Keine Angaben über Rentenbezüge können Steuerhinterziehung sein

Keine Angaben über Rentenbezüge können Steuerhinterziehung sein

Kernaussage

Unterlassene Angaben von erhaltenen Rentenzahlungen in der Einkommensteuererklärung können als Steuerhinterziehung gewertet werden. Für eine Steuerhinterziehung reicht es aus, wenn der Steuerpflichtige aufgrund einer laienhaften Bewertung die Existenz eines Steueranspruches erkennen und auf diesen einwirken kann. Anderenfalls käme allein eine Strafbarkeit von Steuerfachleuten in Betracht.

Sachverhalt

Die Kläger, ein pensionierter Beamter und seine Ehefrau, die seit Juli 1993 eine Regelaltersrente bezog, wurden zusammen zur Einkommenssteuer veranlagt. In den eingereichten Steuererklärungen 1993 – 2006 hatten sie die Rentenbezüge nicht angegeben. Lediglich für 2007 hatten sie bei „Renten lt. Anlage R für Ehefrau“ ein Kreuz gesetzt, diese Anlage aber nicht beigefügt. Das beklagte Finanzamt erließ daraufhin nunmehr bestandskräftige Steuerbescheide. Nachdem das Finanzamt 2009 Kenntnis von der Altersrente erlangt hatte, änderte es die Einkommenssteuerbescheide 1998 – 2007, was entsprechende Nachzahlungen zur Folge hatte. Die Kläger wandten dagegen ein, das Finanzamt hätte aufgrund der Kenntnis des Geburtsdatums der Klägerin zugleich Kenntnis von dem Rentenbezug haben müssen. Für die Veranlagungszeiträume 1998 – 2003 sei ohnehin Verjährung eingetreten. Schließlich seien sie aufgrund einer Falschinformation des Finanzamtes in dem Glauben gewesen, die Rente der Klägerin unterliege nicht der Besteuerung.

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage ab. Grundsätzlich hat der Steuerpflichtige den steuerlich relevanten Sachverhalt richtig, vollständig und deutlich zur Prüfung vorzulegen. Aus den Akten haben sich keine objektiven Hinweise auf einen Rentenbezug ergeben, denn in den Steuererklärungen wurde immer „Hausfrau“ angegeben. Allein aus dem Alter der Klägerin konnte nicht ohne Weiteres auf einen Rentenbezug geschlossen werden. Obwohl ausdrücklich auf den Steuervordrucken nach Ruhegeldern gefragt wurde, waren die Anlagen nie eingereicht worden. Die Kläger hat damit unvollständige Angaben gemacht, was nach Überzeugung des Gerichts in der Absicht geschah, die Einkünfte zu verschleiern. Zudem sei von einer Steuerhinterziehung auszugehen, so dass aufgrund der dann eintretenden Verlängerung der Verjährungsfrist auf 10 Jahre eine Verjährung nicht in Betracht komme. Die von den Klägern behauptete Fehlinformation, die Rente sei steuerfrei, wurde nicht hinreichend dargetan.

Konsequenz

Hinsichtlich aller Bezüge muss der Finanzbehörde vollständig Auskunft erteilt werden. Wer dies unterlässt, muss mit rechtlichen Folgen rechnen.

Mutterschutzzeiten in betrieblicher Zusatzversorgung zu berücksichtigen

Mutterschutzzeiten in betrieblicher Zusatzversorgung zu berücksichtigen

Kernfrage

Zusatzversorgungskassen im öffentlichen Dienst stellen eine umlagefinanzierte betriebliche Altersversorgung dar. Sind für einen bestimmten Zeitraum (Wartezeit) für einen Arbeitnehmer Umlagen gezahlt worden, hat dieser Anspruch auf eine Zusatzversorgung. Das Bundesverfassungsgericht hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob die Regelung einer Zusatzversorgungskasse, Mutterschutzzeiten, in denen keine Umlage gezahlt worden ist, im Rahmen der Bestimmung der Wartezeit außen vor zu lassen, verfassungsgemäß ist.

Sachverhalt

Die Klägerin war im öffentlichen Dienst beschäftigt und dort im Mutterschutz gewesen. Da Mutterschutzgeld steuerfrei ausgezahlt wird, wurde für diese Zeit keine Umlage zur Zusatzversorgung gezahlt; anders als für Krankheitszeiten, in denen kranke Arbeitnehmer Lohnfortzahlung und Zuschüsse zum Krankengeld erhielten. Die Statuten der Zusatzversorgung sahen vor, dass ein Anspruch nur dann bestand, wenn mindestens 60 Monate Umlage gezahlt worden war. Da für die Klägerin aufgrund der Mutterschutzzeiten lediglich 59 Monate Umlage gezahlt wurde, lehnte die Zusatzversorgungskasse den Leistungsantrag der Klägerin ab und unterlag vor dem Bundesverfassungsgericht.

Entscheidung

Die Satzungsregelung, Mutterschutzzeiten deshalb bei der Wartezeit für die Zusatzversorgung nicht zu berücksichtigen, weil in dieser Zeit keine Umlage gezahlt werde, stellt nach Ansicht der Richter eine den Gleichheitsgrundsatz verletzende geschlechterbezogene Diskriminierung dar. Nicht nur würden Mütter gegenüber männlichen Arbeitnehmern benachteiligt; eine ungerechtfertigte Benachteiligung liege auch gegenüber erkrankten Arbeitnehmern vor. Zwar stelle die Befreiung von der Umlage während des Mutterschutzes eine Erleichterung dar, die eigentlich dazu diene, Mütter im Arbeitsleben zu schützen, weil Mehrkosten (hier: der Umlage) vermieden würden, dies dürfe im Ergebnis aber nicht dazu führen, dass eine Diskriminierung bei den Beitragszeiten entstehe.

Konsequenz

Die Entscheidung überrascht nicht. Sie hat über den konkreten Fall der Klägerin hinaus aber weitreichende Folgen. Denn jede im öffentlichen Dienst beschäftigte Frau mit Zusatzversorgung kann eine Nachberechnung ihrer Zusatzversorgung unter Einbeziehung von Mutterschaftszeiten verlangen. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist dies auch rückwirkend möglich.

Videoüberwachung am Arbeitsplatz nur bei konkretem Verdacht

Videoüberwachung am Arbeitsplatz nur bei konkretem Verdacht

Rechtslage

Die Videoüberwachung von Arbeitnehmern an ihrem Arbeitsplatz ist nur dann zulässig, wenn der Arbeitgeber einen besonderen sachlichen Grund nachweisen kann. Kommen Straftaten vor, setzt dies regelmäßig einen Verdacht gegenüber (konkreten) Arbeitnehmern voraus, der eine gewisse Stärke erreicht haben muss. Das Arbeitsgericht Düsseldorf hatte nunmehr zu den Anforderungen an diesen Verdacht zu entscheiden.

Sachverhalt

Der Arbeitgeber ist Betreiber eines Brauhauses. 2 Arbeitnehmern warf er vor, die ausgeschenkten Biere nicht ordnungsgemäß abgerechnet zu haben und legte zum Beweis Videoaufzeichnungen vor, die er heimlich angefertigt hatte. Beide Arbeitnehmer obsiegten mit ihren gegen die daraufhin erfolgten Kündigungen gerichteten Klagen, weil das Arbeitsgericht die Videoaufzeichnungen als unzulässig einstufte und nicht verwertete.

Entscheidung

Der Arbeitgeber konnte vor Erstellung der Videoaufzeichnungen nur den abstrakten und pauschal gegen sämtliche Ausschenkende gerichteten Verdacht auf nicht ordnungsgemäße Abrechnung nachweisen. Diese pauschale Verdachtsstufe, die nicht weiter gegenüber einzelnen Arbeitnehmern konkretisiert war, reichte zur Videoüberwachung nicht aus. Erforderlich ist diese Konkretisierung im Hinblick auf die Person des Tatverdächtigen und die begangene Tat. Nur dann sind heimliche Videoaufzeichnungen zulässig.

Konsequenz

Ohne einen konkreten gegen einzelne Personen und Tatabläufe gerichteten Verdacht ist eine heimliche Videoüberwachung stets unzulässig. Erforderlich sind nachprüfbare Anhaltspunkte. Eine andere Entscheidung wäre wohl möglich gewesen, wenn der Arbeitgeber eine offene Videoüberwachung mit der Begründung durchgeführt hätte, angesichts der Kassenbefugnis im Ausschank sei ein sensibler Bereich betroffen.

Keine Gemeinnützigkeit bei fehlerhafter satzungemäßer Vermögensbindung

Keine Gemeinnützigkeit bei fehlerhafter satzungemäßer Vermögensbindung

Kernproblem

Gemeinnützigkeitsrechtlich begünstigte Mittel sind für gemeinnützige Zwecke zu verwenden. Bei Auflösung bzw. Aufhebung oder Wegfall steuerbegünstigter Zwecke bedingt dies die sog. satzungsmäßige Vermögensbindung. Danach ist der Zweck, für den das Vermögen in den obigen Fällen verwendet werden soll, in der Satzung so genau zu bestimmen, dass das Finanzamt allein auf Grund der Satzung prüfen kann, ob der Verwendungszweck steuerbegünstigt ist.

Sachverhalt

Nach der für die Streitjahre 1999 bis 2006 geltenden Satzung sollte das Vermögen des klagenden Vereins bei dessen Auflösung oder bei Wegfall des bisherigen Zwecks an einen als gemeinnützig anerkannten Verein fallen. Dieser hat der marokkanischen Kultur verpflichtet zu sein und muss das übertragene Vermögen unmittelbar und ausschließlich für gemeinnützige Zwecke verwenden. Das Finanzamt und auch das Finanzgericht sahen darin keine ordnungsgemäße satzungsmäßige Vermögensbindung.

Entscheidung

Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs (BFH) ist bei der obigen Formulierung hinreichend aus der Satzung ersichtlich, dass das Vermögen des Vereins auch bei seiner Auflösung oder beim Wegfall seines bisherigen Zwecks für steuerbegünstigte Zwecke verwendet wird. Es muss nicht der Satzung entnehmbar sein, wie der Satzungszweck „Förderung der marokkanischen Kultur“ konkret durch die begünstigte Körperschaft verwirklicht wird.

Konsequenzen

Die satzungsmäßigen Anforderungen des Gemeinnützigkeitsrechts sind sehr formell – insoweit ist es immer empfehlenswert, Satzungen und auch Satzungsänderungen vorab mit dem Finanzamt aus gemeinnützigkeitsrechtlicher Sicht abzustimmen. Dies liegt im beiderseitigen Interesse, um Auslegungsstreitigkeiten von vornherein zu vermeiden. Seit 2009 sieht der Gesetzgeber vor, dass jede Satzung gesetzlich vorgegebene Formulierungen – auch in Bezug auf die satzungsmäßige Vermögensbindung – enthält. Dies führt zu einer weiteren Reduzierung von Auslegungsunterschieden.

Rechtskraft eines im Prozess gegen Gesellschafter ergangenen Urteils

Rechtskraft eines im Prozess gegen Gesellschafter ergangenen Urteils

Kernaussage

Die Rechtskraft eines im Prozess gegen die Gesellschafter ergangenen Urteils erstreckt sich nicht auf die Gesellschaft. Die Rechtskraft des Urteils wirkt grundsätzlich nur gegen die Gesellschafter, selbst wenn alle Gesellschafter am Vorprozess beteiligt waren.

Sachverhalt

Die Beklagte ist eine Gesellschaft bürgerlichem Rechts (GbR). Ihre 4 Gesellschafter haben der Klägerin im Jahr 2003 ein notarielles Angebot zum Kauf einer noch zu vermessenden Grundstücksteilfläche – befristet bis zum Dezember 2006 – unterbreitet. Die Klägerin nahm das Angebot im Oktober 2005 an. Allerdings hatte die Beklagte das Objekt bereits zuvor an einen Dritten weiterveräußert. Die Klägerin nahm daraufhin die 4 Gesellschafter als Gesamtschuldner auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch, da ihr durch die Nichterfüllung des Grundstückskaufvertrages ein Gewinn entgangenen sei, den sie durch die Weiterveräußerung des Grundstücks hätte erzielen können. Das Berufungsgericht des Vorprozesses hat die Klage wegen fehlender Bestimmbarkeit der verkauften Grundstücksflächen rechtskräftig abgewiesen. Die Klägerin nimmt nunmehr die GbR in Anspruch. Das Oberlandesgericht (OLG) wies die Klage als unzulässig ab, da über denselben Streitgegenstand bereits im Vorprozess zu Lasten der Klägerin entschieden worden sei.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof (BGH) gab der Klage statt. Die Rechtskraft eines Urteils wirkt grundsätzlich nur für und gegen die Parteien des Rechtsstreits, in dem das Urteil ergangen ist. Parteien des Vorprozesses waren nur die Gesellschafter. Eine ausnahmsweise Erstreckung der Rechtskraft auf einen nicht am Verfahren beteiligten Dritten lässt sich nicht aus dem Gesetz herleiten. Zwar gilt die von der Unterinstanz herangezogene gesetzliche Vorschrift des HGB (§ 129 Abs. 1) entsprechend für die GbR. Allerdings regelt diese bloß Inhalt und Umfang der Bindungswirkung eines gegen die Gesellschaft ergangenen Urteils für und gegen die Gesellschafter, indem Einwendungen ausgeschlossen sind, die schon der Gesellschaft abgesprochen wurden. Auch ordnet die herangezogene Vorschrift der Zivilprozessordnung (§ 736 ZPO) keine Rechtskrafterstreckung an, sondern bestimmt nur, dass zur Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen nicht zwingend ein Titel gegen die Gesellschaft erforderlich ist, sondern auch mit einem Titel gegen alle Gesellschafter vollstreckt werden kann. Der Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme kann durch den Erfüllungseinwand oder mit der Vollstreckungsabwehrklage begegnet werden.

Konsequenz

Bei Zahlungsverpflichtungen einer GbR sind neben dieser grundsätzlich auch die Gesellschafter nach Maßgabe der akzessorischen Haftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft verpflichtet. Die Klage ist daher regelmäßig gegen die Gesellschaft und gegen deren Gesellschafter zu erheben. Nur so kann die Vollstreckung auch in das Privatvermögen der Gesellschafter gesichert werden.

Sacheinlageverbot bei Neugründung einer UG (haftungsbeschränkt) durch Abspaltung

Sacheinlageverbot bei Neugründung einer UG (haftungsbeschränkt) durch Abspaltung

Kernaussage

Die Unternehmergesellschaft – UG – (haftungsbeschränkt) kann nur durch Neugründung entstehen. Hierbei besteht eine Bareinlageverpflichtung des betreffenden Gesellschafters. Auch bei der Neugründung im Wege der Abspaltung ist das gesetzliche Verbot der Sacheinlage (§ 5a Abs. 2 Satz 2 GmbHG) zu beachten.

Sachverhalt

Eine GmbH begehrt die Eintragung einer UG (haftungsbeschränkt) in das Handelsregister. Durch Abspaltung aus dem Vermögen der GmbH sollte die UG mit einem Stammkapital von 1 EUR neu gegründet werden. Entsprechend sollte nach dem Spaltungsplan auf die UG ein Betrag von 1 EUR gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten übertragen werden. Das Registergericht und das Beschwerdegericht wiesen den Eintragungsantrag wegen des Verstoßes gegen das Verbot von Sacheinlagen zurück.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof (BGH) wies die hiergegen gerichtete Beschwerde zurück, weil die UG nicht ordnungsgemäß errichtet wurde. Die Neugründung einer UG im Wege der Umwandlung durch Abspaltung (§ 123 Abs. 2 Nr. 2 UmwG) verstößt gegen das Verbot der Sacheinlage. Bei der UG handelt es sich um keine neue Rechtsform einer Kapitalgesellschaft, sondern um eine Variante der GmbH, so dass alle Regelungen bezüglich der GmbH auch auf die UG Anwendung finden. Die Regelungen sind aber im Lichte der besonderen gesetzlichen Bestimmungen für die UG (§ 5a Abs. 2 Satz 2 GmbHG) anzuwenden. Diese verbieten die Gründung einer UG durch Sacheinlage. Die Abspaltung eines Vermögensteils eines Rechtsträgers und Übertragung des Teils zur Neugründung einer GmbH auf diese stellt nach der gesetzlichen Konzeption zwingend eine Sachgründung dar. Überzeugende Anhaltspunkte für eine Verdrängung des Sacheinlageverbots durch umwandlungsspezifische Vermögensübertragungen lassen sich nicht finden. Insbesondere unterscheidet der Gesetzeswortlaut nicht nach der Entstehungsweise der Gesellschaft. Auch enthält die entsprechende Verweisungsnorm im Umwandlungsgesetz (§ 135 Abs. 2 Satz 1 UmwG) keine einschlägige Einschränkung.

Konsequenz

Eine Neugründung der UG durch Spaltung oder Ausgliederung ist nicht möglich. Das im GmbH-Gesetz verankerte Sacheinlageverbot lässt keinen Spielraum. Wegen des frei wählbaren Stammkapitals der UG von mindestens 1 EUR dürfte eine Sachgründung ohnehin kaum erforderlich werden.

Freigrenze Betriebsfeste: geplante oder teilnehmende Personen?

Freigrenze Betriebsfeste: geplante oder teilnehmende Personen?

Kernproblem

Kernpunkt vieler Lohnsteueraußenprüfungen ist die Überprüfung von geldwerten Vorteilen, die anlässlich von Betriebsveranstaltungen anfallen können. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) gehören Zuwendungen des Arbeitgebers zu Betriebsveranstaltungen als Leistungen im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse nicht zum Arbeitslohn, wenn es sich um herkömmliche (übliche) Betriebsveranstaltungen und übliche Zuwendungen handelt. Von einer Üblichkeit wird grundsätzlich ausgegangen, wenn nicht mehr als 2 Betriebsveranstaltungen im Jahr durchgeführt werden und die Aufwendungen des Arbeitgebers nicht mehr als 110 EUR brutto je Arbeitnehmer und Veranstaltung betragen. Wird die Freigrenze von 110 EUR überschritten, liegt in voller Höhe Arbeitslohn vor. Zuwendungen an den Ehegatten oder Angehörige des Arbeitnehmers sind diesem zuzurechnen. Kritik erfährt nicht nur die seit 1993 bestehende Freigrenze von 200 DM, die ab 2002 mit besagten 110 EUR zugrunde gelegt wird, sondern auch die Berechnungsmethode. Hier lässt eine Entscheidung des Finanzgerichts (FG) Düsseldorf aufhorchen.

Sachverhalt

Die Lohnsteueraußenprüfung bei einer GmbH mit 340 Arbeitnehmern führte zur Nachversteuerung einer Betriebsveranstaltung. Die GmbH hatte erstmalig ein Betriebsfest durchgeführt und rechnete nach einer Umfrage mit 600 Teilnehmern einschl. Familienangehörigen. Dementsprechend wurden Speisen und Getränke bestellt sowie der äußere Rahmen mit Live-Musik, Zelt, Service, Toiletten und Kinderanimation geplant. Tatsächlich nahmen jedoch nur 348 Personen teil, davon 97 Arbeitnehmer mit einer oder mehreren Begleitpersonen. Die Kosten pro Teilnehmer beliefen sich bei 348 Teilnehmern nach Abzug einer Speisenpauschale für die Nichtteilnehmer auf 67,56 EUR. Würde man hingegen auf die ursprünglich geplante Teilnehmerzahl von 600 Personen abstellen, beliefen sich die Kosten auf 52,95 EUR je Teilnehmer. Im letztgenannten Fall würde nur die Teilnahme mit mind. 2 Begleitpersonen zum Arbeitslohn führen; dies entspricht jedoch nicht der Verwaltungsauffassung.

Entscheidung

Das FG Düsseldorf hielt es für gerechtfertigt, in diesem Fall auf den geplanten Teilnehmerkreis von 600 Personen abzustellen. Die teilnehmenden Arbeitnehmer hätten durch die Nicht-Teilnahme eines Großteils der angemeldeten Arbeitnehmer keine Bereicherung in Form von überzähligen Speisen und Getränken oder überdimensionierten sonstigen Sachleistungen für den äußeren Rahmen erfahren. Insoweit seien sämtliche Kosten der nicht teilnehmenden Arbeitnehmer aus der Durchschnittsberechnung auszuscheiden. Nicht rütteln will das FG an der Freigrenze von 110 EUR – zumindest im Streitjahr 2005.

Konsequenz

Nach dieser mutigen, aber richtigen Entscheidung hat das FG zur Fortbildung des Rechts die Revision zugelassen. Die Verwaltung hat diese bereits eingelegt, so dass der Ausgang des Verfahrens beim BFH spannend bleibt. Bis dahin sollten unbedingt gleichartige Fälle offengehalten werden.

Mantelkaufregelung des § 8c KStG verfassungswidrig?

Mantelkaufregelung des § 8c KStG verfassungswidrig?

Kernproblem

Die Übertragung von GmbH-Anteilen führt nach § 8c KStG grundsätzlich zu einem anteiligen Untergang von Verlustvorträgen, wenn und soweit mehr als 25 % der Anteile übertragen werden. Werden mehr als 50 % der Anteile übertragen, gehen die Verlustvorträge sogar vollständig unter. Hierdurch soll der missbräuchliche Handel mit reinen Verlustgesellschaften verhindert werden, da es für Erwerber durchaus von Interesse sein kann, deren Verlustvorträge zu übernehmen, um sie mit eigenen Gewinnen zu verrechnen. Da die sog. Mantelkaufregelung des § 8c KStG aber nicht nur die missbräuchliche Übertragung solcher (meist „leeren“) Verlustgesellschaften betrifft, wird die Regelung seit jeher im Schrifttum stark kritisiert. Ob bzw. inwieweit die dabei vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken zutreffend sind, wird nunmehr vom Bundesverfassungsgericht zu entscheiden sein.

Sachverhalt

An einer im Jahr 2006 gegründeten GmbH waren 2 Gesellschafter mit einem Anteil von 13.000 EUR bzw. 12.000 EUR beteiligt. Nachdem die Gesellschaft in den ersten beiden Jahren Verluste von insgesamt ca. 600.000 EUR erlitt, konnte sie in 2008 einen Gewinn in etwa gleicher Höhe erzielen. Die Finanzverwaltung versagte indes teilweise den Ausgleich dieses Gewinns mit den vorgetragenen Verlusten, da der Minderheitsgesellschafter seinen Anteil von 12.000 EUR in 2008 an einen Dritten veräußerte. Aufgrund der Übertragung von 48 % der Anteile kürzte das Finanzamt den Verlustvortrag entsprechend, mit der Folge einer erheblichen Steuermehrbelastung in 2008. Hiergegen reichte die GmbH Klage beim Finanzgericht ein, mit der Begründung, die Regelung sei verfassungswidrig.

Entscheidung

Das FG Hamburg teilt die Bedenken der GmbH. Die Mantelkaufregelung verstoße im Fall eines Gesellschafterwechsels gegen den im Grundgesetz verankerten Gleichheitssatz (Art. 3 GG) und das in ihm begründete Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Da jedoch die Befugnis, über den Verstoß einer Vorschrift gegen die Verfassung zu urteilen, einzig dem Bundesverfassungsgericht obliegt, hat das Finanzgericht den Richtern in Karlsruhe die Prüfung des § 8c KStG zur Entscheidung vorgelegt.

Konsequenzen

Aufgrund der Vielzahl der geäußerten Bedenken gegen die Verfassungskonformität des § 8c KStG, die wohl auch vom BFH geteilt werden, war es letztendlich nur noch eine Frage der Zeit, bis die Frage dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt wurde. Zu beachten ist jedoch, dass die Vorlage den § 8c KStG in seiner ursprünglichen Fassung betrifft. Die Regelung des § 8c KStG ist indes zwischenzeitlich durch die Einführung einer Konzern- und Stille-Reserven-Klausel teilweise entschärft worden. Die ebenfalls eingeführte Sanierungsklausel ist nach einer Entscheidung der Europäischen Kommission indes europarechtswidrig und (vorerst) nicht mehr anzuwenden. Ob bzw. inwieweit durch die nachträgliche Einführung der genannten Klauseln verfassungsrechtliche Bedenken ausgeräumt werden können, ist fraglich. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur ursprünglichen Fassung bleibt indes mit Spannung abzuwarten, entsprechende Fälle sollten in der Praxis offen gehalten werden.

Arbeitszimmer sind trotz privater Mitbenutzung steuerlich absetzbar

Arbeitszimmer sind trotz privater Mitbenutzung steuerlich absetzbar

Kernproblem

Um die steuerliche Absetzbarkeit eines häuslichen Arbeitszimmers hat es bereits in der Vergangenheit häufig Streit gegeben. Das gilt erst recht, wenn das Arbeitszimmer nicht eindeutig den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen oder beruflichen Betätigung bildet. Seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist jedoch auch in diesen Fällen ein steuerlicher Abzug bis zu einem Betrag in Höhe von 1.250 EUR möglich. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) muss das Arbeitszimmer so gut wie ausschließlich beruflich genutzt sein. Kritisch wurde es in der Vergangenheit immer dann, wenn das Arbeitszimmer räumlich nicht ausreichend von anderen privat genutzten Bereichen getrennt war. So konnten ein Fernseher oder eine Schlafcouch im Arbeitszimmer durchaus das Ende des steuerlichen Abzugs bedeuten. Schuld daran war das streng ausgelegte Aufteilungsverbot von gemischt veranlassten Aufwendungen. Dass hieran noch festgehalten werden kann, bezweifelt jetzt das Finanzgericht (FG) Köln.

Sachverhalt

Der Betreiber einer Werkstatt nutzte einen Teil seines angemieteten Einfamilienhauses für Bürotätigkeiten und Kundenempfänge. Die betriebliche Nutzung beschränkte sich auf das Erdgeschoß, in dem er die Ecke eines Raums mit Schreibtisch und Büroregalen ausstattete. Der Raum war durch ein Regal von einem Bereich getrennt, in dem sich Sofa, Couch- und Esstisch, Stühle und Fernseher befanden. Daran grenzte die Küche, so dass anzunehmen war, es handele sich hierbei um das Wohnzimmer, zumal sich in den anderen Räumen des Hauses nur Schlafzimmer befanden. Das Finanzamt wollte daher den Abzug der Aufwendungen für das Arbeitszimmer nicht anerkennen und befand sich auch im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung, obwohl die betriebliche (Mit-)Benutzung unstreitig war.

Entscheidung

Das FG Köln nimmt die Änderung der Rechtsprechung des BFH im Zusammenhang mit dem Abzug von gemischt veranlassten Reisekosten zum Anlass, auch im Streitfall einen Teilabzug der Kosten des Arbeitszimmers auszusprechen. So habe der BFH in seiner jüngsten Rechtsprechung den Grundsatz einer Aufteilung der Kosten geprägt und sich damit weg vom Aufteilungsverbot bewegt. Der abzugsfähige Anteil der Kosten sei ggf. zu schätzen. Im Zusammenhang mit der Aufteilung von Reisekosten hatte der BFH keine Bedenken geäußert, von einem hälftigen Abzug sämtlicher Kosten auszugehen, wenn kein anderer Aufteilungsmaßstab erkennbar sei. Dieser Aufteilung folgten die Finanzrichter jetzt auch im Fall des Arbeitszimmers.

Konsequenz

Die Revision zum BFH wurde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen (und ist bereits eingelegt), zumal das FG Baden-Württemberg vor kurzem eine Aufteilung rechtskräftig abgelehnt hatte. Die Tendenz der Rechtsprechung bleibt aber erfreulich, denn die Abkehr vom Aufteilungsverbot setzt sich fort.

Zivilprozesskosten neuerdings als außergewöhnliche Belastungen abziehbar

Zivilprozesskosten neuerdings als außergewöhnliche Belastungen abziehbar

Rechtslage

Die Kosten eines Zivilprozesses waren bisher in der Regel nicht als außergewöhnliche Belastungen bei der Berechnung des zu versteuernden Einkommens in Abzug zu bringen. Lediglich bei Rechtsstreiten mit existenzieller Bedeutung für den Steuerpflichtigen wurden Ausnahmen anerkannt. Unter Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung können Zivilprozesskosten nunmehr unabhängig vom Gegenstand des Rechtsstreits als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, wenn die Prozessführung nicht als mutwillig erscheint und hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.

Sachverhalt

Die Klägerin war im Jahr 2004 arbeitsunfähig erkrankt und hatte von ihrer Krankenversicherung das vertraglich vereinbarte Krankentagegeld erhalten. Im Jahr 2005 wurde festgestellt, dass zwischenzeitlich auch Berufsunfähigkeit der Klägerin eingetreten war. Die Krankenversicherung stellte daraufhin ihre Zahlungen des Krankengeldes mit der Begründung ein, dass die Leistungspflicht 3 Monate nach Beginn der Berufsunfähigkeit ende. Die Klägerin vertrat eine andere Auffassung und erhob erfolglos Klage auf Fortzahlung des Krankengeldes. Die Kosten des verlorenen Zivilprozesses in Höhe von rund 10.000 EUR machte die Klägerin in ihrer Einkommensteuererklärung als außergewöhnliche Belastung geltend. Das beklagte Finanzamt berücksichtigte diese Kosten nicht. Das Finanzgericht gab dem Finanzamt unter Bezugnahme auf die bisherige Rechtsprechung Recht.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof (BFH) hob das Urteil auf und verwies den Rechtstreit wegen geänderter Rechtsauffassung zurück. Die Kosten eines Zivilprozesses wurden bislang nicht als „zwangsläufige größere Aufwendung“ im Sinne der einkommensteuerlichen Vorschrift über außergewöhnliche Belastungen beurteilt, denn der Streit unterlag grundsätzlich der Disposition der Parteien. Vor dem Hintergrund des Rechtsstaatsprinzips rückt die Rechtsprechung nunmehr hiervon ab. Zivilprozesskosten erwachsen Kläger wie Beklagtem unabhängig vom Gegenstand des Rechtsstreits aus rechtlichen Gründen zwangsläufig. Sie sind als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen, wenn sich der Steuerpflichtige nicht mutwillig oder leichtfertig auf den Prozess eingelassen hat und dieser hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Das Finanzgericht hat nunmehr zu entscheiden, ob die damalige Klage hinreichende Erfolgsaussichten hatte.

Konsequenz

Das Regel-Ausnahmeverhältnis wurde durch diese erfreuliche Rechtsprechungsänderung umgekehrt. Erscheint der Erfolg eines Zivilprozesses ebenso wahrscheinlich wie ein Misserfolg, sind die Kosten als außergewöhnliche Belastungen nunmehr stets in der Einkommensteuererklärung in Ansatz zu bringen. Dies dürfte zumindest im Fall der anwaltlichen Vertretung die Regel sein.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin