Alle Beiträge von steuerschroeder.de

Steuerberater

IDW EPS 951 n. F. – Auswirkungen auf den Berufsstand der Steuerberater

Häufig lagern Unternehmen verschiedene betriebliche Funktionen auf andere (Dienstleistungs-)Unternehmen aus. Dennoch tragen sie weiterhin die Verantwortung für das insoweit bestehende interne Kontrollsystem. Im Rahmen der Beurteilung des IKS beim auslagernden Unternehmen spielt demnach ggf. auch das IKS des Dienstleistungsunternehmens eine Rolle. Das Institut der Wirtschaftsprüfer e.V. (IDW) hat jüngst den IDW Standard zur Prüfung des internen Kontrollsystems bei Dienstleistungsunternehmen (IDW EPS 951 n. F.) neu gefasst. Hieraus ergeben sich auch für den Berufsstand der Steuerberater verschiedene Fragestellungen:

Ist bereits die bloße Erstellung des Jahresabschlusses als ausgelagerte Dienstleistung im Sinne des IDW EPS 951 n. F. zu verstehen? Und muss ein Steuerberater selbst bei Erstellung eines Jahresabschlusses ohne Plausibilitätsbeurteilung künftig eine IKS-Beschreibung vornehmen?

Im Rahmen seiner Stellungnahme B 01/13 zum Entwurf einer Neufassung des IDW Standard: Die Prüfung des internen Kontrollsystems bei Dienstleistungsunternehmen lehnt der Deutsche Steuerberaterverband e.V. (DStV) diese Auslegung ab und weist auf die – analog dem Berufsstand der Wirtschaftsprüfer – bereits bestehenden strengen berufsrechtlichen Regelungen hin. Auch der in diesem Zusammenhang entstehende bürokratische Mehraufwand spricht nach Auffassung des DStV gegen eine entsprechende Beurteilung. Zudem greift der DStV in seiner Stellungnahme gegenüber dem IDW – neben der Bestimmung des Begriffs der ausgelagerten Dienstleistungen – u. a. folgende weitere Punkte auf, die es zu prüfen gilt:

Wirksamkeitsdauer der Bescheinigung zur Berichterstattung vom Typ 1
Der DStV schlägt vor, den Zeitraum der Wirksamkeitsdauer einer Typ-1-Bescheinigung auf sechs Jahre festzulegen.

Beachtung des IT-bezogenen IKS
Der DStV regt klarstellende Ausführungen an, ob das IT-bezogene IKS beim ausgelagerten Unternehmen zwingend in die Prüfung einzubeziehen ist, auch wenn ausschließlich administrative Routinetätigkeiten ausgelagert werden.

Unregelmäßigkeiten beim Dienstleister
Der DStV empfiehlt, Aussagen darüber zu treffen, wie beim auslagernden Unternehmen zu verfahren ist, wenn sich Kenntnisse über Unregelmäßigkeiten beim Dienstleistungsunternehmen ergeben.

Quelle: DStV, Mitteilung vom 07.06.2013

BdSt verhindert Bürokratie bei Unternehmen – Ausweitung der Künstlersozialabgabeprüfung gestoppt

Der Bund der Steuerzahler (BdSt) begrüßt die Entscheidung der Koalitionsfraktionen, die Betriebsprüfung der Künstlersozialabgabepflicht bei Unternehmen nun doch nicht auszuweiten. Die neue gesetzliche Regelung sah vor, die bislang stichprobenartige Prüfung der Künstlersozialabgabe bei den Unternehmen künftig lückenlos durchzuführen. Diese Regelung hätte Wirtschaft und Verwaltung zusätzlich mit 50 Mio. Euro belastet. Der Bund der Steuerzahler hatte dieses Vorgehen scharf kritisiert und sich bei den politischen Entscheidungsträgern offensiv gegen die Neuregelung eingesetzt.

„Wir freuen uns, dass mit dieser Entscheidung eine Forderung des Bundes der Steuerzahler umgesetzt wurde und eine zusätzliche Kostenbelastung der Unternehmen verhindert werden konnte“, äußerte sich BdSt-Präsident Reiner Holznagel. Dies ist ein positives Signal an die Unternehmerinnen und Unternehmer in unserem Land! Nun geht es darum, die bürokratische Künstlersozialversicherung grundsätzlich auf neue Füße zu stellen.“

Denn auch ohne Ausweitung der Betriebsprüfung belastet die Erhebung der Künstlersozialabgabe die Unternehmen unnötig mit Bürokratie. Grundsätzlich ist die Ermittlung der Abgabenlast zu kompliziert, intransparent und neigt zu Ungerechtigkeiten. Ein aktuelles Gutachten des renommierten Rechtswissenschaftlers Prof. Dr. Hans-Wolfgang Arndt, das im Auftrag des Bundes der Steuerzahler erstellt wurde, stuft die Künstlersozialabgabe zudem als verfassungswidrig ein. „Die Abschaffung der derzeitigen Abgabe wäre ein relevanter Beitrag zur Entlastung kleiner und mittelständischer Unternehmer von unnötigen Bürokratiekosten“, meint BdSt-Präsident Reiner Holznagel. Nach Ansicht des BdSt sollte die Künstlersozialversicherung durch andere, effizientere Mittel als die Künstlersozialabgabe finanziert werden.

Das Gutachten finden Sie auf der Homepage des BdSt.

Quelle: BdSt, Pressemitteilung vom 07.06.2013

Jahressteuergesetz 2013: Aus für „Goldfinger“

Die Bundesregierung geht gegen den Missbrauch von Steuervermeidungsmodellen vor. Bundestag und Bundesrat haben dem Einigungsvorschlag des Vermittlungsausschusses zum so genannten Jahressteuergesetz 2013 zugestimmt. Der reine Wehrsold bleibt steuerfrei und für Elektrodienstwagen gibt es einen der Nachteilausgleich bei der Einkommensteuer.

Die Bundesregierung hatte einen großen Teil der Steuerrechtsänderungen bereits im letzten Jahr mit dem Jahressteuergesetz 2013 beschlossen. Nach dessen Scheitern im Bundesrat machte sie Anfang 2013 mit dem EU-Amtshilfe-Umsetzungsgesetz einen neuen Anlauf.

Das nun auch vom Bundesrat gebilligte Gesetzpaket soll grundsätzlich am Tag nach der Verkündung in Kraft treten. Zahlreiche Elemente aus dem darin enthaltenen Jahressteuergesetz 2013 werden allerdings – wie ursprünglich geplant – bereits für den gesamten Veranlagungszeitraum 2013 gelten.

Steuerschlupflöcher schließen
Drei bisher legale Steuerschlupflöcher werden eingedämmt. Diese Steuergestaltungsmodelle bescherten dem Staat jährlich Einnahmeverluste in schätzungsweise dreistelliger Millionenhöhe.

Das als „Goldfinger“ bezeichnete Steuersparmodell wird ganz aus dem Einkommensteuergesetz gestrichen. Bei diesem Modell konnten Goldgeschäfte über Firmen nach ausländischem Recht genutzt werden. Damit konnte die Steuerbelastung bei hohen und höchsten Einkommen auf Null gerechnet werden.

Begrenzt wird die Möglichkeit für Immobilienunternehmen, durch Anteilstausch über so genannte RETT-Blocker die Grunderwerbsteuer zu vermeiden.

„Cash-GmbHs“ ermöglichten es Erben bislang, große private Geldvermögen als Betriebsvermögen zu deklarieren und damit die Erbschaftsteuer drastisch zu reduzieren. Künftig darf eine solche GmbH nur noch 20 Prozent des privaten Vermögens enthalten.

Wehrsold steuerfrei
Steuerfrei bleiben: der reine Wehrsold für den freiwilligen Wehrdienst – zur Zeit etwa 280 bis 350 Euro monatlich und das Dienstgeld für Reservisten.

Steuerpflichtig werden bei Dienstverhältnissen ab dem 1. Januar 2014 unter anderem: der Wehrdienstzuschlag, besondere Zuwendungen sowie unentgeltliche Unterkunft und Verpflegung.

Steuerfrei bleibt auch das Taschengeld für den Bundesfreiwilligendienst, den Jugendfreiwilligendienst und für die anderen zivilen Freiwilligendienste. Es beträgt beim Bundesfreiwilligendienst derzeit monatlich maximal 336 Euro.

Die Klarstellungen im Einkommensteuergesetz wurden in Folge der Wehrdienstreform vom Juli 2011 erforderlich.

Elektrodienstwagen
Bei der Dienstwagenbesteuerung (Einkommensteuergesetz) wird der Nachteil des derzeit höheren Listenpreises von Elektro-, Elektrohybrid- und Brennstoffzellenfahrzeugen gegenüber Autos mit Verbrennungsmotor ausgeglichen.

Dieser Nachteilausgleich wird rückwirkend zum 01.01.2013 gelten. Er ist Teil des „Regierungsprogramms Elektromobilität“.

Lohnsteuer-Freibeträge für zwei Jahre
Als Verfahrensvereinfachung für Arbeitnehmer erlaubt die Finanzverwaltung auf Antrag, die Geltungsdauer eines im Lohnsteuerabzugsverfahren zu berücksichtigenden Freibetrags künftig auf zwei Kalenderjahre zu verlängern. Ein jährlicher Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung beim Finanzamt ist damit entbehrlich.

Bundesregierung, Pressemitteilung vom 07.06.2013

Das Gesetz zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz – AmtshilfeRLUmsG) finden Sie auf der Homepage des Bundesrats.

Antragsveranlagung; Ermittlung der Einkünfte – Einheitliche Auslegung der Begriffe Summe der Einkünfte in § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG und § 2 Abs. 3 EStG

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 26.3.2013, VI R 22/11

Antragsveranlagung; Ermittlung der Einkünfte – Einheitliche Auslegung der Begriffe „Summe der Einkünfte“ in § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG und § 2 Abs. 3 EStG

Leitsätze

Unter der „Summe der Einkünfte“ i.S. des § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG ist derjenige Saldo zu verstehen, der nach horizontaler und vertikaler Verrechnung der Einkünfte verbleibt. Versagt das Gesetz –wie in § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG im Falle eines Verlustes aus privaten Veräußerungsgeschäften– die Verrechnung eines Verlustes aus einer Einkunftsart mit Gewinnen bzw. Überschüssen aus anderen Einkunftsarten, fließt dieser Verlust nicht in die „Summe der Einkünfte“ ein.

Tatbestand

1
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Im Juni 1999 hatte sie eine Eigentumswohnung erworben, die sie nach anfänglicher Selbstnutzung bis zur Veräußerung Ende Mai 2005 vermietete.
2
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2005 erklärte sie neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aufgrund der Vermietung der Eigentumswohnung in Höhe von 1.831 EUR und Einkünfte aus einem Immobilienfonds in Höhe von 3.879 EUR. Zudem erklärte sie einen Verlust aus der Veräußerung der Eigentumswohnung als sonstige Einkünfte i.S. der §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 8.886 EUR. Mit Bescheid vom 19. Januar 2007 setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) Einkommensteuer für das Streitjahr in Höhe von 10.564 EUR fest, was zu einer Einkommensteuernachzahlung in Höhe von 1.098 EUR führte. Die sonstigen Einkünfte setzte er mit 0 EUR an, weil es sich bei dem erklärten Verlust aus privaten Veräußerungsgeschäften um einen nicht ausgleichsfähigen Verlust nach § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG handele. Mit Bescheid vom selben Tage stellte er einen verbleibenden Verlustvortrag für Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften auf den 31. Dezember 2005 in Höhe von 8.886 EUR fest.
3
Gegen den Einkommensteuerbescheid für 2005 und die Einkommensteuer-Vorauszahlungsbescheide für 2007 und 2008 –jeweils vom 19. Januar 2007– wandte sich die Klägerin mit dem Einspruch. Sie führte aus, dass sie ihren Antrag auf Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG zurücknehme, weil sie statt der erwarteten Steuererstattung nunmehr eine Steuernachzahlung leisten solle. Auf eine künftige Verlustberücksichtigung nach § 10d EStG lege sie keinen Wert. Es sei auch von Amts wegen keine Einkommensteuerveranlagung vorzunehmen, weil sich die nicht dem Lohnsteuerabzug unterliegenden Einkünfte auf weniger als 410 EUR beliefen. Im Laufe des Einspruchsverfahrens änderte das FA den Einkommensteuerbescheid für 2005 sowie den Verlustfeststellungsbescheid, indem es den verbleibenden Verlustvortrag zum 31. Dezember 2004 berücksichtigte und den verbleibenden Verlust zum 31. Dezember 2005 auf 9.583 EUR erhöhte. Zudem setzte es die Quartalsvorauszahlungen für 2007 und 2008 von 274 EUR ab dem II. Quartal 2007 auf 129 EUR und ab dem I. Quartal 2008 auf 165 EUR herab. Hiermit trug es dem Wegfall der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aufgrund des Verkaufs der Eigentumswohnung Rechnung. Mit Einspruchsentscheidung vom 11. April 2007 wies das FA die Einsprüche zurück. Die hiergegen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 1426 veröffentlichten Gründen ab.
4
Die Klägerin beantragt,das Urteil des FG Köln vom 1. Oktober 2010  5 K 1853/07 sowie den Einkommensteuerbescheid für 2005 und die Vorauszahlungsbescheide für die Jahre 2007 und 2008 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 11. April 2007 aufzuheben.
5
Das FA beantragt,die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

6
II. Der Senat entscheidet gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung durch Beschluss. Er hält die Revision einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich. Die Beteiligten sind mit Schreiben vom 18. Januar 2013 darüber unterrichtet worden; sie hatten Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 22. Februar 2013.
7
1. Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Voraussetzungen für eine Pflichtveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG im Streitfall vorliegen.
8
a) Besteht das Einkommen ganz oder teilweise aus Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, von denen ein Steuerabzug vorgenommen worden ist, wird eine Veranlagung nur unter den in § 46 Abs. 2 Nrn. 1 bis 8 EStG genannten Voraussetzungen durchgeführt. Da die Klägerin den Antrag auf Vornahme einer Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG im Einspruchsverfahren zurückgenommen hat, kommt eine Veranlagung nur in Betracht, wenn die Voraussetzungen einer Pflichtveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nrn. 1 bis 7 EStG vorliegen.
9
b) Nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes (JStG) 2007 wird eine Veranlagung nur durchgeführt, wenn die positive Summe der einkommensteuerpflichtigen Einkünfte, die nicht dem Steuerabzug vom Arbeitslohn zu unterwerfen waren, vermindert um die darauf entfallenden Beträge nach § 13 Abs. 3 und § 24a EStG, mehr als 410 EUR beträgt. § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG i.d.F. des JStG 2007 ist nach § 52 Abs. 55j EStG auch auf Veranlagungszeiträume vor 2006 anzuwenden.
10
Die Einkünfte i.S. des § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG bestimmen sich nach Grund und Höhe nach Maßgabe der §§ 2 bis 24 EStG (Urteile des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 24. April 1961 VI 246/60 U, BFHE 73, 113, BStBl III 1961, 310; vom 12. Februar 1976 IV R 8/73, BFHE 118, 209, BStBl II 1976, 413; vom 21. September 2006 VI R 52/04, BFHE 215, 144, BStBl II 2007, 45). Für den Streitfall bedeutet dies, dass in die Berechnung der Summe der Einkünfte i.S. des § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG dem Grunde nach auch Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften i.S. des § 23 EStG einzubeziehen sind (§ 22 Nr. 2 EStG). Einkünfte können grundsätzlich auch vorliegen, wenn die Erwerbsaufwendungen die Einnahmen übersteigen (BFH-Urteil in BFHE 215, 144, BStBl II 2007, 45). Da die in die Summe der Einkünfte einzurechnenden Beträge sich nicht nur dem Grunde nach, sondern auch bezüglich ihrer Höhe nach den §§ 2 bis 24 EStG bestimmen, ist für den Ansatz von Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften auch § 23 Abs. 3 EStG anzuwenden. Die Höhe eines Veräußerungsgewinns oder –verlustes errechnet sich danach aus dem Unterschiedsbetrag zwischen Veräußerungspreis einerseits und den Anschaffungs- oder Herstellungskosten und den Werbungskosten andererseits (§ 23 Abs. 3 Satz 1 EStG). Weiter dürfen nach § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG Verluste nur bis zur Höhe des Gewinns, den der Steuerpflichtige im gleichen Kalenderjahr aus privaten Veräußerungsgeschäften erzielt hat, ausgeglichen werden. Ein negativer Saldo aus Veräußerungspreis, Anschaffungs- und Werbungskosten i.S. des § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG ist danach im Rahmen der Ermittlung der Summe der Einkünfte eines Streitjahres i.S. des § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG nur anzusetzen, wenn und soweit hierdurch ein Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften ausgeglichen wird. Fehlt es hieran, ist ein Veräußerungsverlust nicht in die Berechnung der Summe der Einkünfte einzubeziehen.
11
c) Für diese Auslegung des Begriffs der Summe der Einkünfte i.S. des § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG spricht auch, dass sie zu einer einheitlichen Auslegung der Begriffe der „Summe der Einkünfte“ in § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG und § 2 Abs. 3 EStG führt. Unter der „Summe der Einkünfte“ i.S. des § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG und des § 2 Abs. 3 EStG ist derjenige Saldo zu verstehen, der nach horizontaler und vertikaler Verrechnung der Einkünfte verbleibt. Versagt das Gesetz –wie hier in § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG– die Verrechnung eines Verlustes aus einer Einkunftsart mit Gewinnen bzw. Überschüssen aus anderen Einkunftsarten, fließt dieser Verlust nicht in die „Summe der Einkünfte“ ein. Dies geschieht erst, wenn und soweit in folgenden Veranlagungszeiträumen eine Verrechnung mit positiven Einkünften zulässig ist. Eine einheitliche Auslegung von Grundbegriffen des Einkommensteuerrechts innerhalb desselben Gesetzes ist geboten, soweit nicht zwingende Gründe eine unterschiedliche Auslegung erfordern (vgl. BFH-Urteil vom 22. Mai 2006 VI R 50/04, BFHE 214, 141, BStBl II 2006, 801).
12
d) Im Streitfall erscheint eine von den für das Streitjahr geltenden Vorschriften für die Ermittlung der Summe der Einkünfte abweichende Auslegung des Begriffs der Summe der Einkünfte i.S. des § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG nicht geboten. Vielmehr fordert der Sinn und Zweck des § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG die hier vorgenommene Auslegung. Ziel der nach § 46 Abs. 2 EStG durchzuführenden Veranlagung ist die Herstellung steuerlicher Gleichheit zwischen allen Steuerpflichtigen durch Festsetzung der materiell richtigen Einkommensteuer (vgl. BFH-Urteil in BFHE 215, 144, BStBl II 2007, 45; Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 13. Dezember 1967  1 BvR 679/64, BVerfGE 23, 1, BStBl II 1968, 70). Der mit der Vorschrift angestrebten Steuergerechtigkeit und Gleichmäßigkeit der Besteuerung widerspräche es, bezöge man einen nach § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG im Streitjahr nicht anzusetzenden Verlust in die Berechnung der Summe der Einkünfte i.S. des § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG ein. Dies würde einem Steuerpflichtigen, der Nebeneinkünfte in erheblicher Höhe bezogen hat, ermöglichen, durch Gegenrechnung eines im Rahmen der Besteuerung des Streitjahres letztlich nicht zu berücksichtigenden Verlustes eine Veranlagung und damit die zutreffende Steuerfestsetzung zu vermeiden.
13
2. a) Eine andere rechtliche Beurteilung folgt auch nicht aus der von der Klägerin in ihrer Stellungnahme vom 21. Februar 2013 angeführten Entscheidung des IX. Senats des BFH vom 20. Juni 2012 IX R 67/10 (BFHE 237, 368, BFH/NV 2012, 1697). Insbesondere ergibt sich hieraus nicht, dass es sich bei Verlusten aus privaten Veräußerungsgeschäften um negative Einkünfte aus § 21 EStG handelt, die keiner Verlustausgleichsbeschränkung unterliegen. Darüber hinaus ist vorliegend weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Klägerin nach der Veräußerung ihrer Eigentumswohnung Schuldzinsen getragen hat, die als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen gewesen wären.
14
b) Eine Verweisung des Rechtsstreits an den IX. Senat des BFH kommt entgegen der Auffassung der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 21. Februar 2013 nicht in Betracht. Der erkennende Senat ist vielmehr gemäß A.VI.1.c des für den Streitfall gültigen Geschäftsverteilungsplans des BFH für die Sache zuständig.
15
3. Da nach den angeführten Rechtsgrundsätzen im Streitfall eine positive Summe der Einkünfte vorliegt, die 410 EUR übersteigt, stellt sich die Frage, ob die rückwirkende Anwendung der Neuregelung des § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG durch das JStG 2007 verfassungsrechtlichen Vorgaben genügt, vorliegend nicht (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 17. Januar 2013 VI R 32/12, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, BFH/NV 2013, 822).

 

Grobes Verschulden i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 20.3.2013, VI R 5/11

Grobes Verschulden i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO

Leitsätze

Allein der Umstand, dass die mit ElsterFormular abgegebene elektronische Einkommensteuererklärung keinen vollständigen Ausdruck der Steuererklärungsformulare liefert, lässt eine ansonsten gegebene grobe Fahrlässigkeit nicht entfallen.

Tatbestand

1
I. Streitig ist, ob der bestandskräftige Einkommensteuerbescheid noch geändert werden kann, um in der elektronischen Steuererklärung (ELSTER) nicht angegebene Unterhaltsleistungen nachträglich zu berücksichtigen.
2
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) lebte im Streitjahr (2006) zusammen mit seiner Lebensgefährtin und dem gemeinsamen, im Januar 2006 geborenen Kind. Der Kläger erstellte seit 1992 seine Steuererklärungen selbst. Im Streitjahr verwendete er dazu, wie schon im Vorjahr, das elektronische Steuererklärungsprogramm der Finanzverwaltung (ElsterFormular).
3
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) erließ auf Grundlage dieser Erklärung am 18. Mai 2007 einen Einkommensteuerbescheid, der bestandskräftig wurde.
4
Der Kläger beantragte mit Schriftsatz vom 23. März 2008 die Änderung dieser Einkommensteuerfestsetzung für 2006 mit dem Ziel, Unterhaltsleistungen an seine Lebenspartnerin als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen (§ 33a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes). Er begründete dies zunächst damit, dass er diese Aufwendungen aus Unerfahrenheit nicht erklärt habe. Später trug er dazu vor, schlichtweg vergessen zu haben, die Aufwendungen zu erklären. Der Fehler sei ihm auch nach nochmaliger Durchsicht des Ausdrucks nicht aufgefallen. Denn beim ELSTER-Verfahren enthalte der abschließende Erklärungsausdruck nur die Felder, in denen auch Eintragungen vorgenommen worden seien. Letztlich habe die Unübersichtlichkeit des ElsterFormulars im Vergleich zur Steuererklärung in Papierform und die fehlende Routine im Umgang mit dem ElsterFormular die Entdeckung des Fehlers verhindert, der allenfalls auf leichter Fahrlässigkeit beruhe.
5
Das FA lehnte es ab, den Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr zu ändern. Denn den Kläger treffe ein grobes Verschulden am nachträglichen Bekanntwerden der Unterhaltsleistungen. Im ElsterFormular werde ebenso wie in der Anleitung zur Steuererklärung und im Erklärungsvordruck auf den Abzug von Unterhaltsleistungen hingewiesen und nach Angaben zur unterhaltenen Person gefragt.
6
Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2011, 1043 veröffentlichten Gründen abgewiesen.
7
Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts.
8
Er beantragt sinngemäß,das Urteil des FG des Landes Sachsen-Anhalt vom 30. Juni 2010 sowie den ablehnenden Bescheid vom 27. Juni 2008 i.d.F. der Einspruchsentscheidung vom 13. Mai 2009 aufzuheben und das FA zu verpflichten, den Einkommensteuerbescheid für 2006 vom 18. Mai 2007 dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer auf 7.130 EUR herabgesetzt wird.
9
Das FA beantragt,die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10
II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung). Das FG hat zu Recht entschieden, dass der hier streitige bestandskräftige Einkommensteuerbescheid wegen eines den Kläger treffenden groben Verschuldens nicht nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) zu ändern ist.
11
Nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen, und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Als grobes Verschulden hat der Steuerpflichtige Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten. Grobe Fahrlässigkeit ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige die ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten und Verhältnissen zumutbare Sorgfalt in ungewöhnlichem Maße und in nicht entschuldbarer Weise verletzt hat (BFH-Urteile vom 9. November 2011 X R 53/09, BFH/NV 2012, 545; vom 19. Dezember 2006 VI R 59/02, BFH/NV 2007, 866; vom 9. August 1991 III R 24/87, BFHE 165, 454, BStBl II 1992, 65; jeweils m.w.N.).
12
a) Ob der Beteiligte im jeweiligen Einzelfall grob fahrlässig gehandelt hat, ist im Wesentlichen Tatfrage. Die dazu getroffenen Feststellungen und daraus folgenden Würdigungen des FG können –abgesehen von zulässigen und begründeten Verfahrensrügen– von der Revisionsinstanz nur darauf überprüft werden, ob der Rechtsbegriff der groben Fahrlässigkeit und die aus ihm abzuleitenden Sorgfaltspflichten richtig erkannt worden sind und ob die Würdigung der Umstände hinsichtlich des individuellen Verschuldens den Denkgesetzen und Erfahrungssätzen entspricht (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 545, m.w.N.).
13
b) Die Würdigung des FG, angesichts der Ausgestaltung des ElsterFormulars für die Einkommensteuererklärung 2006 und der Anleitung dazu treffe den Kläger ein grobes Verschulden daran, dass die Unterhaltsleistungen erst nachträglich bekannt wurden, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
14
aa) Das FG hat im Fall des Klägers den Rechtsbegriff der groben Fahrlässigkeit zutreffend ausgelegt und die daraus abzuleitenden Sorgfaltspflichten richtig erkannt. Von einem groben Verschulden ist auszugehen, wenn der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nur unzureichend nachkommt, indem er eine unvollständige Steuererklärung abgibt. Es entspricht allerdings ständiger Rechtsprechung des BFH, dass kein grobes Verschulden vorliegt, wenn die unvollständige Steuererklärung auf einem subjektiv entschuldbaren Rechtsirrtum beruht. Aber auch der Steuerpflichtige, dem einschlägige steuerrechtliche Kenntnisse fehlen, muss im Steuererklärungsformular ausdrücklich gestellte Fragen beantworten und dem Steuererklärungsformular beigefügte Erläuterungen mit der von ihm zu erwartenden Sorgfalt lesen und beachten. Dies gilt jedenfalls dann, wenn solche Fragen und Hinweise ausreichend verständlich sowie klar und eindeutig sind (BFH-Urteil in BFH/NV 2012, 545, m.w.N.).
15
bb) Das FG hat nach Maßgabe dieser Grundsätze in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise ein grob fahrlässiges Handeln des Klägers angenommen. Es hat das grobe Verschulden insbesondere darin gesehen, dass der Kläger die mit „Unterhalt für bedürftige Personen“ überschriebene Zeile 102 unbeantwortet ließ und er nicht nur die in der Anleitung zur Einkommensteuererklärung aufgeführten zwei auf ihn zutreffenden Sachverhalte, sondern auch den dort angeführten Hinweis nicht beachtete, dass eine Unterhaltspflicht gegenüber der Mutter eines gemeinsamen Kindes bestehen kann. Dazu hat das FG auch die Einlassung des Klägers, er habe eine elektronische Steuererklärung abgegeben und deshalb deren schriftliche Anleitung nicht zur Verfügung gehabt, in seine Würdigung einbezogen und im Ergebnis als unbeachtlich beurteilt. Denn es hat festgestellt, dass diese Angaben auch in dem vom Kläger verwendeten elektronischen ElsterFormular der Finanzverwaltung enthalten waren. Auch für diese Hinweise gilt –nicht anders als für solche in Papierform–, dass es regelmäßig grob fahrlässig ist, diese unbeachtet zu lassen, sofern sie ausreichend verständlich sowie klar und eindeutig sind. Davon war im Streitfall nach den Feststellungen des FG für das ElsterFormular 2006 auszugehen.
16
Der hier zu entscheidende Streitfall unterscheidet sich von dem heute durch den erkennenden Senat ebenfalls entschiedenen Fall zum ElsterFormular des Veranlagungszeitraums 2008 (Urteil vom 20. März 2013 VI R 9/12, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt), indem aufscheinende Hilfstexte die Sachverhalte nur unvollständig erläuterten und den Steuerpflichtigen angesichts unübersichtlicher Vordruckgestaltungen gerade nicht dazu veranlassten, zur Verfügung gestellte weitere Anlagen zu verwenden. Das FG hat dagegen für die im Streitfall erforderlichen Eingaben in die Maske des Steuerformulars keine im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Besonderheiten in der Programmführung des ElsterFormulars festgestellt. Insoweit unterscheidet sich der hier zu beurteilende Fall auch von dem des FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 13. Dezember 2010  5 K 2099/09, EFG 2011, 685, Revisionsverfahren anhängig unter dem Az. X R 8/11); dort hatten die Anwendungsmodalitäten des Programms den Anwender veranlasst, in eine andere Eingabemaske zu wechseln, ohne nach der Eingabe dort zur ursprünglichen Maske zurückzukehren.
17
Der Kläger kann sich schließlich nicht darauf berufen, dass im Gegensatz zur Einkommensteuererklärung in Papierform das ElsterFormular keinen vollständigen Ausdruck der Steuererklärung liefert, sondern letztlich nur die Werte und Kennziffern aufführt, zu denen der Steuerpflichtige Eintragungen vorgenommen hat. Denn dies mag zwar einen Nachteil der elektronischen Steuererklärung darstellen, betrifft aber nicht den Grund für die Annahme der groben Fahrlässigkeit, nämlich die fehlende An- und Eingabe im ElsterFormular selbst.

 

Automatischer Informationsaustausch in Steuersachen mit den USA

Berlin: (hib/HLE) Deutschland und die USA wollen die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Steuerhinterziehung und den automatischen Informationsaustausch weiter ausbauen. Dazu haben die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP den „Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 31. Mai 2013 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Förderung der Steuerehrlichkeit bei internationalen Sachverhalten und hinsichtlich der als Gesetz über die Steuerehrlichkeit bezüglich Auslandskonten bekannten US-amerikanischen Informations- und Meldebestimmungen“ (17/13704) eingebracht. Der Gesetzentwurf steht am Freitag auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages.

 

Der Austausch von Steuerdaten war bereits mit dem Doppelbesteuerungsabkommen von 1989 mit Änderungsprotokoll vom 1. Juni 2006 vereinbart worden. „Mit dem vorliegenden Abkommen möchten beide Staaten die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Steuerhinterziehung weiter ausbauen“, heißt es in der Denkschrift zum Abkommen, wo außerdem ausgeführt wird: „Beide Staaten sehen in einem automatischen Informationsaustausch, der die Nutzung ausländischer Bankkonten und bestimmte Kapitalanlagen einbezieht, ein geeignetes Mittel, Steuerhinterziehung im grenzüberschreitenden Bereich zu bekämpfen.“

In dem Abkommen geht es auch um amerikanische Vorschriften zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung, die als Foreign Account Tax Compliance Act (FATCA) bekannt geworden sind. Damit werden ausländische Finanzinstitute in die Bekämpfung der Steuerhinterziehung dadurch einbezogen, indem sie bestimmten Meldepflichten gegenüber der US-Steuerbehörde unterliegen. Dabei geht es um Konten, deren Inhaber in den USA steuerpflichtig sind. Wenn ausländische Finanzinstitute die FATCA-Meldepflichten nicht erfüllen, wird auf Erträge aus amerikanischen Quellen eine besondere Quellensteuer in Höhe von 30 Prozent erhoben, „und diese Steuer wäre nur über aufwändige Verfahren wieder erstattungsfähig“, heißt es in der Denkschrift.

Finanzen/Gesetzentwurf – 05.06.2013

Kompromiss zur privaten Altersvorsorge

Das Vermittlungsverfahren zur Reform der privaten Altersvorsorge („Altersvorsorge-Verbesserungsgesetz“) ist erfolgreich beendet. Vertreter von Bund und Ländern einigten sich am 5.6.2013 heute darauf, Aufwendungen zur Altersvorsorge – zum Beispiel für eine Riester-Rente – auch künftig nur bis zur Höhe von 20.000 Euro steuerlich zu berücksichtigen. Damit bleibt es bei der geltenden Rechtslage.

Der Bundestag wollte ursprünglich den Förderhöchstbetrag auf 24.000 Euro anheben. Dies hatte der Bundesrat als unangemessene Bevorzugung im Vergleich zur gesetzlichen Rentenversicherung kritisiert.

Ebenfalls rückgängig machen will der Vermittlungsausschuss eine vom Bundestag beschlossene Änderung zum sogenannten Wohnförderkonto. Auch hier soll es bei der derzeit geltenden Rechtslage zur Verzinsung bleiben. Der Bundesrat hatte bemängelt, dass die ursprünglich geplante Rechtsänderung die Altersvorsorge durch selbstgenutztes Wohneigentum zu stark begünstige.

Beide Häuser müssen den Kompromiss noch bestätigen. Sie befassen sich bereits in dieser Woche mit den beiden vorgeschlagenen Änderungen.

Quelle: Bundesrat, Pressemitteilung vom 5.6.2013

Zahlungen für den Ausgleich der Entwertung einer veräußerten Kapitalbeteiligung nicht steuerbar

Abgrenzung zwischen Vermögensentschädigung und Leistungsentgelt i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG

 FG Hamburg Urteil vom 11.11.2010 1 K 219/09 BFH IX R 65/10

 Gründe

[1 ] I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr (2006) zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wurden.

[2 ] Der Kläger beteiligte sich in den Jahren 1998 und 1999 als Kommanditist mit Einlagen in Höhe von . DM und . DM an der A-KG, die als Teil der A-Gruppe auf einem technischen Gebiet tätig war. Im Zuge des Beteiligungsvorgangs wurde der Kläger in ein von den Gesellschaftern der Firmengruppe gebildetes Konsortium aufgenommen; er erwarb aufgrund des am . Januar 1998 geschlossenen Konsortialvertrags das Recht, ”… bei Kapitalerhöhungen von Gesellschaften innerhalb der Gruppe…nach Maßgabe des Verhältnisses ihrer Festkapitalanteile…gegen Bareinzahlungen zum Nominalbetrag der Festkapitalerhöhung teilzunehmen” (§ 2 Ziff. 2.1 des Vertrags). Im Jahr 1999 wurde die A-KG in eine AG umgewandelt; durch die Kapitalerhöhung sank die Beteiligungsquote des Klägers von knapp unter 10 % auf nunmehr 7,54 %.

[3 ] Im Jahr 2001 erfuhr der Kläger im Rahmen seiner Aufsichtsratstätigkeit für die A-AG von dem Verdacht, dass C —ein bereits ausgeschiedener Geschäftsführer der A-Gruppe— firmeneigene Technologien, Patente und Kundenlisten unbefugt für D, ein Konkurrenzunternehmen mit Sitz in X (Ausland), nutze. Die Beteiligung des Klägers hatte zu diesem Zeitpunkt einen Wert von . €.

[4 ] Die neue Konkurrenzsituation führte zum wirtschaftlichen Einbruch bei der A-AG, so dass im Jahr 2002 das Insolvenzverfahren über deren Vermögen eröffnet werden musste. Der Kläger veräußerte daraufhin im Jahr 2003 seine Beteiligung für . € (. DM). Der in Höhe von . € entstandene Veräußerungsverlust wurde im Einkommensteuerbescheid 2003 unter Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens anteilig gemäß § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuermindernd berücksichtigt.

[5 ] Im Februar 2006 erhielt der Kläger Unterlagen, die den Verdacht einer Veruntreuung von Firmeninterna durch C stützten. Daraufhin nahm er mit dem mittlerweile in X wohnhaften C Verhandlungen über mögliche Ausgleichsansprüche wegen der Entwertung seiner Beteiligung an der A-AG auf und erlangte dabei Kenntnis vom anstehenden Börsengang der D.

[6 ] Da eine Einigung mit C zunächst nicht zustande kam, informierte der Kläger wenige Tage vor dem Börsengang u.a. die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht über die seiner Auffassung nach unvollständigen bzw. unzutreffenden Angaben der D im Emissionsprospekt. Der Börsengang der D wurde daraufhin verschoben.

[7 ] Unter dem 8. Mai/16. Juni 2006 schloss der Kläger (u.a.) mit C eine mit sofortiger Wirkung bindende Vereinbarung, wonach beide wechselseitig auf sämtliche Ansprüche im Zusammenhang mit der behaupteten Veruntreuung von Firmen-Knowhow durch C verzichteten (§ 1 Ziff. 1.1 und 1.4 der Vereinbarung). In § 3 der Vereinbarung wurden verschiedene Stillhalte-, Förder- und Wohlverhaltenspflichten geregelt. Danach hatte der Kläger insbesondere „jede…zulässige und angemessene Unterstützung (zu) gewähren, soweit dies zur Durchführung des Börsenganges der D…erforderlich sein sollte” (Ziff. 3.1) sowie „gegenüber Dritten Stillschweigen über die von ihm behaupteten Vorgänge…zu wahren und alles zu unterlassen, was dem Börsengang, einer positiven Entwicklung des Aktienkurses nach Börsengang und dem geschäftlichen Erfolg der D…entgegen stehen könnte” (Ziff. 3.4). Nach § 4 Ziff. 4.1 sollte er „zur Abfindung aller (ihm) eventuell zustehenden Ansprüche und als Gegenleistung für die vorgenannten Verpflichtungen…bei einem erfolgten Börsengang der D…einen Betrag in Höhe von insgesamt EUR . ” erhalten.

[8 ] Die Aktie der D wurde im Juli 2006 erstmals börsennotiert. Der Kläger erhielt daraufhin eine Gutschrift in Höhe von . € (50 % des vereinbarten Betrags) auf seinem Bankkonto. Der restliche Betrag wurde ihm vereinbarungsgemäß im Jahr 2007 ausgezahlt.

[9 ] Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr teilte der Kläger formlos mit, er habe in diesem Jahr eine steuerfreie Entschädigungszahlung für Vermögensverluste aus seiner früher bestehenden Beteiligung an der A-AG erhalten. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) folgte dieser Auffassung nicht und setzte den vereinnahmten Betrag im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr als sonstige Einkünfte an.

[10 ] Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. In seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 631 veröffentlichen Urteil vertrat das Finanzgericht (FG) die Auffassung, dass es sich bei der Zahlung um sonstige Einkünfte aus Leistungen nach § 22 Nr. 3 Satz 1 EStG handele. Mit dem Verzicht des Klägers auf die von ihm behaupteten Ansprüche und seiner Verpflichtung, den Börsengang der D nicht (weiter) zu stören, sei Gegenstand der Vereinbarung ein Verhalten des Klägers, das insgesamt entgolten werden sollte. Wegen fehlender Zahlungsnachweise seien die vom Kläger (hilfsweise) geltend gemachten Werbungskosten nicht anzuerkennen.

[11 ] Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Ihrer Auffassung nach sei die Zahlung nicht als Vergütung für ein Verhalten des Klägers, sondern allein auf der Grundlage des Konsortialvertrags als Entschädigung für einen —durch die Entwertung seiner Beteiligung— privat erlittenen Vermögensverlust geleistet worden; sie sei deshalb nicht steuerbar. Die Entschädigung sei auch nicht für die künftige Aufgabe einer Kapitalbeteiligung gewährt worden. Im Übrigen fielen die in § 3 der Vereinbarung geregelten Stillhalte-, Förder- und Wohlverhaltenspflichten gegenüber dem Schadenersatzcharakter der Zahlung wirtschaftlich nicht ins Gewicht. In verfahrensrechtlicher Hinsicht rügen die Kläger sinngemäß eine Verletzung der Hinweispflicht nach § 76 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und der Sachaufklärungspflicht nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO .

[12 ] Während des Revisionsverfahrens erließ das FA unter dem 5. August und dem 28. Oktober 2011 (weitere) Änderungsbescheide für das Streitjahr, in denen es bei den (streitigen) sonstigen Einkünften erstmals Werbungskosten in Höhe von . € und . € zum Abzug zuließ.

[13 ] Die Kläger beantragen,

das Urteil des FG aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. August 2009 —zuletzt geändert durch den Bescheid vom 28. Oktober 2011— dahingehend zu ändern, dass die sonstigen Einkünfte des Klägers aus Leistungen außer Ansatz bleiben.

[14 ] Das FA beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

[15 ] Nach seiner Auffassung komme den Stillhalte-, Förder- und Wohlverhaltenspflichten des Klägers eigenständige wirtschaftliche Bedeutung zu, die dem Entschädigungscharakter der Zahlung jedenfalls gleichrangig gegenüberstehe.

[16 ] Der Rechtsstreit wurde in der mündlichen Verhandlung vom 20. November 2012 vertagt. Die Parteien haben anschließend auf weitere mündliche Verhandlung verzichtet.

[17 ] II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO ).

[18 ] 1. Die Revision ist bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen begründet; denn das FG hat über den Einkommensteuerbescheid des Streitjahres in Gestalt des Änderungsbescheids vom 11. März 2010 entschieden. Während des Revisionsverfahrens sind am 5. August und am 28. Oktober 2011 geänderte Einkommensteuerbescheide ergangen. Damit liegt dem FG-Urteil ein nicht mehr wirksamer Bescheid zugrunde mit der Folge, dass auch das FG-Urteil keinen Bestand haben kann (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs —BFH— vom 26. Januar 2011 IX R 7/09 , BFHE 232, 463 , BStBl II 2011, 540, m.w.N.). Der Senat kann auch nicht auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des FG in der Sache selbst entscheiden, da das FA mit den Änderungsbescheiden die streitigen sonstigen Einkünfte um bisher nicht berücksichtigte Werbungskosten gemindert hat. Feststellungen, anhand derer das Revisionsgericht die Rechtmäßigkeit des Werbungskostenabzugs überprüfen könnte, hat das FG nicht getroffen.

[19 ] 2. Zu Unrecht ist das FG davon ausgegangen, dass der vertraglich vereinbarte Betrag in Höhe von . €, der dem Kläger im Streitjahr zur Hälfte zugeflossen ist, insgesamt als sonstige Einkünfte aus Leistungen i.S. des § 22 Nr. 3 EStG zu qualifizieren ist.

[20 ] a) Nach § 22 Nr. 3 EStG sind sonstige Einkünfte solche aus Leistungen, soweit sie weder zu den anderen Einkunftsarten noch zu den Einkünften i.S. der Nrn. 1, 1a, 2 oder 4 der Vorschrift gehören. Leistung i.S. des § 22 Nr. 3 EStG ist jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das Gegenstand eines entgeltlichen Vorgangs sein kann und eine Gegenleistung auslöst (ständige BFH-Rechtsprechung, vgl. z.B. Urteile vom 25. Februar 2009 IX R 33/07, BFH/NV 2009, 1253 , unter II.2., und vom 28. November 2007 IX R 39/06, BFHE 220, 67 , BStBl II 2008, 469, unter II.1., jeweils m.w.N.). Nicht erfasst werden Entgelte aus Veräußerungen oder veräußerungsähnlichen Vorgängen im privaten Bereich, die dafür erbracht werden, dass ein Vermögenswert in seiner Substanz endgültig aufgegeben wird (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 29. Mai 2008 IX R 97/07 , BFH/NV 2009, 9 , unter II.1.). Ein Verhalten ist jedoch nur dann als Leistung i.S. des § 22 Nr. 3 EStG zu erfassen, wenn ihm eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung zukommt und es vorrangig keiner anderen Einkunftsart zuzurechnen ist (vgl. BFH-Urteil vom 11. März 2003 IX R 76/99 , BFH/NV 2003, 1161 , unter II.2.a, m.w.N.).

[21 ] b) Nach diesen Grundsätzen kann die Würdigung des FG, wonach das Entgelt ausschließlich für Leistungen des Klägers i.S. des § 22 Nr. 3 EStG gezahlt wurde, keinen Bestand haben; sie verletzt §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und bindet den Senat daher nicht nach § 118 Abs. 2 FGO (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 28. Oktober 2009 IX R 17/09 , BFHE 227, 349 , BStBl II 2010, 539, m.w.N.). Denn nach dem Wortlaut von § 4 Ziff. 4.1 der Vereinbarung sollte die Zahlung sowohl „zur Abfindung” behaupteter Ansprüche als auch „als Gegenleistung” für bestimmte Verhaltenspflichten geleistet werden. Sie diente damit einem doppelten Zweck: Einerseits sollte sie den Kläger dafür entschädigen, dass seine Beteiligung entwertet worden war. Andererseits sollte sie ein bestimmtes Verhalten entgelten.

[22 ] c) Soweit damit dem Kläger eine Entschädigung für den erlittenen Substanzverlust seiner Beteiligung an der A-AG zugeflossen ist, ist die Zahlung nicht steuerbar.

[23 ] aa) Die Entschädigungszahlung ist insbesondere nicht —abweichend vom tatsächlichen Zufluss— als nachträglicher Veräußerungspreis nach § 17 EStG bereits im Jahr 2003 zu erfassen. Der Veräußerungsgewinn, der gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG nach Abzug der Veräußerungs- und Anschaffungskosten vom Veräußerungspreis verbleibt, ist regelmäßig für den Zeitpunkt der Veräußerung zu ermitteln, d.h. dann, wenn das rechtliche oder zumindest wirtschaftliche Eigentum an den veräußerten Anteilen auf den Erwerber übergegangen ist (vgl. BFH-Urteil vom 20. Juli 2010 IX R 45/09 , BFHE 230, 380 , BStBl II 2010, 969). Später eintretende Veränderungen wirken nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung auf ein abgeschlossenes Rechtsgeschäft nur zurück, wenn der Rechtsgrund für die später geleistete Zahlung bereits in diesem Rechtsgeschäft angelegt war (vgl. BFH-Urteil vom 14. Juni 2005 VIII R 14/04 , BFHE 210, 278 , BStBl II 2006, 15). Das FG geht im Streitfall zutreffend davon aus, dass es sich bei der Vergleichsvereinbarung um einen Vertrag handelt, der ohne sachlichen Bezug zur Veräußerung der Beteiligung im Jahr 2003 geschlossen wurde und daher keine Rückwirkung entfaltet. Anknüpfungspunkt für den Vergleichsvertrag war nicht der Veräußerungsvorgang als solcher, sondern die Entwertung der Beteiligung, die der Veräußerung vorausging und sich durch diese realisierte. Zweck der Zahlung des C war es (u.a.), den Kläger für diesen Veräußerungsverlust im Nachhinein (teilweise) abzufinden.

[24 ] bb) Als Vermögensentschädigung ist die Zahlung ferner nicht nach § 17 i.V.m. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG steuerbar (vgl. BFH-Urteil vom 28. Februar 2002 IV R 64/00 , BFHE 198, 460 , BStBl II 2002, 658; Horn in Herrmann/Heuer/Raupach, § 24 EStG Rz 38, m.w.N.). Sie ist auch keine Entschädigung i.S. des § 17 i.V.m. § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG , da sie nicht „für” die (künftige) Aufgabe einer Gewinnbeteiligung gewährt, sondern lediglich durch eine solche (mit)verursacht wurde (vgl. BFH-Urteile vom 8. November 2007 IV R 30/06 , BFH/NV 2008, 546 ; vom 12. Juni 1996 XI R 43/94, BFHE 180, 433 , BStBl II 1996, 516).

[25 ] d) Soweit dem Kläger die vereinbarte Zahlung als Gegenleistung für bestimmte Stillhalte-, Förder- und Wohlverhaltenspflichten zugeflossen ist, könnte diese als sonstige Leistung i.S. des § 22 Nr. 3 EStG steuerbar sein. Entgegen der Auffassung der Kläger lässt sich aus dem (möglichen) Bestehen von Ansprüchen des Klägers aus dem Konsortialvertrag nicht zwingend schließen, dass die vereinbarte Zahlung ausschließlich als Ausgleich für einen entsprechenden Vermögensschaden geleistet wurde.

[26 ] 3. Die Sache ist gleichwohl nicht spruchreif. Der Senat kann aufgrund der getroffenen Feststellungen nicht abschließend darüber entscheiden, ob und in welchem Umfang die Zahlung —neben dem Entschädigungszweck— auch als (selbständige) Gegenleistung für die vom Kläger versprochenen Verhaltenspflichten dienen sollte. Darüber wird das FG im zweiten Rechtsgang zu befinden haben.

[27 ] a) Unter Würdigung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls wird das FG daher zunächst —dem Grunde nach— zu entscheiden haben, ob die Stillhalte-, Förder- und Wohlverhaltenspflichten als selbständige Leistungen i.S. des § 22 Nr. 3 EStG zu qualifizieren sind oder ob sie —mit Blick auf den bestehenden Entschädigungscharakter der Zahlung— lediglich unselbständige „Nebenleistungen” hierzu darstellen (vgl. zur Abgrenzung etwa BFH-Urteil in BFH/NV 2003, 1161 , zum Wettbewerbsverbot).

[28 ] b) Sind die Verhaltenspflichten danach als selbständige Leistungen anzusehen, wird das FG den hierauf entfallenden Entgeltanteil ermitteln. Dabei könnte insbesondere der Bedeutung des (erfolgreichen) Börsengangs für Abschluss, Ausgestaltung und Durchführung der Vergleichsvereinbarung Gewicht zukommen: Anhaltspunkte für eine Entgeltbemessung könnten sich dabei einerseits aus der Regelung in § 3 Ziff. 3.6 der Vergleichsvereinbarung, wonach der Kläger bei Verstoß gegen die ihm obliegenden —insoweit nicht näher differenzierten— Pflichten auf Verlangen (u.a.) des C eine Vertragsstrafe von jeweils mindestens . € hätte leisten müssen, als auch aus der Regelung in § 4 Ziff. 4.8 ergeben, wonach die Zahlungspflicht des C mit dem (durch den Kläger) ungestörten Börsengang der D steht und fällt. Bei der Ermittlung der Höhe etwaiger sonstiger Einkünfte wird das FG außerdem Feststellungen über Grund und Höhe der geltend gemachten Werbungskosten nachzuholen haben.

[29 ] 4. Da die Revision schon aus materiell-rechtlichen Gründen Erfolg hat, war auf die geltend gemachten Verfahrensrügen nicht mehr einzugehen.

 

Keine Zwangsläufigkeit von Kosten einer Teilungsversteigerung

 Leitsatz

1. Wer die Auflösung einer Grundstücksgemeinschaft durch Verkauf des gemeinschaftlichen, bislang vermieteten Grundstücks im Wege der Teilungsversteigerung beantragt, kann die damit verbundenen Prozess- und Anwaltskosten nicht deshalb als Werbungskosten absetzen, weil er rein hypothetisch die Möglichkeit hat, das Grundstück im Wege der Versteigerung selbst zu erwerben.

2. Wer die Auflösung einer Grundstücksgemeinschaft begehrt und —ohne das Scheidungsverfahren und die damit verbundene vermögensmäßige Auseinandersetzung abzuwarten— sogleich einen Antrag auf Teilungsversteigerung stellt, weil ihm eine Gemeinschaft mit dem geschiedenen Ehegatten nicht zumutbar erscheint, kann die dadurch entstandenen Gerichts- und Anwaltskosten nicht als außergewöhnliche Belastung geltend machen.

Vorinstanz: Sächsisches FG vom 13. September 2012 5 K 653/12 BFH IX R 41/12

 

 Gründe

I.

[1 ] Die Beteiligten streiten über die Abziehbarkeit von Aufwendungen für eine Teilungsversteigerung.

[2 ] Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war gemeinsam mit seiner seit dem Streitjahr (2009) von ihm geschiedenen Ehefrau Eigentümer eines vermieteten Grundstücks in T. Da die geschiedene Ehefrau einem gemeinsamen Verkauf nicht zustimmte und der Kläger die Gemeinschaft —weil unzumutbar— nicht aufrechterhalten wollte, beantragte er beim Amtsgericht, sie im Wege der Teilungsversteigerung aufzulösen.

[3 ] Im Rahmen eines Vergleichs im Scheidungsverfahren vor dem Familiengericht (12. Januar 2009) vereinbarten der Kläger und seine Ehefrau sodann, dass sie das Grundstück in T erhält und er eine Eigentumswohnung in B, die den früheren Eheleuten ebenfalls gemeinsam gehörte. Der Kläger sollte seine frühere Ehefrau von einem Kredit (Restschuld 55.000 €) freistellen und sie sollte ihm 25.000 € zahlen. Damit sollte zugleich der Unterhalt der Ehefrau für das Streitjahr getilgt sein. Das Amtsgericht hob daraufhin mit Beschluss vom 26. Januar des Streitjahres das Teilungsverfahren auf. Der Kläger trug Anwalts- und Gerichtskosten in Höhe von insgesamt 1.656 €.

[4 ] Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) berücksichtigte die Aufwendungen des Klägers im Zusammenhang mit der Teilungsversteigerung nicht. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Die Aufwendungen seien weder als Werbungskosten noch als außergewöhnliche Belastungen abziehbar.

[5 ] Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers, die er auf Verletzung von Bundesrecht stützt. Die Kosten der Teilungsversteigerung stünden im Zusammenhang mit dem Alleinerwerb der Eigentumswohnung in B, aus der ebenfalls Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt würden. Außerdem bestünde ein Zusammenhang mit dem Grundstück in T. Die Teilungsversteigerung hätte auch zur Folge haben können, dem Kläger als möglichem Käufer Alleineigentum zu vermitteln, so dass er ungeteilt die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung hätte erzielen können. Jedenfalls seien die Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen nach den Maßstäben des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 12. Mai 2011 VI R 42/10 (BFHE 234, 30 , BStBl II 2011, 1015) zu berücksichtigen.

[6 ] Der Kläger beantragt sinngemäß,

das angefochtene Urteil aufzuheben, den Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 23. Juni 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. April 2012 zu ändern und die Einkommensteuer für 2009 neu festzusetzen, indem das zu versteuernde Einkommen um 1.656 € gemindert wird.

[7 ] Das FA beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II.

[8 ] Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Zutreffend hat das FG es abgelehnt, die Aufwendungen im Zusammenhang mit der Teilungsversteigerung steuermindernd zu berücksichtigen. Es handelt sich dabei weder um Werbungskosten (1.) noch um außergewöhnliche Belastungen (2.).

[9 ] 1. Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Streitjahres (EStG ) sind nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn sie bei ihr erwachsen, und das heißt, durch sie veranlasst sind (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. das BFH-Urteil vom 28. September 2010 IX R 42/09 , BFHE 230, 567 , BStBl II 2011, 271). Daran fehlt es z.B., soweit die Aufwendungen ganz überwiegend durch die nicht steuerbare Veräußerung des Mietwohnobjekts veranlasst sind (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 24. Januar 2012 IX R 16/11 , BFH/NV 2012, 1108 , m.w.N.).

[10 ] Nach diesen Maßstäben hat das FG zutreffend einen Zusammenhang der Aufwendungen mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgelehnt.

[11 ] a) Ein Zusammenhang mit den Einkünften aus der Vermietung des Grundstücks in T, dessen Teilungsversteigerung beantragt wurde, besteht nicht. Denn die Teilungsversteigerung zielte zunächst —wie das FG zutreffend hervorhebt— darauf ab, die Vermietungstätigkeit des Klägers zu beenden. Die rein hypothetische Annahme, er könnte letztlich als möglicher Käufer das Alleineigentum an dem Grundstück erwerben, vermag einen wirtschaftlichen Zusammenhang mit möglichen künftigen Einnahmen nicht zu begründen. Ferner war nach den Feststellungen des FG, die den Senat nach § 118 Abs. 2 FGO binden, allein die persönliche Entscheidung des Klägers das auslösende Moment für den Aufwand, dass ihm eine Fortsetzung der Gemeinschaft mit seiner geschiedenen Ehefrau nicht zumutbar erschien und er eine gütliche Entscheidung nicht abwarten wollte. Da deshalb allein die private Lebensführung (§ 12 Nr. 1 EStG ) Ursache für den Aufwand war, darf er bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht abgezogen werden.

[12 ] b) Ein Zusammenhang des durch den Antrag auf Teilungsversteigerung verursachten Aufwands mit den aus der Eigentumswohnung in B erzielten Einkünften aus Vermietung und Verpachtung besteht ebenfalls nicht. Es mag offenbleiben, inwieweit die Vereinbarung im Scheidungsverfahren zu Anschaffungskosten des Klägers in Bezug auf diese Wohnung führte. Denn er hat die Teilungsversteigerung über das Grundstück ja nicht angestrengt, um das Alleineigentum an der Eigentumswohnung in B zu erlangen, sondern weil er eine gütliche Einigung im Scheidungsverfahren, zu der es schließlich kam, nicht abwarten wollte. Das hat mit dem Alleinerwerb der Eigentumswohnung in B aufgrund der Vereinbarung im Scheidungsverfahren vom 12. Januar des Streitjahres nichts zu tun.

[13 ] c) Schließlich eröffnet auch die neue Rechtsprechung des Senats zum nachträglichen Schuldzinsenabzug (BFH-Urteil vom 20. Juni 2012 IX R 67/10 , BFHE 237, 368 ) keinen Werbungskostenabzug der Prozess- und Anwaltskosten. Maßgeblich für die Gewährung eines nachträglichen Schuldzinsenabzugs ist die Überlegung, dass der ursprüngliche Veranlassungszusammenhang zwischen Aufwand und steuerbaren und steuerpflichtigen Einkünften i.S. des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG durch eine Veräußerung der Immobilie nicht automatisch unterbrochen wird, sondern in bestimmten Fallgestaltungen (anteilig) fortbestehen kann. Im Gegensatz hierzu sind die Aufwendungen, um die es hier geht, ausschließlich veranlasst durch die auf einer privaten Motivation beruhende Entscheidung, die bisher bestehende, dem Zweck der Einkünfteerzielung dienende Gemeinschaft aus Gründen der (Un-)Zumutbarkeit aufzulösen und die Einkünfteerzielung zu beenden. Der Kläger kann sich daher schon nicht auf einen ursprünglich bestehenden, einkünftebezogenen Veranlassungszusammenhang berufen; auf die Frage, ob und ggf. inwieweit ein solcher an einem Surrogat fortbestehen könnte, kommt es überhaupt nicht an.

[14 ] 2. Die Aufwendungen sind auch nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar.

[15 ] Nach § 33 Abs. 1 EStG wird auf Antrag die Einkommensteuer in bestimmtem Umfang ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen (außergewöhnliche Belastung). Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen dann zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG ).

[16 ] a) Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH sind die Kosten nicht in den Zwangsverbund fallender familienrechtlicher und sonstiger Regelungen im Zusammenhang mit der Ehescheidung grundsätzlich nicht als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Eheleute sind in ihrer Entscheidung frei, wie sie ihre Verhältnisse untereinander güterrechtlich regeln. Deshalb stellen auch Kosten, die ihnen in Ausübung dieser Dispositionsfreiheit entstehen, keine unvermeidbare Belastung dar, die die steuerliche Freistellung des insoweit aufzuwendenden Einkommens gebietet (vgl. BFH-Urteile vom 30. Juni 2005 III R 36/03 , BFHE 210, 302 , BStBl II 2006, 491, und III R 27/04, BFHE 210, 306 , BStBl II 2006, 492). Dem folgt auch der erkennende Senat. Die Aufwendungen sind nicht zwangsläufig. Die notwendigen vermögensrechtlichen Regelungen können auch ohne Zivilprozess getroffen werden (so auch Mellinghoff in Kirchhof, EStG , 11. Aufl., § 33 Rz 54 Stichwort „Ehescheidung”; Blümich/Heger, § 33 EStG Rz 233, m.w.N. aus der Rechtsprechung). Darunter fällt auch die vermögensmäßige Auseinandersetzung des Klägers mit seiner früheren Ehefrau über das Grundstück in T.

[17 ] b) Die durch den Antrag auf Teilungsversteigerung entstandenen Gerichts- und Anwaltskosten sind auch nicht unabhängig vom Gegenstand des Prozesses aus rechtlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Aus der Entscheidung des BFH in BFHE 234, 30 , BStBl II 2011, 1015 folgt nicht, sämtliche Kosten von Verfahren, bei dem ein Gericht zu beteiligen ist, als außergewöhnliche Belastungen zu qualifizieren. Die Unausweichlichkeit von Prozesskosten ergibt sich für den VI. Senat daraus, dass der Steuerpflichtige, um sein Recht durchzusetzen, im Verfassungsstaat des Grundgesetzes den Rechtsweg beschreiten muss (BFH-Urteil in BFHE 234, 30 , BStBl II 2011, 1015, Rz 14).

[18 ] Der erkennende Senat muss nicht entscheiden, ob er dieser Prämisse zustimmen könnte. Selbst wenn er das Urteil des VI. Senats (in BFHE 234, 30 , BStBl II 2011, 1015) anwenden würde, fehlte es im Streitfall bereits an der Unausweichlichkeit der Aufwendungen. Für den hier streitigen Antrag auf Teilungsversteigerung ergibt sich dazu Folgendes: Zwar muss der Steuerpflichtige nach § 753 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Zwangsversteigerung nach den Vorschriften des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (ZVG ) beantragen, für die das Amtsgericht mit der Folge zuständig ist (§§ 180 , 1 ZVG), dass Gerichtskosten notwendigerweise anfallen. Ob diese Aufwendungen damit aber stets zwangsläufig i.S. des § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG sind, kann hier unerörtert bleiben. Denn der Kläger war nicht gezwungen, den Antrag auf Teilungsversteigerung zu stellen. Er konnte sein Recht auch ohne Zwangsversteigerung durchsetzen, so dass die damit zusammenhängenden Aufwendungen schon aus diesem Grund nicht zwangsläufig waren. Wie das FG zutreffend ausführt, hätte der Kläger die vermögensmäßige Auseinandersetzung —wie auch geschehen— im Zuge des Scheidungsverfahrens als Folgesache verlangen können. In der Tat kam es hier zu einer gütlichen Einigung über die vermögensmäßige Auseinandersetzung.

[19 ] Überdies hat der Kläger —wie dies das FG für den Senat bindend festgestellt hat— den Antrag auf Teilungsversteigerung allein aus persönlichen Gründen gestellt, weil ihm eine Fortsetzung der Gemeinschaft mit seiner geschiedenen Ehefrau nicht zumutbar erschien und er eine mögliche gütliche Einigung im Zusammenhang mit dem Scheidungsverfahren nicht abwarten wollte. Es entspricht nicht dem Zweck des § 33 EStG , der der verminderten subjektiven Leistungsfähigkeit des Betroffenen Rechnung tragen will, die Allgemeinheit durch die Abziehbarkeit von Gerichts- und Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen an einer verfrühten, unabgestimmten und damit vermeidbaren Inanspruchnahme von Gerichten zu beteiligen.

 

Ausschluss eingetragener Lebenspartnerschaften vom Ehegattensplitting ist verfassungswidrig

Die Ungleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnerschaften und Ehen beim Ehegattensplitting ist verfassungswidrig. Die entsprechenden Vorschriften des Einkommensteuergesetzes verstoßen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, da es an hinreichend gewichtigen Sachgründen für die Ungleichbehandlung fehlt. Dies hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts in einem am 06.06.2013 veröffentlichten Beschluss entschieden. Die Rechtslage muss rückwirkend ab der Einführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes zum 1. August 2001 geändert werden. Übergangsweise sind die bestehenden Regelungen zum Ehegattensplitting auch auf eingetragene Lebenspartnerschaften anzuwenden. Die Entscheidung ist mit 6:2 Stimmen ergangen; der Richter Landau und die Richterin Kessal-Wulf haben ein gemeinsames Sondervotum abgegeben.

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen die folgenden Erwägungen zugrunde:

1. Das Einkommensteuergesetz ermöglicht Ehegatten, die Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer zu wählen, was zur Anwendung des so genannten Splittingtarifs führt (§§ 26, 26b, 32a Abs. 5 EStG). Die Beschwerdeführer beantragten nach Begründung eingetragener Lebenspartnerschaften für die Jahre 2001 und 2002 die Zusammenveranlagung mit ihren jeweiligen Lebenspartnern. Die Finanzverwaltung führte stattdessen Einzelveranlagungen durch. Die hiergegen gerichteten Klagen blieben vor den Finanzgerichten und dem Bundesfinanzhof erfolglos. Gegen diese Entscheidungen wenden sich die Beschwerdeführer mit ihren Verfassungsbeschwerden.

2. Die §§ 26, 26b, 32a Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes sind mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes unvereinbar, soweit sie eingetragenen Lebenspartnern anders als Ehegatten nicht die Möglichkeit der Zusammenveranlagung und die damit verbundene Anwendung des Splittingverfahrens eröffnen. Die angegriffenen Entscheidungen hat der Senat aufgehoben und die Verfahren zur erneuten Entscheidung an den Bundesfinanzhof zurückverwiesen.

a) Die Ungleichbehandlung von Verheirateten und eingetragenen Lebenspartnern in den Vorschriften zum Ehegattensplitting stellt eine am allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu messende mittelbare Ungleichbehandlung wegen der sexuellen Orientierung dar. Auch wenn die Regelung selbst an den Familienstand anknüpft, ist doch die Entscheidung für eine Ehe oder eine eingetragene Lebenspartnerschaft kaum trennbar mit der sexuellen Orientierung verbunden.

Im Fall der Ungleichbehandlung von Personengruppen besteht regelmäßig eine strenge Bindung des Gesetzgebers an die Erfordernisse des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Die Anforderungen an die Rechtfertigung sind umso strenger, je mehr sich die personenbezogenen Merkmale an die des Art. 3 Abs. 3 GG annähern, das heißt je größer die Gefahr ist, dass die Ungleichbehandlung zur Diskriminierung einer Minderheit führt. Dies ist bei Differenzierungen nach der sexuellen Orientierung der Fall.

b) Allein der besondere Schutz der Ehe und Familie in Art. 6 Abs. 1 GG vermag die Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft nicht zu rechtfertigen. Die Wertentscheidung des Art. 6 Abs. 1 GG bildet einen sachlichen Differenzierungsgrund, der in erster Linie dazu geeignet ist, die Ehe gegenüber anderen Lebensgemeinschaften besser zu stellen, die durch ein geringeres Maß an wechselseitiger Pflichtbindung geprägt sind. Geht die Privilegierung der Ehe mit einer Benachteiligung anderer, in vergleichbarer Weise rechtlich verbindlich verfasster Lebensformen einher, rechtfertigt der bloße Verweis auf das Schutzgebot der Ehe eine solche Differenzierung indes nicht.

Der Gesetzgeber hat die Lebenspartnerschaft von Anfang an in einer der Ehe vergleichbaren Weise als umfassende institutionalisierte Verantwortungsgemeinschaft verbindlich gefasst und bestehende Unterschiede kontinuierlich abgebaut. Wie die Ehe unterscheidet sich die Lebenspartnerschaft sowohl von ungebundenen Partnerbeziehungen als auch von den Rechtsbeziehungen zwischen Verwandten.

c) Es bedarf daher jenseits der bloßen Berufung auf Art. 6 Abs. 1 GG eines hinreichend gewichtigen Sachgrundes, der die Begünstigung von Ehen gegenüber Lebenspartnerschaften gemessen am jeweiligen Regelungsgegenstand und -ziel rechtfertigt. Ein solcher lässt sich für das Splittingverfahren weder aus dem Normzweck noch aus der Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers im Steuerrecht herleiten.

aa) Zweck des 1958 eingeführten Splittingverfahrens ist es, Ehen unabhängig von der Verteilung des Einkommens zwischen den Ehegatten bei gleichem Gesamteinkommen gleich zu besteuern. Das Splittingverfahren nimmt hierbei den zivilrechtlichen Grundgedanken der Ehe als Gemeinschaft des Erwerbs und Verbrauchs auf. Auch die eingetragene Lebenspartnerschaft ist als Gemeinschaft des Erwerbs und Verbrauchs ausgestaltet. Bereits seit ihrer Einführung im Jahr 2001 ist sie in ihren für die steuerrechtliche Anknüpfung wesentlichen Grundzügen mit der Ehe vergleichbar: Die wechselseitige Verpflichtungsbefugnis bei Geschäften zur Deckung des Lebensbedarfs sowie die eingeschränkte Verfügungsberechtigung über eigenes Vermögen sind in beiden Instituten identisch geregelt. Zudem mussten die Lebenspartner bereits seit 2001, wenn sie nicht einen Lebenspartnerschaftsvertrag schließen wollten, die so genannte Ausgleichsgemeinschaft vereinbaren, für die die Vorschriften für die eheliche Zugewinngemeinschaft entsprechend galten. Zum 1. Januar 2005 wurde explizit die Zugewinngemeinschaft als Regelgüterstand eingeführt. Darüber hinaus wurde der – bei Ehescheidungen erst seit 1977 stattfindende – Versorgungsausgleich auf die Aufhebung der Lebenspartnerschaft erstreckt.

Familienpolitische Intentionen vermögen die Ungleichbehandlung von Ehen und eingetragenen Lebenspartnerschaften bezüglich des Splittingverfahrens nicht zu rechtfertigen. Nach dem Einkommensteuergesetz hängt die Gewährung des Splittingvorteils allein von der Existenz einer Ehe ab, in der die Partner nicht dauernd getrennt leben. Unbeachtlich ist demgegenüber das Vorhandensein von Kindern sowie die Möglichkeit, dass während der Ehe gemeinsame Kinder der Ehepartner geboren werden.

Das Splittingverfahren erweitert den Spielraum der Ehepartner bei der Aufgabenverteilung innerhalb der Ehe und wird deshalb auch als Regelung angesehen, die vor allem für Familien gedacht ist, in denen ein Ehepartner wegen Familienarbeit (d. h. wegen Kindererziehung oder Pflege) nicht oder nur teilweise erwerbstätig ist. Jedoch erkennt auch das Lebenspartnerschaftsgesetz – ebenso wie das Eherecht – den Partnern Gestaltungsfreiheit im Hinblick auf ihre persönliche und wirtschaftliche Lebensführung zu und geht von der Gleichwertigkeit von Familienarbeit und Erwerbstätigkeit aus. Unterschiede zwischen der Lebenssituation von Ehepartnern und Lebenspartnern, die eine Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten, sind insoweit nicht zu erkennen. Zum einen gibt es nicht in jeder Ehe Kinder und ist nicht jede Ehe auf Kinder ausgerichtet. Zum anderen werden zunehmend auch in Lebenspartnerschaften Kinder großgezogen; insoweit sind Ausgestaltungen denkbar und nicht völlig unüblich, in denen der eine der Lebenspartner schwerpunktmäßig die Betreuung der Kinder übernimmt.

bb) Die Privilegierung der Ehe im Verhältnis zur Lebenspartnerschaft lässt sich vor diesem Hintergrund nicht mit der Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers im Steuerrecht begründen.

Typisierung bedeutet, bestimmte in wesentlichen Elementen gleich geartete Lebenssachverhalte normativ zusammenzufassen; die tatsächlichen Anknüpfungspunkte müssen im Normzweck angelegt sein. Typisierung setzt voraus, dass die durch sie eintretenden Härten und Ungerechtigkeiten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären, lediglich eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist. Der gesetzgeberische Spielraum für Typisierungen ist umso enger, je dichter die verfassungsrechtlichen Vorgaben außerhalb des Art. 3 Abs. 1 GG sind. Er endet dort, wo die speziellen Diskriminierungsverbote des Art. 3 Abs. 2 und 3 GG betroffen sind.

Der Umstand, dass eingetragene Lebenspartnerschaften und Ehen gleichermaßen als Gemeinschaften des Verbrauchs und Erwerbs konstituiert sind, geböte bei einer typisierenden Gruppenbildung eine steuerliche Gleichbehandlung.

Auch unter dem Gesichtspunkt der Förderung des Aufwachsens von Kindern kommt eine typisierende Begünstigung von Ehepaaren gegenüber eingetragenen Lebenspartnerschaften beim Splittingverfahren nicht in Betracht. Nach Berechnungen des Bundesministeriums der Finanzen entfallen zwar 91 % des gesamten Splittingvolumens auf Ehepaare mit aktuell oder früher steuerlich relevanten Kindern. Da der Splittingvorteil umso höher ist, je größer die Einkommensunterschiede zwischen beiden Partnern ausfallen, werden indes eingetragene Lebenspartnerschaften ebenso wie Ehen insbesondere dann vom Splitting profitieren, wenn in ihnen Kinder aufwachsen oder aufgewachsen sind und deshalb einer der Partner nicht oder nur eingeschränkt erwerbstätig ist. Dass der Kinderanteil bei eingetragenen Lebenspartnerschaften weit unter dem von Ehepaaren liegt, genügt für eine typisierende Beschränkung des Splittingverfahrens auf Ehepaare nicht. Die Benachteiligung von Lebenspartnerschaften beim Splittingverfahren ist ohne größere Schwierigkeiten für den Gesetzgeber und die Verwaltung vermeidbar. Auszublenden, dass auch in Lebenspartnerschaften Kinder aufwachsen, liefe auf eine mittelbare Diskriminierung gerade wegen der sexuellen Orientierung der Partner hinaus.

3. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, den festgestellten Verfassungsverstoß rückwirkend zum Zeitpunkt der Einführung des Instituts der Lebenspartnerschaft am 1. August 2001 zu beseitigen. Da er hierfür unterschiedliche Möglichkeiten hat, kommt vorliegend nur eine Unvereinbarkeitserklärung in Betracht. Bis zum Inkrafttreten einer Neuregelung, die der Gesetzgeber unverzüglich zu treffen hat, bleiben §§ 26, 26b, 32a Abs. 5 EStG zur Vermeidung einer Unsicherheit über die Rechtslage anwendbar mit der Maßgabe, dass auch eingetragene Lebenspartner, deren Veranlagungen noch nicht bestandskräftig durchgeführt sind, mit Wirkung ab dem 1. August 2001 unter den für Ehegatten geltenden Voraussetzungen eine Zusammenveranlagung und die Anwendung des Splittingverfahrens beanspruchen können.

Sondervotum des Richters Landau und der Richterin Kessal-Wulf:

1. Der Senat verkennt, dass die eingetragene Lebenspartnerschaft bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts am 1. Januar 2005 nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers nicht als eine der Ehe vergleichbare Gemeinschaft von Erwerb und Verbrauch ausgestaltet war. Bereits dies rechtfertigt die Privilegierung der Ehe in den allein streitgegenständlichen Veranlagungsjahren 2001 und 2002, ohne dass es eines Rückgriffs auf Art. 6 Abs. 1 GG bedarf.

a) Die Ehe ist von Verfassungs wegen als Gemeinschaft des Erwerbs und Verbrauchs konzipiert, in der ein Ehegatte an den Einkünften und Lasten des anderen jeweils zur Hälfte teilhat. Die §§ 26, 26b und 32a EStG nehmen die zivil- und sozialversicherungsrechtliche Gestaltung der Ehe auf und führen sie für den Bereich des Einkommensteuerrechts fort. Der Gesetzgeber hat das Splittingverfahren als „Reflex“ der Zugewinngemeinschaft angesehen. Es wahrt und stärkt – dem Schutzauftrag des Art. 6 Abs. 1 GG folgend – die eheliche Gemeinschaft von Erwerb und Verbrauch. Einem Ehepartner wird ermöglicht, ohne steuerliche Einbußen dauerhaft oder vorübergehend einer Beschäftigung in Teilzeit nachzugehen oder sich gar ausschließlich familiären Aufgaben zu stellen.

b) Für das Kriterium der Vergleichbarkeit sind das eheliche Güterrecht und das Recht des Versorgungsausgleichs daher in besonderem Maße bedeutsam; hinzu treten flankierende Regelungen im Sozialversicherungsrecht, insbesondere zur Hinterbliebenenversorgung. Diese konstitutiven Merkmale sind jedoch erst mit Wirkung zum 1. Januar 2005 auf die eingetragene Lebenspartnerschaft ausgedehnt worden. Die Übergangsvorschriften sahen keine zwingende rückwirkende Erstreckung auf bestehende Lebenspartnerschaften vor.

c) Die Lebenspartnerschaften der Beschwerdeführer sind daher – jedenfalls in den allein streitgegenständlichen Veranlagungsjahren 2001 und 2002 – nicht als Gemeinschaften von Erwerb und Verbrauch im Sinne der Splittingvorschriften anzusehen. Der Verweis des Senats auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Erbschaft- und Schenkungsteuer, zur Grunderwerbsteuer und zum besoldungsrechtlichen Familienzuschlag ist ungeeignet, das gegenteilige Ergebnis zu begründen. Keine der genannten Entscheidungen stellt Grundsätze auf, die auf den Bereich des Einkommensteuerrechts unbesehen übertragbar sind. Durch den bloßen Hinweis auf diese Entscheidungen setzt sich der Senat dem Vorwurf einer rein schematischen Fortführung der bisherigen Rechtsprechung aus.

Die Erstreckung des Splittingverfahrens auf eingetragene Lebenspartner für die Veranlagungsjahre vor 2005 läuft auf die Gewährung der einkommensteuerrechtlichen Vorteile einer Gemeinschaft von Erwerb und Verbrauch hinaus, ohne dass die hieraus spiegelbildlich erwachsenden Verpflichtungen zwischen den Lebenspartnern in auch nur annähernd vergleichbarem Umfang bestanden hätten. Auch blendet die Begründung des Senats aus, dass der Gesetzgeber bewusst von einer vollständigen Gleichstellung abgesehen und gerade die ökonomische Selbständigkeit beider Partner als gesetzliches Leitbild herausgestellt hat. Somit setzt der Senat seine Einschätzung an die Stelle des hierzu alleine berufenen Gesetzgebers.

2. Die Annahme des Senats, die Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers rechtfertige nicht die festgestellte Ungleichbehandlung von Ehe und Lebenspartnerschaft, entbehrt einer tragfähigen Begründung.

a) Der Senat räumt zwar ein, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des Splittingverfahrens im Jahr 1958 auch familienpolitische Zwecke verfolgt hat. Er zieht daraus aber nicht den gebotenen Schluss, dass auch diese familienpolitische Funktion grundsätzlich geeignet ist, eine typisierende Privilegierung der Ehe gegenüber anderen Lebensformen zu rechtfertigen, selbst wenn sie in vergleichbarer Weise rechtlich verbindlich gefasst sind. Entsprechend der sozialen Wirklichkeit konnte der Gesetzgeber bei der Einführung des Splittingverfahrens davon ausgehen, dass die weit überwiegende Mehrzahl der Ehen auf die Erziehung von Kindern ausgerichtet war, und es – typisierend – nur vom Bestand der Ehe und nicht zusätzlich vom Vorhandensein von Kindern abhängig machen.

b) Heute wachsen zunehmend auch in eingetragenen Lebenspartnerschaften Kinder auf. Hieraus kann jedoch nicht zwingend geschlossen werden, dass schon in den Veranlagungsjahren 2001 und 2002 der Gesamtheit der eingetragenen Lebenspartnerschaften das Splittingverfahren im Wege der Typisierung zu eröffnen gewesen wäre. Die Annahme des Senats, die steuerlichen Vorteile kämen auch bei Lebenspartnerschaften typischerweise solchen mit Kindern zugute, ist nicht belegt. Unbeantwortet bleibt zudem die für die Typisierung entscheidende Frage, wie hoch der Anteil der Lebenspartnerschaften gewesen ist, in denen Kinder erzogen wurden.

Etwaigen Ungleichbehandlungen von eingetragenen Lebenspartnerschaften, in denen Kinder erzogen werden oder wurden, hätte auch durch eine auf diese beschränkte Eröffnung des Splittingverfahrens Rechnung getragen werden können. Ein solcher Lösungsansatz ist durch den Senat, der ausschließlich auf die typisierende Einbeziehung der Lebenspartnerschaften abstellt, jedoch nicht vertieft worden.

3. Schließlich wäre es dem Gesetzgeber angesichts des familienpolitischen Normzwecks des Splittingverfahrens zuzubilligen gewesen, zunächst die eingetragene Lebenspartnerschaft im Hinblick auf ihre Vorwirkung für die Familie und Generationenfolge zu evaluieren und hieraus gegebenenfalls steuerliche Konsequenzen zu ziehen. Diesen Einschätzungsspielraum des Gesetzgebers übergeht der Senat durch seine rückwirkende Unvereinbarkeitserklärung und verengt dessen Gestaltungsmöglichkeiten zusätzlich. Dabei setzt sich der Senat zudem über die bisherige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hinweg, wonach der Gesetzgeber einen mit dem Grundgesetz unvereinbaren Rechtszustand nicht rückwirkend beseitigen muss, wenn die Verfassungslage nicht hinreichend geklärt war.

Quelle: BVerfG, Pressemitteilung vom 06.06.2013 zum Beschluss 2 BvR 909/06 u. a. vom 07.05.2013