Schlagwort-Archive: Werbungskosten

Vorab-Werbungskosten bei dreijährigem Stipendium im Ausland

Vorab-Werbungskosten bei dreijährigem Stipendium im Ausland

Kernproblem
Aufwendungen sind als vorweggenommene Werbungskosten abzugsfähig, wenn sie in einem hinreichend konkreten und objektiv feststellbaren Veranlassungszusammenhang mit späteren Einnahmen stehen. Das gilt auch für die Kosten berufsbezogener Bildungsmaßnahmen. Fallen die Aufwendungen bei einem Stipendium im Ausland an, gesellt sich aus steuerlicher Sicht die Problematik des Abzugsverbots solcher Ausgaben hinzu, die im Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen. Das Finanzgericht Köln hat hierzu im Fall einer promovierten Diplom-Biologin ein rechtskräftiges Urteil gefällt.

Sachverhalt
Die Biologin war bereits während ihrer Promotionszeit mit der Abhaltung von Lehrveranstaltungen an der Universität betraut und hatte sich aufgrund ihrer wissenschaftlichen Veröffentlichungen einen Namen gemacht. Sie bewarb sich im Jahr 2008 um eine Forschungsstelle an einer renommierten Universität in Kanada. Den dort lehrenden Forschungsdirektor traf sie auf einem Kongress, wo er ihr die Zusage erteilte. Im Anschluss an einen Vortrag an der kanadischen Universität wurde der Biologin ein dreijähriges Stipendium angeboten, das sie im Jahr 2009 antrat. Der ihr gewährte Unterhaltszuschuss betrug monatlich 1.057 EUR und war in Kanada steuerfrei. In der Steuererklärung 2008 beantragte die Biologin den Abzug der Kongresskosten, der Reisekosten zur Vortragsveranstaltung nach Kanada sowie der Einlagerungskosten ihrer Möbel in Deutschland. Das Finanzamt verwehrte den Abzug wegen des Zusammenhangs mit den ausländischen (steuerfreien) Einkünften. Die Biologin dagegen argumentierte mit der Aussicht auf eine gehobene Stelle an einer inländischen Universität im Anschluss an das Stipendium. Mangels außergerichtlicher Einigung ging es zum Finanzgericht.

Entscheidung
Das Finanzgericht (FG) Köln ließ den Abzug als vorweggenommene Werbungskosten zu. Nach Überzeugung der Richter waren die getätigten Aufwendungen im entscheidendem Maße dadurch veranlasst, auf Grundlage der Forschungstätigkeit die Hochschulkarriere in Deutschland nachhaltig zu fördern und damit inländische Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit als Hochschullehrerin und Spitzenforscherin zu erzielen. Dagegen war das Bestreben nach einem steuerfreien Stipendium nach Auffassung des Gerichts eindeutig zurückgetreten. Zudem begründe die Möglichkeit späterer Einnahmeerzielung im Ausland noch keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Berufsausbildungskosten und später tatsächlich erzielten Auslandseinkünften.

Konsequenz
Beim Lesen der Urteilsbegründung entsteht der Eindruck, dass es sich bei der Klägerin um eine wissenschaftliche Koryphäe gehandelt haben muss, so dass dem Gericht die Entscheidung offensichtlich leicht viel. Aber auch anderen Berufsgruppen sollte die Entscheidung Mut machen, denn das Finanzgericht hat Teile seiner Begründung der BFH-Rechtsprechung zu Berufsausbildungskosten von Piloten entnommen.

1. Höhe der Werbungskosten bei Übernachtung eines Kraftfahrers im Lkw

Höhe der Werbungskosten bei Übernachtung eines Kraftfahrers im Lkw

Kernproblem
Ist die Höhe pauschaler Werbungskosten eines Arbeitnehmers nicht durch Gesetz oder Verwaltungsanweisung festgelegt, kommt es nicht selten zum Streit mit dem Finanzamt. Zwar reicht es für den Abzug aus, dass das Vorliegen von Aufwendungen „glaubhaft gemacht“ wird. Wenn sich der Finanzbeamte in der Ausübung seiner Ermessensentscheidung aber dazu veranlasst sieht, Belege anzufordern, folgt auf eine Nichtvorlage häufig die Streichung des Werbungskostenabzugs. Dann nutzt auch nicht der Verweis auf eine großzügigere Handhabung anderer Finanzämter. Hoffnung bringt jedoch der Gang zum Finanzgericht, denn in den letzten Jahren ist eine Tendenz der Rechtsprechung zur Schätzung oder Aufteilung von abzugsfähigen Aufwendungen zu erkennen, wo früher ein striktes Abzugsverbot entgegengehalten wurde. Hiervon hat auch ein Kraftfahrer profitiert, der den Abzug von Übernachtungskosten beantragte.

Sachverhalt
Der Lkw-Fahrer war im internationalen Fernverkehr von Skandinavien bis Südeuropa tätig und übernachtete in der Schlafkabine seines Lkw. Hierfür setzte der Kraftfahrer pauschal 5 EUR je Tag für 220 Übernachtungstage an. Doch selbst den nicht übertrieben angesetzten Aufwand von insgesamt 1.100 EUR strich das Finanzamt. Stattdessen verlangte es Belege des Streitjahres oder Aufzeichnungen für einen repräsentativen Zeitraum von 3 Monaten. Es folgten Kostenschätzungen des Lkw-Fahrers, die nichts halfen, beginnend mit dem Toilettengang von je 0,50 EUR und 2-3 EUR täglich sowie der zweimaligen täglichen Dusche von jeweils 2 EUR, bis hin zur wöchentlichen Reinigung von Schlafsack oder Bettwäsche. Das hiermit befasste Finanzgericht (FG) bekam den Fall, nachdem es erst im Sinne des Finanzamts entschieden hatte, vom Bundesfinanzhof zur Schätzung der Aufwendungen zurückverwiesen.

Entscheidung
Das FG ließ nunmehr den beantragten pauschalen Aufwand von 5 EUR täglich für 220 Tage zu. Die Richter führten in ihrer Begründung aus, dass die in den Verwaltungsanweisungen vorgesehenen Pauschbeträge für Übernachtungskosten zwar nicht anwendbar seien, weil die Unterkunft (hier die Schlafkabine) unentgeltlich zur Verfügung gestellt wurde. Da jedoch davon auszugehen sei, dass typischerweise Kosten für Dusche, Toilette und Reinigung der Schlafgelegenheit anfielen, müssten die Aufwendungen geschätzt werden. Im Ergebnis erschien dem Senat ein Betrag von täglich 5 EUR als glaubhaft.

Konsequenz
Das FG folgte jetzt dem Antrag des LKW-Fahrers, zumal der Aufwand nach eigener Einschätzung eher niedrig gewählt war. Das scheinen auch die Richter so zu sehen, denn nach deren Ausführungen wäre bei der Vorlage von Einzelnachweisen für einen repräsentativen Zeitraum ein höherer Abzug möglich gewesen.

Telefonkosten als Werbungskosten bei längerer Auswärtstätigkeit

Telefonkosten als Werbungskosten bei längerer Auswärtstätigkeit

Kernaussage

Kosten für Telefongespräche, die während einer Auswärtstätigkeit von mindestens einer Woche Dauer anfallen, können als Werbungskosten bei der Einkommensteuer abzugsfähig sein. Das hat der Bundesfinanzhof kürzlich entschieden.

Sachverhalt

Der Kläger, ein Marinesoldat, führte während eines längeren Auslandseinsatzes an den Wochenenden 15 Telefongespräche mit seiner Lebensgefährtin und Angehörigen für insgesamt 252 EUR. Die Kosten machte er vergeblich in seiner Einkommensteuererklärung als Werbungskosten geltend. Das Finanzgericht hat der Klage stattgegeben. Die Revision des Finanzamts hatte keinen Erfolg.

Entscheidung

Zwar handelt es sich bei den Aufwendungen für Telefonate privaten Inhalts etwa mit Angehörigen und Freunden regelmäßig um steuerlich unbeachtliche Kosten der privaten Lebensführung. Nach einer mindestens einwöchigen Auswärtstätigkeit lassen sich die notwendigen privaten Dinge aber aus der Ferne nur durch über den normalen Lebensbedarf hinausgehende Mehrkosten regeln. Die dafür anfallenden Aufwendungen können deshalb abweichend vom Regelfall als beruflich veranlassten Mehraufwand der Erwerbssphäre zuzuordnen sein, so die Richter.

Konsequenz

Bei einer Abwesenheitsdauer von mindestens einer Woche werden die privaten Gründe der Kontaktaufnahme etwa mit Angehörigen oder Freunden typisierend betrachtet durch die beruflich/betrieblich veranlasste Auswärtstätigkeit überlagert. Einkommensteuerbescheide, die diese Rechtsprechung nicht berücksichtigen, sollten mittels Einspruch angegriffen werden.

Nachträgliche Schuldzinsen bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung

Kernproblem
Werden Einkünfte aus der Vermietung einer Immobilie erzielt, sind Schuldzinsen der Darlehensaufnahme für die Anschaffung des Objekts als Werbungskosten abzugsfähig. Etwas anderes galt jedoch nach bisheriger Rechtsprechung nach Veräußerung des Objekts. Selbst wenn der Veräußerungserlös nicht zur Schuldentilgung ausreichte, sah der Bundesfinanzhof (BFH) den Zusammenhang mit der Einkunftserzielung als unterbrochen an. In der Folge waren Schuldzinsen auf die Restverbindlichkeit nicht abzugsfähig. Hieran war schon allein deswegen Kritik aufgekommen, weil der gleiche Sachverhalt im Bereich der Gewinneinkunftsarten zu nachträglichen Betriebsausgaben führen würde. Auch die Verlängerung der Spekulationsfristen für Immobilien im Jahr 1999 von 2 auf 10 Jahre konnte dazu Anlass geben, an der bisherigen Rechtsprechung etwas zu ändern. Dies hat der BFH jetzt auch getan.

Sachverhalt
Ein Vermieter hatte im Jahr 1994 ein Wohngebäude erworben und hieraus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt. Der Großteil des Kaufpreises musste finanziert werden. Als er im Jahr 2001 das Gebäude wieder veräußerte, blieb ein Verlust von fast 800.000 EUR, den das Finanzamt auch als Spekulationsverlust gesondert feststellte. Weil nach Verrechnung mit dem Veräußerungserlös immer noch Bankverbindlichkeiten von über 500.000 EUR verblieben, fielen in einem darauffolgenden Jahr Schuldzinsen an. Das Finanzamt lehnte den Abzug als nachträgliche Werbungskosten ebenso ab, wie das Finanzgericht. So ging es mit dem Argument zum BFH, an dem Korrespondenzprinzip zwischen der weitgehenden Verschonung von privaten Veräußerungsgewinnen und dem Abzugsverbot nachträglicher Finanzierungskosten könne nach Verlängerung der Spekulationsfristen nicht länger festgehalten werden.

Entscheidung
Der BFH hat seine Rechtsprechung zur beschränkten Abziehbarkeit nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geändert und den Abzug zugelassen. Die Richter führten aus, das Urteil folge der vom Gesetzgeber getroffenen Grundentscheidung zur steuerlichen Erfassung von Wertsteigerungen bei der Veräußerung von Privatimmobilien und deren Verknüpfung mit einer vorangegangenen steuerbaren Nutzung des Grundstücks. Die gesetzliche Regelung zur Ermittlung des Veräußerungsergebnisses (in Form einer Minderung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten durch bereits in Anspruch genommene Abschreibungen) bewirke eine Gleichstellung mit einer Veräußerung im Betriebsvermögen (Erlös ./. Buchwert). So sei es folgerichtig, den nachträglichen Schuldzinsenabzug auch auf Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung auszuweiten und eine Gleichbehandlung von nachträglichen Schuldzinsen herzustellen.

Konsequenz
Zukünftig ist auf die Deklaration von Schuldzinsen zu achten, soweit der Veräußerungserlös nicht ausreicht, um das Darlehen abzulösen.

 

Presseerklärung des Bundesfinanzhofs (BFH) Nr. 62:

“Mit Urteil vom 20. Juni 2012 IX R 67/10 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass Schuldzinsen für ein Darlehen, das ursprünglich zur Finanzierung von Anschaffungskosten einer zur Vermietung bestimmten Immobilie aufgenommen wurde, grundsätzlich auch dann noch als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden können, wenn das Gebäude veräußert wird, der Veräußerungserlös aber nicht ausreicht, um die Darlehensverbindlichkeit zu tilgen.

Der Kläger hatte 1994 ein Wohngebäude erworben, dieses vermietet und hieraus Einkünfte erzielt. Im Jahr 2001 veräußerte er das Gebäude mit Verlust. Mit dem Veräußerungserlös konnten die bei der Anschaffung des Gebäudes aufgenommenen Darlehen nicht vollständig abgelöst werden; dadurch musste der Kläger auch im Streitjahr 2004 noch Schuldzinsen auf die ursprünglich aufgenommenen Verbindlichkeiten aufwenden. Das Finanzamt erkannte die vom Kläger im Rahmen seiner Einkommensteuerveranlagung für 2004 geltend gemachten “nachträglichen Schuldzinsen” nicht als Werbungskosten an.

Der BFH gab dem Kläger Recht; die geltend gemachten Schuldzinsen seien zu Unrecht nicht bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt worden. Der BFH hielt damit an seiner bisherigen – restriktiveren – Rechtsprechung zur beschränkten Abziehbarkeit nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht länger fest. Der BFH begründet seine Rechtsprechungsänderung sowohl mit der im Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom Gesetzgeber getroffenen Grundentscheidung, Wertsteigerungen bei der Veräußerung von im Privatvermögen gehaltenen Grundstücken innerhalb einer auf 10 Jahre erweiterten Frist zu erfassen, als auch mit der gesetzestechnischen Verknüpfung von privaten Veräußerungsgeschäften mit einer vorangegangenen steuerbaren und steuerpflichtigen Nutzung des Grundstücks durch die Regelung in § 23 Abs. 3 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes, welche bewirke, dass die Ermittlung des Gewinns aus einem steuerbaren Grundstücksveräußerungsgeschäft strukturell der Ermittlung des Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts des Betriebsvermögens gleichgestellt werde. Vor diesem Hintergrund sei es folgerichtig, den nachträglichen Schuldzinsenabzug bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auf den im Streitfall zu entscheidenden Sachverhalt auszuweiten und damit die notwendige steuerrechtliche Gleichbehandlung von nachträglichen Schuldzinsen bei den Gewinn- und bei den Überschusseinkünften wieder herzustellen.”

 BFH-Urteil vom 20.06.2012 – IX R 67/10

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 20.6.2012, IX R 67/10

Nachträgliche Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung – Gewinnermittlung im Rahmen des § 23 EStG erfolgt zeitpunktbezogen

Leitsätze

Schuldzinsen, die auf Verbindlichkeiten entfallen, welche der Finanzierung von Anschaffungskosten eines zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzten Wohngrundstücks dienten, können auch nach einer gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbaren Veräußerung der Immobilie weiter als (nachträgliche) Werbungskosten abgezogen werden, wenn und soweit die Verbindlichkeiten durch den Veräußerungserlös nicht getilgt werden können.

Tatbestand

1
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute und wurden im Streitjahr 2004 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erwarb mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 17. Juni 1994 ein Wohngebäude, um damit Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen; die Anschaffungskosten des Objekts betrugen (einschließlich der Anschaffungsnebenkosten) 1.841.235 EUR. Von diesen Kosten finanzierte der Kläger einen Teilbetrag in Höhe von 1.457.181,86 EUR über Darlehen der Volksbank X.
2
Der Kläger veräußerte das Objekt mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 14. Mai 2001; dabei erzielte er einen Veräußerungspreis in Höhe von 1.073.712 EUR. Unter Berücksichtigung der Veräußerungskosten ergab sich nach den gemäß § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bindenden Feststellungen des Finanzgerichts (FG) ein Veräußerungsverlust i.S. des § 23 Abs. 3 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 792.432 EUR, den der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) erstmals für den Veranlagungszeitraum 2001 nach § 10d Abs. 4 EStG gesondert feststellte. Der Kläger hat in den Jahren 2004 und 2005 nachträgliche Einkünfte aus dem Objekt in Gestalt verspätet geleisteter rückständiger Mieteinnahmen erzielt.
3
Der aus der Veräußerung des Objekts erzielte Erlös reichte nicht aus, um die im Veräußerungszeitpunkt noch bestehenden Darlehen abzulösen; das ausschließlich zum Erwerb der Immobilie aufgenommene Darlehen der Volksbank X valutierte im Zeitpunkt der Veräußerung noch mit 534.075 EUR. Für die –nach vollständiger Verwendung des Veräußerungserlöses zur Schuldentilgung– noch verbliebene Darlehensschuld wandte der Kläger im Streitjahr 2004 Schuldzinsen in Höhe von 21.135 EUR auf, die er in seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend machte.
4
Das FA berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr die vom Kläger aufgewendeten Schuldzinsen nicht als Werbungskosten im Rahmen des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Der hiergegen gerichtete Einspruch der Kläger, mit dem sie weiterhin die Berücksichtigung der erklärten Schuldzinsen begehrten, hatte keinen Erfolg.
5
Das FG wies die Klage aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 1052 genannten Gründen ab.
6
Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Sie vertreten die Auffassung, dass die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur eingeschränkten Berücksichtigung nachträglicher Schuldzinsen mit Blick auf die erweiterte Besteuerung von Wertsteigerungen im Privatvermögen seit dem Erlass des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304) nicht mehr aufrecht zu halten sei; denn das insoweit in der Rechtsprechung bemühte Argument, ein nicht steuerbarer Veräußerungsvorgang überlagere einen ursprünglich gegebenen Veranlassungszusammenhang zur Einkünfteerzielung, sei nicht mehr tragfähig, wenn der Veräußerungsvorgang selbst grundsätzlich steuerpflichtig sei. Dies habe im Übrigen auch der BFH in seinem Urteil vom 16. März 2010 VIII R 20/08 (BFHE 229, 151, BStBl II 2010, 787) zu den insoweit vergleichbaren Einkünften aus Kapitalvermögen aus einer wesentlichen Beteiligung i.S. des § 17 EStG so gesehen und seine diesbezügliche Rechtsprechung geändert. Während die frühere Rechtsprechung eine gewisse „Korrespondenz“ zwischen der weitgehenden Verschonung von Veräußerungsgewinnen im privaten Vermögensbereich und einem Abzugsverbot für nachträgliche Finanzierungsaufwendungen gesehen habe, lasse sich nun umgekehrt aus dem BFH-Urteil in BFHE 229, 151, BStBl II 2010, 787 ableiten, dass die gesetzgeberische Entscheidung, Veräußerungsgewinne im Privatvermögen weitgehend der Besteuerung zu unterwerfen, auch zum Abzug nachträglicher Finanzierungsaufwendungen führen müsse. Soweit der Gesetzgeber mit den gesetzlichen Änderungen durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 im Anwendungsbereich des § 23 EStG eine erweiterte Steuerverstrickung eingeführt habe, würden Steuerpflichtige, die Grundstücke aus ihrem Privatvermögen steuerpflichtig veräußern, durch die Versagung des Abzugs nachträglich entstehende Finanzierungskosten schlechter gestellt als Steuerpflichtige, die Grundstücke aus ihrem Betriebsvermögen veräußern. Daher müsse –jedenfalls soweit die Steuerverstrickung reiche– ein nachträglicher Schuldzinsenabzug zulässig sein. Zu Unrecht habe das FG überdies an der –in der früheren höchstrichterlichen Rechtsprechung so vertretenen– unterschiedlichen Behandlung von Überschuss- und Gewinneinkünften festgehalten. Maßgeblich sei nach der neueren BFH-Rechtsprechung nicht mehr alleine die Zuordnung des zur Einkünfteerzielung verwendeten Vermögens zum betrieblichen oder privaten Bereich, sondern die Frage, ob Wertveränderungen dieses Vermögens dem Besteuerungszugriff unterliegen. Schließlich habe das FG auch § 24 Nr. 2 EStG fehlerhaft ausgelegt. Der genannten Norm sei nicht zu entnehmen, dass der Betriebsaufgabe einerseits und der Aufgabe des Kapitalvermögens oder der Veräußerung eines Mietshauses andererseits unterschiedliche Rechtsfolgen hinsichtlich der Berücksichtigung nachträglicher Einnahmen und Aufwendungen beizumessen seien.
7
Die Kläger beantragen,

das angefochtene Urteil des FG vom 1. Juli 2010  13 K 136/07 sowie den Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom 27. März 2006, geändert durch Bescheide vom 8. Juni 2006 und vom 17. Juli 2009, sämtlich in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Mai 2007 aufzuheben und die Einkommensteuer für das Streitjahr unter Berücksichtigung der erklärten Verluste aus Vermietung und Verpachtung festzusetzen, dem FA die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen und die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

8
Das FA beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen,

hilfsweise den Rechtsstreit zur weiteren Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht an das FG zurückzuverweisen.

9
Das FA vertritt die Auffassung, dass die unterschiedliche Behandlung von nachträglichem Aufwand bei den Gewinneinkünften einerseits und den Überschusseinkünften andererseits durch den –auch in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts als gültige Grundkonzeption des deutschen Einkommensteuerrechts anerkannten– Dualismus der Einkunftsarten gerechtfertigt sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem BFH-Urteil in BFHE 229, 151, BStBl II 2010, 787, da dessen Grundsätze trotz der von zwei auf zehn Jahre verlängerten Veräußerungsfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht übertragen werden könnten. Der Veranlassungszusammenhang der Schuldzinsen mit der Finanzierung der Anschaffungskosten einer zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzten Immobilie sei durch deren Veräußerung unterbrochen; daher könnten die von den Klägern aufgewandten nachträglichen Schuldzinsen allenfalls bei den sonstigen Einkünften i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG berücksichtigt werden. Überdies müsste eine verlustbringende Veräußerung auch bei der Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht der Kläger berücksichtigt werden.
10
Das dem Verfahren nach § 122 Abs. 2 FGO beigetretene Bundesministerium der Finanzen (BMF) vertritt die Auffassung, das FG habe zu Recht an der bisherigen Rechtsprechung des BFH zum beschränkten Schuldzinsenabzug nach Veräußerung der Immobilie festgehalten; nach Aufgabe der Vermietungstätigkeit gezahlte Schuldzinsen seien auch mit Blick auf die verlängerten Veräußerungsfristen des § 23 EStG keine nachträglichen Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, wenn der Veräußerungserlös der Immobilie nicht zur Tilgung des zur Finanzierung der Anschaffungskosten oder Herstellungskosten aufgenommenen Kredits ausreiche.
11
Die Rechtsgrundsätze des BFH-Urteils in BFHE 229, 151, BStBl II 2010, 787 seien nicht auf die Rechtslage bei § 21 EStG übertragbar, weil die Änderungen in den maßgeblichen Vorschriften nicht miteinander vergleichbar seien. Rechtsfolge der Bestimmung des § 17 EStG sei –anders als bei der Regelung in § 23 EStG– eine von der Haltedauer unabhängige durchgängige steuerliche Verstrickung der betreffenden Anteile. Vor diesem Hintergrund lasse sich eine Gleichbehandlung mit betrieblichen Einkünften noch eher begründen; dies gelte insbesondere auch aufgrund des Wortlauts des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG, der die betreffenden Gewinne aus der Veräußerung der Anteile zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb zähle. Demgegenüber bleibe es bei der Besteuerung der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften von Grundstücken auch nach Verlängerung der Veräußerungsfrist von zwei auf zehn Jahren dabei, dass das Wirtschaftsgut selbst der privaten Vermögensebene zuzuordnen sei. Daher könne man bei der Verlängerung der Veräußerungsfrist im Rahmen des § 23 EStG nicht von einem vergleichbaren „Paradigmenwechsel“ sprechen. Dies habe bislang auch der erkennende Senat stets so gesehen, wenn er –etwa in seinen Urteilen vom 22. April 2008 IX R 29/06 (BFHE 221, 97, BStBl II 2009, 296) und vom 18. Oktober 2006 IX R 28/05 (BFHE 215, 202, BStBl II 2007, 259)– die Objektivierung der Einkünfteerzielungsabsicht bei § 23 EStG mit den „verhältnismäßig kurzen Veräußerungsfristen“ begründet habe. Eine Vergleichbarkeit der genannten Regelungen in § 17 und § 23 EStG sei überdies auch deshalb nicht gegeben, weil die Grundstruktur der genannten Regelungen auch im Zuge der Änderungen durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 unverändert geblieben sei; insbesondere sei die gesetzgeberische Grundentscheidung, wonach Verluste aus Veräußerungsgeschäften i.S. des § 23 EStG lediglich innerhalb der Einkunftsart verrechnet werden dürfen (§ 23 Abs. 3 Satz 8 EStG), nicht angetastet worden.
12
Das beigetretene BMF hat keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

13
II. Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Das FG hat die von den Klägern geltend gemachten nachträglichen Schuldzinsen zu Unrecht nicht bei der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt.
14
1. Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Hierzu zählen auch Schuldzinsen, soweit diese mit einer Einkunftsart, vorliegend den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung i.S. des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 1 EStG).
15
a) Als maßgebliches Kriterium für einen steuerrechtlich anzuerkennenden wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen Aufwendungen und einer Einkunftsart wird die wertende Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen „auslösenden Moments“ sowie dessen „Zuweisung zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre“ angesehen (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 21. September 2009 GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672). Bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung kommt einerseits dem mit der Schuldaufnahme verfolgten Zweck, welcher auf die Erzielung von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung gerichtet sein muss, und andererseits der zweckentsprechenden Verwendung der Mittel entscheidende Bedeutung zu. Der notwendige Veranlassungszusammenhang von Schuldzinsen mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist danach als gegeben anzusehen, wenn ein objektiver Zusammenhang dieser Aufwendungen mit der Überlassung eines Vermietungsobjektes zur Nutzung besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung dieser Nutzungsüberlassung gemacht werden. Mit der erstmaligen Verwendung einer Darlehensvaluta zur Anschaffung eines Vermietungsobjektes wird die maßgebliche Verbindlichkeit diesem Verwendungszweck unterstellt (vgl. BFH-Urteile vom 27. Oktober 1998 IX R 44/95, BFHE 187, 276, BStBl II 1999, 676; vom 29. Juli 1997 IX R 89/94, BFHE 184, 80, BStBl II 1997, 772; Bergkemper in Herrmann/Heuer/Raupach, § 9 EStG Rz 362; Blümich/Thürmer, § 9 EStG Rz 203).
16
b) Nach den bisher in der Rechtsprechung vertretenen Grundsätzen besteht der Zweck, sofern das Darlehen nicht vorher abgelöst wird, jedenfalls solange fort, bis die Vermietungsabsicht aufgegeben wird und die Vermietungstätigkeit bzw. das Rechtsverhältnis im Sinne der Einkunftsart endet mit der Konsequenz, dass die auf das Darlehen gezahlten Schuldzinsen nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 1 EStG zwar in dem genannten Zeitraum als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt, nach Ende der Vermietungstätigkeit jedoch grundsätzlich nicht mehr als solche anerkannt wurden – und zwar auch dann nicht, wenn der Erlös aus der Veräußerung eines zuvor zur Vermietung genutzten Grundstücks nicht ausreichte, um das ursprünglich zur Anschaffung des Grundstücks aufgenommene Darlehen abzulösen (vgl. BFH-Urteile vom 25. April 1995 IX R 114/92, BFH/NV 1995, 966; vom 24. April 1997 VIII R 53/95, BFHE 183, 155, BStBl II 1997, 682; vom 19. August 1998 X R 96/95, BFHE 187, 21, BStBl II 1999, 353; vom 25. Januar 2001 IX R 27/97, BFHE 195, 135, BStBl II 2001, 573). Etwas anderes galt mit Blick auf die Regelung in § 24 Nr. 2 EStG für rückständige Zinsen, die auf die Zeit der Vermietung entfielen, jedoch erst nach Beendigung der Vermietungstätigkeit geleistet wurden (BFH-Urteile vom 21. Dezember 1982 VIII R 48/82, BFHE 138, 47, BStBl II 1983, 373; vom 23. Januar 1990 IX R 8/85, BFHE 159, 488, BStBl II 1990, 464; Blümich/Thürmer, § 9 EStG Rz 600 „Zinsen“). Zudem hat die Rechtsprechung nach Aufgabe der Vermietungstätigkeit gezahlte Schuldzinsen dann als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt, wenn mit dem Kredit Aufwendungen finanziert worden sind, die während der Vermietungstätigkeit als sofort abziehbare Werbungskosten zu beurteilen waren (BFH-Urteile vom 16. September 1999 IX R 42/97, BFHE 190, 165, BStBl II 2001, 528; vom 12. Oktober 2005 IX R 28/04, BFHE 211, 255, BStBl II 2006, 407).
17
2. An dieser Rechtsprechung hält der Senat aus den nachfolgend dargelegten Erwägungen nicht länger fest.
18
a) Die bisherige Rechtsprechung zur beschränkten Abziehbarkeit nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung hat sich maßgebend von der Erwägung leiten lassen, dass der ursprünglich bestehende wirtschaftliche Zusammenhang zwischen dem zur Finanzierung von Anschaffungskosten aufgenommenen Darlehen und den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung mit der Veräußerung des Grundstücks beendet sei und das anschließend fortbestehende (Rest-)Darlehen seine Ursache in dem im privaten Vermögensbereich erlittenen, nicht steuerbaren Veräußerungsverlust habe; Aufwendungen hierauf seien nur noch Gegenleistung für die Überlassung von Kapital, das nicht mehr der Erzielung von steuerbaren Einnahmen diene (vgl. BFH-Urteile in BFH/NV 1995, 966; vom 7. August 1990 VIII R 67/86, BFHE 162, 48; in BFHE 138, 47, BStBl II 1983, 373).
19
Diese Erwägungen mögen vor dem Hintergrund der Regelung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG in den Fassungen vor 1999, welche sich auf Veräußerungsgeschäfte mit „Spekulationscharakter“ beschränkte, gerechtfertigt gewesen sein. Mit der auf zehn Jahre erweiterten Erfassung von Wertsteigerungen bei der Veräußerung von im Privatvermögen gehaltenen Grundstücken durch § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002, welche ausweislich der Gesetzesbegründung der Verbreiterung der Besteuerungsgrundlagen dienen sollte (vgl. BTDrucks 14/23, S. 179 f.), hat der Gesetzgeber eine Grundentscheidung dahin getroffen, dass zur Erzielung von Einkünften dienende Wohngrundstücke für den genannten Zeitraum –d.h. über einen reinen, steuerpolitisch gerechtfertigten „Spekulationszeitraum“ hinaus– nicht mehr dem privaten, sondern dem steuerrechtlich erheblichen Vermögensbereich zuzuordnen sind und ein etwaiger Gewinn oder Verlust aus privaten Veräußerungsgeschäften der Besteuerung unterliegt.
20
b) Vor dem Hintergrund dieser gesetzgeberischen Grundentscheidung ist das bisher von der Rechtsprechung bemühte Argument, der Fortbestand eines den Verkaufserlös der veräußerten Einkunftsquelle übersteigenden (Rest-)Darlehens habe seine Ursache in dem im privaten Vermögensbereich erlittenen, nicht steuerbaren Veräußerungsverlust, nicht länger ergiebig. Nachträgliche Schuldzinsen können mithin auch im Bereich der Überschusseinkünfte der Finanzierung eines steuerrechtlich erheblichen Veräußerungs- oder Aufgabeverlusts dienen. Die Notwendigkeit einer dahin gehenden Fortentwicklung der Rechtsprechung wird besonders an der Regelung des § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG (vormals § 23 Abs. 3 Satz 2 EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes –JStG– 1996, BStBl I 1995, 438, 461) deutlich, wonach im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines veräußerten Wirtschaftsguts sich um Absetzungen für Abnutzung, erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen mindern, soweit sie bei der Ermittlung der Einkünfte i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 4 bis 6 EStG abgezogen worden sind. Diese Regelung –die nach § 52 Abs. 22 EStG i.d.F. des JStG 1996 auf Veräußerungsgeschäfte anzuwenden ist, bei denen der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut nach dem 31. Juli 1995 angeschafft hat– verknüpft das private Veräußerungsgeschäft mit der bisherigen steuerbaren und steuerpflichtigen Nutzung des Grundstücks und bewirkt, dass die Ermittlung des Gewinns aus einem nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbaren privaten Veräußerungsgeschäft –strukturell– der Ermittlung eines Gewinns aus der Veräußerung eines Wirtschaftsguts des Betriebsvermögens gleichgestellt wird. Denn die Höhe des Gewinns i.S. des § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG hängt ab von der bisherigen Nutzung des Grundstücks und von der Entscheidung des Steuerpflichtigen, bestimmte Abzugsbeträge im Rahmen der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung geltend zu machen (vgl. Heuermann, Deutsche Steuer-Zeitung 2002, 864, 866).
21
c) Eine Ausweitung des nachträglichen Schuldzinsenabzugs bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung führt im System der Einkommensteuer weder zu Wertungswidersprüchen noch zu sachwidrigen Ergebnissen. Der Gesetzgeber selbst hat den Besteuerungszugriff mit der Verlängerung der Veräußerungsfrist für Grundstücke auf zehn Jahre durch § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG i.d.F. seit 1999 in bedeutsamer Weise ausgedehnt. Der Senat überträgt diese gesetzgeberische Grundentscheidung lediglich folgerichtig auf seine Rechtsprechung, mit der er auch schon bisher den weiteren Abzug von bislang auf einen veräußerten Grundstücksanteil entfallenden Schuldzinsen im Wege der Surrogation unter bestimmten Voraussetzungen zugelassen hat (vgl. etwa BFH-Urteile vom 25. Februar 2009 IX R 52/07, BFH/NV 2009, 1255; vom 8. April 2003 IX R 36/00, BFHE 202, 280, BStBl II 2003, 706) und stellt dabei die notwendige steuerrechtliche Gleichbehandlung von nachträglichen Schuldzinsen bei den Gewinn- und bei den Überschusseinkünften (s. hierzu Beiser, Der Abzug von Schuldzinsen in der Einkommensteuer, Berlin 1990, 129) wieder her.
22
3. Nach diesen Grundsätzen besteht ein ursprünglich gesetzter Veranlassungszusammenhang zwischen einem (Rest-)Darlehen, das der Finanzierung von Anschaffungskosten eines zur Erzielung von Mieteinkünften erworbenen Immobilienobjektes diente, und den (früheren) Einkünften aus Vermietung und Verpachtung grundsätzlich auch dann weiter fort, wenn der Steuerpflichtige das Objekt veräußert und der Erlös aus der Veräußerung nicht ausreicht, um das ursprünglich zur Anschaffung des Grundstücks aufgenommene Darlehen abzulösen. Durch die mit der Veräußerung des Wohngrundstücks einhergehende Beendigung der Vermietungstätigkeit ist der ursprüngliche Veranlassungszusammenhang nicht unterbrochen; vielmehr sind die nachträglichen Schuldzinsen nach wie vor durch die ursprünglich zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aufgenommenen Schulden ausgelöst.
23
Mit der Veräußerung des ursprünglich zur Erzielung von Mieteinkünften erworbenen Immobilienobjektes wird auch kein „neuer“, den bisherigen Veranlassungszusammenhang mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung überlagernder oder gar ersetzender Zusammenhang mit den sonstigen Einkünften i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG geschaffen. Zwar können Aufwendungen, die während des nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG maßgeblichen Zeitraums angefallen sind, auch Werbungskosten i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 1, § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG sein. Ein Abzug als Werbungskosten bei den Einkünften nach § 23 EStG kommt indes zum einen nur dann in Betracht, soweit nicht der Veräußerungsgegenstand im Rahmen einer vorrangigen Einkunftsart genutzt wurde (vgl. § 23 Abs. 2 EStG). Sind daher die Aufwendungen im Rahmen einer steuerlich relevanten Nutzung als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu werten, scheidet der Abzug als Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften schon dem Grunde nach aus. Zum anderen erfolgt die Gewinnermittlung im Rahmen des § 23 EStG zeitpunktbezogen; aufgrund dieser einkunftsartbedingten Besonderheit kommt eine Berücksichtigung von Schuldzinsen, die nicht innerhalb der Frist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG angefallen sind, entgegen der Auffassung des FA bei den Einkünften nach § 23 EStG nicht in Betracht (vgl. BFH-Urteile vom 16. Juni 2004 X R 22/00, BFHE 206, 406, BStBl II 2005, 91; vom 12. Dezember 1996 X R 65/95, BFHE 182, 363, BStBl II 1997, 603; Blümich/Glenk, § 23 EStG Rz 181, 195).
24
4. In Einschränkung dieser Grundsätze ist ein Veranlassungszusammenhang von nachträglichen Schuldzinsen mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung –entsprechend der rechtlichen Behandlung nachträglicher Schuldzinsen auf Betriebsschulden nach Aufgabe oder Veräußerung des Betriebs als Betriebsausgaben (s. BFH-Urteile vom 28. März 2007 X R 15/04, BFHE 217, 507, BStBl II 2007, 642; vom 19. August 1998 X R 96/95, BFHE 187, 21, BStBl II 1999, 353)– dann allerdings zu verneinen, wenn die Schuldzinsen auf Verbindlichkeiten entfallen, die durch den Veräußerungspreis des Immobilienobjektes hätten getilgt werden können (sog. Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung). In diesem Fall beruht die Entscheidung des Steuerpflichtigen, im Veräußerungszeitpunkt noch valutierende Darlehensschulden nicht oder nicht im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten zurückzuführen, auf einer privaten Motivation, die den ursprünglichen Veranlassungszusammenhang überlagert (vgl. Jachmann/ Schallmoser, Deutsches Steuerrecht 2011, 1245, 1249). Ein fortdauernder Veranlassungszusammenhang von nachträglichen Schuldzinsen mit früheren Einkünften i.S. des § 21 EStG kann ferner dann nicht mehr angenommen werden, wenn der Steuerpflichtige zwar ursprünglich –etwa mit Blick auf eine dauerhaft angelegte Vermietung des maßgeblichen Objektes– mit Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt hat (zur Typisierung der Einkünfteerzielungsabsicht vgl. BFH-Urteil vom 30. September 1997 IX R 80/94, BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771; zur Übernahme der Typisierung durch den Gesetzgeber s. die Neuregelung des § 21 Abs. 2 EStG i.d.F. des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 (BGBl I 2011, 2131) sowie die hierzu gegebene Gesetzesbegründung in BRDrucks 54/11, 51), seine Absicht zu einer (weiteren) Einkünfteerzielung jedoch bereits vor der Veräußerung des Immobilienobjektes aus anderen Gründen weggefallen ist.
25
Der Senat braucht nicht zu entscheiden, in welchen darüber hinaus denkbaren Fallkonstellationen eine den ursprünglichen Veranlassungszusammenhang überlagernde private Motivation den Schluss rechtfertigen könnte, dass nachträgliche Schuldzinsen nicht mehr durch die ursprünglich zu Vermietungszwecken aufgenommenen Schulden ausgelöst sind. Jedenfalls ist in den Fällen, in denen der Steuerpflichtige –ohne seine Absicht zur Einkünfteerzielung vor der Zeit aufgegeben zu haben– das bisher der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienende Wohngrundstück steuerbar veräußert und der Erlös aus der Veräußerung nicht ausreicht, um das ursprünglich zur Anschaffung des Grundstücks aufgenommene Darlehen abzulösen, von einem Fortbestand des Veranlassungszusammenhangs auszugehen.
26
5. Die Sache ist spruchreif; der Klage ist stattzugeben. Die Höhe der von dem Kläger im Streitjahr aufgewandten nachträglichen Schuldzinsen ist ebenso wenig streitig wie der Umstand, dass er das verbliebene (Rest-)Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungskosten eines der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienenden Wohngebäudes aufgenommen hat. Unstreitig war der Kläger auch nicht in der Lage, die bestehenden Darlehensverbindlichkeiten bei der Veräußerung des Immobilienobjektes vollständig zu tilgen; der Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung wurde insoweit beachtet.
27
6. Die Ermittlung und Berechnung der festzusetzenden Einkommensteuerbeträge nach Maßgabe der Gründe dieser Entscheidung wird dem FA gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 121 Satz 1 FGO übertragen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
28
7. Der Antrag der Kläger, die Hinzuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, ist im Revisionsverfahren unzulässig (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 28. März 2000 VIII R 68/96, BFHE 191, 505; vom 14. Mai 2009 IV R 47/07, BFHE 225, 116, BStBl II 2009, 900). Die Entscheidung nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO gehört sachlich zum Kostenfestsetzungsverfahren. Zuständig ist deshalb das FG als Gericht des ersten Rechtszugs (z.B. BFH-Urteil vom 2. Juni 1999 X R 16/96, BFHE 189, 67, BStBl II 1999, 596).

Werbungskosten bei den Einkünften aus V+V

Werbungskosten bei den Einkünften aus V+V

Kernaussage

Auch Ausgleichszahlungen für die unterlassene Geltendmachung eines Wohnrechts können Werbungskosten bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sein.

Sachverhalt

Im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertrugen seine Eltern dem Kläger im Jahre 1983 ein Zweifamilienhaus. Der Kläger verpflichtete sich zur Bestellung eines lebenslangen dinglichen Wohnrechts zugunsten seiner Eltern. Nach dem Tod des Vaters gab die Mutter die bisherige eheliche Wohnung im Erdgeschoss des Zweifamilienhauses im Jahr 2001 auf. Der Kläger, der die beiden Wohnungen nunmehr vermieten wollte, verpflichtete sich privatschriftlich, die Miete der Mutter zu zahlen. Im Gegenzug verzichtete die Mutter auf die weitergehende Geltendmachung ihres Wohnrechts. Der Kläger zog in den Jahren 2001 bis 2006 die zugunsten der Mutter gezahlte Miete bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten ab. Das Finanzamt versagte den Abzug.

Entscheidung

Auf die hiergegen gerichtete Klage entschied das Finanzgericht Hessen, dass die Miete als Werbungskosten geltend zu machen sei. Damit gab das Gericht dem Kläger Recht. Zwar habe das beklagte Finanzamt zu Recht entschieden, dass die Zahlungen der Miete keine nachträglichen Anschaffungskosten hinsichtlich des Zweifamilienhauses darstellen. Hierfür habe es an der Befreiung von der dinglichen Belastung des Wohnrechts gefehlt. Allerdings seien die Mieten – entgegen der Auffassung des Finanzamtes – als Werbungskosten abzuziehen. Hierfür sei nicht erforderlich, dass das dinglich bestellte Nutzungsrecht durch notariellen Vertrag zwischen Kläger und seiner Mutter beseitigt werde. Vielmehr sei allein entscheidend, dass der Kläger sich durch den Vertrag mit seiner Mutter das Recht und die tatsächliche Möglichkeit erkauft habe, die im Erdgeschoss des Zweifamilienhauses belegene Wohnung zu vermieten. Die ihm aufgrund des Vertrages mit der Mutter nunmehr zustehende Dispositionsbefugnis über die Wohnung habe der Kläger zur Erzielung von Mieteinkünften genutzt. Mithin stünden die Mietzahlungen im erforderlichen Veranlassungszusammenhang mit den Mieteinnahmen aus der Wohnung. Das beklagte Finanzamt hat gegen das Urteil Revision eingelegt.

Konsequenz

Es bleibt abzuwarten, wie der Bundesfinanzhof (BFH) entscheiden wird. Sollte das finanzgerichtliche Urteil Bestand haben, wird man künftig darüber nachdenken müssen, ob man eine Abfindung für den Verzicht auf ein lebenslängliches Wohnrecht notariell beurkundet und das Recht aus dem Grundbuch löschen lässt. Die Abfindung ist dann zu aktivieren und (regelmäßig mit 2 % pro Jahr) abzuschreiben. Alternativ hierzu kann man auch die laufenden Mietzahlungen des Berechtigten übernehmen. Diese sind dann sofort absetzbare Werbungskosten.

V+V: Kosten für vergeblichen Verkauf des vermieteten Grundstücks sind keine Werbungskosten

V+V: Kosten für vergeblichen Verkauf des vermieteten Grundstücks sind keine Werbungskosten

Kernproblem

Der Bundesfinanzhof (BFH) ordnet die Aufwendungen für den Verkauf eines vermieteten Grundstücks des Privatvermögens von jeher nicht mehr der Vermietungstätigkeit zu. So bleiben Veräußerungskosten bei Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung unberücksichtigt. Ob sich an der steuerlichen Unbeachtlichkeit etwas ändert, wenn der Verkauf ein steuerpflichtiges Spekulationsgeschäft darstellen würde, letztendlich aber scheitert, war Streitgegenstand eines neueren Verfahrens vor dem BFH.

Sachverhalt

Aus dem Bestand eines Immobilienbesitzers mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sollte ein Objekt veräußert werden. Der Verkauf scheiterte an den Finanzierungsproblemen des Erwerbers. Die mit der fehlgeschlagenen Veräußerung verbundenen Kosten von ca. 5.200 EUR, die überwiegend durch Notar und Gericht verursacht waren, wollte der Immobilienbesitzer als Werbungskosten absetzen. Hierfür hatte er 2 Argumente parat: Zum einen habe er die Immobilie „zurückgeholt“ (und offensichtlich wieder weitervermietet). Zum anderen sei die Immobilie weniger als 10 Jahre in seinem Bestand, so dass ein steuerpflichtiges Spekulationsgeschäft ebenso den Werbungskostenabzug zur Folge gehabt hätte. Aber weder Finanzamt noch Finanzgericht konnten sich seinen Argumenten anschließen. Der Fall wurde schließlich beim BFH anhängig.

Entscheidung

Eine mutige Entscheidung des BFH blieb aus. Der Abzug als Werbungskosten wurde abgelehnt. Auslösender Moment der Aufwendungen sei ausschließlich der Veräußerungsvorgang gewesen und gerade nicht eine Vermietungsabsicht. Das gelte auch im Fall einer anschließenden Vermietungstätigkeit. Der Aufwand könne auch nicht als vergebliche Werbungskosten berücksichtigt werden, denn das die Steuerbarkeit auslösende Veräußerungsgeschäft sei nicht zustande gekommen. Es seien zwar grundsätzlich vorweggenommene Aufwendungen abzugsfähig, bevor Einnahmen anfielen. Aber im Fall des Spekulationsgeschäfts objektiviere der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung die Einkünfteerzielungsabsicht. Mithin bleibe der bloße Veräußerungsversuch steuerrechtlich ohne Bedeutung.

Konsequenz

Für den Fall nachlaufender Schuldzinsen nach Veräußerung einer vormals vermieteten Immobilie hat der BFH seine Rechtsprechung geändert und lässt den Werbungskostenabzug bei Vermietungseinkünften zu, wenn der Erlös zur Tilgung der Verbindlichkeit nicht ausreicht. Das gilt zumindest für den Fall der Veräußerung innerhalb von 10 Jahren nach Anschaffung. Zu einer Änderung im geschilderten Fall konnte sich der BFH nicht durchringen.

Kosten für arbeitsgerichtliche Vergleiche können Werbungskosten sein

Kosten für arbeitsgerichtliche Vergleiche können Werbungskosten sein

Einleitung

Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen und liegen nach ständiger BFH-Rechtsprechung vor, wenn zwischen den Aufwendungen und den Einnahmen ein objektiver Zusammenhang besteht. Die einem Steuerpflichtigen vorgeworfene Tat muss ausschließlich und unmittelbar aus seiner betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit heraus erklärbar sein. Dann begründen selbst strafbare, aber in Zusammenhang mit einer beruflichen Tätigkeit stehende Handlungen einen einkommensteuerrechtlich erheblichen Erwerbsaufwand, so dass daraus sich ergebende Schadensersatzzahlungen Werbungskosten sind.

Sachverhalt

Im September 2003 wurde das langjährige Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und seinem Arbeitgeber beendet. Im Oktober 2005 erhob der Arbeitgeber vor dem Arbeitsgericht Klage auf Schadensersatz i. H. v. 929.648 EUR, da der Kläger gegen Entgelt konkrete Geschäftschancen an Konkurrenten verraten und daher gegen die arbeitsvertraglich vereinbarte Schweigepflicht verstoßen hat. Dieses Verfahren wurde in 2007 mit einem Vergleich beendet. Der Kläger machte den gezahlten Vergleichsbetrag von 60.000 EUR im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung als nachträgliche Werbungskosten geltend. Das Finanzamt ließ diese Aufwendungen dagegen unberücksichtigt. Die hiergegen gerichtete Klage wies das Finanzgericht ab.

Entscheidung

Der BFH hob das FG-Urteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück. Da es im vorliegenden Fall nicht zu einem strafrechtlichen Verfahren gekommen ist, kann ohne hinreichend konkrete gegenteilige Anhaltspunkte nicht davon ausgegangen werden, dass diese Aufwendungen aus privaten, nicht der Erwerbssphäre zuzurechnenden Motiven der privaten Lebensführung des Klägers zuzurechnen sind. Allein der subjektive Handlungsvorwurf des Arbeitgebers schließt den objektiven Zusammenhang zwischen den Aufwendungen des Klägers und dessen Berufstätigkeit aus. Die gilt für die Kosten der Rechtsverteidigung und für die Vergleichszahlung. Das FG wird noch einmal zu prüfen haben, ob sich für die streitigen Zahlungen des Klägers tatsächlich private Gründe feststellen lassen, die einen erwerbsbezogenen Veranlassungszusammenhang gänzlich ausschließen. Lassen sich solche Gründe nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen, sind die vom Kläger getragenen Aufwendungen dem Grunde nach als Werbungskosten aus nichtselbstständiger Arbeit zu berücksichtigen.

Sind Aufwendungen eines Musiklehrers für Fahrten zur Orchesterprobe Werbungskosten?

Sind Aufwendungen eines Musiklehrers für Fahrten zur Orchesterprobe Werbungskosten?

Kernproblem

Nachdem der Bundesfinanzhof (BFH) das so genannte Aufteilungsverbot gemischt veranlasster Aufwendungen gekippt hat, können sich nicht nur Las Vegas-Reisende Hoffnungen auf einen Steuerabzug machen. Denn über den damaligen Streitfall des BFH hinaus, in dem die obersten Richter einem EDV-Controller anteilige Reisekosten einer Computermesse in Nevadas Spielerstadt steuerlich anerkannt hatten, ist die Anzahl streitbefangener Sachverhalte fast unendlich. Von daher bleibt es spannend, wie die Finanzgerichte in Zukunft mit dem Aufteilungsproblem umgehen werden. Das gilt nicht nur für das Thema Reisen, sondern auch andere private Neigungen, wie Musik. Das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz beurteilte die Fahrtkosten eines Musiklehrers zu privaten Orchesterproben.

Sachverhalt

Der klagende Schullehrer war u. a. Fachlehrer für Musik. Für Fahrten zu Musikproben verschiedener Sinfonieorchester machte er in seinen Steuererklärungen Kosten für mehrere Jahre von jeweils ca. 2.500 EUR als Fortbildungsaufwendungen geltend. Honorare des Orchesters erhielt er nicht. Unter Vorlage verschiedener Bescheinigungen von Orchesterleitern argumentierte der studierte Musiker mit der stetigen Forderung seines Arbeitgebers, dem Land Rheinland-Pfalz, nach Weiterbildung. Die geforderte künstlerische Weiterbildung könne aber nur im Zusammenspiel mit gleichermaßen hoch ausgebildeten Musikern erfolgen. Das Finanzamt lehnte den Abzug ab, weil die über mehrere Jahre durchgeführten Fahrten zu Proben und Konzerten für einen nicht unwesentlichen privaten Aspekt sprechen würden.

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das FG verlangte für eine Abzugsfähigkeit den Nachweis eines konkreten Zusammenhangs zwischen den vermittelten Kenntnissen und der Berufstätigkeit. Für die berufliche Veranlassung des Kurses für einen Lehrer würde u. a. sprechen, dass er tatsächlich entsprechenden Unterricht erteilt habe, der Veranstalter des Lehrgangs ein anerkannter Verband oder die Schulverwaltung sei und Sonderurlaub erteilt worden sei. Ferner, dass das dienstliche Interesse an der Lehrgangsteilnahme bescheinigt sei, der Lehrgang mit einer Prüfung oder einem Zertifikat abgeschlossen werde und die erworbenen Fähigkeiten anschließend im Lehrberuf verwendet werden können bzw. sollen. Weil im entschiedenen Fall fast alle Indizien gegen eine berufliche Veranlassung sprachen, kam nach Auffassung der Richter einer etwaigen Verwertbarkeit der Kenntnisse und Fertigkeiten im schulischen Bereich eine völlig untergeordnete Bedeutung zu.

Konsequenz

Auch wenn der Fall trotz Nichtzulassung der Revision noch nicht bestandskräftig geworden ist, macht er deutlich, dass ein einfacher Verweis auf den Sinneswandel des BFH noch nicht ausreicht. Es gilt weiterhin, möglichst viele äußerlich erkennbaren Merkmale als Beweisanzeichen für eine berufliche Veranlassung zu sammeln.

Zahlungen aus Bürgschaftsverpflichtungen = Werbungskosten?

Zahlungen aus Bürgschaftsverpflichtungen = Werbungskosten?

Rechtslage

Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Nach ständiger Rechtsprechung liegen Werbungskosten vor, wenn die Aufwendungen durch den Beruf bzw. durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Das ist der Fall, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden. Diese Grundsätze gelten auch für nachträglich Werbungskosten, die entstehen können, wenn der Arbeitnehmer nach Beendigung des Dienstverhältnisses Aufwendungen im Zusammenhang mit demselben erbringen muss. In einem solchen Fall muss bereits zu dem Zeitpunkt, in dem der Grund für die Aufwendungen gelegt wird, der dargestellte berufliche Zusammenhang bestehen.

Sachverhalt

Der Kläger war Arbeitnehmer einer GmbH. Die Hausbank der GmbH wollte dieser ein Darlehen gewähren, wenn ein neuer Gesellschafter mit einer Kapitaleinlage aufgenommen würde. Diese Position sollte der Kläger besetzen. Die Bank gewährte der GmbH in 1999 einen Kredit unter der Voraussetzung, dass die Gesellschafter Bürgschaften übernähmen. Der Kläger übernahm eine Bürgschaft und wurde zum Geschäftsführer der GmbH bestellt. Die Beschlüsse zur Kapitaleinlage und zur Bestellung zum Geschäftsführer wurden jedoch nicht im Handelsregister eingetragen. In 2000 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet. Der mittlerweile nicht mehr für die GmbH tätige Kläger wurde von der Bank aus der Bürgschaft in Anspruch genommen. Die vom Kläger beantragte Berücksichtigung der Bürgschaftsinanspruchnahme als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit wurde vom Finanzamt abgelehnt; die hiergegen gerichtete Klage war zunächst erfolglos.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof (BFH) gab schließlich aber dem Kläger Recht. Die von ihm geltend gemachten Aufwendungen waren als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit zu berücksichtigen, da sie im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis erbracht wurden. Eine Veranlassung durch das Gesellschafterverhältnis war im vorliegenden Fall nicht gegeben, weil der Kläger zu keinem Zeitpunkt Gesellschafter der GmbH war.

Konsequenz

Die Rechtsprechung geht davon aus, dass die Übernahme einer Bürgschaft durch einen Gesellschafter-Geschäftsführer mit nicht nur unwesentlicher Beteiligung am Stammkapital der Gesellschaft regelmäßig mehr durch die Gesellschafterstellung veranlasst ist als durch die berufliche Tätigkeit. In diesem Fall kommt eine steuermindernde Berücksichtigung der Aufwendungen als Auflösungsverluste in Betracht.

Bewirtungsaufwendungen als Werbungskosten

Bewirtungsaufwendungen als Werbungskosten

Kernproblem

Beim steuerlichen Abzug von Bewirtungsaufwendungen wird im Allgemeinen mit zweierlei Maß gemessen: Während sich dem Unternehmer meist mit dem Besitz des gesetzlich geforderten Bewirtungsbelegs und den Angaben zu Anlass und Teilnehmern der Steuerabzug von wenigstens 70 % der Ausgaben eröffnet, werden Bewirtungsaufwendungen eines Arbeitnehmers in der Regel kritischer vom Finanzbeamten beäugt. Denn warum sollten Arbeitnehmer einen Kunden oder gar Kollegen zum Essen einladen, wenn sie ohnehin über ein Festeinkommen verfügen? Mit diesem Argument musste sich dann der Arbeitnehmer häufig von seinem Werbungskostenabzug verabschieden. Mit der Umkehr des Bundesfinanzhofs (BFH) vom Aufteilungsverbot gemischter Aufwendungen hin zum Aufteilungsgebot verbindet sich die Hoffnung, dass auch die Finanzverwaltung zukünftig wohlwollender mit Bewirtungsaufwendungen von Angestellten umgeht. Einen Anfang hat jetzt die Oberfinanzdirektion (OFD) Niedersachsen gemacht, indem sie einige Grundsätze verfügte und hierbei begünstigende Rechtsprechung berücksichtigt hat.

Verwaltungsanweisung

Im einzelnen wurden folgende Aussagen getroffen: Anlass und Ort der Bewirtung: Nach neuerer BFH-Rechtsprechung schließt allein die Tatsache, dass der Arbeitnehmer eine Feier aus rein persönlichen Gründen ausrichtet (z. B. Geburtstag, Jubiläum) oder keine erfolgsabhängigen Bezüge hat, den Werbungskostenabzug nicht aus. Findet der Empfang der Gäste in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers statt, so spricht das für eine berufliche Veranlassung. Dagegen kann eine luxuriöse Umgebung (Yacht, Schlosssaal) Merkmal einer privaten Veranlassung sein. Teilnehmer und Einladender: Für eine berufliche Veranlassung spricht ein aus Geschäftspartnern des Arbeitgebers, Angehörigen des öffentlichen Lebens sowie der Presse, Verbandsfunktionären und Kollegen bestehender Teilnehmerkreis. Tritt der Arbeitgeber als Gastgeber auf und bestimmt er ohne Mitspracherecht des Arbeitnehmers die Gästeliste, handelt es sich um ein Arbeitgeberfest (was von Bedeutung ist, falls sich der Arbeitnehmer an den Kosten beteiligt oder auch bei Prüfung eines Sachbezugs). Art der Bezüge: Das Vorliegen von variablen oder feststehenden Bezügen hat lediglich Indizwirkung. Die berufliche Veranlassung kann sich auch bei Festbezügen aus anderen Umständen (z. B. Motivation der Mitarbeiter) ergeben. Abzug der Höhe nach: Bei gemischten Aufwendungen gilt grundsätzlich das Aufteilungsgebot (außer bei nicht abzugsfähigen Repräsentationsaufwendungen). Die Abzugsbeschränkung für Aufwendungen aus „geschäftlichem Anlass“ von 70 % gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer aus „allgemeinen beruflichen Gründen“ bewirtet (d. h. 100 % Abzug bei Fest des Arbeitgebers oder variablen Bezügen und Bewirtung aus Motivationsgründen oder Bewirtung von Arbeitskollegen seines Arbeitgebers).