Künstler und Umsatzsteuer

Künstler und Umsatzsteuer

Einführung
Die Erbringung kultureller Leistungen wird im Regelfall im Umsatzsteuergesetz (UStG) begünstigt, sei es durch die Gewährung von Steuerbefreiungen oder des ermäßigten Steuersatzes (7 %). Allerdings bedeutet dies nicht, dass bestimmte Tätigkeiten im Kulturbetrieb nicht auch dem Regelsteuersatz (19 %) unterliegen können. Details können hier den Ausschlag geben. Die Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt a. M. zeigt dies in einer aktuellen Verfügung auf.

Neue Verwaltungsanweisung
Die OFD gibt Hinweise zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Solisten, der Veranstaltung von Theatervorführungen und Konzerten etc. Auf Leistungen von Dirigenten ist der ermäßigte Steuersatz anzuwenden, sofern diese nicht befreit sind. Während u. a. Intendanten, Regisseure sowie Tontechniker grundsätzlich dem allgemeinen Steuersatz unterliegen, ist bei Bühnen- und Kostümbildnern neuerdings zu differenzieren: Erfolgt der Auftrag ein bestimmtes Bühnenbild oder Kostüm zu entwerfen, so kommt der ermäßigte Steuersatz zum Zuge, weil dies als begünstigte Übertragung eines Urheberrechtes angesehen wird. Erfolgt die Arbeit jedoch nach konkreten Vorgaben, entfällt die Begünstigung. Die Leistungen von Artisten, Zauberern etc. sind ebenso grundsätzlich dem Regelsteuersatz zu unterwerfen; Ausnahmen sind jedoch möglich. Die Veranstaltung von Konzerten ist nur dann begünstigt, wenn durch weitere Leistungen, die in Verbindung hiermit erbracht werden, der Charakter der Veranstaltung als Konzert nicht beeinträchtigt wird. Dabei ist nur die Leistung des einzelnen Unternehmers zu betrachten, nicht hingegen die seines Auftraggebers.

Konsequenzen
Künstler haben verständlicherweise ein Interesse daran, dass ihre Leistungen begünstigt besteuert werden. Da die Begünstigung oftmals von „Kleinigkeiten“ abhängt, ist eine genaue Prüfung erforderlich, um steuerliche Risiken durch eine Fehlbeurteilung zu vermeiden. Die Verfügung kann hierzu als Hilfe herangezogen werden.

Häusliches Arbeitszimmer: Aufteilbarkeit der Kosten (Vorlage an Großen Senat)

Häusliches Arbeitszimmer: Aufteilbarkeit der Kosten (Vorlage an Großen Senat)

Kernproblem
Der Große Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) tritt nur zusammen, wenn er von einem Senat des BFH angerufen wird. Dies ist vor allem der Fall, wenn der vorlegende Senat in einer Rechtsfrage von einer Entscheidung eines anderen Senats abweichen will oder eine grundsätzliche Rechtsfrage zu klären ist. Der 11 Mitglieder umfassende Große Senat ist nun zur Frage der Aufteilbarkeit der Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer angerufen worden.

Rechtslage
Nach bisheriger Rechtsprechung des BFH muss das Arbeitszimmer so gut wie ausschließlich betrieblich oder beruflich genutzt werden, um die Aufwendungen zumindest anteilig (bis 1.250 EUR) oder bei qualitativem Mittelpunkt auch vollständig anerkannt zu bekommen. Das lag in der Vergangenheit am streng ausgelegten Aufteilungsverbot von gemischt veranlassten Aufwendungen. Damit ist es aber nach einer bedeutenden Entscheidung des Großen Senats im Jahr 2009 vorbei, als dieser gemischt veranlasste Reisekosten zu einer Messe nach Las Vegas anteilig zum Abzug als Werbungskosten zuließ. Der BFH hatte sich damit weg von seinem früheren Aufteilungsverbot und hin zu einem Aufteilungsgebot bewegt. Dass diese Entwicklung vor den Finanzgerichten (FG)nicht Halt machen würde, konnte man bereits an einer Entscheidung des FG Köln erkennen, das sogar die Kosten einer „Arbeitsecke“ im Wohnzimmer zum Abzug zuließ. Bei anderen dem BFH vorliegenden Fällen wurde ein normal eingerichtetes Arbeitszimmer nachweislich nur zu einem Bruchteil für die Einkunftsart verwendet. Der IX. Senat nahm das jetzt zum Anlass für eine Anfrage an den Großen Senat.

Sachverhalt
Der Vermieter zweier Mehrfamilienhäuser bewohnte ein Einfamilienhaus, in dem er ein mit Schreibtisch, Büroschränken, Regalen sowie einem Computer ausgestattetes häusliches Arbeitszimmer nutzte. Für die Verwaltung seiner vermieteten Immobilen hatte er das Arbeitszimmer nachweislich zu 60 % genutzt. Der IX. Senat will der positiven Vorentscheidung des Niedersächsischen FG folgen und die Aufwendungen zeitanteilig aufteilen, weil das Gesetz die nahezu ausschließliche Nutzung nicht verlange. Dagegen haben der VIII. und der die „Arbeitsecke“ behandelnde X. Senat die Frage aufgeworfen, ob der Typusbegriff des häuslichen Arbeitszimmers nicht eine so gut wie ausschließliche Nutzung impliziere. Der IX. Senat misst der Vorlagefrage grundsätzliche Bedeutung und große Breitenwirkung zu.

Konsequenz
Bis der Große Senat die Entscheidung getroffen hat, ob der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers voraussetzt, dass der jeweilige Raum (nahezu) ausschließlich für betriebliche/berufliche Zwecke genutzt wird oder die Aufwendungen entsprechend der jeweiligen Nutzung aufgeteilt werden können, sollten alle Verfahren offengehalten und zum Ruhen gebracht werden.

Grunderwerbsteuer bei Grundstücksschenkung unter Auflage

Grunderwerbsteuer bei Grundstücksschenkung unter Auflage

Kernaussage
Die schenkungsteuerliche Begrenzung des Jahreswerts einer Nutzung findet für Zwecke der Grunderwerbsteuer keine Anwendung. Auflagen, die der Grunderwerbsteuer unterliegen, müssen grunderwerbsteuerlich folglich nicht nach übereinstimmenden Maßstäben des Schenkungsteuergesetzes berechnet werden.

Sachverhalt
Die Klägerin überließ dem B ein Wohngrundstück, der ihr ein unentgeltliches lebenslängliches Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht einräumte. Der Jahreswert des Wohnungsrechts wurde mit 9.000 EUR beziffert. Bei der Bemessung der Schenkungsteuer wurden das Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht unter Berücksichtigung des für schenkungsteuerliche Zwecke geltenden Maximaljahreswerts einer Nutzung mit 98.110 EUR erwerbsmindernd berücksichtigt. Das Finanzamt ermittelte als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer indes einen Wert von 109.170 EUR (9.000 EUR x 12,130) und berücksichtigte dabei gemäß § 17 Abs. 3 Nr. 2 Bewertungsgesetz (BewG) nicht die Begrenzung des Jahreswerts nach § 16 BewG. Der hiergegen eingereichten Klage folgte das Finanzgericht mit der Begründung, bei der Bemessung der Grunderwerbsteuer sei der Kapitalwert nur in der Höhe zu berücksichtigen, in der er bei der Schenkungssteuer bereicherungsmindernd abgezogen würde (98.110 EUR). Hiergegen legte das Finanzamt Revision beim Bundesfinanzhof ein.

Entscheidung
Im Revisionsverfahren folgten die Richter der Argumentation des Finanzamtes. Bei einer Schenkung unter Nutzungs- oder Duldungsauflagen unterliegt die Auflage mit ihrem Wert der Grunderwerbsteuer. Dieser Wert ermittele sich nach §§ 14 und 15 BewG. Die schenkungsteuerliche Beschränkung des Jahreswerts gemäß § 16 BewG sei für Zwecke der Grunderwerbsteuer nicht anwendbar. Die Festsetzung der Schenkungsteuer und Grunderwerbsteuer habe somit grundsätzlich unabhängig voneinander zu erfolgen.

Konsequenz
Die Entscheidung steht im Einklang mit dem Gesetzeswortlaut. Gemäß § 17 Abs. 3 Satz 2 BewG findet § 16 BewG auf die Grunderwerbsteuer keine Anwendung. Sie betrifft jedoch nur Fälle, in denen keine sonstige Grunderwerbsteuerbefreiung eintritt. Die Einräumung von Nutzungsrechten durch den Ehegatten oder den eingetragenen Lebenspartner des Übertragenden sowie Einräumungen an Verwandte in gerader Linie unterliegen beispielsweise nicht der Grunderwerbsteuer.

Vorsteuerabzug bei Betrug durch Lieferant

Vorsteuerabzug bei Betrug durch Lieferant

Einführung
Nach einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) steht es dem Vorsteuerabzug nicht entgegen, wenn der Lieferant zivilrechtlich nicht Eigentümer des gelieferten Gegenstandes war und zudem noch beabsichtigte den Gegenstand in betrügerischer Absicht noch an andere Erwerber zu „veräußern“. Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist demnach nicht die zivilrechtliche Betrachtung, sondern ob dem Erwerber der Liefergegenstand so übertragen worden ist, dass dieser faktisch wie ein Eigentümer hierüber verfügen kann.

Neue Verwaltungsanweisung
Das Bundesfinanzministerium (BMF) folgt nun der Entscheidung des BFH.

Konsequenzen
Das BMF weist nun auf die Entscheidung des BFH im Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) hin. Dass dies aber nur widerwillig geschieht wird deutlich, wenn auch die ergänzenden Aussagen des zugehörigen Schreibens aufmerksam gelesen werden. Demnach steht dem Vorsteuerabzug entgegen, wenn der Abnehmer vom Betrug des Lieferanten wusste bzw. hiervon hätte wissen müssen. Dies entspricht zwar den Aussagen des BFH, problematisch ist jedoch, dass die Beweislast hierfür den Erwerber trifft, sobald die Finanzverwaltung „objektive“ Umstände vorlegt, dass er dies hätte wissen können. Der Erwerber muss dann nachweisen, dass er alle Maßnahmen ergriffen hat, um nicht in einen Betrug einbezogen zu werden. Hierzu soll er dokumentieren, dass er sich über die Unternehmereigenschaft des Lieferanten versichert hat. Ebenso sollen die Geräteidentifikationsnummern der Ware aufgezeichnet werden. Wer die Praxis kennt, muss befürchten, dass ein Betriebsprüfer z. B. sehr schnell „objektive“ Umstände findet, die zu einer Umkehr der Beweislast führen. Gerade Unternehmer, die tatsächlich nicht wussten, dass sie in einen Betrug involviert sind, dürften dann selten derartige Aufzeichnungen besitzen. Hier sollte dann auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zurückgegriffen werden, die nur in bestimmten Fällen Nachweise der Erwerber fordert, also weniger restriktiv ist, als die Vorstellungen der deutschen Verwaltung.

BGH: Elternunterhalt auch bei Kontaktabbruch

BGH: Elternunterhalt auch bei Kontaktabbruch

Kernaussage
In gerader Linie verwandte Personen schulden einander gesetzlich Unterhalt. Der klassische Fall ist der Unterhaltsanspruch des Kindes gegen die Eltern. Aber auch die Eltern haben einen Anspruch auf Unterhalt, der in Zeiten längerer Lebenserwartung und steigender Pflegekosten zunehmend an Bedeutung erlangt. Denn, wenn die Eltern die Kosten ihrer Pflege nicht mehr selber aufbringen können und der Sozialleistungsträger einspringen muss, kann dieser einen Anspruch auf Elternunterhalt auf sich überleiten und gegenüber dem Kind in Abhängigkeit von dessen Leistungsfähigkeit geltend machen. Bisher verhielt es sich dabei so, dass die Instanzgerichte den Unterhaltsanspruch aber verwarfen, wenn das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern durch das Verhalten der Eltern zerrüttet war. Dieser Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof (BGH) jetzt einen Riegel vorgeschoben.

Sachverhalt
Der Sozialleistungsträger des Landes Bremen hatte einen Elternunterhaltsanspruch auf sich übergeleitet und gegenüber dem Kind geltend gemacht. Das Kind hatte gegen den Anspruch eingewendet, dass der Vater den Kontakt zum damals 17jährigen Kind vor 43 Jahren abgebrochen, das Kind enterbt und nur noch abfällig über das Kind geredet habe.

Entscheidung
Der Bundesgerichtshof ließ dieses Verhalten des Vaters nicht mehr ausreichen, um den Elternunterhaltsanspruch als verwirkt anzusehen. Maßgeblich sei nicht, dass der Vater durch sein jahrzehntelanges Verhalten für die Zerrüttung der Familie gesorgt habe. Jedenfalls in der Lebensphase bis zum 18. Lebensjahr, die eine besonders intensive, elterliche Betreuung erfordere, habe der Vater im Wesentlichen seinen Elternpflichten genügt. Daher könne der Elternunterhaltsanspruch nicht verwirkt sein.

Konsequenz
Die Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen. Im Ergebnis wird man davon ausgehen müssen, dass der Elternunterhalt – abgesehen von ganz krassen Ausnahmefällen – unabhängig von den familiären Verhältnissen nicht verwirkt wird. Dies kann gegebenenfalls sogar solche Fälle betreffen, in denen sich in der Vergangenheit auf die bisherige Rechtsprechung zurückbezogen werden konnte.

Kosten eines Verwaltungsrechtsstreits sind absetzbar

Kosten eines Verwaltungsrechtsstreits sind absetzbar

Kernaussage
Das Finanzgericht Münster hat in einem aktuell veröffentlichten Urteil entschieden, dass auch Aufwendungen für einen verwaltungsgerichtlichen Rechtsstreit bei der Steuerveranlagung als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht mutwillig erfolgt und aus Sicht eines verständigen Dritten Aussicht auf Erfolg bietet. Das Finanzgericht hat damit die neuere Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu den Kosten eines Zivilverfahrens auf die Aufwendungen für ein Verwaltungsgerichtsverfahren übertragen.

Sachverhalt
Die Kläger waren ursprünglich gerichtlich gegen eine ihrem Nachbarn erteilte Baugenehmigung vorgegangen, die sie für rechtswidrig hielten. Das Verwaltungsgericht teilte diese Auffassung, das Oberverwaltungsgericht war jedoch anderer Meinung. Das hiergegen vor dem Bundesverwaltungsgericht geführte Klageverfahren verloren die Kläger ebenfalls. Sie mussten daher sämtliche Verfahrenskosten (Rechtsanwalts- und Gerichtskosten) in Höhe von rund 17.500 EUR tragen. Diese Aufwendungen machten sie als außergewöhnliche Belastungen in ihrer Einkommensteuererklärung für 2010 geltend. Das Finanzamt lehnte eine Berücksichtigung ab. Hiergegen wandten sich die Kläger und bekamen Recht.

Entscheidung
Die Aufwendungen der Kläger für das verwaltungsgerichtliche Verfahren seien – so die Finanzrichter – als zwangsläufig im Sinne des Einkommensteuergesetzes (§ 33 EStG) anzusehen. Dass die Kläger zur Durchsetzung ihrer Auffassung gerichtliche Hilfe in Anspruch genommen hätten, sei nicht mutwillig gewesen. Ihre Klage habe, wie die erstinstanzliche Entscheidung zeige, auch Aussicht auf Erfolg gehabt. Das Finanzgericht stellte zu dem noch klar, dass die im Jahr 2013 geschaffene gesetzliche Neuregelung des § 33 Abs. 2 EStG, nach der Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreites weitestgehend vom Abzug ausgeschlossen werden, im Streitfall keine Anwendung fand.

Konsequenz
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat das Finanzgericht die Revision zum BFH zugelassen.

Qualifizierter Mietspiegel: Voraussetzungen

Qualifizierter Mietspiegel: Voraussetzungen

Kernaussage
Im Falle des substantiierten Bestreitens des Vorliegens eines qualifizierten Mietspiegels, also dessen Ausrichtung an anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen, hat das Gericht über das Vorliegen der Voraussetzungen eines qualifizierten Mietspiegels Beweis zu erheben.

Sachverhalt
Die Beklagte ist Mieterin einer 3-Zimmer-Wohnung der Klägerin in Berlin, für die sie seit mindestens Mai 2006 413,17 EUR Nettokaltmiete zahlt. Im Januar 2010 forderte die Klägerin die Beklagte zur Zustimmung der Erhöhung der Nettokaltmiete ab April um 52,26 EUR auf 465,43 EUR auf. Die Klägerin begründete ihr Erhöhungsverlangen unter Benennung von 6 Vergleichswohnungen und legte ebenfalls Angaben für die Wohnung nach dem Berliner Mietspiegel 2009 bei. Die Beklagte stimmte der Erhöhung der Nettokaltmiete nicht zu und wurde sodann durch die Klägerin auf Zustimmung zur Mieterhöhung in Anspruch genommen. Die Klägerin war der Auffassung, dass der Mietspiegel 2009 der Stadt Berlin nicht nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt worden sei.

Entscheidung
Der Bundesgerichtshof (BGH) hob die Entscheidungen der Vorgerichte auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück. Das Berufungsgericht hätte die ortsübliche Vergleichsmiete nicht allein aufgrund der einem qualifizierten Mietspiegel zugeschriebenen Vermutung feststellen dürfen. Der Tatrichter ist bei der Bestimmung der ortsüblichen Miete nicht an das Begründungsmittel des Vermieters, hier also die Vergleichswohnungen, gebunden, sondern darf auch die Daten eines ordnungsgemäßen Mietspiegels heranziehen. Ob ein Mietspiegel den Anforderungen eines qualifizierten Mietspiegels entspricht und somit die Vermutungswirkung entfaltet, muss unstreitig, offenkundig oder nachweislich sein. Zu prüfen ist dies auch, wenn der Mietspiegel als qualifizierter Mietspiegel bezeichnet oder von der Gemeinde und/oder von den Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter als solcher anerkannt und veröffentlicht wurde. Das Gericht muss im Falle eines substantiierten Bestreitens des Vorliegens der Voraussetzungen eines qualifizierten Mietspiegels Beweis darüber erheben, ob der Mietspiegel nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt wurde.

Konsequenz
Die Bezeichnung als qualifizierter Mietspiegel gibt keinen Aufschluss darüber, ob dieser tatsächlich die Anforderungen an einen solchen erfüllt.

Neues zur Organschaft und zum Vorsteuerabzug bei Holdinggesellschaften

Neues zur Organschaft und zum Vorsteuerabzug bei Holdinggesellschaften

Einführung
Sowohl die Organschaft als auch der Vorsteuerabzug bei Holdinggesellschaften sind regelmäßig Gegenstand von Gerichtsverfahren. Nun hat der Bundesfinanzhof (BFH) dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) 3 grundsätzliche Fragen vorgelegt, deren Beantwortung von erheblicher Bedeutung sein wird.

Vorlagen des BFH
Die erste Frage betraf den Vorsteuerabzug einer Führungsholding. Diese hält nicht nur die Beteiligungen an ihren Tochtergesellschaften, sondern erbringt auch entgeltliche Dienstleistungen an die Töchter. Die Dienstleistungen berechtigen grundsätzlich zum Vorsteuerabzug, das reine Halten von Beteiligungen hingegen nicht. Der BFH sieht hier die Notwendigkeit die Vorsteuern aus Eingangsleistungen, die keinem der genannten Bereiche direkt zuzuordnen sind, aufzuteilen. Der EuGH soll klären, welcher Maßstab dieser Aufteilung zugrunde zu legen ist. Mit der zweiten Frage möchte der BFH klären, ob entgegen den Vorgaben des nationalen Umsatzsteuergesetzes (UStG) auch Personengesellschaften Organgesellschaften sein können. Das nationale UStG sieht hier nur juristische Personen als Organgesellschaften vor, während die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL) insoweit keine Vorgaben enthält, was gegebenenfalls als Verstoß gegen das Gebot der Rechtsformneutralität zu werten ist. Sollte der EuGH hierin einen Verstoß gegen das Unionsrecht sehen, so soll er die dritte Frage klären, ob Holdinggesellschaften sich dann unmittelbar auf das Unionsrecht berufen können.

Konsequenzen
Die Entscheidung des EuGH wird mit Spannung abzuwarten sein. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Antwort des EuGH auf die zweite Frage. Sollte der EuGH die Ausweitung der Organschaft auf Personengesellschaften als Organgesellschaften befürworten, so wird dies zu gravierenden Änderungen führen. Unternehmen die von der Entscheidung des EuGH profitieren können, also Holdinggesellschaften, die einen höheren Vorsteuerabzug für sich reklamieren oder für die ein Einbezug einer Personengesellschaft als Organgesellschaft vorteilhaft wäre, sollten die entsprechenden Veranlagungen offen halten.

Treaty override bei Einkünften von Piloten

Treaty override bei Einkünften von Piloten

Kernaussage
In Deutschland ansässige Piloten, die für ausländische Fluggesellschaften tätig sind, werden mit den hieraus bezogenen Vergütungen regelmäßig (bei Eingreifen einer Sonderregelung wie in Art. 15 Abs. 3 OECD-MA) im Ausland (hier Irland) besteuert. Soweit die Besteuerung im Quellenstaat nicht vollumfänglich erfolgt, kommt es trotz § 50d Abs. 9 Nr. 2 EStG nicht zu einem Rückfall des Besteuerungsrechts an Deutschland.

Sachverhalt
Strittig war die Besteuerung eines in Deutschland ansässigen Piloten einer irischen Fluggesellschaft. Die Besteuerung seiner Vergütungen erfolgte zunächst gemäß XII Abs. 3 DBA ausschließlich in Irland. Nachdem die Besteuerung in Irland nochmals zu seinen Gunsten dahingehend geändert worden war, dass nur der auf Territorium Irlands entfallende Teil seiner Vergütungen besteuert wurde, sah das Finanzamt die Möglichkeit, § 50d Abs. 9 Nr. 2 EStG anzuwenden. Das Finanzgericht und der Bundesfinanzhof (BFH) traten dieser Ansicht entgegen.

Entscheidung
Der BFH lehnte eine Anwendung von § 50d Abs. 9 Nr. 2 EStG ab, weil die Vorschrift bereits dann nicht mehr angewendet werden kann, wenn der ausländische Staat überhaupt eine Besteuerung der Einkünfte vornimmt. In welchem Umfang die Besteuerung erfolgt, ist nicht entscheidend. Da der Steuerpflichtige darlegen konnte, dass es zu einer Quellenbesteuerung in Irland gekommen ist, war § 50d Abs. 9 Nr. 2 EStG nicht anwendbar. Ebenso wenig ließ sich eine Besteuerung nach § 50d Abs. 8 EStG rechtfertigen. Wie der BFH ausdrücklich betont, reicht es auch insoweit aus, dass der Steuerpflichtige entweder den Verzicht des ausländischen Staates auf eine Besteuerung oder deren tatsächliche Entrichtung nachweist.

Konsequenzen
Sobald eine Besteuerung im Ausland erfolgt, greift die Regelung in § 50d Abs. 9 Nr. 2 EStG nicht. Der BFH widerspricht damit der von der Finanzverwaltung vertretenen Rechtsansicht im BMF-Schreiben vom 12.11.2008 (BStBl 2008 I S. 988).

Erstattungszinsen sind steuerbar

Erstattungszinsen sind steuerbar

Kernaussage
Die vom Finanzamt gezahlten Zinsen aufgrund von Einkommensteuererstattungen zählen zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen und unterliegen somit der Einkommensteuer. Dies gilt auch für Jahre vor Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2010.

Sachverhalt
Die verheirateten Kläger hatten 1995 eine zu hohe Einkommensteuernachzahlungen entrichtet, die sie neben der Einkommensteuererstattung mit Zinsen zurück gezahlt bekamen. In dem das Streitjahr 2006 betreffenden Einkommensteuerbescheid wurden Zinsen in Höhe von 118.101 EUR als Einnahmen aus Kapitalvermögen berücksichtigt. Die Kläger forderten daraufhin eine ermäßigte Besteuerung nach § 32a Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 34 Abs. 1 Satz 1 EStG der Erstattungszinsen, dem das Finanzamt nicht nachkam.

Entscheidung
Sowohl das FG als auch der BFH kamen der darauf folgenden Klage nicht nach. Für eine Behandlung der Erstattungszinsen als nicht steuerbar bleibe nach der Gesetzesänderung kein Raum mehr. Systematische und verfassungsrechtliche Einwände, dass gezahlte Zinsen nicht als Sonderausgabe abzugsfähig seien, wies das Gericht zurück. Erstattungszinsen gehörten daher gem. § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 und 3 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2010 zu den Einkünften aus Kapitalvermögen. Die Vorschrift gilt für alle Fälle, in denen die Steuer im Zeitpunkt der Gesetzesänderung noch nicht bestandskräftig festgesetzt war. Dies verstoße nach Auffassung des Bundesfinanzhofs nicht gegen das Rückwirkungsverbot.

Konsequenz
Im Jahr 2010 hat der Bundesfinanzhof die Steuerbarkeit von Steuererstattungszinsen noch anders gesehen. Vorliegend folgt das Gericht nun der Sichtweise der Finanzverwaltung für sämtliche Bescheide, die im Zeitpunkt der Gesetzesänderung noch nicht bestandskräftig veranlagt waren. Da von Steuererstattungszinsen keine Abgeltungsteuer einbehalten wird, sollte im Rahmen der Erklärungserstellung nach Möglichkeit das Kontenabrufsystem der Finanzverwaltung genutzt werden, um die endgültige Steuerschuld vorab korrekt berechnen zu können.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin