Verstoß gegen Berufsfreiheit bei Ausschluss von GmbH mit Doppelzulassung

Verstoß gegen Berufsfreiheit bei Ausschluss von GmbH mit Doppelzulassung

Kernaussage
Es verstößt gegen die Berufsfreiheit, einer GmbH, zu der sich Rechts- und Patentanwälte zusammengeschlossen haben, die doppelte Zulassung als Rechts- und Patentanwaltsgesellschaft zu verwehren. Die jeweiligen Vorschriften der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) und Patentanwaltsordnung (PAO) zur Anteils- und Stimmrechtsmehrheit sowie der Leitungsmacht und Geschäftsführermehrheit zugunsten der namensgebenden Berufsgruppe sind verfassungswidrig und nichtig.

Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin, eine in Gründung befindliche GmbH, beantragte eine doppelte Zulassung als Rechtsanwalts- und Patentanwaltsgesellschaft. Gründer und Gesellschafter sind seit Anfang 2009 2 Patentanwälte und ein Rechtsanwalt, die zu gleichen Teilen am Stammkapital beteiligt und zudem einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer sind. Die Zulassungsanträge wurden abgelehnt und auch die Klage blieb in allen gerichtlichen Instanzen erfolglos.

Entscheidung
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hob die berufsgerichtlichen Entscheidungen auf und verwies die Sachen zurück. Durch die angegriffenen Entscheidungen wird die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf Berufsfreiheit verletzt. Soweit es der Zulassung einer Berufsausübungsgesellschaft von Rechts- und Patentanwälten als Rechtsanwaltsgesellschaft entgegensteht, wenn nicht die Anteils- und Stimmrechtsmehrheit sowie die Leitungsmacht und Geschäftsführermehrheit den Rechtsanwälten überlassen ist, sind die Regelungen der BRAO mit dem Grundrecht auf Berufsfreiheit unvereinbar und nichtig. Gleiches gilt für die Regelungen der PAO, die den Vorrang der Patentanwälte regeln. Die angegriffenen Vorschriften sind nicht erforderlich, um die berufliche Unabhängigkeit, die Sicherstellung der beruflichen Qualifikationsanforderungen und die Verhinderung von Berufsrechtsverstößen zu erreichen, da dies bereits durch gesetzlich geregelte Berufspflichten sichergestellt ist. Zudem sind solche Übergriffe wegen des weitgehend übereinstimmenden Berufsrechts nicht zu befürchten.

Konsequenz
Das BVerfG hat Rechts- und Patentanwälten mehr Möglichkeiten der Zusammenarbeit eröffnet. Die berufsrechtliche Bindung ist für die Sicherstellung der Unabhängigkeit, der Qualitätsanforderungen und zur Verhinderung von Berufsrechtsverstößen ausreichend.

Zu § 8a Abs. 1 Nr. 2 KStG a. F.: „Sonst gleichen Umstände“

Zu § 8a Abs. 1 Nr. 2 KStG a. F.: „Sonst gleichen Umstände“

Kernaussage
Die unechte Rückwirkung des § 8a Abs. 1 Nr. 2 Körperschaftsteuergesetz (KStG) in der im Jahr 2004 geltenden Fassung (a. F.) ist verfassungsgemäß. Für die Jahre vor 2004 sind gelockerte Nachweispflichten anzuwenden. Der Nachweis, dass ein Darlehen unter sonst gleichen Umständen auch von einem fremden Dritten gewährt worden wäre, ist jedoch nicht bereits dadurch erbracht, dass das Darlehen zu ähnlichen Bedingungen gegeben wurde, wie sie der Konzernmutter durch den Dritten eingeräumt wurden.

