Leasingverträge: Ausgleichsansprüche umsatzsteuerpflichtig?

Leasingverträge: Ausgleichsansprüche umsatzsteuerpflichtig?

Kernaussage
In Leasingverträgen wird oft vereinbart, dass der Leasingnehmer einen Minderwertausgleich bei Kündigung des Leasingvertrages zu zahlen hat, sofern er Schäden am Fahrzeug durch eine nicht vertragsgemäße Nutzung verursacht hat. Bisher war höchst umstritten, ob diese Ausgleichszahlungen der Umsatzsteuer unterliegen oder als Schadensersatz nicht steuerbar sind. Während der BGH die Ausgleichszahlungen bisher als Schadensersatz qualifiziert hatte, folgte das BMF dieser Auffassung nur teilweise. Demnach sollen nur solche Zahlungen Schadensersatz darstellen, die als Ersatz für zukünftige Leasingraten geleistet werden. Dagegen sollen Zahlungen, die dem Ausgleich des Minderwertes dienen der Umsatzsteuer unterliegen, unabhängig von der Ursache der Wertminderung.

Sachverhalt
Strittig war die umsatzsteuerliche Erfassung vertraglich vereinbarter Ausgleichszahlungen, die die Leasingnehmer zu zahlen hatten, wenn das jeweilige Fahrzeug bei Rückgabe nicht so erhalten war, wie vertraglich vorgesehen.

Entscheidung
Der BFH qualifiziert den Ausgleich des Minderwertes, ebenso wie der BGH, als nicht steuerbaren Schadensersatz. Im Gegensatz zur Zahlung der Leasingraten für die Nutzungsüberlassung, steht der Zahlung des Minderwertausgleiches keine eigenständige Leistung des Leasinggebers gegenüber, die eine Besteuerung rechtfertigen würde.

Konsequenz
Das BMF wird nun seine Auffassung revidieren müssen. Es bleibt zu hoffen, dass dies schnell geschieht, damit in diesem Bereich Rechtssicherheit eintritt. Leasingnehmer, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind (z. B. Privatleute) sollten zumindest zukünftig den Ausweis der Umsatzsteuer in solchen Fällen nicht mehr akzeptieren. Leasinggeber müssen prüfen, ob Veranlagungen der Vorjahre noch zu ändern sind. Allerdings setzt dies voraus, dass die Abrechnungen des Minderwertausgleichs, sollten in ihnen die Umsatzsteuer offen ausgewiesen worden sein, berichtigt werden. Allerdings setzen die Korrekturen voraus, dass die jeweils vertraglich vereinbarte Zahlung auch tatsächlich Schadensersatz darstellt. Dies gilt zwar für den leasingtypischen Minderwertausgleich, nicht jedoch nur weil im Vertrag das Wort „Schadensersatz“ erwähnt wird. Hier ist nicht die Bezeichnung entscheidend, sondern das wirtschaftlich Vereinbarte.

Zur Ortsbestimmung bei Lagerung von Waren

Zur Ortsbestimmung bei Lagerung von Waren

Kernaussage
Dienstleistungen, die an Unternehmer in anderen Mitgliedsstaaten der EU erbracht werden, werden i. d. R. am Sitz des Leistungsempfängers besteuert. Der Leistungsempfänger ist hierbei Schuldner der USt (Reverse Charge). Von dieser Grundregel gibt es jedoch zahlreiche Ausnahmen, z. B. bei Leistungen i. V. m. Grundstücken, die am Ort des Grundstücks besteuert werden (Belegenheitsprinzip). Gerade hier ist die Abgrenzung in der Praxis oft schwierig.

Sachverhalt
Ein polnisches Unternehmen erbrachte Lagerleistungen an Unternehmen aus der übrigen EU. Die Leistung beinhaltete u. a. die Annahme der Waren in einem Lager in Polen, ihre Unterbringung auf geeigneten Lagerregalen, ihre Aufbewahrung, ihre Verpackung, ihre Ausgabe sowie ihr Ent- und Beladen. Strittig war, ob diese Umsätze in Polen als Leistungen i. V. m. einem Grundstück zu besteuern sind oder – so die Auffassung des Klägers – am Sitz der Kunden.

Entscheidung
Der EuGH behandelt die erbrachten Leistungen als einheitliche (Lager-)Leistung. Lediglich das Umpacken der Waren kann eine eigenständige Dienstleistung darstellen, sofern sie nicht der Lagerung an sich dient. Diese einheitliche Leistung ist nur dann als Leistung i. V. m. einem Grundstück anzusehen, wenn den Kunden das Recht auf Nutzung eines ausdrücklich bestimmten Grundstückes oder eines Teiles hiervon gewährt wird. Dies setze allerdings voraus, dass die Kunden ein Recht auf den Zugang zum Grundstück hätten oder das Grundstück zentraler und unverzichtbarer Bestandteil des Umsatzes wäre.

Konsequenz
Normalerweise besteht für die einlagernden Unternehmen weder das Recht auf Zugang zu dem Teil des Grundstückes, in denen ihre Waren lagern, noch stellt dieses Grundstück den zentralen und unverzichtbaren Bestandteil der Dienstleistung dar. Die Lagerleistungen werden daher i. d. R. am Sitz des Kunden erbracht und nicht am Lagerort. Nach Ansicht des BMF ist für die Annahme einer grundstücksbezogenen Dienstleistung erforderlich, dass ein bestimmter Teil des Grundstückes überlassen wird. Insoweit stimmt das BMF mit dem EuGH überein. Hinsichtlich des Rechtes der Kunden auf Zugang zum Grundstück trifft das BMF allerdings bisher keine Aussage. Es bleibt abzuwarten, ob die Verwaltung hier dem EuGH folgen wird. Zu beachten ist, dass Dienstleistungen, die zwar im Zusammenhang mit der Lagerung erbracht werden, aber selbst nicht der besseren Lagerung dienen, selbständig umsatzsteuerlich zu würdigen sind.

Rechnungen weg, was nun?

Rechnungen weg, was nun?

Kernaussage
Der Vorsteuerabzug setzt das Vorliegen einer Rechnung voraus. Es gilt die Regel, ohne Rechnung kein Vorsteuerabzug. Doch wie sieht es aus, wenn die Rechnungen verloren gehen?

Sachverhalt
Im Rahmen einer Betriebsprüfung konnte der spätere Kläger die angeforderten Rechnungen nicht vorlegen. Zur Begründung verwies er darauf, dass er habe umziehen müssen und er zu diesem Zweck die Buchführungsunterlagen nebst EDV-Anlage auf einen Lkw geladen habe. Dieser sei ihm dann geklaut worden. Der Kläger konnte nur wenige Kopien der Rechnungen vorlegen. Das Finanzamt schätzte daraufhin den Vorsteuerabzug mit 60 % der angemeldeten Beträge, basierend auf dem Ergebnis der vorangegangen Betriebsprüfung. Dem Kläger war der Ansatz zu gering. Er verwies darauf, dass die Kürzung der Vorsteuer bei der letzten Betriebsprüfung den Erwerb eines Grundstückes betraf, also einmalig war. Ferner wären alle Eingangsrechnungen vom Steuerberater gebucht worden. Dieser versichere nur ordnungsgemäße Rechnungen verbucht zu haben. Auch würden ihm seine Lieferanten bestätigen, dass sie immer mit USt abgerechnet hätten.

Entscheidung
Das FG Sachsen-Anhalt hält die Schätzung für zulässig. Demnach kann das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen schätzen, wenn der Steuerpflichtige die von ihm zu führenden Bücher nicht vorlegen kann. Ob den Steuerpflichtigen diesbezüglich eine Schuld trifft ist unerheblich. Die Höhe der Schätzung ist nach Ansicht des FG nicht zu beanstanden, da der Kläger nur Vorsteuerbeträge in Höhe von insgesamt ca. 57.000 DM durch Kopien hatte nachweisen können, das Finanzamt jedoch ca. 925.000 DM anerkannt hatte. Ein höherer Ansatz scheitere auch daran, dass der Kläger zwar durch seinen Steuerberater und durch seine Lieferanten nachweisen konnte, dass Rechnungen vorgelegen haben, nicht jedoch, ob diesen Leistungen zugrunde lagen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen.

Konsequenz
Der konkrete Fall mag abenteuerlich klingen, hat aber durchaus Relevanz. Es muss nicht unbedingt ein Diebstahl sein, der zum Verlust der Buchführungsunterlagen führt. So kann Hochwasser, wie in diesem Sommer, zur Vernichtung aller Belege nebst EDV führen, ebenso Datenverluste in der EDV bei unzureichender Sicherung, sofern die Belege elektronisch archiviert wurden. Hier hilft natürlich nur eine entsprechende Vorsorge. Der Versuch nach Verlust der Rechnungen Kopien zu besorgen, ist selten erfolgversprechend, und zudem mit viel Aufwand verbunden.

Unterliegt der Verzicht auf Vertragserfüllung der Umsatzsteuer

Unterliegt der Verzicht auf Vertragserfüllung der Umsatzsteuer

Kernaussage
Der Umsatzsteuer unterliegen Leistungen von Unternehmern gegen Entgelt. Das Vorliegen einer Leistung setzt jedoch nicht zwingend eine aktive Tätigkeit voraus. Auch wer gegen Entgelt Handlungen unterlässt, kann der Umsatzsteuer unterliegen. Dies galt bisher z. B. für den entgeltlichen Verzicht auf Vertragserfüllung durch den beauftragten Unternehmer.

Sachverhalt
Die Klägerin erbrachte EDV-Dienstleistungen an ein nahestehendes Unternehmen auf Selbstkostenbasis. Grundlage hierfür war ein über drei Jahre geschlossener Dienstleistungsvertrag. Im zweiten Jahr des Vertrages kündigte der Kunde den Vertrag und wies daraufhin, dass er im dritten Jahr keine Leistungen mehr beziehen werde, so dass für diesen Zeitraum auch keine Kosten mehr abzurechnen wären. Der Kläger war hiermit nicht einverstanden, da er schon Investitionen im Hinblick auf den fortlaufenden Vertrag getätigt hatte. Man einigte sich schließlich auf einen Betrag, den der Kunde noch als „Schadensersatz“ zu zahlen habe. Entgegen der Auffassung der Beteiligten, wollte das Finanzamt diesen Betrag der Umsatzsteuer unterwerfen.

Entscheidung
Abweichend von der Rechtsprechung des BFH kommt das FG München zu dem Ergebnis, dass die Zahlung aufgrund des Vergleiches nicht der Umsatzsteuer unterliegt. Zum einen sieht das FG in dem Verzicht auf die Vertragserfüllung keine Leistung des Klägers, zum anderen stelle die Zahlung kein Entgelt, sondern eine Entschädigung dar, die auch ohne den Vergleich gesetzlich dem Kläger zugestanden habe.

Konsequenz
Das Urteil betrifft nur die Konstellation, in der der Leistende auf die weitere Ausführung seiner Leistung verzichtet. Ein Verzicht des Leistungsempfängers gegen Entgelt auf die weitere Inanspruchnahme einer Leistung unterliegt dagegen der Umsatzsteuer. Gegen das Urteil ist die Revision eingelegt worden, so dass der BFH nun prüfen muss, ob er von seiner bisherigen Rechtsprechung abweichen will. Bis zur Klärung der Rechtslage sollten die leistenden Unternehmen in solchen Fällen weiterhin die erhaltenen Zahlungen der Umsatzsteuer unterwerfen. Die entsprechenden Veranlagungen könnten dann bis zur Entscheidung des BFH offengehalten werden. Für die Kunden stellt dies allerdings ein Problem dar, sofern sie nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt sind. Hier könnte der Vergleich durch entsprechende Klauseln so gestaltet werden, dass den Kunden ein Erstattungsanspruch zusteht, sollte sich die Auffassung des FG durchsetzen.

Nur quotale Privilegien bei Quotennießbrauch

Nur quotale Privilegien bei Quotennießbrauch

Kernfrage
Wollen Unternehmer zwar die Unternehmensanteile bereits an die Nachfolger übergeben, aber die Erträge aus dem Unternehmen für den eigenen Unterhalt behalten und sich Mitspracherechte sichern, kommt es oft zur Anteilsübertragung gegen Nießbrauchsvorbehalt. Ziel soll es dabei aber sein, dass die Betriebsvermögensprivilegien des Erbschaftssteuerrechts genutzt werden können. Die Rechtsprechung hat hierzu den Grundsatz entwickelt, dass diese Privilegien nur dann gewährt werden, wenn der Erwerber echter steuerlicher (Mit)Unternehmer wird und der übertragene Anteil diese Stellung gewährt. Nunmehr hatte der Bundesfinanzhof (BFH) darüber zu entscheiden, ob die Betriebsvermögensprivilegien auch – und in welchem Umfang – gewährt werden, wenn der Schenker sich nur einen anteiligen Nießbrauch vorbehält.

Sachverhalt
Ein Vater hatte seinem Kind einen Kommanditanteil übertragen, sich aber an rd. 90 % dieses Anteils den Nießbrauch vorbehalten; Erträge und Stimmrecht dieser 90 % blieben beim Vater. Das Finanzamt wollte die Betriebsvermögensprivilegien nur für den unbelasteten 10 %igen Anteil gewähren. Gegen diese Entscheidung wurde Klage erhoben, die aber zuletzt durch den BFH (gegen die erstinstanzliche Entscheidung) abgewiesen wurde.

Entscheidung
Dem Grunde nach gegen den zivilrechtlichen Grundsatz, dass ein Kommanditanteil nicht teilbar ist, gewährte das Gericht die Betriebsvermögensprivilegien nur für den unbelasteten Anteil des übertragenen Kommanditanteils. Dies deshalb, weil alleine der unbelastete Anteil dem Erwerber die erforderliche steuerliche (Mit)Unternehmerstellung eröffne. Der nießbrauchsbelastete Anteil gewähre diese Rechte gerade nicht. Zum Schutze der Zielsetzung der Betriebsvermögensprivilegien sei es gerechtfertigt, für erbschaftsteuerliche Zwecke den Grundsatz der Unteilbarkeit des Kommanditanteils zu durchbrechen.

Konsequenz
Nach der Entscheidung wird beim so genannten Quotennießbrauch nur der unbelastete Anteil der übertragenen Beteiligung erbschaftsteuerlich privilegiert. Zwar basiert die Entscheidung auf alter Rechtslage (vor dem 1.1.2009), die Grundsätze gelten aber auch für das Erbschaftsteuerrecht. Allerdings kann der Nießbrauch nach neuem Recht außerhalb der Betriebsvermögensprivilegien (wenigstens) wertmindernd berücksichtigt werden.

Vorsteuerabzug: Mindestlizenzgebühren als Teilleistungen

Vorsteuerabzug: Mindestlizenzgebühren als Teilleistungen

Kernaussage
Aus Eingangsrechnungen, die noch nicht bezahlt sind, ist ein Vorsteuerabzug nur möglich, wenn die zugehörige Leistung schon erbracht wurde. Bei Dauerschuldverhältnissen, wie z. B. Mieten ist die Leistung erst am Ende der Mietzeit erbracht, es sei denn es werden z. B. monatliche Teilleistungen vereinbart.

Sachverhalt
Eine GmbH erwarb eine Lizenz von einer GbR. Die Höhe der Lizenzgebühr war abhängig von der Anzahl der mit der Lizenz verkauften Produkte. Daneben wurde eine Mindestlizenzgebühr vereinbart. Die GbR stellte diese Mindestlizenzgebühr im Dezember 2000 in Rechnung. Die GmbH meldete die Vorsteuer aus dieser Rechnung mit der Voranmeldung für Dezember 2000 an. Nachdem die GmbH festgestellt hatte, dass die Lizenz der GbR zu Unrecht bestand, kündigte sie den Lizenzvertrag im März 2001, eine Bezahlung der Rechnung über die Mindestlizenzgebühr unterblieb. Mit der Umsatzsteuerjahreserklärung für 2000 berichtigte die GmbH die Vorsteuer. Der hieraus resultierende Erstattungsanspruch des Finanzamts wurde nicht beglichen, da die GmbH mittlerweile insolvent war. Der Geschäftsführer wurde daraufhin wegen Steuerhinterziehung verurteilt. Ferner erließ das Finanzamt einen Haftungsbescheid gegen ihn für die rückständige Umsatzsteuer 2000. Ihm wurde vorgeworfen, dass die GmbH die Vorsteuer, mangels Bezahlung, nicht hätte geltend machen dürfen, da die Leistung nicht erbracht worden war.

Entscheidung
Der BFH hält den Vorsteuerabzug im Dezember 2000 für korrekt, weil es sich bei der Vereinbarung der Mindestlizenzgebühr um eine Teilleistung handelt. Da diese erbracht war, kam es auf deren Bezahlung nicht mehr an. Auch bestand für die GmbH nach Kündigung des Vertrages zwar die Pflicht die Vorsteuer zu berichtigen, aber nicht im Jahr 2000. Vielmehr muss die Korrektur in dem Jahr erfolgen in dem die Uneinbringlichkeit eingetreten ist, also in 2001.

Konsequenz
Der Prozess vor dem Finanzgericht endet erfreulicher für den Kläger als der Strafprozess. Eine Haftungsinanspruchnahme des Klägers ist nicht möglich, da es an einer Steuerhinterziehung fehlt. Unerfreulich ist vorliegend jedoch, dass das Urteil nichts an der strafrechtlichen Verurteilung des Geschäftsführers wegen Steuerhinterziehung mehr ändert.

Steuerermäßigung bei Dichtheitsprüfung von Abwasserleitungen

Steuerermäßigung bei Dichtheitsprüfung von Abwasserleitungen

Kernproblem
Die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen wird mit einer Steuerermäßigung auf die Einkommensteuer von bis zu 20 % der Aufwendungen für Arbeitskosten, höchstens aber 1.200 EUR begünstigt. Voraussetzung ist, dass die Arbeiten in einem inländischen Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden. Was alles zum Haushalt gehört, ist oft streitbefangen.

Sachverhalt
Für eine Dichtigkeitsprüfung der Abwasserleitung seines privat genutzten Wohnhauses mittels einer Kamera wurde der Abzug der Personalkosten als steuerermäßigende Handwerkerleistung begehrt. Aus Sicht des Steuerpflichtigen zählen dazu auch Kontrollmaßnahmen zur Erhaltung der Immobilie, unabhängig davon, ob es sich um Arbeiten im oder am Haus handelt.

Entscheidung
Die Finanzrichter erkennen die Personalaufwendungen als steuerermäßigende Handwerkerleistungen an. Die Kamerauntersuchung wurde zum Zwecke des Dichtheitsnachweises angeordnet. Dabei handelt es sich um eine Maßnahme, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Verpflichtung steht, die Abwasserleitung instand zu halten.

Konsequenz
Das Urteil ist aus Sicht der Steuerpflichtigen zu begrüßen. Diese sollten vergleichbare Aufwendungen in ihren Steuererklärungen entsprechend ansetzen. Das letzte Wort wird aber wiederum der Bundesfinanzhof (BFH) haben.

Trotz Obsiegens im Musterprozess: Rechtsbehelf im Parallelstreit muss eingelegt werden

Trotz Obsiegens im Musterprozess: Rechtsbehelf im Parallelstreit muss eingelegt werden

Kernaussage
Der Kläger begehrt die Erstattung von Zoll für eine Einfuhr, ohne dass für diese Einfuhr ausdrücklich ein Rechtsbehelf eingelegt oder innerhalb der 3-jährigen Antragsfrist ein Erstattungsantrag gestellt war. Das Obsiegen in einem Musterverfahren ersetzt diese Rechtshandlungen nicht.

Sachverhalt
Die Schuldnerin, für die der Kläger wegen Insolvenz das jetzige Klageverfahren aufnahm, führte mit zahlreichen Einfuhren MP3-Player ein und ließ sie bei Zollstellen des Beklagten in den zollrechtlich freien Verkehr überführen. Sie erreichte in einem vorangegangenen Rechtsstreit vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) für die von ihr eingeführten MP3-Player eine Eingruppierung in die Kombinierte Nomenklatur, die zu einem erheblich niedrigeren Zollsatz führte. Zuvor hatte der Beklagte für eine andere Lieferung vom 25.7.2007 Zoll nach dem erhöhten Zollsatz erhoben. Die Schuldnerin hat den festgesetzten Zoll in Höhe von rd. 21.000 EUR entrichtet. Nach dem gewonnenen Rechtsstreit beantragte die Schuldnerin ausdrücklich erstmals am 28.12.2010 die Erstattung des überhöhten Zolls, was der Beklagte ablehnte. Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen gerichtete Klage ab.

Entscheidung
Die Schuldnerin hat gegen die Abgabenanmeldung keinen Rechtsbehelf eingelegt, der als Erstattungsantrag gewertet werden könnte. Vielmehr hätte sie Einspruch einlegen müssen, was unterblieb. Auch fehlte es an einem ausdrücklich gestellten Erstattungsantrag, der aufgrund Ablaufs der 3-jährigen Antragsfrist auch nicht mehr nachgeholt werden kann. Eine Fristverlängerung wegen unvorhersehbaren Ereignissen oder höherer Gewalt, die eine fristgerechte Antragsstellung hinderten, schied ebenso aus. Schließlich ist auch eine Hemmung der Antragsfrist durch die Führung eines Parallelrechtsstreits nicht vorgesehen. Auch das Obsiegen in dem Musterverfahren ersetzt nicht die Rechtsbehelfseinlegung in dem vorliegenden Verfahren. Das EU-Recht erhält für die Erstattung gesetzlich nicht geschuldeter Zölle eine abschließende Regelung.

Konsequenz
Die Entscheidung verdeutlicht, dass Rechtsbehelfe stets fristgerecht mit dem Hinweis auf das Musterverfahren einzulegen sind. Der Steuerpflichtige muss aktiv tätig werden.

Grobes Verschulden des Steuerberaters bei Verwendung der Elster-Einkommensteuererklärung

Grobes Verschulden des Steuerberaters bei Verwendung der Elster-Einkommensteuererklärung

Kernaussage
Den Steuerberater trifft ein grobes Verschulden, wenn er seinem Mandanten lediglich eine komprimierte Elster-Einkommensteuererklärung zur Überprüfung aushändigt, ohne zuvor den maßgebenden Sachverhalt vollständig zu ermitteln und seinem Mandanten damit die Möglichkeit nimmt, die darin enthaltenden Angaben zu überprüfen.

Sachverhalt
Der Kläger lebte mit seiner Lebensgefährtin und der gemeinsamen Tochter in einem Haushalt, so dass ihm der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (§ 24 b EStG) in Höhe von 1.308 EUR nicht zustand. Die Lebensgefährtin zog aus der Wohnung aus, so dass der Kläger im Jahr 2007 allein mit seiner Tochter wohnte. Der Steuerberater des Klägers fertigte wie in den Vorjahren die Steuererklärung und gab mangels Kenntnis von dem Auszug keinen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende an. Er legte dem Kläger eine mit dem Elster-Programm erstellte komprimierte Steuererklärung zur Prüfung und Unterzeichnung vor. Diese enthielt keine Rubrik „Entlastungsbetrag für Alleinerziehende“. Nachdem der Steuerberater von der Trennung Kenntnis erlangt hatte, stellte er für den Kläger einen Antrag auf Änderung des Steuerbescheids. Das Finanzamt lehnte den Antrag ab, das Finanzgericht gab dem Kläger Recht.

Entscheidung
Der Bundesfinanzhof (BFH) entschied schließlich, dass dem Kläger der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende im Jahr 2007 nicht gewährt wird. Denn den Steuerberater trifft ein grobes Verschulden, wenn er seinem Mandanten lediglich eine komprimierte Elster-Steuererklärung zur Überprüfung aushändigt, ohne zuvor den maßgebenden Sachverhalt vollständig zu ermitteln. Dadurch nimmt der Steuerberater seinem Mandanten die Möglichkeit, die in der Steuererklärung enthaltenden Angaben zu überprüfen. Dieses Verschulden des Steuerberaters wird dem Steuerpflichtigen zugerechnet. Bei einer Verneinung des groben Verschuldens würde der vertretene Steuerpflichtige gegenüber dem nicht vertretenen bessergestellt.

Konsequenz
Durch eine unglückliche Aufgabenteilung zwischen Steuerpflichtigem und Steuerberater waren hier beide teilweise unwissend. Den Steuerberater traf jedoch ein grobes Verschulden, da er sicherstellen muss, dass der Steuerpflichtige zumindest die Möglichkeit hat, die Steuererklärung zu überprüfen. Offen gelassen wurde vom BFH, ob ein grobes Verschulden des Steuerberaters stets anzunehmen ist, wenn dieser den Sachverhalt – ohne entsprechende Anhaltspunkte – nicht vollständig ermittelt.

Einkünfteerzielungsabsicht bei Ferienwohnungen

Einkünfteerzielungsabsicht bei Ferienwohnungen

Kernaussage
Bei der Vermietung von Ferienwohnungen erfolgt häufig erst nach Jahren die Überprüfung der Überschuss- und Gewinnerzielungsabsicht. Insbesondere bei Fremdfinanzierung und Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen ist die steuerliche Verlustnutzung sodann Streitpunkt mit der Finanzverwaltung. Wird die Ferienwohnung nicht ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietet, sondern teilweise auch selbstgenutzt, ist zur Feststellung der Einkünfteerzielungsabsicht eine Prognose unter Heranziehung aller objektiv erkennbaren Umstände zu erstellen. Der Vorbehalt der Selbstnutzung ist auch dann schädlich, wenn keine tatsächliche Selbstnutzung vorliegt.

Sachverhalt
Der Kläger hat im Jahr 1999 ein unbebautes Grundstück erworben, auf dem er ein Ferienhaus errichten ließ. Zugleich schloss er mit einer GmbH einen Gästevermittlungsvertrag ab, dessen vorformulierte Vertragsbestimmungen eine Nutzung durch den Kläger außerhalb der Saison für eine maximale Zeit von jährlich 4 Wochen vorsah. Obwohl der Vertrag eine „hotelmäßige“ Vermietung des Ferienhauses vorsah, wurde dieses ab April 2000 regelmäßig über Zeiträume von ein bis zwei Wochen vermietet. Die Auslastung lag in den Jahren 2000 bis 2010 zwischen 115 und 184 Vermietungstagen pro Jahr. Das beklagte Finanzamt erkannte ab dem Jahr 2004 die erklärten Verluste aus Gewerbebetrieb wegen fehlender Einkünfteerzielungsabsicht nicht mehr an. Der Bundesfinanzhof (BFH) hob das stattgebende Urteil des Finanzgerichts auf und verwies die Sache zurück.

Entscheidung
Das Finanzgericht hat zu Unrecht eine Überschussprognose für entbehrlich gehalten. Vorliegend handelt es sich um Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Nach ständiger Rechtsprechung ist bei teilweise selbstgenutzten und teilweise vermieteten Ferienwohnungen die Einkünfteerzielungsabsicht unter Heranziehung aller objektiv erkennbaren Umstände zu prognostizieren. Diese Prognose ist bei Vorbehalt der Selbstnutzung stets zu treffen, unabhängig davon, ob von der Selbstnutzung tatsächlich Gebrauch gemacht wird. Unerheblich ist auch, ob die Selbstnutzung einzelvertraglich vereinbart wurde oder sich aus einem vorformulierten Mustervertrag ergibt. Das Finanzgericht wird daher eine Totalüberschussprognose durchzuführen haben.

Konsequenz
Das vorliegende Urteil verdeutlicht, dass die Selbstnutzung einer vermieteten Ferienwohnung zur Vermeidung steuerlicher Nachteile auf jeden Fall vertraglich ausgeschlossen sein sollte. Nur dann kann die steuerliche Verlustnutzung gewährleistet sein.

Steuern & Recht vom Steuerberater M. Schröder Berlin