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Steuerberater

Ist Auskunftsverweigerung gegenüber erfolglosem Bewerber diskriminierend?

Ist Auskunftsverweigerung gegenüber erfolglosem Bewerber diskriminierend?

Kernfrage

Werden Bewerber bei der Einstellung diskriminiert, stehen ihnen gegen den Arbeitgeber Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche zu. Diese können aber nur geltend gemacht werden, wenn die Bewerber die Diskriminierung zumindest substantiiert anhand von Indizien darlegen können. Bisher galt daher die Beratungsregel, keine Auskünfte zu erteilen, weshalb ein Bewerber abgelehnt worden ist. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte nunmehr im Rahmen eines in Deutschland anhängigen Verfahrens darüber zu befinden, ob ein Auskunftsanspruch des abgelehnten Bewerbers besteht, wenn dieser gesetzlich nicht ausdrücklich vorgesehen ist.

Sachverhalt

Die Klägerin hatte sich auf eine Stelle als Softwareentwicklerin beworben. Sie war bei der Bewerbung über 40 Jahre alt, stammte aus Russland, hatte aber einen einem deutschen Fachhochschulabschluss vergleichbaren russischen Abschluss. Ihre Bewerbung wurde ohne Angabe von Gründen abgelehnt. Darauf hin verlangte sie vom potentiellen Arbeitgeber Schadensersatz, weil er sie bei der Einstellung diskriminiert habe und machte zugleich Auskunftsansprüche geltend, um ihre Ansprüche näher darlegen zu können. Nachdem die Instanzgerichte in Deutschland den Auskunftsanspruch verneint hatten, legte das Bundesarbeitsgericht (BAG) dem Europäischen Gerichtshof die Sache mit folgenden Fragen vorab zur Entscheidung vor: Hat ein abgelehnter Erwerber einen aus Unionsrecht ableitbaren Auskunftsanspruch, wenn er seine Eignung schlüssig vortragen kann? Ist der Umstand, dass ein Arbeitgeber die geforderte Auskunft nicht erteilt, eine Tatsache, die das Vorliegen der behaupteten Diskriminierung vermuten lässt?

Entscheidung

Der Europäische Gerichtshof verneinte die erste Vorlagefrage. Ein allgemeiner Auskunftsanspruch des abgelehnten Bewerbers gegen den Arbeitgeber lasse sich aus Unionsrecht nicht ableiten. Allerdings dürfe die Tatsache, dass sich kein Auskunftsanspruch herleiten lasse, nicht dazu führen, dass der Bewerber die ihm für den Diskriminierungsfall zustehenden Ansprüche nicht geltend machen könne. Aus diesem Grund bejahte der Europäische Gerichtshof die zweite Vorlagefrage. Damit ist die Verweigerung der Auskunftserteilung ein hinreichendes Indiz, das eine Diskriminierung vermuten lässt. Damit ist der Schadensersatzanspruch im ersten Schritt eröffnet. Es ist wegen der im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vorgesehenen Beweislastumkehr dann am Arbeitgeber, den Vollbeweis zu führen, dass gerade keine Diskriminierung stattgefunden hat.

Konsequenz

Zwar mag der Europäische Gerichtshof einen direkten Auskunftsanspruch angelehnt haben. Allerdings zieht die Auskunftsverweigerung in dem Fall, in dem ein abgelehnter Bewerber den Arbeitgeber auf Schadensersatz in Anspruch nimmt, eine Beweislastumkehr nach sich. Dies wiederum führt gleichzeitig zu einem mittelbaren Auskunftsanspruch. Denn im Prozess muss der Arbeitgeber, um sich zu entlasten, offenlegen und nachweisen, warum der Bewerber nicht berücksichtigt worden ist.

Regierungsentwurf zum Jahressteuergesetz 2013

Regierungsentwurf zum Jahressteuergesetz 2013

Einleitung

Das Bundeskabinett hat am 23.5.2012 den Regierungsentwurf für ein Jahressteuergesetz 2013 (JStG 2013) beschlossen. Ziel des JStG 2013 ist die Anpassung des deutschen Steuerrechts an das Recht und die Rechtsprechung der Europäischen Union – insbesondere an die EU-Amtshilferichtlinie – sowie die Sicherung des Steueraufkommens. Die wesentlichen Punkte des Regierungsentwurf werden dabei im Folgenden ebenso dargestellt wie die Änderungen gegenüber dem Referentenentwurf des Bundesfinanzministeriums (BMF) vom 5.3.2012:

Umsetzung der EU-Amtshilferichtlinie

Durch die Einführung des EU-Amtshilfegesetzes (EUAHiG) wird die so genannte Amtshilferichtlinie der EU vom 15.2.2011 unmittelbar in nationales Recht umgesetzt. Das Gesetz dient der besseren Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden, um insbesondere Steuern bei grenzüberschreitenden Steuersachverhalten ordnungsgemäß festzusetzen. Erreicht wird dies durch effizientere Zusammenarbeit zwischen den Steuerbehörden der Mitgliedstaaten auf internationaler Ebene.

Änderungen des Umsatzsteuergesetzes (UStG)

Durch Änderung der deutschen umsatzsteuergesetzlichen Bestimmungen (§ 3a Abs. 3 UStG) wird eine Vorgabe der EU bezüglich des Ortes der Dienstleistung fristgerecht umgesetzt. Demnach richtet sich künftig bei Leistungen an juristische Personen, die sowohl unternehmerisch, als auch nicht unternehmerisch tätig sind, der Leistungsort nach ihrem Sitz. Eine weitere Neuregelung betrifft die umsatzsteuerlichen Anforderungen an eine Rechnung (§§ 14, 14a UStG).

Private Pkw-Nutzung bei Elektrofahrzeugen

Da der Preis für ein Elektrofahrzeug zumeist deutlich über dem eines normalen Kraftfahrzeugs mit Verbrennungsmotor liegt, werden all diejenigen Steuerpflichtigen benachteiligt, die ein betriebliches Elektrofahrzeug privat nutzen und im Rahmen der 1 %-Regelung versteuern. Um diesen Nachteil zukünftig auszugleichen, werden aus dem Listenpreis als Bemessungsgrundlage für die 1 %-Regel die Kosten für die Batterie (Akku) herausgerechnet.

Besteuerung von internationalen Betriebsstätten

Die Vorschrift des § 1 Außensteuergesetz (AStG) sieht eine Einkünftekorrektur vor, wenn und soweit die Einkünfte eines Steuerpflichtigen dadurch gemindert werden, dass Vergütungen aufgrund einer Geschäftsbeziehung zum Ausland mit einer ihm nahe stehenden Person nicht fremdüblich sind. Hierdurch soll verhindert werden, dass Besteuerungssubstrate aufgrund überhöhter Entgelte ins Ausland verlagert werden. Das JStG 2013 sieht nunmehr vor, dass diese Vorschrift nicht nur zwischen 2 rechtlich selbstständigen Unternehmen Anwendung findet, sondern auch für Leistungsbeziehungen zwischen inländischem Stammhaus und ausländischer Betriebsstätte (oder umgekehrt). Außerdem werden zukünftig auch explizit Personengesellschaften bzw. Mitunternehmerschaften in den Anwendungsbereich der Vorschrift aufgenommen.

Verfahrensvereinfachung für Arbeitnehmer

Arbeitnehmer haben zukünftig die Möglichkeit, die Geltungsdauer eines im Lohnsteuerabzugsverfahren zu berücksichtigenden Freibetrags auf 2 Kalenderjahre zu verlängern. Dies hat den Vorteil, dass der Arbeitnehmer zukünftig nicht jährlich den Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung beim Finanzamt zu stellen braucht.

Verkürzung von Aufbewahrungsfristen

Der aktuelle Regierungsentwurf enthält im Gegensatz zum Referentenentwurf nunmehr auch eine Verkürzung der steuerlichen Aufbewahrungsfristen nach der Abgabenordnung (AO) und dem Umsatzsteuergesetz. Die Aufbewahrungsfrist soll demnach ab 2013 nur noch 8 Jahre (anstatt wie bisher 10 Jahre) und ab 2015 sogar nur noch 7 Jahre betragen. Die Aufbewahrungsfristen im Handelsgesetzbuch (HGB) werden entsprechend angepasst.

(Bislang) Keine Umsetzung des Zwölf-Punkte-Papiers

Die Themen aus dem Zwölf-Punkte-Papier zur Reform der Unternehmensbesteuerung sind bislang ebenso wenig in das JStG 2013 eingeflossen wie die Umsetzung der EuGH-Rechtsprechung zur Besteuerung von Streubesitzdividenden. Das Zwölf-Punkte-Papier sieht insbesondere einen Ersatz der Organschaft durch ein Gruppenbesteuerungssystem und Änderungen bei der Verlustnutzung vor. Ob und inwieweit diese Änderungen ggf. zu einem späteren Zeitpunkt doch noch in das JStG 2013 oder ein anderes Gesetz aufgenommen werden, bleibt mit Spannung abzuwarten.

Fazit

Nach aktuellem Stand werden Bundestag und Bundesrat ab Mitte Juni 2012 das JStG 2013 weiter diskutieren. Mit einer (notwendigen) Zustimmung des Bundesrats wird aber nicht mehr vor der Sommerpause gerechnet. Wird das Gesetzgebungsverfahren wie erwartet Ende 2012 abgeschlossen, so werden ein Großteil der dargestellten Änderungen am 1.1.2013 in Kraft treten. Es ist jedoch möglich und auch wahrscheinlich, dass das endgültige JStG 2013 noch Änderungen gegenüber dem Regierungsentwurf aufweisen wird.

Verteilungsanspruch des Insolvenz-Gläubigers nach Teilaufrechnung

Verteilungsanspruch des Insolvenz-Gläubigers nach Teilaufrechnung

Rechtslage

Vor Abschluss des Insolvenzverfahrens ist ein Schlussverzeichnis aufzustellen, das alle geprüften und festgestellten Forderungen auszuweisen hat. Dem Verzeichnis kommt Bindungswirkung zu. Bestehen nachträgliche Einwendungen gegen die in das Schlussverzeichnis aufgenommenen Forderungen, ist der Treuhänder in einem Restschuldbefreiungsverfahren befugt, Verteilungsabwehrklage zu erheben. Eine eigenmächtige Änderung der Berücksichtigungswerte durch den Treuhänder ist nicht zulässig.

Sachverhalt

Der Kläger ist Treuhänder in einem Restschuldbefreiungsverfahren. Gegen den Schuldner bestand nach dem Schlussverzeichnis des im Dezember 2008 aufgehobenen Insolvenzverfahrens eine Steuerforderung des beklagten Landes in Höhe von 125 EUR. Mit dieser Forderung rechnete das Land gegen einen Einkommensteuererstattungsanspruch des Jahres 2007 in Höhe von 100 EUR auf. Der Kläger begehrt deshalb die Änderung der Berücksichtigungswerte des Schlussverzeichnisses. Die Revision des Klägers vor dem Bundesgerichtshof führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidung

Der Kläger ist als Partei kraft Amtes befugt, gegen die zur Tabelle festgestellten, in das Schlussverzeichnis aufgenommenen Forderungen eine Verteilungsabwehrklage zu erheben. Wegen der Rechtskraftwirkung der Tabelleneintragung und der Bindungswirkung des Verzeichnisses bliebe sonst das Schlussverzeichnis maßgebend. Um die richtige Verteilung des schuldnerischen Sondervermögens zu gewährleisten, ist der Kläger daher prozessführungsbefugt. Hinsichtlich des Verteilungsanrechts des beklagten Landes nach der erklärten Aufrechnung ist es nur noch zur anteilsmäßigen Befriedigung berechtigt. Soweit seine Aufrechnung nicht zu einer Befriedigung geführt hat, ist nämlich ein Ausfall eingetreten.

Konsequenz

Sofern der Treuhänder nicht zur Prozessführung berechtigt wäre, müsste der Schuldner sowie die benachteiligten Insolvenzgläubiger in notwendiger Streitgenossenschaft Klage erheben. Einzelklagen wären wegen der Möglichkeit widersprechender Entscheidungen unzulässig. Ein solches Ergebnis ist nicht gerechtfertigt.

Zusatzangaben bei innerbetrieblicher Stellenausschreibung

Zusatzangaben bei innerbetrieblicher Stellenausschreibung

Kernfrage

Besteht in einem Unternehmen mit mehr als 20 Arbeitnehmern ein Betriebsrat, muss der Arbeitgeber die Zustimmung des Betriebsrates bei Einstellung einholen; dies gilt jedenfalls dann, wenn die Stelle auch innerbetrieblich ausgeschrieben ist. Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hatte jetzt darüber zu befinden, ob der Betriebsrat seine Zustimmung zur Einstellung einer externen Kraft verweigern darf, weil der Arbeitgeber in der innerbetrieblichen Ausschreibung (aber auch in der externen Ausschreibung) nicht darauf hingewiesen hatte, dass die Stelle befristet ist.

Sachverhalt

Der Arbeitgeber, eine Klink hatte bereits einmal innerbetrieblich versucht, die Stelle einer ausscheidenden Mitarbeiterin neu zu besetzen. In einem zweiten Versuch wurde die Stelle einer Gesundheits- und Krankenpflegekraft sowohl innerbetrieblich als auch durch Anzeige in einer Tageszeitung ausgeschrieben. Nach dem Bewerbungsverfahren verweigerte der Betriebsrat die Zustimmung zu der – auf ein Jahr befristeten – Einstellung einer externen Kraft, weil hierauf in der internen Ausschreibung nicht hingewiesen worden sei, obwohl es sich bei einer Befristung um eine wesentliche Eigenschaft der ausgeschriebenen Stelle handele.

Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht gab dem Arbeitgeber Recht und ersetzte die Zustimmung des Betriebsrates durch Beschluss. Eine ordnungsgemäße innerbetriebliche Ausschreibung habe vorgelegen. Die Mindestanforderungen an eine (innerbetriebliche) Stellenausschreibung, nämlich um welche Stelle es sich handele und welchen Anforderungen ein Bewerber genügen müsse, seien erfüllt gewesen. Weitere Informationen, insbesondere im Hinblick auf eine etwaige Befristung, seien aus dem Gesetz nicht abzuleiten; zumal jeder Interessent habe nachfragen können. Allerdings ließ das Landesarbeitsgericht die Beschwerde zum Bundesarbeitsgericht (BAG) wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu.

Konsequenz

Mit der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein müssen innerbetriebliche Stellenausschreibungen lediglich die Mindestanforderungen erfüllen. Dies gilt jedenfalls so lange, bis das BAG in der Sache nicht anders entschieden hat.

Keine Firmenfortführung bei Beibehaltung einer Geschäftsbezeichnung

Keine Firmenfortführung bei Beibehaltung einer Geschäftsbezeichnung

Kernaussage

Die Firmenfortführung stellt eine unverzichtbare Voraussetzung der Haftungsinanspruchnahme des Erwerbers eines Handelsgeschäfts dar. Die Bezeichnung der Gaststätte als „Chinarestaurant“ spezifiziert z. B. lediglich den Geschäftsbetrieb und löst als bloße Geschäftsbezeichnung, die den Unternehmensträger nicht bezeichnet, keine Haftung aus.

Sachverhalt

Die Klägerin pachtete von einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR) ein Restaurant und führte es nach Auffassung des beklagten Finanzamts vom Gesamteindruck her mit allen wesentlichen Teilen fort. Insbesondere wurde der Gaststättenname „Chinarestaurant“ auch von der Klägerin verwendet, ohne dass jedoch ein Rückschluss auf den Geschäftsinhaber zugelassen wurde. Das beklagte Finanzamt nahm die Klägerin wegen rückständiger Lohn- und Umsatzsteuern der GbR in Anspruch Nach Ansicht der Finanzverwaltung war nämlich der gesetzliche Haftungstatbestand des „Erwerbs unter Firmenfortführung“ erfüllt. Die Klägerin verteidigt sich im Wesentlichen damit, dass „Chinarestaurant“ keine Firmen- sondern Geschäftsbezeichnung sei.

Entscheidung

Das Finanzgericht gab der Klage statt. Die Voraussetzungen des Haftungstatbestandes lagen nicht vor, denn es wird kein unter Lebenden erworbenes Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma mit oder ohne Beifügung des Nachfolgeverhältnisses fortgeführt. Die Gaststättenbezeichnung „Chinarestaurant“ stellt lediglich eine Geschäftsbezeichnung (Etablissementbezeichnung) und keine Firma dar, da sie keinen Hinweis auf den Unternehmensträger enthält. Die Bezeichnung kann auch nicht Bestandteil der Firma der GbR sein, da diese nicht firmenrechtsfähig ist. Eine analoge Anwendung des Haftungstatbestandes auf die Fortführung von Geschäftsbezeichnungen scheidet wegen des Verbots der steuererhöhenden Analogie aus.

Konsequenz

Die Haftung des Erwerbers bei Firmenfortführung erfordert den tatsächlichen Erwerb eines Handelsgeschäfts sowie die Geschäfts- und Firmenfortführung. Entscheidend ist die Firmenidentität nach der Verkehrsanschauung. Der Auffassung, wonach auch ohne Firmenfortführung eine Haftung ausgelöst werden soll, wenn die Unternehmensidentität klar feststellbar ist (Indizfunktion), wurde eine Absage erteilt.

Abgrenzung Land- und Forstwirtschaft vom Gewerbe

Abgrenzung Land- und Forstwirtschaft vom Gewerbe

Betroffener Personenkreis und Handlungsbedarf

Betroffen sind von der Neuregelung für die Wirtschaftsjahre 2012 (und folgende) sämtliche Land- und Forstwirte, die neben der Vermarktung ihrer Urproduktion weitere Zukaufsware verkaufen. Durch die Fortentwicklung der so genannten Hofladenurteile haben sich Notwendigkeiten ergeben, zum 1.1.2012 neue Abgrenzungsregelungen einzuführen. Diese hat die Finanzverwaltung durch Verwaltungsanweisungen vom 15.12.2011 und 19.12.2011 eingeführt – mit Beginn zum 1.1.2012. Handlungsbedarf besteht derart, dass die bisherigen Abgrenzungskriterien nicht mehr greifen. Eine Neuregelung wurde eingeführt, so dass sich – ganz betriebsindividuell – Verbesserungen oder auch Verschlechterungen ergeben können. Zwingend erscheint die Analyse der Betriebsstrukturen auf Basis der Ist-Werte, um mögliche Auswirkungen im Vorfeld zu erkennen.

Fallkonstellationen und Auswege

Neu ist die Einführung der unterschiedlichen Tätigkeitsgruppen. Dies sind zum einen die Tätigkeiten „Absatz eigener Erzeugnisse und damit in unmittelbarem Zusammenhang stehende Tätigkeiten“ und zum anderen „Verwendung von Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens für außerbetriebliche Zwecke und Dienstleistungen, die in einem sachlichen Zusammenhang zur Land- und Forstwirtschaft stehen“. Für beide Gruppen gelten die neuen Abgrenzungskriterien; relative Grenze: 1/3 des Nettogesamtumsatzes, absolute Grenze: 51.500 EUR Nettoumsatz aus Zukaufsware/Dienstleistungen. Darüber hinaus wird eine Gesamtprüfung des Umsatzes vorgenommen (so genannte 50 % Grenze). Werden die Grenzen überschritten, besteht die latente Gefahr der Umqualifizierung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in solche aus Gewerbebetrieb. Vor diesem Hintergrund hat die Finanzverwaltung die zusätzliche Frage des Strukturwandels nochmals konkretisiert. Dies bedeutet, dass eine Umwidmung zum Gewerbe erfolgt, sofern die Grenzen innerhalb von 3 aufeinanderfolgenden Jahren überschritten werden (allmählicher Strukturwandel). Wenn jedoch äußere Anzeichen einen sofortigen Strukturwandel erkennen lassen (z. B. Anschaffung von Maschinen, Fuhrpark, o. ä. ohne direkten land- und forstwirtschaftlichen Bezug), entfällt der 3-Jahresbetrachtungszeitraum. Ferner gilt es, auf Mitunternehmerschaften ein besonderes Augenmerk zu legen. Denn durch den gegebenenfalls entstehenden Gewerbebetrieb wird – durch Infektion – der gesamte Betrieb als solcher aus Gewerbebetrieb umgewidmet. Hier ist eine – im Gegensatz zum Einzelunternehmer – parallel verlaufende Betriebsstruktur aus Land- und Forstwirtschaft und Gewerbebetrieb nicht möglich.

Fehler, Auslagerung und Vermeidung

Grundsätzlich wäre eine Auslagerung nicht erforderlich, da bei Einzelunternehmen beide Unternehmen nebenher bestehen könnten. Jedoch macht eine Trennung dann Sinn, wenn erhebliche Betriebskosten anfallen, die ohne eine Trennung nicht ohne weiteres erkennbar wären (z. B. Personalkosten, Raumkosten, Fuhrparkkosten, etc.). Auch vor dem Hintergrund der zutreffenden Abgrenzung von Umsatz- und Vorsteuerbeträgen sowie der Gewerbesteuer könnte eine Betriebstrennung Sinn machen. Darüber hinaus sind Nachfolgeüberlegungen anzustreben, so dass unter Umständen bereits die nachfolgende Generation eingebunden werden könnte. Die neue Betriebsstruktur „Gewerbebetrieb“ muss selbstständig geführt werden. Demnach sind sämtliche Formalanforderungen an eine ordentliche Betriebsführung zu erfüllen. Dies bedeutet insbesondere die Trennung der Geschäftsbücher, gesonderte Aufzeichnungspflichten, Fakturierung, etc.. Ferner sind Auswirkungen sozialversicherungsrechtlicher Natur zu prüfen. Überdies wären Hürden der Zuordnung von Betriebsvermögen zu beachten. Es empfiehlt sich, die Beibehalten von einer mindestens 10 %igen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung bei Betriebsgebäuden – eine Umwidmung zum Gewerbebetrieb könnte so (wenn auch zu Buchwerten) vermieden werden.

Investitionsfrist bei Rücklage für Ersatzbeschaffung

Investitionsfrist bei Rücklage für Ersatzbeschaffung

Kernproblem

Nach den vom Bundesfinanzhof (BFH) entwickelten und von der Finanzverwaltung übernommenen Grundsätzen zur so genannten Rücklage für Ersatzbeschaffung (RfE) kann unter gewissen Voraussetzungen eine Gewinnrealisierung durch Aufdeckung stiller Reserven vermieden werden. Dies dann, wenn ein Wirtschaftsgut aufgrund höherer Gewalt oder infolge oder zur Vermeidung eines behördlichen Eingriffs gegen eine Entschädigung aus dem Betriebsvermögen ausscheidet und alsbald ein funktionsgleiches Ersatzwirtschaftsgut angeschafft wird. Die Bildung der Rücklage bewirkt, dass der durch die Ersatzforderung bzw. Ersatzleistung realisierte Gewinn neutralisiert wird. Ihre Bildung setzt aber voraus, dass die Absicht zur Ersatzbeschaffung besteht; andernfalls bleibt es bei der Gewinnerhöhung. Die Rücklage muss gewinnerhöhend aufgelöst werden, wenn die Absicht der Ersatzbeschaffung aufgegeben wird. Sie ist außerdem aufzulösen, wenn die Reinvestition nicht innerhalb einer bestimmten Frist durchgeführt wird. Nach Auffassung der Finanzverwaltung beträgt die angemessene Reinvestitionsfrist bei Ausscheiden eines Grundstücks oder Gebäudes aus dem Betriebsvermögen i. d. R. 2 Jahre (in Ausnahmefällen auch später bei Vorliegen besonderer Gründe). Dem hat sich der BFH nicht angeschlossen.

Sachverhalt

Die Scheune eines Landwirts wurde durch Brand zerstört. Den gegenüber der Versicherung bestehenden Entschädigungsanspruch aktivierte der Landwirt unter gleichzeitiger Bildung einer Rücklage für Ersatzbeschaffung. Erst 5 Jahre später, nachdem das Finanzamt mehrmals die Besteuerungsgrundlagen wegen Nichtabgabe der Steuererklärungen geschätzt hatte, wurde mit einer weiteren Schätzung die Rücklage gewinnerhöhend aufgelöst. Der Landwirt legte hiergegen erfolglos Einspruch und Klage ein. Weil auch später keine Reinvestition erfolgte, war klar, dass die Rücklage gewinnerhöhend aufzulösen war. Aber in welchem Jahr?

Entscheidung

Der BFH sah sich zur Weiterentwicklung der von ihm konkretisierten Grundsätze zur Rücklage für Ersatzbeschaffung berufen und hat korrespondierend zu den Investitionsfristen der so genannten „§ 6b-Rücklage“ bestimmt, dass die Reinvestition innerhalb von 4 Jahren (bzw. 6 Jahren bei Gebäuden) nach der Bildung der Rücklage auszuführen ist. Bei Fristablauf ist die Rücklage ohne Ausnahme gewinnerhöhend aufzulösen. Dabei kann widerleglich vermutet werden, dass die bei Bildung der Rücklage nachgewiesene Investitionsabsicht bis zum Fristablauf fortbesteht. Andernfalls ist die Rücklage im Zeitpunkt der Aufgabe der Absicht aufzulösen.

Konsequenz

Den Streitfall konnte der BFH nicht abschließend entscheiden und hat ihn zurückverwiesen, weil der Zeitpunkt der Aufgabe der Investitionsabsicht zu untersuchen war. Aus Beratersicht bleibt aber interessant, wie die Verwaltung auf das Urteil reagieren wird. I. d. R. dürften die verlängerten Fristen des BFH weiter reichen. Die Verwaltungsanweisung sieht dagegen bei besonderen Gründen für die Nichtdurchführung der Investition eine nicht weiter bestimmte Verlängerung der Frist vor, die damit im Einzelfall auch länger sein kann.

Mindestanforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch

Mindestanforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch

Kernproblem

Der geldwerte Vorteil für die private Nutzung eines vom Arbeitgeber überlassenen Dienstwagens ist der Höhe nach mit der 1 %-Regelung zu bewerten, sofern nicht das Verhältnis der privaten Fahrten zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen wird. Der gesetzlich nicht weiter bestimmte Begriff des ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs ist durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) präzisiert worden. In der Praxis ergeben sich aber dennoch immer wieder Meinungsverschiedenheiten, denn lediglich kleinere Mängel reichen noch nicht aus, um das Fahrtenbuch zu verwerfen.

Sachverhalt

Der Geschäftsführer einer GmbH führte für den ihm überlassenen Dienstwagen ein Fahrtenbuch. Dieses Buch enthielt allerdings neben dem jeweiligen Datum hinsichtlich der Fahrtziele zumeist nur Straßennamen, gelegentlich auch die Namen von Kunden oder Angaben zum Zweck der Fahrt (z. B. Tanken), außerdem den Kilometerstand nach Beendigung der Fahrt und die jeweils gefahrenen Tageskilometer. Nach einer Überprüfung durch das Finanzamt ergänzte der Geschäftsführer das Fahrtenbuch nachträglich durch eine Auflistung, die er mit Hilfe seines handschriftlich geführten Tageskalenders erstellt hatte. Die Auflistung enthielt alle bisher durch die Rechtsprechung verlangten Angaben wie Datum, Standort und Kilometerstand des Fahrzeugs zu Beginn der Fahrt sowie den Grund und das Ziel der Fahrt. Während das Finanzamt das Fahrtenbuch weiterhin als nicht ordnungsgemäß beurteilte, hielt das Finanzgericht die Kombination aus handschriftlich in einem geschlossenen Buch eingetragenen Daten und der per Computerdatei erstellten erläuternden Auflistung für ausreichend. Die Revision des Finanzamts entschied jetzt der BFH.

Entscheidung

Der BFH verwarf das Fahrtenbuch als nicht ordnungsgemäß und hält damit an seiner Rechtsprechung fest, dass insbesondere Datum und Ziel der jeweiligen Fahrten auszuweisen sind. Dem sei nicht entsprochen, wenn als Fahrtziele jeweils nur Straßennamen angegeben sind und diese Angaben erst mit nachträglich erstellten Auflistungen präzisiert werden. Bei dieser Art der Aufzeichnung wären weder Vollständigkeit noch Richtigkeit der Eintragungen gewährleistet. Bloße Ortsangaben im Fahrtenbuch genügten allenfalls dann, wenn sich der aufgesuchte Kunde oder Geschäftspartner aus der Ortsangabe zweifelsfrei ergebe oder wenn sich dessen Name auf einfache Weise unter Zuhilfenahme von nicht mehr ergänzungsbedürftigen Unterlagen ermitteln ließe.

Konsequenz

Der BFH beharrt auf seiner peniblen Betrachtungsweise und lässt nur wenige Fehler bei der Führung des Fahrtenbuchs zu (wie in einer früheren Entscheidung: 3 kleinere Mängel innerhalb von 4 Jahren, z. B. fehlender Eintrag einer Fahrt zur Tankstelle, stehen der Anerkennung nicht entgegen).

Finanzgericht darf negative verbindliche Auskünfte des Finanzamts vollumfänglich überprüfen

Finanzgericht darf negative verbindliche Auskünfte des Finanzamts vollumfänglich überprüfen

Rechtslage

Zur Erlangung steuerlicher Rechtssicherheit ist die Beantragung einer verbindlichen Auskunft beim zuständigen Finanzamt ein geeignetes Mittel. Erteilt das Finanzamt die verbindliche Auskunft, kann der Antragsteller sicher sein, dass der von ihm geplante Sachverhalt nach der geltenden Rechtslage in einer ganz bestimmten Weise behandelt wird. Sofern die verbindliche Auskunft des Finanzamts eine andere Rechtsauffassung teilt, ist diese vom Finanzgericht in vollem Umfang überprüfbar. Nicht selten wird die Erteilung der erbetenen verbindlichen Auskunft abgelehnt. In diesem Fall kann der Antragsteller oft nichts tun, denn es gibt keinen Rechtsanspruch auf Erteilung der verbindlichen Auskunft.

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine inländische GmbH. Die französische Muttergesellschaft hatte gegenüber der Klägerin eine offene Forderung in Höhe von rund 19 Mio. EUR, für die sie zur Vermeidung der Insolvenz einen Rangrücktritt erklärt hat. Im Jahr 2009 beschlossen die Gesellschafter der Klägerin deren Auflösung. Der Liquidator der Klägerin beabsichtigte, die noch offenen Verbindlichkeiten in Höhe des Vermögens abzüglich der Liquidationskosten zu begleichen. Das mit Rangrücktritt versehene Darlehen sollte mangels Aktivvermögen nicht mehr zurückgezahlt werden. Ein Forderungsverzicht sollte damit nicht verbunden sein. Die Klägerin beantragte eine verbindliche Auskunft des Inhalts, dass aus diesem Vorgang kein steuerpflichtiger Gewinn entstehe. Das Finanzamt teilte diese Auffassung nicht und erteilte eine abweichende negative verbindliche Auskunft.

Entscheidung

Das Finanzgericht Köln schloss sich inhaltlich der Rechtsauffassung der Klägerin an. Eine Kapitalgesellschaft erlischt, wenn kein Vermögen mehr vorhanden ist, kein weiterer Abwicklungsbedarf besteht und die Gesellschaft im Handelsregister gelöscht wird. Damit einhergehend erlischt auch die Forderung und ein Gewinn entsteht, der aber mangels Steuersubjekt nicht steuerpflichtig ist. Die negative verbindliche Auskunft ist daher aufzuheben. Das Finanzamt muss, soweit es eine neue Auskunft erteilen will, diese Rechtsauffassung beachten. Allerdings steht es dem Finanzamt auch frei, eine inhaltliche Auskunft abzulehnen.

Konsequenz

Letztendlich liegt die Entscheidung jetzt beim Bundesfinanzhof (BFH). Das Finanzgericht hat nur die Kompetenz, die rechtswidrige Auskunft aufzuheben. Eine Verpflichtung der Finanzbehörde zur Neubescheidung besteht hingegen nicht, so dass die Bindungswirkung der Finanzbehörde kritisch zu beurteilen ist.

Ausländischer Spendenempfänger muss gemeinnützig sein

Ausländischer Spendenempfänger muss gemeinnützig sein

Kernproblem

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat 2009 entschieden, dass auch Spenden an ausländische Empfänger grundsätzlich zum deutschen Spendenabzug berechtigen müssen. Zu klären ist nunmehr, ob der ausländische Spendenempfänger nach nationalem Recht die Anforderungen an eine gemeinnützige Organisation erfüllt.

Sachverhalt

Ein Steuerpflichtiger machte in seiner Einkommensteuererklärung Sachspenden an ein portugiesisches Seniorenheim als Sonderausgaben geltend. Der Heimbetreiber ist eine juristische Person, die mit einem rechtsfähigen Verein vergleichbar ist. Das Finanzamt versagte den Spendenabzug mit der Begründung, der Empfänger müsse Inländer sein.

Entscheidung

Das Finanzgericht Münster hat entschieden, dass der Betreiber des Seniorenheims nach seiner Satzung gemeinnützige Zwecke förderte. Die Satzung enthielt aber keine ausdrücklichen Regelungen zur Mittelverwendung. Auch nach Auslegung aller Satzungsbestimmungen war die nach nationalem Recht erforderliche Vermögensbindung nicht erkennbar. Zudem enthielten die vom klagenden Steuerpflichtigen vorgelegten Spendenbescheinigungen keinen Nachweis darüber, dass der Empfänger die Gegenstände zur Förderung der gemeinnützigen Zwecke verwendet hatte. Der Spendenabzug war somit zu versagen.

Konsequenz

Die Entscheidung steht im Einklang mit dem zwischenzeitlich geänderten Gesetzestext. Danach ist der Spendenabzug zulässig, wenn die ausländische gemeinnützige Organisation steuerbefreit wäre, wenn sie inländische Einkünfte erzielen würde. Das letzte Wort hat aber nun der Bundesfinanzhof (BFH).