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Steuerberater

Keine Haftung von Eltern für illegale Musikdownloads ihrer Kinder

Keine Haftung von Eltern für illegale Musikdownloads ihrer Kinder

Kernaussage

Fast jeder Bundesbürger weiß: Das Herunterladen oder Anbieten von urheberrechtlich geschützten Musikstücken, Filmen, Büchern oder TV-Serien in Internettauschbörsen ist illegal und kann ein teures Vergnügen werden. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat dazu aktuell entschieden, dass Eltern für das illegale Filesharing eines minderjährigen Kindes grundsätzlich nicht haften, wenn sie das Kind über das Verbot einer rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen belehrt und keine Anhaltspunkte dafür hatten, dass ihr Kind diesem Verbot zuwider handelt.

Sachverhalt

Die Kläger sind Tonträgerhersteller und Inhaber ausschließlicher urheberrechtlicher Nutzungsrechte an zahlreichen Musikaufnahmen. In einer Internettauschbörse wurden unter einer bestimmten IP-Adresse 1147 ihrer Audiodateien zum kostenlosen Herunterladen angeboten. Die Kläger stellten Strafanzeige; nach Auskunft des Internetproviders war die IP-Adresse dem Internetanschluss des beklagten Ehepaares zugewiesen. Sie hatten den Anschluss auch ihrem damals 13jährigen Sohn zur Verfügung gestellt, auf dessen PC das fragliche Tauschbörsenprogramm „Morpheus“ installiert war. Die Kläger ließen die Eltern durch einen Rechtsanwalt abmahnen und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auffordern. Die Eltern gaben die Unterlassungserklärung ab, weigerten sich jedoch, Schadensersatz in Höhe von 3.000 EUR zu zahlen und die Abmahnkosten in Höhe von rd. 2.300 EUR zu erstatten.

Entscheidung

Das Landgericht gab noch den Klägern Recht, der BGH stellte sich aber schließlich auf die Seite der Erziehungsberechtigten. Eltern genügen ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes 13-jähriges Kind, das ihre grundlegenden Gebote und Verbote befolgt, regelmäßig bereits dadurch, dass sie das Kind über das Verbot einer rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen belehren. Eine Verpflichtung der Eltern, die Nutzung des Internet durch das Kind zu überwachen, den Computer des Kindes zu überprüfen oder dem Kind den Zugang zum Internet (teilweise) zu versperren, besteht grundsätzlich nicht. Zu derartigen Maßnahmen sind Eltern – so die Richter – erst verpflichtet, wenn sie konkrete Anhaltspunkte für eine rechtsverletzende Nutzung des Internetanschlusses durch das Kind haben.

Konsequenz

Durch das Urteil hat der BGH das Ausufern einer Haftung von Eltern für ihre Kinder eingedämmt. Um dennoch Schadensersatzforderungen von vornherein zu vermeiden, ist es anzuraten, eine Firewall und/oder ein Sicherheitsprogramm zu installiert, das bezüglich des Downloads weiterer Programme auf „keine Zulassung“ gestellt ist, so dass Kinder die Filesharingsoftware gar nicht erst nicht installieren können.

Bei Klagerücknahme droht kein Ordnungsgeld

Bei Klagerücknahme droht kein Ordnungsgeld

Kernaussage

Unklarheiten im Sachverhalt können am schnellsten im unmittelbaren Gespräch mit der betroffenen Partei beseitigt werden. Das Finanzgericht (FG) kann daher das persönliche Erscheinen der Parteien zum mündlichen Termin anordnen. In der Anordnung kann für den Fall des Ausbleibens ein Ordnungsgeld angedroht werden. Erscheint die Partei schuldhaft trotzdem nicht, kann das FG durch Beschluss das angedrohte Ordnungsgeld festsetzen. Voraussetzung ist jedoch, dass die Sachverhaltsaufklärung erschwert und der Prozess verzögert wurde. Daran fehlt es bei einer Klagerücknahme im Laufe der mündlichen Verhandlung.

Sachverhalt

In dem Hauptverfahren wandte sich die Klägerin gegen die Festsetzung eines Verspätungszuschlages wegen der verspäteten Abgabe der Umsatzsteuererklärung. Zum Termin der mündlichen Verhandlung wurde das persönliche Erscheinen der Klägerin angeordnet. Zugleich wurde für den Fall des Nichterscheinens ein Ordnungsgeld in Höhe von 200 EUR angedroht. Das FG wollte mit der Klägerin die Gründe für die verspätete Abgabe erörtern. Im Termin erschien lediglich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, der die Klage im Termin zurücknahm. Das Verfahren wurde eingestellt und durch Beschluss setzte das FG gegen die Klägerin wegen des unentschuldigten Ausbleibens das angedrohte Ordnungsgeld fest.

Entscheidung

Die Beschwerde hiergegen hatte vor dem Bundesfinanzhof (BFH) Erfolg. Nachdem die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten die Klage im mündlichen Termin zurückgenommen hatte, durfte das angedrohte Ordnungsgeld nicht mehr festgesetzt werden. Denn das unentschuldigte Ausbleiben der Partei hat weder zu einer Verfahrensverzögerung geführt noch sich als unschädlich erwiesen. Zweck der Ordnungsgeldfestsetzung ist nicht die Ahndung einer vermeintlichen Missachtung des Gerichts, sondern die Förderung der Aufklärung des Sachverhalts. Wird im Laufe der mündlichen Verhandlung die Klage zurückgenommen und dadurch das Verfahren beendet, entfällt der Grund für die Anordnung des persönlichen Erscheinens und eine Verfahrensverzögerung ist ausgeschlossen.

Konsequenz

Ähnliche Vorschriften existieren auch in anderen Gerichtsordnungen (z. B. im Zivilprozess). Sofern also das persönliche Erscheinen angeordnet ist, sollte die betroffene Partei hinreichend entschuldigt sein, wenn sie dem Prozess fernbleibt. Zu prüfen bleibt, ob die Entsendung eines sachkundigen Vertreters ggf. ausreicht.

Spekulationsgewinn Beratungsfehler durch den Notar

Kaufvertrag: Möglichkeit der Besteuerung eines Spekulationsgewinns bei Verkauf einer Eigentumswohnung und diesbezüglich (möglicher) Beratungsfehler durch den Notar

LG Verden 7. Zivilkammer, Urteil vom 30.01.2013, 7 O 276/12
§ 22 Nr 2 EStG, § 23 EStG, § 823 Abs 2 BGB, § 17 Abs 1 BeurkG
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Der Kläger war nach Erwerb am 06.04.1999 Eigentümer einer Eigentumswohnung und eines PKW-Einstellplatzes belegen in der Liegenschaft T. in B.. Der Kläger hatte selbst die Anschrift T. in B.. Er beabsichtigte im Jahre 2009 die Eigentumswohnung zu verkaufen und wandte sich an die Firma … in B.. Diese wandte sich an den Beklagten und bat um Fertigung eines entsprechenden Kaufvertrages, sowie Übersendung eines Entwurfes an die Vertragsbeteiligten. Der Beklagte fertigte einen Entwurf und übersandte diesen mit Schreiben vom 11.03.2009 an den Kläger. In diesem Vertragsentwurf ist neben anderen Hinweisen auch der auf Spekulationssteuer gem. §§ 22 Abs. 2, 23 EStG vorhanden. Bei der Verhandlung des Kaufvertrages am 27.03.2009 war im zu beurkundenden Vertrag die Belehrung über die Spekulationssteuer nicht mehr enthalten. Mit Steuerbescheid vom 27.07.2012 für das Jahr 2009 wurde gegen die Kläger als Gesamtschuldner ein zu versteuernder Veräußerungsgewinn in Höhe von 73.877,- € als Spekulationssteuer festgesetzt. Der Kläger hatte die Wohnung nur 7 Monate selbst bewohnt.
2
Die Kläger behaupten, der Beklagte habe ohne vorherige Absprache mit ihnen den ursprünglichen Vertragsentwurf eigenmächtig abgeändert und die Belehrung herausgenommen. Sie sind der Ansicht, dem Beklagten hätte auffallen müssen, bei Durchsicht der Grundbuchauszüge, dass der Zeitpunkt des Erwerbes etwa 10 Jahre her gewesen ist. Zudem hätte der Beklagte fragen müssen, ob 2 Jahre bei Eigennutzung durch den Kläger voll gewesen wären. Zudem hätte der Beklagte auf dem Erwerbstermin vor 10 Jahren aufgrund des Gesprächs über die Einbauküche kommen müssen, da diese ebenfalls fast 10 Jahre alt gewesen sei. Sie sind der Ansicht, aufgrund der unterbliebenen Belehrung zum Anfallen der Spekulationssteuer sei ihnen der Schaden in Höhe der Klageforderung entstanden, welchen der Beklagte ihnen zu erstatten habe.
3
Die beantragen,
4
1. den Beklagten zu verurteilen, an sie 36.440,08 € zzgl. 5 % Punkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 10.09.2012 als Gesamtgläubiger zu zahlen,
5
2. den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.490,19 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (17.10.2012) zu zahlen.
6
Der Beklagte beantragt,
7
die Klage abzuweisen.
8
Er ist der Ansicht, er sei seiner Belehrungspflicht hinreichend nachgekommen, da die Belehrungen im Vertragsentwurf enthalten gewesen sein. Aufgrund dieser Hinweise sei der Kläger verpflichtet gewesen, sich steuerrechtlich beraten zu lassen. Er behauptet, er habe keine Kenntnis davon gehabt, dass der Kläger das Wohnungseigentum vor weniger als 10 Jahren erworben hatte. Er behauptet, er sei davon ausgegangen, der Kläger habe die Wohnung aufgrund der übereinstimmenden Anschriften selbst bewohnt.
9
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
10
Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
I.
11
Den Klägern steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Schadensersatz wegen eines Beratungsfehlers während der Beurkundung gem. §§ 823 II BGB iVm. 17 Abs. 1 BeurkG, der einzig in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage, zu.
12
1. Dem Beklagten ist kein Beratungsfehler vorzuwerfen.
13
Zwar besteht bei der Möglichkeit der Besteuerung eines Spekulationsgewinns ein objektiver Anlass für die Entstehung einer entsprechenden Beratungspflicht seitens des Notars (vgl. Ganter/Hertel/Wöstmann, Handbuch der Notarhaftung, 2. Aufl., Rn. 1255). Denn grundsätzlich kann ein Notar gehalten sein, die von den Verkäufern abgegebenen, für die Steuerbefreiung wichtigen Erklärungen klarzustellen und/oder einen Hinweis darüber zu geben, dass Zweifel an der Steuerbefreiung bestehen könnten (vgl. BGH NJW 1980, 2472).
14
Jedoch ist auch für die Verletzung einer Belehrungspflicht subjektive Voraussetzungen in der Person des Notars, dass dieser die Tatsachen, aus denen sich die Gefährdung ergibt, kennt (vgl. Ganter/Hertel/Wöstmann, Handbuch der Notarhaftung, Rn. 1260). Allerdings braucht der Notar die besonderen Umstände, die Anlass für die Hinweis- und Warnpflicht sein könnte, nicht zu ermitteln (vgl. BGH NJW 1995, 2796, BGH NJW 1980, 2472). Denn hat der Notar keinerlei Hinweise (Indizien) auf Umstände, die eine Gefahrenlage begründen, besteht für ihn auch kein Anlass für irgendwelche Nachforschungen. Liegen objektiv solche Hinweise vor und kann dem Notar deswegen, weil er sie nicht zur Kenntnis genommen hat, noch kein Fahrlässigkeitsvorwurf gemacht werden, schadet es ihm ebenfalls nicht, dass er keine Ermittlung angestellt hat. Nur für den Fall, dass die Hinweise von einer Art sind, dass ein sorgfältiger Notar sofort an die Gefahr denkt, ist es fahrlässig, wenn dem Betroffenen keine entsprechende Mitteilung gemacht wird. Auf weitere Ermittlungen, um den Verdacht zu prüfen, kommt es dann nicht an (vgl. Ganter/Hertel/Wöstmann, Rn. 450).
15
Bei der den Notar treffenden Aufmerksamkeitspflicht ist zu beachten, dass sich die ursprüngliche Spekulationsfrist von 2 Jahren auf 10 Jahre erhöht hat und die Grundsätze der Rechtsprechung zur früheren Rechtslage (so noch BGH NJW 1989, 586ff) nicht uneingeschränkt übernommen werden können, da der Ablauf einer Frist von 2 Jahren eher ins Auge sticht als einer solchen von 10 Jahren.
16
Gerade hier waren die vorliegenden Hinweise und Indizien nicht derart auffällig, dass sie dem Beklagten sofort ins Auge fallen mussten. Der Kläger hatte dieselbe Anschrift wie das Verkaufsobjekt. Zudem konnte der Beklagte nicht erkennen, ob der Anschaffungspreis des Wohnobjektes über oder unter dem Verkaufspreis lag. Er konnte aus der Grundschuld nicht ersehen, wie hoch der Kaufpreis lag. Es ist hieraus nur ersichtlich, welcher Betrag finanziert worden ist. Demnach hätte er nicht nachfragen müssen, wie viel Eigenkapital in den Kaufpreis eingebracht worden ist. Zudem konnte der Beklagte auch nicht wissen, dass der Kläger nur 7 Monate vor dem Verkauf in dem Objekt selbst gewohnt hat. Dieses war dem Beklagten aus den vorliegenden Unterlagen nicht ersichtlich und der Kläger hatte diese zuvor auch nicht erwähnt.
17
2. Unabhängig von der fehlenden subjektiven Voraussetzung für die Verletzung einer Hinweispflicht hat der Beklagte durch den Hinweis auf die Belehrung im ersten Vertragsentwurf dem Kläger zu 2.) auch keine Sicherheit vermittelt, dass durch das Weglassen in der beurkundeten Version keine Spekulationssteuer anfallen würde.
18
Den Hinweis unter § 10 e über mögliche Spekulationsgewinne in dem Kaufvertragsentwurf, den die Kläger von dem Beklagten am 11.03.2009 übersandt erhalten hatten, hatte der Kläger zu 2.) gar nicht zur Kenntnis genommen. Der Kläger zu 2. hat in der mündlichen Verhandlung vom 18.12.2012 angegeben, er habe gar nicht gemerkt, dass die beurkundete Fassung von dem Entwurf abgewichen sei, er habe seinen Fokus auf den zweiten Entwurf gerichtet. Insofern hat der Kläger zu 2) auch nicht darüber reflektiert, dass der Beklagte die Belehrung unter § 10 e herausgenommen hat, weil er diese für nicht einschlägig gehalten habe.
II.
19
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 Satz 1 und 2 ZPO.

Zu den Voraussetzungen für die Kürzung des Vorwegabzugs

 

Finanzgericht Köln, 10 K 3871/11

Datum: 16.01.2013
Gericht: Finanzgericht Köln
Spruchkörper: 10. Senat
Entscheidungsart: Urteil
Aktenzeichen: 10 K 3871/11
Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

 

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Die Revision wird zugelassen.

1Tatbestand

2Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der so genannte Vorwegabzug zu kürzen ist.

3Der Kläger war früher bei der A AG in B als Arbeitnehmer beschäftigt. Er bezieht seit vielen Jahren Versorgungsbezüge seines früheren Arbeitgebers. Im Streitjahr 2009 wurden in der Lohnsteuerbescheinigung auch Einkünfte i.H.v. 5.417,11 EUR bescheinigt, die keine Versorgungsbezüge darstellen. Der Betrag betrifft den geldwerten Vorteil, der im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Fahrzeugs vom Kläger zu versteuern ist.

4Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung wurden vom Beklagten die Vorsorgeaufwendungen nach der Rechtslage 2004 berücksichtigt und dabei der Vorwegabzug um 16 % von 5.417 EUR = 866 EUR gekürzt.

5Den hiergegen eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 24. November 2011, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, als unbegründet zurück.

6Mit der Klage trägt der Kläger vor:

7Der Vorwegabzug sei nicht zu kürzen. Die neben den Versorgungsbezügen bescheinigten Bezüge seien nicht für ein aktives Arbeitsverhältnis in einem späteren Zeitraum gezahlt worden. Vielmehr fehle es im Streitjahr an der Ausübung einer Berufstätigkeit, so dass keine Arbeitgeberanteile für die Zukunftssicherung erbracht wurden.

8Der Kläger beantragt,

9den Einkommensteuerbescheid 2009 mit der Maßgabe zu ändern, dass der Vorwegabzug nicht gekürzt wird.

10Der Beklagte beantragt,

11die Klage abzuweisen,

12hilfsweise, die Revision zuzulassen.

13Entscheidungsgründe

14Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet.

15Der angefochtene Einkommensteuerbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten, vergleiche § 100 Abs. 1 S. 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –.

16Der Beklagte hat zu Recht den sogenannten Vorwegabzug um 16 % des geldwerten Vorteils gekürzt.

17Nach § 10 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes in der für 2004 geltenden Fassung – EStG a. F. –, die auch im Streitjahr 2009 anzuwenden ist, gelten für Vorsorgeaufwendungen bestimmte Höchstbeträge. Dabei kommt nach Nr. 2 Satz 1 ein Vorwegabzug i.H.v. 3.068 EUR zur Anwendung.

18Nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 S. 2 EStG ist der Vorwegabzug um 16 % der Summe der Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne des § 19 EStG ohne Versorgungsbezüge im Sinne des § 19 Abs. 2 EStG zu kürzen, wenn für die Zukunftssicherung des Steuerpflichtigen Leistungen im Sinne des § 3 Nr. 62 EStG erbracht werden.

19Nach Auffassung des erkennenden Senats greift die Kürzung des Vorwegabzugs auch dann ein, wenn es sich um Einnahmen aus einem früheren Beschäftigungsverhältnis handelt. Die Gesetzesentwicklung verdeutlicht, dass der Gesetzgeber die Anwendung der Kürzungsregelung pauschal vor allem davon abhängig machen wollte, ob der Steuerpflichtige Einnahmen aus einem aktiven nichtselbstständigen Beschäftigungsverhältnis bezogen hat und ob ihm im Rahmen dieses Beschäftigungsverhältnisses besondere Vorteile in Gestalt arbeitgeberfinanzierter Ansprüche auf Altersversorgung oder auf Zukunftssicherung zugute gekommen sind, die einen Ausschluss von der mit einem ungekürzten Vorwegabzug verbundenen Begünstigung rechtfertigen. Entgegen der früher geltenden Rechtslage sollte es nicht maßgebend sein, ob auch die im jeweiligen Veranlagungszeitraum bezogenen Einnahmen aus einem solchen Beschäftigungsverhältnis mit im gleichen Jahr erworbenen Ansprüchen oder Leistungen verbunden sind (zu Einzelheiten der Gesetzesentwicklung vergleiche Bundesfinanzhof – BFH –, Urteil vom 26. September 2006 X R 7/05, BFH/NV 2007, 34, Rz. 18 ff.). Es entspricht der Absicht des Gesetzgebers, aus dem Umstand, dass überhaupt Zukunftssicherungsleistungen im Sinne des § 3 Nr. 62 EStG erbracht oder Anwartschaftsrechte auf eine Altersversorgung ohne eigene Beitragsleistung erworben werden, im Wege einer generalisierenden Regelung darauf zu schließen, dass ein weiterer Vorwegabzug nicht geboten ist. Dieser pauschalierende Gedanke greift auch in Fällen, in denen zeitlich nach Beendigung des mit der Gewährung vorwegabzugsschädlicher Vorteile verbundenen Arbeitsverhältnisses Arbeitslohn ausgezahlt wird, der mit der früheren aktiven Tätigkeit in wirtschaftlichem Zusammenhang steht (BFH, a.a.O., Rz. 31). Ein solcher wirtschaftlicher Zusammenhang besteht nicht nur, wenn Arbeitslohn für die aktive Beschäftigungszeit nachgezahlt wird, sondern auch dann, wenn es sich um Arbeitslohn aus einem früheren Beschäftigungsverhältnis handelt.

20Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

21Der Senat lässt gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zu.

Basiszins für das vereinfachte Ertragswertverfahren nach § 203 Absatz 2 BewG

Bewertung nicht notierter Anteile an Kapitalgesellschaften und des Betriebsvermögens

BMF-Schreiben vom 2. Januar 2013 – IV D 4 – S 3102/07/0001

GZ IV D 4 – S 3102/07/10001
DOK 2013/0002641
(bei Antwort bitte GZ und DOK angeben)

 Gemäß § 203 Absatz 2 BewG gebe ich den Basiszins für das vereinfachte Ertragswertverfahren bekannt, der aus der langfristig erzielbaren Rendite öffentlicher Anleihen abgeleitet ist. Die Deutsche Bundesbank hat hierfür auf den 2. Januar 2013 anhand der Zinsstrukturdaten einen Wert von 2,04 Prozent errechnet. 

-> Basisizinsrechner

 

Anwendung des vereinfachten Ertragswertverfahrens

(1) 1Die Bewertung von Anteilen an Kapitalgesellschaften, von Betriebsvermögen und von Anteilen am Betriebsvermögen unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten (§ 11 Absatz 2 Satz 2, § 109 Absatz 1 und 2 BewG) kann nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren erfolgen. 2Sind branchentypisch ertragswertorientierte Verfahren ausgeschlossen (weil z.B. Multiplikatorenverfahren oder Substanzwertverfahren zur Anwendung kommen), ist das vereinfachte Ertragswertverfahren nicht anzuwenden. 3Sind branchentypisch auch ertragswertorientierte Verfahren anzuwenden, ist eine Bewertung nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren möglich; die Prüfung eines offensichtlich unzutreffenden Ergebnisses bleibt vorbehalten.

(2) Bei der Bewertung ausländischer Unternehmen sind die Regelungen des vereinfachten Ertragswertverfahrens entsprechend, insbesondere hinsichtlich der Ermittlung des nachhaltig erzielbaren Jahresertrags, anzuwenden, wenn dies nicht zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt.

(3) 1Die im vereinfachten Ertragswertverfahren vorgesehenen Typisierungen können dazu führen, dass der in diesem Verfahren ermittelte Wert höher oder niedriger ist als der gemeine Wert. 2Das Finanzamt hat den im vereinfachten Ertragswertverfahren ermittelten Wert zugrunde zu legen, wenn das Ergebnis nicht offensichtlich unzutreffend ist.

(4) 1Nach § 199 Absatz 1 und 2 BewG hat der Steuerpflichtige ein Wahlrecht, das vereinfachte Ertragswertverfahren anzuwenden. 2Gesetzliche Tatbestandsvoraussetzung hierfür ist, dass diesnicht zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt. 3Hat das Finanzamt an der Anwendbarkeit des vereinfachten Ertragswertverfahrens Zweifel, sind diese vom Finanzamt substantiiert darzulegen und dem Steuerpflichtigen ist Gelegenheit zu geben, die Bedenken des Finanzamts auszuräumen. 4Das vereinfachte Ertragswertverfahren kann vor allem dann zu unzutreffenden Ergebnissen führen, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 6 vorliegen. 5In einem solchen Fall hat der Steuerpflichtige substantiiert darzulegen, warum das vereinfachte Ertragswertverfahren nicht zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führt. 6Kommt der Steuerpflichtige dieser Mitwirkungspflicht nicht nach, kann davon ausgegangen werden, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des Wahlrechts nicht vorliegen. 7Die Bewertung ist nach allgemeinen Grundsätzen vorzunehmen.

(5) Erkenntnisse über eine offensichtlich unzutreffende Wertermittlung zum gemeinen Wert können beispielsweise in den nachstehenden Fällen hergeleitet werden:

1. Vorliegen zeitnaher Verkäufe, wenn diese nach dem Bewertungsstichtag liegen;
2. Vorliegen von Verkäufen, die mehr als ein Jahr vor dem Bewertungsstichtag liegen;
3. Erbauseinandersetzungen, bei denen die Verteilung der Erbmasse Rückschlüsse auf den gemeinen Wert zulässt.

(6) 1Vom Vorliegen begründeter Zweifel an der Anwendbarkeit des vereinfachten Ertragswertverfahrens ist insbesondere auszugehen:

1. bei komplexen Strukturen von verbundenen Unternehmen;
2. bei neu gegründeten Unternehmen, bei denen der künftige Jahresertrag noch nicht aus den Vergangenheitserträgen abgeleitet werden kann, insbesondere bei Gründungen innerhalb eines Jahres vor dem Bewertungsstichtag, weil das vereinfachte Ertragswertverfahren hier regelmäßig, zum Beispiel wegen hoher Gründungs- und Ingangsetzungsaufwendungen, zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt;
3. beim Branchenwechsel eines Unternehmens, bei dem deshalb der künftige Jahresertrag noch nicht aus den Vergangenheitserträgen abgeleitet werden kann;
4. in sonstigen Fällen, in denen auf Grund der besonderen Umstände der künftige Jahresertrag nicht aus den Vergangenheitserträgen abgeleitet werden kann. 2Hierzu gehören zum Beispiel Wachstumsunternehmen, branchenbezogene oder allgemeine Krisensituationen oder absehbare Änderungen des künftigen wirtschaftlichen Umfeldes;
5. bei grenzüberschreitenden Sachverhalten, z.B. nach § 1 AStG, § 4 Absatz 1 Satz 3 EStG oder § 12 Absatz 1 KStG, sofern der jeweils andere Staat nicht die Ergebnisse des vereinfachten Ertragswertverfahrens seiner Besteuerung zugrunde legt.

2Es bestehen grundsätzlich keine Bedenken, in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 den Substanzwert als Mindestwert (§ 11 Absatz 2 Satz 3 BewG) anzusetzen, sofern dies nicht zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt.

Steuerklassenwahl 2013

Für die Durchführung des Lohnsteuerabzugs werden Arbeitnehmer in Steuerklassen eingereiht. Die Steuerklasse ist für die Höhe des Lohnsteuerabzugs besonders wichtig. Im Jahr 2012 wird sie Arbeitnehmern mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland entweder auf der Lohnsteuerkarte 2010 oder auf der Ersatzbescheinigung 2011 beziehungsweise 2012 bescheinigt. Die Lohnsteuerkarte 2010 und die Ersatzbescheinigung(en) 2011/2012 bleiben bis zu Einführung des elektronischen Verfahrens (ELStAM) gültig. Im ELStAM-Verfahren (ELStAM = Elektronischen LohnSteuerAbzugsMerkmale) wird eine Heirat von den Meldebehörden an die Datenbank der Finanzverwaltung gemeldet. Aufgrund dieser Änderungsmitteilung wird beiden Ehegaten programmgesteuert jeweils die Steuerklasse IV zugeteilt. Auf Antrag kann jedoch auch die Steuerklassenkombination III/V oder IV/IV mit Faktor (§ 39 f EStG) gewählt werden. Der Faktor ist jedes Jahr neu zu beantragen.

Die Steuerklasse können Sie bei Ihrem Finanzamt ändern lassen. Ein Steuerklassenwechsel kann grundsätzlich nur einmal im Jahr erfolgen. Sie sind verpflichtet, die Steuerklasse und die Zahl der Kinderfreibeträge durch das Finanzamt ändern zu lassen, wenn die Eintragungen von den tatsächlichen Verhältnissen abweichen, weil zum Beispiel die Ehegatten dauernd getrennt leben und somit die Voraussetzungen für die Steuerklasse III weggefallen sind. Diese Verpflichtung gilt auch, wenn die Steuerklasse II bescheinigt ist, die Voraussetzung für die Berücksichtigung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende im Laufe des Kalenderjahrs jedoch entfällt.

Arbeitnehmer werden in folgende Steuerklassen eingestuft. Diese Einstufung richtet sich dabei nach folgenden Kriterien:

  • Steuerklasse I gilt für ledige und geschiedene Arbeitnehmer sowie für verheiratete Arbeitnehmer, deren Ehegatte im Ausland wohnt oder die von ihrem Ehegatten dauernd getrennt leben. Verwitwete Arbeitnehmer gehören ab dem Kalenderjahr 2013 ebenfalls in die Steuerklasse I, wenn der Ehegatte vor dem 01. Januar 2012 verstorben ist. In die Steuerklasse I gehören auch Arbeitnehmer, die beschränkt einkommensteuerpflichtig sind oder in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben.
  • Steuerklasse II gilt für die unter Steuerklasse I genannten Arbeitnehmer, wenn ihnen der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende zusteht.
  • Steuerklasse III gilt auf Antrag für verheiratete Arbeitnehmer, wenn beide Ehegatten im Inland wohnen, nicht dauernd getrennt leben und der Ehegatte des Arbeitnehmers keinen Arbeitslohn bezieht oder Arbeitslohn bezieht und in die Steuerklasse V eingereiht wird. Verwitwete Arbeitnehmer gehören für das Kalenderjahr 2013 nur dann in Steuerklasse III, wenn der Ehegatte nach dem 31. Dezember 2011 verstorben ist, beide Ehegatten an dessen Todestag im Inland gewohnt und nicht dauernd getrennt gelebt haben.
    Hinweis bei Heirat in 2013:
    In den Fällen einer Eheschließung im Kalenderjahr 2013 wird Ihnen und Ihrem Ehegatten im neuen elektronischen Verfahren der ELStAM zunächst automatisch die Steuerklasse IV zugeteilt. Folglich erhalten Sie auch dann die Steuerklasse IV (und nicht III), wenn Ihr Ehegatte in keinem Beschäftigungsverhältnis steht. Soll bei Ihnen die Steuerklasse III berücksichtigt werden, müssen Sie dies auf dem amtlichen Vordruck  Antrag auf Steuerklassenwechsel bei Ehegatten beim für Sie zuständigen Wohnsitzfinanzamt beantragen.
  • Steuerklasse IV gilt für verheiratete Arbeitnehmer, wenn beide Ehegatten Arbeitslohn beziehen, im Inland wohnen und nicht dauernd getrennt leben. Lesen Sie hierzu auch die Ausführungen zum Faktorverfahren.
  • Steuerklasse V tritt für einen der Ehegatten an die Stelle der Steuerklasse IV, wenn der andere Ehegatte auf Antrag beider Ehegatten in die Steuerklasse III eingereiht wird.
  • Steuerklasse VI gilt bei Arbeitnehmern, die nebeneinander von mehreren Arbeitgebern Arbeitslohn beziehen, für die Einbehaltung der Lohnsteuer vom Arbeitslohn aus dem zweiten und weiteren Dienstverhältnis.
  • Weitere Informationen auch auf  http://www.steuerschroeder.de/steuerklassen.htm

Steuerklassenwahl bei Ehegatten

Beziehen beide Eheleute Arbeitslohn, können sie beim Lohnsteuerabzug zwischen zwei Steuerklassenkombinationen und dem Faktorverfahren wählen. Grund dafür ist, dass Ehegatten zwar grundsätzlich gemeinsam besteuert werden, beim Lohnsteuerabzug eines Arbeitnehmers aber nur dessen eigener Arbeitslohn zugrunde gelegt werden kann. Erst wenn die Arbeitslöhne beider Ehegatten nach Ablauf des Jahres bei der Abgabe einer Einkommensteuererklärung zusammengeführt werden, ergibt sich die zutreffende Jahressteuer. Es lässt sich deshalb nicht vermeiden, dass im Laufe des Kalenderjahres zu viel oder zu wenig Lohnsteuer einbehalten wird. Mit der richtigen Steuerklassenkombination bzw. dem Faktorverfahren kann man dem Jahresergebnis allerdings möglichst nahe kommen.

Die Steuerklassenkombination IV/IV (gesetzlicher Regelfall) geht davon aus, dass die Ehegatten gleich viel verdienen. Die Steuerklassenkombination III/V ist so gestaltet, dass die Summe der Steuerabzugsbeträge für beide Ehegatten in etwa der gemeinsamen Jahressteuer entspricht, wenn der Ehegatte mit Steuerklasse III 60 % und der Ehegatte mit Steuerklasse V 40 % des gemeinsamen Arbeitseinkommens erzielt.

Schließlich können Ehegatten auch das Faktorverfahren wählen. Durch die Steuerklassenkombination IV/IV in Verbindung mit einem vom Finanzamt zu berechnenden und auf ihren beiden Lohnsteuerkarten 2010 /Ersatzbescheinigungen 2011 oder 2012 einzutragenden bzw. als ELStAM zu bildenden Faktor von 0,… (immer kleiner 1) wird Folgendes erreicht: Bei jedem Ehegatten wird der ihm zustehende Grundfreibetrag beim Lohnsteuerabzug berücksichtigt, zugleich wird mittels des Faktors die einzubehaltende Lohnsteuer entsprechend der Wirkung des Splittingverfahrens gemindert. Der Faktor ist ein steuermindernder Multiplikator, der sich bei unterschiedlich hohen Arbeitslöhnen der Ehegatten aus der Wirkung des Splittingverfahrens in der Veranlagung errechnet. Die Berücksichtigung eines Faktors ist jährlich neu zu beantragen.

Wie unterscheiden sich die möglichen Kombinationen?

Die Steuerklassenkombination III/V ist so gestaltet, dass die Summe der Steuerabzugsbeträge beider Ehepartner etwa der zu erwartenden Jahressteuer entspricht, wenn der in Steuerklasse III eingestufte Partner ca. 60 %, der in Steuerklasse V eingestufte ca. 40 % des gemeinsamen Arbeitseinkommens erzielt.

Verdient der in Steuerklasse III eingestufte Partner noch mehr, so kann die Steuerklassenkombination dazu führen, dass die per Lohnsteuerabzug einbehaltene Steuer nicht ausreicht, die Jahressteuerschuld auszugleichen. In diesem Fall muss mit einer Nachzahlung gerechnet werden.

Die Steuerklassenkombination IV/IV kann grundsätzlich immer gewählt werden. Sie ist so gestaltet, dass bei etwa gleich hohem Arbeitseinkommen beider Ehegatten die Summe ihrer Steuerabzugsbeträge der zu erwartenden Jahressteuer entspricht. Eine Steuernachzahlung aufgrund zu geringen Lohnsteuerabzugs ist hier grundsätzlich ausgeschlossen

Wie finden wir die für unsere Verhältnisse richtige Kombination?

Die Finanzverwaltung veröffentlich jährlich ein „Merkblatt 2013 zur Steuerklassenwahl von Arbeitnehmer-Ehegatten“, dass anhand von Erläuterungen, Beispielen und Tabellen die optimale Auswahl der Steuerklassenkombination ermöglicht. Noch einfacher geht es mit dem Steuerklassenwahl-Rechner

Wie können Ehegatten den Steuerklassenwechsel beantragen?

Benötige Unterlagen für einen Steuerklassenwechsel

  • Antrag auf Steuerklassenwechsel bei Ehegatten
  • Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung 2013 (bei Beantragung des Faktorverfahrens für Ehegatten)
  • ggf. Vollmacht des Ehegatten

Hinweise Steuerklassenwechsel: Berufstätige Ehegatten können zwischen den Steuerklassenkombinationen IV/IV, IV/IV mit Faktor oder III/V wählen. Ein Steuerklassenwechsel ist im Laufe des Kalenderjahres grundsätzlich nur einmal zulässig. Ein zweiter und weiterer Steuerklassenwechsel ist jedoch dann möglich,

  1. wenn ein Ehegatte keine Einkünfte mehr aus nichtselbständiger Tätigkeit bezieht (z.B. bei Arbeitslosigkeit, Erziehungsurlaub, Rente, Selbstständigkeit) oder
  2. wenn erneut wieder Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit bezogen werden (wenn z. B. nach Arbeitslosigkeit, Erziehungsurlaub, Rente, Selbstständigkeit wieder ein Dienstverhältnis aufgenommen wird) oder
  3. wenn ein Ehegatte verstirbt.
Der Steuerklassenwechsel wird zum 1. des auf die Antragstellung folgenden Monats, spätestens jedoch bis zum 30. November des laufenden Jahres, auf der Lohnsteuerkarte 2010 bzw. der Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug 2012/2013 eingetragen.
Verwenden Sie diesen Vordruck bitte nur, wenn Sie – und ggf. Ihr Ehegatte – erstmals einen Steuerfreibetrag oder einen höheren Freibetrag als für 2012 beantragen. Wenn nur die Zahl der Kinderfreibeträge und/oder die Steuerklasse I in II geändert werden soll oder kein höherer Freibetrag als für 2012 beantragt wird, verwenden Sie bitte anstelle dieses Vordrucks den „Vereinfachten Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung 2013“. Die Freibeträge und alle weiteren Änderungen der Besteuerungsmerkmale werden als elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) gespeichert und den Arbeitgebern in einem elektronischen Abrufverfahren bereitgestellt. Der Antrag kann vom 1. Oktober 2012 bis zum 30. November 2013 gestellt werden. Danach kann ein Antrag auf Steuerermäßigung nur noch bei einer Veranlagung zur Einkommensteuer für 2013 berücksichtigt werden. Aus Abschnitt D ergeben sich die Antragsgründe, für die ein Antrag nur dann zulässig ist, wenn die Aufwendungen und Beträge in 2013 insgesamt höher sind als 600 €. Bei der Berechnung dieser Antragsgrenze zählen Werbungskosten grundsätzlich nur mit, soweit sie 1.000 € (bei Versorgungsbezügen 102 €) übersteigen.  Ehegatten können in Abschnitt F anstelle der Steuerklassenkombination III/V oder IV/IV die Eintragung der Steuerklassen IV  in Verbindung mit einem Faktor beantragen. Dies hat zur Folge, dass die einzubehaltende Lohnsteuer in Anlehnung an das Splittingverfahren ermittelt wird. Freibeträge werden in die Berechnung des Faktors einbezogen. Wird Ihnen auf Grund dieses Antrags ein Steuerfreibetrag gewährt – ausgenommen Behinderten-/Hinterbliebenen-Pauschbetrag  oder Änderungen bei der Zahl der Kinderfreibeträge – und übersteigt der im Kalenderjahr insgesamt erzielte Arbeitslohn 10.500 €, bei zusammenveranlagten Ehegatten der von den Ehegatten insgesamt erzielte Arbeitslohn 19.700 €, oder wird ein Faktor eingetragen, sind Sie nach § 46 Abs. 2 Nr. 3a oder 4 des Einkommensteuergesetzes verpflichtet, für das Kalenderjahr 2013 eine Einkommensteuererklärung abzugeben.

Fallen die Voraussetzungen für den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (Abschnitt B) im Laufe des Kalenderjahres weg, sind Sie verpflichtet, die Steuerklasse II umgehend ändern zu lassen. Dieser Antrag ist auch zu verwenden, wenn Sie im Inland weder einen Wohnsitz noch Ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Ihre Einkünfte jedoch mindestens zu 90 % der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte nicht mehr als 8.130 € (dieser Betrag wird ggf. nach den Verhältnissen Ihres Wohnsitzstaates gemindert) betragen. Fügen Sie bitte die „Anlage Grenzpendler EU/EWR“ oder die „Anlage Grenzpendler außerhalb EU/EWR“ bei. Nach den Vorschriften der Datenschutzgesetze wird darauf hingewiesen, dass die Angabe der Telefonnummer freiwillig im Sinne dieser Gesetze ist und im Übrigen die mit diesem Antrag angeforderten Daten auf Grund der §§ 149 ff. der Abgabenordnung und der §§ 38b Abs. 2, 39 Abs. 6, 39a Abs. 2, 39f des Einkommensteuergesetzes erhoben werden.

Welche weiteren Auswirkungen kann die Wahl der Steuerklassenkombination haben?

Die Wahl der Steuerklassenkombination kann auch die Höhe von Lohnersatzleistungen wie Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Unterhaltsgeld, Krankengeld, Versorgungskrankengeld, Verletztengeld, Übergangsgeld oder Mutterschaftsgeld beeinflussen. Bei Leistungen des Arbeitsamtes kann außerdem auch der Zeitpunkt eines Steuerklassenwechsels Folgen bei der Leistungsberechnung haben. Falls Sie Lohnersatzleistungen beziehen oder dies absehbar in näherer Zukunft eintritt, sollten Sie sich bei den jeweilig zuständigen Stellen über die möglichen Folgen informieren.

Ausführliche Informationen zu den Steuerklassen finden Sie auch auf den Internetseiten des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg in der Reihe  Der aktuelle Tipp („Steuerklassen“) und der  Lohnsteuerfibel 2012 (Kleiner Ratgeber für Lohnsteuerzahler).

Änderungsgründe können zum Beispiel sein:

  • Heirat
  • Ausscheiden eines Ehegatten aus dem Arbeitsverhältnis
  • ein Ehegatte geht nach vorangegangener Arbeitslosigkeit ein Arbeitsverhältnis ein
  • Tod des Ehegatten.

Ehegatten, die beide in einem Dienstverhältnis stehen, können im Laufe des Kalenderjahres grundsätzlich einmal die Steuerklasse wechseln. Möchten Sie nach der Eheschließung im Jahr 2013 einen entsprechenden Antrag auf Berücksichtigung einer anderen Steuerklasse als der im neuen elektronischen Verfahren der ELStAM zunächst automatisch zugeteilten Steuerklasse IV stellen, geht dadurch Ihr Recht auf den jährlichen Wechsel der Steuerklassenkombination nicht verloren.

Gleiches gilt für den Fall, dass einer oder beide Ehegatten, denen keine Lohnsteuerkarte 2010/keine Ersatzbescheinigung 2011 oder 2012 ausgestellt wurde ab dem Kalenderjahr 2013 ein Dienstverhältnis beginnt bzw. beginnen. Im neuen elektronischen Verfahren ELStAM wird diesen Ehegatten jeweils für den Lohnsteuerabzug programmgesteuert die Steuerklasse IV zugewiesen. Soll von dieser programmgesteuerten Zuordnung abgewichen werden, ist für die Wahl der Steuerklassenkombination III/V oder IV/IV mit Faktor ein entsprechender Antrag beider Ehegatten beim Wohnsitzfinanzamt erforderlich (amtlicher Vordruck „Antrag auf Steuerklassenwechsel bei Ehegatten“). Auch hier geht das Recht der Ehegatten, die Steuerklasse einmal im Kalenderjahr zu wechseln, nicht verloren.
Ein weiterer Wechsel der Steuerklasse für dasselbe Kalenderjahr ist in einigen Ausnahmefällen möglich:

  • wenn ein Ehegatte verstorben ist oder keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn mehr bezieht,
  • wenn sich die Ehegatten auf Dauer getrennt haben oder
  • wenn nach Arbeitslosigkeit wieder ein Arbeitsverhältnis besteht.

Zuständige Stelle

Das Finanzamt, in dessen Bezirk Sie wohnen.

Voraussetzung

Änderungsgründe wie oben beschrieben sind bei Ihnen eingetreten.

Verfahrensablauf

Sie müssen beim Finanzamt einen „Antrag auf Steuerklassenwechsel“ stellen. Antragsvordrucke erhalten Sie beim Finanzamt oder im Internet. In den Fällen, in denen beide Ehegatten von der Änderung betroffen sind, wie beispielsweise bei einer Heirat, müssen beide Ehegatten den Antrag gemeinsam stellen und unterschreiben, bei Wahl des Faktorverfahrens unter Angabe der voraussichtlichen Arbeitslöhne des Kalenderjahres 2013 oder auch in Verbindung mit einem Antrag auf Lohnsteuerermäßigung.
Bei persönlicher Vorsprache beim Finanzamt ist vom Arbeitnehmer immer ein Identitätsnachweis zu erbringen.

Erforderliche Unterlagen

Grundsätzlich Lohnsteuerkarte 2010/Ersatzbescheinigung 2011oder 2012 (wenn beide Ehegatten von der Änderung betroffen sind, beide Lohnsteuerkarten 2010/Ersatzbescheinigungen 2011 oder 2012).

Frist/Dauer

Der Steuerklassenwechsel kann nur mit Wirkung vom Beginn des auf die Antragstellung folgenden Monats vorgenommen werden. Für das Jahr 2012 kann der Antrag auf Steuerklassenwechsel längstens bis 30. November 2012 gestellt werden.  Die als ELStAM (elektronischenLohnsteuer-Abzugsmerkmal) gespeicherte Steuerklasse können Sie bei Ihrem Finanzamt im Laufe des Kalenderjahres 2013 einmal, und zwar spätestens bis zum 30. November 2013, ändern lassen.

Kosten

Es entstehen keine Gebühren oder sonstige Kosten.

Sonstiges

Die für das Lohnsteuerabzugsverfahren maßgebenden Merkmale, wie Steuerklasse, ggf. Faktor, Zahl der Kinderfreibeträge, andere Freibeträge, aber auch das Kirchensteuermerkmal werden von der Finanzverwaltung für alle Arbeitnehmer in einer zentralen Datenbank gespeichert. Die Finanzverwaltung stellt auf Basis dieser Daten künftig die Lohnsteuerabzugsmerkmale den Arbeitgebern zum elektronischen Abruf bereit. Das bisherige papiergebundene Verfahren der Lohnsteuerkarte bzw. der Ersatzbescheinigungen soll schrittweise im Jahr 2013 durch diese vom Arbeitgeber abrufbaren elektronischenLohnsteuerabzugsmerkmale (den ELStAM) ersetzt werden.

Seit dem Kalenderjahr 2011 sind nicht mehr die Gemeinden, sondern ausschließlich die Finanzämter Ansprechpartner, wenn es um die Änderung von Steuerklassen oder anderen Lohnsteuerabzugsmerkmalen geht. Für die Verwaltung der Meldedaten, z. B. Familienstand, Heirat, Geburt, Kirchenein- oder -austritt, sind weiterhin die Gemeinden zuständig. Das bedeutet, dass die Finanzverwaltung die ELStAM nur richtig bilden kann, wenn Sie Ihrer gesetzlichen Meldepflicht nachkommen und die Gemeinden die betreffenden Daten an die Finanzverwaltung senden können.

Weitere Informationen zum Thema „ELStAM“ finden Sie unter  www.elster.de.
Auskünfte erteilt auch das Finanzamt, in dessen Bezirk Sie wohnen.

Rechtsgrundlage

§ 38b Einkommensteuergesetz (EStG) i.d.F des BeitrRLUmsG – Lohnsteuerklassen, Zahl der Kinderfreibeträge
§ 39 EStG i.d.F des BeitrRLUmsG – Lohnsteuerabzugsmerkmale
§ 39e EStG i.d.F des BeitrRLUmsG – Verfahren zur Bildung und Anwendung der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale
§ 52b EStG i.d.F. des JStG 2010 bzw. JStG 2013 im Entwurf – Übergangsregelungen bis zur Anwendung der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale

Verzugszinsen: Basiszinssatz sinkt auf minus 0,13 Prozent (Bundesbank)

Die Deutsche Bundesbank hat den Basiszinssatz gem. § 247 Abs. 1 BGB berechnet. Er ist zum 1.1.2013 von 0,12 Prozent um 0,25 Prozentpunkte auf minus 0,13 Prozent gesunken und erreicht damit erstmals einen negativen Wert.

Der Basiszinssatz wird jeweils zum 1.1. und 1.7. angepasst und hat vor allem Bedeutung für die Berechnung von Verzugszinsen, die säumigen Schuldnern in Rechnung gestellt werden können:

  • Verzugszinsen zwischen Unternehmen betragen nun 7,87 %;

 

  • bei Beteiligung von Verbrauchern fallen künftig 4,87 % an (§ 288 Abs. 1 und 2 BGB).

Quelle: Deutsche Bundesbank

Aufwandsentschädigungen ehrenamtlicher Betreuer sind steuerfrei

Steuerfreiheit für Aufwandsentschädigungen

Laut BFH-Urteil sind Aufwandsentschädigungen ehrenamtlicher Betreuer nach § 1835a BGB ab 2011 begrenzt und für die Jahre davor unbegrenzt steuerfrei.

Der Kläger war vom Amtsgericht in bis zu 42 Fällen als Betreuer bestellt worden und hatte dafür Aufwandsentschädigungen nach § 1835a BGB von bis zu 323 EUR pro Jahr und betreuter Person bezogen. Das Finanzamt erfasste diese Aufwandsentschädigungen als Einnahmen. Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 12 EStG kam nach seiner Auffassung nicht in Betracht, weil die Aufwandsentschädigungen nicht ausdrücklich als solche im Haushaltsplan ausgewiesen waren.

Der BFH folgte dagegen im Ergebnis der Auffassung des Klägers, dass die Aufwandsentschädigungen steuerfrei seien. Es handele sich zwar um Einnahmen aus selbständiger Arbeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG. Sie seien aber steuerfrei, und zwar in den Jahren ab 2011 – betraglich begrenzt – nach § 3 Nr. 26b EStG und in den Vorjahren (und damit im Streitfall) in vollem Umfang nach § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG.

Es handele sich nicht um eine Vergütung, die der Kläger ebenfalls hätte verlangen können und die dann einen erheblich höheren Umfang gehabt hätte, sondern nur um eine geringe Aufwandsentschädigung, die die für die Betreuung anfallenden Kosten typisierend abgelten solle. Der Ausweis der Aufwandsentschädigung in einem Bundesgesetz (§ 1835a BGB) reiche für die Voraussetzungen der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG aus. Ein zusätzlicher ausdrücklicher Ausweis im Haushaltsplan sei weder nach dem Wortlaut der Vorschrift, noch nach ihrem Zweck und auch nicht aufgrund der Entstehungsgeschichte erforderlich.

BFH, Urteil v. 17.10.2012, VIII R 57/09, veröffentlicht am 2.1.2013

BFH, Pressemitteilung Nr. 01/2013 v. 2.1.2013

 

 Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG für Aufwandsentschädigungen ehrenamtlicher Betreuer nach § 1835a BGB

 Leitsatz

1. Betreuer üben eine sonstige vermögensverwaltende Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG aus (Anschluss an BFH-Urteile vom 15. Juni 2010 VIII R 10/09 , BFHE 230, 47 , BStBl II 2010, 906; VIII R 14/09, BFHE 230, 54 , BStBl II 2010, 909).

2. Aufwandsentschädigungen ehrenamtlicher Betreuer nach § 1835a BGB sind nach § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG steuerfrei.

 Gesetze

EStG § 3 Nr. 12 Satz 1
EStG § 3 Nr. 26b
EStG § 18 Abs. 1 Nr. 3
BGB § 1835a

 Instanzenzug

FG Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, vom 24. September 2009 3 K 1350/08 (EFG 2010, 120 )BFH VIII R 57/09

 Gründe

I.

1  Die Beteiligten streiten darüber, ob vom Kläger und Revisionskläger (Kläger) bezogene Aufwandsentschädigungen für bis zu 42 gleichzeitige ehrenamtliche Betreuungen in den Streitjahren 2001 bis 2004 der Einkommensteuer unterliegen.

2  Der Kläger erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, aus einer hiervon unabhängigen selbständigen Tätigkeit als Aufsichtsrat sowie aus Kapitalvermögen.

3  Daneben bezog er Aufwandsentschädigungen aus der Bestellung als Betreuer i.S. des § 1896 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB ) in zeitweise bis zu 42 Fällen durch das zuständige Amtsgericht (AG). In wenigen Fällen erfolgten die Zahlungen durch die Betreuten selbst (2001: 5 Fälle; 2002: 3 Fälle; 2003: 7 Fälle und 2004: 5 Fälle). Im Übrigen leistete das AG für jede andere im Streitzeitraum vom Kläger betreute Person —jeweils jährlich— eine Aufwandsentschädigung i.S. der §§ 1835a , 1908i BGB in Höhe von 600 DM für das Jahr 2001, in Höhe von 312 € für die Zeit von Januar 2002 bis Juni 2004 sowie in Höhe von 323 € ab 1. Juli 2004. In Einzelfällen erfolgte die Zahlung anteilig.

4  Die an den Kläger gezahlten Aufwandsentschädigungen verbuchte das AG unter dem Haushaltstitel Nr. 0503.53601.0007 (in 2001 und 2002: Kapitel 0503 Titel 53601 Untertitel 0007) des Einzelplans 05 des Staatshaushaltsplans des Landes Baden-Württemberg. Der zum Kapitel 0503 (Gerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit und Staatsanwaltschaften) gehörende Haushaltstitel 53601 trug in allen Streitjahren die Bezeichnung „Auslagen in Rechtssachen (einschließlich Reisekosten)” und betraf nach den Erläuterungen zu diesem Haushaltstitel in den Jahren 2002 bis 2004 (jeweils unter 7.) „Aufwand für ehrenamtliche Vormünder, Pfleger und Betreuer …” (gefolgt von dem jeweiligen Betrag) sowie nach den Erläuterungen zum Staatshaushaltsplan für das Jahr 2001 (unter Nr. 6) „Aufwand für Vormünder, Pfleger und Betreuer …”.

5  Die in den Einkommensteuererklärungen des Klägers für die Streitjahre nicht erfassten Aufwandsentschädigungen berücksichtigte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) aufgrund einer Steuerfahndungsprüfung mit Einkommensteueränderungsbescheiden für die Streitjahre vom 4. September 2007 —unter Ansatz eines pauschalen Werbungskostenabzugs von 25 %— als nach § 22 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerbare Leistungen.

6  Die dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 120 veröffentlichten Urteil im Wesentlichen mit der Begründung ab, die Aufwandsentschädigungen seien nach § 15 EStG steuerbar und insbesondere nicht nach § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG steuerfrei.

7  Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung materiellen Rechts.

8  Er beantragt, das angefochtene Urteil sowie die angefochtenen Einkommensteueränderungsbescheide für die Streitjahre 2001 bis 2004 vom 4. September 2007 jeweils in der Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben.

9  Das FA beantragt, im Wesentlichen unter Bezugnahme auf die Gründe des angefochtenen FG-Urteils, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

10  Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist dem Verfahren gemäß § 122 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beigetreten. Es hält die Revision für unbegründet, hat aber keinen Antrag gestellt.

II.

11  Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil und die angefochtenen Einkommensteueränderungsbescheide in Gestalt der Einspruchsentscheidung sind nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO aufzuheben, weil die streitigen Einnahmen des Klägers aus seiner Tätigkeit als ehrenamtlicher Betreuer steuerfrei sind.

12  1. Im Ausgangspunkt sind FA und FG allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass die Einnahmen des Klägers aus seiner Betreuertätigkeit grundsätzlich steuerbar sind. Rechtsgrundlage dafür ist aber nicht § 15 EStG (wie vom FG angenommen) oder § 22 Nr. 3 EStG (wie von der Finanzverwaltung angenommen), sondern § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG . Denn Betreuer i.S. des § 1896 BGB erzielen nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) Einkünfte, die der vermögensverwaltenden Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zuzurechnen sind (BFH-Urteile vom 15. Juni 2010 VIII R 10/09 , BFHE 230, 47 , BStBl II 2010 , 906 ; VIII R 14/09, BFHE 230, 54 , BStBl II 2010, 909, unter Aufgabe der früheren abweichenden Rechtsprechung im BFH-Urteil vom 4. November 2004 IV R 26/03 , BFHE 208, 280 , BStBl II 2005, 288).

13  2. Die Einnahmen aus der im Streitfall ehrenamtlich ausgeübten Betreuertätigkeit sind aber nach § 3 EStG steuerfrei.

14  a) Für die —hier nicht betroffenen— Veranlagungszeiträume ab 2011 folgt die —allerdings betraglich begrenzte— Steuerfreiheit aus § 3 Nr. 26b EStG . Nach dieser durch das Jahressteuergesetz 2010 (JStG 2010 ) vom 8. Dezember 2010 (BGBl I 2010, 1768 ) eingefügten Vorschrift sind „Aufwandsentschädigungen nach § 1835a des Bürgerlichen Gesetzbuchs” steuerfrei, soweit sie zusammen mit den steuerfreien Einnahmen im Sinne der Nr. 26 den Freibetrag nach Nr. 26 Satz 1 nicht überschreiten (vgl. dazu von Beckerath, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG , § 3 Nr. 26b Rz B 26b/25 ff.).

15  b) Für frühere Veranlagungszeiträume —wie hier für die Streitjahre 2001 bis 2004— folgt dies entgegen der Ansicht des FA, des FG und des BMF aus § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG . Danach sind solche Bezüge steuerfrei, die aus einer Bundes- oder Landeskasse gezahlt werden und

16  „in einem Bundesgesetz oder Landesgesetz oder einer auf bundesgesetzlicher oder landesgesetzlicher Ermächtigung beruhenden Bestimmung oder von der Bundesregierung oder einer Landesregierung als Aufwandsentschädigung festgesetzt sind und als Aufwandsentschädigung im Haushaltsplan ausgewiesen werden”.

17  Auf diese Regelung kann sich der Kläger ungeachtet dessen berufen, dass sie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit Beschluss vom 11. November 1998 2 BvL 10/95 (BVerfGE 99, 280, BStBl II 1999, 502) für verfassungswidrig erklärt hat.

18  aa) Die Feststellung der Verfassungswidrigkeit wurde vom BVerfG ausdrücklich nur auf die Anwendbarkeit bei Zulagen für Besoldungsempfänger des Bundes wegen dienstlicher Tätigkeit in Dienststellen der sog. neuen Bundesländer beschränkt und vom BFH entsprechend (nur) auf solche Zulagen für Landesbeamte erstreckt (BFH-Urteile vom 26. März 2002 VI R 26/00 , BFHE 198, 545 , BStBl II 2002, 823; vom 26. März 2002 VI R 45/00, BFHE 198, 554 , BStBl II 2002, 827). Zulagen dieser Art gleichen nämlich —so das BVerfG in BVerfGE 99, 280, BStBl II 1999, 502— nicht tatsächlich entstandenen Erwerbsaufwand aus, sondern erhöhen die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Für sie ist die unwiderlegbare Vermutung des § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG , nach dieser Vorschrift festgesetzte Zahlungen seien bei Einhaltung der gesetzlich benannten Festsetzungsvoraussetzungen Aufwandsentschädigungen (von Beckerath, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, a.a.O., § 3 Nr. 12 Rz B 12/7; Carl, Finanz-Rundschau —FR— 1991, 125), nicht zu rechtfertigen.

19  bb) Inwieweit dies auch für andere Zahlungen aus öffentlichen Kassen gilt (für eine weitgehende Verfassungswidrigkeit der Vorschrift Bergkemper in Herrmann/Heuer/Raupach —HHR—, § 3 Nr. 12 EStG Rz 3, m.w.N), kann für den Streitfall dahinstehen. Denn für den Ersatz von Aufwendungen, die ihrer Art nach Werbungskosten oder Betriebsausgaben sind, wird die Steuerfreiheit i.S. des § 3 Nr. 12 EStG als verfassungskonform angesehen (vgl. Blümich/Erhard, § 3 EStG Rz 117 unter Bezugnahme auf BFH-Beschluss vom 21. September 2006 VI R 81/04 , BFHE 215, 196 , BStBl II 2007, 114; BFH-Urteil vom 29. November 2006 VI R 3/04 , BFHE 216, 163 , BStBl II 2007, 308, m.w.N.).

20  cc) Um solche Aufwendungen handelt es sich bei der hier streitigen Aufwandsentschädigung nach § 1835a BGB . Sie setzt schon nach dem Wortlaut der Regelung voraus, dass dem Betreuer —dem Regelfall des § 1836 Abs. 1 Satz 1 BGB entsprechend— kein Anspruch auf Vergütung zusteht und soll geringfügige Aufwendungen (ehrenamtlicher Betreuer) abgelten, und damit auch die Gerichte von einem darauf bezogenen Prüfungsaufwand entlasten (vgl. BTDrucks 11/4528, S. 88).

21  c) Die Voraussetzungen des § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG sind im Streitfall gegeben.

22  aa) Die Bezüge des Klägers aus seiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Betreuer beruhen zunächst auf einer Festsetzung als Aufwandsentschädigung in einem Bundesgesetz.

23  Denn § 1835a Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. § 1908i BGB setzt den Anspruch eines Betreuers (ohne Vergütungsansprüche) auf Aufwendungsersatz ausdrücklich „als Aufwandsentschädigung” fest und bemisst diese Aufwandsentschädigung je Jahr als Festbetrag (Palandt/Diederichsen, Bürgerliches Gesetzbuch , 71. Aufl., § 1835a Rz 3) mit dem Neunzehnfachen des Höchstbetrages der Zeugenentschädigung je Stunde versäumter Arbeitszeit i.S. des § 22 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes .

24  bb) Des Weiteren ist es für die Steuerfreiheit der streitigen Zahlungen unerheblich, dass in dem für die Auszahlung der Aufwandsentschädigung maßgeblichen Haushaltstitel des Haushaltsplans der Begriff „Aufwandsentschädigung” nicht verwendet wird. Dafür sprechen Wortlaut, Entstehungsgeschichte und Zweck des § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG .

25

 

  (1) Der Wortlaut des § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG lässt sechs Möglichkeiten für steuerbegünstigte Festsetzungen als Aufwandsentschädigung zu (vgl. dazu von Beckerath, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, a.a.O., § 3 Nr. 12 Rz B 12/60), nämlich
  –   die Festsetzung in einem Bundesgesetz,
  –   die Festsetzung in einem Landesgesetz,
  –   die Festsetzung aufgrund bundesgesetzlicher Ermächtigung,
  –   die Festsetzung aufgrund landesgesetzlicher Ermächtigung,
  –   die Festsetzung durch die Bundesregierung oder
  –   die Festsetzung durch eine Landesregierung.

 

26  Die in der mündlichen Verhandlung nachhaltig vorgetragene Auffassung des FA und des BMF, für alle dieser sechs Möglichkeiten sei gleichermaßen zusätzlich eine entsprechende Ausweisung als Aufwandsentschädigung im Haushaltsplan Voraussetzung für die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG (so wohl auch HHR/Bergkemper, § 3 Nr. 12 EStG Rz 10 „Ausweis”), folgt nicht zwingend aus dem Wortlaut und der Struktur der Regelung.

27  Denn das Gebot der Ausweisung im Haushaltsplan („und als Aufwandsentschädigung im Haushaltsplan ausgewiesen werden”) kann angesichts der „oder”- Verknüpfungen zwischen den sechs Möglichkeiten steuerfreier Aufwandsentschädigungen gleichermaßen nur auf die letzte oder die beiden letzten Alternativen (Festsetzung durch die Bundes- oder Landesregierung) bezogen sein.

28  (2) Für diese Auslegung spricht schon der Zweck der Bindung an eine Ausweisung im Haushaltsplan, mit ihr „eine Mitwirkung der parlamentarischen Organe zu gewährleisten” (vgl. von Beckerath, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 3 Nr. 12 Rz B 12/61). Einer solchen —weiteren— Mitwirkung bedarf es nämlich ersichtlich nicht für solche Aufwandsentschädigungen, die bereits durch Gesetz —wie im Streitfall in § 1835a BGB — und damit bereits unter Mitwirkung der parlamentarischen Organe als Aufwandsentschädigung normiert worden sind.

29  (3) Für diese Auslegung spricht auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Denn der Gesetzgeber hat das Erfordernis einer Ausweisung als Aufwandsentschädigung im Haushaltsplan erst mit § 3 Nr. 12 EStG 1957 „zur Klarstellung in Zweifelsfällen” (vgl. ohne nähere Begründung im Weiteren Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen zu BTDrucks 2/3509 und 2/3510, S. 8) in das EStG eingestellt. Alleiniger Grund für diese Klarstellung war die Entscheidung des BFH in den Urteilen vom 22. September 1955 IV 47/54 S (BFHE 62, 488 , BStBl III 1956, 181) und vom 24. Juli 1956 IV 382/55 S (BFHE 64, 291, BStBl III 1957, 111) zu § 3 Nr. 11 EStG a.F., dass Ministerialzulagen ohne entsprechende ausdrückliche normative Regelung nicht als Aufwandsentschädigungen im Sinne dieser Vorschrift steuerfrei seien, sondern zum Arbeitslohn gehörten.

30  Danach sind „Zweifelsfälle” im Sinne der Motive des Gesetzgebers ersichtlich nur solche Sachverhalte, bei denen sich der Charakter einer Zahlung als Aufwandsentschädigung nicht schon unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Ergibt er sich bereits aus dem Gesetz, bedarf es infolgedessen nicht einer zusätzlichen entsprechenden Ausweisung der Zahlungen im Haushaltsplan des jeweiligen Bundes- oder Landeshaushaltsgesetzgebers. Denn in diesem Fall ist dem Zweck des § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG , eine hinreichende gesetzliche Grundlage für die Behandlung als Aufwandsentschädigung (typisierender Ersatz von Erwerbsaufwendungen) zu gewährleisten, bereits umfassend Rechnung getragen.

31  (4) Ob und in welchem Umfang die hier streitigen Aufwandsentschädigungen für ehrenamtliche Betreuer nach Inkrafttreten der Neuregelung in § 3 Nr. 26a EStG (eingefügt durch das Gesetz zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements vom 10. Oktober 2007, BGBl I 2007, 2332 , BStBl I 2007, 815, zuletzt geändert durch das JStG 2010 ) sowie in § 3 Nr. 26b EStG i.d.F. des JStG 2010 (weiterhin) in den Anwendungsbereich des § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG fallen oder ob dieser Regelung die neuen Vorschriften der Nrn. 26a und 26b als Sondervorschriften ab dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens vorgehen, kann der Senat offenlassen (vgl. zu dem Konkurrenzverhältnis HHR/Bergkemper, § 3 Nr. 26a EStG Rz 1 „Verhältnis zu anderen Vorschriften” und HHR/Bergkemper, § 3 Nr. 26b EStG Rz 1 „Verhältnis zu anderen Vorschriften”; Oberfinanzdirektion —OFD— Frankfurt, Verfügung vom 30. August 2011 -S 212 A-33-St 213, juris). Denn im Streitfall sind nur die vor diesem Zeitpunkt liegenden Veranlagungszeiträume 2001 bis 2004 betroffen.

32  (5) Mit seiner Auffassung, dass nach § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG kraft Gesetzes festgesetzte Aufwandsentschädigungen unabhängig von einer entsprechenden Ausweisung im Haushaltsplan steuerfrei sind und eine solche Ausweisung nur für durch die Bundesregierung oder durch Landesregierungen festgesetzte Aufwandsentschädigungen erforderlich ist, weicht der Senat entgegen der Auffassung des FA und des BMF nicht von der Rechtsprechung anderer Senate ab.

33  Nach bisheriger Rechtsprechung greift § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG allerdings nicht ein, wenn die gezahlte Vergütung weder in einem Bundes- oder Landesgesetz noch in einer Bestimmung, die auf einer Ermächtigung in einem Bundes- oder Landesgesetz oder einer Rechtsverordnung beruht, noch durch die Bundesregierung oder eine Landesregierung festgesetzt worden ist und die Leistung nicht aus einem Titel geleistet worden ist, der ausdrücklich als „Aufwandsentschädigung” bezeichnet wurde und Empfänger und Höhe der zu leistenden Entschädigungen nennt (BFH-Urteil vom 20. August 2008 I R 35/08 , BFH/NV 2009, 26 unter Bezugnahme auf HHR/Bergkemper, § 3 Nr. 12 EStG Rz 10).

34  Diese Rechtsprechung bezieht sich indessen ausweislich der Entscheidung in BFH/NV 2009, 26 nur auf Fälle, in denen ohne eine solche ausdrückliche Bezeichnung als Aufwandsentschädigung im Haushaltsplan keine hinreichende gesetzliche Grundlage für eine solche Zuordnung zu steuerfreien Aufwandserstattungen gegeben wäre.

35  Insbesondere ergibt sich eine Abweichung nicht aus den vom BMF in Bezug genommenen BFH-Urteilen vom 24. August 1973 VI R 100/71 (BFHE 110, 272 , BStBl II 1973, 819) und vom 9. Oktober 1992 VI R 88/91 (BFH/NV 1993, 165 ).

36  Die BFH-Entscheidung in BFHE 110, 272 , BStBl II 1973, 819 betraf nämlich eine nicht durch Gesetz, sondern nur durch die Verwaltung beschlossene „Aufwandsentschädigung”, die auch nach den Ausführungen unter II.2.c bb (1) bis (4) der Gründe dieses Urteils eine entsprechende Ausweisung im Haushaltsplan für die Anwendbarkeit des § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG voraussetzen würde. Die BFH-Entscheidung in BFH/NV 1993, 165 betraf ebenso wie das dazu ergangene Parallelurteil vom 24. Oktober 1991 VI R 83/89 (BFHE 165, 542 , BStBl II 1992, 140) die revisionsrechtlich nicht überprüfbare Auslegung einer landesrechtlichen Vorschrift durch die Vorinstanz, nach der streitige (Einrichtungs-) Aufwendungen  nicht  von dem Begriff der Aufwandsentschädigung in dieser Vorschrift erfasst wurden.

37  cc) Auf dieser Grundlage bedarf es einer ausdrücklichen Ausweisung als Aufwandsentschädigung im Haushaltsplan entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung (vgl. OFD Koblenz, Verfügung vom 15. Dezember 2006 S 2240 A -St 31 4, juris) nicht, weil sich der streitige Aufwandsentschädigungsanspruch unmittelbar aus einem Bundesgesetz, nämlich § 1835a BGB ergibt.

38  (1) § 1835a BGB ist —wie bereits ausgeführt— nach dem Wortlaut der Regelung wie auch nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers ausweislich der Gesetzesmaterialien nicht auf eine Vergütung der Betreuungstätigkeit gerichtet. Vielmehr soll er ausschließlich in begrenztem Umfang geringfügige Aufwendungen (ehrenamtlicher Betreuer) abgelten, ihnen durch die Pauschalierung die Mühe abnehmen, solche Aufwendungen wie kleinere Porto- oder Telefonkosten durch Belege nachzuweisen und damit auch die Gerichte von einem darauf bezogenen Prüfungsaufwand entlasten (vgl. BTDrucks 11/4528, S. 88).

39  (2) Auch die geringe Höhe der Aufwandsentschädigung je betreuter Person (monatlich etwa 27 € nach der Rechtslage im Jahre 2004) bietet darüber hinaus ersichtlich keinen Anlass zu Zweifeln, dass die dem pauschalen Werbungskostenansatz des Gesetzgebers zugrunde liegende Annahme eines regelmäßig in dieser Höhe zu erwartenden Aufwandes sachgerecht ist.

40  (3) Dies unterscheidet die streitige Aufwandsentschädigung von anderen öffentlich-rechtlichen Zahlungen wie Ministerialzulagen und oberstgerichtlichen Zulagen, die regelmäßig nicht ausschließlich auf die Abgeltung von Sonderaufwand ausgerichtet sind (vgl. BFH-Urteil vom 18. Dezember 1964 VI 298/60 U , BFHE 81, 401, BStBl III 1965, 144; BVerfG-Beschluss in BVerfGE 99, 280, BStBl II 1999, 502; BFH-Urteile in BFHE 198, 545 , BStBl II 2002, 823; in BFHE 198, 554 , BStBl II 2002, 827). Für Zulagen dieser Art wäre —so das BVerfG in BVerfGE 99, 280, BStBl II 1999, 502— die unwiderlegbare Vermutung des § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG , nach dieser Vorschrift festgesetzte Zahlungen seien bei Einhaltung der gesetzlich benannten Festsetzungsvoraussetzungen Aufwandsentschädigungen (Carl, FR 1991, 125) sachlich verfehlt.

Wann muss und wann sollte die Anlage KAP mit abgegeben werden

Ab dem 1. Januar 2009 führen Banken und Finanzinstitute auf Zinserträge und andere Gewinne aus Kapitalanlagen pauschal 25 Prozent Kapitalertragsteuer („Abgeltungsteuer“) zuzüglich Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer ab. Grundsätzlich ist die Einkommensteuer auf Kapitalerträge damit abgegolten und die Abgabe der Anlage KAP bei der Steuererklärung nicht erforderlich.

Von dieser Regel gibt es allerdings Ausnahmen.

Eine Erklärungspflicht besteht insbesondere dann, wenn kein Steuerabzug auf die Kapitalerträge erfolgt ist. Dies ist beispielsweise der Fall bei Auslandskonten und –depots oder Zinsen aus Privatdarlehen, Steuererstattungszinsen, verdeckten Gewinnausschüttungen, Veräußerungsgewinnen aus GmbH-Anteilen und Lebensversicherungen. Hier muss also die Anlage KAP mit der Steuererklärung abgegeben werden. Ehegatten müssen ab 2009 jeweils eine eigene Anlage KAP einreichen.

Zum anderen gibt es Fälle, in denen ein sogenanntes Veranlagungswahlrecht besteht. Hier kann sich die freiwillige Abgabe der Anlage KAP für den Steuerbürger durchaus lohnen. Dies ist meist dann der Fall, wenn kein oder ein zu geringer Freistellungsauftrag bei der Bank gestellt wurde. Eine weitere Variante ist die neue Möglichkeit, auf der Anlage KAP die Günstigerprüfung zu beantragen. Dies lohnt sich dann, wenn der persönlicher Steuersatz unter 25 Prozent liegt. Ist dies tatsächlich der Fall, erhält er die zu viel einbehaltene Steuer zurück. Voraussetzung ist allerdings, dass auf der Anlage KAP sämtliche Kapitalerträge erklärt werden.

Der Steuersatz liegt in der Regel unter 25 Prozent, wenn das zu versteuernden Einkommen von rund 15.000 Euro bei Einzelpersonen und rund 30.000 Euro bei Verheirateten nicht überschritten ist.

Zum Hintergrund Freistellungsauftrag:

Bis zur Höhe des Sparer-Pauschbetrages (bei Einzelpersonen beträgt dieser 801 Euro und bei Verheirateten 1.602 Euro) können Steuerbürger ihrer Bank einen sogenannten Freistellungsauftrag erteilen. Eine Aufteilung des Freistellungsvolumens auf verschiedene inländische Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute ist ebenfalls möglich. Zinseinnahmen bleiben dann bis zur Höhe des erteilten Freistellungsauftrags vom Steuerabzug verschont und sind somit vollständig steuerfrei.

Quelle: Oberfinanzdirektion Koblenz, 25.02.2010

Aufrechnung im Insolvenzverfahren

  Aufrechnung im InsolvenzverfahrenKernaussage
Gerät ein Steuerpflichtiger in Insolvenz, besteht für das Finanzamt oft nur dann eine aussichtsreiche Möglichkeit, offene Umsatzsteuerforderungen aus der Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu realisieren, wenn es seine Forderungen gegen Zahlungsansprüche des betreffenden Unternehmens (etwa aus Vorsteuerüberhängen in anderen Veranlagungszeiträumen) aufrechnen kann. Die Insolvenzordnung lässt eine solche Aufrechnung im Insolvenzverfahren (und damit eine abgesonderte Befriedigung eines Insolvenzgläubigers) zwar grundsätzlich zu. Sie verbietet sie jedoch, soweit der Insolvenzgläubiger dem Schuldner erst nach Eröffnung des Verfahrens etwas schuldig geworden ist. Das war nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) dann nicht der Fall – eine Aufrechnung war also zulässig -, wenn der Anspruch des Steuerpflichtigen zwar steuerrechtlich erst während des Insolvenzverfahrens entstanden war, jedoch auf dem Ausgleich einer vor Verfahrenseröffnung erfolgten Steuerfestsetzung beruhte, insbesondere etwa einer Umsatzsteuerberichtigung wegen Uneinbringlichwerden des Entgelts. Der BFH hat jetzt diese Rechtsprechung in 2 Urteilen aufgegeben. Eine Aufrechnung ist nur noch dann zulässig, wenn der Berichtigungstatbestand schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetreten ist, wie es bei der Berichtigung von Vorsteuerbeträgen zu Lasten des Insolvenzschuldners häufig der Fall sein wird.Sachverhalt
In beiden entschiedenen Fällen klagte der Insolvenzverwalter einer jeweils in 2002 insolvent gewordenen GmbH. Im ersten Fall war eine Umsatzsteuerberichtigung zu Gunsten der GmbH erforderlich geworden, weil deren Geschäftspartner nach Insolvenzeröffnung ebenfalls insolvent und das Leistungsentgelt somit uneinbringlich geworden war. Das beklagte Finanzamt hatte die Aufrechnung mit seinen unbefriedigten Ansprüchen aus März, April und September 2001 erklärt. Der Insolvenzverwalter vertrat die Ansicht, eine Umsatzsteuerforderung sei erst dann entstanden, wenn der volle steuerrechtliche Tatbestand verwirklicht sei. Dies sei hier erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Fall gewesen, so dass eine Aufrechnung gesetzlich verboten sei. Der BFH gab dem Insolvenzverwalter Recht. Im zweiten Fall hatte die seit 2002 insolvente GmbH in 2001 Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben, die aufgrund hoher Vorsteuern in allen Monaten zu Vergütungen führten. Das Finanzamt setzte Umsatzsteuer fest und meinte, die in den Anmeldungen Januar bis August 2001 berücksichtigten Vorsteuern seien aufgrund des Insolvenzeröffnungsantrags im Schätzwege durch einen prozentualen Abschlag zu berichtigen. In entsprechenden Umbuchungsmitteilungen aus Dezember 2001 und Februar 2002 verrechnete das Finanzamt die Umsatzsteuerforderungen mit den für September bis November 2001 und Dezember 2001 angemeldeten Vergütungsforderungen. Nach Einwendungen des Insolvenzverwalters hiergegen erließ das Finanzamt einen Abrechnungsbescheid und stellte das Erlöschen der Vergütungsansprüche fest. Diesmal gab der BFH dem Finanzamt Recht.
  Entscheidung
Im ersten Fall wurde eine Berichtigung der Umsatzsteuer zu Gunsten der insolventen GmbH deshalb erforderlich, weil dessen Geschäftspartner (nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens der GmbH) ebenfalls in Insolvenz geraten und das von diesem geschuldete Leistungsentgelt damit uneinbringlich geworden war. Gegen den dadurch ausgelösten Umsatzsteuererstattungsanspruch des Unternehmers durfte das Finanzamt Insolvenzforderungen nicht verrechnen. Im zweiten Fall urteilte der BFH, einer Entscheidung über die Zulässigkeit einer während des Insolvenzverfahrens erklärten Aufrechnung bedürfe es dann nicht, wenn Forderung und Gegenforderung im selben Besteuerungszeitraum entstanden und deshalb nach der Rechtsprechung des BFH gegeneinander zu verrechnen seien (sog. Saldierung). Hier seien die Aufrechnungsverbote nicht zu beachten. Da diese Saldierung in einem Steuerfestsetzungsbescheid nicht mehr vorgenommen werden könne, wenn vor Ablauf des betreffenden Steuerjahres das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, greife jene Verrechnung gleichsam automatisch; ein Streit über die Zulässigkeit einer zuvor vom Finanzamt erklärten Aufrechnung sei damit erledigt.Konsequenz
Die Finanzverwaltung darf künftig nur noch mit eigenen Forderungen aufrechnen, wenn der Berichtigungstatbestand vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingetreten ist.