Sachverhalt
Die Klägerin (F-Inc.) ist eine in den USA ansässige Kapitalgesellschaft, die über zahlreiche Beteiligungen an Kapitalgesellschaften in Europa schließlich mittelbar an einer in Deutschland ansässigen doppelstöckigen Personengesellschaft beteiligt war. Im Jahr 2000 hatte die deutsche F-KG zahlreiche konzerninterne Darlehen aufgenommen, um den Erwerb der ebenfalls deutschen FWP-KG zu finanzieren, an der die Klägerin mittelbar zu 100 % beteiligt war. Darunter befand sich auch ein von der F-Inc. weitergeleistetes Darlehen in Höhe von 77,4 Mio. EUR. Der F-Inc. wurde von einem Bankenkonsortium ohne Sicherheiten ein Gesamtdarlehen in Höhe von 1,15 Mrd. US-Dollar gewährt. Zwischen Klägerin und Finanzgericht war streitig, in welchem Umfang die Zinsen gemäß § 8a KStG a. F. als Betriebsausgaben zu berücksichtigen waren. Die F-Inc. vertrat entgegen der Finanzverwaltung die Auffassung, dass die Voraussetzungen des Fremdvergleichs erfüllt gewesen seien, da sie das Darlehen „bei sonst gleichen Umständen auch von einem fremden Dritten erhalten“ hätte. Gegen die Ablehnung des Finanzamts wurde Klage vor dem Finanzgericht (FG) Köln eingereicht.

Entscheidung
Die Finanzrichter wiesen die Klage ab. Die Schuldzinsen seien nach § 8a KStG a. F. nicht abzugsfähig. Wenngleich die F-Inc. der FWP-KG das mittelbar gewährte Darlehen unter Konditionen gewährte, die den ihr selbst eingeräumten Modalitäten entsprachen, stelle dies keinen wirksamen Fremdvergleich dar. Die Richter sahen bereits deshalb keine „sonst gleichen Umstände“ gegeben, da die Konzernmutter über ein sehr weit höheres Vermögen verfügte und die Darlehensgläubiger somit von einer sehr unterschiedlichen Haftungsmasse ausgehen konnten. Zugleich verneinte das Gericht das Vorliegen einer echten Rückwirkung für Jahre vor 2004, da durch bestimmte Konzernstrukturen die Anwendbarkeit von § 8a KStG a. F. ins Leere lief. Wegen grundsätzlicher Bedeutung ließ das Gericht die Revision zum Bundesfinanzhof jedoch zu.

Konsequenz
Fremdvergleichsgrundsätze bei Rechtsbeziehungen innerhalb der Konzernstruktur sind nach der Entscheidung der Kölner Richter nicht bereits dadurch erfüllt, weil der Konzernmutter entsprechende Konditionen gewährt wurden. Es ist sicherzustellen, dass Nachweise hinsichtlich des Fremdvergleichsgrundsatzes stets für die jeweils konkret betroffene Gesellschaft erbracht werden können.

Spirituelle Dienstleistungen: Kein Betriebsausgabenabzug

Spirituelle Dienstleistungen: Kein Betriebsausgabenabzug

Kernproblem
Betriebsausgaben sind Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Dabei kann der Steuerpflichtige frei entscheiden, welche Aufwendungen er für seinen Betrieb tätigen will. Die Höhe der Aufwendungen, die Notwendigkeit, Üblichkeit und Zweckmäßigkeit sind für die Anerkennung grundsätzlich ohne Bedeutung. Die Grenzen der betrieblichen Veranlassung liegen jedoch dort, wo nach objektiver Betrachtung ein sachlicher Zusammenhang mit dem Betrieb nicht mehr begründet werden kann. Das hat das Finanzgericht (FG) Münster auch für die Kontaktaufnahme zu Gott angenommen.

Sachverhalt
Der in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft (KG) betriebene Einzelhandel mit Uhren, Edelmetallwaren und Schmuck beantragte den Betriebsausgabenabzug für Zahlungen an einen spirituellen Dienstleister. Dieser habe nach den Ausführungen des Geschäftsführers in Zeiten schlechter Umsatzzahlen Kontakt zu Gott aufgenommen, damit mehr Kunden ins Geschäft kämen. So sei der geschäftliche Erfolg gerade in den Jahren der Wirtschaftskrise auf diese Leistungen zurückzuführen, zumal die KG in den betroffenen Jahren so gut wie keine anderen Werbemaßnahmen mehr durchgeführt habe. Zwar lasse sich die spirituelle Verbindung mit dem höchsten Gott kaum nach Dauer oder Erfolg aufzeichnen; bei der Frage, ob die Aufwendungen objektiv geeignet seien, käme es jedoch allein auf die Sicht des Steuerpflichtigen an. Das Finanzamt lehnte den Abzug aufgrund der langjährigen Kontakte zwischen dem Geschäftsführer und dem spirituellen Dienstleister sowie der damit verbundenen privaten (Mit-)Veranlassung ab.

Entscheidung
Das FG Münster wies die Klage der KG ab, weil ein objektiver Zusammenhang zwischen den Dienstleistungen und den Umsatzsteigerungen nicht erkennbar sei. Im Unterschied zu Werbemaßnahmen (z. B. Zeitungsinseraten oder TV-Spots) bestehe kein wissenschaftlich fundierter und empirisch belegter Erfahrungssatz, dass der geschäftliche Erfolg eines Unternehmens durch die Kontaktaufnahme mit einem spirituellen Wesen (z. B. Gott) beeinflusst werden könne. Entgegen der Auffassung der KG sei dabei nicht allein die subjektive Überzeugung ihres Geschäftsführers ausreichend. Auf die Frage einer etwaigen privaten (Mit-)Veranlassung komme es mangels objektiven Zusammenhangs mit dem Betrieb nicht mehr an.

Konsequenz
Das FG hat die private Mitveranlassung wahrscheinlich bewusst umschifft, um einer Aufteilungsproblematik aus dem Weg zu gehen. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Echte Rückwirkung: Klarstellung durch Gesetzgeber kann verfassungswidrig sein

Echte Rückwirkung: Klarstellung durch Gesetzgeber kann verfassungswidrig sein

Kernaussage
Eine klarstellende Feststellung geltenden Rechts durch den Gesetzgeber kann dann eine unzulässige echte Rückwirkung sein, wenn mit dem Gesetz eine in der Gerichtsbarkeit offene Auslegungsfrage entschieden oder eine davon abweichende Auslegung ausgeschlossen wird.

Sachverhalt
Die Klägerin des Ausgangsverfahrens ist eine Bank, die eine Beteiligung an einem Investmentfonds gewinnmindernd abschrieb. Fraglich war die steuerliche Berücksichtigung der Teilwertabschreibung auf Beteiligungen bei Kapitalanlagegesellschaften, denn im Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) fehlte ein Verweis zum Abzugsverbot solcher Verluste im Körperschaftsteuerrecht. Hierauf reagierte der Gesetzgeber im Jahr 2003, indem er rückwirkend bis einschließlich für das Jahr 2001 die Anwendbarkeit auch für Kapitalanlagegesellschaften statuierte. In der Begründung des Regierungsentwurfs heißt es, es handle sich nur um eine „redaktionelle Klarstellung“. Diese Regelung hielt das Finanzgericht als unzulässige echte Rückwirkung für verfassungswidrig und legte die Frage dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vor.

Entscheidung
Die Änderung ist eine unzulässige echte Rückwirkung, weil sie sich auf schon abgelaufene Veranlagungszeiträume auswirkt und in bereits entstandene Steuerschulden eingreift. Eine solche Rückwirkung ist nur ausnahmsweise erlaubt, wenn kein schutzwürdiges Vertrauen des Steuerpflichtigen in den Fortbestand der geltenden Rechtslage besteht. Dies kann dann der Fall sein, wenn das geltende Recht erkennbar verfassungswidrig war oder so verworren und unklar war, dass eine Klärung unmittelbar bevorstand. Unerheblich ist, dass der Gesetzgeber eine Änderung als Klarstellung bezeichnet, denn die Auslegung des Rechts obliegt ausschließlich den Gerichten. Klärt der Gesetzgeber eine Auslegungsfrage, so liegt darin eine Rechtsänderung, die sich an den strengen Anforderungen belastender rückwirkender Rechtsänderungen messen lassen muss. Allein die mangelnde Eindeutigkeit der Regelung erschüttert nicht das Vertrauen des Steuerpflichtigen in ihren Bestand. Die rückwirkende gesetzliche Regelung ist nichtig, so dass die Gerichte nach der alten Rechtslage durch Auslegung zu entscheiden haben.

Konsequenz
Das BVerfG hat die Anforderungen für rückwirkende Klarstellungen durch den Gesetzgeber verschärft und das Vertrauen des Steuerpflichtigen in die bestehende Rechtslage formuliert.

Zur Änderung einer Anrechnungsverfügung

Zur Änderung einer Anrechnungsverfügung

Kernaussage
Werden durch einen die Festsetzung der Einkommensteuer ändernden Steuerbescheid die Einkünfte in abweichender Weise erfasst und führt diese Änderung zu einer entsprechenden Änderung der gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG auf die Einkommensteuer anzurechnenden Beträge, ist die erforderliche Berichtigung einer früheren Anrechnungsverfügung durch eine neue mit dem Steueränderungsbescheid verbundene Anrechnungsverfügung oder einen Abrechnungsbescheid innerhalb der 5-jährigen Zahlungsverjährungsfrist vorzunehmen, die insoweit durch die Bekanntgabe des Steueränderungsbescheids in Lauf gesetzt wird.

Sachverhalt
Nach einem im Jahr 2002 von dem für die X-GmbH & Co KG (KG) zuständigen (Feststellungs-)Finanzamt (Feststellungs-FA) erlassenen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen hatte die Klägerin im Veranlagungszeitraum 2001 aus einer Beteiligung an der KG gewerbliche Einkünfte erzielt; zugleich wurden auf die festzusetzende Steuer anzurechnende Steuerabzugsbeträge (Kapitalertragsteuer, Solidaritätszuschlag) sowie anrechenbare Körperschaftsteuer festgestellt. In der mit dem Steuerbescheid für 2001 verbundenen Anrechnungsverfügung berücksichtigte das Finanzamt (FA) u. a. diese Beträge. In 2006 erhielt das FA eine geänderte Mitteilung über die Besteuerungsgrundlagen 2001 vom Feststellungs-FA. Nach Berücksichtigung dieser Änderungen im Steuerbescheid der Klägerin stellte sich heraus, dass irrtümlich die Steuerabzugsbeträge und die Körperschaftssteuer nicht berücksichtigt worden waren. Daraufhin änderte das FA die Anrechnungsverfügung. Hiergegen klagte die Klägerin erfolglos vor dem Finanzgericht und ging in Revision.

Entscheidung
Die Revision vor dem Bundesfinanzhof blieb erfolglos. Zutreffend hat das FA die Anrechnungsverfügung geändert. Der Änderung der Anrechnungsverfügung steht keine Zahlungsverjährung entgegen. Die dem FA mitgeteilte Änderung der Besteuerungsgrundlagen durch das Feststellungs-FA hat das FA innerhalb der Festsetzungsfrist umgesetzt. Auf die danach erforderliche Änderung auch der mit dem Steuerbescheid verbundenen Anrechnungsverfügung findet die Festsetzungs-Verjährungsvorschrift keine Anwendung, weil die Anrechnungsverfügung ein Verwaltungsakt im Steuererhebungsverfahren ist, in dem es nur die 5-jährige Frist der Zahlungsverjährung gibt. Diese Verjährungsfrist war nicht abgelaufen, als das FA die berichtigte Anrechnungsverfügung erließ.

Konsequenz
Zutreffend konnte hier noch eine Änderung erfolgen, da dem Steuerbescheid eine dem Grundlagenbescheid vergleichbare Wirkung für Anrechnungsverfügungen zukommt und für diese die 5-jährige Zahlungsverjährungsfrist gilt.

Teilnahme an Schiffskreuzfahrt: Bewertung des geldwerten Vorteils

Teilnahme an Schiffskreuzfahrt: Bewertung des geldwerten Vorteils

Kernproblem
Erhält ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber Einnahmen in Form von Sachbezügen, sind diese mit dem um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreis am Abgabeort anzusetzen. Viele Sachbezüge werden pauschal bewertet und bereits vom Gesetz vorgegeben (zum Beispiel PKW mit der 1 %-Regel oder Mahlzeitengewährung), andere wiederum sind individuell zu ermitteln und streitbefangen. So auch bei dem Mitarbeiter einer Reederei, der vergünstigte Kreuzfahrten unternahm und mit dem Finanzamt nicht auf einen Nenner kam.

Sachverhalt
Der Angestellte einer Reederei erhielt kostenlose beziehungsweise stark verbilligte Reisen auf den zur Unternehmensgruppe gehörigen oder bereederten Schiffen. Das Finanzamt ermittelte in einem Steuerstrafverfahren insgesamt Sachbezüge von 56.375 EUR für 5 Kreuzfahrten, die der Angestellte und seine Lebenspartnerin unternahmen. Die Bewertung erfolgte mit 96 % des Katalogpreises. Im Einspruchsverfahren konnte der Angestellte einen Abschlag von 30 % erstreiten, weil die Reisen seiner Auffassung nach beruflich mit veranlasst waren und im Übrigen nur unter dem Vorbehalt der Verfügbarkeit nach Verwertung der Restplätze als Last-Minute-Kontingent zur Verfügung standen. Darüber hinaus waren weitere Einschränkungen in Kauf zu nehmen, zum Beispiel bezüglich der Auswahl des Bordrestaurants und der Teilnahme an Ausflügen und Fitnessprogrammen. Der beantragte Rabattfreibetrag von 1.080 EUR wurde verwehrt, weil der Arbeitgeber nicht der Reiseveranstalter war. Der Reedereimitarbeiter zog vor das Finanzgericht (FG) in Schleswig-Holstein.

Entscheidung
Das FG ist den Argumenten des Klägers zum Teil gefolgt und hat im Ergebnis einen Abschlag von 60 % des Katalogpreises gewährt. Entscheidend für den Bewertungszeitpunkt war nach Auffassung des Gerichts der Zeitpunkt kurz vor oder zum Reiseantritt, denn bis dahin habe die tatsächliche Unsicherheit der kurzfristigen Absage bestanden. Der Wert der Reiseleistung sei zu schätzen, da sie nicht den Katalogleistungen entsprochen habe. Neben den bewertungsbeeinflussenden Faktoren im Vergleich zu den normal zahlenden Gästen sei insbesondere zu berücksichtigen, dass die Mitarbeiterreisen als Teil einer Restplatzverwertung gesehen werden müssten. Den Rabattfreibetrag gewährte aber auch das FG nicht, weil die Reiseleistung vom Reiseveranstalter und nicht der Reederei erbracht wurde.

Konsequenz
Die Revision wurde nicht zugelassen. Der Fall zeigt die mögliche Bandbreite eines Sachbezugs auf. Schätzungen des Finanzamts sollten nicht ohne weiteres hingenommen werden. Das gilt erst recht, wenn es sich – wie hier – um ein Strafverfahren handelt. Das Finanzamt konnte wegen leichtfertiger Steuerverkürzung 5 Jahre zurückgehen.

Haftung eines Wirtschaftsprüfers wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung von Anlegern

Haftung eines Wirtschaftsprüfers wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung von Anlegern

Kernaussage
Experten (hier: Rechtsanwalt und Wirtschaftsprüfer) haften für unrichtige Gutachten und Testate bei besonders schwerwiegender Verletzung der den Experten treffenden Sorgfaltspflichten. Ebenso kann eine Haftung wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung von Anlegern durch irreführende Äußerungen über die Werthaltigkeit von Beteiligungen bei Vorträgen und Veranstaltungen mit Vertriebsmitarbeitern begründet sein.

Sachverhalt
Eine Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft wurde gemeinsam mit ihrem Geschäftsführer, einem Rechtsanwalt und Wirtschaftsprüfer, wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung von Anlegern in Anspruch genommen. Die Kläger hatten sich als atypisch stille Gesellschafter an 2 Aktiengesellschaften beteiligt, die zu einer Unternehmensgruppe gehörten, für die die Beklagten die Jahresabschlüsse prüften. Im Jahr 2005 gerieten die Gesellschaften in Insolvenz. Die Kläger stützen ihre Schadensersatzforderungen auf inhaltlich falsche Behauptungen des Rechtsanwalts auf Seminarveranstaltungen vor Vertriebsmitarbeitern, wonach die Unternehmensgruppe über eine exzellente Eigenkapitalausstattung verfüge und ihre Aktien als „Blue Chips“ einzuordnen seien.

Entscheidung
Die Beklagten haften den Klägern aus vorsätzlich sittenwidriger Schädigung. Das Verhalten des Rechtsanwalts und Wirtschaftsprüfers, der durch seinen Beruf ein besonderes Vertrauen beanspruchte, ist als leichtfertig und gewissenlos einzustufen. Er stellte sich mit seinem Expertenstatus in den Dienst der von ihm geprüften kapitalsuchenden Unternehmensgruppe und lieferte den Vertriebsmitarbeitern irreführende Verkaufsargumente. Dadurch setzte er sich rücksichtslos über die potentiellen Anlegerinteressen hinweg. In den Fällen der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung muss sich der Anleger von einer „ungewollten“ Verpflichtung wieder befreien können.

Konsequenz
Das Urteil stärkt den Schutz der Anleger, die sich auf ein hohes Maß an zutreffender und vollständiger Information im Vorfeld einer Anlageentscheidung verlassen dürfen. Für den Fall, dass ein Experte nachlässig oder gar durch Angaben ins Blaue hinein Auskünfte erteilt, sind wirkungsvolle Sanktionen gegeben.

Immobilienfonds: Zur Anrechnung von Steuervorteilen auf den Schadensersatzanspruch eines Anlegers

Immobilienfonds: Zur Anrechnung von Steuervorteilen auf den Schadensersatzanspruch eines Anlegers

Kernaussage
Auf einen Schadensersatzanspruch eines Anlegers gegen die Gründungsgesellschafter eines Immobilienfonds sind Steuervorteile des Anlegers, die sich aus der Berücksichtigung von Werbungskosten ergeben, grundsätzlich nicht schadensmindernd anzurechnen, weil die Ersatzleistung im Umfang der zuvor geltend gemachten Werbungskosten zu versteuern ist. Das gilt auch für Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz.

Sachverhalt
Der Kläger verlangt Schadensersatz aus Prospekthaftung. Er beteiligte sich im Jahr 1997 an dem geschlossenen Immobilienfonds D-GmbH & Co. KG. Vor dem Landgericht gewann der Kläger mit seiner Schadensersatzklage wegen Prospektmängeln, ihm wurden 34.000 EUR zugesprochen. In der Berufung erhöhte das Oberlandesgericht den Schadensersatz auf 40.000 EUR, da es mit der Beteiligung verbundene Steuervorteile nach dem Fördergebietsgesetz nicht schadensmindernd anrechnete. Hiergegen ging die Beklagte in Revision zum Bundesgerichtshof (BGH).

Entscheidung
Die Revision blieb erfolglos. Im Rahmen der Schadensberechnung sind vorteilhafte Umstände, die mit dem schädigenden Ereignis in einem qualifizierten Zusammenhang stehen, zu berücksichtigen, soweit ihre Anrechnung dem Sinn und Zweck des Schadensersatzes entspricht und weder den Geschädigten unzumutbar belastet noch den Schädiger unbillig entlastet. Nach der Rechtsprechung des BGH scheidet aber im Rahmen der Schätzung des Schadens eine Vorteilsanrechnung bezogen auf Steuervorteile grundsätzlich dann aus, wenn die entsprechende Schadensersatzleistung ihrerseits der Besteuerung unterworfen ist. Hierauf beruft sich die Revision aber nicht. Sie meint vielmehr, dass der Kläger die Schadensersatzleistung der Beklagten im Umfang der hier streitigen Werbungskosten bereits grundsätzlich nicht zu versteuern habe, weshalb sie anzurechnen sei. Dies stimmt jedoch nicht, da hier die die Werbungskosten beziehungsweise Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz ersetzenden Erstattungsbeiträge im Zuflussjahr zu versteuern sind, nämlich als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

Konsequenz
Die Entscheidung zeigt 2 Dinge: Zum einen sind auch Schadensersatzleistungen für Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz zu versteuern und dürfen deshalb nicht schadensmindernd berücksichtigt werden. Zum anderen gilt allgemein der Grundsatz, dass nur dann Steuervorteile auf den Schadensersatzanspruch angerechnet werden dürfen, wenn sie tatsächlich eintreten und mit dem Zweck des Ersatzanspruchs deckungsgleich sind.

Sind Beerdigungskosten naher Angehöriger außergewöhnliche Belastungen?

Sind Beerdigungskosten naher Angehöriger außergewöhnliche Belastungen?

Kernproblem
Aufwendungen für die Beerdigung eines nahen Angehörigen sind grundsätzlich außergewöhnlich. Der Abzug bei der Einkommensteuer als außergewöhnliche Belastung (agB) verlangt jedoch zusätzlich die Zwangsläufigkeit des Aufwands aus rechtlichen, sittlichen oder tatsächlichen Gründen. Dagegen scheidet ein Abzug der Beerdigungskosten von vornherein aus, wenn sie aus dem Nachlass bestritten werden können. Die Grundsätze dieser ständigen Rechtsprechung sah ein Erbe für seinen Streitfall als nicht erfüllt an, weil er seiner Meinung nach wesentlich mehr aufwendete, als er aus dem Nachlass erhielt. Hierüber musste das Finanzgericht Münster entscheiden.

Sachverhalt
Der spätere Erbe hatte bereits im Jahr 1991 ein Zweifamilienhaus von seinen Eltern erhalten. In einem Übergabevertrag verpflichtete er sich zur Übernahme einer Grundschuld von 85.000 DM, der Einräumung eines Wohnrechts an einer Wohnung des Zweifamilienhauses (Jahreswert 6.430 DM) sowie der Zahlung von 20.000 DM nach Übergabe. Daneben sollten die Eltern versorgt und nach deren Tod die Kosten der Beerdigung und Instandhaltung der Grabstätte übernommen werden. Nach dem Tod des letztversterbenden Elternteils sollten die beiden Geschwister mit jeweils 20.000 DM gegen Erb- und Pflichtteilsverzicht abgefunden werden. Entsprechendes wurde in einem Erbvertrag vereinbart, wobei den Geschwistern das komplette Spar-, Bar- und bewegliche Vermögen als Vermächtnis zustand. Im Jahr 2010 trat der Erbfall ein. Die aufgewendeten Beerdigungskosten machte der Erbe als außergewöhnliche Belastungen geltend und sah diese als zwangsläufig an, weil er den Wert des unter Einräumung des Wohnrechts erhaltenen Zweifamilienhauses als wesentlich niedriger ansah, als seine Abstandszahlungen, für die er Kredite aufnehmen musste. Das Finanzamt lehnte den Antrag ab.

Entscheidung
Das FG Münster hat nicht zu einer Fortentwicklung des Rechts beigetragen und die Klage abgewiesen. Zur Begründung führte man aus, dass die Verpflichtung zur Übernahme der Beerdigungskosten keine persönliche Verpflichtung des Erben, sondern eine Nachlassverbindlichkeit darstelle. Wenn der Erbe die Erbschaft annehme, so beruhe die Verpflichtung auf einem von ihm selbst gesetzten Rechtsgrund und sei deshalb nicht zwangsläufig. Zudem stand nach Überzeugung des Gerichts fest, dass der Erbe mit dem Zweifamilienhaus einen Gegenwert erhalten hatte, der über den gesamten Verpflichtungen aus dem Übergabevertrag lag, denn ansonsten wäre der Vertrag nicht oder nicht mit dem Inhalt geschlossen worden. Somit schied der Abzug selbst bei einer weiteren Verpflichtung aus sittlichen Gründen als außergewöhnliche Belastung von vornherein aus.

Konsequenz
Eine Nichtzulassungsbeschwerde des Erben wurde durch den BFH zurückgewiesen. Das Urteil ist damit rechtskräftig und deckt sich mit der bisherigen Rechtsprechung.

Liquidation der Gesellschaft: Zur Anwendung der Grundsätze der wirtschaftlichen Neugründung

Liquidation der Gesellschaft: Zur Anwendung der Grundsätze der wirtschaftlichen Neugründung

Kernaussage
Die Grundsätze der wirtschaftlichen Neugründung finden auch in der Liquidation der Gesellschaft Anwendung. Dies führt zu erheblichen Haftungsrisiken, sofern die wirtschaftliche Neugründung nicht gegenüber dem Registergericht offengelegt wird. Es besteht dann nämlich eine Unterbilanzhaftung, bezogen auf die Deckungslücke zwischen Stammkapital und dem Vermögen im Zeitpunkt der wirtschaftlichen Neugründung.

Sachverhalt
Im Juli 2002 wurde die GmbH durch den Ehemann der Beklagten mit einem Stammkapital von 25.000 EUR gegründet. Im Dezember 2004 wurde die Auflösung der Gesellschaft beschlossen, weshalb im Jahr 2005 der Geschäftsbetrieb ruhte. Im März 2006 wurde die Fortsetzung der GmbH beschlossen und die Geschäfte wurden wieder aufgenommen. Im Mai 2006 trat der Ehemann seinen Geschäftsanteil an die Beklagte ab, die sodann in einer Gesellschafterversammlung die Änderung der Firma der GmbH beschloss. Im Dezember 2009 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet und der Kläger wurde zum Insolvenzverwalter bestellt. Er ist der Auffassung, die Beklagte hafte wegen fehlender Offenlegung einer wirtschaftlichen Neugründung für die Differenz zwischen dem Stammkapital und dem im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung vorhandenem Vermögen. Der Bundesgerichtshof hob die stattgebenden Entscheidungen der Untergerichte auf und verwies die Sache zurück.

Entscheidung
Auch bei der Reaktivierung von Liquidationsgesellschaften besteht die Gefahr einer Umgehung der Gründungsvorschriften. Entsprechend einer werbenden Gesellschaft kommt eine wirtschaftliche Neugründung allerdings nur bei der Wiederbelebung einer inaktiven Liquidationsgesellschaft in Betracht. Allein die Zweckänderung von der Abwicklungsgesellschaft hin zu einer werbenden Gesellschaft ist als solche keine wirtschaftliche Neugründung. Werden während der Abwicklungsphase noch nennenswerte Liquidationstätigkeiten wahrgenommen, die auf den Schluss der Liquidation zusteuern, kann nicht von einem Gesellschaftsmantel ausgegangen werden. Auf ein nach außen gerichteten Geschäftsbetrieb komme es insoweit nicht an. Eine Haftung besteht zudem nur im Falle einer Unterbilanz im Zeitpunkt der Anmeldung der Fortsetzung der Gesellschaft zum Handelsregister.

Konsequenz
Bei der Verwendung des „Mantels“ einer inaktiven Abwicklungsgesellschaft sind wie bei der Wiederbelebung einer ehemals werbenden Gesellschaft die Gründungsvorschriften zu beachten. Stets ist zu prüfen, ob die Gründungsvorschriften entsprechend Anwendung finden

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin