BFH zur Überprüfungsbefugnis einer Behörde im Einspruchsverfahren

Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 17.09.2024, Az. VII R 3/22

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem aktuellen Urteil die Grenzen der Überprüfungsbefugnis von Behörden im Einspruchsverfahren sowie die Folgen fehlerhafter Rechtsbehelfsbelehrungen präzisiert. Das Urteil klärt insbesondere die zulässige Reichweite der behördlichen Überprüfung und stellt die Rechte der Steuerpflichtigen bei fehlerhaften Hinweisen klar.


Leitsätze des Urteils

  1. Beschränkte Überprüfungsbefugnis der Behörde:
    Wird ein Steuerbescheid im Einspruchsverfahren angefochten, darf die Behörde ihre Überprüfung nur auf den im Bescheid angegebenen Lebenssachverhalt beziehen. Eine nachträgliche Änderung der Steuerfestsetzung auf Basis eines anderen Lebenssachverhalts ist unzulässig (§ 367 Abs. 2 Satz 1 AO).
  2. Rechtsbehelfsbelehrung und höhere Gewalt:
    Wenn die Behörde im Bescheid ausdrücklich darauf hinweist, dass ein Einspruch nicht zulässig sei, und der Adressat des Bescheids daher keinen Einspruch einlegt, kann ihm dies nicht entgegengehalten werden. In solchen Fällen handelt es sich um höhere Gewalt, die die Einlegung des Einspruchs unmöglich gemacht hat.

Hintergrund des Urteils

Der Fall betraf die Festsetzung der Alkopopsteuer, die im ursprünglichen Steuerbescheid auf einen spezifischen Lebenssachverhalt gestützt wurde. Nach Einlegung des Einspruchs versuchte die Behörde, die Steuerfestsetzung auf einen völlig anderen Lebenssachverhalt zu stützen. Der BFH stellte klar, dass dies unzulässig ist, da die Überprüfungsbefugnis der Behörde auf den ursprünglichen Sachverhalt beschränkt ist.

Zudem enthielt der Bescheid einen Hinweis, dass ein Einspruch angeblich nicht zulässig sei. Der Adressat unterließ daraufhin die rechtzeitige Einlegung des Einspruchs. Der BFH entschied, dass diese fehlerhafte Belehrung als höhere Gewalt anzusehen ist, die den Steuerpflichtigen entschuldigt.


Bedeutung für die Praxis

Das Urteil hat wesentliche Auswirkungen auf Steuerpflichtige und Behörden:

  1. Klarheit über Überprüfungsbefugnis:
    Die Behörde darf im Einspruchsverfahren keine neuen Lebenssachverhalte heranziehen, um eine Steuerfestsetzung zu begründen. Steuerpflichtige können sich darauf verlassen, dass nur der ursprüngliche Sachverhalt überprüft wird.
  2. Rechtsbehelfsbelehrung genau prüfen:
    Enthält ein Bescheid den Hinweis, dass ein Einspruch nicht zulässig sei, sollte dies genau geprüft werden. Steuerpflichtige sollten sich in solchen Fällen rechtzeitig rechtlich beraten lassen, um ihre Rechte nicht zu verlieren.
  3. Höhere Gewalt anerkannt:
    Fehlerhafte Belehrungen, die Steuerpflichtige von der Einlegung eines Einspruchs abhalten, führen nicht zu einem Verlust ihrer Rechte. Steuerpflichtige können sich auf höhere Gewalt berufen und müssen nicht für den Fehler der Behörde haften.

Fazit

Das Urteil des BFH stärkt die Rechte von Steuerpflichtigen und begrenzt die Befugnisse der Behörden im Einspruchsverfahren. Es zeigt zudem, wie wichtig eine korrekte Rechtsbehelfsbelehrung in Steuerbescheiden ist.

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BFH: Erstattung der Steuer für einen Verdienstausfallschaden ist einkommensteuerpflichtig

Bundesfinanzhof (BFH), Pressemitteilung Nr. 1/25 vom 09.01.2025 zum Urteil IX R 5/23 vom 15.10.2024

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seinem Urteil vom 15. Oktober 2024 (Az. IX R 5/23) entschieden, dass die Einkommensteuer, die auf den Ersatz eines Verdienstausfallschadens zu zahlen und anschließend vom Schädiger erstattet wird, vom Geschädigten zu versteuern ist. Dieses Urteil klärt eine bislang umstrittene steuerliche Frage und hat weitreichende Bedeutung für Betroffene.


Sachverhalt: Verdienstausfall nach Behandlungsfehler

Die Klägerin konnte aufgrund eines schweren medizinischen Behandlungsfehlers ihren Beruf nicht mehr ausüben. Sie erhielt von der Versicherung des Schädigers jährliche Zahlungen als Ersatz für ihren Verdienstausfallschaden. Diese Zahlungen galten als Entschädigung für entgangenen Arbeitslohn und unterlagen der Einkommensteuer (§ 24 Nr. 1 Buchst. a EStG).

In den Streitjahren erstattete die Versicherung zudem die von der Klägerin in den Vorjahren bereits gezahlten Einkommensteuern, die auf die Entschädigungsleistungen entfielen. Das Finanzamt und das Finanzgericht sahen diese Erstattungen ebenfalls als steuerpflichtig an. Die Klägerin argumentierte jedoch, dass es sich dabei um einen steuerneutralen Ersatz eines Steuerschadens handele.


Entscheidung des BFH

Der BFH wies die Revision der Klägerin zurück und bestätigte die Auffassung des Finanzamts. Nach Ansicht des Gerichts stellen sowohl der Verdienstausfallschaden als auch die darauf entfallende Steuerlast Bestandteile eines einheitlichen Schadenersatzanspruchs dar. Beide Zahlungen sind somit einkommensteuerpflichtige Einnahmen.

Zentrale Argumente des BFH:

  1. Zivilrechtliche Grundlage:
    Der Anspruch auf Ersatz der Steuerlast ergibt sich aus dem zivilrechtlichen Schadenersatzanspruch. Dieser umfasst neben dem Nettoverdienstausfall auch die Steuerlast, die später vom Schädiger oder dessen Versicherung erstattet wird.
  2. Kein Unterschied in der Besteuerung:
    Die zeitliche Aufteilung der Zahlungen ändert nichts an der steuerlichen Behandlung. Beide Leistungen dienen dazu, entgangene Einnahmen zu ersetzen und unterliegen daher der Einkommensteuer.
  3. Keine tarifermäßigte Besteuerung:
    Eine ermäßigte Besteuerung gemäß § 34 EStG wurde ausgeschlossen. Der Grund: Die Zahlungen wurden nicht „außerordentlich“ in einem Jahr geleistet, sondern über mehrere Jahre verteilt. Damit fehlte die notwendige „Außerordentlichkeit“ der Entschädigung.

Bedeutung für die Praxis

Dieses Urteil verdeutlicht, dass der Ersatz von Steuerlasten, die auf Entschädigungsleistungen entfallen, steuerlich nicht anders behandelt wird als der ursprüngliche Verdienstausfallschaden selbst. Für Betroffene ergeben sich daraus folgende Konsequenzen:

  1. Steuerpflicht bleibt bestehen:
    Sowohl der Nettoverdienstausfall als auch die erstattete Steuerlast unterliegen der Einkommensteuer. Betroffene sollten dies bei der finanziellen Planung berücksichtigen.
  2. Keine Steuerermäßigung:
    Auch wenn die Zahlungen auf mehrere Jahre verteilt erfolgen, ist keine tarifermäßigte Besteuerung möglich.
  3. Prüfung der Steuerlast:
    Es empfiehlt sich, die steuerlichen Auswirkungen der Schadenersatzleistungen genau zu prüfen und entsprechende Rücklagen zu bilden, um spätere Steuerforderungen begleichen zu können.

Fazit

Das Urteil des BFH schafft Klarheit, bringt jedoch für Betroffene zusätzliche Steuerbelastungen mit sich. Insbesondere in Fällen, in denen Schadenersatzleistungen gestaffelt gezahlt werden, sollte frühzeitig geprüft werden, wie die Steuerlast optimal bewältigt werden kann.

Haben Sie Fragen zu den steuerlichen Auswirkungen von Schadenersatzleistungen? Wir stehen Ihnen gerne beratend zur Seite.

Das ändert sich 2025 bei den Sozialabgaben

Auch im Jahr 2025 gibt es wieder zahlreiche Änderungen in der gesetzlichen Sozialversicherung. Insbesondere steigen wichtige Grenzwerte, die Auswirkungen auf Beiträge und Versicherungspflichten haben. Hier ein Überblick über die wesentlichen Änderungen:


Beitragsbemessungsgrenze steigt

Die Beitragsbemessungsgrenze ist das maximale Bruttoeinkommen, bis zu dem Beiträge in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung erhoben werden. Zum 1. Januar 2025 gibt es folgende Änderungen:

  • Gesetzliche Krankenversicherung (GKV):
    Die Beitragsbemessungsgrenze steigt auf 66.150 € jährlich bzw. 5.512,50 € monatlich. 2024 lag diese Grenze noch bei 62.100 € jährlich bzw. 5.175 € monatlich.
  • Allgemeine Rentenversicherung (GRV):
    Erstmals wird die Beitragsbemessungsgrenze deutschlandweit vereinheitlicht. Ab Januar 2025 beträgt sie einheitlich 8.050 € monatlich. Zum Vergleich:
    • 2024 lag die Grenze in den neuen Bundesländern bei 7.450 € monatlich,
    • in den alten Bundesländern bei 7.550 € monatlich.

Versicherungspflichtgrenze steigt

Die Versicherungspflichtgrenze (auch Jahresarbeitsentgeltgrenze genannt) gibt an, bis zu welchem Bruttoeinkommen Beschäftigte gesetzlich krankenversichert sein müssen. Für 2025 gilt:

  • Neue Grenze: 73.800 € jährlich bzw. 6.150 € monatlich.
  • Alte Grenze (2024): 69.300 € jährlich bzw. 5.775 € monatlich.

Wer diese Grenze überschreitet, kann sich privat krankenversichern, sofern weitere Voraussetzungen erfüllt sind.


Höhere Zusatzbeiträge in der GKV

Der durchschnittliche Zusatzbeitrag in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erhöht sich 2025 deutlich von 1,7 % auf 2,5 %.

  • Viele Krankenkassen haben bereits angekündigt, ihre Zusatzbeiträge entsprechend zu erhöhen.
  • Versicherte, die mit der Erhöhung nicht einverstanden sind, haben ein Sonderkündigungsrecht und können zu einer anderen Krankenkasse wechseln.

Anstieg der Pflegeversicherungsbeiträge

Ab dem 1. Januar 2025 steigen auch die Beiträge zur Pflegeversicherung:

  • Regulärer Beitragssatz: Erhöht sich um 0,2 Prozentpunkte auf 3,6 %.
  • Beitrag für Kinderlose: Er steigt auf 4,2 %.

Die zusätzlichen Einnahmen in Höhe von rund 3,7 Milliarden Euro sollen die Zahlungsfähigkeit der Pflegeversicherung sichern, bis eine umfassende Reform beschlossen wird.


Fazit: Mehrkosten für Beschäftigte

Die Änderungen bei den Sozialabgaben bedeuten für viele Beschäftigte und Arbeitgeber höhere Beiträge. Besonders die steigenden Grenzwerte und Zusatzbeiträge in der GKV sowie der höhere Pflegebeitrag belasten die Einkommen. Ein genauer Blick auf die eigene Situation und gegebenenfalls ein Wechsel der Krankenkasse können helfen, die Auswirkungen zu minimieren.

Haben Sie Fragen zu den Änderungen oder möchten Sie prüfen, welche Optionen Ihnen zur Verfügung stehen? Wir beraten Sie gerne!

Steuerfalle: Der vermeintlich günstige ausländische Handwerker repariert das Vermietungsobjekt

Der Fachkräftemangel macht sich mittlerweile auch bei Vermietern bemerkbar. Regionale Handwerker sind oft ausgebucht, und ihre Angebote sind häufig sehr kostspielig. Daher greifen Vermieter zunehmend auf ausländische Handwerker zurück. Doch hier lauern Steuerfallen, die wir Ihnen nachfolgend erläutern möchten.

1. Ertragsteuerliche Behandlung: Das Wahlrecht der Werbungskosten

Nehmen wir Herrn Müller als Beispiel: ein lediger Arbeitnehmer mit einem zu versteuernden Einkommen von 50.000 EUR, der das Dach seines vermieteten Mehrfamilienhauses sanieren ließ. Nachdem regionale Handwerker keine Kapazitäten hatten und ein Angebot über 33.000 EUR ihm zu teuer erschien, beauftragte er einen ausländischen Handwerker für 30.000 EUR.

Die Kosten für die Dachsanierung gelten als Werbungskosten und können steuerlich geltend gemacht werden. Hier hat Herr Müller ein Wahlrecht:

  • Sofortiger Abzug der vollen 30.000 EUR im Zahlungsjahr.
  • Verteilung der Kosten über zwei bis fünf Jahre gemäß § 82b Abs. 1 EStDV.

Steuerliche Auswirkungen (Tarif 2024):

  • Sofortiger Abzug: Steuerersparnis von 9.147 EUR.
  • Verteilung auf fünf Jahre: Steuerersparnis von 10.450 EUR.

Die Verteilung bietet bei steigendem Einkommen einen Vorteil, da der progressive Steuertarif effektiv genutzt werden kann.

2. Umsatzsteuerfalle: „Umkehr der Steuerschuldnerschaft“

Die beauftragte Dachsanierung löst gemäß § 13b UStG eine Umkehr der Steuerschuldnerschaft aus. Das bedeutet: Der Vermieter, also Herr Müller, schuldet die Umsatzsteuer, nicht der ausländische Handwerker.

  • Der Leistungsort liegt in Deutschland (§ 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG).
  • Der Steuersatz beträgt 19 %, also 5.700 EUR auf die Sanierungskosten.
  • Da Herr Müller ausschließlich steuerfreie Vermietungsumsätze erzielt, ist der Vorsteuerabzug ausgeschlossen (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG).

Folge: Die 5.700 EUR Umsatzsteuer stellen eine zusätzliche Belastung dar, die nur als Werbungskosten im Zahlungsjahr abziehbar ist.

Kostenvergleich:

  • Regionaler Handwerker: 33.000 EUR
  • Ausländischer Handwerker: 30.000 EUR + 5.700 EUR Umsatzsteuer = 35.700 EUR

Herr Müller hätte mit dem regionalen Handwerker günstiger abgeschlossen.

3. Bauabzugsteuer: Die zweite Steuerfalle

Nach § 48 EStG ist bei Bauleistungen in Deutschland ein Steuerabzug in Höhe von 15 % der Gegenleistung vorzunehmen. Herr Müller hätte daher 4.500 EUR (15% von 30.000 EUR) Bauabzugsteuer einbehalten und an das Finanzamt abführen müssen. Da er dies nicht tat, haftet er für diesen Betrag.

Ausnahmen:

  • Der Bau betrifft den privaten Bereich.
  • Es liegt eine gültige Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG vor.
  • Die Bagatellgrenze von 15.000 EUR wird nicht überschritten.

Da diese Ausnahmen nicht zutrafen, war die Bauabzugsteuer rechtens.

Fazit: Vorsicht bei ausländischen Handwerkern

Die Beauftragung ausländischer Handwerker mag auf den ersten Blick günstiger erscheinen, kann jedoch durch Umsatzsteuer und Bauabzugsteuer schnell teurer werden. Vermieter sollten daher stets:

  • Vorab prüfen, ob eine Freistellungsbescheinigung vorliegt.
  • Die steuerlichen Konsequenzen sorgfältig kalkulieren.
  • Bei Unsicherheiten einen Steuerberater zu Rate ziehen.

So vermeiden Sie teure Überraschungen und sichern Ihre Liquidität.

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Schenkungsteuer: Gesetzeslücke ermöglichte steuerfreie Wertverschiebungen bis zur Einführung des § 7 Abs. 9 ErbStG

Hintergrund zur Schenkungsteuer und disquotalen Einlagen

Bis zur Einführung des § 7 Abs. 9 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) am 28. März 2024 bestand eine Gesetzeslücke, die steuerfreie Wertverschiebungen ermöglichte. Dies betraf insbesondere disquotale Einlagen in die Kapitalrücklage von Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA).

Das Finanzgericht (FG) Hamburg hat in seinem Urteil vom 11. Juli 2023 (Az. 3 K 188/21) entschieden, dass eine disquotale Einlage in die Kapitalrücklage einer KGaA keine Schenkung an den persönlich haftenden Gesellschafter (phG) darstellt. Diese Entscheidung wurde in einem weiteren Urteil vom 15. Oktober 2024 (Az. 3 K 134/22) bestätigt, wobei die Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängig ist (Az. II R 32/24).

Worum ging es in dem Streitfall?

Der Fall drehte sich um die Frage, ob eine disquotale Einlage in die ungebundene Kapitalrücklage einer KGaA als schenkungsteuerpflichtiger Vorgang gewertet werden kann. Eine disquotale Einlage bedeutet, dass Gesellschafter in unterschiedlichem Maße Kapital einlegen, wodurch sich die Wertverhältnisse der Beteiligungen verschieben. Das FG Hamburg entschied jedoch, dass diese Art der Einlage weder den Tatbestand des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG noch des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erfüllt.

Einfluss der neuen Vorschrift § 7 Abs. 9 ErbStG

Mit dem Wachstumschancengesetz vom 27. März 2024 wurde der § 7 Abs. 9 ErbStG eingeführt. Diese Norm regelt, dass als Schenkung auch die Werterhöhung der Beteiligung eines phG gilt, wenn diese durch eine Leistung einer anderen Person an die Gesellschaft entsteht. Die Vorschrift soll verhindern, dass Vermögensverschiebungen ohne steuerliche Folgen erfolgen.

Keine rückwirkende Anwendung

Das FG Hamburg stellte klar, dass § 7 Abs. 9 ErbStG nicht rückwirkend anwendbar ist. Das bedeutet, dass die Norm nur auf Sachverhalte Anwendung findet, die nach dem 28. März 2024 verwirklicht wurden. Eine rückwirkende Anwendung der neuen Vorschrift ist im Gesetz nicht vorgesehen und wurde auch in der Gesetzesbegründung explizit ausgeschlossen.

Relevanz für die Praxis

Die Entscheidung des FG Hamburg und die Einführung des § 7 Abs. 9 ErbStG verdeutlichen, dass der Gesetzgeber auf bestehende Gestaltungsspielräume reagiert hat. Bis zum Inkrafttreten der neuen Norm konnten disquotale Einlagen in KGaAs steuerfrei erfolgen, da weder der Tatbestand des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG noch des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erfüllt war.

Ausblick und Bedeutung der Revision

Da der Fall nun beim BFH anhängig ist, bleibt abzuwarten, ob das höchste deutsche Finanzgericht die Entscheidung des FG Hamburg bestätigt oder zu einer anderen Auslegung kommt. Unabhängig davon zeigt sich, dass die steuerliche Behandlung von Einlagen in KGaAs eine erhebliche Bedeutung für die Unternehmens- und Nachfolgeplanung hat.

Für Steuerpflichtige, die sich mit disquotalen Einlagen oder der Gestaltung von Kapitalrücklagen beschäftigen, ist es ratsam, die Entwicklungen in der Rechtsprechung aufmerksam zu verfolgen und gegebenenfalls steuerliche Beratung in Anspruch zu nehmen.

Negative Einlagenkonten bei GmbH bleiben steuerlich gewinnneutral

Negative Einlagenkonten in der Bilanz von GmbHs sind ein steuerlich spannendes Thema, insbesondere wenn es um die Behandlung von stillen Gesellschaften geht. Das Finanzgericht (FG) München hat in einem aktuellen Urteil klargestellt, dass diese negativen Einlagenkonten beim Geschäftsinhaber nicht gewinnwirksam ausgebucht werden dürfen (FG München 19.3.24, 6 K 820/21; Rev. BFH XI R 18/24). Diese Entscheidung hat weitreichende Folgen für die steuerliche Praxis von GmbHs und deren Gesellschafter.

Hintergrund der Entscheidung

Im verhandelten Fall war eine GmbH betroffen, an der zwei typisch stille Gesellschafter mit jeweils 25 % am Gewinn und Verlust beteiligt waren. Es bestand keine Nachschusspflicht der Gesellschafter. Im Jahr 2013 wurden die Beteiligungen durch einen Vergleich aufgehoben. Die GmbH beantragte daraufhin in ihrer Steuerbilanz einen Verlustabzug aufgrund der negativen Einlagenkonten der Gesellschafter. Das Finanzamt (FA) lehnte den Antrag ab und argumentierte, dass solche negativen Einlagenkonten nicht gewinnwirksam berücksichtigt werden können.

Entscheidung des FG München

Das FG München bestätigte die Auffassung des Finanzamts. Negative Einlagenkonten gelten nicht als bilanzierungsfähiger Vermögensgegenstand. Stattdessen werden sie als qualifizierte Kredite der stillen Gesellschafter betrachtet. In der Bilanz müssen sie als „Sonstige Verbindlichkeiten“ ausgewiesen werden.

Wichtiger Punkt: Endet die stille Gesellschaft, gehen diese negativen Einlagenkonten nicht auf den Geschäftsinhaber über. Ihre Ausbuchung hat daher keine gewinnwirksamen Folgen für die GmbH.

Praktische Auswirkungen

Diese Entscheidung verdeutlicht die steuerlichen Grenzen für GmbHs und deren stille Gesellschafter. Die Verluste, die zu den negativen Einlagenkonten führten, können steuerlich nicht in der GmbH geltend gemacht werden. Vielmehr ist es den stillen Gesellschaftern möglich, diese Verluste als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abzuziehen.

Fazit

Das Urteil des FG München schafft Klarheit darüber, wie negative Einlagenkonten in der GmbH-Bilanz zu behandeln sind. GmbHs sollten darauf achten, dass negative Einlagenkonten korrekt bilanziert werden, um spätere Auseinandersetzungen mit dem Finanzamt zu vermeiden. Für stille Gesellschafter bedeutet dies, dass sie steuerliche Verluste nur auf ihrer eigenen Ebene, nicht aber in der GmbH, geltend machen können.

Wer sich unsicher ist, sollte rechtzeitig steuerlichen Rat einholen, um die bilanzielle und steuerliche Behandlung optimal zu gestalten.

Steuerklassen 2025: Was Sie über die Änderungen wissen sollten

Mit dem Jahr 2025 treten einige Änderungen in den Steuerklassen in Kraft, die sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber von Bedeutung sind. Diese Anpassungen sind Teil der Bemühungen, das Steuersystem gerechter und effizienter zu gestalten. Hier sind die wichtigsten Punkte, die Sie über die Steuerklassen 2025 wissen sollten:

  • Steuerklassenwahl und Lohnersatzleistungen: Die Wahl der Steuerklassenkombination oder die Anwendung des Faktorverfahrens kann erhebliche Auswirkungen auf die Höhe der Entgelt- und Lohnersatzleistungen haben. Dazu gehören Leistungen wie Arbeitslosengeld I, Kurzarbeitergeld, Krankengeld und Elterngeld. Es ist wichtig, dass Ehegatten oder Lebenspartner bei der Wahl ihrer Steuerklasse diese Auswirkungen berücksichtigen, um finanzielle Nachteile zu vermeiden.
  • Beantragung von Steuerklassenwechseln: Ein Steuerklassenwechsel oder die Anwendung des Faktorverfahrens für das Kalenderjahr 2025 kann bis spätestens 30. November 2024 beim zuständigen Wohnsitzfinanzamt beantragt werden. Diese Frist ist entscheidend, um rechtzeitig die gewünschten Anpassungen vornehmen zu können.
  • Kontinuität der Steuerklassen: Grundsätzlich gilt die im Vorjahr verwendete Steuerklasse auch im neuen Jahr weiter, sofern keine Änderungen beantragt werden. Dies bietet eine gewisse Stabilität und Planbarkeit für Steuerpflichtige, die keine Änderungen in ihrer steuerlichen Situation erwarten.

Die Änderungen in den Steuerklassen 2025 sind darauf ausgelegt, den Steuerpflichtigen mehr Flexibilität und Kontrolle über ihre steuerliche Situation zu geben. Es ist ratsam, sich frühzeitig mit den neuen Regelungen vertraut zu machen und gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen, um die steuerlichen Vorteile optimal zu nutzen.

Steuertabellen 2025: Was sich ändert und was Sie wissen sollten

Mit dem Jahr 2025 stehen einige Änderungen in den Steuertabellen an, die sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber betreffen. Diese Anpassungen sind Teil der kontinuierlichen Bemühungen, das Steuersystem an die wirtschaftlichen Gegebenheiten und sozialen Bedürfnisse anzupassen. Hier sind die wichtigsten Änderungen, die Sie kennen sollten:

  • Anhebung des Grundfreibetrags: Der in den Einkommensteuertarif integrierte Grundfreibetrag wird um 300 € auf 12.084 € im Jahr 2025 angehoben. Ab 2026 erfolgt eine weitere Erhöhung um 252 € auf 12.336 €. Diese Anpassung soll die Steuerlast für Geringverdiener reduzieren und die Kaufkraft stärken.
  • Erhöhung des Kinderfreibetrags: Für den Veranlagungszeitraum 2025 wird der steuerliche Kinderfreibetrag um 60 € auf 6.672 € angehoben. Ab 2026 erfolgt eine weitere Erhöhung um 156 € auf 6.828 €. Diese Maßnahme zielt darauf ab, Familien finanziell zu entlasten.
  • Kindergeldanpassung: Das Kindergeld wird ab dem 01.01.2025 von derzeit 250 € um 5 € auf 255 € pro Kind im Monat erhöht. Ab 2026 soll das Kindergeld um weitere 4 € auf 259 € pro Monat steigen. Diese Erhöhungen sind an die Anpassungen der Kinderfreibeträge gekoppelt.
  • Reform der Sammelabschreibungen: Für abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die nach dem 31.12.2024 angeschafft werden, können Sammelposten gebildet werden, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten netto 800 € übersteigen, aber nicht 5.000 € überschreiten. Diese Änderung soll die steuerliche Behandlung von Investitionen vereinfachen.

Diese Änderungen in den Steuertabellen 2025 sind Teil eines umfassenderen Reformpakets, das darauf abzielt, die Steuerlast gerechter zu verteilen und die wirtschaftliche Stabilität zu fördern. Es ist wichtig, sich über diese Anpassungen zu informieren, um die eigenen Steuerangelegenheiten optimal zu gestalten.

Angehörige im Minijob? So machen Sie es richtig! 

Minijobs sind eine praktische Möglichkeit, Angehörige in den Betrieb einzubinden. Doch Vorsicht: Das Finanzamt prüft Arbeitsverträge mit Angehörigen besonders genau. Schnell entsteht der Verdacht eines „Scheinarbeitsverhältnisses“ – und das kann teuer werden.

Damit Ihr Angehörigen-Arbeitsvertrag steuerlich anerkannt wird, müssen Sie eindeutig nachweisen, dass es sich um ein echtes Arbeitsverhältnis und nicht um private Unterhaltsleistungen handelt.

Hier sind die wichtigsten Punkte, die Sie beachten sollten:

1. Schriftlicher Arbeitsvertrag:

  • Vertragliche Grundlagen: Schließen Sie den Arbeitsvertrag unbedingt schriftlich ab und halten Sie alle relevanten Punkte fest – genauso, wie Sie es mit jedem anderen Arbeitnehmer auch tun würden.
  • Nachweispflicht: Sie müssen dem Finanzamt gegenüber nachweisen können, dass ein echter Vertrag besteht und dieser auch tatsächlich umgesetzt wird.

2. Checkliste für den Arbeitsvertrag:

  • Probezeit: Vereinbaren Sie in jedem Fall eine Probezeit von 3 bis 6 Monaten. Dies entspricht der gängigen Praxis und stärkt die Glaubwürdigkeit des Arbeitsverhältnisses.
  • Tätigkeitsbereich: Definieren Sie den Tätigkeitsbereich und die Arbeitsbedingungen präzise. Nur so kann das Finanzamt die Angemessenheit der Vergütung beurteilen.
    • Beispiel: Ist Ihr Angehöriger als Buchhalter angestellt, darf die Vergütung nicht höher sein als bei einem externen Buchhalter. Übernimmt er zusätzlich Aufgaben im Verkauf, muss dies im Vertrag festgehalten werden und rechtfertigt ein höheres Gehalt.
  • Arbeitszeit: Vermeiden Sie unklare Formulierungen wie „Mitarbeit nach Bedarf“. Legen Sie die wöchentliche oder monatliche Arbeitszeit konkret fest.
  • Gehalt: Regeln Sie die Höhe und Zahlungsweise des Gehalts eindeutig. Das Gehalt muss angemessen sein und dem entsprechen, was ein fremder Arbeitnehmer für die gleiche Tätigkeit erhalten würde.
  • Urlaub: Auch Minijobber haben Anspruch auf bezahlten Urlaub. Der Mindesturlaub beträgt 24 Werktage im Jahr.

3. Weitere Nachweise:

  • Arbeitsplatz: Stellen Sie Ihrem Angehörigen einen festen Arbeitsplatz zur Verfügung.
  • Lohnzahlung: Überweisen Sie den Lohn regelmäßig auf das Konto des Angehörigen – Barzahlungen sind zu vermeiden.
  • Stundenzettel: Führen Sie Stundenzettel, um die tatsächlich geleisteten Arbeitszeiten zu dokumentieren.

Fazit:

Mit einem sorgfältig formulierten Arbeitsvertrag und den entsprechenden Nachweisen minimieren Sie das Risiko, dass das Finanzamt Ihren Angehörigen-Minijob als Scheinarbeitsverhältnis einstuft. So gehen Sie 2025 bei Minijobs im Familienkreis auf Nummer sicher!

Tipp: Lassen Sie sich im Zweifel von einem Steuerberater beraten. Dieser kann Ihnen helfen, den Arbeitsvertrag korrekt zu gestalten und alle notwendigen Nachweise zu erbringen.

Digitale Steuererklärung leicht gemacht – Formulare und Vordrucke

Die Einreichung von Steuerformularen ist heute einfacher denn je – dank ELSTER. Viele Steuerformulare können mittlerweile bequem und sicher elektronisch eingereicht werden. In diesem Beitrag erfahren Sie, welche Vorteile die digitale Abgabe hat und welche Formulare für Baden-Württemberg zur Verfügung stehen.

Vorteile der digitalen Einreichung

Mit ELSTER profitieren Sie von mehreren Vorteilen:

  • Plausibilitätsprüfung: Fehler werden direkt erkannt und können korrigiert werden.
  • Datenübernahme aus Vorjahren: Sparen Sie Zeit, indem Sie Ihre Daten aus vorherigen Steuerjahren übernehmen.
  • Elektronischer Belegabruf: Arbeitgeber-, Renten- oder Versicherungsdaten werden automatisch übernommen.

Weitere Informationen zu ELSTER finden Sie auf der ELSTER-Homepage.

Pflicht zur elektronischen Übermittlung

In bestimmten Fällen müssen Steuererklärungen elektronisch eingereicht werden, insbesondere bei:

  • Einkünften aus Gewerbebetrieb, Land- und Forstwirtschaft oder selbständiger Arbeit
  • Körperschaftsteuererklärungen

Arbeitnehmer ohne Gewinneinkünfte sind nicht zur elektronischen Übermittlung verpflichtet. Dennoch bietet ELSTER auch hier zahlreiche Vorteile.

In Härtefällen ist eine papierhafte Abgabe möglich (§ 150 Abs. 8 AO). Ein entsprechender Antrag muss beim Finanzamt gestellt werden.

Falls Sie Fragen zu den Formularen oder der elektronischen Einreichung haben, unterstützen wir Sie gerne. Melden Sie sich einfach bei uns!

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin