungen diese Freigrenze, so wird eine private Mitveranlassung unterstellt. Diese beeinträchtigt zwar bisher nicht den Vorsteuerabzug, hat aber die Versteuerung einer Entnahme zur Folge.

Neues Urteil

Der BFH kommt nun zu dem Ergebnis, dass die Entnahme für private unternehmensfremde Zwecke dem Leistungsbezug für das Unternehmen und damit dem Vorsteuerabzug entgegensteht. Dass der Betriebsausflug mittelbar dazu dient, das Betriebsklima zu verbessern, ist insofern ohne Bedeutung.

Konsequenz

Das Urteil des BFH ist eins von 3 Grundsatzurteilen des BFH, die zeitgleich veröffentlicht wurden. Der BFH hat hiermit seine bisherige Rechtsprechung grundlegend geändert. Wer schon bei Leistungsbezug beabsichtigt, die bezogene Leistung nicht für seine wirtschaftliche Tätigkeit zu nutzen, sondern für eine unentgeltliche Entnahme, dem steht der Vorsteuerabzug nunmehr nicht mehr zu. Im Gegenzug entfällt dann aber auch umsatzsteuerlich die Erfassung einer Entnahme. Dies ist in der Finanzbuchhaltung zu beachten. Für Betriebsausflüge bedeutet dies, dass mit Überschreiten der Freigrenze i. H. v. 110 EUR regelmäßig kein Vorsteuerabzug möglich ist. Einen zum Vorsteuerabzug berechtigenden Zusammenhang zwischen einer Betriebsveranstaltung und der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens sieht der BFH nur in Ausnahmefällen. Als Beispiel führt er hier den Vorsteuerabzug aus den Kosten der Übernachtung und Verpflegung bei Schulungen an, die an einem Wochenende durchgeführt werden. Aufgrund des zeitgleichen Entfallens der Entnahme ergibt sich durch die Versagung des Vorsteuerabzugs jedoch materiell kein Nachteil. Sofern steuerfreie Eingangsleistungen bezogen werden, kann sich die geänderte Rechtsprechung sogar vorteilhaft auswirken. Der Vorsteuerabzug aus Aufmerksamkeiten ist von der Rechtsprechungsänderung nicht betroffen. Er richtet sich unverändert nach dem Umfang des Vorsteuerabzuges, der dem Unternehmen aufgrund seiner wirtschaftlichen Tätigkeit zusteht.

Einmal Currywurst, aber bitte mit 7 %

Einmal Currywurst, aber bitte mit 7 %

Einführung

Die Lieferung von Nahrungsmitteln unterliegt dem ermäßigten Steuersatz, Dienstleistungen in Verbindung hiermit hingegen nicht. Dieser einfach anmutende Grundsatz führt in der Praxis zu massiven Abgrenzungsschwierigkeiten. Diese enden regelmäßig vor den Finanzgerichten. Nunmehr hat der EuGH hierzu Stellung bezogen, nachdem der BFH ihm 4 Verfahren diesbezüglich vorgelegt hatte.

Neues Urteil

Der EuGH trifft folgende grundsätzliche Feststellungen: – Als begünstigte Nahrungsmittel kommen auch durch Kochen, Backen o. ä. zubereitete Speisen und Mahlzeiten in Betracht, die zum sofortigen Verzehr geeignet sind. – Hinsichtlich der Frage, ob die Abgabe dieser Speisen als Lieferung oder Dienstleistung anzusehen ist, ist regelmäßig davon auszugehen, dass eine einheitliche Leistung vorliegt. Die Leistung eines Partyservices kann daher z. B. nicht künstlich in eine begünstigte Lieferung von Nahrungsmitteln und in nicht begünstigte Serviceleistungen aufgespalten werden. – Die Darreichung von Speisen an Imbissständen stellt eine begünstigte Lieferung von Speisen dar, sofern die Zubereitung in einfacher standardisierter Form erfolgt. Die Bereitstellung behelfsmäßiger Verzehrvorrichtungen (Verzehrtheken ohne Sitzgelegenheit) steht dieser Qualifikation nicht im Wege. – Die Bereitstellung von Sitzgelegenheiten in Kinos führt alleine nicht dazu, dass z. B. der Verkauf von Popcorn nunmehr als nicht begünstigte Dienstleistung einzustufen ist. Zur Begründung verweist der EuGH darauf, dass die Bestuhlung in Kinos unabhängig vom Erwerb der Speisen zur Verfügung gestellt werde. – Leistungen eines Partyservices unterliegen in der Regel dem vollen Steuersatz, da hier das Dienstleistungselement überwiegt. Der begünstigte Steuersatz kann hier nur zur Anwendung kommen, wenn lediglich Standardspeisen ohne zusätzliche Dienstleistungselemente geliefert werden.

Konsequenz

Das Urteil des EuGH ist erfreulich klar. Gerade für Imbissbuden und Partyservices sollte im Normalfall nun geklärt sein, welcher Steuersatz anzuwenden ist. Allerdings wird es unverändert zahlreiche Grenzfälle geben, aus denen übereifrige Betriebsprüfer Profit schlagen werden wollen. Auch wenn das Urteil des EuGH hier noch über die aufgeführten Grundsätze hinaus zahlreiche weitere Hinweise zur steuerlichen Einordnung gibt, wäre eine Vereinfachung der gesetzlichen Vorgaben wünschenswert.

Bauträger als Steuerschuldner

Bauträger als Steuerschuldner

Einführung

Bauunternehmen sind regelmäßig verpflichtet, die Umsatzsteuer aus Bauleistungen, die sie von Subunternehmern empfangen, einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen (Umkehr der Steuerschuldnerschaft). Ob auch Bauträger hiervon betroffen sind, hängt davon ab, ob sie als Bauleister zu qualifizieren sind. Die Verwaltungsanweisungen zu dieser Fragestellung waren allerdings so widersprüchlich, dass sie die Praxis eher verunsicherten, statt zu einer Klärung beizutragen.

Neue Verwaltungsanweisung

Das BMF differenziert wie folgt: Führt der Bauträger ausschließlich Grundstückslieferungen i. S. d. UStG durch, so wird er nicht zum Steuerschuldner für die von ihm bezogenen Leistungen. Sind hingegen mindestens 10 % der Umsätze als Werklieferungen zu qualifizieren, so muss der Bauträger die Umsatzsteuer einbehalten und abführen. Werklieferungen liegen immer dann vor, wenn der Kunde bei Vertragsabschluss noch Einfluss auf die Gestaltung des Objektes nehmen kann.

Konsequenz

Das Schreiben bekräftigt nochmals die bisherige Verwaltungsauffassung. Das BMF sieht daher auch keine Veranlassung, eine weitere Übergangsregelung zu gewähren. Für Umsätze, die vor dem 1.1.2011 ausgeführt worden sind, können Rechnungskorrekturen jedoch unterbleiben, sofern eine zutreffende Besteuerung gewährleistet ist. Die dargestellten Grundsätze gelten unabhängig davon, ob die eigenen Umsätze des Bauträgers steuerpflichtig oder steuerbefreit sind. Im Zweifel sollten Bauträger die Umsatzsteuer einbehalten und an ihr Finanzamt abführen, um dem Risiko einer späteren Nacherhebung zu entgehen. Zu beachten ist, dass die aufgeführten Grundsätze nur die Leistungen von im Inland ansässigen Subunternehmern betreffen. Werden Subunternehmer für den Bauträger tätig, die nicht im Inland ansässig sind, so geht die Steuerschuldnerschaft grundsätzlich auf den Bauträger über.

Juristische Personen des öffentlichen Rechts als Unternehmer

Juristische Personen des öffentlichen Rechts als Unternehmer

Einführung

Juristische Personen des öffentlichen Rechts (JPdöR) sind nach dem UStG nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art unternehmerisch tätig. Hierzu zählt nicht die Vermögensverwaltung. Der BFH hat nun unter Berufung auf den EuGH festgestellt, dass diese Regelung nicht den Vorgaben der MwStSystRL entspricht. Demnach kann auch die Vermögensverwaltung (z. B. Vermietung) unternehmerisch sein.

Neue Verwaltungsanweisung

Die OFD Niedersachsen weist darauf hin, dass derzeit noch geprüft wird, wie die genannte Rechtsprechung umzusetzen ist. Die Urteile werden daher noch nicht amtlich veröffentlicht und damit allgemein angewendet. Allerdings soll es nicht beanstandet werden, wenn sich JPdöR auf die neue Rechtsprechung berufen.

Konsequenz

JPdöR müssen prüfen, ob sie von der neuen Rechtsprechung profitieren können. Dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn weitere Tätigkeiten in den unternehmerischen Bereich einbezogen werden können, die einen hohen Vorsteuerabzug ermöglichen, z. B. aufgrund geplanter Investitionen. JPdöR, die hiervon Gebrauch machen wollen, müssen jedoch beachten, dass dann ihre gesamten Umsätze nach der geänderten Rechtsprechung beurteilt werden. Rosinenpickerei ist daher nicht möglich.

Gewerbesteuerliche Abzugsfähigkeit von Vorbereitungsaufwendungen

Gewerbesteuerliche Abzugsfähigkeit von Vorbereitungsaufwendungen

Kernproblem

Dem Ziel des Gesetzgebers, eine rechtsformneutrale Besteuerung zu gewährleisten, stehen unzählige Vorschriften des deutschen Steuerrechts entgegen. So u. a. auch bei der Bestimmung von Beginn und Ende der Gewerbesteuerpflicht: Bei natürlichen Personen und Personengesellschaften beginnt die Gewerbesteuerpflicht, sobald der Unternehmer am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt, und endet, wenn diese wirtschaftliche Betätigung beendet wird. Dies ist zum einen nachteilig für den Steuerpflichtigen, da Aufwendungen für Vorbereitungshandlungen vor der eigentlichen Betriebseröffnung steuerlich nicht abzugsfähig sind. Vorteilhaft ist es allerdings insoweit, als dass Veräußerungs- und Aufgabegewinne nicht der Gewerbesteuer unterliegen. Kapitalgesellschaften sind hingegen solange gewerbesteuerpflichtig, wie sie rechtlich existent sind, so dass zwar zum einen Aufwendungen für Vorbereitungshandlungen steuerlich berücksichtigungsfähig sind, andererseits aber ein Veräußerungs- oder Aufgabegewinn gewerbesteuerpflichtig ist. Personengesellschaften, an denen Kapitalgesellschaften beteiligt sind, nehmen insoweit eine Sonderstellung ein. Seit einer Gesetzesänderung in 2002 stellt das Gewerbesteuergesetz diese hinsichtlich der Gewerbesteuerpflicht von Veräußerungs- und Aufgabegewinnen den Kapitalgesellschaften gleich. Unklar ist bislang, ob dies auch eine Gleichbehandlung bei der Berücksichtigung von Vorbereitungsaufwendungen gebietet. Einer KG, an der ausschließlich Kapitalgesellschaften als Komplementäre und Kommanditisten beteiligt waren, wurde vom Finanzamt jedenfalls der Abzug von Vorbereitungsaufwendungen untersagt. Hiergegen klagte die KG und obsiegte in erster Instanz beim FG Berlin-Brandenburg.

Entscheidung des FG Berlin-Brandenburg

Das FG Berlin-Brandenburg gab der Klage der KG statt. § 7 Satz 2 GewStG, der eine Gewerbesteuerpflicht von Veräußerungs- und Aufgabegewinnen von Personengesellschaften vorsieht, sofern keine natürliche Personen beteiligt sind, gebiete auch eine Gleichbehandlung bei der steuerlichen Berücksichtigung von Vorbereitungsaufwendungen. Anderenfalls läge eine Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Gebot der Folgerichtigkeit vor. Nach Auffassung des Gerichts erscheine es nämlich nicht folgerichtig, wenn Personengesellschaften, an denen nur Kapitalgesellschaften beteiligt sind, zwar im Rahmen der Liquidation bzw. Veräußerung, nicht jedoch im Rahmen des Betriebsausgabenabzugs in der Phase der Betriebsaufnahme wie Kapitalgesellschaften behandelt werden.

Konsequenz

Personengesellschaften, an denen Kapitalgesellschaften beteiligt sind und denen in der Gründungsphase entsprechende Vorbereitungsaufwendungen entstanden sind, sollten sich auf das Urteil des FG berufen, wenn das Finanzamt den Abzug der Aufwendungen nicht zulässt. Die letztendliche Klärung der Rechtsfrage wird indes erst das beim BFH anhängige Revisionsverfahren bringen.

Grunderwerbsteuer bei mittelbarer Anteilsvereinigung

Grunderwerbsteuer bei mittelbarer Anteilsvereinigung

Kernproblem

Die unmittelbare oder mittelbare Vereinigung von mindestens 95 % (vor 1.1.2000: 100 %) der Anteile an einer Gesellschaft in der Hand eines Erwerbers unterliegt der Grunderwerbsteuer (GrESt), sofern die Gesellschaft über ein inländisches Grundstück verfügt (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG). Gegenstand der Besteuerung ist dabei nicht der Erwerb der Anteile an der Grundstücksgesellschaft selbst, sondern die durch ihn begründete eigenständige Zuordnung der der Gesellschaft gehörenden Grundstücke. Werden die Anteile mehrfach hintereinander in der Hand verschiedener Erwerber vereinigt, so unterliegt jeder Vorgang grundsätzlich der GrESt. In der Literatur wurde aber bislang zuweilen die Auffassung vertreten, dass mehrere steuerbare Anteilsgeschäfte kraft wirtschaftlicher Betrachtung oder der Grundsätze zum sog. einheitlichen Leistungsgegenstand zu einem einzigen Erwerbsvorgang verbunden werden können und somit nur einmal GrESt auslösen.

Sachverhalt

Die B-KG hielt 100 % der Kommanditanteile an der L-KG, welche wiederum 100 % der Kommanditanteile an der grundstücksbesitzenden LS-KG innehatte. Mit Vertrag vom 14.10.1999 wurde der 100 %ige Kommanditanteil an der L-KG mit Wirkung zum 30.9.1999 an den K veräußert. Mit Vertrag vom 18.10.1999 wurde sodann der 100 %ige Kommanditanteil an der LS-KG (ebenfalls) mit Wirkung zum 30.9.1999 an die M-Holding veräußert. Der Vertrag vom 14.10.1999 stellte zwar auch nach Auffassung der Klägerin (K) eine grundsätzlich grunderwerbsteuerpflichtige Anteilsvereinigung dar. Allerdings vertrat sie die Auffassung, dass die beiden Verträge wegen des sachlichen und zeitlichen Zusammenhangs ein einheitliches Vertragswerks darstellen, das nur einmal GrESt auslöse, und zwar für die Anteilsveräußerung, nicht aber für die (vorherige) mittelbare Anteilsvereinigung. Die Klage blieb in sämtlichen Instanzen erfolglos.

Entscheidung

Nach Auffassung des BFH ändert sich an der Steuerbarkeit einer mittelbaren Anteilsvereinigung nichts, wenn die Anteile an der grundstücksbesitzenden (Unter-) Gesellschaft im Anschluss an die Anteilsvereinigung veräußert werden. Dies gelte unabhängig davon, ob die an der Veräußerung beteiligten Gesellschaften durch eine Organschaft verbunden sind oder ohne Bestehen einer Organschaft zu einem Konzern gehören. Der Senat lehnt insbesondere eine wirtschaftliche Betrachtungsweise, wonach eine Umstrukturierung eines Konzern eine Einheit bilde und daher unabhängig von der rechtlichen Gestaltung nur einmal GrESt auslöse, ausdrücklich ab.

Konsequenz

Das Urteil verdeutlicht einmal mehr die erheblichen grunderwerbsteuerlichen Folgen einer ggf. nicht aufeinander abgestimmten Reihenfolge von Umstrukturierungsschritten. Zur Milderung dieses Problems wurde zwischenzeitlich eine Konzernklausel ins GrEStG eingefügt, die eine Befreiung von der GrESt in ausgewählten Umwandlungsfällen bewirken soll. Kann die Konzernklausel – aus welchen Gründen auch immer – nicht erfüllt werden, empfiehlt sich in der Praxis anstelle einer Aufeinanderfolge von mehreren grunderwerbsteuerpflichtigen Anteilsgeschäften eine Direktübertragung des Grundstücks durch Kaufvertrag auf den Zielrechtsträger, so dass die GrESt nur einmal ausgelöst wird.

Auszahlung der Versicherungssumme bei Direktversicherung

Auszahlung der Versicherungssumme bei Direktversicherung

Kernfrage/Rechtslage

Der Gesetzgeber will, dass Arbeitnehmer eine zusätzliche Altersversorgung neben den gesetzlichen Rentenansprüchen aufbauen. Um dieses gesetzgeberische Ziel umzusetzen, werden betriebliche Altersvorsorgemodelle geschützt. Unter anderem besteht ein Schutz vor Zwangsvollstreckungshandlungen von Gläubigern des Arbeitnehmers in laufende betriebliche Altersversorgungen (= Anwartschaften). Der Bundesgerichtshof hatte nunmehr darüber zu befinden, ob dieser gesetzliche Schutz auch für die Auszahlungsleistungen aus betrieblichen Altersversorgungen greift oder ob diese wie anderes Vermögen gepfändet werden können.

Entscheidung

Der Gläubiger eines Arbeitnehmers hatte dessen Ansprüche aus einer Firmen-Direktversicherung, die eine bereits unverfallbar gewordene betriebliche Altersversorgung darstellte, gepfändet. Hiergegen war der Arbeitnehmer vorgegangen, weil die Ansprüche aus betrieblichen Altersversorgungen (teilweise) unpfändbar seien. Mit seinem Vorbringen obsiegte er zunächst, unterlag aber vor dem Bundesgerichtshof. Dieser urteilte, dass der zukünftige Auszahlungsanspruch aus der Direktversicherung pfändbar sei. Die Verfügungsbeschränkungen des Gesetzes über die betriebliche Altersversorgung dienten lediglich dem Schutz der bestehenden Anwartschaft, nicht aber der Auszahlungsleistung. Entsprechend sei die Anwartschaft vor Pfändung sicher. Dabei stehe der Pfändung auch nicht entgegen, dass die Auszahlungsleistung eine Leistung an den Schuldner sei, die erst in der Zukunft erbracht werde. Auch solche Ansprüche des Arbeitnehmers seien pfändbar.

Konsequenz

Die Unpfändbarkeitsregelungen des Gesetzes über die betriebliche Altersversorgung schützen alleine die Beiträge zu einer Altersversorgung während ihrer Laufzeit sowie die Anwartschaft des Arbeitnehmers. Nicht geschützt ist die Ablaufleistung. Diese ist in den normalen Grenzen pfändbar.

Zu den Grenzen der Einsicht in das Grundbuch

Zu den Grenzen der Einsicht in das Grundbuch

Kernaussage

Ein Anspruch auf Einsicht in das Grundbuch besteht nur bei berechtigtem Interesse an der Auskunft (§ 12 GBO). Ein solches liegt nur vor, wenn sachliche Gründe genannt werden können, so dass unbefugte Absichten oder Neugier keinen Anspruch rechtfertigen.

Sachverhalt

Die Antragstellerin hat gegen einen Dritten eine Forderung von mehr als 10.000 EUR. Der von ihr beauftragte Gerichtsvollzieher fand in der Wohnung des Schuldners keine pfändbaren Gegenstände. Er gab gegenüber dem Gerichtsvollzieher an, Leistungen nach dem SBG II (sogenannte Hartz IV-Leistungen) zu beziehen, die Miete werde vom Sozialamt gezahlt. Die Antragstellerin wollte dies überprüfen und sicherstellen, dass der Schuldner nicht Eigentümer des Mehrfamilienhauses ist. Auf ihre Anfrage beim Grundbuchamt wurde mitgeteilt, dass dies nicht der Fall ist. Daraufhin verlangte die Antragstellerin Einsicht ins Grundbuch. Sie wollte Namen und Anschrift des Eigentümers feststellen, um zu klären, ob dieser Vermieter des Schuldners ist, um dann eventuell einen Anspruch auf Rückzahlung der Mietkaution pfänden zu können. Das Grundbuchamt wies den Antrag zurück. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hatte vor dem Oberlandesgericht keinen Erfolg.

Entscheidung

Vorliegend war die Grenze zur bloßen Neugier an einer Einsicht in das Grundbuch überschritten. Der Gesetzgeber hat das Grundbuch nicht als öffentliches Register ausgestaltet, in das jedermann zu Informationszwecken Einsicht nehmen kann. Die Rechtsposition des im Grundbuch Eingetragenen genießt grundrechtlichen Schutz. Bei Privatpersonen folgt dies aus dem Recht der informationellen Selbstbestimmung. Aufgrund des Geheimhaltungsinteresses des Eigentümers über die Rechts- und Vermögensverhältnisse an dem Grundstück ist für die Einsicht in das Grundbuch daher ein berechtigtes Interesse darzulegen. Die Antragstellerin steht in keiner rechtlichen oder tatsächlichen Beziehung zum Grundstückseigentümer. Dass der Schuldner auf dem Grundstück wohnt, reicht nicht aus, denn es ist nicht erkennbar, dass dieser werthaltige Ansprüche gegen den Grundstückseigentümer hat.

Konsequenz

Wegen der grundrechtlich geschützten Rechtsposition der im Grundbuch Eingetragenen ist eine besonders sorgfältige und strenge Prüfung erforderlich, ob tatsächlich ein berechtigtes, also nach allgemeiner Ansicht verständiges, Interesse vorliegt.

Zum erleichterten Nachweis von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen

Zum erleichterten Nachweis von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen

Kernproblem

Krankheitskosten sind als außergewöhnliche Belastungen einkommensteuerlich absetzbar, soweit die zumutbare Eigenbelastung überschritten wird. Allerdings werden nur solche Aufwendungen als Krankheitskosten berücksichtigt, die zum Zwecke der Heilung einer Krankheit (z. B. Medikamente, Operation) oder mit dem Ziel getätigt werden, die Krankheit erträglich zu machen. Für die mitunter schwierige Trennung von echten Krankheitskosten einerseits und lediglich gesundheitsfördernden Vorbeuge- oder Folgekosten andererseits, forderte der Bundesfinanzhof (BFH) in ständiger Rechtsprechung regelmäßig die Vorlage eines zeitlich vor der Leistung von Aufwendungen erstellten amts- oder vertrauensärztlichen Gutachtens bzw. eines Attestes eines anderen öffentlich-rechtlichen Trägers. Diese Rechtsprechung ist jetzt überholt.

Sachverhalt

Dem BFH lagen 2 Streitfälle vor. Zum einen ging es um die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen zur Behandlung einer Lese- und Rechtschreibschwäche. Hier besuchte ein Kind auf ärztliches Anraten ein Internat mit integriertem Legastheniezentrum. Die Eltern machten den Schulbeitrag, Kosten für Unterkunft und Verpflegung sowie Therapiekosten als außergewöhnliche Belastungen erfolglos beim Finanzamt geltend. Auf die Inanspruchnahme von Sozialleistungen verzichteten sie. Hier verwies das Finanzgericht ebenso auf ein vor der Behandlung ausgestelltes amtsärztliches Attest oder eines Attestes des medizinischen Dienstes einer öffentlichen Krankenversicherung, wie im zweiten Fall. In dieser Sache war streitig, ob die durch Asthmabeschwerden eines Kindes hervorgerufene Anschaffung neuer Möbel abzugsfähig ist.

Änderung der Rechtsprechung des BFH

Für die Finanzgerichte wird es zukünftig schwieriger, denn der BFH hat von den bisherigen Nachweispflichten Abstand genommen. Ein solch formalisiertes Nachweisverlangen ergebe sich nicht aus dem Gesetz und widerspreche dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung, die dem Finanzgericht obliege. Dieses und nicht der Amtsarzt oder eine vergleichbare Institution habe die erforderlichen Feststellungen zu treffen. Freilich verkennt der BFH dabei nicht, dass das FG nicht über eine medizinische Sachkunde verfügt und deshalb regelmäßig ein ärztliches Gutachten über die Indikation der streitigen Maßnahme einholen muss. Die Gefahr von Gefälligkeitsgutachten sieht der BFH nicht, da ein vorgelegtes Privatgutachten ohnehin nur als urkundlich belegter Parteivortrag zu würdigen sei. Der Verzicht auf die Inanspruchnahme von Sozialleistungen stehe dem steuerlichen Abzug nicht entgegen.

Konsequenz

Die geänderte Sichtweise ist zu begrüßen. Der Steuerpflichtige trägt jedoch weiterhin die Feststellungslast, so dass die praktische Tragweite abzuwarten bleibt.

Duldungsbescheid bei Übertragung von Miteigentum wirksam?

Duldungsbescheid bei Übertragung von Miteigentum wirksam?

Rechtslage

Gerät ein Ehegatte in eine wirtschaftliche Notlage oder ist beabsichtigt, das Vermögen zur Minimierung eines Haftungsrisikos bei einem Ehegatten zu konzentrieren, sind Vermögensübertragungen von einem auf den anderen Ehegatten zivilrechtlich, wenn Gläubigerbenachteiligungsabsicht besteht, unter weiteren Voraussetzungen anfechtbar. Eine vergleichbare Vorschrift findet sich im Steuerrecht, wonach der Ehegatte die Inanspruchnahme für Steuerschulden des anderen Ehegatten bis zum Wert des übertragenen Vermögens dulden muss. Die steuerrechtliche Bestimmung lässt die Inanspruchnahme des Ehegatten jedoch unter erleichterten Bedingungen zu. Der Bundesfinanzhof hatte nunmehr zum Zusammentreffen der zivilrechtlichen Anfechtungs- und steuerlichen Duldungsregelungen zu entscheiden.

Sachverhalt

Nachdem das Finanzamt mit Vollstreckungsmaßnahmen gegen einen der steuerlich zusammen veranlagten Ehegatten keinen Erfolg hatte, nahm es die Ehefrau wegen einer ihr geschenkten Grundstückshälfte, gestützt auf die zivilrechtlichen Anfechtungsregelungen, auf Duldung der Inanspruchnahme wegen der Steuerschuld in Anspruch. Hiergegen verteidigte sich die Ehefrau im Klageverfahren vor dem Finanzgericht damit, dass die zivilrechtlichen Anfechtungsvoraussetzungen nicht vorgelegen hätten, unterlag jedoch, weil das Finanzgericht die Duldung auf die mit geringeren Anforderungen zulässige steuerlichen Anfechtungsvorschriften stützte. Danach musste insbesondere keine Gläubigerbenachteiligungsabsicht mehr nachgewiesen werden.

Entscheidung

Hiergegen legt die Ehefrau mit der Begründung Beschwerde beim Bundesfinanzhof (BFH) ein, dass das Finanzgericht seine Entscheidung nicht auf die steuerlichen Duldungsvorschriften hätte stützen dürfen, nachdem sich das Finanzamt zunächst auf die zivilrechtlichen Anfechtungsregelungen berufen habe. die Klägerin unterlag. Der BFH entschied, dass sich die Ehefrau gegen die unter erleichterten Voraussetzungen vorliegenden Duldungsvorschriften habe ausreichend verteidigen können; das Finanzgericht sei berechtigt gewesen, die Begründung der Duldung insoweit umzustellen. Außerdem sei die Reichweite der Rechtsfolgen der zivilrechtlichen Anfechtungsregelungen und der steuerlichen Duldungsregelungen vergleichbar.

Konsequenz

Ungeachtet der Begründung kann der duldungsverpflichtete Ehegatte bei einer zu seinen Gunsten erfolgten unentgeltlichen Vermögensübertragung bis zur Höhe des gemeinen Wertes der unentgeltlichen Zuwendung in Anspruch genommen werden; und zwar unabhängig davon, ob sich der Vermögenswert noch in seinem Vermögen befindet oder nicht.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin