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Gleichstellung von Lebenspartnern mit Ehegatten in Zusatzversorgung

Gleichstellung von Lebenspartnern mit Ehegatten in Zusatzversorgung

Kernfrage

Ungeachtet der weitestgehenden Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnern mit Ehegatten, sehen diverse Regelungen, hier konkret die Knüpfung zusätzlicher Versorgungsbezüge an den Bestand einer Ehe, die Besserstellung von Ehegatten vor. Der Europäische Gerichtshof hatte nunmehr für den Bereich der Zusatzversorgungsbezüge zu klären, ob darin eine europarechtswidrige Diskriminierung zu sehen sei.

Sachverhalt

Der Kläger war ehemals im öffentlichen Dienst beschäftigt, aber seit 1990 erwerbsunfähig und bezog daher eine Zusatzversorgung der öffentlichen Hand. Im Jahre 2001 ging er eine eingetragene Lebenspartnerschaft ein und verlangte daraufhin die Neuberechnung seiner Zusatzversorgung aufgrund der nach seiner Sicht anzuwendenden besseren Einstufung von Ehegatten. Sein Antrag wurde mit der Begründung, der Kläger sei nicht verheiratet, zurückgewiesen. Hierin sah der Kläger eine unzulässige Diskriminierung wegen seiner sexuellen Ausrichtung.

Entscheidung

Der Europäische Gerichtshof, der auf Vorlage des Arbeitsgerichts entschied, gab dem Kläger Recht. Zum 3.12.2003 musste die Gleichstellungsrichtlinie der Europäischen Union in Beschäftigung und Beruf umgesetzt sein. Da das deutsche Recht die eingetragene Lebenspartnerschaft der Ehe rechtlich wenn nicht gleich, so doch sehr vergleichbar ausgestaltet habe, stelle eine Ungleichbehandlung von Lebenspartnern und Ehegatten im Bereich der Zusatzversorgung (Entlohnung) eine nicht gerechtfertigte Diskriminierung dar. Daher sei der öffentliche Versorgungsträger ab dem 3.12.2003 zur Zahlung der Ehegatten-Versorgung verpflichtet.

Konsequenz

Die Entscheidung überrascht nicht; sie liegt auf der Linie des Europäischen Gerichtshofes, Diskriminierung, insbesondere aufgrund sexueller Ausrichtung, zu unterbinden. Bedeutung gewinnt die Entscheidung aber dadurch, dass die höheren Zahlungsansprüche ab dem 3.12.2003 entstehen und somit wohl auch in regelverjährten Fällen rückwirkend eingefordert werden können.

Mutterschutzzeiten in betrieblicher Zusatzversorgung zu berücksichtigen

Mutterschutzzeiten in betrieblicher Zusatzversorgung zu berücksichtigen

Kernfrage

Zusatzversorgungskassen im öffentlichen Dienst stellen eine umlagefinanzierte betriebliche Altersversorgung dar. Sind für einen bestimmten Zeitraum (Wartezeit) für einen Arbeitnehmer Umlagen gezahlt worden, hat dieser Anspruch auf eine Zusatzversorgung. Das Bundesverfassungsgericht hatte nunmehr darüber zu entscheiden, ob die Regelung einer Zusatzversorgungskasse, Mutterschutzzeiten, in denen keine Umlage gezahlt worden ist, im Rahmen der Bestimmung der Wartezeit außen vor zu lassen, verfassungsgemäß ist.

Sachverhalt

Die Klägerin war im öffentlichen Dienst beschäftigt und dort im Mutterschutz gewesen. Da Mutterschutzgeld steuerfrei ausgezahlt wird, wurde für diese Zeit keine Umlage zur Zusatzversorgung gezahlt; anders als für Krankheitszeiten, in denen kranke Arbeitnehmer Lohnfortzahlung und Zuschüsse zum Krankengeld erhielten. Die Statuten der Zusatzversorgung sahen vor, dass ein Anspruch nur dann bestand, wenn mindestens 60 Monate Umlage gezahlt worden war. Da für die Klägerin aufgrund der Mutterschutzzeiten lediglich 59 Monate Umlage gezahlt wurde, lehnte die Zusatzversorgungskasse den Leistungsantrag der Klägerin ab und unterlag vor dem Bundesverfassungsgericht.

Entscheidung

Die Satzungsregelung, Mutterschutzzeiten deshalb bei der Wartezeit für die Zusatzversorgung nicht zu berücksichtigen, weil in dieser Zeit keine Umlage gezahlt werde, stellt nach Ansicht der Richter eine den Gleichheitsgrundsatz verletzende geschlechterbezogene Diskriminierung dar. Nicht nur würden Mütter gegenüber männlichen Arbeitnehmern benachteiligt; eine ungerechtfertigte Benachteiligung liege auch gegenüber erkrankten Arbeitnehmern vor. Zwar stelle die Befreiung von der Umlage während des Mutterschutzes eine Erleichterung dar, die eigentlich dazu diene, Mütter im Arbeitsleben zu schützen, weil Mehrkosten (hier: der Umlage) vermieden würden, dies dürfe im Ergebnis aber nicht dazu führen, dass eine Diskriminierung bei den Beitragszeiten entstehe.

Konsequenz

Die Entscheidung überrascht nicht. Sie hat über den konkreten Fall der Klägerin hinaus aber weitreichende Folgen. Denn jede im öffentlichen Dienst beschäftigte Frau mit Zusatzversorgung kann eine Nachberechnung ihrer Zusatzversorgung unter Einbeziehung von Mutterschaftszeiten verlangen. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist dies auch rückwirkend möglich.